Der Monroe ihre dicken Hupen
#211
Geschrieben 09. Dezember 2005, 14:13
PHANTASM III von 1995 bringt die Originalbesetzung wieder zusammen: Michael Baldwin kehrt als Mike zurück, Reggie Bannister als Reggie etabliert sich immer mehr als eigentlicher Held der Reihe und Bill Thornbury als Mikes Bruder Jody darf seiner Rolle einen Hauch von Obi-Wan verleihen. Dass auch Angus Scrimm wieder mit von der Partie ist, versteht sich eh von selbst.
Teil III setzt genau dort an, wo der zweite aufhörte. So gibt es wieder keine lange Exposition, PHANTASM III gestaltet sich wie ein langer Showdown. Der immense Unterhaltungswert ist es dann auch, der diesen Film - neben seinen gewohnt tollen Einfällen - über den Durchschnitt hebt, dennoch fällt PHANTASM III gegenüber seinen Vorläufern etwas ab. Der Horrorgehalt wird zugunsten einer zunehmenden Science-Fictionisierung reduziert, dem Tall Man werden mehr Szenen und Dialogszenen zugesprochen, das Geheimnis der Kugeln geklärt. Das eigentümliche Element, das den ersten Teil auszeichnete, wird ersetzt durch Gore, mehr Humor und Action.
Wäre das von Coscarelli nicht so überzeugend und mit sichtbarem Spaß inszeniert, wäre der Film sicher im Wust mieser 90er Direct-to-Video-Horrorgülle untergegangen. Aber so freut man sich doch über ein Wiedersehen mit den Charakteren und auf eine Fortsetzung in Teil IV. Das Ende ist nämlich ein noch gemeinerer Cliffhanger als es schon in Teil II der Fall war.
#212
Geschrieben 09. Dezember 2005, 14:44
MEISTERWERK! Nichts weniger ist dieser Shaw-Brothers-Film von 1966 mit Cheng Pei-pei und Yueh Hua in den Hauptrollen, der unter der Regie von King Hu entstanden ist und zu deutsch DAS SCHWERT DER GELBEN TIGERIN (Gähn!) heißt.
Es geht direkt gut los: Eine Bande von Banditen entführt den Sohn des Gefängnisdirektors, um von diesem ganz Terroristen-like die Freilassung eines inhaftierten Kompagnons zu erpressen. Der lässt sich jedoch nicht lumpen und schickt die geheimnisumwobene Golden Swallow (Cheng Pei-pei) - pikanterweise seine Tochter - um seinen Sohn/ihren Bruder freizukämpfen. Kaum am Ort des Geschehens angekommen, gerät sie auch sofort in Bedrängnis, doch der Säufer des Ortes (Yueh Hua) kommt ihr zu Hilfe. Es entwickelt sich ein Kräftevergleich mit den Banditen, in dem am Ende auch besagter Suffkopf eine entscheidende Rolle spielt, denn er hat ebenfalls eine Rechnung mit den Banditen offen.
Was diesen Klassiker auszeichnet, ist vor allem die hervorragende Inszenierung von King Hu, die von Anfang an deutlich macht, dass man hier nicht nur einen hübschen Exploiter vor sich hat. Die Figuren werden sorgfältig entwickelt und enthüllen im Verlauf der Handlung immer mehr ihrer Geheimnisse. Trotz der recht einfachen Handlung baut King Hu eine immense Spannung auf und versteht es, sich im richtigen Moment Zeit zu lassen: Der Auftaktkampf von Golden Swallow ist jedenfalls ein Musterbeispiel dafür, wie man die Spannung bis zum Bersten steigern kann. Das hätte auch Sergio Leone nicht besser hingekriegt! Auch die traditionelle chinesische Musik, die den ganzen Film über zum Einsatz kommt, trägt ihren Teil zu diesem Gelingen bei.
Den vielen Kampfsequenzen mag etwas das Spektakel späterer Shaw-Brothers-Filme abgehen. Sie wirken extrem artifiziell und - auch wenn das nach den ewigen Kugel-Ballett-Metaphern etwas abgegriffen sein mag - tänzerisch. Cheng Pei-pei bringt einen Kampfstil mit, der zu diesem Film passt, wie der Arsch auf den Deckel (das musste jetzt einfach mal sein!). COME DRINK WITH ME ist extrem sorgfältig und liebevoll gemacht und dabei absolut eigenständig. So wurde statt in den üblichen Shaw-Brothers-Studiolandschaften und -settings ist COME DRINK WITH ME fast ausschließlich an Originalschauplätzen gedreht, was viel von dem Charme dieses Films ausmacht. Es ist sicherlich nicht übertrieben, zu behaupten, dass dieser Film eine nicht unbeträchtliche Inspiration für etwa Ang Lees HIDDEN TIGER, CROUCHING DRAGON gewesen ist (ich denke da an die kurze Verfolgung über die Dächer). Das einzige echte Studiosetting, Drunken Cats Behausung, steht ebenfalls weit über dem schon hohen Standard der Shaw-Brothers-Sets und ist eine absolute Augenweide.
Nach soviel Lob gibt es eigentlich nicht mehr viel zu sagen, außer, dass dieser Film ein absoluter Tipp für Leute ist, die mit diesem Genre eigentlich gar nix anfangen können, denn COME DRINK WITH ME ist viel mehr als nur ein Kung-Fu-Film und ist auch nach vierzig Jahren noch kein Stück veraltet. Wer auch nur eine geringe Affinität zum Honkong-Kino hat, für den ist dieser Film eigentlich eh eine Pflichtübung.
#213
Geschrieben 10. Dezember 2005, 09:47
Der geeignete Film, um die unterschiedlichen Erzähltraditionen von Europäern und Asiaten anschaulich zu demonstrieren, ist LION VS. LION aus dem Jahr 1981 von Chin-Yuet Sang und Hsu Hsia, die beide eigentlich überwiegend als Choreografen für die Konkurrenz von Golden Harvest tätig waren. Vielleicht liegt es auch darin (an ihrer Tätigkeit, nicht an Golden Harvest) begründet, dass die narrative Seite des Film einfach nicht so recht aus den bzw. in die Puschen kommt.
Das burleske Element, dass den Shaw-Brothers-Filmen ja immer zueigen ist, ist in der ersten Stunde des Films absolut dominierend. So muss sich der westliche Zuseher, der dem chinesischen Humor abhold ist, durch eine Nummernrevue aus übelsten Zoten, infantilen Grimassenschneidereien und einer bestenfalls fragmentarisch zu nennenden Handlung kämpfen, die sich um die zwei Taugenichtse Ah Chun (Wong Yu) und Ah Yue (Original-Venom Lo Meng) dreht, die beide versuchen, zu Geld zu kommen und deshalb beschließen, eine eigene Kung-Fu-Schule aufzumachen.
Die erste Stunde findet ihren Höhepunkt in dem Kampf der Löwen. Hier wohnt der Zuschauer einem Volksfest bei, bei dem jeweils zwei Männer zusammen in einem Löwenkostüm stecken und einen Parcours durchlaufen müssen, an dessen Ende ein Preis wartet. Auf diesem Parcours müssen die beiden Löwen ihren Kontrahenten daran hindern, als erster am Ziel anzukommen. Man muss schon ein gewisses Interesse an Folklore mitbringen, um dieses Treiben in einem Film goutieren zu können, auch wenn der Kampf der Löwen prächtig anzuschauen ist. Auf jeden Fall zeigt sich in dieser Sequenz, dass es in den Shaw-Filmen immer auch um das Hochhalten alter Traditionen und Bräuche geht.
Erst danach, nach ca. 70 Minuten, gewinnt der Film aber an Fahrt, denn der Preis des besagten Löwenkampfes ist - warum auch immer - eine Karte, die den Manchu-Herrschern helfen könnte, die Han-Rebellen zu besiegen. Nun sehen sich die beiden Helden dem fiesen Kung-Fu-Meister Bill Zhu (Johnny Wang Lung-Wei) gegenüber, der besagte Karte unbedingt haben will. Was folgt ist ein Kung-Fu-Spektakel par excellence, für das sich das Warten dann doch tatsächlich gelohnt hat. Die beiden Regisseure reihen eine eindrucksvolle Kampfszene an die nächste, bei denen oft auch Requisiten wirkungsvoll zum Einsatz kommen und äußerst kunstvoll in die Choreografie integriert werden. Mehr als einmal wird man an die Jackie-Chan-Filme der 80er- und 90er-Jahre erinnert. So etwa, wenn mit und um zwei Stühle herum gekämpft wird oder ein gigantisches Klapprasiermesser mitsamt dazugehörigem Schleifgurt schmerzbringend eingesetzt wird. In diesen Szenen offenbart sich dann auch das Genie der Regisseure, dass sie auf der Erzählebene leider vermissen lassen.
DIE PRANKE DES GELBEN LÖWEN, so der vorhersehbare deutsche Titel, ist also eine eher zwiespältige Angelegenheit. Angesichts des fulminanten Backkatalogs der Shaws stellt sich deshalb die Frage, warum ausgerechnet dieser Film in der ersten Staffel der deutschen Shaw-Collection veröffentlicht wurde.
#214
Geschrieben 12. Dezember 2005, 00:41
Mit dem bisher letzten Eintrag in der Reihe wendet sich Don Coscarelli vom Fun-Action-Splatter der Teile 3 und 4 ab und schließt wieder mehr an die düstere, mysteriöse und traumgleiche Atmosphäre des Originals an.
Hört man den Regisseur in den diversen als Bonusmaterial der neuen Anchor-Bay-Veröffentlichung enthaltenen Dokus, so war es sein Ziel, mit dem Film (und der Reihe überhaupt) immer mehr Fragen aufzuwerfen als Antworten zu geben, sowohl, um den Zuschauer zu eigenen Spekulationen und Interpretationen anzuregen, aber auch, um dem Titel seiner Reihe gerecht zu werden. Im vorliegenden Fall tat aber wohl auch das sichtbar geringere Budget sein Übriges, um diese Kehrtwende - weg vom Popcorn-Horror, hin zum dunklen Arthouse-Grusel - zu begünstigen.
OBLIVION ist dann wohl auch gegenüber seinen beiden Vorläufern der deutlich interessantere, wenn auch nicht unbedingt der bessere Film. Während PHANTASM II und III auch Leuten Spaß bereiten konnten, die den ersten Teil nicht kannten, und als eigenständige Filme funktionierten, so ist derjenige, der sich den vierten Eintrag ansieht, ohne dessen Vorgänger zu kennen, mit Sicherheit völlig aufgeschmissen.
Es gibt nur wenig Aktion - die Handlung wird eigentlich nur über Dialoge fortgeführt - und man hat das Gefühl, dass die Geschichte völlig stillsteht. Das mag nicht sonderlich aufregend sein, aber man sieht dahinter immer das Bemühen (und Gelingen), das Rätselhafte und Traumgleiche der Geschichte zu betonen. Wüsste man nicht, dass man sich in einem PHANTASM-Sequel befindet, man könnte glatt vermuten, das Debüt eines neuen Surrealisten zu sehen.
Man kann sich darüber streiten, ob PHANTASM IV: OBLIVION nun ein gutes Sequel ist oder eher ein missratenes. Eigenen Nährwert bringt der Film, wie schon erwähnt, fast gar nicht mit. Wer die Vorgänger mochte, wird sich aber über die wirklich großartige Idee, uraltes und bisher nicht verwendetes Material aus Zeiten des ersten Teils miteinzubinden, freuen. Zumal dadurch eine absolute Stärke der Serie - die Authentizität der Figuren und ihr Identifikationspotenzial - betont wird. Man erhält den Eindruck, dass Reggie, Mike und Jody tatsächlich ein Leben außerhalb der Filme führen. Der Schluss, der eben eine solche Szene beinhaltet, ist deshalb meines Erachtens ganz großes Kino - aber eben nur, wenn man die Serie kennt.
Ein Manko neben dem finanziell bedingt etwas schmucklosen Setting (Wüste) ist die Tatsache, dass Reggie und Mike kaum gemeinsame Szenen haben und der Film so noch mehr den Eindruck erweckt, nur aus Einzelteilen zusammengesetzt zu sein. Die Szenen um Reggie erinnern auch am ehesten an die Vorläufer und wollen daher nicht so recht zum Rest des Films passen. Fast möchte man meinen, Coscarelli hätte Angst vor der eigenen Courage bekommen ...
#215
Geschrieben 12. Dezember 2005, 01:10
Yeah, it's Shaw-Brothers-Time again! Dieser zu deutsch IM GEHEIMDIENST DES GELBEN (wie auch sonst) DRACHEN (genau!) genannte Film von 1984 zählt eehr zum Spätwerk der verdienten umtriebigen Studios, ist aber trotz seines geringeren Bekanntheitsgrads ein absoluter Volltreffer.
Die Brocade Guard ist im Titel besagter Geheimdienst, eine Art Leibgarde des Kaisers, die unter der Führung von Zhao Wiyi (Ku Feng) Recht und Ordnung im Kaiserreich sichern soll. Wiyis Sohn Zhao Bufa (Leung Kar-Yan) ist der Kommandant besagter Garde und er erfüllt seine Aufgabe mit großem Pflichtgefühl. Doch schon bald ereilt ihn das schlechte Gewissen. Denn anstatt dem Kaiser und dem Volk zum Guten zu verhelfen, ist die Brocade Guard zur Todesschwadron verkommen. Der Kaiser, ein junger und unreifer Mann, der lieber den lieben langen Tag mit dem anderen Geschlecht die Matratzen durchpflügt, als sein Volk zu regieren, steht unter dem schlechten Einfluss des Eunuchen Wang Zhen (Lau Wing), eines machtgeilen Fieslings, der die Kontrolle an sich reißen will und dafür die Leibgarde missbraucht. Auch Zhao Bufa steht bald auf seiner Shitlist und muss sich daher der geballten Schwertpower der Leibgarde widersetzen. Wird es ihm gelingen, seine Unschuld zu beweisen und den Finsterling zu besiegen?
Hongkong-untypisch wird diese sehr sauber gescriptete Story ohne unnötige Subplots und Comedy-Gedöns vorangetrieben. Das Ganze ist von Regisseur Tony Liu Jun-Guk stilsicher inszeniert worden und wird durch tolle schauspielerische Leistungen von allen Beteiligten, darunter neben den genannten auch Lo Lieh und die Venoms Sun Chien und Lo Meng, feine Settings und phänomenale Actionszenen abgerundet. Auch wenn man nicht den Fehler begehen sollte, politisches Thesenkino zu erwarten, steht die Story doch weit über dem für die Shaw-Brothers üblichen Standard und weiß spannend und klug zu unterhalten. Und wenn dann in den zahlreichen spektakulären Schwertkampfszenen noch die Fetzen fliegen, ist die Begeisterung vollkommen.
Insgesamt ein toller Film, der auch filmhistorisch als Missing Link zwische Old School und New Wave des Hongkong-Kinos hochinteressant ist.
#216
Geschrieben 12. Dezember 2005, 01:41
Ja, man darf Christian Bale für seine schauspielerische Gratwanderung in THE MACHINIST durchaus bewundern. Wie er sich für diesen Film auf ein wirklich schockierendes Maß runtergehungert hat, lässt sich eigentlich nicht mehr
durch Begriffe wie "Hingabe" fassen, das grenzt wirklich - wie es das DVD-Cover ausnahmsweise mal zutreffend sagt - an Selbstverstümmelung. Dennoch muss die Frage erlaubt sein, ob dem Film durch die Hervorhebung dieser Leistung nicht doch etwas mehr Aufmerksamkeit zuteil wird, als er eigentlich verdient hat. Denn THE MACHINIST ist eigentlich ein recht unwichtiger Thriller- wenn auch ein durchgehend sauber und ambitionert gemachter.
THE MACHINIST gehört zu der in den letzten Jahren seit etwa SEVEN und FIGHT CLUB immer mehr in Mode gekommen Art von Film, die sich einer tristen und finsteren Sicht auf die Welt befleißigen. Regisseur Anderson schickt den Zuschauer auf die Reise in eine zerrüttete Psyche - der Weg ist gespickt mit Fragen ohne Antworten und rätselhaften Hinweisen, das Ziel ungewiss. So rätselt man lange, was für ein Schicksal der Regisseur Brad Anderson für seinen Protagonisten Trevor Reznik bereithält. Man versucht, die Hinweise zu deuten, eine Lösung für das Rätsel zu finden, und weiß dennoch, dass, so sehr man sich auch bemüht, am Ende wahrscheinlich eine ganz andere Antwort gegeben wird. Man muss dem Film zugute halten, dass er nicht den Fehler begeht für ein schickes Surprise Ending komplett auf die vorangegangenen 90 Minuten zu scheißen. Was man geboten bekommt, ist logisch, hat Sinn und erfüllt einen mit dem schönen Gefühl, dass jedes Puzzleteilchen an seinen Platz fällt. Das gibt es ja nicht so oft. Auch die Befürchtung, THE MACHINIST sei nur eine Art Remix eines erfolgreichen Films - es deutet sich zwischendurch mal die FIGHT-CLUB-Auflösung an - bestätigt sich nicht.
Dennoch fragt man sich schon, was Bale dazu veranlasst hat, für diesen Film seine Gesundheit solchermaßen aufs Spiel gesetzt zu haben, zumal seine Magerkur in desem Ausmaß für diese Rolle eigentlich nicht unbedingt notwendig gewesen wäre. Es wirkt ein bisschen gimmicky. So etwas wie "Relevanz" oder die vielbeschworene "Gesellschaftskritik" findet sich hier auch nicht mehr als in let's say HARRY POTTER 4.
Nicht falsch verstehen: THE MACHINIST ist schon ein guter Film und auf weiteres von Brad Anderson darf man durchaus gespannt sein. Was mir ausgesprochen gut gefallen hat, war die Art wie der Regisseur seine literarischen Einflüsse untergebracht hat, ohne den Zuscheur mit dem Kopf darauf zu stoßen: Trevor liest Dostojewskis DER IDIOT statt - wie es dem Thema eigentlich angemessen wäre - SCHULD UND SÜHNE (bzw. VERBRECHEN UND STRAFEN) und an äußerst merkwürdiger Stelle (im Badezimmerschrank) sieht man Kafkas DAS SCHLOSS - statt DER PROZESS. Diese Sorgfalt zeichnet THE MACHINIST aus und hebt ihn von vergleichbaren Filmen ab.
Nicht mehr und nicht weniger.
#217
Geschrieben 19. Dezember 2005, 12:06
Ich habe ja an anderer Stelle schon ein Loblied auf KOMM, SÜSSER TOD, die erste Brenner-Romanverfilmung nach den wirklich großartigen Romanen von Wolf Haas, gesungen. Für SILENTIUM kann der Gesang erneut angestimmt werden, denn er vereint dasselbe Kreativteam aus Regisseur Wolfgang Murnberger, Hauptdarsteller Josef Hader und Wolf Haas selbst, der mit den beiden zuvor genannten das Drehbuch verfasste.
SILENTIUM lief im Frühjahr im Kino und zählt für mich zu den rar gesäten Highlights des Filmjahres. Ein Krimi, noch dazu aus Österreich, sollte ja eigentlich eine recht biedere Angelegenheit sein, doch die Mitwirkenden ziehen hier alle Register ihres Könnens. Am Ende steht so - vordergründig - eine Krimikomödie, eine ziemlich aufmüpfige und antiautoritäre noch dazu.
In der schönen Opernstadt Salzburg geschieht ein Selbstmord: Der Sohn des Festspielchefs springt von einem Felsen. Als Brenner herausfindet, dass eben jener Sohn dem ansässigen Bischof das Leben schwer machte, weil dieser ihn vor zehn Jahren sexuell missbraucht haben soll, wittert er Erpressung und Mord. Doch bei seinen Ermittlungen stößt er auf ein viel größeres Komplott, in das die heiligen Kühe der Kirche und des Festspielhauses gleichermaßen verwickelt sind und das sein Leben ziemlich in Gefahr bringt.
Diese spannende und interessante Geschichte wird von den allesamt toll agierenden Schauspielern mit Leben gefüllt und schrägem und teilweise surrealem Humor gewürzt. Dem erwähnten Josef Hader stehen der schon aus KOMM, SÜSSER TOD bekannte Simon Schwarz als Sidekick Bert (der in der Vorlage nicht vorkommt) zur Seite, der für das komische Element sorgt, ohne jedoch zum reinen comic relief zu verkommen. Joachim Krol brilliert als Sportpräfekt Fitz, einen Kirchenmann der besonders schmierigen Sorte, dessen vodergründig fromme und hilfsbereite Art einen ganz miesen Typen verdeckt, Udo Samel ist der Hitler-verehrende Festspielchef, dem man die ganze Zeit über auf die Fresse hauen könnte, und Jürgen Tarrach gibt den eingebildeten Opernstar mit besonders interessanter Neigung. In einer kleinen Nebenrolle taucht auch noch Christoph Schlingensief als Regisseur auf.
Das Besondere an diesem Film ist der Gesamtentwurf, denn obwohl SILENTIUM natürlich ein Krimi ist, ist er noch mehr ein Film über das Leben. Und lebendig ist der ganze Film: Noch jede kleinste Nebenfigur erhält Charakter und Präsenz. Das gibt es viel zu selten. Hoffentlich lässt eine weitere Brenner-Verfilmung nicht zu lang auf sich warten.
#218
Geschrieben 19. Dezember 2005, 12:32
Das ist kein Natursektporno, sondern Chang Chehs Fortsetzung zu King Hus Superklassiker COME DRINK WITH ME, in dem Golden Swallow (Cheng Pei-Pei) zum ersten Mal auftrat.
Beim Namen Chang Chehs sollte klar sein, dass in diesem Film die Action deutlich im Vordergrund stehen und Golden Swallow wahrscheinlich zugunsten einer Männerfigur in den Hintergrund treten würde. Beide Annahmen bewahrheiten sich, dennoch beweist Chang Cheh hier noch ein Händchen für subtile Zwischentöne, was ihm in späteren Filmen (dieser hier ist von 1968) dann nicht mehr so gelingen sollte - wahrscheinlich hat es ihn einfach nicht mehr so interessiert.
Golden Swallow streift jedenfalls mit ihrem Freund (Lo Lieh) durch die Lande und legt sich hier und dort mit bösen Buben an. Als sie vom Schwertmeister Silver Roc hört, erinnert sie sich an ihren Jugendfreund Little Roc, der schon als Junge große Meisterschaft im Kung-Fu erlangte, jedoch immer stolz und verschlossen blieb. Nach der Ermordung von Little Rocs Eltern verschwand dieser, nicht jedoch, ohne vorher die Übeltäter ihrer Bestimmung zugeführt zu haben. Man spürt, dass zarte Bande zwischen den beiden gespannt sind ...
Und tatsächlich: Der Little Roc ist inzwischen zum Silver Roc gereift (Jimmy Wang-Yu). Als geplagter Rachegeist streift er durch die Landen und metztelt alles nieder, was sich ihm an Kroppzeuch in den den Weg stellt. An jedem Tatort hinterlässt er das Wahrzeichen Golden Swallows, seiner großen Liebe: eine Anstecknadel mit eben einer goldenen Schwalbe. So hofft er, sie auf seine Spur zu bringen. Natürlich bringt er Golden Swallow damit jedoch zuerst in Bedrängnis, denn man verdächtigt sie der zahlreichen Morde.
Während in Golden Swallows Freund nun langsam die Eifersucht schwillt, gilt es für die beiden, Silver Roc zu finden, bevor er weiteres Unheil im Namen Golden Swallows anrichtet. Werden die beiden Männer am Ende um die Hand der Schönen kämpfen? Wird die Liebe ihren gerechten Weg finden?
Ein schöner Film, der viel von seiner sehr eigenen Stimmung den vielen "echten" Locations verdankt, die auch schon COME DRINK WITH ME veredelten. GOLDEN SWALLOW ist sehr sorgfältig inszeniert, die komplizierte Dreiecksgeschichte überzeugend entwickelt und umgesetzt. Hier muss einmal angemerkt werden, dass Lo Lieh wahrscheinlich einer der versiertesten Mimen aus dem Hause Shaw ist: egal ob als Held oder als Bösewicht, Lo Lieh ist immer glaubwürdig. Eine Leistung, die David Chiang oder Jimmy Wang-Yu zum Beispiel nicht immer glückt.
Was letzterem an solchem Talent fehlt, das macht er durch seinen entschlossenen Gesichtsausdruck, stechenden Blick und schlichte Präsenz wieder wett. Da drückt man dann bei den Kampfszenen, in denen man sieht, dass er kein Meiser des Schwertes ist, gern mal ein Auge zu. Cheng Pei-pei, eingekeilt zwischen zwei Kerlen unter der Regie eines ausgeprägten Machos, macht das beste aus der Sache und sieht vor allem umwerfend aus. Sie wird ein bisschen zur Passivität verdammt, obwohl ihre Figur natürlich Dreh- und Angelpunkt der Geschichte ist. Auch in den Kampfzenen hält sie sich zurück, sodass der englische Titel THE GIRL WITH THE THUNDERBOLT KICK mal wirklich keinen Sinn ergibt. Ich habe im ganzen Film einen Tritt von ihr gezählt!
#219
Geschrieben 19. Dezember 2005, 13:35
Regisseur Tang Chia ist wie sein Kollege Liu Chia-Liang eigentlich Choreograf für Kung-Fu-Szenen. Das merkt man auch SHAOLIN INTRUDERS deutlich an, dessen einfache Krimihandlung doch lediglich das Gerüst für allerhand spektakuläre Kampfsequenzen bietet.
Es geht um finstere Gesellen, die sich ins Shaolinkloster gemogelt haben und die dort erlernte Kampfkunst nutzen, um Schindluder zu treiben. Und weil einer der Morde Lei Hsins (Derek Yee) Freund Ching Hua (Liu Yu-Po) in die Schuhe geschoben wird, muss Lei Hsin die Übeltäter zusammen mit seinem Freund entlarven. Da aber keiner so einfach in ein Shaolinkloster marschieren darf, um Mönche des Verbrechens zu bezichtigen, müssen sich die beiden erst drei Proben stellen ...
Diese Proben sind dann natürlich Anlass für drei wirklich atemberaubende Sequenzen, in denen die Beteiligten ihre Artistik und Körperbeherrschung demonstrieren können. In einer Szene tritt Lei Hsin gegen sechs Stockkämpfer gleichzeitig an, die ihre Waffen auch gern gemeinsam einsetzen, um ihn einzukeilen oder durch die Gegend zu werfen. Strippenzieherei galore ist angesagt und mehr als einmal bleibt einem aufgrund der rasanten Choreografie die Spucke weg. In der letzten Prüfung kommen die bekannten Sitzschemel in einer Abwandlung des Pfahlkampfs zum Einsatz. Am Schluss werden die Schemel zu einem Turm aufgebaut, auf dem sich unsere Racker nach Herzenslust austoben können. Wer ONCE UPON A TIME IN CHINA kennt, dem dürfte das Prinzip bekannt sein ...
Die Actionsequenzen sind also ohne Frage das Salz in dieser Suppe und Tang Chia macht da zum Glück keinen Hehl draus. Mit viel Schwung entwickelt sich die Geschichte, es wird vor allem Kurzweil geboten fürs Geld. Man mag mäkeln, dass SHAOLIN INTRUDERS mehr mit Sport zu tun hat als mit Film. Man muss wohl einen Draht dazu haben. Ich find's toll.
#220
Geschrieben 19. Dezember 2005, 14:35
Wenn man über Tang Chias Inszenierung von SHAOLIN INTRUDERS sagen kann, dass die Handlung um die Action-Set-Pieces herumkonstruiert wurde, so könnte man über Jim Jarmusch wahrscheinlich sagen, er erfinde Geschichten, um Platz zu schaffen für Szenen, die andere Regisseure herausscheniden würden, um das Tempo zu erhöhen.
Auch in MYSTERY TRAIN gibt es soetwas wie eine Geschichte; eigentlich geht es aber um die Menschen, um die herum sich diese Geschichte ereignet. Nur wenig wird tatsächlich von Menschen "gehandelt", das meiste fällt den Beteiligten so zu, durch Zufall, Schicksal, was auch immer. Menschen treffen sich, ihre Wege überschneiden sich kurz, manchmal verpast man sich auch.
"Mystery Train", das ist der Zug der zu Beginn nach Memphis, Tennessee einfährt und ein jugendliches japanisches Liebespärchen ausspuckt, die auf den Spuren Elvis' wandeln. Was das Ziel ihrer Reise ist, warum sie auf Reisen sind, wo sie herkommen, man weiß es nicht und man erfährt auch im Verlauf des Filmes nicht viel mehr. Nicholetta Braschi überführt die Leiche ihres Ehemannes, nach - eine Äußerung lässt das vermuten - nur sehr kurzem Ehe- und Liebesglück. Auf der Suche nach einem Hotelzimmer begegnet sie Dee Dee, die wiederum ihrem Lover Joe Strummer - R.I.P.) den Laufpass erteilt hat. Dessen Liebesunglück - in Verbindung mit einer Kündigung - führt ihn und seinen Arbeitskollegen sowie den Beinahe-Schwager (Steve Buschemi) in eine ziemlich turbulente Nacht und in das Hotel, in dem auch die vorherigen Figuren abgestiegen sind.
Was bei COFFE & CIGARETTES durch die fragmentarische Form besonders deutlich hervortrat, kommt auch hier ans Licht: Im Gegensatz zu Quentin Tarantino etwa, der ja auch viel in Dialogen passieren lässt, wird bei Jim
Jarmusch in Dialogpassagen fast gar kein Sinn mehr transportiert. Es geht um Smalltalk, um eigentlich belangloses Zeug. Im Austausch dieses Nichts liegt bei Jim Jarmusch aber eine große Geborgenheit: Der Ort an dem man das größte Nichts austauschen und mitteilen kann, ist ein guter Ort, der Mensch, der einem für diese Lärmbelästigung nicht kräftig die Meinung geigt, sondern zuhört und antwortet, ein wahrer Freund. Und weil das alles trotz sichtbarer Überstilisierung recht dicht dran ist am Leben, so wie es sich in Wartehallen, Kneipen, Hotelfoyers und an Straßenecken ereignet, kommen uns die Figuren näher, ohne, dass wir viele Fakten über ihr Leben in Erfahrung bringen können.
Am Anfang eines neuen Tages verlässt der Mystery Train Memphis. War ein schöner Tag.
#221
Geschrieben 19. Dezember 2005, 16:28
Tobe Hoopers letzter Film vor POLTERGEIST markiert den Wendepunkt vom subversiven (THE TEXAS CHAINSAW MASSACRE), kleinen (DEATH TRAP) Horrorfilm zum Big-Budget-Mainstream, den Tobe leider nur kurze Zeit mitschwimmen durfte. Er markiert (zusammen mit dem Sequel zur Kettensägenoper) das letzte echte Highlight, das Tobe fertigbrachte: Man unkt ja schon lange, dass er an POLTERGEIST gar nicht so viel inszeniert hat, wie man es ihm eigentlich zugedacht hatte.
THE FUNHOUSE ist tiefste Achtziger und in erster Linie ein einfacher scary movie. Zwei Pärchen gehen auf die Kirmes, rauchen, flirten und machen sich über das merkwürdige Kirmesvolk lustig. Eine Nacht in der Geisterbahn soll den letzten Kick und auch den ersehnten Sex bringen; stattdessen beobachtet man einen Mord und sitzt bald darauf ziemlich in der Klemme.
Das ist nun nicht der Gipfel des Erfindungsreichtums, aber stimmungsvoll, spannend und nicht zu blöd in Szene gesetzt. Die Teenies (eher Mittzwanziger) zeigen noch nicht ganz die typische Slasherfilmdemenz und der Kirmesplatz mit Gespür für dessen Absonderlichkeiten eingefangen. Wer in der Kindheit mal mit der Geisterbahn gefahren ist, weiß, dass der Kartenabreißer dort manchmal größere Albträume bescheren kann, als die Pappmacheegespenster.
Es gibt ein schönes Maskenthema und dem Latexfetischisten wird auch was geboten: Das Ungetüm des Films (der entstellte Sohn des Geisterbahnbetreibers) entpuppt sein hässliches Antlitz und zum Vorschein kommt eine Maske die wohl als most-overdone in die Filmgeschichte eingehen würde. Schon effektiv, irgendwie, aber die Fresse hätte besser in einen Insekten-Mutationsfilm gepasst! Es gibt noch einen schönen Showdown im Maschinenraum der Geisterbahn mit allerlei Geknalle und Getöse, dann ist nach 90 kurzweiligen Minuten Feierabend.
#222
Geschrieben 20. Dezember 2005, 12:33
Das Genre des Riesenaffenfilms wird von der seriösen Wissenschaft leider immer noch mit Missachtung gestraft. Egal, ob King Kong, Konga, Utam oder wie sie auch immer heißen, keinem wurde der gebührende Respekt zuteil, für die meisten war die Filmkarriere genauso schnell wieder vorbei, wie sie begonnen hatte. Kein Wunder: Als Mietwohnungen zertrampelnde Ungetüme wurden sie dargestellt, als frauenverschleppende Riesenprimaten, die zudem noch eine Gefahr für unsere natürlichen Ressourcen darstellen - eine Gefahr, die durch die Möglichkeit, zukünftig auf gigantische Vorkommen von Affenkot als Düngemittel zurückzugreifen, nicht gänzlich aufgewogen wird -: ein Imagewechsel schien undenkbar.
Auch Peter Jacksons neues Wunderwerk wird bislang Unbekehrte nicht von der Notwendigkeit der Integration von Riesenaffen in unsere Gesellschaft überzeugen können, der Film bleibt dem Geist seiner Vorgänger weit gehend treu. Doch Peter Jackson hat sich sehr viel Mühe gegeben. Jeder Einstellung (sofern man das von einem Film, der zu 99,9 % im Rechner entstanden ist, noch sagen kann) sieht man an, dass Peter Jackson wahrscheinlich Jahre damit zugebracht hat, sie zu erträumen. Sein Skull Island ist so lebendig, dass man sich richtig vorstellen kann, wie er diese Insel als Kind stundenlang in seiner Fantasie bereiste und erkundete.
Der größte Teil des Films spielt dann auch auf Skull Island, der Heimat des Giganten: Da gibt es einen reichlich verstörten Eingeborenenstamm, der seine Verwandtschaft mit den Orks aus LORD OF THE RINGS nur unzureichend verbergen kann und der eine Siedlung bewohnt, die fast ausschließlich aus Mauern, Gräben und Türmen besteht. T-Rex, Velociraptor und Brontosaurus sagen sich auf der Insel gute Nacht, wenn sie nicht gerade damit beschäftigt sind, sich gegenseitig umzubringen oder Menschenfleisch zu jagen. Und in den feuchten dunklen Schluchten der malerischen Insel haust ein Krabbelgetier, das die Riesenspinne aus RETURN OF THE KING zum goldigen Schmusebärchen macht. Wer eine Insektenphobie hat, kann STARSHIP TROOPERS jedenfalls vom Thron stoßen und KING KONG seinen verdienten Platz zuweisen. Die Action-Set-Pieces zeugen wieder einmal vom großen Jacksonschen Einfallsreichtum. Ich denke hier vor allem an die Saurier-Stampede und die Absturzsequenz mit Kong, Blondine und zwei T-Rexen.
Es verwundert nicht, dass der Film den großen Einfallsreichtum des Inselakts im letzten Drittel nicht mehr erreicht. Ikonografisch ist die New-York-Sequenz durch die Besteigung des Empire State Buildings ziemlich festgelegt. So bleibt eigentlich nur eine Szene im Gedächtnis, die Jackson erfunden hat: Das kurze, zum letzten Mal unbeschwerte Tänzchen, für das der Affe mit seiner Traumfrau sogar aufs Eis geht. Eine schöne Szene, die trotz ihres enormen Kitschgehalts, der schon fast "Disney" schreit, völlig unpeinlich über die Rampe kommt. Natürlich hat man auch in Sachen Realismus dazugelernt: Es sieht schon toll aus, wie der Riesenaffe (der wieder von Gollum Andy Serkis "gespielt" wird) sich an Häusern entlanghangelt, auf der Schneeschicht herumrutscht und wahllos Blondinen abgreift, um "seine" zu finden - Riesenszene!
Das Hauptproblem: So sehr Jackson sich auch bemüht, King Kong durch Betonung seiner menschlichen Züge zur Sympathiefigur zu machen - was ihm vor allem dadurch gelingt, dass er Kong und seine weiße Frau (Naomi Watts) miteinander interagieren lässt -: irgendwie ist diese Geschichte einfach ein Produkt ihrer Zeit und kann heute nicht mehr mit voller Wucht funktionieren. Jackson hat das wohl geahnt. Im Gegensatz zum 70er KING KONG von John Guillermin, der den Kong-Mythos ja in die damalige Gegenwart verfrachtete, drehte Jackson ein "echtes" Remake. Auf den Katastrophenfilmaspekt, den Guillermin sich noch zunutzen machte, verzichtete Jackson zurecht: Die "realistische" Bedrohung New Yorks durch einen Riesenaffen wäre wohl auch im beginnenden Jahr 5 nach 9/11 wohl einfach nur lächerlich. Das Jackson aber auch das komische Potenzial des Ur-Kongs erkannt hat, zeigt sich in der Denhamschen Inszenierung am Broadway: Schwarz angemalte Tänzer im Baströckchen mit Knochen durch die Nase machen Humba-Humba um dem großen Kong ein Opfer darzubringen - im Original hat man das noch tatsächlich so inszeniert.
Mit der zunehmenden Perfektionierung der Oberfläche werden Jacksons Filme stilistisch und inhaltlich leider zusehends belangloser. Das ist zwar noch meilenweit von der Stümperei eines George Lucas entfernt, bewegt sich aber schon bedenklich in die Richtung sterilen, unpersönlichen Unterhaltungskinos, das sich vom entsprechenden Werbeclip für das dazugehörige PlayStation-Spiel nur noch marginal unterscheidet. Von einem Film zu sprechen fällt bei Betrachtung von KING KONG schwer, denn tatsächlich dürften sich die Akteure überwiegend zwischen grünen Vorhängen bewegt haben. Dafür machen sie ihre Sache aber wirklich gut - ein weiterer Unterscheid zwischen Lucas und Jackson: Die Bindung an die Figuren funktioniert (noch); nicht weil sie so toll gescriptet wären (die Hauptfiguren Jack Black als Regisseur Carl Denham, Naomi Watts als Ann Darrow, Adrien Brody als intellektueller Bühnenautor Jack Driscoll und Thomas Kretschmann als Prochnow-Kapitän-Surrogat sind allesamt Klischeefiguren), sondern weil Jackson offensichtlich gut mit Schauspielern kann.
KING KONG ist tatsächlich einfach nur großes Eventkino von dem einzigen Regisseur, der im Moment versteht, so etwas würdevoll, mit Stil und Einfallsreichtum über die Rampe zu bringen. Wenn also Big-Budget-Mega-Krawallkino, dann doch bitte von Peter Jackson. Und die Hoffnung, dass er seine roots noch nicht ganz vergessen hat, gibts auch: Wer zu Beginn des Films aufpasst wird einen auf BRAINDEAD abzielenden In-Joke entdecken ...
#223
Geschrieben 20. Dezember 2005, 13:10
An Inarritus AMORES PERROS habe ich nur noch dunkle Erinnerungen, was wahrscheinlich auch daran liegt, dass es in Inarritus Schaffen nur wenig lichte Momente gibt. Auch in 21 GRAMS ist alles dunkel, dreckig, scheiße und tragisch.
Sean Penn ist durch ein Herzleiden an sein Bett gefesselt und wartet auf ein Spenderherz. Die Beziehung zu seiner Freundin kriselt, doch sie will unbedingt ein Kind von ihm, bevor er stirbt. Naomi Watts ist eine glückliche junge Familienmama, bis ihr Ehemann und ihre beiden Töchter überfahren werden. Der Schuldige flüchtet, sie steht vor der Wahl, das Herz ihres Mannes an einen Bedürftigen abzugeben. Benicio Del Toro ist ein gesellschaftlicher dropout: keine Schulbildung, mehrfache Haftstrafen. Mit Inbrunst flüchtet er sich in den Glauben. Doch der wird auf eine harte Probe gestellt als er eine Familie überfährt.
Die Wege der drei Hauptfiguren überschneiden sich im Verlauf der Geschichte noch einmal - Inarritu bleibt seinem Stil also treu. Das brachte ihm bei AMORES PERROS noch die zwangsläufigen Vergleiche mit Tarantino ein, doch Inarritu hat natürlich ganz anderes im Sinn als nur die coole Verschlingung von Narrationsebenen und das Spiel mit den Fragmenten: Es steht eine Welt- und Lebensanschauung hinter dieser Erzähltechnik, ein Glaube. Vom Glauben an ein Schicksal, eine wie auch immer geartete Macht hinter den Dingen, die Ordnung in noch so chaotische Lebenslinien bringt, handelt 21 GRAMS. Und davon, wie man, wenn man an dieses Schicksal glaubt, dennoch sein Leben leben kann. Die Hauptfiguren in 21 GRAMS scheitern alle an dieser Aufgabe, weil sie die Vergangenheit nicht vergessen können. Sean Penn muss wissen, wer der Spender seines Herzens war; Naomi Watts kann kein neues Leben anfangen, bevor sie nicht den zerstört hat, der ihr Leben innerhalb eines Sekundenbruchteils auf den Kopf stellte; und Benicio del Toro kann nicht die Vearntwortung für sich und seine Familie übernehmen, weil er Gott für seinen Fehler verantwortlich macht. So fahren alle drei Figuren munter weiter auf dem Karussell der Selbstzerstörung.
Der Film nimmt einen ziemlich mit, wozu auch die hervorragenden Hauptdarsteller ihr Scherflein beitragen, die allesamt am Rande der Selbstzerfleischung agieren. Es sei aber die Frage erlaubt, warum Inarritu jedesmal eine solch triste Welt zeichnet: Es kann doch alles gar nicht so schlimm sein, wenn man in der Lage ist, solche Filme zu drehen! In einem Punkt schont er sein Publikum aber wenigstens ein bisschen: Nach AMORES PERROS schien es ja eigentlich unvermeidlich, dass er den zentralen Autounfall auch diesmal wieder in all seiner einschneidenden Grausamkeit darstellt. Das hat er uns erspart. Danke dafür.
#224
Geschrieben 20. Dezember 2005, 13:40
Das Wiedersehen mit alten Bekannten kann bislang eine äußerst zweischneidige Erfahrung sein: Manchmal wird man positiv überrascht, oft im schon bestehenden Urteil bestätigt, noch öfter jedoch enttäuscht. Das zuckersüße Mädel von einst hat den Klassenarsch geheiratet und eine Banklehre gemacht, der Kumpel, mit dem man damals um die Häuser gezogen ist und die Welt aufgeteilt hat, ist mit 30 schon satt und auf dem besten Weg zum Alkoholiker.
REVENGE OF THE NINJA vom US-B-Film-Action-Meister Sam Firstenberg (AMERICAN NINJA 1,2,3) ist auch so ein Fall: Damals aus der riesigen Videosammlung eines Familienbekannten gezerrt ("Ninjas? Das kann ja nur geil sein!"), begeisterten mich die tricky gadgets der Superkämpfer, die Wurfstern- und Rauchbombenwerfereien, das geschickte Gehampel an Seilen und Strickleitern. Kein Zweifel: Ninjas waren die geilsten; und dieser Film ward mir ans Herz gewachsen für seine selbstzweckhafte Gewalt, die für mich, den damals 12-13-Jährigen, eigentlich nicht gemacht war. Irgendwann musste ich den Film natürlich zurückgeben, Kopien ziehen konnte ich damals noch nicht (nur ein Recorder!) und so wurde eine innige Bande zerschnitten.
Jahre später nochmal Herzrasen in der Vidde, weil die hatten den Film als RÜCKKEHR DER NINJAS im Regal. Ich sofort ausgeliehen, Ehrensache. Doch zu Hause der Schock: geschnitten! All die feinen Sachen, an die ich mich noch erinnern konnte - vor allem die, wo Schokosugi dem Bösen voll die Stacheln ins Gesicht rotzt! - waren weg, der Film nur noch ein Schatten seiner selbst ... Sollte diese Liebe tragisch enden?
Ums kurz zu machen: Ja. Denn jetzt, nocheinmal ein paar Jahre später habe ich den Film in der ungeschnittenen Fassung wieder gesehen. Wo ich früher Ninjas sah, Meister der 1000 Tode, sehe ich heute Knallchargen in schlecht sitzenden Kostümen, die sich so doof anstellen, dass man sich fragt, wie sie überhaupt so alt werden konnten. Ich sehe Schokosugi, früher ein echter Ninja, keine Frage, der auf allen DVD-Covern der Welt als Super-Action-und-Kampfsport-Experte ausgegeben wird, aber eigentlich nur der schlechteste Schauspieler der Welt ist. Ich sehe seinen ca. sechsjährigen Sohn Kane, früher Identifikationsfigur für mich, weil er den fiesen Schulbullies kräftig einen verpasste, auch wenn sie viel älter waren, und der auch gegen die Großen seinen kleinen Mann stehen konnte. Heute sehe ich den mittlerweile erwachsenen Kane Kosugi vor dem geistigen Auge, der Probleme hat, sein Leben zu meistern, weil ihm damals nie jemand gesagt hat, dass das alles nur Film ist, er kein Superfighter und der Papa kein Ninja, und das weiße Pulver auch nichts ist, womit man seinen Kakao süßt. Früher der Oberninja: mit allen Wassern gewaschen und immer für einen teuflischen Trick gut. Heute sehe ich, wie dieser gemeine Oberninja den doofen Schokosugi mit Papparmen, Pappatrappen und allerlei anderem Blödsinn, der nie funktionieren würde, austrickst, anstatt ihm einfach die Lampen auszutreten. Ich sah die böse, böse amerikanische Großstadt, in der der Film spielt, mit den beiden Hochhäusern, auf denen der finale Showdown stattfindet, eine Stadt so böse, dass es nur L.A., Chicago, New York oder wenigstens Detroit sein konnte. Heute lese ich im Abspann: Shot on Location in Salt Lake City. Eine Stadt, die so evil ist, dass Schokosugi und sein Nackenfotze tragender Sidekick (Keith Vitali) in einer tollen Szenen tatsächlich auf den Abenteuerspielplatz gehen müssen, um sich mit drei fiesen Rockern zu prügeln.
Tja, so ist das. Aber wenn ich es mir genau überlege: Eigentlich ist der Film immer noch ganz schön geil.
#225
Geschrieben 23. Dezember 2005, 15:45
Das ist Tsui Harks neuestes Opus. Ein Film, den ich mit Spannung erwartet habe, weil Hark vor allem formal immer schwere Geschütze auffährt. Von der Bilderflut namens LEGEND OF ZU habe ich mich immer noch nicht erholt und ich halte den Film ungelogen für ein veritables Meisterwerk und für einen echten und buchstäblichen "Kunst"film: Was Viele, die einen Film im Stil des Vorgängers ZU: WARRIORS FROM THE MAGIC MOUNTAIN erwartet hatten, sicher anders sehen.
Nach SEVEN SWORDS bin ich ein bisschen ratlos: Auf der einen Seite ist da ein wirklich toller Film, der vor allem von seinen atemberaubenden Bildkompositionen lebt und in jeder Sekunde große Epik atmet, auf der anderen Seite das Gefühl, hier ist die Handbremse nicht vollständig gelöst worden. Die Actionszenen sind ein ständiger Tease, zwar technisch einwandfrei und auch spektakulär, aber eben auch nicht von der Klasse "Noch nie dagewesen". Der Showdown ist zwar dann doch recht angemessen, es gibt jede Menge furiose Schwertkampfaction, aber gegenüber dem erzählerischen Bombast bleibt das dennoch fast Kammerspiel.
Der Kritik aus der SPLATTING IMAGE, der Film sei überkompliziert und wohl nur für Asiaten verständlich, kann ich zwar überhaupt nicht zustimmen, aber ich hatte doch mehrfalls das Gefühl, dass es einen Grund hatte, dass Hark ursprünglich eine Länge von rund 4 Stunden im Sinn gehabt haben soll. Vor allem in der Exposition wirkt manches einfach holprig, so als fehlte da noch was.
Herausragend ist das Design des gesamten Films, der mit großartigen Settings und Kostümen aufwartet, die fast den Vergleich zu LORD OF THE RINGS aufdrängen. Hier sind die sieben verschiedenen Schwerter, deren Eigenschaften die Wesenszüge ihrer jeweiligen Träger repräsentieren, noch gesondert hervorzuheben. Was sich beim Kampf zwischen dem "Dragon" (Donnie Yens Filmschwert) und dem "Transience" (dessen Gegenstück) abspielt ist ein Fest für Augen und Ohren und lässt einen tatsächlich an die unglaubliche Macht dieser uralten Klingen glauben, deren Aufeinanderprallen die Welt beinahe aus den Angeln hebt.
Die bombastische Fanfarenmusik klingt zwar ein bisschen synthetisch, ist aber genau die Musik, die man in einem solchen Film hören will, da schwillt einem der Kamm, der feuchte Blick geht gen Horizont und warme Gefühle von Edelmut und Heldentum wallen warm in der Brust. Die Nostalgie ist perfekt, wenn mit Liu-Cha Liang bzw. Lau-Kar Leung ein Wegbereiter des neuen Hongkong-Kinos sichtlich gealtert in einer Hauptrolle, in der er als reumütiger ehemaliger Henker nach Läuterung strebt, seine Aufwartung macht. Er wird auch in den nächsten Einträgen zwischen den Zeilen (und in diesen) lauern.
Durchaus gemischte Gefühle also, dennoch plagt mich, seitdem ich den Film gesehen habe, das Bedürfnis, ihn nochmal zu schauen. Dass ist ein gutes Zeichen und vielleicht lösen sich ja dann auch einige der oben genannten in Luft auf.
#226
Geschrieben 23. Dezember 2005, 16:35
Der Titel ist Programm, auch auf deutsch: Mit DAS SCHLITZOHR MIT DER AFFENTECHNIK ist der Film recht reffend betitelt worden. Regissuer und Kung-Fu-Spezialist Liu-Chia Liang (Ich glaub, ich schreib den Namen immer anders ...) spielt einen jungen Kung Fu-Artisten, dessen Monkey Fist den Oberfiesling Duan oder so (Lo Lieh mal wieder in einer Schurkenrolle) so begeistert, dass er beschließt, dem hochmütigen Jungspund die Karriere zu versauen. Der arme Tropf wird erst betrunken gemacht und dann Duans Geliebter als Betthupferl aufs Kopfkissen gelegt. Der von Gedächtnisausfall Geplagte kann nur seine Unschuld beteuern. Das nützt freilich nix und daher werden seine Hände zu Brei gekloppt. Jahre später hat er dem Kung Fu abgeschworen und tritt lieber mit einem kleinen Äffchen auf. Bis der Taugenichts Little Monkey (Hsiu Hsia) auffe Matte steht ...
Der Film hangelt sich an den typischen Bauteilen entlang: Die zwecklosen Überredungsversuche Little Monkeys, Chan möge ihm doch die Monkey Fist beibringen, Little Monkeys riskante Alleingänge, von denen er stets mit Blessuren davonkommt, die ständigen Übergriffe der Bullies (die natürlich von Duan finanziert werden) und schließlich die Ausbildung Little Monkeys, sein Kampf gegen Duan und schließlich das Eingreifen Chans, der natürlich beweist, dass er in all den Jahren der Astinenz nichts verlernt hat.
Das ist mit dem typischen Humor reichlich bestückt und so ohne Umschweife und großes Federlesen erzählt, dass man schnell erkennt: Hier geht es nur um Kung Fu. Die Kämpfe und die Monkey Fist sind wirklich toll anzusehen und werden von den beiden Hauptdarstellern überzeugend dargestellt. Jackie-Chan-Fans werden begeistert sein. Auch die Trainingsequenz, Herzstück vieler Shaw-Brothers-Filme, ist hier richtig geil und absurd.
Leider ist der Film insgesamt etwas "generic", was meine Aufzählung von Eckpunkten oben wahrscheinlich schon deutlich gemacht hat. So vermisst man die vor Subplots, Nebendarstellern und -kriegsschauplätzen berstende Narration, die die meisten Hongkong-Filme (vor allem jener Zeit) auszeichnet.
#227
Geschrieben 23. Dezember 2005, 19:28
Shaw Brothers, Liu-Chia Liang, 1982. Alles klar? Dieser Film wird in manchen
Kung-Fu-Film-Expertenkreisen als so etwas wie der quintessenzielle Kung-Fu-Film bezeichnet. Das liegt wohl vor allem daran, dass er beinahe enzyklopädischen Charakter hat. Die 18 titelgebenden Waffen tauchen allesamt im langen Schlussduell auf und werden mittels Untertiteln auch benannt.
Die Geschichte dreht sich mal wieder um so eine historische Kung-Fu-Krise. Die Erfindung der Feuerwaffe fordert den Erfindungsgeist der Martial Artisten, die mithilfe von Zauberkraft und Hokuspokus immun gegen die fliegenden Blechbohnen werden sollen, um im Kampf eine Chance zu haben und Gel für Waffen zu sparen. Der Plan misslingt natürlich und fordert enorme Opfer, denn die Kung-Fu-Experten wollen natürlich nicht aufgeben und schießen deshalb haufenweise "Unverwundbare" über den Haufen. Der ehemalige "Chef" eines solcherweise tätigen Geheimbunds Liu Gung (Liu-Chia Liang) hat aufgrund dieses Treibens schon vor langer Zeit das Handtuch geworfen und gilt seither als verschollen. Zwei Agenten sollen ihn ausfindig machen und seine verräterischen Umtriebe bestrafen ...
Obwohl der Film schon der Spätphase des Shaw-Werks zuzurechnen ist, wird LEGENDARY WEAPONS OF CHINA seinem guten Ruf mehr als gerecht. Der naive Humor, der in den Filmen aus dieser Zeit allgegenwärtig war und den "ernsten" Ton des Kung-Fu-Films der späten 60er und 70er ablöste, kommt hier zum Glück wohldosiert zum Einsatz. In einer wirklich witzigen Szene tritt Alexander Fu Sheng als falscher Kung-Fu-Magier auf, der in seiner Darbietung auf dem Marktplatz wahrscheinlich einen Großteil der Tricks verwendet, auf die auch die Macher von Kung-Fu-Filmen bei der Inszenierung zurückgreifen. Ein weiterer Beleg dafür, dass Liu-Chia Liangs Film auch ein Film über das Kung-Fu-Kino ist.
Im langen Finale (das eigentlich sogar aus zwei Showdowns besteht) gibt es dann auch jede Menge Kung-Fu-Magie, wie sie mit Ching Siu-Tungs CHINESE GHOST STORY-Trilogie richtig groß und genrebestimmend werden sollte. Gepaart mit Liu-Chi Liangs sensationeller Choreografie und einer tatsächlich funktionierenden Story ergibt das ein absolutes Highlight aus dem Haus der gelben Filmemacher.
#228
Geschrieben 27. Dezember 2005, 15:19
Wieder mal ein Venoms-Film von Chang Cheh, der schon vom beginnenden Niedergang der Shaw Brothers kündet. Obwohl dieser Film ungefähr dieselben Schwächen aufweist wie schon THE FIVE VENOMS - eine umständlich erzählte Handlung, viele Dialoge, wenig Action - hat er mir dennoch ziemlich gut gefallen, was vermutlich daran liegt, dass in den den Dialogszenen endlich die historischen Hintergründe erläutert werden, die so vielen SB-Filmen zugrunde liegen, dort aber als bekannt vorausgesetzt werden.
Der Film lässt sich laaange Zeit: In den ersten 15 Minuten wird die Geschichte erst einmal - entgegen jeglicher herrschenden Lehre - in ausschweifenden Dialogen erläutert. Dabei geht es doch wieder einmal um die Rivalität zwischen der bösen, bösen Manchu-Regierung und den guten, rechtschaffenen Hans, dem gemeinen Volk. Die Manchus haben die beim Volk beliebte Ming-Dynastie abgelöst und die tyrannische Qing-Dynastie installiert. Die Shaolin-Mönche haben es sich zur Aufgabe gemacht, die Ming-Anhänger zu unterstützen und ihnen Kung Fu beizubringen (siehe THE 36 CHAMBERS OF SHAOLIN; Mönch San Te ist hier auch dabei - und stirbt), weil sie beim Sturz des Qing-Regimes behilflich sein wollen. Der Wudang-Clan hingegen ist ein Bündnis mit den Manchus eingegangen und stellt sich den Rebellen entgegen. In TWO CHAMPIONS OF SHAOLIN treten zwei tapfere Shaolin-Helden in einem kleinen Dorf in den Kampf mit einigen Wudang-Anhängern.
Das ist eigentlich schon alles. Wie schon in den vorigen Filmen des Teams streiten die Venoms an verschiedenen Fronten: Lo Meng, Chiang Sheng und Sun Chien treten als tollkühne Recken für die Shaolin in den Ring, Lu Feng für den Wudang-Clan und Philipp Kwok kümmert sich hinter den Kulissen als "Fighting Instructor" um die Kampfszenen. Gut fand ich, dass die Braut Lo Mengs in diesem Film Jin Bier heißt - na denn mal Prost! Der Schlusskampf ist rasend schnell und ziemlich beeindruckend und in einer besonders schönen Szene wird ein Schurke durch einen beherzten Handgriff der Familienjuwelen entledigt.
#229
Geschrieben 27. Dezember 2005, 15:36
In seiner ersten Hauptrolle gibt David Chiang mal wieder den smerten, cleveren daredevil mit dem süßen Lächeln. Er ist als wandering swordsman unterwegs, eine Art hedonistischer Robin Hood: Er schlägt sich damit durchs Leben, Räubern und anderem Gesocks die Beute abzunehmen. Läuft ihm mal bedürftiges Volk über den Weg, verschenkt er großherzig seine Beute, auch wenn er danach pleite ist.
Regisseur Chang Cheh zeichnet diesen Charakter aber nicht gerade so, wie das westliche Kino das machen würde. Der Swordsman lebt so in den Tag hinein und nach dem Motto "Kommste heut nicht, kommste morgen" geht er ziemlich unbedarft durchs Leben. So kommt es, dass er sich irrtümlich einer Räuberbande anschließt, die ihn glauben macht, sie stehe auf der Seite der Guten, und ihnen dabei hilft, den Geldtransport eines Sicherheitstrupps zu überfallen. Zwar nimmt er nicht wirklich aktiv am Geschehen teil, aber als er merkt, dass er seine neuen Kumpane nicht vom Töten abhalten kann, schaut er dem Treiben tatenlos zu. Als er seinen Fehler später erkennt, begibt er sich auf einen Rachefeldzug, an dessen Ende niemand mehr steht. Auch der Swordsman selbst nicht ...
THE WANDERING SWORDSMAN ist ein sehr kurzweiliger Film, der sich einer dem europäischen Schelmenroman verwandten Geschichte bedient. Auch der Swordsman lässt sich treiben und genießt das Leben in vollen Zügen, ohne sich viele Gedanken zu machen. Dieser Lebenswandel zahlt sich am Ende für ihn jedoch nicht aus. Wir verfolgen den Swordsman in der ersten halben Stunde durch einige zunächst unverbunden erscheinende Episoden, bis ein größerer Rahmen erkennbar wird. Der Film lebt neben den tollen Studiosettings und der einfallsreichen, immer nach neuen, ungewöhnliche Perspektiven suchenden Kameraarbeit vor allem von David Chiangs Spiel. Das ist ungewöhnlich, denn wer ihn kennt, weiß, dass er nicht gerade der Schauspieler vor dem Herrn ist. Sein jungenhafter, schlitzohriger Charme kommt seiner Rolle hier aber sehr entgegen. Es gibt auch einige sehr frühe Strippenziehereien und ein hübsch blutiges Finale, in dessen Verlauf sich der Swordsman ein Schwert in den Bauch einfängt, was ihn aber nicht besonders kratzt.
#230
Geschrieben 02. Januar 2006, 13:00
Hilfe, Filmstau!!! Ich komme mit dem Schreiben nicht mehr nach! Naja, morgen sollte der Berg abgearbeitet sein. Los geht's mit Chang Chehs THE DEADLY DUO, featuring Ti Lung und David Chiang. (Denjenigen unter meiner Leserschaft, die den Namen SHAW BROTHERS schon nicht mehr sehen können, sei gesagt, dass danach erstmal ein Riesenhaufen "normaler" Filme folgen!)
THE DEADLY DUO ist toll. Mit knapp 75 Minuten knackig kurz und randvoll gepackt mit furiosen Szenen. Den Ballast hat man sich geschenkt und geht gleich in die Vollen. Es geht um zwei Herrschaftshäuser, die im Clinch miteinander liegen. Die bösen Sungs haben den guten Jins den Prinzen Kang entführt, weil der das strategische Hirn der Sippe ist. Die Sings wollen ihren Kang aber wiederhaben - logisch. Der Film fängt mit einer Hinrichtung an: Ein Befreiungsversuch ist schief gegangen. Doch Ti Lung (seines Zeichens ein Jin) reitet mit seinen Kollegas herbei, um die Kumpane zu retten. Die Ausbeute ist mäßig, nur einen können sie retten. Am Lagerfeuer berichtet der Befreite vom beschwerlichen Weg ins Feindesland, was Anlass für einige weitere Fights ist, die wir quasi als Rückblende sehen. Ganz tarantinoesk schließt sich der Kreis schließlich bei der eröffnenden Hinrichtung, bevor der Film dann weitergeht. Es stellt sich heraus, dass Kang in einer Festung gefangen gehalten wird, die nur über eine baufällige Brücke zu erreichen ist. Gottseidank hat einer der Jins eine mit dem Fingernagel eingeritze Karte auffem Buckel (no shit!). Nur einer kann diese Brücke überqueren: Yian Luyan, mit den großen "lifting skills"! Ti Lung will den Recken finden. Unterdessen fällt auch den bösen Sungs dieser Yian Luyan ein, der ein Sicherheitsrisiko darstellt. Schnell hin, kaufen oder umbringen.
Yian Luyan stellt sich als fieser Geldgeier ohne Ideale heraus, gottseidank ist sein Bruder David Chiang aber von erlesenem Edelmut. Ohne viel Federlesen bringt er seinen verräterischen Bruder um, und verspricht bei der Befreiung zu helfen, schließlich sind seine skills ja noch viel größer als die des doofen Bruders. Also nix wie hin zur Brücke. Die ungeduldigen Helferlein haben sich unterdessen im Dreierpack in den Tod gestürzt, bei dem Versuch, die Brücke schon vorher zu überqueren. Talking of Ungeduld ... Aber der gute David kraxelt natürlich rüber, gemeinsam macht man die Schurkenschar platt, bevor Ti Lung mit dem Prinzen per Floß gen Heimat rudern darf, alldieweil David Chiang, durchbohrt von Pfeilen aber putzmunter, die verbliebenen Sungs in Schach hält.
Das war schon der ganze Film! Es macht in der Tat den Eindruck, als hätte Cheh diesen Film mal so zwischendurch gedreht, weil man die Statisten und Settings gerade zur Verfügung hatte und noch ein bisschen Zeit blieb. Dafür spricht nicht nur die Kürze des Films, sondern auch die Kompaktheit des Drehbuchs: Hier hat jemand lediglich ein Gerüst zusammengekloppt und auf die sonst so üblichen Sub- und Subsubplots verzichtet. Die Settings kennt man meist aus anderen Filmen, etwa aus THE HEROIC ONES oder auch THE NEW ONE-ARMED SWORDSMAN. Daher weiß man auch, dass sich die Finalbrücke mitnichten über eine tiefe Schlucht streckt, sondern über ein kleines Tal, dass man auch bequem zu Fuß durchqueren könnte.
Shaw-Afficionados kriegen hier die volle Dröhnung: Es gibt übermotiviert sterbende Statisten,
jede Menge Kung-Fu-Gekloppe, einen edelmütigen Ti Lung, den heldenhaften, listigen David Chiang, den Fiesling Ku Feng, Action zu Lande und zu Wasser und das alles in rekordverdächtiger Kürze. Wenn man meckern wollte, würde man vermutlich etwas von fehlender Substanz sprechen, aber das wäre nun wirklich gemein.
#231
Geschrieben 02. Januar 2006, 18:34
Jack Black als Rocklehrer auf einer piekfeinen Schule fand ich schon im Kino großartig. Die zweite Sichtung im Heimkino hat an meiner Meinung nix geändert: Jack Black ist die IDEALBESETZUNG für diese Rolle, die Kinder sind allesamt phänomenal, das Drehbuch - eine Variation der üblichen "Man kann alles erreichen, wenn man nur will"-Story - wurde charmant, mit gutem Timing und ohne nervige Rührseligkeiten von Regisseur Linklater umgesetzt, die Nebendarsteller sind toll, allen voran Joan Cusack als verklemmte Rektorin, und - womit ein Film über Rockmusik natürlich steht und fällt - der Soundtrack ist eine Offenbarung.
Viel habe ich über den Film sonst nicht zu sagen: Ein Feelgood-Komödie, die von Jack Blacks gelebter Rockzelebrierung lebt, die sie über vergleichbaren Stoff hebt.
#232
Geschrieben 02. Januar 2006, 18:52
Auffem Wühltisch in der Buchhandlung habe ich Seesslens Spielberg-Buch erworben, dessen Lektüre mich sogleich dazu bewogen hat, mir noch einmal ein paar Filme des Wunderkinds anzuschauen. BACK TO THE FUTURE ist natürlich kein echter Spielberg, sondern von Robert Zemeckis, dennoch gibt es viele Merkmale, anhand derer man den Film mit einigem Recht im Spielberg-Universum verorten kann.
Der Superhit von 1985 (der lief so lang, dass ich den Film bestimmt erst ein gutes halbes Jahr nach seinem offiziellen Start im Kino gesehen habe) spielt auf sehr intelligente Weise mit der ödipalen Krise der männlichen Jugend. Marty McFly reist ins Jahr 1955 und verdreht seiner Mutter so dermaßen den Kopf, dass er seine eigene Existenz gefährdet. Nun gilt es seinen zukünftigen Eltern den Weg zur Ehe zu ebnen, was sich besonders deshalb als schwierig erweist, weil sein Vater ein totaler Nerd ist.
Nach langer, langer Zeit habe ich den Film mal wieder gesehen und er hat von seinem Unterhaltungswert wirklich nix verloren. Die Story funktioniert heute noch genauso wie damals und steht intellektuell weit über dem Standard dessen, was man in vergleichbaren aktuellen Produktionen geboten bekommt. Zemeckis und sein Co-Autor Bob Gale beweisen ein hervorragendes Gespür für witzige Szenen, interessante Charaktere und für Suspense mit gehobenem Nägelkau-Faktor.
Das Spielbergthema der Trennung und Wiederannäherung von Vater und Sohn ist auch hier natürlich zentral. Ist es sonst oft eine Reise durch den Raum, die die Distanz zwischen beiden auflöst, muss Marty hier schon eine Zeitreise unternehmen, um seinen Vater zu verändern. Aber es geht eben nicht nur darum, in die Geschichte einzugreifen, um alles zum Guten zu wenden, Marty muss sich auch selbst in seinem Vater erkennen, um ihn zu akzeptieren.
Klar, man könnte auch ganz politisch korrekt an einigem rummäkeln: Zum Beispiel daran, dass
die McFlys nach Martys Eingriff in die Geschichte nicht nur "bessere" Menschen sind, sondern auch gleich noch erfolgreichere. Das ist dann doch unverkennbar der Geist der Achtziger.
#233
Geschrieben 02. Januar 2006, 19:05
Das Sequel schließt unmittelbar an das Ende von Teil 1 an: Doc Brown (wunderbar: Christopher Lloyd) holt Marty und Freundin mit der Zeitmaschine ab, um mit ihnen in der Zukunft die Haftstrafe ihres zukünftigen Sohns zu verhindern. Natürlich kommt alles ganz anders und als man wieder im Jahr 1985 landet, ist nichts mehr so wie vorher. Familienfeind Biff hat sich die Zeitmaschine zunutze gemacht und seinem jungen alter ego zu großem Reichtum verholfen. Ein großes Casino im Herzen von Hill Valley hat der moralischen und wirtschaftlichen Verwahrlosung der Bevölkerung Tür und Tor geöffnet. Klar, dass Marty und Doc etwas unternehmen müssen. Die Mission führt Marty nun wieder zurück ins Jahr 1955, wo er auf der einen Seite verhindern soll, dass Biff zu großem Reichtum gelangt, er auf der anderen aber auch nicht seinem eigenen alter ego in die Quere kommen darf, das seinerseits versucht, seine Eltern zu verkuppeln.
Das Sequel erstreckt sich nun über drei Zeitebenen: Zukunft (2015), Gegenwart (1985) und Vergangenheit (1955), was für erheblich mehr Turbulenzen und weitere Zeitreiseparadoxien sorgt. Wie schon Teil 1, so bietet also auch Teil 2 für Unterhaltung gehobenen Formats, auch wenn die Tiefe des Originals nicht mehr erreicht wird. Hier geht es vielmehr um den oberflächlichen Thrill, was aber auch ganz nett ist.
Toll an dieser Trilogie finde ich die räumliche Beschränkung auf eine kleine Stadt, die man dadurch im Verlaufe der Trilogie wirklich in vielen Facetten kennen lernt. Natürlich wiederholen sich auch einige Elemente, es wird kreuz- und quer und zurück auf sich selbst verwiesen und Szenen der jeweils vorherigen Filme werden immer wieder aufgegriffen, abgewandelt oder aus anderen Perspektiven beleuchtet, was nicht nur große Drehbuchkunst beweist, sondern auch zur "Lebendigkeit" des Ganzen beiträgt.
Einziger Wermutstropfen: Crispin Glover ist nicht mehr mit dabei. Schnüff.
#234
Geschrieben 02. Januar 2006, 19:15
Teil 3 entstand mit seinem Vorgänger back-to-back, kam also kurz nach diesem ins Kino. Am Ende von Teil 2 erfährt Marty, dass Doc, der sich einen Jugendtraum erfüllt hat und nun im Wilden Westen lebt, erschossen wird. Da gibts nix, er muss in die Vergangenheit, um Doc zu helfen.
Was sich schon im zweiten Teil andeutete, ist hier nun ganz offenkundig: Nicht mehr die Missionen Martys stehen im Zentrum des Interesses, sondern seine Zielorte. Seine Aufgabe, die Rettung Docs, ist nicht mehr als ein Standard-Drehbuchelement, das nur dazu dient, einige turbulente Szenen und In-Jokes unterzubringen. Das ist durchaus schon weniger schmackhaft dargeboten worden als in diesem Film, der zwar gegenüber dem zweiten Teil noch weniger Tiefgang hat, dafür aber deutlich konzentrierter zu Werke geht.
Ich finde, dass die gesamte Trilogie einen durchweg immens hohen Unterhaltungswert hat und mit viel Liebe Ideenreichtum umgesetzt worden ist. Erstaunlich aus heutiger Sicht finde ich auch, welch geringe Rolle eigentlich den Spezialeffekten zukommt. Da gibt es keinen Selbstzweck, jeder Effekt steht nur im Dienst der Sache. Der im Megabuck-Kino sonst üblicherweise gut anwendbare Begriff "Materialschlacht" trifft hier wirklich überhaupt nicht.
#235
Geschrieben 05. Januar 2006, 13:32
Der erste Indy-Film kommt im direkten Vergleich mit den Nachfolgern fast schon bescheiden rüber. Die FX-Orgien halten sich noch in Grenzen und auch das James Bondsche Schauplatzhopping, das im letzten Teil ziemlich auffällig ist, gibts hier noch nicht. Die Geschichte wird wenn auch nicht gerade behutsam, so doch mit einiger Geduld aufgebaut und man schämt sich nicht, eine Sequenz auch mal länger als drei Minuten dauern zu lassen.
Aber so richtig legendär ist doch eigentlich nur die ebenfalls sehr bondeske Pre-Title-Sequenz, in der schon das gesamte Indy-Thema in konzentrierter Form aufgefahren wird: Mit List und Geschick werden die fiesesten Fallen ausgeschaltet, mit dem Glanz des Nerds in den Augen steht Indy vor dem Schatz, nur um diesen dann doch wieder zu verlieren: zunächst an verräterische Helfer (Alfred Molina), dann an einen schmierigen Antiquitätenhändler.
Ich finde, alle drei Indiana-Jones-Filme bieten fantastische und witzige Unterhaltung, die, wenn man sich die Mühe macht, genauer hinzuschauen, durchaus auch einige interessante Tiefen aufweisen. Die Charakterisierung Indys ist ist für einen solchen Pulp-Helden sehr liebevoll und detailreich und die Serie weist auch einige Brüche auf: der jedem Aberglauben und sonstigem Hokuspokus abholde Held aus dem ersten Film mutiert jedenfalls in TEMPLE OF DOOM - einem Prequel - zum Magieanwender, ohne dass das genauer erläutert würde.
Es gilt also: Wer genau hinschaut sieht mehr.
#236
Geschrieben 05. Januar 2006, 14:09
Dieser Film wurde seinerzeit ziemlich angefeindet und ist Steven Spielberg heute wohl auch ein bisschen peinlich. Er und Lucas mussten sich Vorwürfe über einige Rassismen gefallen lassen - die berühmte Dinnerszene, in der allerhand Kroppzeug serviert wird - und auch die für einen Familienfilm recht harschen Gewaltszenen stießen nicht auf ungeteilte Begeisterung.
Zwar bietet TEMPLE OF DOOM um einiges rasantere und auch spektakulärere Unterhaltung als der Vorgänger, inhaltlich kann er ihm aber nicht das Wasser reichen. Wenn man mal das ganze teure Bohei drurum vergisst, fällt auf, dass TEMPLE ungefilterter Trash ist. Die unzähligen Bloopers und Continuity-Fehler, die bei imdb gelistet sind, unterstreichen das - der Film gilt als unangefochtener Spitzenreiter in der Kategorie "Anschlussfehler".
Ist die Beziehung zu Karen Allen, die im ersten Teil eine ziemlich selbstständige und -bewusste Dame spielen darf, noch ziemlich komplex - Indys Angst vor Frauen tritt deutlich hervor -, gibt Spielberg-Gschpusi Kate Capshaw hier nur die kreischende hysterischen Großstadtnudel, die sich die ganze Zeit Sorgen um ihre Haare und Fingernägel macht. In der Beziehung zum kleinen Sidekick Short Round hingegen wird die übliche Vater-Sohn-Konstellation der Serie mit umgekehrten Vorzeichen behandelt - Indy mal als Papa. Dennoch hat man hier ebenfalls oft den Eindruck, dass der Kleine hier das Sagen hat - mehr als einmal hört Indy nicht auf die Warnungen seines Helfers.
Sieht man über die wirklich strulledoofe Handlung hinweg, ist TEMPLE OF DOOM allerdings ein Fest. Hier geht es wirklich zwei Stunden lang zur Sache. Das erweckt hier und da schon mal den Eindruck, als hätte man bei der Auswahl der Actionszenen die passende Theme-Park-Achterbahn gleich mitgeplant - man denke nur an die Loren-Verfolgungsjagd. Trotzdem kann ich dem Film einfach nicht böse sein.
#237
Geschrieben 05. Januar 2006, 14:42
Der dritte Teil der Serie übertrifft meiner Meinung nach die beiden Vorgänger, indem er deren Stärken vereint: eine ausgefeilte, komplexere Story, die vor allem durch die Einführung von Indys Vater (Sean Connery) deutlich an Tiefe aber auch an Witz gewinnt, gepaart mit einer atemlosen Folge von spektakulären Action-Set-Pieces.
Man kann mäkeln, dass Spielberg sich dabei fröhlich selbst kopiert hat: statt den Krabbelviehchern im Verlies von TEMPLE OF DOOM gibts in CRUSADE die Ratten in der Kanalisation von Venedig, die Verfolgungsjagd am Ende ähnelt der aus RAIDERS, wie auch der rätselgespickte Weg zum Gral nur die Pre-Title-Sequenz aus diesem Film variiert. Sogar die Sterbeszene des Oberbösen Donovan (der ein Ebenbild des Belloq aus Teil 1 ist) lässt an das Nazimassensterben am Ende von RAIDERS denken. Allerdings sind die Szenen zwischen Sean Connery und Harrison Ford ganz großes Kino, die Pre-Titel-Sequenz großartig - River Phoenix als Young Indy gegen Grabräuber auf einem Zug voller Zootiere -, die Action furios und die Gags treffsicher.
Ganz famos finde ich die Szene, in der Indy seinen Vater mit dem Vorwurf konfrontiert, ihn vernachlässigt zu haben. Dieses Spielbergsche Zentralthema wird hier in einem kurzen Dialog auf so intelligente Weise abgehandelt wie man das im so genannten Mainstreamkino nur sehr selten findet. Vielleicht ist es eine Überinterpretation von mir, aber durch die göttliche Kraft des Grals und das Zwiegespräch, das Indy mit dem Schöpfer führt, indem er sich dessen Aufgaben stellt, tritt hier sogar eine dritte Vaterinstanz auf: Vater, Sohn und Heiliger Geist reunited sozusagen. Und in der kurzen Szene, in der Indiana Jones bei der Bücherverbrennung in Berlin Adolf Hitler trifft - mit einem wichtigen Buch in der Hand - wird die Indiana-Jones-typische Suspensemasche - höher, schneller, weiter und immer noch einen drauf - in groteske Höhen getrieben.
Ich hoffe inständig, dass der seit Jahren "im Dreh" befindliche vierte Teil das Licht der Welt nie erblickt, denn das kann doch eigentlich nur ein Desaster werden. Lieber wieder und wieder die "Originale" sehen ...
#238
Geschrieben 05. Januar 2006, 15:07
Hmmm. Nach Jahren der Abstinenz habe ich den Film mal wieder gesehen. NIGHTBREED genießt ja gerade in Deutschland einen ziemlich guten Ruf, während er - entgegen der Begeisterung der US-Amerikaner für Clive Barkers Bücher - in Publikationen in den USA recht häufig eher schlecht wegkommt. Die erneute Sichtung macht deutlich: Nein, ganz zufriedenstellend ist der Film nicht. NIGHTBREED ist kein schlechter Film und das macht es um so ärgerlicher. Man seht an allen Ecken und Enden, was man aus dem Stoff hätte machen können: die Masken und Bauten sind großartig, haben aber wahrscheinlich einen nicht unerheblichen Teil des Budgets verschlungen. So wirkt der Film teilweise recht billig und vieles fällt eine Nummer kleiner aus, als es der Stoff eigentlich verlangt hätte.
Die Figuren bleiben blass: Craig Sheffer ist einfach zu unsympathisch, seine psychische Krise, die der Motor für die ganze Geschichte ist, bleibt undurchsichtig. David Cronenberg ist zwar optisch die Idealbesetzung für den schmierigen, hinterhältigen, psychopathischen Psychiater mit Serienmordambitionen, schauspielerisch hat er es aber einfach nicht drauf. Irgendwann taucht dann noch ein mysteriöser Priester auf, dessen Bedeutung sich mir aber nicht erschlossen hat und der den Verdacht nahelegt, dass hier mehr Material, als Barker vielleicht gewünscht hat, im Schnittmüll gelandet ist. So läuft der Film etwas unrund, weil sich das Behauptete nie ganz mit dem, was man tatsächlich geboten bekommt, in Übereinstimmung bringen lässt.
Auf der anderen Seite steht dann die wirklich tolle Idee mit der Stadt unter dem Friedhof, in der die gepeinigten Seelen von Mördern und Verbrechern als grotesk entstellte Ungeheuer versuchen, ein Leben zu führen. Die Masken sind großartig, man sieht mit wie viel Liebe die Maskenbildner hier am Werk waren. Natürlich gibt es am Ende eine Konfrontation zwischen den Monstern - der Nightbreed - und den Menschen, die Angst haben vor allem, was anders ist. Dieser Showdown passt aber irgendwie nicht recht zum Rest des Films. Das sozialkritische Element, dass hier plötzlich zum Tragen kommt, stößt sich mit dem psychologischen Subtext. Da wird dann die Karikatur eines Redneck-Sherriffs beinahe zum Comic Relief - das stimmt hinten und vorne nicht. Auch das genretypische offene Ende zündet nicht so recht und wirkt angeklebt.
Der Film ist beileibe nicht so schlecht wie sich das jetzt anhört. Eigentlich teilt er die Mängel aller Baker-Verfilmungen, die allesamt immer etwas unterbudgetiert wirken. In seiner Zeit war NIGHTBREED ein absolutes Highlight. 15 jahre später sind die Schwächen aber kaum noch zu übersehen.
#239
Geschrieben 05. Januar 2006, 15:32
PUMPKINHEAD bzw. DAS HALLOWEEN-MONSTER gehört für mich zu den absoluten Horrorhighlights der späten 80er und wird meiner Meinung nach sträflich unterbewertet. Entgegen dem damaligen Slashertrend hat Stan Winston in seiner ersten Regiearbeit ein beinahe klassisches Monster erschaffen, darum eine moralische Geschichte gestrickt, die den Geist der alten EC-Comics atmet, das ganze in gothische Nebelschwaden und Pestilenz hauchende Backwood-Wälder und -Sümpfe transferiert und mit dem großartigen Lance Henriksen besetzt, der hier um sein Leben schauspielert und den Film noch ganz gehörig aufwertet.
Ganz so viel Stilbewusstsein legt Sequelmeister Jeff Burr (THE OFFSPRING, NIGHT OF THE SCARECROW etc.) natürlich nicht an den Tag. Aber er liefert die solide Unterhaltungsware mit Eiern ab, die man von ihm gewohnt ist bzw. war. Die Geschichte ist hier ihres moralischen Ballasts weit gehend befreit, es geht darum, möglichst viele Menschen in möglichst schneller Abfolger über die Klingen bzw. den Pumpkinhead springen zu lassen. Erzählerische Doofheiten und Klischees so groß wie Hochhäuser nimmt man gern in Kauf: Natürlich gibt es einen Sherriff (Andrew Robinson), der mit seiner Familie zurück in sein kleines Heimatstädtchen zieht, weil es ihm im big apple zu stressig wurde, natürlich findet seine Familie diese Stadtflucht nicht so cool, natürlich treibt sich das verhätschelte Töchterchen aufgrund ihres überprotektiven Vaters nur mit den Prolls rum und ja - es gibt auch die korrupte Landprominenz - Richter und Bürgermeister - die natürlich nicht so wollen wie der "Neue".
Der Oberproll ist J. Trevor Edmond, den man aus Yuznas RETURN OF THE LIVING DEAD 3 kennt, und der ist hier so ein Arschloch, dass man sich doch sehr wundern muss, warum die Sherriffstochter so auf ihn abfährt. Hallo, der ist auf Bewährung und hat dennoch kein Problem damit, die Liste seiner Vergehen durch solche "Kavaliersdelikte" wie Fahrerflucht, unterlassene Hilfeleistung, Mord und Grabschändung aufzustocken? Hut ab, vor soviel überbordender Lebensfreude! Natürlich tritt bald der olle Pumpkinhead auf den Plan, um seine einstigen Peiniger zu killen - die titelspendenden Blood Wings, einen Automobilclub, die den entstellten Tommy, eine Mischung aus Kaspar Hauser und Elefantenmensch, einst zum Spaß töteten und so unwissentlich den Pumpkinhead schufen. Autombilclub heißt eher sechs Halbstarke, unter ihnen nicht nur der Richter/Vater vom Oberproll - wie war das mit dem Apfel und dem Stamm? -, sondern auch Kane Hodder (= Jason) und R. A. Mihailoff (LEATHERFACE-Leatherface). Screamqueen a. D. Linnea Quigley hat mal wieder eine Tittenszene und es gibt rotstichige 3D-Subjektiven vom Monster. Rumgematscht wird auch und nach 90 kurzweiligen Minuten kann man den nächsten Film gucken. Sieht man mal über ein paar Knallchargen hinweg (der Bürgermsier sieht aus wie Heiko Scholz, Trainer vom MSV Duisburg) gibts also keinen Grund aufzumucken.
#240
Geschrieben 05. Januar 2006, 15:49
Unvergesslich! Taylor Wongs Shaw-Brothers-Film von 1982 ist so randvoll gepackt mit Ideen, dass es für mindestens drei europäische Filme gereicht hätte. Wie man es nicht anders gewohnt ist, bekommt man hier vom charmant-unperfekten über das gutgemeint-nervige bis hin zum Augen-und-Hosen-feuchtmachenden Spektakel alles schön ineinander verquirlt und durch den Wolf gedreht.
Die Story (soweit ich sie filtern konnte): Es geht um den berüchtigten Buddha's-Palm-Stil, den nur ein totgeglaubter Mönch beherrscht, der mit seinem fliegenden Hundeviech blind in einer Höhle sitzt. Derweil seine Feinde - unter ihnen das in den Untertiteln so bezeichnete "Foot Monster", ein Kämpfer mit ausfahrbarem Riesenbein - frohlocken, taucht der kühne Held auf (Derek Yee), dessen Geliebte aus gesellschaftlichen Erwägungen gerade einen schurkischen Unsympathen geheiratet hat, und der sich eigentlich am liebsten entleiben möchte. Doch viel besser wäre es doch die Buddha' Palm zu lernen, den Meister zu rächen und das alte Gleichgewicht wieder herzustellen - und natürlich lernt man so auch am besten willige Bräute kennen!
Das wird mit Subplots, Nebenfiguren, Effekten und einer Erzählstimme aus dem Off angereichert, sodass man sich nur wundern muss, dass dieser Film nicht auseinanderplatzt. Da der Film von 82 ist, gibt es Effekte, die man damals in Hongkong wahrscheinlich als state-of-the-art bezeichnen konnte: ins Bild reingemalte Computergrafiken, soetwas wie die C64er-Version der Effekte aus STORMRIDERS. Da fliegen in einer Szene lustig Hunderte von Hakenkreuzen durchs Bild, Menschen schießen Lichtstrahlen und Pfeile, es gibt ein Laserschwert, ein Warzenmonster, das ätzenden Schleim aus einer Furunkel an der Backe schießt und, und, und. Definitiv zu viel von allem, um das hier so in aller Kürze abzuhandeln.
Der Film ist leider in Deutschland nicht erschienen, aber es gibt eine schöne DVD bei IVL/Celestial. Freunde des abstrusen, ungewöhnlichen und abseitigen sollten Ausschau halten. Ein Juwel!
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