"All is full of Love..."
#91
Geschrieben 16. Mai 2005, 09:58
USA: 2005, R: Genndy Tartakovsky
VCD, O-Ton
Hab mir jetzt die letzten 5 Episoden dieser Kriegschroniken angeschaut - ich geh ja am Mittwoch in Episode 3 und diese dritte Staffel, die diesmal aus 5 Folgen zu je 12 Minuten besteht, ist noch nicht auf DVD erschienen. Ich bin mal wieder hin und weg: Zeichenstil finde ich absolut großartig. Sehr verstört bin ich über die Kommentare, die man so im Internet liest: die Animationsqualität soll grausam sein etc. Der kantige Stil mag ja Geschmackssache sein, aber die Animationsqualität, die Flüssigkeit der Bewegungen, Kamerafahrten, Einstellungen, diese Aspekte sind für TV-Zeichentrick-Niveau atemberaubend. Inhaltich passiert natürlich nicht soviel, außer dass ständig gekämpft wird - aber das so richtig, der Jedi-Orden zeigt seine beeindruckenden Fähigkeiten im Kampf gegen die Droiden, nicht wissend, dass die wahre Bedrohung innerhalb der Republik lauert. Es gibt jedoch schon einige interessante und wichtige Plot-Szenen: Anakin wird zum Jedi-Ritter "geschlagen" und ist nun nicht mehr der Schüler von Obi-Wan, sondern ein "Bruder"; eine Halluzinations-/Traumsequenz, in der eine Höhlenzeichnung plötzlich Anikans tiefste Ängste und innerste Widersprüche abbildet; 3 Jedi versuchen verzweifelt Kanzler Palpatine vor General Grievous zu retten und "sichern" damit symbolisch ihren eigenen Untergang. Besonders faszinierend ist dabei, dass die Zeichner Palpatine zwar ängstlich und zerbrechlich darstellen, aber gleichzeitig mit nur ein paar Blicken seinerseits und seiner Art sich zu bewegen eine Souveränität schaffen, die sein doppeltes Spiel schon andeutet. Da finde ich die Art vom großartigen Ian McDiarmid, der schon ab Episode 1 diesen Aspekt seines Charakters so unglaublich gut spielt, überzeugend ins neue Medium gerettet. Ansonsten noch einige netten Zoten und wohlige Referenzen auf die alte Trilogie!
Es gibt bei der IMDB eine interessante "Diskussion" (soweit wie die Gespräche dort diese Bedeutung verdienen) darüber, ob Clone Wars besser als Episode I und II zusammen ist - mir jedenfalls gefällt diese These in einer gewissen Art...
bekay
Angriff der Clone-Wars-Hasser!
#92
Geschrieben 19. Mai 2005, 18:48
USA: 1999, R: George Lucas
DVD, Synchro
Michse sein amüsiert.
Gegen Jar Jar hatte ich nie etwas. Ich fand seine ungewöhnliche Ausdrucksweise immer ganz lustig. Auch sonst finde ich Teil I ganz gut. Es gibt starke Charaktere (Obi-Wan, Qui-Gon). Nette Bildchen. Pod-Rennen etwas lang, aber mit vielen kreativen, amüsanten Ideen, besonders was die Zuschauertribüne angeht, gespickt. Schade nur, dass dem Plot noch ein Hauch von Unwichtigkeit für das Star-Wars-Universum umschwebt. Das liegt einmal an manch grausamen Videospiel-Sätzen, die dem Hosenscheißer den Plot noch einmal resümieren sollen (Windu sinngemäß: "Du musst die Identität des Angreifers enthüllen, so können wir das Geheimnis der Sith lösen!"). Für gleiche Klientel wurde außerdem ein 10jähriger als Identifikationsfigur auserwählt. Nicht dass ich den Jake Lloyd für schlecht halte, aber er bringt zwei Probleme auf den Plan: noch sehr unkontrollierte Körperbewegungen und unausgegorene Mimik, außerdem einige inhaltliche Schwächen. Da er ja als Held ausgebaut werden muss, nimmt Qui-Gon den kleinen Furz natürlich zum Aufstand nach Naboo mit - logisch, wird ja auch nicht gefährlich werden. Außerdem ist der Altersunterschied zu Padme auch nicht ohne. Ein älterer Anakin hätte den Film wohl sehr zum Guten geholfen...
Star Wars: Episode II - Angriff der Klonkrieger
USA: 2002, R: George Lucas
DVD, Synchro
Michse verärgert sein.
Also dieser Film ist nun ganz verzwickt - an vielen Stellen wirkt das ganze wie ein CGI-Schwanzvergleich, eine perverse Demonstration des State of the Art der SFX. Der Plot wird völlig unterbetont, die Dialoge sind absolut unterirdisch. Gut, sie erfüllen manchmal ihre Funktion und wirken in ihrer brachial-kitschigen Ausladung durchaus auf einer emotionalen Ebene. Gleichzeitig schüttelt man den Kopf ob der gewählten Trivialdialoge, die Softpornofeeling a la Crime&Sex versprühen.
Wenn es mal wirklich an die Grundsubstanz von Star Wars geht, und das ist der Kampf und die Ikonisierung von Gut und Böse, dann zieht Herr Lucas den Schwanz ein. Das Tusken Massaker hätte ein Kracher werden können (eine überladen-bildliche Symbolisierung des Bösen), hingegen nervt uns der Herr Regisseur mit seinen inszenatorischen und inhaltlichen Unzulänglichkeiten: politische Kindergespräche um Demokratie und Tyrannei, unsägliches Rumgeheule von Christensen, absolut unangemessene Reaktion von Portman auf die Information, ihr Stecher habe gerade ein ganzes Dorf niedergemetzelt (nach dem Motto "Das interessiert mich nicht...")! Dafür gibt’s ein nettes Endsegment, wozu weniger der Beginn der Klonkriege gehört, der in einer übertrieben gesättigten Rot-Ton-Wüste stattfindet (IMO ein absoluter Farbfehlgriff), sondern eher Yodas Kampf mit Dooku... und den finde ich immer wieder überwältigend. Und auch alle darauf folgenden Sequenzen, wie das Gespräch Dookus mit dem baldigen Imperator oder der Abflug der Klonkrieger unterlegt mit dem Imperial March, sind erste Sahne. Der Rest des Films eher nicht...
Noch was zu C-3PO - der hat einige denkwürdige Oneliner ("Maschinen kreieren Maschinen - wie pervers!"), allerdings wird sein Oneliner-Potential eindeutig überreizt!
Star Wars: Episode III - Die Rache der Sith
USA: 2005, R: George Lucas
Kino, Synchro
Michse ganz überwältigt sein.
Überwältigung ist nicht nur positiv konnotiert, das bitte ich zu bedenken. Nachdem der obligatorische Einführungs-Text im Weltraum verschwunden ist, ein Kameraschwenk nach unten, gefolgt von einer der atemberaubendsten CGI-Plan-Sequenzen ever - überwältigend ohne Frage, trotzdem hatte ich Angst vor einem Effekte-Overkill bei gleichzeitigem Untergang des Plots. Plötzlich Schnitt in die Cockpits. Anakin und Obi-Wan. Der eine gut gelaunt, der andere eher lakonisch ob seiner Flugangst. Neckische Kommentare gehen hin und her. Zwei Helden, über die man schmunzeln kann - völlig unerwartet. Dann kommen die Droiden ins Spiel: lustige Geräusche, doofe Kommentare, freundschaftliche Streitgespräche, Piepsen und "oh-oh" beim "Ableben". Vollkommene Ironisierung und Übertreibung ihrer "menschlichen" Eigenschaften, die Lucas mit "Roger! Roger!" in Episode I kindergerecht eingeführt. Selbst R2-D2 hat keinen Respekt vor diesen Witzfiguren - völlig unerwartet. Schien mir fast wie eine Entschuldigung von Lucas, denn er demontiert hier selbst seine schwachen Droiden als schwache Droiden, die er in Episode I als ernsthafte (Kinder-)Figuren gezielt etablieren wollte, die aber doch keiner ernst nahm. Auch das scheint er mir durch die amüsant-übertriebenen Slapstick-Einlagen zu reflektieren. In diesem ganzen Komödien-Beginn, der durchaus Charme hat (ja, das erste mal Charme in der neuen Trilogie), mag die Köpfung von Count Dooku (der ersten von Palpatine geplanten Hinführung zur bösen Seite der Macht) nicht ganz reinpassen. Nach diesem Beginn, der schon fast etwas Fremdkörperhaftes an sich hat, geht der Film nach unten - damit meine ich nicht die Qualität, sondern die Stimmung. Das war eine spiralförmige Inszenierung zur anderen Seite der Macht, die ich dem Lucas so nicht zugetraut hätte.
Endlich wird es IM Bild böse - und fast jegliches Kleinkindelement ist getilgt. In Episode I und gerade II waren die Bilder mehr oder weniger von einer Selbstzweckhaftigkeit geprägt. Nun werden sie mehr zur Projektionsfläche des Urkonflikts schlechthin, ohne übermäßige Spielereien. Ich will jetzt auch nicht mehr zuviel sagen (weil ich nicht spoilern will, und ich meine Eindrücke erst nach einer zweiten Sichtung richtig sammeln kann), nur: Der Imperator ist eine coole Sau, Yoda ist eine coolere Sau, Anakin ist ein verkohltes Etwas, Padme ist eine tolle Mutter....
Wermutstropfen: Mal wieder wollte man bei den Lichtschwerterduellen neue Maßstäbe setzen - leider wird dabei nicht mehr an das menschliche Auge gedacht, welches nun einmal einer gewissen Trägheit unterworfen ist. Schade!
bekay
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#93
Geschrieben 20. Mai 2005, 00:19
USA/BRD: 2000, R: McG
DVD, OmU
Hier ist sich niemand für nichts zu schade - in halsbrecherischer Werbeclipästhetik werden Material Art, Bullet Time, Titten, Tanzeinlagen, Explosionen und anderes wirres Zeug eingefangen. Das Bild wird vor- und zurückgespult, nach oben und unten gezerrt, gedreht, gewendet, manipuliert, eingefroren, und am besten noch alles gleichzeitig. 3 Schauspielerinnen sind sich nicht zu schade, 3 Mädels zwischen Emanzipation und Amöbe zu spielen, und gehen ab wie Bohne. Die 3 Engel wiederrum sind sich im Film für nichts zu schade. Ihre Rolle besteht darin, andere Rollen zu spielen - gängige Länder-, Geschlechter- und Berufsklischees werden mit viel Spaß am Verkleiden beispiellos dargestellt. Abartig-dröhnende Populärhits werden mit dem alten Engel-Thema gemischt. Es geht einfach Alles. Best of Populär-Kultur, ohne Anspruch, aber sehr ansprechend...
Bläst einem die Synapsen aus dem Gehirn, aber wenigstens schmoren einem die Schaltkreise mit viel Spaß an der Freude durch!
bekay
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#94
Geschrieben 17. Juni 2005, 00:58
Australien/USA: 2001, R: Baz Luhrmann
DVD, OmU
Okay, Inszenierung und besonders Montage manchmal etwas zu übertrieben eingesetzt. Die Bilder sind wie MG-Salven, das kann für kein kognitives System gesund sein beeindruckend ist das bunte Treiben aber alle Mal...
Interessant ist vielmehr die narrative Struktur, die 4 Ebenen aufbaut. Schon das 20th Century Logo ist eine schlechte Projektion auf einer Leinwand hinter einem geöffneten Vorhang, vor der ein Dirigent gestikulierend steht. Schon wird, ganz im modernen Sinne, die feste Diegese durchbrochen, das Bild hinterfragt, als eine "Show" entlarvt. Dann erzählt Toulouse von einem Jungen (1. Ebene). Wir sehen nun diesen Jungen, Christian, wie er im schäbigen Hotelzimmer sitzt (2. Ebene). Also schon hier haben wir die Erzählung in der Erzählung - und wissen schon gar nicht mehr, welchen der Bilder wir glauben sollen. Christian nun aber erzählt auf einer dritten Ebene die eigentliche Geschichte, seine Geschichte (3. Ebene). Nun, hier angelangt, scheint sich eine klassische Diegese aufbauen zu wollen. Aber nein, eine 4. Ebene tritt hinzu, das Schauspiel, die Show, die Tanzeinlagen, die im Moulin Rouge stattfinden. Hier nun zeigt sich ein interessantes Potential - was hier wirklich Plot ist, oder nur inszenierte Showeinlage wird ununterscheidbar. Plötzlich wird nicht mehr nur auf den Bühnen in der 3. Ebene gesungen, sondern 3. Ebene selbst wird zur großen Bühne. Somit wird der Plot der 3. Ebene oft mit einer künstlichen Inszenierung (dessen Inszenierungscharakter schon allein deutlich wird durch die referrentielle Songauswahl) vermischt, bzw. selbst zu einer. Gegen Ende hin wird außerdem der Plot der 3. Ebene in Christians Theaterinszenierung gespiegelt, was zu tollen Brüchen und Harmonien in der Narration führt. Luhrmann hat so schlussendlich wieder eine Künstlichkeit eigener Art geschaffen - klassische Erzählung und reflexives Theater. Ach, und eigentlich gehts um Liebe und so. Allerdings konnte ich mich auf die emotionale Ebene nun wirklich nicht mehr konzentrieren. Man hat bei der ersten Sichtung genug an den Bildern und der Struktur zu knabbern...
bekay
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#95
Geschrieben 18. Juni 2005, 00:31
A Chinese Ghost Story
HK: 1987, R: Siu-Tung Ching
DVD, formidable deutsche Synchro
Nach dem nun schon einige Forenmitglieder ihre Begeisterung kundgetan haben, will ich dem in nichts nachstehen. Einfach nur die schönste Liebesgeschichte schlechthin, da so schlicht und herzergreifend naiv. Dazu gibts noch Power-Rangers-Gekloppe (hoch 9 + viel cooler), wunderschöne Musik und massig Wind aus Riesenventilatoren bis die Haare und Gewänder richtig fett flattern. Geil. Die Sichtung des Films hat in mir wieder diese unbändige Faszination für diverses Asiagedöns geweckt. Mittlerweile müsste man mich schon so weit kennen, um zu wissen, dass mein gesehener Filmkanon eher beschränkt ist. Mit dieser Faszination spiele ich eher auf eine pubertäre Phase an, in der auf Vox und Konsorten immer das Nachtprogramm nach asiatischen Mainstream-Produkten (häufig Jet Li...) abgesucht wurde. Und wenn man fündig wurde, dann wurde sich der heiße Scheiß reingezogen - und trotz dieser unglaublich doofen Schauspieler und klischeebeladenen Geschichten kam Freude ob des Sichtbaren auf. Es ist diese grundfeste Naivität gepaart mit total durchgedrehter Seil-Action (die so unglaublich gut eigentlich nur über ein bisschen Artistik und sehr geschickt-schnelle Schnitte entsteht), die mir große Augen machten. Heißhunger auf diesen völlig unamerikanischen "Way of Movie", der beispielsweise mit so einem völlig anderen, dynamischen Konzept von Action hantiert. Ich muss mir mal ein paar Filme aus dieser Ära bestellen
bekay
Lasst es winden...
#96
Geschrieben 20. Juni 2005, 12:16
USA: 2004, R: Michel Gondry
DVD, OmU
Ganz schöner kleiner Film mit toller Besetzung (ich glaub, ich bin totaler Kirsten Dunst Fan) und ohne aufdringlichen Hochglanzlook (liegt aber wohl auch am winterlichen und trostlosen Setting allgemein). Und so kriegen wir eine herzallerliebste Liebesgeschichte gekoppelt mit einer Generalabrechnung menschlicher Moral - funktioniert wunderbar! Es ist vielleicht zu sagen, dass der Mittelteil, der sich ja zu großen Teilen in Joels Traum/Vorstellungen abspielt, arg verwirrend ausgefallen ist. Zu großen Teilen wird das wohl auch auf den O-Ton zurückzuführen sein - da haben ja ständig mehrere Personen gleichzeitig gequasselt. Zu allererst könnte man meinen, dass hier wieder die filmische Morderne ausgebrochen ist, weil sich diegetisch-objektive Bilder (außerhalb Joels Traum) und Joels Imaginationen vermischen - aber bei genauerer Betrachtung, kann man diese Ebenen eigentlich eindeutig voneinader unterscheiden. Viel interessanter ist da, dass man die imaginäre Ebene wieder in zwei Dimensionen unterteilen kann - denn obwohl man weiß, dass das, was da zu sehen ist, nur in Joels Kopf existiert, sind es doch auch Erinnerung an die Beziehung mit Clementine - somit sind in diesen Bildern auch Informationen über die diegetische Ebene decodiert. Das maht das Sehen und die nachträgliche Konstruktion des Plots, der an sich die schwierige, auch bezaubernde Beziehung von Joel und Clementine thematisiert, höchst faszinierend. Wunderbar!
bekay
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#97
Geschrieben 24. Juni 2005, 08:20
Mexico: 2000, R: Alejandro González Iñárritu
DVD, Synchro
Irgendwie geht mir diese halbe Pathologie auf den Sack - das ganze bleibt mir ZU deskreptiv in seiner schonungslosen Beschreibung der Zustände. Klar, Gründe liegen tiefer, sind historisch - das ist schwer darzustellen. Trotzdem, der Film ist irgendwie nicht Fisch, nicht Fleisch! Er war schon ganz nett, auch optisch schön anzuschauen, obwohl ich die Farbfilterwahl nicht gerade besonders befriedigend empfand. Aber es gab so einige Sachen, die mich gestört haben: Kein einziger Sympathieträger (ich weiß, das sollte wahrscheinlich so sein - aber ich brauche nu mal einen); trotz der Aufteilung in 3 Akte, kommen gerade im ersten ständig Szenen mit den Charateren der letzten Beiden - wirkt inkonsequent ... ich frage mich, ob man die narrative Struktur nicht hätte anders lösen können; nette Metaphorik, mit dem Zusammenkrachen der Autos auch dass der Schicksale zu verknüpfen, aber musste die Szene gerade den Beginn so gekünstelt reißerisch-provokativ gestalten; der 2.Akt ist auf GZSZ-Niveau und dazu unerträglich - wie auch der ganze Film etwas zu lang geraten ist, jedenfalls für das, was er sagen will: ist ja alles ganz schrecklich. Und wo ich die Liebe, die ja der Aufhänger des Films ist (Werbezeilen etc.), finden soll (oder eben nicht), ist mir auch unerklärlich...
Da war eine Szene, die mir dann aber wirklich imponiert hat: Gegen Ende, als der abgerichtete Hund die anderen Hunde El Chivos "ermordet" hat - dann schien mir das auch eine sehr starke und raffinierte Symbolisierung der bestialischen Natur des Menschen ... ich weiß jetzt bloß nicht mehr, wie ich darauf kam!
bekay
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#98
Geschrieben 24. Juni 2005, 09:26
USA: 1994, R: James Cameron
DVD, Synchro
Also gut - der Film macht einfach richtig Laune. Absolut überzeugende Action, die der Cameron hier abfeuert. Die Knallsequenzen haben sogar ein gewisses Maß an Selbstironie. Das kann man von dem Plot nicht behaupten - hier geht es uramerikanisch zu. Fast-Food-Ideologie en masse! Arnie ist ein talentierter und begabter Geheimagent im Dienst der USA, der böse Terroristen jagt (und die sind eben auch einfach böse - wie z.B. die Achse des Bösen - das Feindbild ist von Anfang so glasklar wie unspezifziert)! Fremdsprachen werden nicht zum kulturellen Austausch gelernt, sondern um vor verdächtigen Öl-Scheichs die Fassade aufrecht zu erhalten. Er hat ein Ein-Familien-Haus im sonnigen Vorort, mit - wer hätte das gedacht - einer Familie darin. Der Hausfrieden bröckelt, ist der gute Arnie doch nie zu Hause - aber er muss ja auch die Welt ergo "the USA" retten. So begibt sich die frustierte Hausfrau Lee Curtis auf ein Abenteuer - eine Affäre mit Schleimer Paxton. Nun begeben wir uns in die Tiefen amerikanischen Bürgertums. Wie kann es Paxton nur wagen, Arnies Hausfrau zu verführen, und dabei nicht einmal Amerika dienen, denn er verkauft ja nur Autos? Klar, das muss gelöst werden - und so darf Arnie das bürgerliche Ideal retten, und nebenbei beschützt er die Welt vor bösen Terroristen. Ein echter Amerikaner schafft beides - nein, für einen echten Amerianer ist beides das gleiche... die heimische Stube und die Welt, da gibt es keinen Unterschied! So wird das einzig subversive Moment im Film, der Herr Paxton, getilgt. Hätte gar nicht sein müssen, den Lee Curtis war sowieso Hausfrau genug, um der Affäre im brenzligen Moment zu widerstehen - sie konnte ihren Mann eben einfach nicht betrügen, wie goldig. Und so geht es weiter: Alle Register werden gezogen, jedes militärische Gimmick schamlos ausgenutzt, um die Welt in Schutt und Asche zu legen ... so lange die Terroristen dabei dran glauben. Beängstigend wie der Film in die Zukunft geschaut hat und den Habitus und Weltanspruch eines Bushes vorrausgreift.
Die geradezu wunderbare Metapher des Atombomben-Kusses ist dann auch Burger und Fritten pur! Sie heißt in etwa: "Länder zuzubomben ist für uns eine ganz persönliche Angelegenheit!"
bekay
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#99
Geschrieben 30. Juni 2005, 15:17
USA/Ger/It/UK/Nl: 2002, R: Martin Scorsese
DVD, Synchro
Unterhaltsam ist der alle mal, aber wird seinem Anspruch irgendwie nicht gerecht. Denn das ist das Problem eines Historienfilms, er will uns lebendige Geschichte vermitteln, dazu gehört auch, uns mit gewissen wirtschaftlichen, politschen und religiösen Ursachen vertraut zu machen. Scorsese betreibt allerdings reine Diagnostik, er beschreibt eine Zeit. Das funktioniert an sich gut - Ausstattung, Settings und Kostüme sind beeindruckend. Der Rest nicht - Figuren handeln, weil sie eben so handeln ... zuerst wird eine Vater-Sohne-Beziehung zwischen Amsterdam und Butcher aufgebaut - und die wird ohne Umschweife wieder zerstört. Das Handeln der Figuren ist unklar - baut Amsterdam die Dead Rabbits aus einer sozial-religiösen Überzeugung wieder auf, oder nur aus Rachegelüsten? Warum flippt am Ende des Films plötzlich der Mob aus ... auch so eine Entwicklung, die im Film sogut wie nie angedeutet wird - und dann plötzlich über uns kommt. Samt scheinbar historisch genauer Rekonstruktion dieses kleinen Aufstandes. Ich fand die Angabe der Straßennamen etc. vollkommen unnötig und überfordernd. Es wirkte wie ein Wink mit dem Zaunpfahl "Schaut mal, wie dolle wir in die Geschichtsbücher geschaut haben"...
Viele Plot-Fäden werden gesponnen, einige nie zu Ende geführt, einige unmotiviert und absolut unklassisch, aber wenigstens zu einem Ende geführt. Und dass der Film klassisches Epos sein will, macht er von Anfang an klar ... seit dem etwas unnötig hippen (gräßliche MTV-Montage und grausame - im Sinne von unpassende - Musik) Gang-Bang zu Beginn. Der Film baut u.a. beim Zuschauer die Erwartungshaltung auf, eine Wiederholung des Kampfes am Schluß zu sehen. Dass dies nicht passiert ist sträflich. Ich könnte mich Stunden weiter aufregen. Der Filminhalt ist qualitativ höchst schwankend. Erschwerend kommt eine DiCaprio-Erzählerstimme aus dem Off dazu, die das Geschehen pseudo-wichtig kommentiert - und uns keinen Einblick in den Charakter von Amsterdam gibt, sondern auch nur beschreibt.
Verhext ist es natürlich, dass Herr Ballhaus zur ungenügenden Geschichte Bilder zaubert, denen man sich schwerlich entziehen kann, und der komplette Cast (samt Leo und Diaz, zu Day-Lewis muss man ja nichts mehr sagen) verdammt überzeugende Leistungen bietet!
Sehr durchschnittlich, aber nett anzuschauen....
bekay
Gang-Bang
#100
Geschrieben 03. Juli 2005, 01:28
USA: 2005, R: Christopher Nolan
Kino, Synchro
Erstens: Ich mag Kino nicht so sehr ... diese riesige Leinwand, diese schrecklich schnellen Schnitte, dieses taktile Hämmern der Bilder. Nein, ich gehöre nicht zu der Fraktion "den muss man im Kino gesehen haben", denn vom Kino krieg ich nur Kopfschmerzen, mehr nicht. Die Erfüllung ist der Film auf einem mittelgroßen Fernseher, auf dem man den Überblick behält und nicht so pervers beansprucht wird...
Zweitens zum Film selbst: Beeindruckend, ohne Frage. Sehr düstere Interpretation des dunklen Ritters... Bale spielt ihn beängstigend ernst und knallhart, ohne unnötige Gimmicks (wie Burton oder Schumacher, die ich hier - Schande über mich - in einen Topf werfe), eben einfach pur! Die Konzentration auf die gesamte Entwicklung des Charakters UND Symbols "Batman", samt Entdeckung der Höhle oder Erprobung des Kostüms etc., bedingt diese Purheit ungemein. Es gibt einige ehrwürdige Einstellungen mit dem Flattermann, die Gänsehaut bereiten. Gut finde ich auch, dass Bruce Wayne immer mehr zur eigentlichen Maske ausgehöhlt wird, was schon mit dem symbolischen Verbrennnen der Brieftasche beginnt und in seiner Ausbildung fortgeführt wird - und schließlich darin mündet, dass Alfred ihm sagen muss, wie man sich als Milliardär-Playboy eben so verhält. Natürlich alles unter Eingeständnissen in Form von Klischees und One-Linern an das Hollywood Kino - jedoch völlig verkraftbar bei diesem Film! Die Gegner sind etwas zu kleinlich geraten, könnte aber auch nur Gewöhnung an die alten vier Filme sein.
Gotham City als urbane Hölle war wohl das beste an dem Film für mich - sehr viel realistischer geraten als diese expressionistischen Gotik-Konstruktionen vorher und als passend empfunden. Darüberhinaus tummelt sich ein gut aufgelegter und prominenter Cast durch die hauptsächlich exzellenten Inszenierungen, dass man nur staunt - Gary Oldman als Gordon, Michael Caine als Alfred, Morgan Freeman als Lucius Fox. Nur einige Action-Sequenzen verlieren sich mal wieder im Chaos, das durch Schnitt und wilde Kameraführung Schwindel in meinem Kopf auslöste. Hier muss man sich langsam mal fragen, was das beweisen soll - weder der Status Quo der Technik oder Choreographie, noch die Fertigkeiten des Kameramannes oder Cutters schneiden dabei sonderlich gut ab. Dies propagiert einmal mehr, dass sich der Hollywood-Action-Film von heute durch Unübersichtlichkeit der Kämpfe auszeichnet, und dass dies auch noch postiv, zeitgemäß, hip und sowieso "viel näher am Geschehen" sein soll. Es enttäuscht mich dann doch immer wieder, dass sich kein Film von dieser Unart befreit...
bekay
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#101
Geschrieben 18. Juli 2005, 02:24
Hat mich einfach nicht angemacht. Übertriebene Inszenierung, die stellenweise sehr gut aussah... konnte mich aber im Herzen nicht berühren.
Der Koch, der Dieb, seine Frau und ihr Liebhaber
Wirklich schön anzuschauen. Der symbolisch-künstliche Charakter des kompletten Films, der natürlich besonders durch die Kulissen evoziert wird, feiert die Sinnlichkeit und verurteilt die Dekandenz. Michael Gambon spielt den Dieb herausragend... so herausragend, dass seine Demütigung und sein Tod eine ungeheure Erleichterung für mich darstellten.
Akte X - 2x01-2x04
Sehr gut, besonders im Vergleich zur ersten Staffel. Die Beziehung zwischen Mulder und Scully ist sehr emotional. Die Beiden befinden sich in einer ständigen Gefahrensituationen, da sie schon "zu viel" wissen. Die Themen der Folgen sind äußerst offen und kontrovers geraten und kritisch gegenüber Poltik, Regierung etc.
Ritter der Kokosnuss
Irgendwie nicht mehr so lustig, aber trotzdem nett.
bekay
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#102
Geschrieben 21. Juli 2005, 10:03
USA: 1936, R: Michael Curtiz
TV
Der war richtig schön zum ersten Mal "soetwas" geschaut. Mir hat die an einigen Stellen exzellente Kamera gefallen, Karloff als tragische Figur war großartig und die Botschaft kam an: Wissenschaft sollte gewisse Grenzen nicht überschreiten. Hier wurde zwar explizit mit dem Bezug auf die Machtsphäre Gottes gearbeitet, aber (heute) implizit kann man dabei genauso die ethische Bindung lesen, die natürlich auch eine sehr ambivalente ist, wie der Film zeigt.
bekay
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#103
Geschrieben 21. Juli 2005, 10:56
USA/Kanada: 1994, R: Diverse
DVD, OmU
2-05 Unter Kontrolle (Duane Barry)
Diese Folge ist "Akte X". Sie ist jedenfalls das, was ich immer mit Akte X verbunden habe. Sie steht emblematisch für meine Faszination und Angst. Mann, als ich die zum ersten Mal gesehen habe - das war auch schon zehn Jahre her - hat diese Folge Schockzustände inkl. Wahnvorstellungen ausgelöst. Da laufen einfach Außerirdische durchs Bild und behandeln uns Menschen wie Laborratten. Ich wollte die Folge zuerst nicht gucken und habe sie vor mir her geschoben. Mein Bruder musste mitschauen - wie sich herausstellte, war diese Vorsichtsmaßnahme nicht nötig. Andererseits: Zu zweit is eben meistens nicht so spannend wie alleine. Aber hören wir auf mit den Spekulationen und kommen zu den Fakten: Die Folge hatte neben den Little Green Men in schlechten Anzügen und doofen Masken, die ihre Hände besonders gern und grundlos an allerlei durchsichtige Folie halten, andere Qualitäten zu bieten. Spannungsaufbau top, erstklassige Charakterisierungen. Bei den großartigen Leistungen der Schauspieler fällt auch meist das etwas kleine Serienbudget, das sich auf Inszenierung und Ausstattung auswirkt, nicht so auf.
2-06 Seilbahn zu den Sternen (Ascension)
Fortsetzung zu "Unter Kontrolle". Scully "musste" entführt werden, da Gillian Anderson schwanger war - die arme Frau wurde in den vorherigen Folgen auch nur noch in Nahen und, wenn in (Halb)Totalen, in einem ungewöhnlich voluminösen Mantel gezeigt. Die ganze Verschwörungsstory kriegt richtig schön viel Feuer. Es gibt keinen Zweifel - eine unheilige Allianz zwischen hohen Regierungsfuzzis und Aliens. Krycek wird als aalglatter Arbeiter für die Verschwörung entlarvt. Skinner bekennt langsam Farbe, bleibt aber trotzdem höchst ambivalent. Mulder darf zeigen, was ihm Scully bedeutet - und das macht er auch ganz gut.
2-07 Drei (3)
Seine erste "X-File" ohne Scully. Recht konfus geraten. Man hat den Vampir-Mythos in die Moderne übersetzen wollen. Zuerst hatten sie nur Spaß am Bluttrinken, dann wurden sie aber irgendwie, irgendwo doch zu Vampiren - ach, die Folge war blöd. Sie hat besonders unter der Anwendung eines klassischen Hollywood-Schemas gelitten. Jetzt, da Scully weg, kann sich Herr Mulder als männlicher Held ja gleich die weibliche - und zutiefst tragische, in den Fall verwickelte, aber doch unschuldige - Figur krallen und durchpimpern. Widerwärtig, das ist nicht Akte X, dieses schmachtende Liebestüdelü "Hach, ich leide unter dem Verlust" "Hui, ich hatte ne traurige Vergangenheit" "So, wir brauchen jetzt menschliche Wärme" *fick*
Am Ende kommt es, wie es kommen muss: Sie opfert sich und Mulder durchlebt zum dritten Mal - nach Schwester und Scully - das Trauma vom genommenen Mädel...
bekay
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#104
Geschrieben 25. Juli 2005, 01:02
Italien/Frankreich: 1963, R: Federico Fellini
DVD, OmU
Ich weiß nicht, wo ich anfangen soll. Ich weiß nicht, was ich schreiben soll. Ich will aber trotzdem irgendetwas sagen. Aber was? Ganz nüchtern betrachtet, habe ich den Film nicht verstanden. Auf der anderen Seite - das hat der Film sich ja auch zum Konzept gemacht. Also habe ich ihn vielleicht doch verstanden? Naja, soweit würde ich nicht gehen - aber klar ist: Guido versteht sich ja noch nicht einmal selbst, er steckt in einer Schaffenskrise, ausgelöst durch eine Lebenskrise. Der Film ist hochgradig selbstreflexiv - Guido, ein Regisseur, der versucht (s)ein Filmprojekt zu verwirklichen, aber dabei einer Reihe von unüberwindbaren Problemen entgegentritt: man erwartet von ihm ein "logisches", nicht von nostalgischen und leeren Symbolen zugestopftes Drehbuch (dieser aufdringliche und normative Aspekt wird wunderbar von einem pseudointelektuellen Filmkritiker, der nur seine selbstverliebten Reden glaubt, exemplifiziert), die katholische Kirche will ihm auch Grenzen setzen, der Produzent hegt natürlich auch gewisse Interessen bezüglich seines Geldes und die Schauspieler wollen ihre Rollen schließlich verstehen. Guido fühlt sich von allen Seiten unter Druck gesetzt - die Anfangssequenz bringt dies durch die klaustrophische Situation und die beißenden Blicke deutlich zum Ausdruck. Den Beginn halte ich mittlerweile für eine der besten Filmsequenzen überhaupt. Seine unglaublich gut inszenierte "Erlösung" samt Fall macht das Programm des Films schon von Anfang an klar.
Guido sucht (erst einmal) künsterlische Freiheit - der Film ist allerdings nicht nur eine Projektionsfläche für die Krise eines Künstlers. Sein ganzes Leben gerät aus den Fugen. Er hat eine Affäre, seine Frau gibt ihm zu erkennen, dass sie von seinen Lügen und der Kraft und Leichtigkeit, mit derer er sie aufrechterhält, genug hat. Guido will einen aufrichtigen Film machen, der die Wahrheit über sein Leben und Denken erzählt. Bruchstücke aus dieser Wahrheit, wie Szenen aus der Vergangeheit oder Träume von seiner Muse Claudia (die Cardinale ist einfach nur ), werden kunstvoll in die episodenhafte Erzählung eingeflochten. Ob diese imaginiert sind oder innerfiktional - vielleicht schon Szenen aus seinem (vielleicht? abgedrehten) Film - bleibt unklar ... ununterscheidbar. Aber bevor er sein Projekt verwirklichen kann, muss er mit sich selbst ins Reine kommen, d.h. sich eingestehen, dass die Suche nach dem Sinn des Lebens eben das Ziel ist. Es gibt kein Abschließen, kein fertiges Rezept - die letzte Wahrheit ist die Suche nach ihr. Das ist 8½...
Life is a holiday. Let us live it together.
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Edit: mit fiel gerade noch eine gute Differenzierung für das Gesamtkonzept des Films ein - Guido ist gespalten, er verhält sich höchst ambivalent. Die Suche nach Wahrheit will er scheinbar nur in seinem Inneren vollführen (Szenen mit Claudia, sein fragmentarisches Drehbuch, das öfter negativ erwähnt wird, das Gespräch mit einem Geistlichen im Schlammbad) - nach außen hin handelt er anders und so in gewissem Sinne falsch (für Claudia hätte er keine Rolle, sein Film wird scheinbar Science Fiction - samt allen Implikationen, vor dem Kardinal macht er seinen Punkt nicht klar).
#105
Geschrieben 25. Juli 2005, 23:53
USA/Kanada: 1994, R: Diverse
DVD, OmU
2x08 An der Grenze (One Breath)
Mal eine Folge ohne das Böse, ein Monster, eine Mutation oder Aliens. Hilft der Serie auch, einmal aus ihrem Schematismus herauszukommen. Interessante Abwechslung - wichtig war die Folge allemal für den Mythologie-Handlungsstrang. Scully is back, weiß aber nicht, ob sie leben oder doch lieber die olle Spielverderberin sein soll, die sich ins Jenseits verpisst. Die Metaphorik des angebundenen Bootes, auf dem sie recht gelangweilt rumhockt, ist jetzt nicht sonderlich kreativ, hat aber alle mal geholfen, ihren zwischenweltlichen Zustand zu verbildlichen. Skinner erzählt Anekdoten aus dem Vietnamkrieg, weil sich Vietnam zum Anektoden-Erzählen immer trefflichst eignet - naja, das war etwas zuviel der Klischees, die diese Folge auffährt. Trotzdem war es eine gute. Das erste persönliche Zusammentreffen zwischen Mulder und dem "Cancer Man" war denkwürdig und zentral für die ganze Serie. Der William B. Davis, er hat sich immer heimlich als der eigentliche Held von Akte X gesehen, spielt geradezu göttlich. Und nicht nur hier gibt es gewichtige Momente, die ganze Folge quellt über von Definitionen der Charaktere, ihren Beziehungen und Stellungen in dieser Welt, in der nichts ist, wie es scheint. Toll.
2x09 Der Vulkan (Firewalker)
Sehr mittelmäßig. Erinnert von der gesamten Struktur und Grundsituation an diese Folge der ersten Staffel, mit den Würmern ("Eis"). Jetzt sind es halt Plizsporen. Etwas einfallslos - Parasiten und Paranoia...
bekay
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#106
Geschrieben 28. Juli 2005, 23:33
USA/Kanada: 1994, R: Diverse
DVD, OmU
2x10 Rotes Museum (Red Museum)
Hier wird sehr geschickt mit der Erwartungshaltung gespielt. Meint man zuerst eine "Monster of the Week"-Folge zu schauen - zwar ohne Monster, aber dafür mit einer veganischen Seelenwanderungssekte - entpuppt sie sich gegen Ende als Mythologie-Folge. Chris Carter schafft auch in dieser Story den Spagat zwischen Unterhaltung, Suspense und der moralisch-politschen Seite seiner Geschichte. Das Thema der Experimente an Menschen ist zwar nichts neues, aber die Offenheit der Thematiserung und die Nennung der Schuldigen (Staatsapparat/Regierung) verblüfft mich immer wieder.
2x11 Excelsis Dei (Excelsis Dei)
Nettes Geisterfolge - für den sozialen Unterton sorgt das Thema der Verantwortungslosikeit gegenüber der älteren Generation, die ins Heim abgeschoben wird.
2x12 Böse geboren (Aubrey)
Wohl einer des besten Folgen bisher. Großartige Kameraarbeit (eine unglaublich gute Kranfahrt, schön wacklige Point-Of-View-Einstellungen), Snow hat diesmal sehr gute Musik komponiert. Die Nebendarsteller sind top, die Settings richtig furchteinflößend, die Beleuchtung
Alles in eine wirklich kontroverse Geschichte um die Vererbbarkeit von Mordlust eingebettet, in der genug Freiraum für kompetente und interessante Kommentare seitens Mulder und Scully ist.
bekay
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#107
Geschrieben 05. August 2005, 18:08
&
Godzilla - Kampf der Sauriermutanten (1992)
Scheiße... ganz großer Dreck. Gähnend langweilig. Und diese Pseudogeschichten, die das unterste vom Kaffesatz sind. Klar, darum geht es nicht bei Godzilla. Dem bin ich mir zwar bewusst, wenn aber die Figuren so zweckentfremdet werden, dass sie nicht mehr in eine Geschichte integriert sind, sondern als Scheinkommentatoren eingeführt werden, die immer irgendwo am richtigen Ort sind, meistens allerdings in einer hochgerüsteten Technikzentrale, in der sie immer auf einen großen Bildschirm das Geschehen um unseren Latex-Japan-Zerstörer verfolgen und mit schmerzverzerrten Gesichter zum zwanzisgsten Mal "GODZILLA", "MOTHRA", "WIE SCHRECKLICH" und natürlich "GODZILLA" und "GODZILLA" rufen ... ja dann ist es bei mir vorbei. Was hier an narrativen Unschlüssigkeiten, besonders was Motivation und Konstellation der Figuren angeht, geboten wird, verdarb mir den ganzen Spaß.
bekay
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#108
Geschrieben 09. August 2005, 11:33
USA: 1990, R: David Lynch
DVD, OmU
"How would you like to fuck Lula's momma? 'Cause Lula's momma would like to fuck you."
(the wicked witch)
So ein Lynch ist immer wieder was Besonderes. Der hier macht keine Ausnahme. "Wild at Heart" ist unbestimmbares Kino, das es einem schwer macht, irgendwo eine Bedeutung anzusetzen. Eine Liebesgeschichte? Ja... Ein bisschen Road-Movie? Schon... Ein Fantasy-Film? Auch... Ein Thriller mit Sex&Crime-Elementen? Durchaus. Alles dabei, und dann doch nichts richtig. Das Verschmelzen der Genres und Stile trägt viel zu der einmaligen Atmosphäre von "Wild at Heart" bei. Eine komplexe narrative Struktur, angereichert mit Flashbacks und sehr harten Parallelmontagen, verbindet sich mit Lynch-typischen skurillen Situationen, düsteren Gewalt-Elementen und zuckersüßem Kitsch. Um Verständnis und "Zerredung" kann es bei seinen Filmen eigentlich gar nicht gehen, denn gerade im Nicht-Verständnis liegt die gewisse Magie dieses Universums, welches sich vor unseren Augen entfaltet, ohne sich dabei selbst zu erklären, ohne es zu wollen, ohne es nötig zu haben, denn auch so wirkt die Faszination über die Kraft der Bilder. Aber ich muss mich trotzalledem an ein Verständnis heranwagen. Allenthalben kann nicht soviel schief gehen, schießlich ist ein Lynch offen für viele Zugänge.
"Wild" und "Heart" ist eine wichtige Dichotomie in dem Film. Man könnte auch sagen "Feuer" und "Liebe", vielleicht sogar "Gewalt" und "Kleinbürgertum". Beide Elemente sind nicht so einfach zu trennen, sind zwei Seiten einer Medaille. Wo "Blue Velvet" anfänglich und gegen Ende das amerikanische Familien-Ideal ím bürgerlichen Einfamilienhaus-Vorort zelebriert, und der Mittelteil den Abstieg in die andere, dunkle Seite darstellt, zelebriert "Wild at Heart" gleich zu Beginn Hirn aus aufgeplatzten Schädel. Die Grundsituation ist von vornherein eine andere, eine extreme Zuspitzung Lynchischer Dichotomie. Sailor und Lula also arbeiten sich während des Filmes von "Wild" zu "Heart", entdecken vom Standpunkt des fremden Düsteren, des Gewalttäigen, des Sexuellen das Familiär-Heimische. Sailor als Hommage an die individualisierend-protestierende, amerikanische Jugend-Kultur der 50er, Lula in eine Dorothy-Metaphorik verstrickt. Es gibt viele Hinweise auf "Der Zauberer von Oz", die bildlich interessant verarbeitet werden, zur reinen Narration allerdings nicht viel beitragen. Sie öffnen vielmehr weitere Bedeutungsebenen. Lula als Dorothy ist dabei wichtig. Sie hat sich schon weit entfernt von der "Yellow Bricked Road", dem Weg nach "Emerald City" (vielleicht das bürgerliche Ideal?), wie auch im Film erwähnt wird. Verfolgt wird sie von der "Wicked Witch", kongenial von ihrer Mutter, der Schauspielerin Diane Ladd, in Szene gesetzt. Wenn wir der Vorlage folgen, ist sie also die Böse aus Prinzip...? So einfach ist es nicht bei Lynch, Prinzip steckt zwar dahinter, aber in anderer Art: Marietta hat den umgekehrten Weg genommen - von "Heart" zu "Wild", vom Bürgerlichen in die Gewalt. Wo Lulas und Sailors Liebe zueinander sie gegen das Wilde und Fremde schützt, zerstört Marietta ihre "Lieben" durch die Zuwendung zur anderen, "bösen" Seite, die unserer Vorstellung vom ruhigen, familiären Leben affin ist (jedenfalls in Lynchs Universum). Es ist sozusagen eine Spiegelkonstruktion: "Wild">>"Heart"/"Wild"<<"Heart". Viele Parallelmontagen unterstützen strukturell diesen Aufbau. Eine Richtung wird zum Spiegelbild der anderen, und schweißt beide Seiten aneinander. Natürlich lässt Lynch eine Seite gewinnen, in dem er ein Bild von Marietta (nicht Marietta selbst), welches sich in Lulas Wohnung befindet, verschwinden, geradezu verschmoren lässt. Ihr Einfluss, ihre Wirkungsrichtung ist gebrochen, und somit versperrt nichts mehr dem Weg zu "Love me Tender"! Aber das "Wild" bleibt immer noch erhalten.
Soviel zu meiner Interpretation der übergreifenden Struktur. Der Film bleibt so oder so noch ein Rätsel, mit seinen vielen, kleinen Situationen, die aus dem Rahmen fallen, und den tollen Nebenrollen, alle mit bekannten Gesichtern aus der Lynch-Welt besetzt. So soll es auch bleiben...
bekay
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#109
Geschrieben 10. August 2005, 00:30
USA/Kanada: 1994, R: Diverse
DVD, OmU
2x13 Todestrieb (Irresistible)
Schon die letzte Folge als eine der Besten gepriesen, ist diese wohl ein besonderes Highlight. Auf der Darstellungsseite erfährt die Person des Leichenschänders eine echt beängstigende Dämonisierung - und das meine ich buchstäblich. Er wird von einigen Personen (Leichenbeschauer und Scully) als Dämon gesehen - immer nur für ein paar Augenblicke, dafür umso beängstigender (sehr gute Maske). Diese Bildmetaphorik wird von dem gesamten Inhalt der Folge kontrastiert. Ganz Akte-X-untypisch gibt es keinen paranormalen Hokus-Pokus oder etwas Metaphysisches - (wo wir gerade bei Lynch waren) die Folge schließt mit den nüchternen Aussagen Mulders, dass das Böse, uns Fremde und Unbegreifliche in uns selbst ist, gleich nebenan sozusagen. Eine völlig neue Facette wird hier aufgezeigt, derer sich so nicht besonders oft bedient wurde, noch im Serienverlauf werden wird. Denn Akte X sucht das Außergewönhlich außerhalb des Menschen. Dies ist das Grundkonzept der Serie - auch wenn es natürlich stimmt, dass es nur "wahr" wird, wenn man im Inneren daran glaubt (Mulder...), existieren kann es auch ohne unseren Glauben. So ist diese Folge eine sehr gelungene und tiefgründige Abwechslung.
Auch schauspielerisch sahnig - Gillian Anderson spielt sich die Seele aus dem Leib, um ihren tiefverletzten Glauben in den Menschen und ihre Verwirrung angesichts dieser neuen Facette emotional darzustellen.
2x14 Satan (Satan)
Auch eine sehr gute Folge. Nichts für ungut, auch wenn diese Folge wahrscheinlich ernst gemeint war, habe ich mich doch prächtig amüsiert. Die Mitglieder des Lehrer-Rats als Satansanbeter - köstlich. Diese Ironie bietet genug Holz für die feurige Fantasie von Schul-Kritikern, Anti-Autoritären und Lehrer-Hassern. Eigentlicher Kern ist, dass diese Satansanbeter, ihre Religion wird im Verlauf noch als traditionelle und wahrhaftige Religion z.T. verteidigt, vom Glauben abfallen. Sehr geschickt wird in der Eröffnung mit der Erwartungshaltung gespielt: Der Leher-Rat beschwert sich über Jesus Christ Superstar, und man meint, man hätte es mit erzkonservativen Christen zu tun, und ihr Gebet hätten sie nun auch schon eine Weile vernachlässigt, und müssten es jetzt nachholen. Es wird sich heraustellen, dass besagtes Gebt dann doch nicht mehr als christlich zu bezeichnen ist. Auf jeden Fall kommt Satan vorbei, in Gestalt einer alten, oberflächlich strengen, scheinbar aber gutherzigen Lehrerin. Sie bestraft ihre Schäfchen, und geht dann auch wieder. Alles in allem ein schönes Verwirrspiel, was von der Schuld-Dynamik zwischen Satan und seinen Anbetern lebt.
bekay
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#110
Geschrieben 11. August 2005, 23:25
USA/Kanada: 1994, R: Diverse
DVD, OmU
2x15 Frische Knochen (Fresh Bones)
Nette Vodoo-Folge - schöner Effekt, als aus Scullys Hand son schwarzer Typ rausschlüpft - das hätte sie sicher nicht erwartet...
2x16/17 Die Kolonie 1/2 (Colony/Endgame)
Ja ja, die Zeit der Zweiteiler beginnt. Die zwei hier sind solala. Erstens bringen sie die Mythologie-Handlung nicht sonderlich weiter - es wird zwar einiges verraten. Von wegen, dass Außerirdische unsere Welt kolonisieren wollen, Mulders Schwester lebt - dass alles wird ungewöhnlich unspektakulär inszeniert, und dazu bleiben wichtige Relationen im Dunkel (z.B. Verbindungen dieser Klon-Geschichte mit der Verschwörung und den kleinen Grünen mit großen Köpfen und dünnen Körpern - ihr wisst schon.) Natürlich soll dies ja auch noch nicht verraten werden, aber für das, was hinten bei rum kommt (ein bisschen Verwirrung um einen Virus und grüne Glibber-Flüssigkeit, und neues Feuer für Mulders Suche nach der Wahrheit), hätte auch eine Folge gereicht. Zweitens leidet die Folge an einer ungewöhnlichen Unsubtilität für Akte-X-Verhältnisse - das gilt besonders für diese trashige, grüne Flüssigkeit. Da konnte nur der recht beeindruckende Showdown im Alaska-Eis entschädigen. Und die Einführung von Mulders Eltern kann man auch als sehr gelungen bezeichnen - starke, markante Charaktere. Wie auch schon Scullys Mutti. Nu, wo Mulder und Scully draufsteht, da muss es ja auch drin sein ... genetisch, mein ich!
SPOILER
OK, die Devise nach diesem Zweiteiler lautet: Bau dir deine eigene Mythologie! Der übergeordnete Handlungs-Strang von Akte X ist berühmt dafür, unverständlich, höchst komplex und an vielen Stellen unlogisch zu sein. Also werde ich mir meinen eigenen Roten Faden konstruieren. Das hab ich mir gewünscht, seit ich die Serie kenne
Grundlagen: Außeridische gibts (führen böse Experimente an Entführten durch), Krebskanidat weiß mehr als wie alle zusammen (und ist an einer Verschwörung beteiligt), Mulders Schwester wurde 1973 entführt (und höchstwahrscheinlich rektal untersucht). So weit, so gut. Weiter gehts: Samantha ist zurückgekehrt. Sie wurde angeblich von Klonen aufgezogen, den sog. Gregors. Diese sind angeblich Teil einer Kolonisierungsaktion durch Aliens und selbst auch (rein) außerirdischer Herkunft. Da sie nur Nachkommen identischer Form züchten können, mussten sie sich verteilen, räumlich trennen. Um dieses Manko zu beseitigen (Gründe dafür bleiben schleierhaft), begannen sie mit einer Hybridisierung außerirdischer mit menschlicher DNS. Da die eigentlichen Kolonisten (die Little Green Men) das nicht so gern sehen (unreines Blut etc.), schicken sie einen Bounty Hunter, um die Klone zu beseitgen. Sowohl Klone als auch der Bounty Hunter bestehen aus ziemlich unansehnlichem, grünem Glibber. Doch setzt nur das grüne Zeuch vom Hunter einen Retro-Virus frei, der zu ziemlich unangenehmen Nebenwirkungen wie Blutverdickung und Tod führen kann.
Wie sich heraustellt, ist auch Samantha nur ein Klon unter vielen Samanthas. Inwieweit es sich bei diesen um Hybriden handelt, bleibt unklar. Auf jeden Fall ist ihr Blut nicht rot. Auch bleibt die Frage offen, wie die Hybriden aus "Das Labor" (1x23) mit den (noch unklaren) Plänen der Gregors zusammenhängen oder ob überhaupt. Alle Gregors und Samanthas scheinen in dieser Doppelfolge ihr Ende zu finden.
bekay
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#111
Geschrieben 14. August 2005, 23:57
USA: 1986, R: David Lynch
DVD, Synchro
A candy-colored clown they call the sandman
Tiptoes to my room every night
Just to sprinkle stardust and to whisper:
"Go to sleep, everything is all right."
I close my eyes
Then I drift away
Into the magic night
I softly sway
Oh smile and pray
Like dreamers do
Then I fall asleep
To dream my dreams of you
In dreams... I walk with you
In dreams... I talk to you
In dreams... Your mine
#112
Geschrieben 15. August 2005, 00:19
Japan: 1999, R: Takao Okawara
DVD, OmU
Whoa! Nach den zwei gesichteten Gurken von 1991/1992 (Duell der Megasaurier/Kampf der Sauriermutanten) gibt sich der Post-Emmerich-Godzilla moderner, doch auch anachronistischer als erwartet. Ich war richtig begeistert von der Exposition, die in dunkler Nacht einen Godzilla durch die verlassene, hoffnungslose Dämmerungsstimmung stapfen ließ. Richtig atmosphärisch der Auftritt. Die stellenweise Einbindung in reale Umgebungen gelingt dank Computer sehr gut, Modelle und Latex-Anzug versprühen - trotz oder auch wegen verbessertem Detailgrad - das altmodisches Flair, was auf ungewöhnliche Art in die CGI-Ära gerettet wurde. Gestaunt habe ich über Charaktere und Handlung, die zwar nicht orginell waren, aber so viel Eigenständigkeit besaßen, um sich nicht zur Hure von Godzillas Auftritten zu machen und somit ganz nett alleine da standen. Und wenn am Ende ein quicklebendiger Godzilla Tokyo plättet und der Protagonist meint, Godzilla ist eine Kreation der Menschen und daher in uns allen, wird einem ganz warm ums Herz...
bekay
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#113
Geschrieben 15. August 2005, 00:48
Japan: 2000, R: Masaaki Tezuka
DVD, OmU
Jep, ansehnlich. Auch hier gibt es wieder Figuren, deren Handlungen soetwas wie - man mag es kaum glauben - psychologische Motivation aufweisen, die einen sogar schmunzeln und mitfühlen lässt. Außerdem gibt es ein paar wirklich schöne Einstellungen (z.B. von dem Jungen im Wald), die fast einen eigenen ästhetischen Wert haben. Godzillas - seit letzten Film eingeführtes - neues Kostüm ist echt gelungen. Realistisch und bedrohlich. Sein Kampf gegen Megaguirus ist - trotz einiger mieser Effekte wie "fast"-motion und daraus entstehender Stotter-Bilder - bombastisch und dynamisch ausgefallen. Der Bodyslam war köstlich Und inhaltich besinnt sich der Film mal wieder auf die Verantwortung der Wissenschaft gegenüber der Gesellschaft und wie diese unterschiedlich ausgelegt werden kann.
bekay
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#114
Geschrieben 19. August 2005, 00:26
Japan: 2001, R: Shusuke Kaneko
DVD (RC3 Universe), OmU
Ich bin begeistert. Was für eine Orgie an zertrümmerten Modellbauten und Monsterwrestling! Wo soll ich hier bloß anfangen? Der Film fährt so viele großartige Aspekte auf, die einfach nur Spaß machen. Ja, ganz einfach. Ich wiederhole mich zwar, aber ich muss es nocheinmal betonen: die Charaktere sind besser denn je, die Handlung ist nett und geht nicht unter. Es gibt diesmal sogar richtigen Kitsch. Im Kontext anderer Godzilla-Film ist diese Form der klassischen Narrativität einfach hervorzuheben - allein zwar nicht als etwas Besonderes, aber in Relation gesetzt zu früheren Filmen schon schön. Auffällig dabei: Filmaufnahmen, die die diegetischen Beobachter mal wieder in der technisierten Zentrale (wie in vielen Gojiras: Die Zentrale der Kommentare ) verfolgen, werden in die Narration eingeflochten. Z.B. umkreist ein Hubschrauber mit Fernsehteam den ersten Kampf - die Bilder im Bild kommen nicht von sonstwo und geben dem Beobachter Szenario nicht diesen unrealistischen Kommentator-Touch, der mich bei den Filmen anfang 90 störte.
Auch gefallen: Gojiras Kostüm mal wieder umdesignt. Diesmal klassisch wie im ersten Teil. Etwas dicklich, aber sehr bedrohliche Fratze. Wie sein Äußeres weiß auch sein Handeln zu gefallen. Der personifizierte Alptraum Japans ist bösartiger den je. Hinterlistig und sadistisch trampelt er durch dörfliche Gegenden und urbane Zentren, die nun wirklich selten mehr etwas Modellhaftes an sich haben. Die Panorama-Aufnahmen sind detailiert und die Zerstörungswut dementsprechend explizit dargestellt. Geradezu lakonisch sieht man die Menschen wie Fliegen fallen, von Steinbrocken erschlagen oder gleich von Godzillas Fuß erwischt. Die Bedrohlichkeit und Gefahr Godzillas erfährt in diesem Teil eine dramatische Erhöhung, wie überhaupt die ganze Exposition unheimlich spannend und bedrohlich aufgebaut wird.
Geschichte: Mystik hier, Reporterattitüden da. Alles recht hausbacken und klischeehaft. Verzeihlich. Da der Film als direkter Nachfolger des 54er konzipiert ist, darf man zitieren, was das Zeug hält, und das weite Feld an Typen und Topoi der Reihe plündern. Sogar auf Emmerich wird Bezug genommen. Interessant die Erwähnung, dass Gojira von den Seelen der Gefallenen des pazifischen Krieges genährt wurde. Wie immer mag das die Doppeldeutigkeit dieses Monsters unterstreichen - als Zerstörer und als Mahnmal und Symbol für das Gedenken und die Erinnerung an die unerbitterliche Grausamkeit des Menschen.
bekay
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#115
Geschrieben 20. August 2005, 00:46
Hong Kong: 2002, R: Wai Keung Lau & Siu Fai Mak
ZDF, Synchro
Kurz und knapp: mag die (be)stechende Hochglanzoptik auf der Höhe der Zeit und Technik sein (aber durch ihre Selbstbezogenheit und Künstlichkeit manchmal auch mächtig auf den Sack gehen), weht auf der Story-Seite eher ein laues Lüftchen. Das Potential der interessanten Figuren-Konstellation wird interpersonal zwar wirklich gut inszeniert, zeichnet mir aber intrapersonal zu wenig tiefgreifende Folgen. Die gespiegelte Grundkonstruktion ist klar: ein Polizist bei der Mafia und ein Gauner bei den Polizisten... 2 Maulwürfe, die die Rolle des anderen übernehmen. Anstatt nun mit aktueller und virtueller Identität zu spielen, bleibt der Polizist gut und der Ganove böse. Und das sogut wie den ganzen Film über. Kein Zweifel an der Richtigkeit der Sabotagen an den Systemen, in denen man schon so lange integriert ist. Konventionelle und klassische Rollenbilder, die ungewöhnlich unmoralisch scheinen, weil sie sich kein bisschen mit ihrer virtuellen Identität identifizieren. So kommt das letzte Viertel zwar meinen Wunsch nach dieser Reflexion nach - in dem der Verbrecher zum "echten" Polizisten werden will, dabei aber über Leichen geht - aber eben etwas zu spät. Trotzalledem bleibt der Streifen ein unterhaltsames und gutes Stück HK-Kino, das gerade bei der Inszenierung und Darstellung Kurzweil aufkommen lässt.
bekay
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#116
Geschrieben 21. August 2005, 01:58
Hong Kong: 2003, R: Wai Keung Lau & Siu Fai Mak
ZDF, Synchro
So verdammt gut, dass er mit dem ersten Teil zusammen ein ziemlich meisterliches Epos entstehen lässt. Bitterer Nachgeschmack: der erste Teil allein war für mich eben "nur" gut. Und nun kriegt er durch ausgeklügelte Charaterisierungen, weitläufige Verstrickungen und ambivalente Strukturen nachträglich den Schein zum Meisterwerk. Darf das sein? Darf ein nachträgliches Prequel so heftig in der Suppe seines früher enstandenen Vorläufers rühren und diesen nachträglich so aufpolieren. Klar, dass eine Fortsetzung manchmal(!) sehr gut auf schon vorhandene Strukturen aufbauen kann, darf und sollte, aber darf ein Film später die Strukturen aufbauen, die ein anderer dringend benötigt hätte...
bekay
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#117
Geschrieben 26. August 2005, 10:23
Hong Kong: 1994, R: Jing Wong/Corey Yuen
DVD (Universe RC3), OmU
Ach, bevor der Jet Li sich in westliche Gefilde verzog, da waren seine Filme noch einfach und straight. Als ernster und disziplinierter Shaolin werden seine schauspielerischen Defizite perfekt kaschiert und seine artistischen Fähigkeiten wunderbar betont. Dieser Film enthält für mich einige der besten Kloppereien neben denen in "Once upon a Time in Chine I+II". Hier bleibt kein Körperteil verschont - blitzschnell, originell, artifiziell wird unter der Taktung eines höchst obskuren Schnittes Dresche verteilt. Der Schnitt ist in diesen 90er HKs ja stets ambivalent: auf der einen Seite wird auf das letzte Quentchen Realismus geschissen, und auf der anderen motzen Einstellungswechsel und -dauer die Geschwindigkeit und Beweglichkeit des Martial Arts noch so richtig auf (wenn eben auch auf etwas plumpe Art). Natürlich sollte man das nicht überbewerten - was Jet Li und sein filmischer Sohn (gespielt von einem gewissen Miu Tse, der zu dieser Zeit 10 Jahre alt war) an körperlicher Beherrschung und Seilakrobatik hier aufbringen, ist gewiss auch furchteinflössend und bestaunenswert. Der Plot sagt nicht lange "Nein!" und ordnet sich bereitwillig dem Kampfspektakel unter - Shaolins, Dynastien, geheime Karten, Schätze, Rebellen. Phrasen und Floskeln, damit das fröhliche Gekloppe weitergehen kann. Ähnliches lässt sich für die Figuren sagen, wobei ungewöhnlicherweise mal wieder die grenzdebile und ulkige Mutter am meisten Profil und Facetten hat. Ihr gelten die meisten Lacher. Im Endeffekt ein Film, den keiner braucht, der aber richtig Spaß macht - amüsieren und staunen, ohne den moralischen Zeigefinger und ohne ernsthaften Anspruch. Ganz einfach.
bekay
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#118
Geschrieben 03. September 2005, 01:40
USA: 2005, R: Robert Rodriguez/Frank Miller
Kino, Synchro
Ich will mich kurz halten, denn es ist spät. Dieser Film - viel, zu viel wurde über ihn geredet und gequatscht - ist mit Sicherheit vieles, aber in erster Linie kein Film. Ein Mainstream-Experiment, eine Comic-Verfilmung. Rodriguez macht mit dem künstlerischen Anspruch ernst, Comicbilder auf die Leinwand zu bringen. Und so präsentieren sich die Bilder auch gekonnt künstlich und kalt. Keinesfalls schlecht bei dem Inhalt, der jegliche westliche Moralvorstellung in den Boden stampft, und jegliche westliche Gewaltvorstellung bis zur Zeichenhaftigkeit übertreibt.
Die ästhetische Radikalität von Millers Vorlage, der nur mit schwarz und weiß arbeitete, wird nicht angestrebt. Und nach anfänglichen Besorgnissen über die Graustufen, kann ich nur sagen, es ist besser so. Die 3 oder 4 Einstellung, die Millers Konzept absolut kopieren, sind zwar nette stilistische Reminizens, aber wären durchgängig nur ein Übel gewesen: und zwar die totale Kopie des Comics und somit Wertlosigkeit des Films. Er gewinnt eine gewisse Eigenständigkeit, indem Rodriguez den Comic - in bestimmten Aspekten - filmisch und nicht den Comic einfach noch einmal macht.
Auf ästhetischer Ebene gebe ich mich jedenfalls zufrieden und fühlte mich 2 Stunden unterhalten. Kritik muss sicher erhoben werden: ob nun an den - gottseidank im Gegensatz zur Comicverfilmung gekürzten - Ich-Erzählern aus dem Off, die stellenweise verdammt selbstgefällig und überzeichnet waren, dass es schon schmerzte. Wohl auch der Synchro geschuldet, ist das ein Problem der blinden Übernahme aus der Vorlage, in der die Erzählerperspektive als Kommentar zu den krassen und stillen Bildern noch sehr gut funktionierte. Hier wirkt es dann doch aufgesetzt.
Ich kenne nur den ersten Band der Comic-Reihe - "The Hard Goodbye" - auffällig aber ist, dass genau dieses Filmdrittel unheimlich gehetzt daherkam. Goldie, Marv, Lucille etc. pp. Häckchen, Häckchen. Die zwei anderen Teile waren sehr viel runder. Unterscheiden kann ich leider nicht, ob dies nun ein intrinsischer Mangel der Inszenierung der Episode war, oder aber allgemein ein Verlustphänomen der Comic-Film-Umsetzung. Zweiteres würde z.T. sogar für den Film sprechen. Denn dann hätte er es geschafft, der besonderen Atmosphäre des Comic gleichzukommen, so dass ich länger in diesen eigenwilligen Filmbildern verweilen mochte, weil sie auch etwas von den Comicbildern besaßen. Etwas von Wert...
bekay
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#119
Geschrieben 05. September 2005, 10:02
USA/Kanada: 1994, R: Diverse
DVD, OmU
2x23 Das Experiment (Soft Light)
Auf den ersten Blick war ich etwas skeptisch ob dieser ungewöhnlich auffälligen paranormalen Kraft, die etwas zu sehr Sci-Fi war - der Schatten eines Wissenschaftlers hat Menschen in ihre Atome aufgelöst. Nach und nach war es eher die Inszenierung dieses Verschwindens der Opfer, welches etwas billig daherkam. Ganz anders mit dem Schatten: sonst als metaphorischer Vorbote, dessen was da ins Bild kommen mag, wurde er zu einer materialistischen Bedrohung umfunktioniert, von der selbst die reine Gefahr ausgeht. Das empfand ich dann doch sehr spannend und pfiffig. Das ganze wieder vermengt mit den Machenschaften einer korrupten Regierung - Akte X verwandelt Paranoia in wahre Befürchtungen. Das ist das große Potential der Serie. Sie ist kompromisslos in der Darstellung dessen, was machthungrige Staatsmänner hinter verschlossenen Türen mit unschulidgen Menschen so anstellen. Die Motivation dieser "bösen" Experimente bleibt natürlich unscharf, aber darauf kommt es hier auch nicht an. Das es passiert, das kann man als den kritischen Subtext bezeichnen...
bekay
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#120
Geschrieben 08. September 2005, 22:41
Spanien/Italien: 1966, Sergio Sollima
DVD, Synchro
Ganz großes Kino von Herrn Sollima. Weitab vom "Mainstream" Italo Western (falls es sowas überhaupt gibt...) dreht dieses Meisterstück richtig auf - und braucht sich weder bei Sozialkritik noch Bildkomposition hinter seinen großen Brüdern zu verstecken. Bei Ersterem halte ich den Film sogar für einen sehr starken Vertreter mit Potential. Die Geschichte, örtlich zwischen Texas und Mexiko angesiedelt, schreitet auch inhaltich zwischen Grenzen des Rechts und Unrechts... Gesetz oder gesetzlos? Ein solcher Grenzwandler ist Corbett (ein großartiger Lee Van Cleef) - treibt er eine private Hexenjagd um des persönliches Rachewillens oder ist das Gesetz sein gerechter Begleiter? Über die kritisch beäugte Tatsache, dass Zivilpersonen das Gesetz selbst in die Hand nehmen können (sprich Thematik Selbstjustiz wird gestreift), wird schnell klar, dass dieser abstrakte Begriff frei von korrupten Machthabern gesetzt werden kann. Brockston ist einer von dieser Sorte. Um sein ehrgeiziges und gewinnbringendes Eisenbahn-Projekt voranzutreiben, verkuppelt er seine Tochter mit einem jungen Reichen, der im Besitz wichtiger Ländereien ist. Kinderschänder ist er zusätzlich. Dieser Umstand hält Brockston nicht auf, Corbett auf den unschuldigen Cuchillo (Tomas Milian) zu hetzen, den Sündenbock für eine Vergewaltigung samt Mord. So wird die Eindeutschung "Der Gehetzte der Sierra Madre" ein doppeldeutiger Hinweis. Corbett, und mehr noch Cuchillo, reiten als moralische Sieger unter Morricones Hymne in die Weite. Der Film weiß aber gerade Corbett Risse und Ambivalenzen zu geben. Ein strahlender Held ist hier keiner, entweder wird mit Moral und Gesellschaft gekämpft, oder sie wird gnadenlos sabotiert. Der Cowboy als filmischer Handlungsträger tritt in den Hintergrund - es wird Platz gemacht für seine Einbindung in brisante und sehr zeitgemäße Themen, die noch heute zünden! Die vielfältigen Subtexte als kritische Denkanstöße durchdringen den gesamten Film und finden starke Unterstützung in den schönen Einstellungen und der - wie so oft - großartigen Kitsch-Musik eines Morricones...
bekay
http://www.filmforen.de/index.php?act=ST&f=162&t=4577
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