Ghost in the Shell (1995)
Regie: Mamoru Oshii
Ich weiss nicht warum ich micht mitten in der Nacht mit diesem Film beschäftigen muss - eigentlich weiss ich es schon, ich will die frischen Eindrücke vom Filmerlebnis, die ich hier schon auf drei linierten A4-Seiten mit Rand niedergekritzelt habe, in ein anständigen Deutsch bringen, solange ich dazu noch in der Lage bin - aber bitte wundert euch nicht, wenn ich plötzlich abbreche, da ich zu müde bin!
Das ist jetzt schon meine wer-weiss-wie-vielte Sichtung des Animes - aber dann auch doch wieder nicht, da die erste Sichtung in Jap. Synchro mit Untertiteln ... ich muss auf jeden Fall anfangen, mir noch einmal den komplexen Plot an sich klar zumachen, da er mir immer Probleme bereitet, dank ziemlicher Komplexität und Themenvielfalt ... ich jedenfalls fand es sehr schwierig, sich zugleich auf den schwierigen Polit-Story-Reigen und die Beschäftigung mit der Frage, was uns Menschen zu Menschen macht, zu konzentrieren ... fangen wir mit dem Plot an, den ich jetzt rekonstruieren werde - es ist für mein persönliches Verständnis sehr wichitg. Heavy spoilers inside!
Ein Programmierer will aus Japan (ich gehe einfach mal davon aus, dass der Film dort spielt) fliehen. Er beantragt Asyl in einem anderen Land und redet derzeit mit dem zuständigen auslänischen Diplomaten. Sektion 6, eine Art Sicherheitseinheit zuständig für Auslandsbeziehungen, will dem Überläufer keineswegs die Ausreise gestatten, haben aber keine legalen Chancen, den Asylantrag irgendwie auszuhebeln - also mischt auch Sektion 9 mit - eine Art abgehärteter Spezialeinheit. Major Motoko Kusanagi erledigt das eben mal schnell mit einem Schuss in den Kopf dieses Diplomaten.
Der darauf folgende Vorspann - optisch und musikalisch höchst stimulierend - zeigt die Fertigung eines Cyborgs. Dann ein Gespräch zwischen Außenminister und dem Leiter des Sektion 9: Das Außenministerium muss sich derzeit mit dem Antrag der neuen Regierung der Gavel Republik auf finanzielle Unterstützung rumplagen. Problem ist: ein gewisser Col. Maless, Mitglied der vorherigen, jetzt gestürzten Militärregierung dieser Republik, hat um Asyl gebeten. Es gibt keinen vernünftigen Grund ihn abzuschieben. Ihn nicht zu deportieren, hieße, es sich mit Gavel außenpolitisch zu verscherzen. Ihn dem Land auszuliefern, ein stabiles Verhältnis zueinader aufzubauen, würde aber die finanzielle Unterstützung fällig machen, die man aber eigentlich nicht zahlen will - eben ne Loose-Loose-Situation.
Währenddessen hat sich ein Hacker - man nimmt an es ist der berüchtigte Puppet Master - in den "Ghost" der Übersetzerin des Außenministers gehackt, um sie so umzupolen, dass sie die anstehenden Gespräche mit Gavel durch Morde sabotiert. Bato und Major Kusanagi verfolgen das Signal, können aber nur "Hüllen" finden - Menschen, deren Gehirne manipuliert wurden, Erinnerungen ausgelöscht/verändert. Alles scheint darauf hinzuweisen, dass Col. Maless für diesen Akt der Sabotage verantwortlich ist, um der derzeitgen Regierung Gavels zu schaden. Aber wie sich herausstellt, ist auch diese Spur fälschlich gelegt worden - Maless ist auch nur Figur in einem sehr viel größeren Politspiel.
Sektion 9 nimmt sich eines angefahrenen Cyborgs an, der erst neulich produziert wurde, allerdings keine organische "Gehirnmasse" (wie Bato so schön gesagt hat) besitzt - trotzdem scheint er eine Art "Ghost" in sich zu tragen. Es zeigt sich, dass in diesem Cyborg der Puppet Master steckt. Plötzlich tritt auch wieder Sektion 6 auf den Plan, um den Cyborg mitzunehmen und Sektion 9 des Falles zu entlädigen. Sektion 6 behauptet, sie haben den Hacker, der ein Mensch war, in diese Hülle gelockt, den Menschen dann getötet, und so seinen Geist gefangen. Der Puppet Master widersprecht: Er sei ein Programm, das sich selbst-bewusst wurde und so eine Lebensform ist.
Das Geheimnis um den Puppet Master wird dann auch endlich gelüftet: er war wirklich ein Programm, dass unter den Namen "Projekt 2501" für das Außenministerium entwickelt wurde. Es besitzt die Fähigkeit, organische Gehirne zu hacken - seine Einsatzgebiet ist Spionage und Manipulation bestimmter Personen zugunsten des Außenministeriums. Das Programm ist außer Kontrolle geraten, die Entwickler glaubten an einen Fehler, der Programmierer, der fliehen wollte anscheinend nicht. Mit der Fähigkeit eines freien Willens will sich der Puppet Master nun mit dem Major vereinen...
So, ich hoffe, dass hat die mutigen Leser jetzt nicht zu sehr gelangweilt, ich empfinde das als ein Gerüst, mit dem man arbeiten kann
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So jetzt mal zu den philosophischen Fragen, die der Film aufwirft ... ich weiß eigentlich garnicht, wo ich anfangen soll. Am besten bei der Beschreibung dieser fremden Welt und dem dort verwendeten Begriff der Menschlichkeit:
Die Zeit, in der "Ghost in the Shell" spielt, ist eine höchst technisierte. Ein weltumspannendes Netz bietet riesige Datenmengen, der Mensch kann sich direkt mit dem Gehirn einloggen ... der menschliche Körper an sich ist zu einer reinen Hülle verkommen. Man kann Körperteile durch Cyborg-Ersatz austauschen und sich alles mögliche, wie z.B. die Augen, tunen. Der Mensch wird in dieser Zeit über sein Gehirn definiert, denn das ist noch organisch, das kann nicht ausgetauscht werden. So weit scheint also die Technik nicht zu sein, die komplexen Neuronen Bahnen zu ersetzen - allerdings zeigt die Möglichkeit der Löschung/Veränderung/Erschaffung von Gedanken im Gehirn durch ein Programm wie den Puppet Master, dass die Entwicklung einer digitalen Seele nicht mehr weit ist. Wie auch immer, der "Ghost", die Seele, das Gehirn werden oft synonym verwendet...
Aus meiner Sicht tritt durch die komplette Transferierung des Gehirn in einen reinen Cyborg Körper, wie bei Major Kusanagi der Fall, eine Entmenschlichung ein. Das sieht man allein schon an nicht mehr vorhandenen Schamgefühlen ... der Körper ist perfekt, kalt und unveränderbar. Sehr herzerweichend ist Bato, dessen Körper zwar durch viel technischen Schnich-Schnack verbessert ist, aber noch biologisch ist, der bei jeder Gelegenheit der entblößten Kusanagi seinen Mantel umtut, obwohl es aus ihrer Sicht wahrscheinlich unnötig ist. Er scheint eben doch "mehr" Mensch in der moralischen Sittenvorstellung unserer Zeit.
Der Major jedenfalls beginnt über sich nachzudenken. Sie hinterfragt immer mehr ihr Selbt-Bewusstsein in dieser technologischen Welt. Was ist der Mensch noch, wenn bald sogar Gedanken, Gefühle, Erinnerung digitalisiert werden können? Sie hat zwar das Bewusstsein, "wer" sie ist, aber wer kann ihr ihre Individualität versichern, wenn diese bald kopiert werden kann? Vielleicht ist sie ja schon diese Kopie...? Existenzangst, Entmenschlichung durch die Maschine ... irgendwie hört sich das alles nach Expressionismus an
Genau wegen jener Gedanken hat sich Puppet Master sie ausgesucht, um mit ihr zu verschmelzen ... auch er ist auf der Suche nach echten Leben in dieser Welt. Ziemlich ungewöhnlich für ein Programm. Der Puppet Master himself gibt einige interessante Vorschläge und Denkansätze. Seine erste und ziemlich klare Aussage ist, dass Gene, eben jene Bausteine, die den Menschen definieren, eben auch nur selbtslaufende Programme sind ... deswegen hat auch er den Anspruch, als Lebensform akzeptiert zu werden. Doch ist er noch keine vollständige Lebensform: er meint, dazu fehle ihm die Fähigkeit zu sterben und Nachkommen (keine reinen Kopien) zu hinterlassen. Er hilft noch weiter: biologische Zellen sterben (dies ist, wie er findet, ein äußerst unflexibles System im Gegensatz zur digitalen Erscheinung, sie sogut wie unsterblich ist). Als Schutzmechanismus gibt es die Fortpflanzung, in dem neues, variiertes Leben entsteht, und genau dies fehlt in der technologischen Welt. Sinnhafte, kreative, nicht zufällige Variation ... das kann sowohl für die Entstehung neuen Lebens auf Zellebene gelten, aber vielmehr noch für die geistige Gestaltung und Weiterentwicklung des menschlichen Lebens. Wissensdrang um zu verstehen, nicht um die Festplatte zu füllen - Kusanagis Drang mehr wissen zu wollen und über sich intensiv nachzudenken, kürt sie eigentlich schon zum Menschen. Man kann doch dann im Endeffekt auch sagen, dass eine sehr hochentwicklete Technik dem Mensch so ähnlich sein kann, dass er genau diese Fähigkeiten besitzt und nicht nur nachahmt. Wir Mensch-sein vielleicht von der biologischen Daseinsform getrent und ist bald auch digital möglich? Lautet vielleicht so die eigentliche Frage des Films, auf die er keine Antwort gibt ... oder? oder? oder? eine weitere Sichtung wird vielleicht Antworten bringen. Die liegt aber in weiter Ferne... der Film öffnet so viel Türen und schließt keine von ihnen - auf jeden Fall sehr vielfältige Interpretationsmöglichkeiten, in denen man sich schnell verlaufen kann! Was mir jetzt auch passiert ist...
So, ich geh jetzt schlafen, so richtig glücklich bin ich mit meinen Ausführungen auch wieder nicht, aber man kann nicht alles haben
Gute Nacht