Regie: Steven Spielberg
![Eingefügtes Bild](http://img86.imageshack.us/img86/6913/munich1dv.jpg)
Keine Frage, die Zeit wäre gestern Abend noch da gewesen, den Eintrag direkt nach dem Kinobesuch von Spielbergs neuestem zu verfassen. Ich konnte und wollte aber nicht, beeindruckte das Gesehene auf der Leinwand doch so, dass ich es erst einmal für eine Nacht auf mich wirken lassen wollte. Heute, einen halben Tag später bin ich nicht weniger begeistert von MUNICH.
Der Film - beginnend mit dem gewaltsamen Eindringen Mitglieder des „Schwarzen Septembers“ - schaffte es, mich von der ersten Minute an in seinen Bann zu ziehen. Gerade in diesen ersten Minuten stellt sich jedoch schon die Frage, warum Spielberg unbedingt die Amerikaner einbauen musste, die den Palästinensern „helfen“, ins Olympische Dorf zu gelangen. Warum mussten diese „Helfer“ auch noch explizit erwähnen, dass sie Amerikaner sind, ist es doch sowieso totaler Quatsch diese zu beschuldigen, den Terroristen geholfen zu haben. Will Spielberg hier etwa implizieren, dass die Amerikaner selbst schuld an dem Terror sind, der sie (heute) heimsucht?
Gerade die historischen Ereignisse sind es, die Spielberg nicht hätte besser inszenieren können: dutzende Nachrichteneinspielungen aus verschiedenen Ländern, in verschiedenen Sprachen und mit verschiedenen Analysen. Hinzu kommt ein perfekter Farbfilter, der sich durch den ganzen Film zieht und ihm so die notwendige Authenzität der 70er Jahre verschafft. So sind es nicht nur die Klamotten und Frisuren, die für historische „Korrektheit“ sorgen.
Richtig schockiert haben mich besonders zwei Szenen: die Szene mit der Holländerin und eine der Schlussszenen auf dem Flugfeld. Was das mit der Holländerin sollte, weiß ich auch jetzt noch nicht - warum musste sie Spielberg unbedingt dazu bringen, dass sie ihre Bluse öffnet und am Schluss völlig nackt ist? Unfreiwillig komisch ist die Szene zudem, kann man sich bei den „Luftpumpen“ doch ein leichtes Schmunzeln kaum verkneifen. Hinzu kommt die im Zusammenhang mit dem Flugfeld leicht bizarr wirkende Sexszene zwischen Avner (Bana) und seiner Frau.
Die Szene auf dem Flugfeld war für mich definitiv das beeindruckendste am ganzen Film, fasst sie doch „ungeschminkt“ noch mal die ganze Aussage des Filmes zusammen: Gewalt erzeugt nichts anderes als Gegengewalt - ein Dominoeffekt, den man nicht stoppen kann. Wird hier ein Palästinenser getötet, wird anderswo (mindestens) ein Israeli getötet. So lässt Spielberg den Zuschauer am Schluss ohne eine eigene Meinung zu suggerieren allein. Es ist nur eines klar geworden, nämlich das, was die innere Zerrissenheit Banas Figur Avner zeigt: hat Israel wirklich richtig gehandelt? Ist es richtig, sich über das Gesetzt zu stellen (selbst wenn man der bzw. die Ministerpräsidentin ist)?
So schein Bana und einige neben einiger seiner Freunde der einzige zu sein, der das zu realisieren vermag. Geoffrey Rushs Charakter hingegen bleibt stur, hat zwar keine Antworten auf Avners kritische Fragen, bleibt aber seinem Land und dessen Kurs treu. Der anfängliche Enthusiasmus Avners in Hinsicht auf Tot und Liquidierungen schlägt nach einigen Morden plötzlich in Verderben und den Verlust des Verstandes um.
MUNICH ist weniger eine spannende Geschichtsstunde als ein „Augenöffner“ hinsichtlich des wohl ewig andauernden Konfliktes zwischen Israel und den arabischen Ländern. Die Gewalt (m. M. nach wohl die realistischste, die man je auf der Leinwand zu sehen bekam) und das viele Leid ist es erst, die einem das Problem vor Augen führt, wenn auch knallhart. So empfinde ich das auf der Leinwand gesehen sogar als wachrüttelnder als das, was man tagtäglich in den Nachrichten sieht, was nicht zuletzt wohl auch daran liegt, dass es als die alltägliche Regel angesehen wird.
Ein kontroverser, ein harter, aber auch ein Film, den die Welt dringend gebraucht hat. Keine der beiden Seiten ist berechtigt, sich terroristischer Mittel zu bedienen. Spielberg will und soll auch keine Affinität zu einem der beiden Lager zeigen. Ich denke sowieso, dass der Zuschauer nur deshalb an der israelischen Seite stärker „partizipiert“, da diese ausführlicher gezeigt und durch ihre „Helden“ weiter ausgebaut wird. Am Ende ist aber wohl auch dem letzten klar geworden, dass es hier weder gut, noch böse gibt.
Großartig! Nur schade, dass ich die OV verpasst habe - so haben Bleibtreu und Bana eben kurz „Englisch“ gesprochen...
(21.02.2006)