„Alles reden über Liebe, ist wie Tanzen über Architektur“
Ich bin kein guter Tänzer und ich kenne mich auch nicht mit Architektur aus. Aber ich möchte auch nicht über Liebe sprechen. Ich möchte in diesem Tagebuch versuchen, meine Eindrücke von Filmen und die damit verbundenen Gedanken und Gefühle auszudrücken. Das kann manchmal aussichtslos sein, nicht mal ansatzweise gut gelingen, aber vielleicht klappt es in manchen Fällen doch. Und es kann ja auch schon helfen, wenn man einfach nur laut (bzw. hier natürlich in Schriftform) über das Gesehene nachdenkt. Mit etwas Rhythmusgefühl und einem Sinn für Stabilität kann es mir vielleicht gelingen, dass das Reden über Filme, nicht ist wie Tanzen über Architektur.
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„Alles reden über Liebe, ist wie Tanzen über Architektur“
Erstellt von Jillaroo27, 06.02.2005, 23:56
7 Antworten in diesem Thema
#1
Geschrieben 06. Februar 2005, 23:56
"Sometimes someone says something really small and it just fits into this empty place in your heart."
from > My so-called life<
from > My so-called life<
#2
Geschrieben 07. Februar 2005, 00:30
Gilmore Girls [TV-Series]
Lorelai: There are many paths in life. There's the "Hey, you're cute, sure, I'll marry you after graduation and med school" and the "Can you drive Susie to soccer today, 'cause I've got a pedicure?" path. And then there's my path, where I found myself 16 and pregnant and I realized "I have to get a job, I have to raise a kid and being me, I have to do it all by myself." Not easy. But the thing with my path was, when I reached the end, I turned around and realized I'd ended up someplace really good. ["Gilmore Girls: Beginnings" opening narration]
So beginnt die erste Folge der „Gilmore Girls“. Es geht um die Geschichte von Lorelai Gilmore (gespielt von Lauren Graham) und ihrer Tochter Rory Gilmore (dargestellt von Alexis Bledel). Sie leben in der (fiktiven) Kleinstadt Stars Hollow in Connecticut. Lorelai ist Managerin eines kleinen Hotels, in dem auch ihre beste Freundin Sookie als Köchin arbeitet. Zu ihren Eltern hat Lorelai ein gespanntes Verhältnis – spätestens seit sie im Alter von 16 mit Rory schwanger wurde, von zu Hause auszog, sich von Rorys Vater Christopher trennte und ihr Leben selbst in die Hand nahm – hatten die wohlhabenden Eltern doch ganz andere Pläne für ihre einzige Tochter im Sinn: erst Privatschule, dann eine Elite-Uni, anschließend gutbezahlter Job und angesehene gesellschaftliche Stellung. Doch Lorelai hat, wie das Zitat schon sagt, einen ganz anderen, nach ihren Vorstellungen ausgerichteten Weg eingeschlagen.
Als alleinerziehende Mutter hat es Lorelai nicht einfach und in dem Frauenhaushalt geht es daher sehr turbulent zu – ebenso wie in der gesamten Kleinstadt. Das sich im Serienfernsehen schon etablierte Grundkonzept von liebenswerten und ebenso exzentrischen Kleinstädtern (wie z.B. Picket Fences) funktioniert auch bei den „Gilmore Girls“. Neben den zwei Hauptfiguren, der 16jährigen ruhigen Einser-Schülerin, immer Bücher lesenden Rory und ihrer quirligen, nur doppelt so alten Mutter, die nicht nur verwandt, sondern auch beste Freundinnen sind, leben in Stars Hollow noch zahlreiche weitere skurille Personen. Allen voran
Kirk, der sich mit kleinen Jobs (in nahezu jedem Geschäft der Stadt) über Wasser hält und immer noch bei seiner Mutter lebt,
Kirk: I have night terrors.
Luke: Night terrors?
Kirk: Basically, I freak out at beddy-bye. About an hour after I fall asleep, I wake up in panic. Everything around me seems threatening, scary, out to get me. Two nights ago, I was suddenly gripped with the overwhelming feeling that there was an assassin in my house.
Luke: Jeez.
Kirk: I had to get out of the room before he got me, so I jumped out of bed and locked my pillow in the bathroom.
Luke: Why?
Kirk: Because it was a bomb.
Luke: Of course.
Kirk: After neutralizing my pillow, I ran up the stairs, climbed out the bathroom window, scaled the trellis up the side of the house, and hid on the roof...
Luke: Huh.
Kirk: Completely naked.
Luke: Aw, jeez!
Kirk: The worst part of night terrors is it always ends up with me on top of the roof completely naked or running down the street completely naked or swimming in the community-center pool completely naked. That was the time I thought I was on fire.
Miss Patty, die einst mal im Showbiz erfolgreiche, mittlerweile etwas fülligere Tratschtante der Stadt,
Mrs Kim, Mutter von Lane, beste Freundin von Rory, und sehr unerbitterliche und kurzangebundene, streng religiöse koreanische Antiquitätenhändlerin
und der Stadtvorsteher Taylor, der jede Aktion organisiert und in den Town Meetings jede Kleinigkeit diskutiert und die Sachen dann so dreht, dass sie ihm von Nutzen sind.
Natürlich spielen im Leben von Rory und Lorelai auch die Männer eine Rolle. An erster Stelle steht da ohne Frage Luke. Er hat ein Diner in dem sich Lorelai und Rory jeden Tag aufhalten. Bei Luke nehmen die Gilmore Girls ihr Lebenselexier zu sich: Kaffee. Ohne Kaffee geht bei den beiden gar nichts, man sieht vor allem Lorelai in jeder erdenklichen Situation Kaffee trinken. Essen hat einen ähnlich hohen Stellenwert. Sie können tonnenweise Nahrung zu sich nehmen und eine Stunde später sind sie immer noch hungrig. Bei ihren nahezu täglichen Essenlieferungen (da ihr Kühlschrank immer leer ist) bestellen sie so große Mengen, dass problemlos noch Gäste satt werden.
Zurück zu Luke – neben dem besten Freund auch der Mann in Lorelais Leben? Von der ersten Folge an ist da dieses knistern, wie schon zwischen Mulder und Scully, ein ständiges hin und her.
Luke: Rory's not here yet.
Lorelai: Then you'll have to entertain me until she arrives. Okay Burger boy, dance.
Luke: Will you marry me?
[Lorelai is taken aback]
Luke: Just looking for something to shut you up.
Ihre Wortgefechte sind großartig, pausenloses necken und streiten, aufziehen, ärgern, scherzen.
Lorelai: Well, I can't take it back to Yale.
Luke: I'm not storing your microbe mattress, forget it.
Lorelai: Well, then I'm stuck here.
Luke: Fine, because I need my truck back.
Lorelai: Fine, but that leaves you with the mattress.
Luke: I'm not taking the mattress.
Lorelai: Then let me take the truck.
Luke: But that means you take the mattress.
Lorelai: I can't take the mattress.
Luke: Then you can't have the truck.
Lorelai: But that sticks you with the mattress.
Luke: If you take the truck, it comes with the mattress.
Lorelai: I can't take the mattress.
Luke: Then you can't have the truck.
Lorelai: And that sticks you with the mattress.
Luke: We've been here before.
Lorelai: I recognize that tree.
Da liegt etwas in der Luft. Doch so einfach ist das nicht, es gibt zwar diese gewissen Momente, wenn sich die beiden tief in die Augen schauen und man als sentimentaler und Happy End erwartender Serienzuschauer sehnlichst auf einen leidenschaftlichen Kuss wartet, aber der kommt (noch) nicht. Zudem sind beide sehr zynische und, vor allem Luke, stürrische Menschen, die sich auch mal ordentlich in die Haare kriegen und eine Weile brauchen, bis sie den versöhnlichen Schritt auf den anderen zu machen. Gegenüber Anderen beteuern sie immer wieder nur Freunde zu sein und das da nicht mehr sei, doch die kommende fünfte Staffel lässt diesbezüglich hoffen.
[Luke is trying to subtly flirt with Lorelai at his diner]
Luke: Those jeans are really working for you.
Lorelai: Yeah?
Luke: They're working for me, too.
Lorelai: You're flirting with me.
Luke: Something like that.
Lorelai: Finally. Do it some more.
Luke: Your shoes work well with that... shirt.
Lorelai: Gee, Carson, thanks.
In Rorys Liebesleben geht es nicht viel weniger turbulent zu. Zwar hat sie Dean, den einfühlsamen, liebevollen und verständnisvollen Milchbubi, an ihrer Seite, doch dann taucht Jess, der schulschwänzende, unabhängige Draufgänger und Neffe von Luke, auf. Eine Dreiecksgeschichte par excellence!
Rory: I am dancing I can not control where my glance goes and the few moments where I can control it; my glance goes to Dean not you.
Jess: So, you can't control when you look at me but, you have to force yourself to look at him,
[to Dean]
Jess: sorry man that's cold.
Doch es wird nicht nur auf das Privat- sondern auch auf das Berufs- bzw. Schulleben der Gilmore Girls eingegangen. Lorelai hat neben ihrer Managerposition im Independence Inn einen Wirtschaftskurs an der Abendschule erfolgreich absolviert und träumt von einem eigenen Hotel, das sie gemeinsam mit ihrer besten Freundin Sookie, die Köchin im Independence Inn ist, aufmachen möchte. Doch der Weg dorthin ist noch steiniger als gedacht, neben der Suche und dem Erwerb eines geeigneten Hauses (hoffentlich stirbt die Besitzerin bald...) ist da auch noch das massive Geldproblem. Ein Mitarbeiter im Hotel ist eine weitere wunderbar seltsame Figur, die des Michel. Mit seiner negativen Art und der ablehnenden Haltung gegenüber allem und jedem bringt der eingewanderte Franzose eine zusätzliche Portion beißenden Humor in die Serie.
Michel: Look, I've had my peace with the fact that everyone who calls here is a notch above brain dead, and that the pennies I am thrown each week are in exchange for me dealing with these people in a nonviolent manner. And usually that is fine, but today, sorry lady, I have ennui.
Rory geht auf die Privatschule Chilton. Dort lernt sie die gnadenlose Paris kennen. Sie ist besessen vom Lernen und Gewinnen, mit ihrer herrischen und besserwisserischen Art macht sie ihren Mitschülern das Leben zur Hölle. Paris ist eine Perfektionistin, sie muss immer alles kontrollieren und organisieren, denn nur so ist ein Erfolg gewährleistet. Anfangs ist Rory für sie eine Konkurrentin, die sie ausstechen will, doch durch gemeinsame Aktivitäten (Schulprojekte, Schülerzeitung, Schulsprecherschaft) freunden sie sich an.
Paris: Ladies, thank you for seeing me. I know you're busy with work and have families to get home to, so I really appreciate your courtesy, and I'll make it brief. Having Grad Night on a yacht is the worst idea since Neville Chamberlain told the people of England, "Hey, don't worry about Hitler. He's a stand-up chap." Forget the inconvenience of being at sea with guests unable to leave if the party is dull or if the band, which will inevitably be composed of accountants with semi-mullets, decides to do a half-hour tribute to Kenny G. The seasickness factor alone, abetted by snuck-in flasks and badly cooked food, could lead to an epidemic, which may lead to lawsuits the school could ill afford. These points conclusively call for a change in venue to a hotel ballroom, a restaurant facility, several of which I've already called. Here are the results of my research. I've also included a list of maritime disasters from the past fifty years - capsizings, onboard fires, et cetera - and trust me, it'll put you off your lunch. Thank you for your time and cooperation.
[leaves]
Um diese Ausbildung bezahlen zu können, mussten Rory und Lorelai finanzielle Unterstützung von Emily und Richard Gilmore, Lorelais Eltern, in Anspruch nehmen. Das ist vor allem Lorelai sehr schwer gefallen, ist ihr Verhältnis zu ihren Eltern doch sehr gespannt. Aber für ihre Tochter tut sie alles!
[Rory, with a broken arm, is going to bed]
Lorelai: Schooch down now and go to sleep.
[she moves Rory's armchair]
Rory: What are you doing?
Lorelai: Nothing, just a little feng shui, go to sleep.
Rory: Mom, you don't have to sleep in here tonight.
Lorelai: I know, I just think the chair looks nice here.
Rory: And what's the blanket for?
Lorelai: In case the chair gets cold.
Rory: And the pillow?
Lorelai: To keep the blanket company.
Rory: Uh-huh.
Lorelai: Okay, everything's in its place. Chair seems warm, blanket seems happy, just one thing missing... oh yeah.
[sits down in chair]
Lorelai: Goodnight.
Rory: Freak of sideshow proportions.
Lorelai: I love you, too.
Rory: Mom?
Lorelai: Hmm?
Rory: I'm sorry.
Lorelai: Shh, the chair is trying to sleep.
Rorys größter Wunsch ist es nach Harvard zu gehen und erfolgreiche Auslandskorrespondentin zu werden. So springt Lorelai über ihren Schatten um Rory zu helfen ihrem Traum ein Stück näher zu kommen. Neben der Bedingung der Rückzahlung, auf die Lorelai bestanden hat um ihre Unabhängigkeit von der Eltern weiterhin aufrecht zu erhalten, müssen Rory und Lorelai jeden Freitag zu den wohlhabenden (Groß-)Eltern zum Essen erscheinen. Dort empfängt sie nahezu jedesmal ein neues Hausmädchen, da kein Mädchen den hohen Erwartungen von Emily gerecht werden kann. Richard, ein Versicherungskaufmann, arbeitet viel und ist oft auf Geschäftsreise. Er verdient das Geld, welches Emily zu gern ausgibt, auch um ihren Status in der feinen Gesellschaft zu bewahren. Peinlich genau müssen alle Verpflichtungen eingehalten, auf jeder Wohltätigkeitsveranstaltung aufgetaucht und allen von außen herangetragenen Ansprüchen gerecht werden. Die Konflikte zwischen Lorelai und ihren Eltern, u.a. auch weil Rory so einen super Draht zu ihren Großeltern hat, sind fabelhaft, auch aufgrund Lorelais grandiosem Humor, den die zwei selten verstehen.
Emily: You were on the phone?
Richard: Long distance.
Lorelai: God?
Richard: London.
Lorelai: God lives in London?
Richard: My mother lives in London.
Lorelai: Your mother is God?
Richard: Lorelai...
Lorelai: So, God *is* a woman.
Richard: Lorelai.
Lorelai: *And* a relative. That's so cool. I'm gonna totally ask for favors.
Richard: Make her stop.
Rory: Oh, that I could.
----------------------
Emily: What can we do in a bathroom?
Lorelai: Meet George Michael.
Emily: What?
Als Zuschauer kommt man aus dem Lachen nicht mehr heraus! Der Wortwitz ist phänomenal. Sarkasmus, Zynismus, Alltags- bzw. Gesellschaftskritik, Analogien oder einfach nur Blödeleien den beiden Quasselstrippen gekonnt in den Mund gelegt, machen das Zuschauen zu einem großen Spaß und bringen gute Laune.
Lorelai: Heh, you know what I just realized? "Oy" is the funniest word in the entire world.
Rory: Hmm.
Lorelai: I mean think about it, you never hear the word "oy" and not smile. Impossible. Funny, funny word.
Emily: Oh dear God.
Lorelai: "Poodle" is another funny word.
Emily: Please drink your drink, Lorelai.
Lorelai: In fact, if you put "oy" and "poodle" together, in the same sentence, you'd have a great new catchphrase, you know? Like, "Oy with the poodles already."
Rory: Hehe.
Lorelai: So from now on, when the perfect circumstances arise, we will use our favorite new catchphrase:
Rory: Oy with the poodles already.
Lorelai: I'm telling you, it's knocking "Whatchu talkin' 'bout, Willis?" right out of first place.
Das Geschehen wird schön verpackt in ebenfalls schon komische, aber durchaus kreativ inszenierte Stadtfeste oder -aktionen wie z.B. das Fest der Verrückten, einen 24h Tanzmarathon, eine Picknickkorb-Ersteigerungsaktion, bei der der Mann, welcher den Picknickkorb ersteigert, mit der Frau, die ihn gepackt hat, ausgehen darf oder einer Filmnacht, bei der immer der gleiche Film, Das kleine Rehkitz, gezeigt wird. Sowieso spielen Filme und Verweise auf sie eine große Rolle. Lorelai und Rory sind leidenschaftliche Couch-Potatoes, oft sieht man sie Pizza-essend und Filme-schauend auf ihrem Sofa sitzen. Sei es noch so kitschig, die beiden schrecken vor nichts zurück, wissen aber Filmklassiker, wie „Der Pate“ durchaus zu schätzen. In bestimmten auf Filme bzw. Filmfiguren passenden Situationen werden die Personen mit den Filmcharakternamen angesprochen oder es werden Parallelen zu Filmsituationen gezogen.
Sookie: Call me Belinda, 'cause my lips are sealed!
Das ist als Zuschauer besonders interessant, denn man kann sein Filmwissen testen und die Freude über eine erkannte Figur ist groß. Zudem erhöht das das Verständnis und den Spaßfaktor.
Lorelai: Rory is very low maintenance Kind of like that robot kid in A.I., only way less mother-obsessed. Oh my God, that kid was so annoying. I would've pushed him out of the car while it was still moving.
-------------------------
Kirk: I aspire to be as great as Kurosawa.
Lorelai: Ah, Seven Samurai.
Kirk: What?
Lorelai: Seven Samurai. It's a great Japanese movie directed by Kurosawa.
Kirk: No, excuse me, I'm sorry, did I say Kurosawa? I meant Akiba Sawa. The guy who directed all those episodes of The Facts of Life.
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Lorelai: I swear, there is nothing in the world my mother is better at than getting someone to agree to something that in any other universe, they would never ever consider.
Rory: Mom.
Lorelai: I am still convinced she had something to do with Lily Tomlin doing that movie with John Travolta.
-------------------------
Paris: Gandalf the Grey is still falling down that hole; it's a big hole!
Eine weitere kleine Besonderheit ist die Spielerei mit der Diegese. Die im Laufe einer Szene laufende (extradiegtische) Hintergrundmusik wird zur diegetischen Musik, wenn meist in einer Kamerafahrt oder Aufblendung der Troubadour der Stadt mit seiner Gitarre ins Bild kommt und als Musikquelle identifiziert werden kann. Schönes kleines zusätzlichen Highlight.
Die Serie lebt von ihren Handlungsbögen, ein Folge verpasst und schon einen wichtigen Baustein in der Geschichte um Lorelai und Rory, die eigentlich auch Lorelai heißt, da ihre Mutter dachte, wenn Männer ihre Söhne nach sich benennen können, dann kann sie das schon lange, versäumt. Für die Entwicklung in den Leben der zwei ist auch jede Kleinigkeit von Bedeutung, oft kommt es vor, dass eine Randbemerkung aus einer vorherigen Folge aufgegriffen und zu einer neuen Folge ausgebaut wird. Dennoch verzichtet die Serie darauf, ihre Großereignisse pompös in Szene zu setzten, ganz im Gegenteil, sie zeigt sie oft gar nicht. So wurde die Hochzeit von Sookie nicht inszeniert, zwar lag eine riesige Bedeutung auf dem Randgeschehen an diesem Tag, aber die Zeremonie selbst wurde nicht gezeigt. Ähnlich ist es mit anderen Geschehnissen, Rorys Aufenthalt in Washington, Lorelais Dates oder die Rucksack-Europareise der beiden. Alle diese Ereignisse werden im nachhinein durch bunte Umschreibungen, wortreiche Erzählungen und amüsante Ausschmückungen in das Seriengeschehen integriert.
Gilmore Girls bleibt dennoch eine typische Serie, deren Konflikte teilweise sehr vorhersehbar sind und manchmal arg konstruiert und an den Haaren herbeigezogen wirken. Teilweise entsteht auch ein etwas seifiger Charakter und es wird zu der klassischen Vorabendunterhaltung für (junge) Frauen. Dies geschieht aber glücklicherweise nicht oft und erst recht nicht über mehrere Folgen hinweg. Auch kleine (wenn auch seltene) Geniestreiche in der Montage der Bilder von dem althergebrachten, langsam eingestaubten Muster weg, machen die „Gilmore Girls“ sehenswert. Zudem sind die Schauspieler, vor allem die zwei Hauptdarsteller Lauren Graham und Alexis Bledel super. Als Zuschauer hat man das Gefühl, sie wären wirklich Mutter und Tochter, sie harmonieren großartig. Ihr Spiel wirkt keinesfalls aufgesetzt oder auswendig gelernt, sie gehen in ihren Rollen auf. Die Darstellung dieser außergewöhnlichen Mutter-Tochter-Beziehung prägt die Serie, sie ist der rote Faden, das A und O.
Dennoch, wie Freundeskreis schon feststellten, Komik ist Tragik in Spiegelschrift. Es ist natürlich auch nicht immer alles Friede, Freude, Eierkuchen. Es gibt auch ernste und sehr tragische Momente in der Serie, die trotz dem witzigen Grundton, auch so ernst rüber kommen. Einem sentimentalen Zuschauer (wie mir) kann da schon mal ein Tränchen die Wange runterkullern. Die Themen sind aber sehr ausbalanciert und nichts wird zu sehr in die Länge gezogen. Zusätzlich überraschen einen die Macher mit immer neuen und frischen Ideen, so dass es nie langweilig wird.
Oh man, ich muss mich wohl langsam mal bremsen, ich komme ja aus dem schwärmen nicht mehr raus. Ich glaub ich hab hier alles ganz schön in den Himmel gelobt, die ganze Sache ausufern lassen und die objektive Betrachtung, die ich mir im Vorfeld vorgenommen hatte, unmerklich aus den Augen verloren. Wie auch immer, nun bleibt mir nur noch ein Fazit:
Gilmore Girls - Einfach phantastisch!
Lorelai: There are many paths in life. There's the "Hey, you're cute, sure, I'll marry you after graduation and med school" and the "Can you drive Susie to soccer today, 'cause I've got a pedicure?" path. And then there's my path, where I found myself 16 and pregnant and I realized "I have to get a job, I have to raise a kid and being me, I have to do it all by myself." Not easy. But the thing with my path was, when I reached the end, I turned around and realized I'd ended up someplace really good. ["Gilmore Girls: Beginnings" opening narration]
So beginnt die erste Folge der „Gilmore Girls“. Es geht um die Geschichte von Lorelai Gilmore (gespielt von Lauren Graham) und ihrer Tochter Rory Gilmore (dargestellt von Alexis Bledel). Sie leben in der (fiktiven) Kleinstadt Stars Hollow in Connecticut. Lorelai ist Managerin eines kleinen Hotels, in dem auch ihre beste Freundin Sookie als Köchin arbeitet. Zu ihren Eltern hat Lorelai ein gespanntes Verhältnis – spätestens seit sie im Alter von 16 mit Rory schwanger wurde, von zu Hause auszog, sich von Rorys Vater Christopher trennte und ihr Leben selbst in die Hand nahm – hatten die wohlhabenden Eltern doch ganz andere Pläne für ihre einzige Tochter im Sinn: erst Privatschule, dann eine Elite-Uni, anschließend gutbezahlter Job und angesehene gesellschaftliche Stellung. Doch Lorelai hat, wie das Zitat schon sagt, einen ganz anderen, nach ihren Vorstellungen ausgerichteten Weg eingeschlagen.
Als alleinerziehende Mutter hat es Lorelai nicht einfach und in dem Frauenhaushalt geht es daher sehr turbulent zu – ebenso wie in der gesamten Kleinstadt. Das sich im Serienfernsehen schon etablierte Grundkonzept von liebenswerten und ebenso exzentrischen Kleinstädtern (wie z.B. Picket Fences) funktioniert auch bei den „Gilmore Girls“. Neben den zwei Hauptfiguren, der 16jährigen ruhigen Einser-Schülerin, immer Bücher lesenden Rory und ihrer quirligen, nur doppelt so alten Mutter, die nicht nur verwandt, sondern auch beste Freundinnen sind, leben in Stars Hollow noch zahlreiche weitere skurille Personen. Allen voran
Kirk, der sich mit kleinen Jobs (in nahezu jedem Geschäft der Stadt) über Wasser hält und immer noch bei seiner Mutter lebt,
Kirk: I have night terrors.
Luke: Night terrors?
Kirk: Basically, I freak out at beddy-bye. About an hour after I fall asleep, I wake up in panic. Everything around me seems threatening, scary, out to get me. Two nights ago, I was suddenly gripped with the overwhelming feeling that there was an assassin in my house.
Luke: Jeez.
Kirk: I had to get out of the room before he got me, so I jumped out of bed and locked my pillow in the bathroom.
Luke: Why?
Kirk: Because it was a bomb.
Luke: Of course.
Kirk: After neutralizing my pillow, I ran up the stairs, climbed out the bathroom window, scaled the trellis up the side of the house, and hid on the roof...
Luke: Huh.
Kirk: Completely naked.
Luke: Aw, jeez!
Kirk: The worst part of night terrors is it always ends up with me on top of the roof completely naked or running down the street completely naked or swimming in the community-center pool completely naked. That was the time I thought I was on fire.
Miss Patty, die einst mal im Showbiz erfolgreiche, mittlerweile etwas fülligere Tratschtante der Stadt,
Mrs Kim, Mutter von Lane, beste Freundin von Rory, und sehr unerbitterliche und kurzangebundene, streng religiöse koreanische Antiquitätenhändlerin
und der Stadtvorsteher Taylor, der jede Aktion organisiert und in den Town Meetings jede Kleinigkeit diskutiert und die Sachen dann so dreht, dass sie ihm von Nutzen sind.
Natürlich spielen im Leben von Rory und Lorelai auch die Männer eine Rolle. An erster Stelle steht da ohne Frage Luke. Er hat ein Diner in dem sich Lorelai und Rory jeden Tag aufhalten. Bei Luke nehmen die Gilmore Girls ihr Lebenselexier zu sich: Kaffee. Ohne Kaffee geht bei den beiden gar nichts, man sieht vor allem Lorelai in jeder erdenklichen Situation Kaffee trinken. Essen hat einen ähnlich hohen Stellenwert. Sie können tonnenweise Nahrung zu sich nehmen und eine Stunde später sind sie immer noch hungrig. Bei ihren nahezu täglichen Essenlieferungen (da ihr Kühlschrank immer leer ist) bestellen sie so große Mengen, dass problemlos noch Gäste satt werden.
Zurück zu Luke – neben dem besten Freund auch der Mann in Lorelais Leben? Von der ersten Folge an ist da dieses knistern, wie schon zwischen Mulder und Scully, ein ständiges hin und her.
Luke: Rory's not here yet.
Lorelai: Then you'll have to entertain me until she arrives. Okay Burger boy, dance.
Luke: Will you marry me?
[Lorelai is taken aback]
Luke: Just looking for something to shut you up.
Ihre Wortgefechte sind großartig, pausenloses necken und streiten, aufziehen, ärgern, scherzen.
Lorelai: Well, I can't take it back to Yale.
Luke: I'm not storing your microbe mattress, forget it.
Lorelai: Well, then I'm stuck here.
Luke: Fine, because I need my truck back.
Lorelai: Fine, but that leaves you with the mattress.
Luke: I'm not taking the mattress.
Lorelai: Then let me take the truck.
Luke: But that means you take the mattress.
Lorelai: I can't take the mattress.
Luke: Then you can't have the truck.
Lorelai: But that sticks you with the mattress.
Luke: If you take the truck, it comes with the mattress.
Lorelai: I can't take the mattress.
Luke: Then you can't have the truck.
Lorelai: And that sticks you with the mattress.
Luke: We've been here before.
Lorelai: I recognize that tree.
Da liegt etwas in der Luft. Doch so einfach ist das nicht, es gibt zwar diese gewissen Momente, wenn sich die beiden tief in die Augen schauen und man als sentimentaler und Happy End erwartender Serienzuschauer sehnlichst auf einen leidenschaftlichen Kuss wartet, aber der kommt (noch) nicht. Zudem sind beide sehr zynische und, vor allem Luke, stürrische Menschen, die sich auch mal ordentlich in die Haare kriegen und eine Weile brauchen, bis sie den versöhnlichen Schritt auf den anderen zu machen. Gegenüber Anderen beteuern sie immer wieder nur Freunde zu sein und das da nicht mehr sei, doch die kommende fünfte Staffel lässt diesbezüglich hoffen.
[Luke is trying to subtly flirt with Lorelai at his diner]
Luke: Those jeans are really working for you.
Lorelai: Yeah?
Luke: They're working for me, too.
Lorelai: You're flirting with me.
Luke: Something like that.
Lorelai: Finally. Do it some more.
Luke: Your shoes work well with that... shirt.
Lorelai: Gee, Carson, thanks.
In Rorys Liebesleben geht es nicht viel weniger turbulent zu. Zwar hat sie Dean, den einfühlsamen, liebevollen und verständnisvollen Milchbubi, an ihrer Seite, doch dann taucht Jess, der schulschwänzende, unabhängige Draufgänger und Neffe von Luke, auf. Eine Dreiecksgeschichte par excellence!
Rory: I am dancing I can not control where my glance goes and the few moments where I can control it; my glance goes to Dean not you.
Jess: So, you can't control when you look at me but, you have to force yourself to look at him,
[to Dean]
Jess: sorry man that's cold.
Doch es wird nicht nur auf das Privat- sondern auch auf das Berufs- bzw. Schulleben der Gilmore Girls eingegangen. Lorelai hat neben ihrer Managerposition im Independence Inn einen Wirtschaftskurs an der Abendschule erfolgreich absolviert und träumt von einem eigenen Hotel, das sie gemeinsam mit ihrer besten Freundin Sookie, die Köchin im Independence Inn ist, aufmachen möchte. Doch der Weg dorthin ist noch steiniger als gedacht, neben der Suche und dem Erwerb eines geeigneten Hauses (hoffentlich stirbt die Besitzerin bald...) ist da auch noch das massive Geldproblem. Ein Mitarbeiter im Hotel ist eine weitere wunderbar seltsame Figur, die des Michel. Mit seiner negativen Art und der ablehnenden Haltung gegenüber allem und jedem bringt der eingewanderte Franzose eine zusätzliche Portion beißenden Humor in die Serie.
Michel: Look, I've had my peace with the fact that everyone who calls here is a notch above brain dead, and that the pennies I am thrown each week are in exchange for me dealing with these people in a nonviolent manner. And usually that is fine, but today, sorry lady, I have ennui.
Rory geht auf die Privatschule Chilton. Dort lernt sie die gnadenlose Paris kennen. Sie ist besessen vom Lernen und Gewinnen, mit ihrer herrischen und besserwisserischen Art macht sie ihren Mitschülern das Leben zur Hölle. Paris ist eine Perfektionistin, sie muss immer alles kontrollieren und organisieren, denn nur so ist ein Erfolg gewährleistet. Anfangs ist Rory für sie eine Konkurrentin, die sie ausstechen will, doch durch gemeinsame Aktivitäten (Schulprojekte, Schülerzeitung, Schulsprecherschaft) freunden sie sich an.
Paris: Ladies, thank you for seeing me. I know you're busy with work and have families to get home to, so I really appreciate your courtesy, and I'll make it brief. Having Grad Night on a yacht is the worst idea since Neville Chamberlain told the people of England, "Hey, don't worry about Hitler. He's a stand-up chap." Forget the inconvenience of being at sea with guests unable to leave if the party is dull or if the band, which will inevitably be composed of accountants with semi-mullets, decides to do a half-hour tribute to Kenny G. The seasickness factor alone, abetted by snuck-in flasks and badly cooked food, could lead to an epidemic, which may lead to lawsuits the school could ill afford. These points conclusively call for a change in venue to a hotel ballroom, a restaurant facility, several of which I've already called. Here are the results of my research. I've also included a list of maritime disasters from the past fifty years - capsizings, onboard fires, et cetera - and trust me, it'll put you off your lunch. Thank you for your time and cooperation.
[leaves]
Um diese Ausbildung bezahlen zu können, mussten Rory und Lorelai finanzielle Unterstützung von Emily und Richard Gilmore, Lorelais Eltern, in Anspruch nehmen. Das ist vor allem Lorelai sehr schwer gefallen, ist ihr Verhältnis zu ihren Eltern doch sehr gespannt. Aber für ihre Tochter tut sie alles!
[Rory, with a broken arm, is going to bed]
Lorelai: Schooch down now and go to sleep.
[she moves Rory's armchair]
Rory: What are you doing?
Lorelai: Nothing, just a little feng shui, go to sleep.
Rory: Mom, you don't have to sleep in here tonight.
Lorelai: I know, I just think the chair looks nice here.
Rory: And what's the blanket for?
Lorelai: In case the chair gets cold.
Rory: And the pillow?
Lorelai: To keep the blanket company.
Rory: Uh-huh.
Lorelai: Okay, everything's in its place. Chair seems warm, blanket seems happy, just one thing missing... oh yeah.
[sits down in chair]
Lorelai: Goodnight.
Rory: Freak of sideshow proportions.
Lorelai: I love you, too.
Rory: Mom?
Lorelai: Hmm?
Rory: I'm sorry.
Lorelai: Shh, the chair is trying to sleep.
Rorys größter Wunsch ist es nach Harvard zu gehen und erfolgreiche Auslandskorrespondentin zu werden. So springt Lorelai über ihren Schatten um Rory zu helfen ihrem Traum ein Stück näher zu kommen. Neben der Bedingung der Rückzahlung, auf die Lorelai bestanden hat um ihre Unabhängigkeit von der Eltern weiterhin aufrecht zu erhalten, müssen Rory und Lorelai jeden Freitag zu den wohlhabenden (Groß-)Eltern zum Essen erscheinen. Dort empfängt sie nahezu jedesmal ein neues Hausmädchen, da kein Mädchen den hohen Erwartungen von Emily gerecht werden kann. Richard, ein Versicherungskaufmann, arbeitet viel und ist oft auf Geschäftsreise. Er verdient das Geld, welches Emily zu gern ausgibt, auch um ihren Status in der feinen Gesellschaft zu bewahren. Peinlich genau müssen alle Verpflichtungen eingehalten, auf jeder Wohltätigkeitsveranstaltung aufgetaucht und allen von außen herangetragenen Ansprüchen gerecht werden. Die Konflikte zwischen Lorelai und ihren Eltern, u.a. auch weil Rory so einen super Draht zu ihren Großeltern hat, sind fabelhaft, auch aufgrund Lorelais grandiosem Humor, den die zwei selten verstehen.
Emily: You were on the phone?
Richard: Long distance.
Lorelai: God?
Richard: London.
Lorelai: God lives in London?
Richard: My mother lives in London.
Lorelai: Your mother is God?
Richard: Lorelai...
Lorelai: So, God *is* a woman.
Richard: Lorelai.
Lorelai: *And* a relative. That's so cool. I'm gonna totally ask for favors.
Richard: Make her stop.
Rory: Oh, that I could.
----------------------
Emily: What can we do in a bathroom?
Lorelai: Meet George Michael.
Emily: What?
Als Zuschauer kommt man aus dem Lachen nicht mehr heraus! Der Wortwitz ist phänomenal. Sarkasmus, Zynismus, Alltags- bzw. Gesellschaftskritik, Analogien oder einfach nur Blödeleien den beiden Quasselstrippen gekonnt in den Mund gelegt, machen das Zuschauen zu einem großen Spaß und bringen gute Laune.
Lorelai: Heh, you know what I just realized? "Oy" is the funniest word in the entire world.
Rory: Hmm.
Lorelai: I mean think about it, you never hear the word "oy" and not smile. Impossible. Funny, funny word.
Emily: Oh dear God.
Lorelai: "Poodle" is another funny word.
Emily: Please drink your drink, Lorelai.
Lorelai: In fact, if you put "oy" and "poodle" together, in the same sentence, you'd have a great new catchphrase, you know? Like, "Oy with the poodles already."
Rory: Hehe.
Lorelai: So from now on, when the perfect circumstances arise, we will use our favorite new catchphrase:
Rory: Oy with the poodles already.
Lorelai: I'm telling you, it's knocking "Whatchu talkin' 'bout, Willis?" right out of first place.
Das Geschehen wird schön verpackt in ebenfalls schon komische, aber durchaus kreativ inszenierte Stadtfeste oder -aktionen wie z.B. das Fest der Verrückten, einen 24h Tanzmarathon, eine Picknickkorb-Ersteigerungsaktion, bei der der Mann, welcher den Picknickkorb ersteigert, mit der Frau, die ihn gepackt hat, ausgehen darf oder einer Filmnacht, bei der immer der gleiche Film, Das kleine Rehkitz, gezeigt wird. Sowieso spielen Filme und Verweise auf sie eine große Rolle. Lorelai und Rory sind leidenschaftliche Couch-Potatoes, oft sieht man sie Pizza-essend und Filme-schauend auf ihrem Sofa sitzen. Sei es noch so kitschig, die beiden schrecken vor nichts zurück, wissen aber Filmklassiker, wie „Der Pate“ durchaus zu schätzen. In bestimmten auf Filme bzw. Filmfiguren passenden Situationen werden die Personen mit den Filmcharakternamen angesprochen oder es werden Parallelen zu Filmsituationen gezogen.
Sookie: Call me Belinda, 'cause my lips are sealed!
Das ist als Zuschauer besonders interessant, denn man kann sein Filmwissen testen und die Freude über eine erkannte Figur ist groß. Zudem erhöht das das Verständnis und den Spaßfaktor.
Lorelai: Rory is very low maintenance Kind of like that robot kid in A.I., only way less mother-obsessed. Oh my God, that kid was so annoying. I would've pushed him out of the car while it was still moving.
-------------------------
Kirk: I aspire to be as great as Kurosawa.
Lorelai: Ah, Seven Samurai.
Kirk: What?
Lorelai: Seven Samurai. It's a great Japanese movie directed by Kurosawa.
Kirk: No, excuse me, I'm sorry, did I say Kurosawa? I meant Akiba Sawa. The guy who directed all those episodes of The Facts of Life.
-------------------------
Lorelai: I swear, there is nothing in the world my mother is better at than getting someone to agree to something that in any other universe, they would never ever consider.
Rory: Mom.
Lorelai: I am still convinced she had something to do with Lily Tomlin doing that movie with John Travolta.
-------------------------
Paris: Gandalf the Grey is still falling down that hole; it's a big hole!
Eine weitere kleine Besonderheit ist die Spielerei mit der Diegese. Die im Laufe einer Szene laufende (extradiegtische) Hintergrundmusik wird zur diegetischen Musik, wenn meist in einer Kamerafahrt oder Aufblendung der Troubadour der Stadt mit seiner Gitarre ins Bild kommt und als Musikquelle identifiziert werden kann. Schönes kleines zusätzlichen Highlight.
Die Serie lebt von ihren Handlungsbögen, ein Folge verpasst und schon einen wichtigen Baustein in der Geschichte um Lorelai und Rory, die eigentlich auch Lorelai heißt, da ihre Mutter dachte, wenn Männer ihre Söhne nach sich benennen können, dann kann sie das schon lange, versäumt. Für die Entwicklung in den Leben der zwei ist auch jede Kleinigkeit von Bedeutung, oft kommt es vor, dass eine Randbemerkung aus einer vorherigen Folge aufgegriffen und zu einer neuen Folge ausgebaut wird. Dennoch verzichtet die Serie darauf, ihre Großereignisse pompös in Szene zu setzten, ganz im Gegenteil, sie zeigt sie oft gar nicht. So wurde die Hochzeit von Sookie nicht inszeniert, zwar lag eine riesige Bedeutung auf dem Randgeschehen an diesem Tag, aber die Zeremonie selbst wurde nicht gezeigt. Ähnlich ist es mit anderen Geschehnissen, Rorys Aufenthalt in Washington, Lorelais Dates oder die Rucksack-Europareise der beiden. Alle diese Ereignisse werden im nachhinein durch bunte Umschreibungen, wortreiche Erzählungen und amüsante Ausschmückungen in das Seriengeschehen integriert.
Gilmore Girls bleibt dennoch eine typische Serie, deren Konflikte teilweise sehr vorhersehbar sind und manchmal arg konstruiert und an den Haaren herbeigezogen wirken. Teilweise entsteht auch ein etwas seifiger Charakter und es wird zu der klassischen Vorabendunterhaltung für (junge) Frauen. Dies geschieht aber glücklicherweise nicht oft und erst recht nicht über mehrere Folgen hinweg. Auch kleine (wenn auch seltene) Geniestreiche in der Montage der Bilder von dem althergebrachten, langsam eingestaubten Muster weg, machen die „Gilmore Girls“ sehenswert. Zudem sind die Schauspieler, vor allem die zwei Hauptdarsteller Lauren Graham und Alexis Bledel super. Als Zuschauer hat man das Gefühl, sie wären wirklich Mutter und Tochter, sie harmonieren großartig. Ihr Spiel wirkt keinesfalls aufgesetzt oder auswendig gelernt, sie gehen in ihren Rollen auf. Die Darstellung dieser außergewöhnlichen Mutter-Tochter-Beziehung prägt die Serie, sie ist der rote Faden, das A und O.
Dennoch, wie Freundeskreis schon feststellten, Komik ist Tragik in Spiegelschrift. Es ist natürlich auch nicht immer alles Friede, Freude, Eierkuchen. Es gibt auch ernste und sehr tragische Momente in der Serie, die trotz dem witzigen Grundton, auch so ernst rüber kommen. Einem sentimentalen Zuschauer (wie mir) kann da schon mal ein Tränchen die Wange runterkullern. Die Themen sind aber sehr ausbalanciert und nichts wird zu sehr in die Länge gezogen. Zusätzlich überraschen einen die Macher mit immer neuen und frischen Ideen, so dass es nie langweilig wird.
Oh man, ich muss mich wohl langsam mal bremsen, ich komme ja aus dem schwärmen nicht mehr raus. Ich glaub ich hab hier alles ganz schön in den Himmel gelobt, die ganze Sache ausufern lassen und die objektive Betrachtung, die ich mir im Vorfeld vorgenommen hatte, unmerklich aus den Augen verloren. Wie auch immer, nun bleibt mir nur noch ein Fazit:
Gilmore Girls - Einfach phantastisch!
"Sometimes someone says something really small and it just fits into this empty place in your heart."
from > My so-called life<
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#3
Geschrieben 07. Februar 2005, 14:49
mit etwas hilfe, kann ich jetzt auch Bilder zu meinen einträgen hochladen. Danke djmacbest!!!
hier also nun (nachträglich) das Bild zum "Gilmore Girls"-Eintrag:
hier also nun (nachträglich) das Bild zum "Gilmore Girls"-Eintrag:
![Eingefügtes Bild](http://img161.exs.cx/img161/7982/gilmoregirls5gy.jpg)
"Sometimes someone says something really small and it just fits into this empty place in your heart."
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#4
Geschrieben 20. Februar 2005, 23:00
Fickende Fische (D, 2002)
Regie: Almut Getto
![Eingefügtes Bild](http://img229.exs.cx/img229/2052/fickendefische8qe.jpg)
Ein Film über die erste Liebe, die brennende Frage, ob Fische eigentlich Sex haben und über eine Krankheit, deren unausweichliches Ende dem Jetzt keine Zukunft zu lassen scheint.
Ein Film über die Teenager Jan und Nina.
Beide sind 16 Jahre alt und Außenseiter und das scheint auch schon fast alles zu sein, was sie verbindet.
Jan ist ein schüchterner, blasser und sensibler Junge, der von seinen Eltern überversorgt wird und ein ziemlich tristes Leben führt. Seine Mutter packt ihn in Watte ein und der Vater steht nur sprach- und hilflos daneben. Der einzige Mensch zu dem Jan einen richtigen Draht hat, ist sein etwas verschrobener Großvater. Jans Leidenschaft ist die Unterwasserwelt. Zwischen Fischen und Algen, im tiefen Blau des Wasser findet er Ruhe, Entspannung und Befreiung. Hier ist alles Sein ein geborgenes, endloses Schweben. Nur hier kann er dem Alltag entfliehen, vor allem vor seinen Eltern, die ständig besorgt sind und ihn beschützen wollen. Dennoch haben die Eltern damit nicht Unrecht, denn Jan ist seit einer Blutkonserve nach einem Unfall HIV-positiv. Sein Leben gleicht einem Seiltanz, jeden Moment bereit abzustürzen, fordert er sein Glück heraus, sucht den Nervenkitzel, wenn er z.B. mit geschlossenen Augen eine stark befahrene Straße überquert oder auf einem Brückengeländer balanciert. Es sind aber immer nur kurze Ausbruchsversuche, die der introvertierte Junge unternimmt, bevor er wieder in sein geordnetes Dasein zurückkehrt.
Nina kommt dagegen aus sehr stürmischen Familienverhältnissen, ihre Eltern leben getrennt, die Scheidung nur noch Formsache. Die jugendliche „Neue“ ihres Vater findet sie unerträglich, der Vater kommt mit dem kessen, frechen und spontanen Mädchen nicht zurecht und der wortkarge Bruder hält sich aus allem raus. Als Art Mutterersatz fungiert eine Dildos verkaufende Nachbarin, die aber nicht mal mit ihren eigenen Problemen fertig wird. So ist Nina gezwungen auf eigenen Beinen zu stehen und ist somit schon sehr selbständig.
Die beiden Charaktere kollidieren regelrecht miteinander, denn Nina überrollt Jan quasi mit ihren Inlineskates und das sogar zweimal. Beim zweiten Mal stirbt ein Fische, den Jan gerade gekauft hatte. Sie kommen ins Gespräch und mit der Frage: „Sag' mal, ficken Fische eigentlich?“ fängt alles an. Aus einer anfänglich sehr schüchternen und zurückhaltenden Freundschaft wird eine zarte, erste Liebe. Sie gehen der Frage nach, wie bei lebend gebärenden Fischen, denn „das Sperma in das Fischweibchen“ kommt und verbringen zusammen eine unbeschwerte und glückliche Zeit. Durch Nina lernt Jan, sich von seinen Eltern zu emanzipieren und zusammen begeben sie sich auf die Suche nach ihrem Paradies. Für Jan ist das Paradies dunkel, ruhig, nass und voller Fische. Dieses Paradies zeigt er Nina, möchte es mit ihr teilen, sie dafür begeistern, mit ihr der beengenden Welt der Erwachsenen, der Missverständnisse und Unsicherheiten entfliehen.
Die Liebesbeziehung, die sich zwischen den beiden ganz behutsam entwickelt, ist intensiv und voller Poesie. In kurzen Momenten scheint das Glück perfekt, doch der innere Konflikt, der Jan spaltet, entweder Nina selbst oder Ninas Beziehung zu sich zu gefährden, wirkt greifbar. Darf sich jemand mit AIDS verlieben? Als die beiden an Ninas Geburtstag miteinander schlafen wollen, kommt es zum Eklat. Jan zieht sich komplett zurück, kapselt sich ab, nicht fähig, der Person, die er liebt, die Wahrheit zu sagen. Nina fühlt sich benutzt und gekränkt und es kommt zur unvermeidlichen Trennung.
Aber natürlich kommt es zum Happy End. Klar in so einem Jugendfilm, oder ich nenne es mal Jugenddrama, muss es ein gutes Ende geben. Zwar ist die Hinführung zur Versöhnung etwas schwach, denn beide greifen zum Alkohol (als 16jähriger Einzelgänger ertränkt man ja seinen Kummer nicht unbedingt im Alkohol, zumal man sonst kein Partygänger ist und kaum Erfahrung hat, egal) und laufen im Regen in der Stadt umher, Klischee ahoi. Als Aufhänger wird dann der Tod des Opas verwendet. Das als Verwechslungsgeschichte für Nina getarnt ist, da der Opa auch Jan hieß und sie denkt, dass es ihr Freund Jan ist, der gestorben ist, naja, wirkt ziemlich platt, aber es ist funktionell, denn so wird Nina klar, wie sehr sie Jan mag und sie finden wieder zusammen.
Nina: „Ich würds riskieren“
Jan: „Aber wofür? Auf das Sterben warten bringt dich um“.
Nina: „Auf das Leben warten auch!“
Der Selbstmord am Ende des Films, der Sturz mit dem Auto von der Brücke, stellt für mich einen Bruch dar. Er passt nicht zum Rest des Filmes, der auch im allgemeinen gegen Ende hin an Qualität verliert. Ob dieser Suizid eine reale Sequenz ist oder nur als symbolischer, wenn auch radikal konsequenter, Abschied der beiden von ihrem bisherigen Leben in eine gemeinsame Zukunft darstellt, kann selbst interpretiert werden.
Das Thema Aids ist in „Fickende Fische“ zwar immer präsent, aber der Film driftet nie ab in eine erdrückende Problemstellung. Es wird nicht zum zentralsten Thema des Films, es ist eher ein Problem unter vielen: erste große Liebe, Sex, Pubertät, Lebenslust, Selbstjustiz und eben diese tödliche Krankheit.
Der Film besticht durch ausdrucksstarke Bilder, die lebensnah, frech-humorvoll und gekonnt in Szene gesetzt werden. Der klar-weiche Bilder liebende Kameramann rundet die ganze Sache schön ab. In der Kameraführung ist der Film zwar eher konventionell, in der Schnitttechnik dagegen wird mit einiger (wenn auch nicht bahnbrechenden) Raffinesse gearbeitet. Das wird vor allem am Anfang deutlich, wo Jan und Nina in ihrer jeweiligen Umgebung wechselseitig gezeigt werden. Die dialogreichen Szenen enthalten ganz geschickt die Hinweise der Ansteckung Jans mit dem HIV-Virus und charakterisieren auch auf subtile Art und Weise sowohl Jans Eltern als auch Ninas Vergangenheit und Familienumgebung. Diesen Sequenzen mit viel Bewegung werden die Unterwasser- bzw. Traumsequenzen entgegengestellt, die als Art Ruhepausen wirken. Das Element Wasser, die Traumwelt, das Paradies Jans wird hier von der Regisseurin Almut Getto in ganz besonderer (ästhetischer) Weise in Szene gesetzt. In ein blau-grün schimmerndes Licht getaucht, kreisen die Protagonisten schwimmend wie in einem Tanz umeinander. Dies kann als Ausdruck der absoluten Isolation der Jugendlichen von ihrer Umgebungswelt, aber auch der tiefen Ruhe, die sie ineinander finden gedeutet werden. Es erscheint wie ein Blick in die Seelen der beiden Protagonisten. Diese Unterwasserszenen, die bewusst von den ansonsten realistischen Bildern abgegrenzt werden, entsprechen der Phantasie und den Wüschen zweier Alltagsflüchtlinge. So wird Jans Traumwelt getreu nach dem Motto "frei wie ein Fisch" dargestellt.
Eine weitere sehr einfallsreiche Umsetzung das Unterwassermotivs ist die Renovierung von Jans Zimmer. Auf der ersten Blick vielleicht etwas banal, in seiner Inszenierung aber subtil umgesetzt. Natürlich wird das Zimmer blau gestrichen, doch auch Jan und Nina malen sich blau an, verschmelzen mit dem Hintergrund und werden eins mit ihren Träumen und Wünschen. Nach und nach dringt Nina auch in Jans Wasser- und Traumwelten ein und schwimmt schließlich mit ihm vereint, was hoffnungslos verkitscht rüberkommen würde, wäre da nicht der gute Soundtrack. Die Bilder korrelieren immer sehr sorgsam mit der großartigen Musik. Während die Traumszenen mit sphärischen Elektroklängen untermalt werden, wird entsprechend dem jugendlichen Film durch Independent-Sounds vorwiegend deutscher Künstler („SEEED“ mit einem Gastauftritt) dem Ganzen Tempo verleihen.
Ebenso ist auch die Leistung der beiden Jungschauspieler Sophie Rogall als Nina und Tino Mewes als Jan nicht hoch genug einzuschätzen. Vor allem Tino Mewes ist unglaublich locker, natürlich, stimmig und sympathisch.
So ist zusammenfassend zu sagen, dass „Fickende Fische“ ein kleines deutsches Schmuckstück ist, dass leider noch zu wenig Beachtung findet. Almut Getto findet bei ihrem ersten Langfilm eine gute Gewichtung aus treffender Traumsymbolik und realistischer Darstellungsweise von Gefühlen, Entwicklungen, Beziehungen und Alltag mit vorzüglichen Darstellern und passender Musik. Zwar gelingen nicht alle Dialoge und ganz ohne etwas saloppe Stereotypen (verhasste Stiefmutter oder seniler Großvater) nicht auskommt, besticht dieser deutsche Film durch sehr viel Einfühlungsvermögen, Aufrichtigkeit, Ernsthaftigkeit und Authentizität und lässt auch nicht am nötigen Humor fehlen. Es ist erfrischend mal etwas fernab der perfekten Hollywood-Mainstream-Optik zu erleben, was entgegen dem flachen Einheitsbrei aus dem USA, dem leider publikumswirksamen Teenie-Klamauk, zu sehen. Mit berauschenden Unterwasserbildern vermischt die Regisseurin Almut Getto auf wundersame Weise Poesie und Realität und lässt tief in die Seele liebender Teenager blicken. Auch wenn „Fickende Fische“ ein provokanter und ungewöhnlicher Titel ist, der vielleicht für potentielle (Kino-)Zuschauer etwas abschreckend wirkt, ist es doch ein irgendwie herkömmlicher Film, eine Liebesgeschichte, ein Drama, ein wirklich sehenswerten Jugendfilm, ein Charakterfilm, der zu beeindrucken und zu berühren weiß.
Regie: Almut Getto
![Eingefügtes Bild](http://img229.exs.cx/img229/2052/fickendefische8qe.jpg)
Ein Film über die erste Liebe, die brennende Frage, ob Fische eigentlich Sex haben und über eine Krankheit, deren unausweichliches Ende dem Jetzt keine Zukunft zu lassen scheint.
Ein Film über die Teenager Jan und Nina.
Beide sind 16 Jahre alt und Außenseiter und das scheint auch schon fast alles zu sein, was sie verbindet.
Jan ist ein schüchterner, blasser und sensibler Junge, der von seinen Eltern überversorgt wird und ein ziemlich tristes Leben führt. Seine Mutter packt ihn in Watte ein und der Vater steht nur sprach- und hilflos daneben. Der einzige Mensch zu dem Jan einen richtigen Draht hat, ist sein etwas verschrobener Großvater. Jans Leidenschaft ist die Unterwasserwelt. Zwischen Fischen und Algen, im tiefen Blau des Wasser findet er Ruhe, Entspannung und Befreiung. Hier ist alles Sein ein geborgenes, endloses Schweben. Nur hier kann er dem Alltag entfliehen, vor allem vor seinen Eltern, die ständig besorgt sind und ihn beschützen wollen. Dennoch haben die Eltern damit nicht Unrecht, denn Jan ist seit einer Blutkonserve nach einem Unfall HIV-positiv. Sein Leben gleicht einem Seiltanz, jeden Moment bereit abzustürzen, fordert er sein Glück heraus, sucht den Nervenkitzel, wenn er z.B. mit geschlossenen Augen eine stark befahrene Straße überquert oder auf einem Brückengeländer balanciert. Es sind aber immer nur kurze Ausbruchsversuche, die der introvertierte Junge unternimmt, bevor er wieder in sein geordnetes Dasein zurückkehrt.
Nina kommt dagegen aus sehr stürmischen Familienverhältnissen, ihre Eltern leben getrennt, die Scheidung nur noch Formsache. Die jugendliche „Neue“ ihres Vater findet sie unerträglich, der Vater kommt mit dem kessen, frechen und spontanen Mädchen nicht zurecht und der wortkarge Bruder hält sich aus allem raus. Als Art Mutterersatz fungiert eine Dildos verkaufende Nachbarin, die aber nicht mal mit ihren eigenen Problemen fertig wird. So ist Nina gezwungen auf eigenen Beinen zu stehen und ist somit schon sehr selbständig.
Die beiden Charaktere kollidieren regelrecht miteinander, denn Nina überrollt Jan quasi mit ihren Inlineskates und das sogar zweimal. Beim zweiten Mal stirbt ein Fische, den Jan gerade gekauft hatte. Sie kommen ins Gespräch und mit der Frage: „Sag' mal, ficken Fische eigentlich?“ fängt alles an. Aus einer anfänglich sehr schüchternen und zurückhaltenden Freundschaft wird eine zarte, erste Liebe. Sie gehen der Frage nach, wie bei lebend gebärenden Fischen, denn „das Sperma in das Fischweibchen“ kommt und verbringen zusammen eine unbeschwerte und glückliche Zeit. Durch Nina lernt Jan, sich von seinen Eltern zu emanzipieren und zusammen begeben sie sich auf die Suche nach ihrem Paradies. Für Jan ist das Paradies dunkel, ruhig, nass und voller Fische. Dieses Paradies zeigt er Nina, möchte es mit ihr teilen, sie dafür begeistern, mit ihr der beengenden Welt der Erwachsenen, der Missverständnisse und Unsicherheiten entfliehen.
Die Liebesbeziehung, die sich zwischen den beiden ganz behutsam entwickelt, ist intensiv und voller Poesie. In kurzen Momenten scheint das Glück perfekt, doch der innere Konflikt, der Jan spaltet, entweder Nina selbst oder Ninas Beziehung zu sich zu gefährden, wirkt greifbar. Darf sich jemand mit AIDS verlieben? Als die beiden an Ninas Geburtstag miteinander schlafen wollen, kommt es zum Eklat. Jan zieht sich komplett zurück, kapselt sich ab, nicht fähig, der Person, die er liebt, die Wahrheit zu sagen. Nina fühlt sich benutzt und gekränkt und es kommt zur unvermeidlichen Trennung.
Aber natürlich kommt es zum Happy End. Klar in so einem Jugendfilm, oder ich nenne es mal Jugenddrama, muss es ein gutes Ende geben. Zwar ist die Hinführung zur Versöhnung etwas schwach, denn beide greifen zum Alkohol (als 16jähriger Einzelgänger ertränkt man ja seinen Kummer nicht unbedingt im Alkohol, zumal man sonst kein Partygänger ist und kaum Erfahrung hat, egal) und laufen im Regen in der Stadt umher, Klischee ahoi. Als Aufhänger wird dann der Tod des Opas verwendet. Das als Verwechslungsgeschichte für Nina getarnt ist, da der Opa auch Jan hieß und sie denkt, dass es ihr Freund Jan ist, der gestorben ist, naja, wirkt ziemlich platt, aber es ist funktionell, denn so wird Nina klar, wie sehr sie Jan mag und sie finden wieder zusammen.
Nina: „Ich würds riskieren“
Jan: „Aber wofür? Auf das Sterben warten bringt dich um“.
Nina: „Auf das Leben warten auch!“
Der Selbstmord am Ende des Films, der Sturz mit dem Auto von der Brücke, stellt für mich einen Bruch dar. Er passt nicht zum Rest des Filmes, der auch im allgemeinen gegen Ende hin an Qualität verliert. Ob dieser Suizid eine reale Sequenz ist oder nur als symbolischer, wenn auch radikal konsequenter, Abschied der beiden von ihrem bisherigen Leben in eine gemeinsame Zukunft darstellt, kann selbst interpretiert werden.
Das Thema Aids ist in „Fickende Fische“ zwar immer präsent, aber der Film driftet nie ab in eine erdrückende Problemstellung. Es wird nicht zum zentralsten Thema des Films, es ist eher ein Problem unter vielen: erste große Liebe, Sex, Pubertät, Lebenslust, Selbstjustiz und eben diese tödliche Krankheit.
Der Film besticht durch ausdrucksstarke Bilder, die lebensnah, frech-humorvoll und gekonnt in Szene gesetzt werden. Der klar-weiche Bilder liebende Kameramann rundet die ganze Sache schön ab. In der Kameraführung ist der Film zwar eher konventionell, in der Schnitttechnik dagegen wird mit einiger (wenn auch nicht bahnbrechenden) Raffinesse gearbeitet. Das wird vor allem am Anfang deutlich, wo Jan und Nina in ihrer jeweiligen Umgebung wechselseitig gezeigt werden. Die dialogreichen Szenen enthalten ganz geschickt die Hinweise der Ansteckung Jans mit dem HIV-Virus und charakterisieren auch auf subtile Art und Weise sowohl Jans Eltern als auch Ninas Vergangenheit und Familienumgebung. Diesen Sequenzen mit viel Bewegung werden die Unterwasser- bzw. Traumsequenzen entgegengestellt, die als Art Ruhepausen wirken. Das Element Wasser, die Traumwelt, das Paradies Jans wird hier von der Regisseurin Almut Getto in ganz besonderer (ästhetischer) Weise in Szene gesetzt. In ein blau-grün schimmerndes Licht getaucht, kreisen die Protagonisten schwimmend wie in einem Tanz umeinander. Dies kann als Ausdruck der absoluten Isolation der Jugendlichen von ihrer Umgebungswelt, aber auch der tiefen Ruhe, die sie ineinander finden gedeutet werden. Es erscheint wie ein Blick in die Seelen der beiden Protagonisten. Diese Unterwasserszenen, die bewusst von den ansonsten realistischen Bildern abgegrenzt werden, entsprechen der Phantasie und den Wüschen zweier Alltagsflüchtlinge. So wird Jans Traumwelt getreu nach dem Motto "frei wie ein Fisch" dargestellt.
Eine weitere sehr einfallsreiche Umsetzung das Unterwassermotivs ist die Renovierung von Jans Zimmer. Auf der ersten Blick vielleicht etwas banal, in seiner Inszenierung aber subtil umgesetzt. Natürlich wird das Zimmer blau gestrichen, doch auch Jan und Nina malen sich blau an, verschmelzen mit dem Hintergrund und werden eins mit ihren Träumen und Wünschen. Nach und nach dringt Nina auch in Jans Wasser- und Traumwelten ein und schwimmt schließlich mit ihm vereint, was hoffnungslos verkitscht rüberkommen würde, wäre da nicht der gute Soundtrack. Die Bilder korrelieren immer sehr sorgsam mit der großartigen Musik. Während die Traumszenen mit sphärischen Elektroklängen untermalt werden, wird entsprechend dem jugendlichen Film durch Independent-Sounds vorwiegend deutscher Künstler („SEEED“ mit einem Gastauftritt) dem Ganzen Tempo verleihen.
Ebenso ist auch die Leistung der beiden Jungschauspieler Sophie Rogall als Nina und Tino Mewes als Jan nicht hoch genug einzuschätzen. Vor allem Tino Mewes ist unglaublich locker, natürlich, stimmig und sympathisch.
So ist zusammenfassend zu sagen, dass „Fickende Fische“ ein kleines deutsches Schmuckstück ist, dass leider noch zu wenig Beachtung findet. Almut Getto findet bei ihrem ersten Langfilm eine gute Gewichtung aus treffender Traumsymbolik und realistischer Darstellungsweise von Gefühlen, Entwicklungen, Beziehungen und Alltag mit vorzüglichen Darstellern und passender Musik. Zwar gelingen nicht alle Dialoge und ganz ohne etwas saloppe Stereotypen (verhasste Stiefmutter oder seniler Großvater) nicht auskommt, besticht dieser deutsche Film durch sehr viel Einfühlungsvermögen, Aufrichtigkeit, Ernsthaftigkeit und Authentizität und lässt auch nicht am nötigen Humor fehlen. Es ist erfrischend mal etwas fernab der perfekten Hollywood-Mainstream-Optik zu erleben, was entgegen dem flachen Einheitsbrei aus dem USA, dem leider publikumswirksamen Teenie-Klamauk, zu sehen. Mit berauschenden Unterwasserbildern vermischt die Regisseurin Almut Getto auf wundersame Weise Poesie und Realität und lässt tief in die Seele liebender Teenager blicken. Auch wenn „Fickende Fische“ ein provokanter und ungewöhnlicher Titel ist, der vielleicht für potentielle (Kino-)Zuschauer etwas abschreckend wirkt, ist es doch ein irgendwie herkömmlicher Film, eine Liebesgeschichte, ein Drama, ein wirklich sehenswerten Jugendfilm, ein Charakterfilm, der zu beeindrucken und zu berühren weiß.
"Sometimes someone says something really small and it just fits into this empty place in your heart."
from > My so-called life<
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#5
Geschrieben 01. Juni 2005, 14:59
Alive and Swingin‘ - A Tribute to the Rat Pack (TV)
So etwas hab ich dem „Die Burg“- Sender ProSieben gar nicht zugetraut. Ein solches Niveau an Entertainment habe ich im deutschen Fernsehen nicht für möglich gehalten. Jetzt mag meine ausgesprochene Swing-Leidenschaft (Danke Robbie!) und die Schwäche für die Musik von Xavier Naidoo mir da eine rosarote Brille aufsetzen, aber das war doch mal was ganz anderes als die ewigen Führerschein- und Deutschtests, die Millionenrate- oder Dschungelshows. Gute Musik, stilvoll präsentiert (ja, über Mittermeier kann man streiten oder sollte man vielleicht sogar) und für einen guten Zweck. Leider habe ich keine Vergleichsmöglichkeit, ich habe das legendäre "Rat Pack" mit Frank Sinatra, Dean Martin, Sammy Davis Jr. und Joey Bishop nie gesehen. Doch den Bildern zufolge muss es eine atemberaubende Show gewesen sein. Entertainment pur. Das Publikum ist völlig ausgerastet und die 4 Männer haben ihrem Ruhm in (sprichwörtlich) vollen Zügen genossen. Klar waren der Rat Pack und die Musik von Frank & Co. eine Klasse für sich und es gibt nichts was das toppen könnte, schon gar nicht von deutschsprachigen Künstlern, aber ich finde, dass es Xavier Naidoo, Rea und Sasha (was für eine Liebeserklärung an seine Freundin ... romantisch) ganz gut hingekriegt haben. Sie haben all die schönen und bekannten Swinglieder wieder aufleben lassen und es mit einer Portion Comedy versehen (naja, Mittermeier). Die Nachahmung kam zwar an manchen Stellen etwas zu steif, zu sehr gewollt und die Späße etwas zu gekünstelt bzw. gespielt, aber man hat allen 4 die Freude am Musik machen angemerkt. Die Stimmung war ausgelassen und die Jungs haben versucht etwas von der Magie, dem Stil und der Klasse der guten alten Zeiten in die Wohnzimmer von heute zu bringen.
Das Publikum war begeistert und auch ich konnte seit langem mal wieder ein Fernsehprogramm genießen. Weiter so!
Das Publikum war begeistert und auch ich konnte seit langem mal wieder ein Fernsehprogramm genießen. Weiter so!
"Sometimes someone says something really small and it just fits into this empty place in your heart."
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#6
Geschrieben 01. Juni 2005, 15:10
![Eingefügtes Bild](http://img97.echo.cx/img97/9536/oceanseleven5be.jpg)
Ocean’s Eleven (USA, 2001)
Regie: Steven Soderbergh
Da hat Pro7 die Frank Sinatra - Rat Pack - Stimmung gleich ausgenutzt und nur 24 Stunden nach der Alive and Swingin‘ Übertragung gleich das nächste Remake eines Sinatra & Co. Machwerks hinterher geschoben: Ocean’s Eleven.
Wieder kenne ich das Original nicht und hab keine Vergleichsmöglichkeit, aber wenn man den heimischen Fernsehzeitschriften glauben kann, dann ist vom Original nicht viel übrig geblieben, aber bei sogenannten Remakes gehen die Meinungen ja immer weit auseinander. Wie dem auch sein, Steven Soderbergh hat sich für den spektakulären Casinotresorüberfall ein unfassbares Starensemble casten lassen. Allen voran und Kopf der Gängstertruppe natürlich Charmebolzen George Clooney als Danny Ocean. Kaum aus dem Knast nimmt er Kontakt zu seinem Kumpel Rusty Ryan (Brad Pitt) auf, um mit ihm ein Team zusammenzustellen, dass drei Casinos in Las Vegas simultan (durch ihren gemeinsamen Kellertresor) ausräumen soll. Die Beute sind dann auch fette 150 Millionen. Für ein ordentliches Team braucht man natürlich einen ausgezeichneten Taschendieb (Matt Damon), einen Sprengstoffexperten, schnelle Fluchtwagenfahrer (ein sich immer streitendes Brüderpaar), einen chinesischen Akrobaten, einen Computerspezialisten, einen alten und ausgebufften Betrüger, einen im Casino hilfreichen Croupier und natürlich einen Geldgeber. Und dieser ganze Haufen wird nun mit einem nicht unbeträchtlichen Spaßfaktor rekrutiert und in den Plan eingewiesen, jeder kriegt seine Aufgabe, alles wird fein durchgesporchen und los geht’s, aber nicht bevor auch eine Frau im Spiel ist: Julia Roberts als Freundin vom Inhaber (Andy Garcia) des Casinos und Ex-Frau von George Clooney. Natürlich geht nicht nur ums Geld, sondern auch um sie. Angesichts der Laufzeit von knapp 2 Stunden haben die einzelnen Figuren nur eine handvoll Szenen, in denen sie glänzen dürfen, es aber nicht immer tun. Es lässt an psychologischer Tiefe fehlen und nur mit Aussehen (und das bringen Clooney und Pitt ja durchaus mit) entsteht halt nicht zwangsweise ein guter Film. Demzufolge sind die Rollen klischeehaft, kommen aber dennoch ganz gefällig daher. Einzig Clooney hat als Danny Ocean etwas Raum um seine Figur zu entfalten, obwohl es mir wie eine konsequente Weiterführung seines Charakters aus "Out of Sight" (der charmante Dieb mit Herz) vorkommt, spürt man doch, dass sich Clooney in dieser Rolle perfekt zu Hause fühlt. Gleiches kann man leider nicht von der nur als schmückendes Beiwerk auftauchenden Julia Roberts sagen, deren Tess doch eine Spur zu unsympathisch und keifig ausgefallen ist, so dass man sich fragt, warum Ocean sie eigentlich zurück haben will. Dafür liefern sich die beiden in ihren kurzen gemeinsamen Szenen miteinander wunderbare, wenn auch kurze Wortgefechte in bester Screwball-Manier.
Die Geschichte, basierend auf einer raffinierten Idee, kommt mit cleveren Wendungen und Überraschungen daher und wird mit Leichtfüßigkeit und Coolness präsentiert. Die fehlende Emotionalität gleicht Soderbergh mit Stil wieder aus. Sowohl die Kameraarbeit, die er selbst vornahm (wie ich mit Erstaunen feststellt, da bescheiden unter Pseudonym), als auch der betont lässige Jazz-/Swingscore von David Holmes haben etwas für sich.
Alles in Allem eine nette lockere, gutgelaunte, elegante und spaßige Gaunerkömodie, die man schon schlechter gesehn hat. Zudem (vor allem für die Frauen) grandios besetzt mit den unwiderstehlichen Brad Pitt und George Clooney die in Sachen Lässigkeit, Coolness und Eleganz einfach unschlagbar sind und denen man den Spaß an ihren "Rollen" förmlich anmerkt (wobei hier fast schon der Verdacht aufkommt, dass sie einfach nur sich selbst gespielt haben).
Zudem sehr amüsant: die zahlreichen Gastauftritte, wie z.B. von den „Teenie-Stars“ (u.a. Joshua Jackson aus „Dawson's Creek“, Holly Mary Combs aus „Charmed“, Shane West aus „Noch einmal mit Gefühl“, Topher Grace aus „Die Wilden Siebziger“ und Barry Watson aus „Teaching Mrs.Tingle“), denen Brad Pitt das Pokern beibringt und die als reale Personen auftreten und demzufolge mit ihren echten Namen angesprochen werden. Man sieht auch Siegfried und Roy kurz im Bild und auch der beim Boxkampf zuerst Eintretende ist kein Unbekannter.
Wieder kenne ich das Original nicht und hab keine Vergleichsmöglichkeit, aber wenn man den heimischen Fernsehzeitschriften glauben kann, dann ist vom Original nicht viel übrig geblieben, aber bei sogenannten Remakes gehen die Meinungen ja immer weit auseinander. Wie dem auch sein, Steven Soderbergh hat sich für den spektakulären Casinotresorüberfall ein unfassbares Starensemble casten lassen. Allen voran und Kopf der Gängstertruppe natürlich Charmebolzen George Clooney als Danny Ocean. Kaum aus dem Knast nimmt er Kontakt zu seinem Kumpel Rusty Ryan (Brad Pitt) auf, um mit ihm ein Team zusammenzustellen, dass drei Casinos in Las Vegas simultan (durch ihren gemeinsamen Kellertresor) ausräumen soll. Die Beute sind dann auch fette 150 Millionen. Für ein ordentliches Team braucht man natürlich einen ausgezeichneten Taschendieb (Matt Damon), einen Sprengstoffexperten, schnelle Fluchtwagenfahrer (ein sich immer streitendes Brüderpaar), einen chinesischen Akrobaten, einen Computerspezialisten, einen alten und ausgebufften Betrüger, einen im Casino hilfreichen Croupier und natürlich einen Geldgeber. Und dieser ganze Haufen wird nun mit einem nicht unbeträchtlichen Spaßfaktor rekrutiert und in den Plan eingewiesen, jeder kriegt seine Aufgabe, alles wird fein durchgesporchen und los geht’s, aber nicht bevor auch eine Frau im Spiel ist: Julia Roberts als Freundin vom Inhaber (Andy Garcia) des Casinos und Ex-Frau von George Clooney. Natürlich geht nicht nur ums Geld, sondern auch um sie. Angesichts der Laufzeit von knapp 2 Stunden haben die einzelnen Figuren nur eine handvoll Szenen, in denen sie glänzen dürfen, es aber nicht immer tun. Es lässt an psychologischer Tiefe fehlen und nur mit Aussehen (und das bringen Clooney und Pitt ja durchaus mit) entsteht halt nicht zwangsweise ein guter Film. Demzufolge sind die Rollen klischeehaft, kommen aber dennoch ganz gefällig daher. Einzig Clooney hat als Danny Ocean etwas Raum um seine Figur zu entfalten, obwohl es mir wie eine konsequente Weiterführung seines Charakters aus "Out of Sight" (der charmante Dieb mit Herz) vorkommt, spürt man doch, dass sich Clooney in dieser Rolle perfekt zu Hause fühlt. Gleiches kann man leider nicht von der nur als schmückendes Beiwerk auftauchenden Julia Roberts sagen, deren Tess doch eine Spur zu unsympathisch und keifig ausgefallen ist, so dass man sich fragt, warum Ocean sie eigentlich zurück haben will. Dafür liefern sich die beiden in ihren kurzen gemeinsamen Szenen miteinander wunderbare, wenn auch kurze Wortgefechte in bester Screwball-Manier.
Die Geschichte, basierend auf einer raffinierten Idee, kommt mit cleveren Wendungen und Überraschungen daher und wird mit Leichtfüßigkeit und Coolness präsentiert. Die fehlende Emotionalität gleicht Soderbergh mit Stil wieder aus. Sowohl die Kameraarbeit, die er selbst vornahm (wie ich mit Erstaunen feststellt, da bescheiden unter Pseudonym), als auch der betont lässige Jazz-/Swingscore von David Holmes haben etwas für sich.
Alles in Allem eine nette lockere, gutgelaunte, elegante und spaßige Gaunerkömodie, die man schon schlechter gesehn hat. Zudem (vor allem für die Frauen) grandios besetzt mit den unwiderstehlichen Brad Pitt und George Clooney die in Sachen Lässigkeit, Coolness und Eleganz einfach unschlagbar sind und denen man den Spaß an ihren "Rollen" förmlich anmerkt (wobei hier fast schon der Verdacht aufkommt, dass sie einfach nur sich selbst gespielt haben).
Zudem sehr amüsant: die zahlreichen Gastauftritte, wie z.B. von den „Teenie-Stars“ (u.a. Joshua Jackson aus „Dawson's Creek“, Holly Mary Combs aus „Charmed“, Shane West aus „Noch einmal mit Gefühl“, Topher Grace aus „Die Wilden Siebziger“ und Barry Watson aus „Teaching Mrs.Tingle“), denen Brad Pitt das Pokern beibringt und die als reale Personen auftreten und demzufolge mit ihren echten Namen angesprochen werden. Man sieht auch Siegfried und Roy kurz im Bild und auch der beim Boxkampf zuerst Eintretende ist kein Unbekannter.
"Sometimes someone says something really small and it just fits into this empty place in your heart."
from > My so-called life<
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#7
Geschrieben 01. Juni 2005, 15:18
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Memento (USA, 2001)
Regie: Christopher Nolan
„The world doesn't disappear when you close your eyes, does it?”
Typische Alltagssituation: von einer auf die andere Minute vergisst man, was man sagen wollte, der Kopf völlig leer. Zu unserem Glück fällt es einem meist wieder ein und wenn nicht, ... na dann wars nicht ganz so wichtig.
Leonard Shelby (Guy Pearce) hat dieses Glück nicht. Er leidet unter dem Verlust seines Kurzzeitgedächtnisses. Beim Versuch seiner Frau zu Hilfe zu kommen, die vergewaltigt und ermordet wurde, wird er niedergeschlagen und die dabei erlittene Kopfverletzung führt dazu, dass er seit diesem Moment keine neuen Dinge mehr speichern kann. Er erinnert sich an seinen Namen und alle Details vor dem Angriff, doch seitdem kann er sich an nichts mehr erinnern. Bei einem langen Gespräch weiß er schon nach wenigen Minuten nicht mehr, wie es angefangen hat. Die Suche nach dem Mörder seiner Frau gestaltet sich demnach sehr schwierig. So hat er nicht nur mit seinem Zustand zu kämpfen, sondern auch mit der Undurchsichtigkeit seiner vermeintlichen Freunde Teddy (Joe Pontaliano) und Natalie (Carrie-Ann Moss). Das einzige auf das sich Leonard verlassen kann sind eben nicht Erinnerungen, sondern Fakten.
Leonard Shelby: Memory can change the shape of a room; it can change the color of a car. And memories can be distorted. They're just an interpretation, they're not a record, and they're irrelevant if you have the facts.
Als Gedächtnisstützen dienen ihm Notizzettel, Polaroidfotos mit Beschriftungen und vor allem Tattoos, die auf seinem ganzen Körper, teils in Spiegelschrift, verteilt sind.
Der Film basiert auf der Kurzgeschichte „Memento Mori“ (übrigens auch sehr empfehlenswert!) von Jonathan Nolan, dem Bruder des Regisseurs. Er fühlte sich von einem Seminar über den Verlust des Kurzzeitgedächtnisses zu der Geschichte inspiriert. Die Brüder tauschten sich aus und heraus kam einer der ungewöhnlichsten und originellsten Filme der letzten Jahre. Denn Christopher Nolan hat eine einmalige Erzählstruktur. Der Anfang des Films ist schon ein Anhaltspunkt, wie der Film erzählt, denn die ersten Minuten laufen rückwärts. Es beginnt mit einem Polaroid, dass einen toten Mann zeigt, der aber nach und nach verschwindet. Das Foto „springt“ quasi wieder in die Kamera und man sieht den begangenen Mord rückwärts geschehen. Im Anschluss daran wechselt der Film in Schwarz-Weiß, was noch mehr Verwirrung beim Zuschauer auslöst. Die ersten Bilder dieser sw-Szene sind Close-Ups. Dem Zuschauer wird kein establishing shot zur Orientierung gegeben, erst nach mehreren Schnitten und unterstützt von der Stimme des Protagonisten aus dem Off weiß man sich in einem Hotelzimmer. Kurz darauf - wieder Farbbilder, nicht mehr rückwärts, aber dennoch an einem erneut völlig fremden Ort, eine völlig neue Situation und ein Geschehen an dessen Ende der zuvor gesehene Mord steht. Klingt kompliziert und ist es die ersten Minuten des Films auch. Chris Nolan macht zwei Erzählstränge auf: einer in Schwarz-Weiß, der vorwärts, also chronologisch, läuft, immer mit der Stimme Leonards aus dem Off und ein anderer, in Farbe, der sozusagen „rückwärts“ läuft. Nicht jedoch im wörtlichen Sinne, sondern man sieht das Ende am Anfang und den Anfang am Ende. Man sieht immer in 5 - 8minütigen farbigen Abschnitten die Geschehen, die zu dem am Anfang zu sehenden Ende geführt haben.
Jetzt bin ich selbst etwas verwirrt, weil ich nicht weiß, wie es verständlich erklären soll, also ein Beispiel: eine Szene beginnt damit, wie Teddy eine Glastür öffnet, "Lenny!" ruft und nach einem kurzen Gespräch mit Leonard zum Wagen geht und sie zusammen losfahren. Das Teilstück danach beginnt an einem ganz anderen Ort und endet genau damit, wie Teddy die Glastür öffnet und Leonard "Lenny!" entgegenruft.
Nolan sorgt immer für einen Anschluss und ermöglicht somit eine Verbindung zum vorhergegangen.
Dies impliziert natürlich eine großes Durcheinander im Kopf des Zuschauers und selbst das Drehbuch wurde zur Verdeutlichung der Zusammengehörigkeit diverser Szenen auf farbigem Papier gedruckt. Die Umständlichkeit seiner Geschichte mag viele Skeptiker auf den Plan rufen, die bezweifeln, ob das ganze überhaupt funktionieren kann, ob sowas wie eine Spannungskurve überhaupt denkbar ist oder ob es pure Geldschneiderei ist, denn eins dürfte klar sein, um die Komplexität des Films überhaupt zu verstehen bzw. erstmal alles zu erfassen, muss man ihn mindestens zweimal sehn. Doch Memento ist nicht solch ein Film, mit einem Budget von gerademal 5 Mio. $ wurde Memento in nur 25 Tagen gedreht. Er ist eine Mischung aus Kreativität und Originalität, eine Mischung, die oft nur Independentfilme in sich vereinen. Es ist, auf reiner Thriller-Ebene, ein sehr cleverer Film-Noir. Mit höchst beeindruckender Akribie formuliert Nolan die an sich gar nicht so komplizierte Story um den einsamen Leonard Shelby, der die Vergewaltigung und den Mord an seiner Frau rächen will. Komplex wird der Film durch die Absichten der Nebencharaktere: Teddy, Dodd, Sammy, Natalie und ihr Freund. Clever wird der Film durch die makellose Verflechtung der Einzelszenen und die vielen, kleinen Details, die erst beim zweiten Mal ansehen ihren Sinn offenbaren und mich aufgrund ihrer Logik absolut begeistern konnten, wie z.B. die subliminal images, die Bilder, die nur für Bruchteile von Sekunden auftauchen und teilweise nicht mal unwichtig sind (z.B. das Überlagern von Sammy durch Leonard). Memento ist ein Puzzle und wartet darauf, gelöst zu werden.
Schauspielerisch sticht Guy Pearce als Leonard Shelby natürlich hervor. Er füllt die Figur vollkommen. Einerseits gelingt es ihm den Zuschauer auf seine Seite zu ziehen, sich mit ihm zu identifizieren (was natürlich auch der subjektiven Sicht- bzw. Erzählweise anzurechnen ist) und gleichzeitig weiß er den Keim des Zweifels an Leonard zu säen. Ebenfalls gut besetzt sind die Nebenrollen: Joe Pontaliano mimt den Kumpel-Charakter Teddy mindestens so gut wie Carrie-Anne Moss die Rolle der Femme fatale.
Die Art und Weise der fragmentarischen Erzählweise ist bemerkenswert. Nolan lässt die Geschichte von Leonard erzählen, von einem Mann ohne (Kurzzeit-)Erinnerungen. Dem unglaubwürdigsten aller unglaubwürdigeren Erzähler. Keinem wie üblich allwissenden über allen Dingen stehenden Dritten oder ansatzweise Außenstehendem gibt er die Zügel in die Hand, sondern einem aufs engste in die Geschichte verwobenen Beteiligten, der nur anhand von (in die Haut geritzten) Notizen überhaupt einen Blick auf die Welt hat. Diese hochgradige Subjektivität prägt den ganzen Film. Auch die Kameraeinstellungen sind häufig point-of-view-shots oder zumindest over-shoulder-shots, so dass man als Zuschauer oft mit Leonards Augen sieht. Man steckt quasi in seinem Kopf, sieht die Welt (den Film, das Geschehen) mit Leonards Augen. Diese Perspektive soll unser kritisches Bewusstsein fordern, nicht allzu leicht diese Sichtweise zu akzeptieren und sie als einzig wahre und richtige herauszustellen. Zudem stellt sich die Frage nach der Sicherheit eigener Erinnerungen. Nolan lässt den Zuschauer das gleiche durchmachen, wie Leonard: das eigene Gedächtnis zu prüfen. Inwieweit kann man die Erinnerung als Fakt betrachten, inwieweit als Interpretation? Er zeigt uns die Unsicherheit unserer Erinnerungen, wie wichtig es ist, mit seiner eigenen Interpretation die Dinge anzugehen und vor allem regt er uns dazu an, sein Puzzle zu lösen. Doch kann man es überhaupt lösen? Nolan lässt einen im Unklaren, hält das Rätsel aufrecht. Erzählt Teddy am Ende die Wahrheit? Ist Leonard wirklich so unschuldig, wie man bislang glaubte? Existiert Sammy Jankis wirklich oder ist es Leonard? Auch nach viermaligem Genuss dieses mit exzellenter Besetzung und auf Basis eines exzellenten Drehbuchs umgesetzten exzellenten Filmes, bleibt bei mir immer noch eine gewisse Verwirrtheit zurück, die mich aber keineswegs von einem fünftenmal ansehen abhalten wird.
Typische Alltagssituation: von einer auf die andere Minute vergisst man, was man sagen wollte, der Kopf völlig leer. Zu unserem Glück fällt es einem meist wieder ein und wenn nicht, ... na dann wars nicht ganz so wichtig.
Leonard Shelby (Guy Pearce) hat dieses Glück nicht. Er leidet unter dem Verlust seines Kurzzeitgedächtnisses. Beim Versuch seiner Frau zu Hilfe zu kommen, die vergewaltigt und ermordet wurde, wird er niedergeschlagen und die dabei erlittene Kopfverletzung führt dazu, dass er seit diesem Moment keine neuen Dinge mehr speichern kann. Er erinnert sich an seinen Namen und alle Details vor dem Angriff, doch seitdem kann er sich an nichts mehr erinnern. Bei einem langen Gespräch weiß er schon nach wenigen Minuten nicht mehr, wie es angefangen hat. Die Suche nach dem Mörder seiner Frau gestaltet sich demnach sehr schwierig. So hat er nicht nur mit seinem Zustand zu kämpfen, sondern auch mit der Undurchsichtigkeit seiner vermeintlichen Freunde Teddy (Joe Pontaliano) und Natalie (Carrie-Ann Moss). Das einzige auf das sich Leonard verlassen kann sind eben nicht Erinnerungen, sondern Fakten.
Leonard Shelby: Memory can change the shape of a room; it can change the color of a car. And memories can be distorted. They're just an interpretation, they're not a record, and they're irrelevant if you have the facts.
Als Gedächtnisstützen dienen ihm Notizzettel, Polaroidfotos mit Beschriftungen und vor allem Tattoos, die auf seinem ganzen Körper, teils in Spiegelschrift, verteilt sind.
Der Film basiert auf der Kurzgeschichte „Memento Mori“ (übrigens auch sehr empfehlenswert!) von Jonathan Nolan, dem Bruder des Regisseurs. Er fühlte sich von einem Seminar über den Verlust des Kurzzeitgedächtnisses zu der Geschichte inspiriert. Die Brüder tauschten sich aus und heraus kam einer der ungewöhnlichsten und originellsten Filme der letzten Jahre. Denn Christopher Nolan hat eine einmalige Erzählstruktur. Der Anfang des Films ist schon ein Anhaltspunkt, wie der Film erzählt, denn die ersten Minuten laufen rückwärts. Es beginnt mit einem Polaroid, dass einen toten Mann zeigt, der aber nach und nach verschwindet. Das Foto „springt“ quasi wieder in die Kamera und man sieht den begangenen Mord rückwärts geschehen. Im Anschluss daran wechselt der Film in Schwarz-Weiß, was noch mehr Verwirrung beim Zuschauer auslöst. Die ersten Bilder dieser sw-Szene sind Close-Ups. Dem Zuschauer wird kein establishing shot zur Orientierung gegeben, erst nach mehreren Schnitten und unterstützt von der Stimme des Protagonisten aus dem Off weiß man sich in einem Hotelzimmer. Kurz darauf - wieder Farbbilder, nicht mehr rückwärts, aber dennoch an einem erneut völlig fremden Ort, eine völlig neue Situation und ein Geschehen an dessen Ende der zuvor gesehene Mord steht. Klingt kompliziert und ist es die ersten Minuten des Films auch. Chris Nolan macht zwei Erzählstränge auf: einer in Schwarz-Weiß, der vorwärts, also chronologisch, läuft, immer mit der Stimme Leonards aus dem Off und ein anderer, in Farbe, der sozusagen „rückwärts“ läuft. Nicht jedoch im wörtlichen Sinne, sondern man sieht das Ende am Anfang und den Anfang am Ende. Man sieht immer in 5 - 8minütigen farbigen Abschnitten die Geschehen, die zu dem am Anfang zu sehenden Ende geführt haben.
Jetzt bin ich selbst etwas verwirrt, weil ich nicht weiß, wie es verständlich erklären soll, also ein Beispiel: eine Szene beginnt damit, wie Teddy eine Glastür öffnet, "Lenny!" ruft und nach einem kurzen Gespräch mit Leonard zum Wagen geht und sie zusammen losfahren. Das Teilstück danach beginnt an einem ganz anderen Ort und endet genau damit, wie Teddy die Glastür öffnet und Leonard "Lenny!" entgegenruft.
Nolan sorgt immer für einen Anschluss und ermöglicht somit eine Verbindung zum vorhergegangen.
Dies impliziert natürlich eine großes Durcheinander im Kopf des Zuschauers und selbst das Drehbuch wurde zur Verdeutlichung der Zusammengehörigkeit diverser Szenen auf farbigem Papier gedruckt. Die Umständlichkeit seiner Geschichte mag viele Skeptiker auf den Plan rufen, die bezweifeln, ob das ganze überhaupt funktionieren kann, ob sowas wie eine Spannungskurve überhaupt denkbar ist oder ob es pure Geldschneiderei ist, denn eins dürfte klar sein, um die Komplexität des Films überhaupt zu verstehen bzw. erstmal alles zu erfassen, muss man ihn mindestens zweimal sehn. Doch Memento ist nicht solch ein Film, mit einem Budget von gerademal 5 Mio. $ wurde Memento in nur 25 Tagen gedreht. Er ist eine Mischung aus Kreativität und Originalität, eine Mischung, die oft nur Independentfilme in sich vereinen. Es ist, auf reiner Thriller-Ebene, ein sehr cleverer Film-Noir. Mit höchst beeindruckender Akribie formuliert Nolan die an sich gar nicht so komplizierte Story um den einsamen Leonard Shelby, der die Vergewaltigung und den Mord an seiner Frau rächen will. Komplex wird der Film durch die Absichten der Nebencharaktere: Teddy, Dodd, Sammy, Natalie und ihr Freund. Clever wird der Film durch die makellose Verflechtung der Einzelszenen und die vielen, kleinen Details, die erst beim zweiten Mal ansehen ihren Sinn offenbaren und mich aufgrund ihrer Logik absolut begeistern konnten, wie z.B. die subliminal images, die Bilder, die nur für Bruchteile von Sekunden auftauchen und teilweise nicht mal unwichtig sind (z.B. das Überlagern von Sammy durch Leonard). Memento ist ein Puzzle und wartet darauf, gelöst zu werden.
Schauspielerisch sticht Guy Pearce als Leonard Shelby natürlich hervor. Er füllt die Figur vollkommen. Einerseits gelingt es ihm den Zuschauer auf seine Seite zu ziehen, sich mit ihm zu identifizieren (was natürlich auch der subjektiven Sicht- bzw. Erzählweise anzurechnen ist) und gleichzeitig weiß er den Keim des Zweifels an Leonard zu säen. Ebenfalls gut besetzt sind die Nebenrollen: Joe Pontaliano mimt den Kumpel-Charakter Teddy mindestens so gut wie Carrie-Anne Moss die Rolle der Femme fatale.
Die Art und Weise der fragmentarischen Erzählweise ist bemerkenswert. Nolan lässt die Geschichte von Leonard erzählen, von einem Mann ohne (Kurzzeit-)Erinnerungen. Dem unglaubwürdigsten aller unglaubwürdigeren Erzähler. Keinem wie üblich allwissenden über allen Dingen stehenden Dritten oder ansatzweise Außenstehendem gibt er die Zügel in die Hand, sondern einem aufs engste in die Geschichte verwobenen Beteiligten, der nur anhand von (in die Haut geritzten) Notizen überhaupt einen Blick auf die Welt hat. Diese hochgradige Subjektivität prägt den ganzen Film. Auch die Kameraeinstellungen sind häufig point-of-view-shots oder zumindest over-shoulder-shots, so dass man als Zuschauer oft mit Leonards Augen sieht. Man steckt quasi in seinem Kopf, sieht die Welt (den Film, das Geschehen) mit Leonards Augen. Diese Perspektive soll unser kritisches Bewusstsein fordern, nicht allzu leicht diese Sichtweise zu akzeptieren und sie als einzig wahre und richtige herauszustellen. Zudem stellt sich die Frage nach der Sicherheit eigener Erinnerungen. Nolan lässt den Zuschauer das gleiche durchmachen, wie Leonard: das eigene Gedächtnis zu prüfen. Inwieweit kann man die Erinnerung als Fakt betrachten, inwieweit als Interpretation? Er zeigt uns die Unsicherheit unserer Erinnerungen, wie wichtig es ist, mit seiner eigenen Interpretation die Dinge anzugehen und vor allem regt er uns dazu an, sein Puzzle zu lösen. Doch kann man es überhaupt lösen? Nolan lässt einen im Unklaren, hält das Rätsel aufrecht. Erzählt Teddy am Ende die Wahrheit? Ist Leonard wirklich so unschuldig, wie man bislang glaubte? Existiert Sammy Jankis wirklich oder ist es Leonard? Auch nach viermaligem Genuss dieses mit exzellenter Besetzung und auf Basis eines exzellenten Drehbuchs umgesetzten exzellenten Filmes, bleibt bei mir immer noch eine gewisse Verwirrtheit zurück, die mich aber keineswegs von einem fünftenmal ansehen abhalten wird.
"Sometimes someone says something really small and it just fits into this empty place in your heart."
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#8
Geschrieben 01. Juni 2005, 15:31
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Moulin Rouge (USA, 2001)
Regie: Baz Luhrmann
Ein Film, dem ich bisher keine Aufmerksamkeit geschenkt habe. Ich weiß gar nicht so genau warum. Den Kinostart hab ich total verpasst und die Vorschau im Fernsehen hat mich wohl nicht vom Hocker gehauen. Zudem spielt Nicole Kidman die Hauptrolle und was ihre Charaktere betrifft, bin ich immer etwas zwiegespalten. So hatte ich den Film zwar aufgenommen, die Videokassette verstaubte aber im Schrank und ich verschwendete keinen Gedanken mehr daran – bis VOX mit einer Endlos-Werbeaktion (über einen Monat verschiedenste Filmausschnitte) und einem guten Sendetermin (an einem Donnerstag ohne große Konkurrenz vom anderen Fernsehprogramm) mein Interesse geweckt hat, natürlich auch begünstigt durch Ewan McGregor.
Und schon ab der ersten Minute war ich gefesselt und begeistert. Der australische Regisseur Baz Luhrmann, der schon mit „Romeo und Julia“ begeisterte, bringt auch in Moulin Rouge Theaterelemente ein (Beginn- und Endbild ist der Blick eines Zuschauers auf eine Bühne mit sich öffnenden bzw. schließendem Vorhang), und vereint Film und Musical in Perfektion. Mit opulenter Optik und Akustik inszeniert er die Geschichte um den jungen Schriftsteller Christian, der 1900 in der Paris sein Glück versuchen will. In der Stadt der Liebe pulsiert das Leben, die Maxime der Boheme - Wahrheit, Schönheit, Freiheit und Liebe – beherrschen die Menschen und alles dreht sich um den berühmtesten Nachtclub der Stadt, das Moulin Rouge, in dessen explosiver Atmosphäre die unnahbare Kurtisane Satine alle Aufmerksamkeit auf sich zieht. Ihrem großen Traum von einer Schauspielkarriere kommt sie ganz nah, als ein reicher englischer Duke die Finanzierung eines aufwendige Theaterstücks im Moulin Rouge anbietet. Als Gegenleistung soll sie sich ihm hingeben, doch dann trifft sie Christian und der erobert ihr Herz im Sturm. Als er auch noch als Autor der geplanten Stückes engagiert wird, ist der Konflikt vorprogrammiert.
Wie Bild und Ton immer in Einklang gebracht, alte und neue Popsongs gemischt und in die Story eingebaut werden (sogar ganze Dialoge ersetzend), ist einfach genial.
Dennoch kann ich verstehen, wenn Leuten der Film überhaupt nicht gefällt. Ich glaube, das ist so ne Art „love or hate experience“, entweder man liebt es oder hasst es. Denn der Film macht kein Geheimnis aus seiner Opulenz und ist auch deswegen kitschig. Diese extravagante Optik und Akustik passt nicht jedem, aber sie bleibt konsequent und ist eine Hommage an Theatralik, Can-Can, klassiche Dramen und natürlich Musical. Der Film ist echt so übel vollgestopft mit Statisten, Kostümen, Musik und überladenen Sets, daß es eine wahre Freude ist, mit anzusehen, wie all diese Element perfekt harmonieren. Schon am Anfang kommt man sich vor wie in einem Videoclip, der Schnitt ist schnell, die Kamera Fast-Forward-Modus, die Musik auf Techno-Geschwindigkeit. Das birgt natürlich die Gefahr schnell lächerlich zu wirken, aber Luhrmann wirkt dem mit einer Ironie entgegen, so werden Kopfbewegungen mit comicartigem Zischen untermalt, die Mimiken der einzelnen Protagonisten absichtlich derb theatralisch und die Bewegungen der Figuren derart hektisch, daß man kaum durchatmen kann.
Aber besonders grandios ist für mich der Soundtrack. Bild und Ton sind auf exzellente Weise aufeinander abgestimmt, Story und Musik harmonieren genial und die Songs sind hervorragend gemixt. Der Film spielt 1900 und doch singen Nicole Kidman und Ewan McGregor Songs aus den 50ern bis 90ern, die werden aber nicht einfach so hingerotzt, sondern story-dienlich ineinander verflochten, teilweise nur kurz angerissen und oftmals die Dialoge komplett ersetzend. So verwendet Luhrman grandios-gewagte Neuinterpretationen von Rock- und Popklassikern z.B. die Neueinspielung von „Lady Marmalade“, Klassikern von David Bowie, Queen, Madonna oder The Beatles und diese in der nächsten Sekunde mit „Children of the Revolution“ von T-Rex, dem Police-Klassikers „Roxanne“ oder „I will always love you“ zu verbinden. Man mag zu der Musik von Elton John ja stehen wie man will, aber wenn Ewan McGregor, der sich als wahres Gesangstalent herausstellt, „Your Song“ als herzerwärmendes Liebesgeständnis an Satine anstimmt, hat das einfach Größe. Und alles fließt so wunderbar ineinander, daß man es kaum glauben möchte.
Die Liebesgeschichte zwischen Christian und Satine ist freilich nichts Neues, hält sich aber bewußt an die klassischen Regeln Shakespeares und endet, wie wir bereits nach den ersten fünf Minuten erfahren, ebenso klassisch in Tragik. Doch Luhrmann nähert sich dem Stoff nicht klassisch an, sondern kreuzt eine alte Geschichte mit moderner Popkultur.
Moulin Rouge vermittelt das permanente Gefühl, vor visuellem Einfallsreichtum, vor Emotionen fast zu explodieren. Die rastlose Kamera, peitscht die Geschichte voran. Luhrmann treibt sein audiovisuelles Feuerwerk bis zum Overkill. Er zelebriert seinen Film als Vollrausch der Sinne.
Einfach sensationell!
Und schon ab der ersten Minute war ich gefesselt und begeistert. Der australische Regisseur Baz Luhrmann, der schon mit „Romeo und Julia“ begeisterte, bringt auch in Moulin Rouge Theaterelemente ein (Beginn- und Endbild ist der Blick eines Zuschauers auf eine Bühne mit sich öffnenden bzw. schließendem Vorhang), und vereint Film und Musical in Perfektion. Mit opulenter Optik und Akustik inszeniert er die Geschichte um den jungen Schriftsteller Christian, der 1900 in der Paris sein Glück versuchen will. In der Stadt der Liebe pulsiert das Leben, die Maxime der Boheme - Wahrheit, Schönheit, Freiheit und Liebe – beherrschen die Menschen und alles dreht sich um den berühmtesten Nachtclub der Stadt, das Moulin Rouge, in dessen explosiver Atmosphäre die unnahbare Kurtisane Satine alle Aufmerksamkeit auf sich zieht. Ihrem großen Traum von einer Schauspielkarriere kommt sie ganz nah, als ein reicher englischer Duke die Finanzierung eines aufwendige Theaterstücks im Moulin Rouge anbietet. Als Gegenleistung soll sie sich ihm hingeben, doch dann trifft sie Christian und der erobert ihr Herz im Sturm. Als er auch noch als Autor der geplanten Stückes engagiert wird, ist der Konflikt vorprogrammiert.
Wie Bild und Ton immer in Einklang gebracht, alte und neue Popsongs gemischt und in die Story eingebaut werden (sogar ganze Dialoge ersetzend), ist einfach genial.
Dennoch kann ich verstehen, wenn Leuten der Film überhaupt nicht gefällt. Ich glaube, das ist so ne Art „love or hate experience“, entweder man liebt es oder hasst es. Denn der Film macht kein Geheimnis aus seiner Opulenz und ist auch deswegen kitschig. Diese extravagante Optik und Akustik passt nicht jedem, aber sie bleibt konsequent und ist eine Hommage an Theatralik, Can-Can, klassiche Dramen und natürlich Musical. Der Film ist echt so übel vollgestopft mit Statisten, Kostümen, Musik und überladenen Sets, daß es eine wahre Freude ist, mit anzusehen, wie all diese Element perfekt harmonieren. Schon am Anfang kommt man sich vor wie in einem Videoclip, der Schnitt ist schnell, die Kamera Fast-Forward-Modus, die Musik auf Techno-Geschwindigkeit. Das birgt natürlich die Gefahr schnell lächerlich zu wirken, aber Luhrmann wirkt dem mit einer Ironie entgegen, so werden Kopfbewegungen mit comicartigem Zischen untermalt, die Mimiken der einzelnen Protagonisten absichtlich derb theatralisch und die Bewegungen der Figuren derart hektisch, daß man kaum durchatmen kann.
Aber besonders grandios ist für mich der Soundtrack. Bild und Ton sind auf exzellente Weise aufeinander abgestimmt, Story und Musik harmonieren genial und die Songs sind hervorragend gemixt. Der Film spielt 1900 und doch singen Nicole Kidman und Ewan McGregor Songs aus den 50ern bis 90ern, die werden aber nicht einfach so hingerotzt, sondern story-dienlich ineinander verflochten, teilweise nur kurz angerissen und oftmals die Dialoge komplett ersetzend. So verwendet Luhrman grandios-gewagte Neuinterpretationen von Rock- und Popklassikern z.B. die Neueinspielung von „Lady Marmalade“, Klassikern von David Bowie, Queen, Madonna oder The Beatles und diese in der nächsten Sekunde mit „Children of the Revolution“ von T-Rex, dem Police-Klassikers „Roxanne“ oder „I will always love you“ zu verbinden. Man mag zu der Musik von Elton John ja stehen wie man will, aber wenn Ewan McGregor, der sich als wahres Gesangstalent herausstellt, „Your Song“ als herzerwärmendes Liebesgeständnis an Satine anstimmt, hat das einfach Größe. Und alles fließt so wunderbar ineinander, daß man es kaum glauben möchte.
Die Liebesgeschichte zwischen Christian und Satine ist freilich nichts Neues, hält sich aber bewußt an die klassischen Regeln Shakespeares und endet, wie wir bereits nach den ersten fünf Minuten erfahren, ebenso klassisch in Tragik. Doch Luhrmann nähert sich dem Stoff nicht klassisch an, sondern kreuzt eine alte Geschichte mit moderner Popkultur.
Moulin Rouge vermittelt das permanente Gefühl, vor visuellem Einfallsreichtum, vor Emotionen fast zu explodieren. Die rastlose Kamera, peitscht die Geschichte voran. Luhrmann treibt sein audiovisuelles Feuerwerk bis zum Overkill. Er zelebriert seinen Film als Vollrausch der Sinne.
Einfach sensationell!
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