The Diarrhoea Diary
#271
Geschrieben 22. Februar 2005, 22:53
USA 1972 Regie: Brad F. Grinter / Steve Hawkes
Der „Katalysator“ des Films (Der Regisseur selbst, im Jahr zuvor für den unfaßbaren Flesh Feast zuständig, ein schmieriger Typ mit aufgeknöpften Seidenhemd und der Ahnung eines Goldkettchens, klärt uns, offensichtlich von einem Blatt ablesend, zu Anfang des Films glücklicherweise auf, was das Wort bedeutet) war auch Ko-Regisseur und heißt Herschell. Trotz Chopper und Vietnamvergangenheit ist er eigentlich ein braver Junge, bis ihn nach 20 Minuten eine Bikinischlampe zum Kiffen überredet. Da ist die Hemmschwelle ziemlich gering, auf seinem neuem Job auf einer Truthahnfarm freiwillig das experimentell verbesserte Fleisch zu probieren. Nach einer durchzuckten Nacht wacht er mit einem grünen Truthahnkopf auf und muß Blut trinken.
Dialoge, Darsteller und Beleuchtung sind streckenweise so übel, daß es selbst für Hartgesottene schwer zu ertragen ist, der Truthahnkopf, mit dem das ganze etwas erträglicher wird, taucht zudem erst in der zweiten Hälfte auf. („It’s not only his physical appearance that worries me...it’s his head! That’s not the Herschell we used to know.”) Nun könnte man ja zumindest etwas Nudity und Gore erwarten, aber von ersterem gibt’s gar nichts und zweiteres beschränkt sich auf einen abgesägten Fuß und diverse Halsschlagadern. Und nachher – vorsicht cold turkey, äh, spoiler – stellt sich alles auch noch als Halluzination heraus, um vor Drogen zu warnen. Der Regisseur kommt auch noch mal rauchend ins Bild und fängt an zu husten.
OK. Das ist alles sehr bescheuert, vielleicht nicht bescheuert genug, aber man muß das Konzept beneiden, mal eben in den 70er Jahren einen Film über einen Monstermann mit Gesichtsmaske zu drehen, als wären wir noch in den 50ern, und von vorneherein zu wissen, noch weniger Budget oder Talent zur Verfügung zu haben. Aber leider zieht der Film sich ziemlich. Flesh Feast, in dem Veronica Lake (!) mittels Würmern Rache am 1970 wiederbelebten Hitler (!!!) nimmt, ist da doch Irrsinn eines ganz anderen Kalibers (zieht sich allerdings auch ein bißchen).
#272
Geschrieben 22. Februar 2005, 22:56
USA 1948 Regie: Jacques Tourneur
Oha. Hochinteressanter Thriller mit einigen vor allem historisch sehr bemerkenswerten Merkmalen: Vor allem die Verfolgungsjagden durch das vom Krieg zerstörte Frankfurt hinterlassen einen tiefen Eindruck, eine Ruinenlandschaft, die nicht aufhören will und von der Bomben nur willkürliche Strukturen übergelassen haben. Dieser authentische Background des Verfalls dann noch von einem Meister des Licht und Schattens in Szene gesetzt wirkt beinahe irreal, aber dennoch stärker, als es dokumentarische Bilder könnten. Dabei ist das eigentlich ein optimistischer Film, oder, es sollte einer werden. Die Story verbindet mehrere Figuren verschiedener Nationen, die eher durch Zufall im selben Zug zusammenfinden, gemeinsam nach einem entführten Mitreisenden suchen und schließlich zu Freunden werden. Vor allem die Schlußszene, in der der Russe dem Amerikaner symbolträchtig am Brandenburger Tor nachwinkt, wirkt mit dem Wissen, daß kurz danach der kalte Krieg ausbrach, heutzutage leicht bizarr. Aber nicht nur die bereits erwähnten Ruinen untergraben den Optimismus, sondern auch die von Tourneur gewohnt grimmig und eindrucksvoll in Szene gesetzten Todesfälle: Sei es der alte Mann, der seinen besten Freund verrät, um das Leben seiner Frau zu retten – und sich dann erhängt, als er herausfindet, daß sie längst ermordet wurde; der als Clown verkleidete Agent, der blutend von einer Bühne stolpert und vom Publikum ausgelacht wird – selbst das Ende des Bösewichts, dessen Körper von Kugeln zuckend über der Absperrung eines Zuges hängt, geht einem an die Nieren.
Und um das historische Dokument vollständig zu machen, ist da noch die deutsche Synchronisation: War der Entführte im Original ein ehemaliger Widerstandskämpfer, der von einer Neo-Nazi-Organisation verschleppt wurde, so ist er fürs sensible deutsche Nachkriegspublikum Kunstdieben und Hehlern auf der Spur, die ihn beseitigen wollen. Teilweise funktioniert diese Transponierung, doch in einem pathetischen Moment, als es darum geht, hilft man dem Mann oder geht man seine eigenen Wege, entschließen unsere Helden sich, dem Mann, und der Sache, für die er steht, zu helfen. So als ob jeder einen lebenswichtigen Rembrandt zuhause hängen hat, und gemeinsam nimmt man den Tod in Kauf, damit Kunstgegenstände nie wieder gestohlen werden.
#273
Geschrieben 26. Februar 2005, 00:40
Japan 1973 Regie: Toshiya Fujita
Schön.
#274
Geschrieben 28. Februar 2005, 18:37
Kanada 1973 Regie: Harvey Hart
Für sein Sujet hat der Film eine recht eigenwillige Erzählstruktur: Am Anfang steht der Sturz einer heroinsüchtigen Hure vom Hochhaus, um im weiteren Verlauf zwischen den Ermittlungen der Polizei und den letzten Tagen im Leben der Prostituierten (Karen Black) hin- und herzuschneiden. Dummerweise hat man aber vergessen, in das Ganze so etwas wie Spannung einzufügen. Und der Höhepunkt, von dem man schon vorher ahnt, daß er eine schwarze Messe oder dergleichen ist, ist dann auch noch vollkommen unspektakulär inszeniert. Doch, ist schon ziemlich langweilig das Ganze. Interessante Parallele zum letzten Eintrag: Auch hier singt die Hauptdarstellerin selbst. Hilft aber alles nichts.
#275
Geschrieben 28. Februar 2005, 23:23
Jugoslawien / Italien 1971 Regie: Boro Draskovic / Gregory Simpson
Mittelmeerkrimineller will wie die großen New Yorker Gangster sein, übernimmt sich dabei aber ziemlich und gerät auch noch zwischen zwei Frauen. (Zwischen Margaret Lee und Barbara Bouchet möchte ich aber auch mal geraten.) Vorm düsteren Ende reihen sich endlose, Beatmusik schwitzende Sexszenen aneinander nebst einer Menge Super 8-Material. Die eingesprengte Sozialkritik könnte man für ein Alibi halten, es würde mich allerdings nicht wundern, wenn der Film - wie der ähnlich freizügige, in seiner unterschwelligen Provokation und Machart aber wesentlich gelungenere Il Maestro e Margherita von Aleksandar Petrovic - im Drehort Jugoslawien rubbeldiekatz verboten wurde.
#276
Geschrieben 02. März 2005, 22:42
Brasilien 1968 Regie: José Mojica Marins
Findet man hier auch nicht den potenzierten Irrsinn etwa der Farbsequenz aus This Night I’ll possess your corpse, so haut Marins trotzdem wieder kräftig auf die Pauke, und Episodenfilme mag ich sowieso. Zeugt die erste Episode noch vom Einfluß der EC-Horrorcomics mit einer netten Rachegeschichte in einer Puppenfabrik, so geht der Morality Play-Gestus den späteren Geschichten ab: Erst beobachten wir vollkommen ohne Dialoge einen buckligen Ballonverkäufer bei seiner hoffnungslosen Suche nach Liebe, die er erst im Leichenschauhaus vollziehen kann, dann kommt Marins schließlich wieder selbst in einer Übermenschenrolle auf den Plan, um Leute vom Fernsehen detailfroh und effektvoll zu foltern und anschließend in Nahaufnahmen zu verspeisen. Man könnte hier viel kritisieren, doch irgendwie fügen sich die groben Splattereffekte, die holterdipolter-Inszenierung und viel zu lauten Soundeffekte auch hier mal wieder zu so einem deliriösen Teppich zusammen, daß ich vor allem bei der letzten Episode mal wieder nur mit offenem Mund auf den Bildschirm starren konnte. Wenn es José Mojica Marins nicht schon gäb’, man müßte ihn glatt erfinden.
#277
Geschrieben 05. März 2005, 02:33
Italien 1965 Regie: Antonio Margheriti
Voll wie ein Bergarbeiter vom Mars. Ich will auch so eine Nuklearpistole.
#278
Geschrieben 06. März 2005, 03:22
Italien 1971 Regie: Duccio Tessari
Edelgiallo mit Stil und vielen Kameraspielereien. In der ersten Hälfte hat der Film sogar ein enormes Potential: Der erste Mord wird Rashomon-like nur aus der Perspektive einzelner Zeugen gezeigt, oder bebildert die Hypothese der Polizei, wie er vermutlich geschehen ist. Der erste Verdächtige ist ein Sportmoderator mit Toupet und während der Szenen über seinem Arbeitsalltag beim Fernsehen wird der Zuschauer sensibilisiert, was die Künstlichkeit von Bildern betrifft. Leider schwenkt der Film dann in eher konventionelle Gefilde ab, hat aber immerhin eine stringente Dramaturgie zu bieten, womit sich die Italiener ja manchmal etwas schwer tun. Fotografie und Musik sind exzellent, und sogar den Running Gag fand ich richtig lustig. Es gelingt dem Hilfssheriff (der Film kann nichts dafür, daß dieser eine Fritz Wepper-Frisur trägt) nämlich die ganze Zeit nicht, seinem Chef einen genießbaren Kaffee zu bringen. Möglicherweise ist dieser aber auch etwas wählerisch. Schließlich bekommt man, während Helmut Berger von der Polizei verfolgt wird, auch noch eine Variation des Halloween-Themas zu hören, bevor dieses überhaupt geschrieben wurde. Alles in allem ein feiner Film, und ich finde es prima, daß es so viele Gialli gibt – da wird noch die eine oder andere Perle zu entdecken sein.
#279
Geschrieben 06. März 2005, 03:25
Deutschland 1969 Regie: Hans W. Geißendörfer
Jahrelang gesucht, den Film, seit mein Bruder Mitte der Achtziger das großartige „Vampir Filmkult“-Buch von David Pirie auf einem Ramschtisch entdeckt hat. Premiere brachte ihn jetzt wieder zum Vorschein. Eins ist klar: Das sollte von Anfang an kein Horrorfilm werden, wiewohl man das ein oder andere Exploitation-Element auch nicht unbedingt abgewiesen hat. Man könnte das Ganze einen stilistischen Vorläufer von Herzogs Nosferatu – Phantom der Nacht nennen, er ist auch ähnlich prätentiös. Immerhin weiß Geißendörfer, wie man Frauenleichen ins Bild legt und die Kamera vom späteren Wenders-Spezi Robbi Müller ist in ständiger Bewegung und filmt besonders gerne Wände ab, wenn nicht gerade ein Kleinmädchenballett ins Bild tanzt.
Dracula hat einen Seitenscheitel, und eine große, schattenwerfende Nase, die einen Schnurrbart vortäuscht. Hitler ist Dracula. (Wäre auch ein guter Titel für einen Neue Deutsche Welle-Song gewesen. Ich stelle ihn mir gerade von Andreas Dorau gesungen vor.) Der Darsteller sieht gut aus, ist aber weder Kinski, noch stehen ihm die anscheinend mit Absicht hölzern vorgetragenen Dialoge gut zu Gesicht. Zwerge gibt’s leider keine, aber einen buckligen Vorposten, der Kruzifixe und Knoblauch sammelt. Gesungen wird auch. Kaum denkt man, da ist mal wieder eine gute Komposition gelungen (davon gibt’s zugegebenermaßen einige im Film), da kommen die Farben schwarz-weiß-rot symbolträchtig ins Bild, Leute in verschiedenfarbigen Gewändern simulieren die Hakenkreuzflagge in Draculas Eingangshalle. Die Mädels sehen aber gut aus. Als der Score von Grieg zu beschwingtem Easy Listening wechselt, ist es ein wenig vorbei mit dem Ernst nehmen. Immerhin gibt’s am Schluß noch Gemetzel und eine von mehreren schicken Plansequenzen mit im Meer treibenden Vampiren.
Gelangweilt habe ich mich auf keinem Fall, dazu war der Film außergewöhlich genug. Hinzuzufügen bleibt, daß einige der in diesem Film umgesetzten Ideen nicht nur auf den heutigen Zuschauer ungeschickt wirken, sondern wahrscheinlich auch schon damals ziemlich blöde waren.
#280
Geschrieben 07. März 2005, 19:11
Spanien 1980 Regie: José Ramón Larraz
OK, bei dem Titel braucht man sich eigentlich nicht zu wundern, wenn man statt einem Horrorfilm mit Sex-Elementen einen Softcore-Film mit ein paar Prisen Behelfshorror bekommt. Im Vergleich zu desselben Regisseurs Vampyres stinkt das ganze schon ziemlich ab, was hauptsächlich an den Frisuren der Darstellerinnen liegt. Wer hat Helga Liné dieses Verbrechen angetan? Ich hab sie gar nicht erkannt. Einzig die Haare von Vanessa Hidalgo gehen in Ordnung. Die Szene mit dem Ziegenbock hat mich auch noch einigermassen überrascht, aber den lieblos zwischen den Bumsszenen eingeschobenen Rosemary's Baby-Plot hätte man sich eigentlich sparen können.
#281
Geschrieben 14. März 2005, 22:24
USA 2001 Regie: Brad Anderson
Läßt sich viel Zeit, wirkt dabei zwar nicht uninteressant, kann aber erst im letzten Drittel richtig fesseln mit ein paar interessanten Ideen. Guter Thriller, aber meiner Meinung nach nicht das übersehene Meisterwerk, für das ihn manche halten, der verbreiteten Tendenz folgend, aus jedem Film, der nicht in Deutschland erschienen ist, direkt einen Geheimtipp machen zu wollen. Sicherlich sind wesentlich schlechtere Filme hier erschienen, aber das war schon immer so. Die besten Bilder scheinen sich leider auch in den deleted scenes zu finden. Immerhin gibt’s aber noch Lou Barlow beim Abspann zu hören.
#282
Geschrieben 14. März 2005, 22:28
USA / GB / Tschechei 2001 Regie: Albert & Allen Hughes
Hatte mir beim ersten gucken gut gefallen, und jetzt auch wieder. Versucht sich in stärkerer Authentizität, da die Allgemeinheit mittlerweile mehr über die Periode und den Ripper weiß. Macht allerdings vor den Zähnen halt, außer ein paar Gossenhauern hat die viktorianische Unterklasse hier durchweg blendende Gebisse, aber wer möchte Heather Graham auch mit faulen Stümpfen sehen. Sehr sympathischer Film, der ähnlich wie Sleepy Hollow nicht nur ein altmodisches Setting und zahlreiche britische Darsteller verwendet, sondern auch eine älterem Gothic Horror ähnelnde Vorgehensweise zur Schau stellt: Mit Computereffekten hält man sich bis auf einen Ausrutscher vorbildlich zurück, statt dessen wird die Künstlichkeit der Studiosets hervorgehoben. Der von den Dialogen angestrebte Realismus findet sich in den Bildern nicht wieder, und das ist gut so. Beachtliche Leistung der Hughes-Brüder, deren Dead Presidents auf einer ganz anderen Baustelle auch schon sehr überzeugend war.
#283
Geschrieben 14. März 2005, 22:31
Japan 1977 Regie: Nobuhiko Obayashi
Schluck, was war das jetzt wieder für ein Wahnsinn?
Überstilisiert bis zum geht nicht mehr, man wird förmlich zugeschissen mit durchgeknallten visuellen Einfällen, so daß mir die fehlenden Untertitel schon sehr bald egal waren. Das ist möglicherweise das, was sich Japaner unter einem „Pop-Film“ vorstellen. Aber um klar zu machen, worum es hier geht, wird nach einigen Szenen mit tanzenden Schulmädchen Denis Giffords Buch über Horrorfilme auf einen leeren Platz im Zug gelegt. Wenn man die Konnotationen verstehen könnte, könnte man dem Humor möglicherweise eine Monty Python-Nähe unterstellen, an Richard Lester und die Beatles-Filme muß man aber vor allem bei den Zeichentricksequenzen und anderen Einschüben (Stummfilm-Texttafeln!) auch denken. Streckenweise fürchterliche Musik, die wie von einem uralten K-Tel-Album der Sorte „Schlecht bezahlte Studiomusiker spielen instrumental irgendwelche affigen Hits nach“ stammen könnte, nachher wird dann aber auch gesungen,wenn auch nicht von den Figuren selbst. Das hätte einen aber auch nicht mehr wundern können als die im letzten Drittel verstärkt auftauchenden deftigen Splattereffekte, tanzenden Skelette und fliegenden Katzen. Alle Spielereien, die man sich vorstellen kann, werden hineingeschmissen, und einen Argento-Film hat man anscheinend auch schon gesehen. Was das Ende zu bedeuten hatte, war jetzt ohne Untertitel schwierig herauszufinden, aber denkbar egal.
Ich fasse es immer noch nicht. Aber da scheinbar auch andere Leute den Film gesehen haben und ich ihn auch heute noch anfassen kann, scheint es kein Traum gewesen zu sein.
#284
Geschrieben 20. März 2005, 03:55
GB 1977 Regie: Peter Graham Scott
Diese britischen Fernsehserien aus den 60ern und 70ern kann man mir ja reihenweise in den Popo stecken, ich werde mich selten beklagen. Hier auch wieder so ein Beispiel, daß wohl von den Engländer als Kinderserie kategorisiert wird. OK, viele Handlungsszenen konzentrieren sich auf die jugendlichen Darsteller und vor allem die Landschaft erinnert an „Fünf Freunde, das sind wir“, aber egal: Der Spannungsaufbau der Geschichte, die zwischen der Quatermass-Tetralogie (im erst später entstandenen Quatermass Conclusion findet man sogar ein paar der hier verwendeten Motive wieder) und The Wicker Man schwankt, ist superb, und nach der Auflösung bekommt man dann auch noch ein spektakuläres Finale, das durch die billigen Spezialeffekte teilweise aber gleichzeitig unspektakulär wirkt. Danach hätte man relativ böse enden können, aber zugunsten der lieben Kleinen wird dann alles noch mal relativiert. Geht aber OK, sehr spannende und unterhaltsame drei Stunden waren das.
#285
Geschrieben 20. März 2005, 03:58
Frankreich 2000 Regie: Lionel Delplanque
Nette Widescreen-Bilder nebst Full Frontal Nudity, aber sonst stapelten sich die Klischees derart, daß ich aus dem Gähnen nicht mehr herauskam.
#286
Geschrieben 20. März 2005, 04:00
Italien 1980 Regie: Lucio Fulci
Flotte Räuberpistole, in der auch nicht auf knusprige Gesichtsmasken-Effekte verzichtet wurde, man konnte wohl nicht aus seiner Haut zwischen den Zombiefilmen. Recht so. Daß mich Fabio Testi streckenweise an Sascha Hehn erinnerte, fand ich allerdings etwas bedenklich.
#287
Geschrieben 20. März 2005, 04:01
Südkorea 2001 Regie: Kim Ki-Duk
Nachdem die Welt schon in der abgelegenen Idylle (The Isle) und in der provinziellen Kleinstadt (Address unknown) Scheiße war, ist sie es jetzt auch in der Großstadt. Oder nicht so ganz. Trotz einiger wunderbarer Momente und Bildkompositionen wollte sich bei mir nicht ein ähnlich intensives Gefühl wie bei den früheren Kim Ki-Duks einstellen. Der kräftige Schlag in die Magengrube blieb leider aus. Beileibe kein schlechter Film, aber er ging trotz interessanten Charakteren größtenteils an mir vorbei.
#288
Geschrieben 20. März 2005, 04:04
Italien 1977 Regie: Antonio Bido
Die Synchro macht es einem manchmal mit dem Ernstnehmen nicht leicht. Die für den Score verantwortlichen TRANS EUROPA EXPRESS wandeln mehr auf Goblins denn auf Kraftwerks Spuren. Die Rhythmusgitarre hat einen geilen, rauh-knackig klingenden unverzerrten Sound. Teilweise uninspirierter Argento-Klon, aber egal: Die Kamerafahrten, die Locations, der Score, das ist alles sehr nach meinem Geschmack. Die Schnauzbärte nicht, aber die gehören wohl dazu.
#289
Geschrieben 25. März 2005, 03:27
Deutschland 2004 Regie: Wenzel Storch
Wenn man wie ich im Kino gerne das ein oder andere Bier trinkt, kann so manches langgezogenes Finale mitsamt Epilog zur ziemlichen Qual werden. Man will ja auch nichts verpassen, oder durch die Gänge torkeln, während gerade irgendein Heiopei die Welt rettet. Um so höher ist es diesem Film, der das Urinieren selbst in nicht unerheblichen Maße thematisiert, anzurechnen, daß er nur 74 Minuten lang ist. Das ist aber bei weitem noch nicht das einzig Positive, was man über dieses Werk sagen kann: In beinahe jeden Frame spürt man die Mühe und den Schweiß, den das ganze gekostet hat, die Liebe zum Medium und den Willen, die eigenen, nicht unbedingt konsensfähigen Ideen adäquat auf die Leinwand zu bringen. Und es sind klasse Ideen. Neben den wirklich unfaßbar prächtigen Dekors hat mir vor allem die Gehirnwäsche-Sequenz gefallen. Viel besser kann Kino nicht sein: Eigenwillig bis zum Umfallen und unterhaltsam wie Sau.
#290
Geschrieben 25. März 2005, 03:30
Indien 1985 Regie: Shyam & Tulsi Ramsay
Schon wieder so ein knallbuntes Kurzweil-Feuerwerk! In Demut und Ehrfurcht verneige ich mich vor den Ramsay-Brüdern. Anders als bei beispielsweise Hausu findet sich der Spaß hier nicht im Stil, sondern in der Inszenierung: Es ist ständig was los, man kommt kaum dazu, am Bier zu trinken. Ein richtiges Action-Feuerwerk, kann man nicht anders sagen, mit zwar größtenteils übertriebener, aber klasse Musik. Trotz der Verwendung von Horror-Archetypen bleibt der Plot aufgrund des Tempos der Handlung unvorhersehbar. Kann aber auch daran liegen, daß es für diesen Film keine Untertitel gibt. Umgesetzt wird das ganze in liebevollen detailreichen Sets mit der ein oder anderen Farbfolie und Kameraspielerei. Der Sidekick taucht erst in Minute 28 auf und verwendet am häufigsten Brocken der englischen Kolonialsprache. Das Tempo geht ein wenig zurück und der erste Song kommt. Der ist auch direkt ein Kracher, von einer netten Maus gesungen, die sich zuerst in der Badewanne und später auf dem Bett räkelt. Nein, eigentlich kann man nicht sagen, daß das Tempo rausgenommen wurde, es verschiebt sich nur ein wenig. Die Kameraperspektive von unten mag vielleicht als überholtes Stilmittel gelten, aber seien wir mal ehrlich: Es sieht verdammt cool aus.
Die Witze werden wahnsinniger, als das Heldenduo nebst Sidekick in ein Hotel einchecken, dessen Portier eine unglaublich dämliche Mütze trägt und dessen Manager anscheinend ein Zwerg im grauen Anzug mit graumelierten Haar und Schnauzbart ist. Beide lachen herzhaft mit, als die Heldin den Helden nackt unter der Dusche erblickt. Der zweite Song, sowohl vom Rhythmus als auch vom Muscleshirt und der Sonnenbrille des Helden stark westlich geprägt, ist auch ein Kracher. Auch der ein oder andere Schockeffekt und Gruselmoment funktioniert. Der Sidekick läuft im weiteren Verlauf mit Horrorbüchen herum und erzählt von „Suspense, Hitchcock“ (was sich aber eher wie „Hitcock“ anhört, als er’s mehrmals wiederholt.) Später wird sogar eine Szene aus dem 78er Invasion of the Body Snatchers hineingeschnitten, während er über dem Buch „The best Horror Stories“ brütet, auf das er zur Sicherheit noch ein Dracula-Plastikgebiß gelegt hat. Die hier und dort vorhandenen Anlehnungen an The Exorcist haben bei diesem Overkill an Ideen und Versatzstücken aber kein allzu großes Gewicht. Beim dritten Song bekam ich aus irgendeinem Grund großen Appetit auf Hühnersuppe.
#291
Geschrieben 02. April 2005, 04:20
GB 1970 Regie: Delbert Mann
Feiner Film mit Michael Caine in einer eher ungewöhnlichen Rolle als fescher schottischer Freiheitskämpfer. Kein Hurra-Patriotismus à la Braveheart, der Film spielt während der Periode, als der schottische Widerstand bereits zusammenbrach, und es wird klar, wo der Hase läuft, wenn ausgerechnet einer der Bösen sagt: „Der alleinige Herrschaftsanspruch des Königs ist ein veraltetes Konzept.“ Und nicht nur der jugendliche Held, sondern auch sein Vorbild sehen ein, na ob jetzt Bonnie Prince Charles oder der Typ von den Engländern – Könige sind schon irgendwie alle Scheiße. Na gut, das war jetzt vielleicht etwas überspitzt ausgedrückt. Nur schade, daß Donald Pleasence und Freddie Jones nur recht kleine Rollen hatten, aber dafür sehen Fans von Gordon Jackson ihn hier mal mit langen, schwarzen Haaren. Ich muß irgendwann auch mal den “Master of Ballantrae“ lesen, soll ja laut einer Minderheitenmeinung Stevensons bestes Buch sein.
#292
Geschrieben 02. April 2005, 04:27
Mexiko 1972 Regie: Juan López Moctezuma
I run to death and death meets me as fast, and all my pleasures are like yesterday.
Wird im Hang zur Groteske Edgar Allan Poes Erzählung gerecht und ist dabei visuell wesentlich ausgereifter als andere Versionen wie, z.B. Chabrols Fernsehfassung von 1980 oder sogar Unheimliche Geschichten.
Die elektronischen Soundeffekte befremden mich wie schon bei Alucarda wieder etwas, aber die Inszenierung der Vergewaltigungsszene hat was. Der Umstand, daß die meisten Dialogzeilen hier von Wahnsinnigen kommen, hat die psychedelische Imagination der Drehbuchschreiber beflügelt. Prächtige Prämisse, wenn Wahnsinnige versuchen, normale Menschen vorzuspielen und der Protagonist erst dahintersteigen muß, daß die vermeintlichen Vertreter der Vernunft den größten Wahnsinn verbergen. („Vermeintliche Vertreter der Vernunft“ wäre auch ein guter Name für einen Song. Oder eine Band. Oder eine Partei.) Fürderhin gibt es einige propere Plansequenzen, einen gestisch durchaus überzeugenden Komiker als „Mr. Chicken“, und einen beeindruckenden Abstieg in Dantes Inferno. Es ist allerdings etwas irritierend, daß der “Patient“ Dante zwei Zeilen eines Sonnetts von John Donne aufsagt, die bereits das Motto des großartigen The Seventh Victim waren. (Wann, oh wann, kommt davon endlich mal eine DVD?) Kommen sogar in Orgie des Todes vor und stehen am Anfang dieses Eintrags, diese Zeilen. [Räusper. Wo sind meine Kippen?] Später scheint mir auch noch der "Rime of the Ancient Mariner" eingefügt worden zu sein, wenn auch nicht die berühmte Stelle mit der „lonesome road“.
Nach einigem schönen Schwelgen von Kamera und Beleuchtung im Rembrandt-Stil folgt dann eine eher weniger überzeugende Ballett-Nummer von Geteerten und Gefederten. Nichtsdestotrotz: Ein inspirierter Film, der ebenso inspirierend wirkt, und vielleicht verbirgt sich hier ein verstecktes subjektives Merkmal. Sicherlich entscheidet bei der Qualität z.B. meiner Tagebucheinträge hauptsächlich die Tagesform, aber mir kommt gerade der Gedanke, daß manche Filme die Fähigkeit haben, die eigene schöpferische Leistung anzuspornen. Das können sowohl Kunstfilme, Hollywood Blockbuster als auch Undergroundexperimente und alte B-Movies sein, egal, hauptsache, es macht irgendwo ‚klick’. Nun, dieser Film ist jedenfalls so einer, auch wenn dieser Eintrag möglicherweise langweiliger war als der zuvor.
#293
Geschrieben 02. April 2005, 04:34
Italien / Spanien 1974 Regie: Mario Siciliano
Hörst du Stimmen, wie die Kleine aus dem Exorzistenfilm? Junge, du hängst zuviel vor der Glotze rum.
Ist mir von einem lieben Freund mit den Worten „kommt ganz gut, wenn man so viele Drinks verzehrt wie in der Anfangsszene auf Anthony Steffens Tisch stehen“ empfohlen worden. Auf mehrere Flaschen verschiedenster Spirituosen habe ich indessen verzichtet, sondern versucht, eine prozentual adäquate Menge Bier in mich hineinzuschütten. Was soll man von einem Film halten, der nach einem streckenweise recht überzeugenden Schwarze Messe-Prolog mit dieser Szene beginnt:
HELD (greift verkatert zum Telefon): Verdammte Scheiße...
BLONDINE: (am anderen Ende der Leitung, mit Hund im Bett, viel Bein zeigend) Hallo? Hallo Peter, bist du’s? Warum meldest du dich nicht?
HELD: Wer ist da?
BLONDINE: Erkennst du mich nicht mehr? Hier ist dein Superschlitten. Deine wilde Sonderserie. Na los, komm schon zu dir. Mein Schatz, hier ist Targa.
HELD: Ach ja, Targa.
Das Ganze war über weite Strecken handwerklich solide, teilweise aber auch belustigend, vor allem die vollkommen sinnlos erscheinenden Einblendungen von dämonischen Gegenständen zwischendurch, von der Synchro mal ganz zu schweigen. Zum Schluß hin sind mir ein paar mal die Augen zugefallen, so daß ich das Ende nicht wirklich kapieren konnte. War aber auch schon spät, damit soll dem Film keine Langeweile unterstellt werden.
#294
Geschrieben 05. April 2005, 00:39
USA/Frankreich 2000 Regie: John Waters
Warum hat das eigentlich so lange gedauert, bis der hierzulande auf Video erschien? Wahrscheinlich haben die Verleiher sich ausgerechnet, daß das Hit-Potential ziemlich gering ist, und damit – zumindest was den Publikumszuspruch betrifft – wohl leider auch Recht behalten. Kein Kracher wie Serial Mom, und trotz dem dahintersteckenden sympathischen Geist und zahlreicher gelungener In-Jokes alles in allem vielleicht etwas zu harmlos. Wobei mir von den Waters-Filmen – Arschtritte wie Pink Flamingos in Ehren – bis jetzt immer noch Polyester am besten gefällt: Da ist ihm die Symbiose aus Angriffen auf den guten Geschmack und einer Zuckerwattenästhetik am besten gelungen, und zudem gibt es einen großartigen Witz nach dem anderen. Trotzdem sei gesagt, daß Cecil B. Demented mich schon recht häufig zum Schmunzeln brachte (etwa bei den Tätowierungen, dem Seitenheib auf Tarantino oder der Szene im Karate-Kino) und gut unterhalten konnte – gelangweilt habe ich mich aber auch noch nie bei einem John Waters-Film. (OK, bei Mondo Trasho vielleicht ein wenig – steh’ nicht so auf Füße.)
#295
Geschrieben 05. April 2005, 00:41
USA 2004 Regie: Eric Bress / J. Mackye Gruber
Durchaus origineller und kurzweiliger Science Fiction-Film, der den Eindruck einer potenzierten „Twilight Zone“-Folge macht, jedoch teilweise zu viel Klischeesuppe löffelt, so daß er sich schon nahe an der Parodie bewegt. Oder sollte das Collegeleben in den USA wirklich so schwarz/weiß und stereotyp sein? Ich kann mir das nicht vorstellen. Alles in allem guckbar und nicht unspannend. Das Ende des Director’s Cut ist besser.
#296
Geschrieben 05. April 2005, 00:45
Hong Kong 1982 Regie: Chang Ling
Nach einem actionreichen Prolog (mal wieder eine Schwarze Messe oder so was, bei der ein Typ mit grauer, haariger Gesichtsmaske und Vampirzähnen am meisten auffällt) gelingt einem mutigen Paar nebst Säugling zunächst die Flucht, sie werden aber eingeholt. Der einzige Ausweg scheint zu sein, sich gegenseitig abzustechen, um mit dem Blut das Baby zu wärmen und so lange mit dem Kopf auf den Schnee zu hauen, bis sich eine Lawine löst. Der Plan gelingt. Die bösen Häscher finden das Kind nicht, und so wird es von den Wölfen erzogen. Dabei entwickelt das Mädchen scheinbar einen unbezwingbaren Hass auf Hasen. Das ändert sich, als ein junger Meister auf der Suche nach einer Ginseng-Wurzel ihren Weg kreuzt. Dann haßt sie nämlich auch Hühner und böse Schergen. In Zeitlupe. Die fürs Dubbing verantwortlichen haben wohl beim vielen Schnee ans rotnasige Rentier gedacht, oder dachten sie tatsächlich, daß „Rudolph“ ein glaubwürdiger Name für einen chinesischen Meister sei? Und warum muß sein Sidekick-Diener dann gleich auch noch „Rudy“ heißen? Aber seien wir nicht zu kritisch. Der Film hat an sich schon ein beachtliches Tempo mit viel Gemetzel und die unbeholfene englische Synchro hilft über die etwas langwierigeren Stellen hinweg. Im großen Finale ging dann möglicherweise noch das Geld für die Pyrotechnik aus, so daß man mal eben auf Komplett-Animation umschwenkte. Gebt der Wolfsfrau noch einen Liter Wein.
#297
Geschrieben 12. April 2005, 00:49
GB 1961 Regie: Val Guest
Es ist viel Zeitungsfilm in diesem Katastrophenfilm. Der Held ist verkrachter Säufer-Draufgänger beim Daily Express. Seine Schoten (wie auch die ein oder andere wissenschaftliche Erklärung) wirken antiquiert, nichtsdestotrotz waren hier Leute am Werk, die wußten, wie man Dialoge schreibt. Leo McKerns Rolle des weisen und gutmütigen älteren Kollegen erinnert mich an die von Edward G. Robinson in Five Star Final, der mir ja vor allem wegen Boris Karloff als zwielichtiger Pfarrer ziemlichen Spaß bereitete. Die guten Dialoge hängen auch hier mit den bemerkenswerten Figuren zusammen. Selbst ein bit-part, der gerade mal zehn Sekunden im Bild ist, bekommt durch einen einzigen Satz Charakter – wie der Setzer, der in letzter Sekunde die Schlagzeile ändern muß. „Die da oben haben wohl was gegen mich. Ich hätte beim Frauenjournal bleiben sollen.“ Interessant die frühen Atomkraftgegner, die unvermittelt Zeuge einer verfrühten Sonnenfinsternis werden. Bei der Darstellung der durch Wassermangel ausflippenden Beatniks merkt man allerdings doch ein bißchen konservativen Geist. Nicht nur Elvis Costello möchte nicht gern nach Chelsea gehen. Die Synchro ist auch top, möglicherweise witziger als der Originalton. Doch da sind ja auch noch die Katastrophensequenzen, die sich geschickt steigern, wenn auch tricktechnisch nicht unbedingt zeitlos daherkommen. Ein korrekterer Titel wäre wohl „Der Tag, an dem sich dank Atombombentests die Neigung der Erdachse um 11 Grad verlagerte, was dazu führte, daß sie aus ihrer Umlaufbahn Richtung Sonne geschleudert wurde“, aber ich gebe zu, daß wohl nur wenige Leute einen Film dieses Titels hätten sehen wollen. New York versinkt im Schnee, in Berlin wird der Pöbel mit Wasserwerfern in Schach gehalten – die Art der Darstellung mag zwar altmodisch sein, aber das Dargestellte selbst findet sich auch noch in aktuellen Filmen. Interessant auch das – wenn auch stark moralisierende – offene Ende.
#298
Geschrieben 12. April 2005, 00:50
Nigeria 1998 Regie: Fred Amata
Das ganze Drumherum macht den Film eigentlich schon interessant genug. Eine nigerianische Produktion, direct-to-video, anscheinend mit einem defektem Tonkabel auf eine Video CD überspielt und weiterverbreitet. Dann erst mal die Trailer: Es handelt sich größtenteils um Action-Horror-Dramen, in denen Produzent Sunny Collins, Regisseur Dr. Fred Amata und Darsteller Patrick Doyle des öfteren auftauchen. Zwischendurch aber auch die Ankündigung für einen Film, der nicht ganz zu den anderen zu passen scheint: The Gardener wirbt mit dem Slogan „No Violence! No Rituals! No Seduction! At last – a decent picture!” Die explizite Erwähnung von Ritualen in Ergänzung zu der auch im Kino anderer Kontinente geltenden Sex & Crime-Konstante hätte ja jetzt einen kulturhistorischen Hustenanfall auslösen können, aber als ich noch darüber nachdachte, kam bereits der Hinweis: „Piracy is a crime against humanity!“ Ich dachte mir, für einen Nigerianer muß das wie blanker Zynismus rüberkommen, haben viele von ihnen doch wesentlich schlimmere Verbrechen gegen die Menschheit und Menschlichkeit erlebt als Videopiraterie. Aber ich weiß nicht allzu viel über dieses Land, und auch nicht über seine Filmindustrie – ich kann nur vermuten, daß zumindest die Truppe um Sunny Collins sich hauptsächlich damit beschäftigt, handelsübliches Entertainment mit einer überdeutlich christlichen Botschaft zu fabrizieren.
Und es ist Entertainment. Die ersten 20 Minuten überschlagen sich fast mit kuriosen Spezialeffekten und sonstigen Einfällen, und gerade die auf Realismus bedachte Inszenierung, die etwa eine Hexe zeigt, wie sie einen Nachbarsjungen in ein schwarzes Huhn verwandelt, weil er ihrem Kind das Spielzeug weggenommen hat, erzeugt in einem nicht-afrikanischen Zuschauer eine kognitive Dissonanz. Soll heißen: Wer schon bei asiatischen Filmen Probleme hat, seinen rational-westlichen Blickwinkel von den Wahrscheinlichkeiten zu lösen, wird mit afrikanischen Genrebeiträgen erst recht keine Freude haben. Nach dem spektakulären Einstieg flacht das Ganze dann allerdings etwas ab und plätschert Daily Soap-mäßig vor sich hin. Die Tochter der Hexe will nämlich keine Hexe mehr sein, sondern lieber heiraten, Familie gründen und so. Was die Hexen freilich nicht gut finden und so die ein oder andere spektakuläre Katastrophe herbeiführen. Wenn man ein gemeiner Mensch ist, könnte man den Dialogszenen auch einen gewissen hämischen Unterhaltungswert abgewinnen, da einige der Darsteller der englischen Intonation nicht wirklich mächtig sind. Man könnte sich auch darüber lustig machen, daß hier Hollywood-Archetypen verwendet werden, die dortselbst längst als überholt gelten – wie der langsam und unspektakulär umherstapefende Dämon kurz vor dem Finale, der wie aus einem Universalfilm der 30er wirkt, mit Farbe, aber ohne fähigen Beleuchter. Das mache ich aber nicht. Ich persönlich finde es gut – auch wenn im Finale nichts anders passiert, als daß ständig „Jesus, Jesus!“ gerufen wird – einen weiteren hoch interessanten und kurzweiligen Film gesehen zu haben.
#299
Geschrieben 19. April 2005, 00:02
Japan 2002 Regie: Takeshi Kitano
Schöner Film. Besser als Zatoichi.
#300
Geschrieben 19. April 2005, 00:04
GB 1961 Regie: John Gilling
Szenen, in denen Peter Cushing gegenüber dem britischen Komödianten Miles Malleson spielt, gehören in einen Schrein. Hier ist dieser nicht versoffen (wie in Hound of the Baskervilles) oder vergeßlich (wie in Dracula), sondern verschnupft. Cushing bekommt trotzdem die Soldaten, die er verlangt, um dem garstigen Schmugglertreiben endlich ein Ende zu bereiten und hat auch wieder eine ausgedehnte Sterbeszene. Dazu dann noch wundervolle Locations irgendwo in Devon (nicht dem Pornostar) und ich langweile mich nicht.
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