The Wayward Cloud (Taiwan 2005)
Selbst nach fast einem Monat erscheint mir dieser Film noch ganz unglaublich.
The Wayward Cloud verfolgt die Geschichten der beiden Protagonisten aus
What Time Is It There weiter, wobei ich persönlich keinen wirklichen Zusammenhang erkennen konnte. Nur die Frage ob Hsiao-Kang noch Uhren verkauft und die Tatsache das die Darsteller halt die selben waren erinnerten mich an den Vorgängerfilm.
Die langen Einstellungen, die Tsai Ming Liang wohl gerne benutzt, sind auch hier wieder sehr schön eingefangen. Unterbrochen werden sie immer wieder durch absolut verrückte und wunderbar inszenierte Musicalnummern, die teilweise so absurd lustig sind, daß ich schon mal lauthals auflachen musste. Diese Auftritte stehen so im Gegensatz zu dem restlichen, sehr wortkargen Erzählstil des Films, daß man geradezu (positiv) überrumpelt wird. In einer der Nummern ist der Hauptdarsteller als Penis verkleidet, um ihn herum 'ne Menge hübscher Frauen mit nem Eimer auf dem Kopf und in der Hand einen Toilettenstopfer (oder wie das heißt). Dabei tanzen sie und trällern fröhlich einen Song auf dem Herrenklo und der Zuschauer sitzt da und ist mal wieder völlig baff. Auf dem Rückweg aus dem Kino hatte ich jedenfalls noch die eine oder andere lustige Melodie im Kopf, die mich (zum Glück) nicht mehr loslassen wollte.
Was auch noch anders ist als in
WTIIT sind die vielen sexuellen Darstellungen. Sie rühren meist daher das Hsiao-Kang nun kein Uhrenverkäufer, sondern ein Pornodarsteller ist. Eine dreiköpfige Filmcrew filmt ihn nun in allen erdenklichen Liebespositionen. Was unter anderem dabei so abgedreht und anders ist, ist die Tatsache das in Taipeh gerade Wassermangel herrscht und die Melone, durch ihren hohen Wasseranteil, ein steter Begleiter dieser Szenen und des ganzen Filmes ist. Selten wurde einer Frucht in einem Film wohl mit so viel Aufmerksamkeit bedacht wie der Melone in
The Wayward Cloud, sie ist Anlass für allerlei lustiger, ekliger und phantasienreicher Szenen.
Die Sexszenen sind zwar sehr gewagt, jedoch niemals explizit. Das dies nicht jedermanns Sache ist, sah man daran, daß einige Zuschauer das Kino vorzeitig verlassen haben - für einen Wettbewerbsfilm sicher nicht an der Tagesordnung.
Viele andere schöne Einstellungen gab es auch zu bewundern, beispielsweise als Shiang-Chyi und Hsiao-Kang unter einem Tisch sitzen und Sie eine Zigarette zwischen ihren Zehen hält, während Er genüsslich diese raucht.
Fazit: Porno? Musical? Lovestory? Mir egal, ich bin froh diesen sagenhaften Film im Kino gesehen zu haben. Ein bleibendes Erlebnis.
PS: Regisseur Tsai Ming Liang sang nach dem Film als Zeichen der Dankbarkeit für das Publikum ein einfühlsames und schönes Lied. Kam sehr gut an und hat mir als Abschluss dieses Abends sehr gefallen.
PS2: Ein paar Reihen vor mir hatte der Jurypräsident Roland Emmerich Platz genommen, dat hat man auch nich alle Tage
PS3: The Wayward Cloud hat den Alfred-Bauer-Preis gewonnen. Dieser wird an einen Film vergeben, der neue Perspektiven der Filmkunst eröffnet.
Mittwoch, 16 Feb 22.30 Uhr - Berlinale Palast - Wettbewerb