Für Mitleser: Wegen erneutem Wohnungswechsel nebst endlosen Winter-Spaziergängen durch die führenden Einrichtungshäuser der nördlichen Hemisphäre musste das Tagebuch in den letzten Wochen ein stiefmütterliches Dasein fristen. Jetzt habe ich wieder mehr Zeit, den kleinen Strolch mit Notizen zu füttern. Folgende Filme blieben hängen:
„L’Auberge Espagnole“ (Cédric Klapisch)
Très fantastique! Französischer Student zieht in eine WG in Barcelona, die aus Vertretern unterschiedlichster Nationen zusammengesetzt ist. Zeitweilig wirkte das zwar wie eine EU-Werbeveranstaltung, war aber dennoch durch den bunten Reigen sympathischer Figuren extrem liebenswürdig und geradezu unanständig kurzweilig.
„Der Tiger von Osaka“ (Yukio Noda)
In voller Länge bestimmt was fürs Poesiealbum, doch leider ist die dt. Fassung derart plump und stark zensiert, daß ich nahe dran war, bitterlich zu weinen. Schon an dem Menüpunkt GALLERIE (!) erkennt man, dass bei dieser Edition sicher absolute Könner am Werk waren.
Im Ansatz konnte ich aber schon rustikale Unterhaltung auszumachen. Vor allem die titelgebende Lady hat es mir angetan. Wo andere alles zerreden, hat die nur apathisch in die Landschaft geglotzt. "Grumm wie das Stab" war ihr Motto - mehr als 10 Sätze hatte die nicht aufzusagen. Eine anspruchsvolle Synchro schaufelte auch Zeitloses wie
„Sind die Benzinpreise wieder erhöht worden oder warum glotzt ihr so ?“ in meine persönliche Zitatenkiste. Ach ja, : Einen
richtig gefährlichen Schwerkriminellen erkennt man an dem lustigen Tigerkopf-Aufnäher hinten auffe Jeans-Kutte.
„Manhattan“ (Woody Allen)
Besinnliches zum Fest.
Einer meiner ewigen Favoriten, wenn’s darum geht, die richtige Stimmung hervorzukitzeln. Als distanzierter Beobachter werde ich es nie kapieren, was Isaac bloß an dieser hysterischen, prüden, pseudo-intellektuellen Mary findet, wo ihn die jüngere, niedlichere, humorvollere, ehrlichere und bodenständigere Tracy doch geradezu anhimmelt. Dieser Torfkopp! Zum Glück gibt’s ja am Ende noch einen Hoffnungsschimmer. Dabei hat man’s netterweise auch belassen und nicht - wie heutzutage - jedwede Fantasie des Zuschauers im Sequel ertränkt. Ich hasse das.
Tja, entweder Manhattan oder Manhattan nicht. Ich habe ihn jedenfalls - und kann mich seit vielen Jahren kaum daran satt sehen.
„Martial Club“ (Liu Chia-Liang)
Leider der absolute Totalausfall unter den letztjährigen SB-Veröffentlichungen von Celestial. Als der Film plötzlich begann, mir Spaß zu machen, war er auch schon prompt vorbei.
„Haute Tension“ (Alexandre Aja)
Vergleichbar mit einem Marathon-Läufer, der das gesamte Feld lässig abhängt und sich 50 Meter vor dem Zieleinlauf entschließt, einen Salto mit doppelter Schraube zu turnen. Leider landet er voll auffe Fresse, bricht sich dabei die Ohren, verschenkt den Weltrekord und alle hauen sich vor die Stirn.
„Sturz ins Leere“ (Kevin Macdonald)
Bin mit offenem Mund und schweißnassen Händen vor der Flimmerkiste festgebacken und mir dämmerte allmählich, was für einen mordsspannenden Film ich da sah. Die mit Abstand positivste Überraschung 2004. Ich habe die DVD nicht einmal gestoppt oder gar einen flüchtigen Blick auf die Uhr riskiert. Kurzum:
BRETT !
„Der Mann mit der Todeskralle“ (Robert Clouse)
Unverändert unterhaltsam: Eine knackige Mischung aus Bond-artigem Agentenkram, rasanten Fights und Bruce Lees einzigartigem Charisma. Wenn der Bösewicht im Finale durch dieses Labyrinth von Spiegeln schleicht, bekomme ich allerdings regelmäßig einen Schreikrampf - das sieht unglaublich lustig aus.
Die deutsche Synchro möchte dem Ganzen den Stempel des Flapsigen aufdrücken und legt auch schon mal Worte in den Mund, wenn im Original gar nichts gesagt wird. Mittlerweile ist mein Gemüt für derartigen Quatsch aber vollends gefestigt. Die Erfindung unterschiedlicher Audiospuren lebe hoch!
„Caprona, das vergessene Land“ (Kevin Connor)
Fand ich als Kind in der Jugendvorstellung total beschissen. Auch zwanzig Jahre später hat sich daran nichts Wesentliches geändert.
„Sword Stained with Royal Blood“ (Chang Cheh)
Ganz großer Rosenmontagszug!
„Spider Man II“ (Sam Raimi)
Auch wenn das mein gesellschaftliches Aus bedeutet: Ich fand den Film mal so richtig beknackt.
Hauptsächlich liegt das an dem Gespann Maguire/ Dunst, wo jeder für sich bereits ausreicht, mir den Frohsinn zu verhageln. Den Grund dafür würde ein Psychiater vielleicht zu Tage fördern, aber was juckt mich dieser harmlose kleine Defekt? Des weiteren nervte die reißbrettartige Ausgewogenheit. Bei dem immensen Budget kann ich ja nachvollziehen, dass nix, aber auch
gar nix dem Zufall überlassen wird, aber so sieht das fertige Produkt dann auch aus. Völlig steril.
Statt die Kuh ordentlich fliegen zu lassen, wird lieber eine komplexe Figurenzeichnung vorgetäuscht, wo gar keine komplexen Figuren sind. „Hellboy“ hat mir da Millionen Trilliarden mal besser gefallen. OK, das war jetzt etwas übertrieben.
Stattdessen soll mir lieber mal wer schlüssig erklären, warum jemand mit solchen Fähigkeiten wie Spidey nebenbei Pizza austrägt, statt als bestbezahlter Cop des Planeten ein Leben in Saus & Braus zu genießen.

Und wofür zum Geier haben die hier die 200 Mio. Dollar verbraten ?