04.08. - 11.08.04:
Fantasy Filmfest Köln (Residenz)
Eine Zusammenfassung meines FFF-Besuchs, bei dem ich 26 Filme gesehen habe:
05.08.04
Evil Words: Die Vorher-Nachher-Frage, also, ob zuerst die Verbrechen und dann Roys literarische Beschreibungen oder umgekehrt existierten, die den Psychiater vor allem interessiert, spielt noch mit den Phänomenen konstruktivistischem Wirklichkeitsverständnisses und Übernatürlichem, wird vom Film aber konsequent in dessen zweiter Hälfte denunziert. (
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Memories of Murder: Ich glaube, dass das ein sehr dummer Film ist. Seine Protagonisten charakterisiert er nicht ordentlich und glaubt, der Zuschauer hält es für mysteriös, wenn sein gebeutelter Cop ab und zu mal ambivalent aus der Wäsche guckt. Schöne Beispielszene hierfür ist am Schluss, als er noch mal in die Röhre guckt. Da hätte der Regisseur auch gleich untertiteln können: "Hier nun noch mal eine Szene, die zeigt, wie sinnlos das Leben ist."
Saw: Das Spiel in "Saw" lässt zwar nur ein Spielergebnis zu, aber viele Wege, zu diesem zu gelangen. Entscheidend ist der Tod Adams, der Dr. Gordon und dessen Familie das Leben retten soll. Nicht nur das Drehbuch, auch die Brachialität der Ästhetik steuert ohne Umschweife auf dieses Ziel zu. Das Dilemma wird unausweichlich in dem Maße, wie Informationen von Außen in das Gefängnis gelangen. (
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Mucha Sangre: Der Humor des Films ist völlig humorlos sich selbst gegenüber. Der Witz entsteht einzig und allein aus der angeblichen "Unfassbarkeit der Brutalität" der Helden und Antihelden. Doch das reicht nicht für eine Splatter-Komödie - ja, ist sogar vielmehr der Beleg ihres Scheiterns als reaktionärer und spießiger Film für reaktionäre und spießige Zuschauer. (
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Decoys: Wenn sich im Finale dann das offenbart, was ohnehin schon nach zehn Minuten klar war - nämlich, dass der ewig-verderbliche Charakter des Weibes keine Ausnahmen kennt - dann bleibt einem nur noch, über die unlogischen Kapriolen zu schmunzeln, mit der Kino-Dilett... äh -Debütant Hastings dieses finale Geheimnis 90 Minuten lang zu kaschieren versucht hat. (
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06.08.04
Aro Tolbukhin: In the Mind of a Killer: "Aro Tolbukhin" destruiert die Sehgewohnheiten des Serienmörderfilm-Zuschauers, indem er dessen Erwartungen an das Genre erfüllt, gleichzeitig aber so auffällig "lügt", dass man weiß, dass man es mit einem Fake zu tun hat. Nur der Grund, aus dem "gefaket" wird, bleibt unklar. Alles, was sich über die Jahrzehnte hinweg an Ästhetiken zur Authentisierung im Serienmörder-Genre etabliert hat, denunziert der Film als "Gemachtes". (
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Trespassing: Als Fazit muss leider stehen bleiben, dass dieses äußerst plumpe und uninspirierte Werk in Sachen Plausibilität, Plagiatie und Langweiligkeit wirklich seines Gleichen sucht - oder, wie das Ankündigungsheft des Fantasy Filmfestes schreibt: "[Es] besteht wenig Zweifel, dass wir es mit der Horror-Entdeckung des Jahres zu tun haben." (
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The drowning Ghost: Belangloser Schweden-Slasher mit zwar interessanten Bildern (von Schweden) aber einer höchst uninteressanten Story (vom Slasher). Der Plottwist am Ende erreicht genau das Gegenteil von dem, was er bewirken will. Statt Verstörung wirft er fragen nach der Konstruiertheit der Geschichte auf.
07.08.04
The Ordeal: Fabrice du Weiz dreht "The Ordeal" innerhalb fester Genre-Konventionen. Er knüpft an die Tradition des amerikanischen Backwood-Films an (Deliverence, The Hills have Eyes, Southern Comfort), der die moralische Steinzeit ebenfalls als Bestandteil der Zivilisation und nicht als Bedrohung von außen kennzeichnet. Sind es in den amerikanischen Filmen zumeist die Sümpfe und Wälder der Südstaaten oder die Wüstengegenden im Westen, so wählt "The Ordeal" eine morastige Steppe im winterlichen Belgien, die den Eindruck erweckt, dass man in ihr - inmitten der Zivilisation - tatsächlich verloren gehen könnte. (
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The Last Horror Movie: Aus der abstrakten moralischen Involviertheit als „Zeugen“ einer Medienpräsentation in „Mann beißt Hund“ wird in „The last Horror Movie“ für den Zuschauer eine konkrete Gefahrensituation. Denn bevor die Schlusstitel über den Bildschirm rollen richtet der Killer sich ein letztes Mal an den Zuschauer: „Sie wissen wie ich aussehe und was ich getan habe. Sie sind gefährlich für mich geworden ... und ich bin jetzt gefährlich für Sie! Vielleicht stehe ich ja in diesem Moment an ihrem Fenster und beobachte Sie.“ In dieser Pointe konkretisiert „The last Horror Movie“ seine Agenda als „authentisch“ (im Sinne von „Gewalt habend“) und wird damit zu einem Meilenstein innerhalb der Geschichte des Serienmörderfilms. (
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Hellboy:
Dead and Breakfast: "Dead and Breakfast" operiert ganz offensichtlich mit dem Kultstatus, den er aus seinen grotesken Zerstückelungsorgien zu bilden versucht. Bei all seinen Spezialeffekt-Eskapaden verliert er zunehmend das Interesse für seine Story. Konnte sich Herschell Gordon Lewis seinerzeit noch erlauben, einen eindimensionalen Plot als Aufhänger für seine Splatter-Szenen zu erzählen, so fällt dies bei "Dead and Breakfast" äußerst unangenehm ins Gewicht. Es gibt eben keinen Neuigkeitswert mehr in Sachen Spezialeffekte. (
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08.08.04
Nothing: Natali beweist in "Nothing", dass er über humoristisches Potenzial verfügt, dass man ihm - angesichts seiner sehr ernsten vorausgegangenen Filmstoffe kaum zugetraut hätte. Damit entlädt er die Experimentalsituation natürlich zusehends ihrer Brisanz. Mit "Cube" verbindet "Nothing" einzig das Phänomen des Gedankenspiels. An Einfällen mangelt es Natali jedoch nie. Im Gegensatz zu "Cypher" erkennt man bald, dass Natali seine Ideen eben nicht aus komplexen Situationen und Plots entwickelt, sondern eben aus der totalen Reduktion. (
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The Green Butchers: "The Green Butchers" ist ein a-moralischer Film, weil er sein Sujet zu keiner Zeit als das nimmt, was es ist - nämlich die extreme Tabuverletzung (Kannibalismus) verknüpft mit Rechtsbruch (Mord). Er ist auf der Metaebene dennoch ein sehr moralischer Film, weil recht bald klar wird, dass das Abgebildete für etwas anderes stehen kann - nämlich eine marktwirtschaftliche Parabel. Und als solche ist er hochgradig kritisch. (
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The Alzheimer Case: Das Vergessen des Killers wird zum Vergessen des Falles selbst. Die Tatsache, dass er sich nach und nach an immer weniger der brisanten Informationen über den Kindersexring erinnern kann, lässt sich leicht als Bild für die "Verschleppung" von Prozessen und das mysteriöse Verschwinden von Daten und Akten, wie es auch im Fall Dutruox immer wieder passiert sein soll, interpretieren. (
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Madhouse: Dummer und klischeehafter Slasherfilm, der in einem Irrenhaus spielt, von dem offenbar jedes ein Verlies besitzt, in dem ein offener Kamin brennt und extrem gefährliche Irre (strickende Großmütter und Totalamputierte Rollstuhlsitzer) von der Gesellschaft ferngehalten werden. Der dreißte Plottwist ist an den Haaren herbeigezogen und macht den Film nur noch schlechter.
09.08.04
Shaolin Temple:
White Skin: Das Succubus-Motiv als Metapher eröffnet in "White Skin" eine Gender-Perspektive, die recht progressiv ausformuliert wird. Die Familie Claires ist hier keineswegs als eine "Horde phallischer Weiber" mit spitzen Vampirzähnen gezeichnet, sondern im Gegenteil als äußerst autonom in ihrem Selbstverständnis und ihrem Umgang mit den Männern. Dass sie von den Männern nicht loskommen können, ist ihr größtes Problem und so versuchen die Frauen die körperliche Transformation ihrer Rasse durch einen Inzestplan künstlich zu beschleunigen. Aber auch dazu fehlt ihnen wieder ein Mann - nämlich ein männlicher Nachkomme. (
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Labyrinths: "Labyrinths" nimmt sich also viel vor. Neben dem recht ordentlich ausdifferenzierten mythischen Tatmotiv und der etwas unkritischen und streckenweise vulgärpsychologischen Rahmenhandlung in der Psychiatrie etabliert der Film noch einen Seitenstrang über die Polizei- und Profiler-Arbeit, die schließlich zur Ergreifung Claudes führt. Diese drei Narrationen zusammenzuführen bedarf es großer erzählerischer Geschicktheit, die "Labyrinths" auf der Bildebene auch voll gelingt. Leider verliert der Film aber gerade durch den schon fast verkrampften Versuch allem in der Pointe einen gemeinsamen Sinn zu verleihen. (
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The Machinist: Der Intensität und Präsenz, mit der Christian Bale den magersüchtigen Trevor spielt, vermag man sich nicht zu entziehen. Mit unglaublicher Einfühlsamkeit und Ruhe verleiht er der Figur, die am psychischen und physischen Abgrund steht, Konturen. Dieser Figur verdanken auch alle anderen Pro- und Antagonisten des Films ihre Energie - und das durchaus im doppelten Sinne. (
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10.08.04
High Tension: "High Tension" bereitet die Auflösung seiner Identitätsverwirrung auf intelligente Weise vor. Von Beginn an dominieren Nah- und Großeinstellungen den Film. Nur selten bekommt man vom Kamerabild etwas aus der Umgebung der Protagonisten zu Gesicht. Der Kamerablick klebt förmlich am Objekt und dekontextualisiert dieses dadurch zusehends. (
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Old Boy: Wie man aus so einer eigentlich interessanten Erzählung solch einen kitschüberladenen und peinlich-emotionalen Unsinn machen kann ... versteht man wohl nur als koreanischer Filmemacher.
The Butterfly Effect: Die Story dreht sich um die Geschichte von drei Freunden und einer Liebe Evans. In je verschiedenen Situationen durchleben alle Beteiligten schlimme Ereignisse: Vom Kindesmissbrauch über eine Mordzeugenschaft bis hin zum ersten Verbrechen. Evan beeinflusst diese Ereignisse, welche dann die angesprochenen Folgen nach sich ziehen. Interessant ist daran einzig, dass die Vorgehensweise Evans Strukturanalogien zum Film als erzählendem Kunstwerk besitzt. (
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Mayhem: Der Film gewinnt nie genug Distanz zu seinen Behauptungen und Figuren, um sie tatsächlich als "archetypisch" bloßstellen zu können. Zudem schlägt die Erzählung derartige Kapriolen, dass man förmlich in jeder Sequenz spürt, wie sehr der Film damit beschäftigt ist, narrative Brücken zum Vorhergegangenen zu behaupten, um nicht zu zerbrechen. (
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11.08.04
The Hillside Strangler: Parello macht einen Schritt zurück hinter den eigenen Anspruch und den "modus operandi" seiner Serienmörder-Filmografie, die mit "Ed Gein" etwas wirklich Originelles zutage gefördert hat. Seltsam "hohl" kommt einem "The Hillside Strangler" im Vergleich zu dem Mythen-kritischen Ed-Gein-Film vor. Weder der ruhige und bedächtige Rhythmus, der "Ed Gein" auszeichnet, noch dessen psychologische Tiefe finden sich in "The Hillside Strangler" wieder. (
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Open Water: "Open Water" leidet vor allem an der Einfallslosigkeit des Drehbuchs, das laut Vorspann "based on true events" ist. Das Leben schreibt eben nicht immer die spannendsten Geschichten, weswegen gerade die von Susan, Daniel und dem Meer dringend einer Dramatisierung - gern auch zu Lasten der Authentizität - bedurft hätte. Und, was "wirklich" auf dem Meer geschehen ist, muss ja ohnehin Spekulation bleiben. (
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maX