The Room-Files
#61
Geschrieben 29. April 2003, 18:06
Regie: Peter Segal
Liebes Tagebuch...
Ich sag’s gleich zu Beginn: „Die Wutprobe“ funktioniert ganz und gar nicht. Deshalb werde ich auch im Laufe dieses Textes das Ende und den dort aufplatzenden „Clou“ verraten (müssen). Also jeder, der das Ende nicht wissen will, soll sich beim Lesen gefälligst die Augen zuhalten... ( Was für ein Kalauer!)
Von Anfang an ist bei „Die Wutprobe“ der Wurm drin und ich fragte mich, was man mir da erzählen will? Die Handlung verlief in nicht nachvollziehbaren Bahnen. Recht bald konnte ich wenigstens über die Hälfte der Gags lachen, fragte mich aber immer noch: Was ist Sinn von das? Warum nimmt sich Jack Nicholson den verklemmten und agressionsgeschädigten Adam Sandler zur Brust, zumal dessen Aggressionen, weder begründet werden oder sichtbar sind und sich wie ein vollkommen harmloses Phantom durch den Film schleichen? Ein Loch stolpert übers nächste, dann kommt wieder ein Witz, bei dem man lacht, aber die Basis des Films bietet keinen Grund für die Existenz dieses Filmes.
Dann bin ich bei „The Game“ gelandet. Hier wurde auch die Hauptperson in ein Chaos gestürzt, das sich später als ein großes organisiertes Solches herausstellte, ohne zu ahnen, daß es hier im Endeffekt genau so sein wird. Als dann die (dicke) Katze aus dem Sack gelassen wird und ein achso rührend, romantisches Ende sich über den Zuschauer ergießt, während er andauernd die stigmatisierte Skyline von New York an die Nase gedrückt bekommt, rückt der Film mit seinem „Geheimnis“ raus. Na bravo, es war alles gafaked, nur um Adam Sandler aus der „Krise“ zu holen und alle Fragen, die der Film während des Films offen ließ, scheinen beantwortet. Daß aber ich als Zuschauer während des Films permanent über den unsinnigen Verlauf der Handlung sinierte, wird durch das aufklärerische Ende nicht ungeschehen gemacht.
Nicht, daß der Film komplett schlecht wäre. Es ist viel schlimmer. Er hat teilweise so gute Szenen, so gute Einfälle, und vor allem auch so gute Schauspieler (mitunter auch Adam Sandler), daß es äußest schade ist, daß die Handlung voller Widerhaken ist und sich vollkommen überkonstruierte Klamaukszenen in den Vordergrund drängen.
Na ja! Immerhin habe ich Woody Harrelson recht schnell erkannt. Ansonsten: Für umsonst o. k. !
28:04.2003/20:15 - 22:00 Uhr
#62
Geschrieben 30. April 2003, 11:11
Regie: Juan-Lopez Moctezuma
Liebes Tagebuch...
Wenn europäische Filmemacher einen besonders zwielichten Film drehen wollten, dann war es für sie immer von besonderem Reiz die Handlung in einer namenlosen “Bananenrepublik” irgendwo in Südamerika anzusiedeln. Ein idealer Schauplatz für korrupte Politiker, überfüllte Frauengefängnisse und geheimnisvolle Kannibalenstämme. Daß man den Spieß auch umdrehen kann, zeigt dieser Film. Hier liegt die „Bananenrepublik“ mitten in Europa und wird von einem verlotterten und militarisierten Rechtssystem beherrscht. Die eigentliche politische Ausrichtung spielt (hüben wie drüben) keine Rolle.
Im Falle von „To kill a Stranger“ ist es interessant zu beobachten, wo die Handlung den Film hinträgt, welche Genres er dabei anschneidet und wie überraschend das Ganze endet. Leider wird er trotz guter Vorraussetzung nicht allzu spektakulär. Das niedrige Budget zwingt den Film ganz schön in die Knie und läßt keine Freiräume für inszenatorische Ausflüge. Es steckt viel mehr Potenzial in der Geschichte, als letzendlich im Film. Von Moctezuma’s Erfahrungen beim „Panic“-Theater bleibt nicht mehr viel übrig.
Enttäuschend ist der Film trotzdem nicht. Keine Frage, diese absurde Mordgeschichte kann den Zuschauer bei der Stange halten. Für mehr reicht es aber nicht. Sicher wird sich bei wiederholtem Anschauen recht schnell Langeweile breitmachen.
30.04.2003/09:45 - 11:15 Uhr
#63
Geschrieben 01. Mai 2003, 21:18
Regie: Alejandro Jodorowsky
Une fable panique...
Als ich den Beitrag zu „To kill a Stranger“ schrieb und das „Panic“-Theater erwähnte wußte ich noch nicht, daß mir 30 Minuten später die Briefträgerin ein ganz besonderes Geburtstagsgeschenk machen wird. Ein geheiminsgeschwängerter Film von Alejandro Jodorowsky... Ich wußte, daß ich mich mit einem schwarz/weißen NTSC Bild und französischer Sprache abzukämpfen hatte, aber was tut man nicht alles für Jodorowsky?
„Tusk“ erzählt die Geschichte einer Freundschaft zwischen einem englischen Mädchen und einem indischen Elefanten. Über viele Jahre hinweg kreuzen sich immer wieder ihre Wege. Wer hier den üblichen Bildersturm a’la „The Holy Mountain“ erwartet, wird schwer entäuscht werden. In dieser Hinsicht hat „Tusk“ sehr wenig zu bieten - das macht das Zuschauen etwas kompliziert. Jodorowsky begnügt sich mit dem Erzählen einer ganz normalen, für mich, wegen keinerlei Französischkenntnissen, leider nicht nachvollziehbaren Geschichte. Ich traue es mich aber zu behaupten, daß auch die Dialoge keine großartigen Inhalte bieten. Also, es gibt keinen Maulwurf, der sich eingräbt, nach der Sonne suchend und geblendet ist, wenn er sie gefunden hat.
Das größte Manko des Films: Er stößt sehr schnell an die Grenzen der Technik und zeigt, daß ein Elefant nun mal kein Schauspieler ist. Handelt der Elefant, beginnen die Probleme, möchte man behaupten. Rache/Wut/Trauer eines Dickhäuters lassen sich nicht einfach aus dem Hut zaubern und durch Kameraführung und Schnitt suggerieren.
Was bietet „Tusk“? „Tusk“ kann durch aufwändige Kulissen und gelungene Massenszenen überzeugen, auch wenn keine 800 Elefanten zu sehen sind. Jodorowsky kann ebenfalls sehr schöne Bilder von den Beziehungen zwischen Menschen und Elefanten zeigen. Außerdem hat man Jodorowsky einen Kamerakran spendiert, mit der er nur zu gern herumschwebt. Des Weiteren freute ich mich über ein erneutes Wiedersehen mit dem faceless’schen KZ-Arzt „Karl Moser“ aka Anton Diffring und Chris Mitchum.
Richtig enttäuscht war ich nicht und ich würde dem Film an sich gerne eine zweite Chance geben. Dann aber in Farbe, mit einem besseren Bild und deutschen Untertiteln bitte. „Tusk“ wird strahlen wie die Sonne, die der Maulwurf letzendlich finden wird.
30.04.2003/13:30 - 15:30 Uhr
#64
Geschrieben 04. Mai 2003, 01:47
Regie: Paul Morrissey
Liebes Tagebuch...
Letztes Jahr habe ich mir am 01. Mai "Mondo Cannibale 4. Teil - Nackt unter Wilden" angesehen, um mich körperlich und vor allem geistig nach meiner Geburtstagsfeier zu regenerieren. Warum ich diesmal bei einem so anspruchsvollem Film gelandet bin, kann ich nicht genau sagen. Vielleicht lags daran, daß mir die exzessiven Details des Vorabens entfallen sind.
Schon beim ersten Mal war ich hin und weg von Morrissey's Vampir-Geschichte. Die Tatsache daß Herr Dracula (von Haus auf) bei den falschen Frauen landet ist und bleibt die böseste Aussage dieses Filmes. Dieses konsequente Unglück paßt genau ins kränkelnde Bild dieser traurigen Figur, der der Tod ins Gesicht geschrieben ist. Aber auch der restliche Film sprüht nur so vor Krankalitäten, vorausgesetzt dieses Wort gibt es überhaupt. So ist die Stimmung gut eingefangen und begleitet mich als Zuschauer über 103 Minuten ansprechend hinweg, nochdazu in einem splattrigen Blutbad endend.
Ein lecker Filmchen also, bei dem ich Kerzen anzünde und den Hut ziehe, wenn Udo Kier sechzig Sekunden in die Badewanne kotzt.
01.05.2003/14:00 - 15:45 Uhr
#65
Geschrieben 04. Mai 2003, 01:58
Regie: Stefan Prehn, Jörg Wagner
Liebes Tagebuch...
Geburtstagsgutschein 1. Teil:
Ein nettes Kurzfilmchen, daß man nicht auf DVD haben muß, sich aber schön im Regal macht und ein nettes Warm-up für einen irgendwann mal folgenen Videoabend mit nicht filmversierten Freunden ist. Das Ganze ist nicht perfekt. Mangelndens Budget ist sicher ein Grund für einen nicht immer reibungslos verlaufenden Aktionsverlauf. Der Film macht aber Spaß und ist ungewöhnlich in seiner Erscheinung.
Außerdem ist die DVD ein heißer Anwärter auf die Silberscheibe, die prozentual die meisten Bonusminuten im Vergleich zu der Filmlaufzeit bietet.
02.05.2003/16:30-16:40 Uhr
#66
Geschrieben 04. Mai 2003, 19:11
Regie: Fritz Lang
Liebes Tagebuch...
Geburtstagsgutschein 2. Teil:
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02.05.2003/21:00 - 23:00 Uhr
#67
Geschrieben 04. Mai 2003, 19:11
Regie: Wolfgang Bannert
Liebes Tagebuch...
Ein ganz und gar harmloser Film. Ein Sohn auf der Suche nach seinem Vater, der ein Großwild- und Schürzenjager ist. Er verwechselt ihn aber mit dessen Zwillingsbruder, einem Pfarrer. Warum dann auch noch eine Bande von Spionen nach verschwundenen NATO-Akten sucht, spielt weiter keine Rolle - nicht einmal den Film macht das komplizierter oder ansprechender.
Diese lahme Komödie veranschaulicht sehr gut den langsamen, aber sicheren Untergang der Kinokarriere der Lisa-Film. Dabei ist der Film nicht richtig schlecht und deshalb finde ich hier nichts, was ich lieben könnte. Es gibt keine Kalauer, keine Zoten und keinen Trash. Nur harmlose Verwechslungen und lächerliche Witzchen, die alle so steif und gezwungen wirken. Julia Kent als Superagentin KX3 ist zwar ganz nett, aber für den Begriff „Trash“ fehlen noch ein paar Takte. Richtig kurios dagegen ist, wie sich Oscarpreisträger Ernest Borgnine in diesem gestelzten Spießerklamauk verirren konnte. Wahrscheinlich war der siebentägige Aufenthalt in Spanien so verlockend, den er zum Drehen, seiner wirklich belanglosen Szenen als Bischof benötigte.
Hätte ich den Film nicht so früh angesehen, wäre ich wohl eingeschlafen. Jedoch spätestens beim Abspann wäre ich wieder aufgewacht. Da hat sich doch glatt eine Tonspur von RTL hineingeschlichen, die auf die Serie „Das A-Team“ verweist. Jetzt weiß man auch, wann der Film lief und für welche Zielgruppe er produziert worden ist. Die Sonntag-Nachmittag-Familie: Nervende Kinder die beim Regen nicht nach draußen dürfen, besoffene Väter, die schon zum Mittagessen 7 Weizen trinken und dann das Formel 1 Rennen verschlafen und gestresste Mütter, die sich beim Abwasch die Finger blutig geschrubbt haben.
Für die DVD gilt: Ab nach eBay!
Für die Lisa-Film gilt: So kann eine Kinokarriere nicht enden! Aber drei Jahre später wird genau dies mit der Fischgrätengranate „Immer Ärger mit Nicole“ passieren. Und der macht dann wieder richtig Spaß!
03.05.2003/09:50 - 11:15 Uhr
#68
Geschrieben 04. Mai 2003, 19:12
Regie: Leos Carax
Liebes Tagebuch...
Geburtstagsgutschein Teil 3.
Diesen Film habe ich lange nicht mehr gesehen. Recht schnell merkte ich, daß ich nur noch einen Szene im Kopf hatte: Das Feuerwerk. So etwas könnte schnell problematisch werden. Schließlich wartet man dann nur auf diese eine Szene und ist die diese dann vorbei, ist man enttäuscht weil sie so kurz war und findet den restlichen Film dann langweilig. So wäre es mir hier beinahe auch gegangen. Aber nur beinahe. „Die Liebenden von Pont Neuf“ hat trotzdem noch genügend Energie, auch wenn man nur auf das wirklich eruptive und brachiale Feuerwerk fixiert ist. So blieb also der erwartete Bildersturm aus (sozusagen genau das Gegenteil von „Metropolis“, wo ich mit Bildern total umgehauen wurde. Hab nicht gedacht, daß der Film soviel Energie hat, kannte aber bisher auch nur die Fassung von Georgio Moroder). Back to Pont Neuf: Großes, schönes und erfreuendes Kino, das überraschenderweise sogar ein Happy End bietet, was ich ebenfalls vollkommen vergessen hatte. Wäre es nach meinem Gefühl gegangen, wäre am Ende einer der beiden Hauptdarsteller gestorben.
Was mir auch auffiel: Nachdem ich nun an die fünf oder sechs mal „Die fabelhafte Welt der Amelié“ gesehen habe, wußte ich gar nicht mehr wie Juliette Binoche aussah und hätte hier fast Audrey Tautou erwartet...
03.05.2003/13:15 - 15:15 Uhr
#69
Geschrieben 05. Mai 2003, 19:08
Liebes Tagebuch...
Gleiche vorne weg. Dies war die ab sechs Jahren freigegebene Version - immerhin umsonst aus der Videothek. Schlimm genug, daß auch diese, wie ich finde, mitunter recht grausige Fassung, wohlbehüteten Sechsjährigen auch einen gehörigen Dämpfer in Sachen alptraumfreies Schlafen bereiten wird.
Und selbst die verhackstückte Fassung kann mich jetzt nicht daran hindern, ein Loblieb auf diesen Film zu singen, denn er ist um Längen gelungener als „Harry Potter und der Stein der Weisen“, welchen ich seinerzeit im Kino sah. Diesmal gab es kaum überflüssige Actionsequenzen, dafür aber höhere Spannungsmomente. Außerdem zeigt sich auf, wie die einzelnen Handlungsstränge miteinander verwoben sind. Es fügt sich alles zusammen und wird irgendwann mal Eins werden. Das kann halt doch mich als großes Kind äußerst erfreuen. Auch ist der ganze Stoff an sich etwas erwachsener geworden und die Tatsache, daß es noch weitergehen wird macht mich neugierig. Ich kenne zwar die Bücher nicht und kann deshalb schlecht die Übersicht über die ganzen handlungstechnischen Rafinessen behalten, aber die Geschichte nimmt immer konkretere Formen an. Werde diesem Geschehen gerne beim Erwachsenwerden zusehen.
Ein samstäglicher Videoabend also, bei dem vier große Augen gebannt auf die Mattscheibe schauten, wo sonst nur deftig pikante Horrorware zu sehen ist. Apropos Horror: Tritt man dem Film mit offenen Herzen entgegen, offenbart auch „Die Kammer des Schreckens“ herrlichen Grusel und reichlich gänsehäutige Unterhaltung, fernab jeglicher kindischer und kindlicher Spannungsclownerie. Während George Lucas ins seiner „Episode 1“ bei jeglicher Art von Gewalt verschämt wegguckte, ließ Chris Columbus einen Spielberg’schen Dinosaurier in Form einer Riesenschlange auf den Zuschauer und die Darsteller los. Und daß am Ende blaue Tinte aus dem Tagebuch spritzt, ist eine eindeutige Andeutung auf Blut. Ich wäre ehrlich gesagt, gar nicht auf die Idee gekommen, daß es Tinte sein könnte.
Lobend erwähnen würde ich noch die Figur des Professors Gilderoy Lockhart. Soviel penetrante Selbstverliebtheit, und das den ganzen Film über, ist nicht nur höchst vergnüglich, sondern wirklich ungewöhnlich.
So hoffe ich auf eine Rückkehr von Lockhart. In diesem Sinne:
“Who am I?“
03.05.2003/20:25 - 23:00 Uhr
#70
Geschrieben 05. Mai 2003, 22:09
Regie: Jörg Buttgereit
Liebes Tagebuch...
Alles, auf das ich mich bei „Bodies that splatter“ nicht vorbereitet habe, werde ich nun nach und nach aufarbeiten müssen. Wobei ich schon sehr gepannt war, was sich hinter den Buttgereit-Trailern versteckte, die da in Berlin gezeigt wurden.
Erstmal ist es sicher gewöhnungsbedürftig, was einem hier gezeigt wird. Man muß wohl in ein anderes Level auf-, vielleicht aber auch absteigen. Was würde Buttgereit wohl mit einem richtigen Budget anstellen? Wie weit würde er gehen und wie weit will ich es sehen? Wie weit „Schramm“ nun geht, kann ich noch nicht sagen. Ich weiß ja noch nicht, jedenfalls nicht im Detail, was in den anderen Filmen geboten wird.
Was mich an „Schramm“ faszinierte: Der Film spielt auf verschienenen Ebenen, wobei hier permanent auf der Fuß-Geschichte herumgeritten wird. Darum fällt Schramm auf von der Leiter. Darum macht Schramm beim Marathon mit. Darum schließt sich der Kreis, obwohl die Bilder nie zu einer Einheit führen. Die gibt es nur im Kopf. Und das dies in einem so billigen Film so elegant funktioniert und durchgehend glaubhaft ist, ist eine große Leistung.
Ebenso gut gelungen ist das Vermischen der Zeiten, normalerweise der Todesstoß für einen so kleinen und mit einfachen Mittel gemachten Film. Wiederkehren - Kommen - Gehen. Ein bißchen geschockt hat mich die krude Brutalität, aber damit werde ich wohl leben müssen. Und trotzdem: „Schramm“ hat Bilder, die man sich zwar selber nicht an die Wand hängen, aber in einer Galerie interessiert anschauen würde. KUNSTALARM, KUNSTALARM!!!
04.05.2003/16:45 - 17:45 Uhr
#71
Geschrieben 05. Mai 2003, 22:14
Regie: Klaus Krämer
Liebes Tagebuch...
Ein Junge ist in einer brennenden Lagerhalle umgekommen. War es ein Mord, ein Unfall oder doch ein dummer Jungenstreich und was weiß der beste Freund des toten Kindes? War er gar dabei? Diese wenigen Fakten verraten doch schon alles. Deshalb wird auch kein großes Rätselraten veranstaltet und dennoch ist dieser TV-Krimi mit der beste, der mich in den letzten Monaten erreichen konnte.
Edgar Selge und Michaela May als Kommissare sind ein wahres Dreamteam. Vielleicht gerade, weil sie sich noch per Sie sind und nicht in kumpelhafter Übermütigkeit nebenher irgendwelche Mörder zwischen Weißwurst und Maßkrug überführen. Die Spannung zwischen dem Antiduo Selge/May hält wach - aber auch der heutige Fall prickelt. Das Sahnehäubchen ist der Showdown in den bayerischen Alpen. Dieser bietet nicht nur den schwindelerregenden Blick in eine tiefe Schlucht sondern vielmehr ein ruhiges aber dennoch atemloses Finale. Rundum gelungen!
04.05.2003/20:15 - 21:45 Uhr
#72
Geschrieben 05. Mai 2003, 22:15
Regie: William A. Wellman
Liebes Tagebuch...
Eine moralische Komödie. Peter Good, der Tölpel, ist in die schöne Amy verliebt, doch die hat nur Augen für den Lebemann Harry. Um Amy zu beeindrucken sattelt er sein Pferd und will ein paar Schwarzbrenner zur Strecke bringen. Daß der von Amy angehimmelte Harry der Chef der Schwarzbrennerbande ist, ahnt Peter noch nicht. Für den Zuschauer wird aber nun klar, warum Harry schon ziemlich früh in den Zwischentiteln als „schlitzäugiger Hurensohn“ betitelt wurde. Das Ende ist klar. Harry wird verhaftet (von Spürnase Joan Crawford) und Amy entdeckt, how charming our hero Peter Good is.
Ein dauersüßlicher Beigeschmackt beherrscht die Szenerie. Die heile Welt von Peter Good, der mit seinem, anfangs durchgehend beschwippsten Vater und einem kleinen „Negerjungen“ auf einer Ranch lebt, wirkt einfach nur falsch und verlogen. Auch der Liebesgeschichte ist kein Frohsinn abzugewinnen - den drögen Witzen auch nicht. Spaß kommt erst auf, als Harry mit Amy flüchtet und von Peter und dessen hyperaktiven Hund verfolgt wird. Dies ist eine sehr dynamische und vor allem nostalische Oldtimerverfolgungsjagd, die ein wenig an die Krawallfilme aus der „Klamottenkiste“ erinnert.
Regisseur Wellman konnte immerhin während des Films ein paar schöne Kamera- und Schattenspielereinen auf die Leinwand zaubern und dem gerade schon erwähnten quirligen Hund Benzine ein kleines Denkmal setzen. Ungewöhnlich ist allerdings, daß die Schauspieler erst während des Films richtig vorgestellt werden, wenn ihre Charaktere erscheinen. Ansonsten ist dies eine reichlich harmlose Komödie, deren deutsche Musikvertonung fürchterlich unpassend an Kirchenmusik erinnert. Der deutsche TV-Abspann von 1989 verrät es auch dann: Es war eine Welte-Funkorgel.
05.05.2003/21.00 - 22:05 Uhr
#73
Geschrieben 07. Mai 2003, 09:22
Regie: Jan de Bont
Liebes Tagebuch...
Geburtstagsgutschein 4. Teil:
Was für ein Tag! Der Azubi nervt, das Telefon klingelt ununterbrochen und überhaupt: Es ist viel zu heiß. Jetzt ist erstmal Entspannung angesagt. Mal schauen wie frisch der ultimative Acitonfilm der 90'er nach knapp zehn Jahren noch aussieht.
Nach etwas Anlaufschwierigkeiten kam ich zu dem Ergebnis, das er noch sehr frisch aussieht. Statt Computergemorphe gibt es noch niedliche Modelle und echte Handarbeit zu sehen. Das Tempo stimmt, die Unterhaltung auch. Auch wenn die meist recht kurzen Dialoge, die man den Darstellern in den Mund gelegt hat, nicht gerade von großer Spitzfindigkeit zeugen. Aber so war das halt in den 90'ern. Kein toter Bösewicht, der nicht mit einem ach so doppeldeutigen Kommentar ins Jenseits geschickt wurde.
Ansonsten: Adrenalinkino pur gehobener Sorte. War also schön, diesen Film nach sechs Jahren wiederzusehen!
06.05.2003/18:55 - 20:45 Uhr
#74
Geschrieben 10. Mai 2003, 14:38
Regie: Billy Wilder
Liebes Tagebuch...
Geburtstagsgutschein: 5. und letzter Teil.
Was für ein böser, zynischer, trauriger, dunkler und gleichzeitig heller Film! Nach 50 Jahren so frisch wie am ersten Tag. "Sunset Boulevard" ist so gelungen, daß mir regelrecht die Worte fehlen, jedenfalls im Augenblick. Hatte ihn mal im ZDF gesehen und freue mich nun, die DVD mein Eigen nennen zu dürfen.
Sicher ist ein Grund für die Freude über diesen Film die Tatsache, daß er das Thema Stummfilm und Film im Film behandelt und hier aus den Vollen geschöpft wurde. Pure Energie auf Zelluloid bzw. auf DVD.
Wenn ich den Leuten, die mir den Gutschein geschenkt haben, erzähle, welche Filme ich mir dafür gekauft habe, werden sie sicherlich die Augen verdrehen oder vielleicht sogar die Hände über dem Kopf zusammenschlagen. Mmmh, ich sollte wohl gleich ein E-Mail-Rundschreiben losschicken...
07.05.2003/18:45 - 20:30 Uhr
#75
Geschrieben 11. Mai 2003, 21:53
Regie: Jörg Buttgereit
Lieber toter Hase,
es tut mir leid, daß Du sterben mußtest. Vielleicht wärst Du sowieso gestorben, aber will ich dabei zusehen? Nein! Ich weiß, es ist eine öde Doppelmoral, wenn ich mich freue, wenn Du bei mir auf dem Mittagstisch liegst, es aber schlimm finde, wenn Du dahin befördert wirst. Ich stecke wohl zu gerne meinen Kopf in den Sand. Jedenfalls hätte ich mich gefreut, wenn Du ein Fake gewesen wärst.
Ja, Jörg Buttgereit hat es mir am Anfang alles andere als leicht gemacht. Erst scheint sein Film etwas ziellos herumzuirren um dann mir mit beschriebener Hasenszene endgültig den Spaß zu verderben. Ich glaube, in einem Spielfilm will ich so etwas nicht sehen. Rote Karte - Weiterspielen!
Seltsam. Recht schnell begann dann aber eine Phase im Film, die das Blatt wendete. Buttgereit schien den Stil zu finden, den ich jüngst bei „Schramm“ kennengelernt hatte. „Nekromantik“ bekam ungewöhnlich schnell eine beängstigend gute Tiefe, die es dem Film ermöglichte die verschienenen Erzähl- und Gefühlsebenen gelungen zu veranschaulichen. „Nekromantik“ ist eine sehenswerte Gratwanderung die drastischen Schock und Ekel mit schauderlich kunstvollen Bildern vermischt und dazu einfach Niegesehenes zeigt. Dazu kommt natürlich die traumhaft schöne Musik, die die Geschichte in noch höhere Höhen treibt. Und daß am Ende die Rechnung so gut aufgeht und Buttgereit ein so perfektes Finale aufs Parkett spritzt, konnte mich wohl letztendlich überzeugen, erschreckenderweise. Während sich der Hauptdarsteller selbst „ans Kreuz nagelt“ und der Hase, als kleine Entschuldigung, wieder zurück geschlachtet wird, bietet Buttgereit Bilder die ich sonst nur von Jodorowksy kenne. Puh!!!
11.05.2003/19:20 - 20:30 Uhr
#76
Geschrieben 11. Mai 2003, 21:53
Regie: Jörg Buttgereit
Liebes Tagebuch...
Ein 10-minütiges Frühwerk von Jörg Buttgereit. Captain Berlin ist ein Superheld, der nicht nur den bösen Sparkassenräuber faßt, sondern auch seine Geliebte aus den Fängen des hinterlistigen Dr. Synth befreit und somit die Welt rettet.
Mit einfachsten Mitteln filmte Buttgereit mit ein paar Freunden diesen Amateur-Spaß, der sich im Gegensatz zu seinen späteren Filmen überhaupt nicht ernst nehmen will. So bietet „Captain Berlin - Retter der Welt“ vor allem übermütigen Spaß, der vor allem durch die köstlich agierenden Darsteller (u. a. Bela B. Felsenheimer) begründet wird. Auch die kreischende Achziger-Plastik-Mucke zieht den Film gewollt ins Komische. Was aber richtig stört ist der sehr schlechte Schnitt- und Tonschnitt. In der Nachbearbeitung ist hier nicht mit Sorgfalt gearbeitet worden. So sieht der Film an manchen Stellen unfertig aus und scheint Augenblicke zu bieten, die eigenltich in die Outtakes gehört hätten.
11.05.2003/20:30 - 20:40 und weil’s so schön war, gleich nochmal: 20:40 -20:50 Uhr
#77
Geschrieben 13. Mai 2003, 21:21
Regie: Jörg Buttgereit
Liebes Tagebuch...
Bevor ich zu „Nekromantik 2“ komme, möchte ich einen anderen Film erwähnen, dem äußerste Beachtung entgegenzubringen ist:
„Mon déjeuner avéc Vera“
Ein Film von Jorge Bútégér und Francois Rouge d’Eglise
Was für ein absurdes Meisterwerk! Was für ein absurdes Frühstück, wo die Gesprächspartnerin sich auf Grund einer Kamerafahrt in Luft auflöst! Dieses kranke Segment brachte mir Freude erster Güte. Wär’s ein echter Film, wär’s ein surrealer Klassiker geworden. So kann er sich halt mit pythonesken Verwirrungen a’la „Sam Peckinpah’s Salad Days“ oder der Pasolini-Verarsche (Name vergessen) einreihen.
Nun aber zu dem Rest von „Nekromantik 2“. Völlig gespannt blickte ich auf den Verlauf der Geschichte des Films, der mir am Sonntagabend erstmals entgegengesprungen ist. Recht schnell war ich aber recht verwirrt. Bin ich doch glatt ein bißchen mit den Frauen durcheinander gekommen. Welche sollte nun die Dame sein, für die sich Rob im ersten Teil umbringt? Hab ich versagt, oder der Film? Diese Frage werde ich wohl erst nach der zweiten Sichtung klären können.
Buttgereit konnte mir jedenfalls wieder einen schönen Schrecken einjagen. Das Zerlegen einer toten Robbe eingebunden in eine so tiefschwarze Aussage und das engültige Zerstückeln von Rob’s Leiche, waren eindeutige Attacken auf meinen Magen. Das zu der zuletzt erwähnten Szene auch noch das „Ave-Maria“ tönte, hätte mich beinahe dazu verleitet, daß ich meinen Eintrag mit „Lieber Tabubruch...“ begonnen hätte. Aber das hebe ich mir noch für einen späteren Eintrag auf...
„Nekromantik 2“ ist jedenfalls um einiges ernster und erwachsener geworden, als der Vorgänger von 1987. Zu keiner Zeit vermißte ich die Dialoge. Die ersten zwanzig wortlosen Minuten sind eine regelrecht entspannende und erhebende Einleitung. Auch die Musik trägt wieder einiges zum Gelingen bei. Man kann es wohl bei Buttgereit immer und immer wieder sagen: So ein kleiner Film und so schön anzuhören. Der Film selbst stebt ganz schön in Richtung Kunstkino und R. W. Fassbinder. In „Die Angst sitzt neben Dir“ habe ich in diesem Zusammenhang das Wort „Autorenfilm“ gelesen. Auch die dort erwähnten Längen, besonders im letzten Drittel, habe ich bemerkt.
Trotzdem, ein gelungener Film, der fordert, der aber auch viel gibt (aber nicht ganz so viel, wie „Nekromantik“). Das Ende z. B. geht „etwas unspektakulärer“ über die Bühne. Aber in Jörg Buttgereit scheinen Talente zu stecken, die unbedingt von einem einflußreicheren Produzenten geweckt werden sollten.
12.05.2003/19:10 - 20:50 Uhr
#78
Geschrieben 13. Mai 2003, 21:25
Regie: W. S. van Dyke
Liebes Tagebuch...
Was gibt es schöneres als sich überraschen zu lassen? Sich positiv überraschen zu lassen, vielleicht? In diesem Falle wurde ich wirklich positiv überrascht. Dem deutschen Titel nach erwartete ich ein düsteres Drama a’la „Rebecca“. Wie konnte ich ahnen, daß mich die Reise ein Südseeparadies führte - eingefangen in einem Film, dessen Bilder Urlaubsromantik und Reise-Dokumentation vermischten. Der Film bietet einige Schauwerte, sowie ausführliche Einblicke in das Leben der Ureinwohner und abenteuerliche Unterwasseraufnahmen. Ganz nebenbei wird dann auch noch eine Geschichte erzählt.
Da der Emmigrant Matthew Lloyd den Eingeborenen in seiner neuen Heimat zu wohlgesonnen gegenübersteht, wird er von den bestimmenden weißen Herren vertrieben. So landet er auf einer verträumten Insel, auf die noch keine fremde Zivilisation Einfluß genommen hat. Er entdeckt sein neues Leben, die echte Liebe und setzt neue Maßstäbe für sein Dasein, merkt aber auch, daß er seine Herkunft nicht verleugnen kann und beschwört die weißen Schatten herauf, die alsbald in Gestalt der zivilisierten Weißen auf der Insel einfallen um diese auszubeuten.
Der Film „Weiße Schatten“ ist ein Aufruf an die Menschlichkeit. Er will das Gute im Menschen wecken, mit dem Mittel ihm Schönes zu präsentieren. W. S van Dyke verfällt nie der Versuchung die einfallenden Besatzer als raffgierige Piraten zu zeigen. Sie betreten das Neuland als Wolf im Schafspelz um den Eingeborenen die Perlen zu entlocken, dessen Wert diese nie im Leben hätten einschätzen können. Es gibt also keine Schlachten zwischen den Rassen. Dafür vermittelt der Film aber die schleichende Gewißheit, daß der Garten Eden entjungfert werden wird. Ein Vergleich mit Adam und Eva und ihrer paradiesischen Geschichte ist da gar nicht so fehl am Platze. „Weiße Schatten“ ist eine traurig schöne Erzählung vom Paradies, von der Schönheit der Natur und von dem Schicksal der Menschen, frei von falschen Gefühlen oder überzogener Dramatik. Eine intelligente Parabel ohne erhobenen Zeigefinger. Ein wichtiger Film.
Zu hören gibt es auch was. Und zwar die Tonspur von annodazumal. Weil 1928 der Tonfilm auf dem Weg nach oben war, wurde auch dieser Film mit einer Tonspur versehen, die neben nostalgisch verrauschter Südseemusik auch eine Geräuschkulisse bietet. Da stören eigentlich nur noch die 1988 vom Fernsehen erstellten Zwischentitel.
13.05.2003/18:45 - 20:10 Uhr
#79
Geschrieben 17. Mai 2003, 18:44
Regie: Juan Lopez Moctezuma
Liebes Tagebuch...
Mary hat ein blutiges Geheimnis. Doch sie ist nicht die Serienmörder- oder Vampirin, für die man sie zu Beginn hält. Sie leidet an einer seltenen Krankheit, die sie von ihrem Vater erbte. Nur durch das Blut ihrer Mitmenschen kann sie überleben. Auch wenn der Blutdurst gestillt ist - ihre Krankheit gibt keine Ruhe. Schon jetzt weiß sie, daß ihre Adern, über die Jahre hinweg gefüllt mit fremdem Blut, hervortreten und ihren ganzen, schönen Körper entstellen werden. Beziehungen scheinen unmöglich, dennoch fühlt sie sich seit Neuestem zu einem jungen Mann mehr als nur hingezogen. Als dann in ihrem Umfeld diverse, nicht von ihr ausgesaugte Leichen und die Polizei auftauchen, scheinen die Probleme erst richtig zu beginnen.
Wenn ich meine Inhaltsangabe so lese, dann sehe ich, wie interessant der Inhalt dieses Films doch ist und welches Potenzial da drinnen stecken würde. Dennoch enttäuscht der Film dann doch mehr als er begeistern kann. Moctezuma scheitert diesmal nicht am Budget, sondern an seiner eigenen Arbeit - vielleicht auch an der Arbeit seines Teams. „Mary, Mary, Bloody Mary“ kann wirklich kunstvolle Details bieten (ein rundum verspiegeltes Bad zum Beispiel), kommt aber über weite Stecken nie über die staubige Erzählweise eines mageren US-Roadmovies heraus. Da der Film aber doch gerne dem Genre Horror zugehören will, sieht er aber recht hilflos aus. Wirklich Horrormäßig wird es nicht. Wäre der Film nicht von Moctezuma, würde ich rein gar nix interessant daran finden. So kann man sich aber dennoch ein paar schöne Happen rauspicken. Verdammt, was hätte man da aber alles noch rausholen können!
14.05.2003/19:00 - 20:35 Uhr
#80
Geschrieben 17. Mai 2003, 18:46
Regie: Harald Vock
Liebes Tagebuch...
Ein reichlich uninteressantes Filmchen, daß ich aber schon lange nicht mehr gesehen habe und deshalb gut unterhalten würde, wenn auch nicht überschwenglich begeistert war. Die Geschichte bietet die üblichen Verwechslungen (ein Zwillingspäärchen und eine Frau in Männerkleidern), nette Gesangseinlagen („Er hat ein knallrotes Gummiboot“ - cool) und relativ lahme „Pauker“-streiche. Dennoch funktioniert der Film recht gut, denn wirklich schlecht wird er nie. Georg Thomalla und Peter Weck bringen halt auch noch das müdeste Skript zum leuchten. Besonders Peter Wecks’ Einlage als mit dem Feuer hantierenden Nero wäre erwähnenswert.
Was mir persönlich einfach daran gefällt ist der Flair und der Charme der frühen 70’er, der hier immer noch frisch hervorsticht. Wäre der Film 20 Jahre später entstanden, wäre er sicher fürchterlich öde - siehe „Gummibärchen küßt man nicht“.
15.05.2003/18:55 - 20:30 Uhr
#81
Geschrieben 17. Mai 2003, 18:47
Regie: Jess Franco
Liebes Tagebuch...
Eine kuriose Perle, deren Produktionsgeschichte wohl kaum noch nachvollziehbar ist. Es sieht fast so aus, als würde der Film, den ich im Augenblick keiner Produktionsfirma und keinem Produktionsteam zuordnen kann, nach Feierabend in den Kulissen von „Vampyros Lesbos“ gedreht worden sein - vielleicht sogar illegal auf dem Material von Atze Brauner? Wer weiß? Jedenfalls nützt der Film seine Locations (Berlin und Paris) für teilweise furios schöne Außenaufnahmen. Wiederrum wurden die Innenaufnahmen, die meist sehr spontan und improvisiert aussehen, in begeistert schönen Zimmern, Set’s oder sonst wo drinnen gefilmt. Nebenbei wird auch noch eine (episodenhafte) Geschichte erzählt. Eugenie (Soledad Miranda) und ihr Stiefvater Albert (Paul Müller) haben eine sehr innige Beziehung. Sie ersetzten ihre jeweils fehlenden Partner und versuchen nebenbei noch das perfekte Verbrechen zu inszenieren. Als sich Eugenie in einen Musiker (Andre Montchall) verliebt und ein hinterlistiger Autor (Jess Franco) ein Auge auf die Machenschaften der Vater/Tochter-Beziehung wirft, eskaliert die Situation.
Die vier hier erwähnten Darsteller waren allesamt auch in „Vampyros Lesbos“ zu sehen, was wiederrum zeigt, wie nah „Eugénie de Sade“ doch tatsächlich dem Meisterwerk „Vampyros Lesbos“ ist. Nur Ewa Stroemberg suchte ich vergebens...
Die Musik unterscheidet sich dann aber doch von „Vampyros Lesbos“. Diesmal werden Stücke von Bruno Nicolai aufgewärmt, die schon in „Eugenie... - the story of her journey into perversion“ zu hören waren.
Dieser Film ist ungewöhnlich, poetisch, ruhig, schön und vollkommen ungewöhlich. Er macht Lust auf Party, auf Whiskey, auf Absith, auf laute schräge Musik und was Nettes zum Rauchen - und ich sitze hier und trinke von meinem lecker Mineralwasser.
17.05.2003/16:15 - 17:40 Uhr
#82
Geschrieben 21. Mai 2003, 19:22
Regie: Georg Wilhelm Pabst
Liebes Tagebuch...
Ein Armutszeugnis! Das ist es, was dieser Film der Menschheit ausstellt. Ein vergleichendes Beispiel wäre angebracht. Mein Chef bekam letztens unaufgefordert zwei Kartons mit Prosecco geliefert. Nach der ersten Verwirrheit, warum/weshalb/wieso man ihm „Prosekto“ liefert, waren ihm im Anschluß nur noch zwei Dinge wichtig: „Alkohol“ und „Kostenlos“. Daraus schließe ich: Wenn man meinem Chef einen Karton mit Prosecco (alternativ eine Flasche Wein) vor die Nase stellt, bzw. sowas im Büro herumstehen läßt, kann man mit fast hundertprozentiger Sicherheit sagen, daß er es mitnimmt. Dies will auch dieser Film, wenn auch unter etwas anderen Vorraussetzungen, verdeutlichen: Gibt man einer Gruppe von Menschen eine Kiste voll Geld, so kann man mit fast hundertprozentiger Sicherheit sagen, daß sie sich darum streiten wird. Und daß die recht schnell einsetzende Missgunst und Gier eine ideale Plattform für ein stummes Minenspiel ist, beweist „Der Schatz“ von G. W. Pabst.
Eine abgelegene Glockengießerei ist der Schauplatz dieser intreganten Schatzsuche, an der nur fünf Darsteller beteiligt sind - hin und hergerissen zwischen Anstand, Verstand und Eigennützigkeit. G. W. Pabst bringt die Wahrheit des Thema’s ans Licht - schonungslos und unerbittlich melkt er die Essenz dessen, was die Materie hergibt, heraus und präsentiert das ernüchternde Ergebnis, filmhistorisch gesehen, in richtungsweisenden und unverbrauchten Bildern. Das sich am Ende zwei Darsteller doch für die Liebe und somit gegen das Geld entscheiden, ist dann nur noch ein Zugeständnis für die Zuschauer, die wohlgelaunt das Lichtspieltheater verlassen wollen.
Technisch ist das noch ein recht kleiner Film geworden. Die Kamera bewegt sich noch keinen Zentimeter, ist aber vor Kulissen angeschraubt, die zum Staunen auffordern. Die Szenerei der Glockengießerei ist eine perfekte Mischung aus nostalgischer Gemütlichkeit und grimm’scher Hexenhäuslichkeit. „Der Schatz“ ist ein klassisches Meisterwerk, das Fenster in eine andere Epoche. Ein Zeitalter, das 1923 schon Geschichte war.
Würde der Film vor heutigem Publikum im Kino laufen, wage ich zu behaupten, daß er hemmunglos verlacht werden würde. Den Blick in die stummen, leeren von Neid gezeichneten Gesichter (das gern erwähnte Minenspiel), kann das gegenwärtige Publikum nur schwer verkraften, geschweigedenn verstehen. Auch mit dem Einsturz der Glockengießerei würde es sicher so seine Probleme haben. Besser alleine gucken, als der Lächerlichkeit preissgeben.
Und mein Chef? Der hat die Prosecco-Rechnung (70,00 Euro pro Karton) bei uns ins Rechnungsfach geschoben, sich den ersten Karton unter den Arm geklemmt und ist fröhlich brummelnd davon getaapert. „Ich will ja nur wissen, wer’s bestellt hat. Ich schnabbulier’s dann schon weg. La-diee-da-dieee, kra-wuuh-kra-wuuh...“
19.05.2003/20:30 - 21:50 Uhr
#83
Geschrieben 23. Mai 2003, 11:49
Regie: Paul Morrissey
Liebes Tagebuch...
Die Welt ist schlecht. Professor Frankenstein hat sich vorgenommen eine neue Rasse zu erschaffen. Eine weibliche Eva hat er bereits im Frischhaltebecken verwahrt. Was ihm noch fehlt ist eine männliche Sexmaschine, die vor allem eins ist: potent. Er erwischt aber einen schwulen Jüngling, der eigentlich nur ins Kloster will, während sich Madame Frankenstein in ihren Gemächern die schlaflosen Nächte mit Joe Dallesandro um die Ohren schlägt.
Ähnlich wie bei „Blood for Dracula“ dominiert hier der lustvolle Zynismus. Die Geschichte läuft in tiefschwarzen Bahnen. Das eigentliche Frankenstein-Thema tritt dabei in den Hintergrund. Leider ist „Flesh for Frankenstein“ nicht ganz so edel geworden, wie sein „Nachfolger“, der noch eine Klasse weiter oben spielt. Aber trotzdem bietet der Film elegante, vielleicht sogar etwas extravagante Horrorunterhaltung der besonderen Art. Machte als auch beim zweiten Mal noch Spaß.
21.05.2003/20:35 - 22:10 Uhr
#84
Geschrieben 23. Mai 2003, 21:44
Regie: Otto W. Retzer
Liebes Tagebuch...
Nein, wie schön zu sehen, daß Erich Tomek, der Mann der laut Ilja Richter mit recht zweifelhaften Schreibeambitionen gesegnet ist, immer noch lebt und seine Drehbücher keinen bißchen anders, öhm besser schreibt, als vor dreißig Jahren. Herausgekommen ist zweite Fortsetzung des harmlos schlüpfrigen Fernseh-Lustspiels „Hochwürden erbt das Paradies“ (AUT/GER 1993). Auch dieser Film verblüfft mit einer schier unglaublichen Anhäufung von Altbekannten.
Der Bürgermeister (diesmal Elmar Wepper) will ein neues Berghotel (Oh! Ein Hotel!!) bauen. Der Pfarrer (Hans Clarin) ist natürlich strikt gegen diese Pläne. Nichts ist den beiden unspektakulär genug, um sich gegenseitig die Suppe zu versalzen. Dann wäre da noch Tristan, der Neffe des Bürgermeisters (Wayne Carpendale), der nach Jahren wieder in seine Heimat zurückkehrt um dort seine Verlobte (Enie „Ich wohne ja auch in Mitte“ van de Meiklokjes) zu heiraten. Das paßt seiner Jugendliebe (Katrin Lampe) natürlich überhaupt nicht. Sie will sich Tristan zurückerobern. Da sie die Besitzerin des Grundes ist, auf dem das Hotel gebaut werden soll, ist ihr natürlich der Bürgermeister gerne behilflich. Außerdem ist sie auf der Suche nach ihrem Vater. Ihre Mutter (Dagmar Koller) hatte einst ein venezianisches Schäferstündchen mit diversen Herren. In Frage kommt Enrico (Otto Schenk), ein italienischer Koch, der aufgrund einer obskuren Erbschaft auch in der Stadt ist. Weitere Kanditaten sind natürlich der Bürgermeister und der Pfarrer, sowie ein italienischer Taxifahrer (Ottfried Fischer). Die eventuelle Vaterschaft des Pfarrers ruft natürlich den Bischoff (Max Tidof) auf den Plan - eins zu eins übernommen aus „Gummibärchen küßt man nicht“. Was aber noch keiner weiß: Der Bürgermeister hat derweil den Zwillingsbruder des Bischoff’s (schon wieder Max Tidof), der witzischer Weise auch noch Bischoff heißt, engagiert um dem Pfarrer das Berghotel schmackhaft zu machen. Zur gleichen Zeit erwischt Tristan’s Braut ihren Zukünftigen turtelnd mit seiner alten Liebe beim Liebeskreuz am Wasserfall. Jetzt kann nur noch der Pfarrer helfen - oder der Notarzt.
Ich schwör’! Das ist alles gerade so und nicht anders über den Bildschirm geflimmert, so skurill und gleichzeitig so einfältig, daß ich es so ausführlich erzählen mußte. Es ist unglaublich, was hier geboten wurde.
Otto W. Retzer und Erich Tomek haben als Duo Katastrophale mal wieder den Vogel abgeschossen. So ist „Hochwürden wird Papa“ ein großes Highlight auf der meiner schwarzen Liste der Lisa-Film geworden. Die Witzchen waren so harmlos wie der bequeme Sessel bei der spanischen Inquisition und die Handlung war so altmodisch, daß vom Zuschauen alleine schon Rheuma bekommen könnte. Es ist schon eine wahre Meisterleistung 89 Minuten so dermaßen randvoll mit Scheiße zu packen.
So kann ich mit gutem Gewissen sagen. Ein supertrashiges Mach- und Meisterwerk, daß man in einem Atemzug mit „Das Paradies am Ende der Berge“ und „Immer Ärger mit Nicole“ nennen darf, ja sogar muß! Ich fand’s höchst amüsant, interessant und krank... Beste Unterhaltung von der schlechtesten Sorte.
23.05.2003/20:15 - 21:45 Uhr
#85
Geschrieben 25. Mai 2003, 17:01
Regie: M. Night Shyamalan
Liebes Tagebuch...
Zur Abwechslung gab's diesen Film mal in Englisch. Daß er aber diesmal nicht mehr so eindringlich wirken konnte, liegt aber daran, daß ich ihn ja erst gesehen, aber trotzdem noch mal Lust darauf hatte. An einigen Stellen stieg aber Sehnsucht nach dem Kino auf, wo ich „Signs“ zuerst sehen durfte, und an die Wirkung die er damals hinterlassen hat.
Trotzdem: Spannend war's allemal und funktionieren tut er immer noch.
24.05.2003/13:30 - 15:15 Uhr
#86
Geschrieben 25. Mai 2003, 17:04
Regie: Jess Franco
Liebes Tagebuch...
Seit der letzten Filmbörse verstaubte die DVD unter dem Schreibtisch. Nach dem „Hochwürden wird Papa“-Trauma war aber die Zeit reif für etwas Kontrastprogamm. Wie schön, daß ich nicht mal die Produktionsgesellschaft dafür wechseln mußte. Für das Wochenende gilt: Lisa-Film zum Zweiten.
Das „Rio Amore“ ist ein Edelbordell der exklusivsten Sorte. Nur eins ist daran besonders: Die angestellten Damen sind nicht freiwillig hier - jedenfalls nicht die, denen es keinen Spaß macht. Auch Betty (Ursula Buchfellner) landet, auf Grund einer bösen, bösen Intrige in dem Etablissement. Ausgerechnet jetzt, wo ihre Schwester Linda (Katja Bienert), eine artige Klosterschülerin, ihren Besuch angekündigt hat.
Wer jetzt die Geschichte genüßlich weiterspinnt, wird enttäuscht werden. Das Kapital, daß hier angehäuft wurde, wird nicht angerührt. Die 16-jährige Linda landet überraschenderweise nicht in den Fängen der Mädchenhändler, sondern vertreibt sich die Freizeit bei neckischen Strandspielchen. Überhaupt läuft dem Regisseur die Geschichte nach der ersten Hälfte etwas aus dem Ruder. Im Nachhinein wirkt „Linda - Die nackten Superhexen vom Rio Amore“ sogar reichlich unvollständig. Mir ist zwar zu Ohren gekommen, daß die DVD ein paar Minuten gekürzt sein soll, aber dort wird die Vollständigkeit sicherlich auch nicht mit Löffeln gefressen worden sein.
Ein Grund, warum die Löcher in der Handlung so auffallen: Dieser Film ist eigentlich gar nicht so schlecht geworden. Viellmehr ist er ein obsessives Erotikkonzert, dem die eigentliche Story nie zu wichtig werden will. „Linda“ versteht es, die doch recht häufig auftretenden Entblößungsorgien nie zu aufdringlich werden zu lassen. Es liegt doch tatsächlich Eleganz in der Luft, wenn sich sämtliche Darsteller zwischen Bambussprossen, Hängematten und Seidenblumen nackt auf dem Boden räkeln. Unterstützt werden die Bilder von einer von Anfang bis zum Ende wirklich gelungenen Musikuntermalung. Sinnloses Gehacke auf der Hammondorgel sucht man vergebens. Die Musik würde sich auf einer CD (für Nostalgiker auch auf LP) außerordentlich gut machen. Wie einfach hätte man das Treiben auch mit 80’er-Disco-Mucke unterlegen können.
Auch die Damen und Herren vor der Kamera geben ein gutes Bild ab. Ausnahme: Ursula Buchfellner. Im Glaskäfig ist sie gut aufgehoben, aber sobald sie hysterisch wird, geht es dahin. Es darf also auch gelacht werden. Ebenfalls witzig ist ihr Hilferuf, der als Brief das „Rio Amore“ verläßt: „Bitte hilf’ mir. Ich liebe Dich!!!“ Jetzt wäre noch der zukünftige Regisseur Otto W. Retzer zu nennen, der sich nicht wirklich blamiert, aber nicht zum letzten Mal zur glatzköpfigen Folterknecht mutiert. Fazit: Überraschend gutes und überraschend leckeres Filmchen.
25.05.2003/12:55 - 14:15 Uhr
#87
Geschrieben 25. Mai 2003, 17:06
Regie: Harald Vock
Liebes Tagebuch...
Beim Zappen durch den Videotext stolperte ich über diesen Film. Und weil ich dieses Wochenende mit gar nichts sinnvollem verbracht habe ließ ich mir „Wenn jeder Tag ein Sonntag wär“ auch nicht entgehen. Damit gilt: Lisa-Film zum Dritten.
Reiseveranstalter Wegner (Georg Thomalla) bereist mit seiner Familie inkognito sein eigenes Hotel um den neuen Direktor (Peter Weck) zu begutachten. Außerdem will er sich eine Wildanlage unter den Nagel reißen, um dort ein weiteres Hotel zu bauen. Seine Tochter (Ireen Sheer) bandelt derweil mit den Neffen (Chris Roberts) des Besitzers (Rudolf Prack) des Wilgeheges (Wald, Wiesen und Hirsche) an, während der Schmuck von Wegner’s Frau (Lotte Ledl) verschwindet und ein gewisser Bubi (Heinz Reincke) mit Wegner verwechselt wird und Bubi’s Mutter (Rose Reneé-Roth) den Dieb des Schmucks auf frischer Tat ertappen will. Jetzt erst mal tief Luft holen.
Mal abgesehen davon, daß ich das alles so ähnlich schon am Freitag gesehen hatte und mir dieser Film auch nicht wirklich fremd ist, konnte mich "Wenn jeder Tag ein Sonntag wär" dennoch belustigen. Lag wohl vor allem daran, daß dieser Film relativ flotte Dialoge zu bieten hatte. Etwas, was bei der Katastrophe vom Freitag unauffindbar war. Warum mich die Heimatfilm-Einsprengsel a’la „Wir gehen in den Wald und sehen zufällig 527 Tiere“ und die ziemlich falsch platzierten Musikeinlagen nicht stören konnten, weiß ich gar nicht. Vielleicht paßte es zum Kontext oder ist einfach nur schön nostalgisch und kaum verkitscht?
Vollkommen anspruchslos, aber einfach mit viel Herz und Tempo gespielt. Schön! So, nun ist’s aber wieder mal genug. Und außerdem ist morgen Montag.
25.05.2003/15:05 - 16:30 Uhr
#88
Geschrieben 26. Mai 2003, 11:28
Regie: Vanessa Jopp und noch wer (wird nachgetragen );
Ein kleiner Lichtblick am deutschen Krimihimmel. Auch wenn's anfangs gar nicht danach aussah. Die Handlung schien sehr durchschaubar., denn der Mord an einem Restaurantbesitzer klärt sich nach 30 Minuten quasi von selbst. Dann aber richten sich die Ermittlungen (in Gestalt von Sabine Postel und Oliver Mommsen) auf die Witwe des Opfers, bei der sich bald schwärzeste Abgründe auftaten. So wird aus dem vermeintlichem Eifersuchtsmord eine brisante Giftmischermär, frei nach dem Münchhausen-Stellvertreter-Syndrom.
Die psychologischen und toxikalen Hintergründen erschienen mir gut recherchiert. Trotzdem weiß ich, daß man mir auch die Story von der wilden Sau hätte erzählen können, aber ich vertrau' dem "Tatort" jetzt einfach mal...
Endlich war wiedermal Nervenkitzel im Ersten angesagt.
25.05.2003/20:15 - 21:45 Uhr
#89
Geschrieben 27. Mai 2003, 21:56
Regie: Muroga Atsushi
Liebes Tagebuch...
Lucio Fulci meets Quentin Tarantino. Treffender kann man diese Popcorn-Splatter-Granate wohl nicht umschreiben. Auch wenn die Untoten ein elegantes Romero-Blau im Gesicht haben - sie stammen eindeutig aus dem Nachlaß von Lucio Fulci.
Ein Gaunerquartett trifft sich in einer alten Fabrikanlage mit schwer bewaffneten Gangstern zum fröhlichen Juwelen- und Geldaustausch. Doch das stillgelegte Areal wird von Zombies beherrscht, die das Ergebnis von Experimenten der US-Army sind.
Allein der Erwähnung „alte Fabrikanlage“ läßt schon Befürchtungen aufkommen, daß es sich um eine Wochenend-Amateurproduktion handelt könnte. Doch weit gefehlt. „Junk“ ist ein kleines aber feines Ereignis, in dem sehr, sehr viel Herzblut steckt. Über so manchen Stolperer und so manchen Anschlußfehler kann man getrost hinwegsehen, denn manchmal weht ein Hauch von „Braindead“ durch die düstere Industrieanlage. Nicht wegen des Splatters, sondern wegen der Dynamik und der ansprechenden Zubereitung - immer das sich voll bewährende Motto „Lieber gut geklaut als schlecht erfunden“ vor den Augen habend - in Bezug auf die älteren Horror-Elemente, immer im Stil einer Hommage. Das delikate Zitatenragout reicht von „Zombie“, „Der Terminator“, „Reservoir Dogs“ bis hin zu „Woodoo - Die Schreckensinsel der Zombies“. Wer weiß, wie viele andere Japan-Produktionen sich noch darin spiegeln?
Ich frage mich warum diese DVD so lange bei mir herumlag und nicht schon viel früher angeschaut wurde? Heute landete sie nur wegen des schlechten Gewissens im Player, das mir sagte, ich solle sie wieder mal zurückgeben. Das passiert mir nicht nochmal.
27.05.2003/18:50 - 20:15 Uhr
#90
Geschrieben 28. Mai 2003, 21:18
Regie: Luis Bunuel
Liebes Tagebuch...
Dies ist die französischsprachige Version dieses spanischen Films, der mich unter dem Deckmantel der Dokumentation erreichte. Was genau diese restaurierte Fassung bezwecken will kann ich nicht sagen. Es schien beinahe darauf hinauslaufen zu wollen, die Zuschauer am Ende zum Spenden zu animieren.
Der Film selbst erzählt die Geschichte vom Leben der Menschen in „Las Hurdes“ - einem kargen und armen Landstrich in der Nähe der portugisischen Grenze. Sie leben, gezeichnet von Armut und Krankheit, in baufälligen Steinhäusern und ernähren sich hauptsächlich von Kartoffeln und Bohnen, den Brot kennen sie nicht. Den Bildern kann (und sollte) man aber nie Glauben schenken. Relativ offensichtlich ließ sich Bunuel von den Drehbedingungen inspirieren und produzierte, ja provozierte sogar, seine eigene Realität. Und die ist mit Vorsicht zu genießen. Das Leid der Menschen wird zwar dokumentiert, aber auf die falsche Weise. Es wird zu sehr auf das Mitleid des Zusehers geschielt. Bunuel scheint jedes Mittel recht zu sein um die gewünschte Reaktion zu erziehlen. Er produziert Momentaufnahmens des Lebens. Dinge, die er so nicht vor die Kamera bekommen hätte (das „sterbende“ Mädchen) und er provoziert das Sterben einiger Tiere (die abstürzende, in Wirklichkeit erschossene, Ziege und den von Bienen totgestochenen Esel) um den Zuschauer zu schocken und die Wirkung des Filmes zu unterstreichen. Man könnte sagen, der Dokumentarfilm steckte 1933 noch in den Kinderschuhen und Bunuel war auf dem Holzweg mit der Darstellung der Wahrheit. Das wäre verzeihbar, wenn auch nicht vollkommen entschuldbar. Aber warum erhält der Film dann Jahre später einen Pro- und Epilog, der ihn noch mehr ins falsche Licht rückt, politische Interessen ins Spiel bringt um dann wie der oben erwähnte Spendenaufruf zu enden. Erinnerte ein wenig an eine TV-Gala im Advent: Weihnachtslieder mit toten Kindern zwischendrin.
Die Bilder lügen also, die Wahrheit, so traurig sie auch sein mag, ist gefaked - ähnlich gefühlsunterstützend wie eine Wochenschau. Eine gefährliche Mischung, die aber trotzdem noch einen gewissen Grad an Glaubwürdigkeit hat und deshalb auch als ein wichtiges Zeitdokument zu betrachten ist.
UND TROTZDEM: ICH WILL KEINEN FILM SEHEN, BEI DEM TIERE GETÖTET WERDEN! Na warte, du Tagebuch, bis mir mal „Cannibal Holocaust“ unterkommt. Dann wirst Du aber was zu hören bekommen!
27.05.2003/20:25 - 20:50 Uhr
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