

So, was soll ich zum knapp nach “Kill Bill: Vol. 1“ genialsten Film meines absoluten Lieblingsregisseurs sagen? „Pulp Fiction“ von Quentin Tarantino. Zwar hat mich – wie gesagt – „Kill Bill: Vol. 1“ so umgehauen (Review folgt bald), dass ich ihn besser als meinen bisherigen Tarantino-Favorit „Pulp Fiction“ finde, was aber nichts an der Genialität von „Pulp Fiction“ ändert. „Pulp Fiction“ ist ein legendärer Kultfilm der 90er, sehr lässige Gangsterkomödie und gleichzeitig knallharter und blutiger Thriller für Ältere.

Ringo alias “Pumpkin” (Tim Roth) und Yolanda alias “Honey Bunny” (Amanda Plummer) reden am Anfang von “Pulp Fiction” darüber, welche Läden man am besten ausraubt. Dann entscheiden sie sich, das Restaurant in dem sie sitzen auszurauben, holen ihre Waffen heraus und SCHNITT. Nächste Szene. Die Gangster Vincent Vega (John Travolta) und Jules Winnfield (Samuel L. Jackson) sind im Auto unterwegs zu einem Mord und reden miteinander. Der frisch aus Holland zurückgekehrte Vincent erklärt Jules so nebensächliche Dinge wie, das Holländer ihre Pommes Frites in Mayonnaise „ersaufen“ und wie man einem Big Mac wegen des metrischen Systems dort nennt: „Royal mit Käse“. Dies ist die erste Geschichte „Vincent Vega and Marsellus Wallace Wife“. Nach dieser Autofahrt werden ein paar Jugendliche erschossen, dabei einige Schnitte, Gespräche um Albernheiten und der Tod durch Mord als Selbstverständlichkeit wie das tägliche Brot. Beim eiskalten Erschießen wird auch mal aus der Bibel zitiert (Hesekiel 25, 17).

In der zweiten Geschichte „The Gold Watch“ geht es um den abgehalfterten Boxer Butch Coolidge (Bruce Willis) der seinen letzten Kampf wegen höheren Wetteinnahmen verlieren soll. Das sagt zumindest sein Chef Marsellus Wallace (Ving Rhames), dessen Frau Mia (Uma Thurman) gerade in der ersten Geschichte mit Vincent Vega zum Essen geht. Doch Butch scheißt auf seine Vorgaben, besiegt seinen Gegner im Boxkampf und erfährt erst im nachhinein in einem Taxi, dass er seinen Gegner getötet hat. Als er mit seiner Freundin Fabienne (Maria de Medeiros) am nächsten Tag abreisen will, hat sie die Uhr seines Vaters vergessen die ihm mehr bedeutet als alles andere. Er hat sie damals von einem Freund seines Vaters bekommen (Christopher Walken). Er fährt zurück vom Motel zur alten Wohnung, holt die Uhr und gerät in einige turbulente Ereignisse und Geschehnisse, wie z.B. in den Keller eines perversen, schwulen Vergewaltigers der sich erst einmal Marsellus Wallace vornimmt. Sein Partner wird dann erst mal von Butch mit einem Samuraischwert umgebracht (hier merkt man schon Tarantinos Affinität zum Martial Arts Kino, die er nun mit seinem Meisterwerk „Kill Bill“ bestätigte).

In der dritten Geschichte „The Bonnie Situation“ spielt Quentin Tarantino selbst eine wichtige Rolle. Denn nach der Schießerei von Vincent und Jules bei ein paar Jugendlichen Feinden von Marsellus Wallace (er ist Vincent und Jules Boss) fahren sie im Auto mit einem übriggeblieben Jugendlichen herum und Vincent erschießt ihn aus versehen, was dazu führt, das feinste Gehirnmasse überall im Auto verteilt ist und das noch am helllichten Tag. Anstatt darüber zu diskutieren, wie Vincent so einfach einen Menschen töten konnte, redet man lieber über den „Dreck“ im Auto. So fahren beide Gangster zu Jimmie (Quentin Tarantino), einem alten Freund von Jules, da dieser in der Nähe wohnt. Doch dessen Frau Bonnie kommt bald nach Hause, darf diese Sauerei natürlich nicht sehen und so wird Winston Wolf (Harvey Keitel) zu Hilfe gerufen. Zu viert bereinigen sie das Auto und schaffen es, dass Jimmies Frau Bonnie nichts von der Geschichte erfährt. Am Ende kreuzen sich die Wege von Jules und Vincent und Pumpkin und Honey Bunny im besagten Restaurant vom Anfang des Films.

Ihr seht an meiner enormen Storybeschreibung wie vielfältig und umfangreich der Film ist. Doch das ist bei einem 2 und halbstündigen Film natürlich nicht alles. „Pulp Fiction“ besteht aus so vielen kleinen Geschichtsfragmenten, Feinheiten und Fandetails, dass das Ansehen auch beim zehnten Mal unheimliche Freude bereitet, obwohl der Film eher in die anspruchsvolle Richtung tendiert, was sein Drehbuch-Oscar und die Goldene Palme von Cannes beweisen. Das amüsante am Film ist der Umgang mit solchen Lappalien wie vor allem bei der „Bonnie Situation“. Da wird anstatt über eiskalte Morde, eher über Sauereien und Gehirnstückchen und die Qualität von Jimmies Kaffee gesprochen. Das spiegelt die heutige, sinnfreie Gesellschaft wieder was „Pulp Fiction“ abgesehen von seinen eindeutigen Qualitäten auch zur subtilen Gesellschaftskritik werden lässt.
Doch besonders herausragend ist natürlich auch die Coolness des Films. Die skurrilen Dialoge, vielfältigen Charaktere, eigenartigen Kameraführungen- und Einstellungen (positiv gemeint!) und so viel mehr machen „Pulp Fiction“ zum Aushängeschild des 90er Jahre Kinos. Seine Vielschichtigkeit und außergewöhnliche Inszenierungsweise lässt ihn ganz klar aus der Masse herausstechen. Ebenso seine extreme Gewaltdarstellung. Hier ist die Gewalt nicht so comicartig und übertrieben wie in „Kill Bill: Vol. 1“ sondern noch realistisch und erschütternd. Doch durch die lässigen Dialoge und Sprüche wird die ganze Situation natürlich aufgelockert. Dennoch bleiben einem Szenen wie Bruce Willis’ Samuraischwert-Aktion oder der Schuss aus Versehen von John Travolta natürlich im Kopf hängen, auch wenn sie nicht verstören oder verängstigen. So schlimm ist es dann auch wieder nicht

Hinzu kommt natürlich Tarantinos eigenwilliger, aber meiner Ansicht nach wunderbarer Humor. Wie hier mit Drogenkonsum und Mord locker umgegangen wird ist herrlich amüsant und ohne ernste Gesinnung wahrzunehmen. D.h. man sollte den Film nicht allzu ernst und verbissen sehen wie einige Kritiker, da er einfach einen ganz eigenen Stil hat.
Wer hier übrigens einen Actionfilm erwartet, wie es heute „Kill Bill: Vol. 1“ ist, liegt völlig falsch. „Pulp Fiction“ ist eine sarkastische Komödie mit subtilem Humor, viel Schauspiel und eigenwilligem Thrill.

Apropos Schauspiel. Das ist hier natürlich grandios. Die Besetzung spricht für sich. John Travolta erlangte mit „Pulp Fiction“ nach seiner „Saturday Night Fever“ Pause wieder Weltruhm und bezeugt das hier mit einer herrlich schrulligen und sarkastischen Darstellung Vincent Vegas. Doch auch Samuel L. Jackson als obercooler und nachdenklicher „Priester“ unter den Gangster mit seinem Bibelspruch ist ein absolutes Highlight. Tim Roth und Amanda Plummer halten sich eher im Hintergrund, agieren aber gewohnt überzeugend und vor allem Mr. Orange aus Tarantinos „Reservoir Dogs“, also Tim Roth, spielt mit viel Selbstsicherheit und irrem Akzent. Uma Thurman, die spätestens mit ihrer grandiosen „Kill Bill“-Performance absolut Oscarreif ist, hat schon hier ihr großartiges und vielschichtiges Talent bewiesen, indem sie eine wunderbare Tanzszene, erschütternd realistische Drogensequenz und einige tiefgründige Sprüche von sich lässt. Wunderschön ist sie, trotz schwarz gefärbter Mähne, ohne Zweifel. Außerdem wäre da noch die tragische Figur Marsellus Wallace, gespielt von Ving Rhames, der von einem Mann vergewaltigt wird, was uns Männer natürlich mit seiner Figur trauern lässt. Er ist stets entschlossen, beinhart und skrupellos. Bruce Willis hat einige coole Sprüche und darf Maria de Medeiros auch noch einen „oral favor“ machen. Sein Dialog mit selbiger auf dem Motorrad, äh sorry, Chopper mit u.a. „Zed ist tot.“ ist immer wieder sehr komisch. Und Christopher Walken mit einem langen Dialogpart zeigt sich von seiner witzigen Seite „Ich habe diese Uhr ... lange in meinem Arsch getragen.“


Ihr seht, das Review ist extrem lang, was einerseits natürlich an der Qualität des Films, aber vor allem an der ewigen Storybeschreibung- und Zusammenfassung liegt. Guckt euch den Film unbedingt an, schauspielerisch, inszenatorisch, geschichtlich und musikalisch ein Meisterwerk!
10/10 Punkte
(Ich wollte euch neben dem regulären DVD-Cover, das coole - scheinbar asiatische - Cover nicht entgehen lassen!)