Der Monroe ihre dicken Hupen
#301
Geschrieben 21. März 2006, 11:52
Ein echter Lattenkracher vom Schlockmeister Norman J. Warren! Schon die ersten Szenen bieten dem Schundgeneigten eine Menge Manna: Alles beginnt mit einer Schwarzen Messe, bei der eine barbusige Blondine von einem pappmaskierten bösen Watz (Drehbuchautor McGillivray!) per Katzendolch auf die Reise geschickt wird. Im Anschluss wohnen wir dem Tete-a-tete eines Liebespärchens bei. Die Frage die sich stellt: Welche Frau würde auf einen Typen hereinfallen, der sich optisch als Mischung aus Damien Thorne und Andrew Stevens in THE FURY präsentiert und sich auch so aufführt? Richtig, keine. Also ist es auch nur folgerichtig, dass die Blondine für ihre grenzenlose Naivität erst einen Vergewaltigungsversuch und dann eine effektive Messerattacke über sich ergehen lassen muss. Aber die Wunder werden nicht alle: In der nächsten Sequenz macht sich die Heldin des Films (die erste Nichtblondine) mit ihren Eltern auf den Weg zum unbekannten Onkel auf dem Land (Michael FRANKENSTEINS HORRORKLINIK Gough mit Schnäuz). An der Einfahrt erleidet der Papa einen heftigen Migräneanfall, der dazu führt, dass er die Kontrolle über das Fahrzeug verliert und mit fulminanten 10 km/h vor einen Baum fährt. Die Tochter soll Hilfe für die bewusstlose Mutter holen, steigt aus und BUMM! - fliegt die Karre in die Luft. Als wäre das noch nicht genug, nehmen alle das Unglück total gelassen hin! OK, dass Onkel Gough nicht mehr alle Latten am Zaun hat, ist klar - er ist ja auch der Papa vom Damien-Lookalike -, aber noch nicht mal die Tochter ist besonders schockiert. Der Engländer der Prä-Thatcher-Ära scheint wirklich ein recht deprimierter Zeitgenosse gewesen zu sein ... Es entspinnt sich im weiteren Verlauf das typische Versteckspiel: Papa und Sohnematz führen Böses gegen das frischgebackene Waisenkind im Schilde, nur was, das bleibt erstmal im Unklaren. Es hat was mit dem Beelzebub und der unter mysteriösen Umständen verstorbenen Ehefrau des Patriarchen zu tun, das ist mal klar. Norman J. Warren findet vor allem in der ersten Hälfte recht gelungene und düstere Bilder, das finstere Treiben zu illustrieren. In das alte Landhaus scheint kein Sonnenlicht einzudringen, gemütliche Schatten laden zum im Dunkeln Munkeln ein und der umgebende Park ist von herbstlicher Tristesse geprägt. Später, wenn sich das Treiben konkretisiert, wird der Behaglichkeit willen noch die gute alte Gulaschkanone angeschmissen und es hagelt blutige Fleischfetzen, dass es eine wahre Freude ist. Der Höhepunkt des Geschehens ist aber sicherlich der beherzte Hieb mit der Nagelfeile ins Auge des Sohnemanns. Autsch! Rundum gelungen und viel weniger schundig als ich dachte, datt Dingen.
#302
Geschrieben 22. März 2006, 14:34
Das Sequel hält sich gar nicht mehr lange mit dem Alibi einer Handlung auf und serviert lieber gleich das, was man auch am ersten Teil zu schätzen wusste: Blödeleien am laufenden Band, romantische Verwicklungen, die - wie es sich für einen Hongkong-Film gehört - immer schön verklemmt und kindisch daherkommen, Verfolgungsjagden per Motorrad, BMX-Rad und Auto sowie technische Gimmicks, die wohl an James Bond erinnern sollen, vielmehr aber an japanische Spielwarenabteilungen oder Yps-Hefte denken lassen. So prügelt sich King Kong (Sam Hui) in der Eröffnungsszene gleich mal mit einem Transformer-mäßigen Roboter rum, der sich aus einem ferngesteuerten Auto und zwei ebensolchen Hubschraubern zusammenbaut. Als Jungspund fand ich das bestimmt supergeil - heute fällt einem aber ob soviel mutig zur Schau gestelltem Dilettantismus die Kinnlade ganz weit runter und setzt hörbar schmerzhaft auf. Vor allem, wenn dieser Schnickschnack im Finale noch einmal potenziert wird und ganze Horden von aufziehbaren Minirobotern hochexplosiv durch die Gegend fliegen, kriechen, krabbeln und fahren, muss man sich doch schon sehr wundern und kann sich ein Gähnen nur deshalb verkneifen, weil man es vor Fassungslosigkeit einfach vergessen hat. Mannmannmann. Von den Verfolgungsjagden bleibt besonders das kunstfertige Gehüpfe auf BMX-Rädern im Gedächtnis, aber auch sonst lässt sich immer schön die Birne ausschalten, wenn Autos gleich dutzendweise nur aus einem Grund geschrottet werden: Cause they can! Wirklich wunderbar und liebenswürdig ist aber wieder einmal der sehr einfach gestrickte Humor, in dem sich der Film schon nach kurzer Zeit völlig hilflos verliert und nur mühsam wieder zur "Story" zurückfindet. Es gibt haufenweise einfach herrlich überdrehte Momente, die in ihrer simplen cartoonesken Zerstörungswut und No-Holds-Barred-Alberei etwas sehr Befreiendes haben. Vor allem Karl Maka als Kodijak ist in seiner an Luis DeFunes erinnernden Art einfach der Hammer. Wie er ständig was auf die Nase bekommt oder wild rumgestikuliert, das hat schon was. Dabei werden Slapstick und Possenreißerei hier zur Kunstform erhoben: Da waren durchaus Könner am Werk, so ist das nun nicht. Auffällig an diesem Film (und der Serie insgesamt) sind zwei Dinge: Erstens wird auch Teil 2 wieder in einem eher westlich geprägten Pop-Universum verortet. Der Killer nennt sich Filthy Harry, erinnert optisch an den Italowestern-Clint und wird natürlich von einem untalentierten Gweilo-Darsteller gespielt. Andere Filme und Serien werden ebenfalls zitiert. Zweitens: Selten sah man einen Film, der so auf jegliche Kohärenz geschissen hat. Das Skelett einer Handlung wird nach wenigen Minuten erstmal vergraben - braucht eh keine Sau - und erst zum Schluss, wenn man dann nach 90 Minuten Tohuwabohu halt mal IRGENDEIN Ende finden muss, wieder hervorgeholt. Jede Szene ist reiner Selbstzweck und muss einen Reiz bieten. Das kann dann auch schon mal eine besonders hässliche Jacke sein, nix ist unmöglich. Tsui Hark spielt hier keinen Regisseur, sondern einen Verrückten, der sich für einen FBI-Agenten hält, Regisseur Eric Tsang den dicklichen Chauffeur von Sam Huis Love Interest, der sich ständig Fatty nennen lassen muss. Hach, die Schönheit unschuldigen Minderheitenhumors ...
#303
Geschrieben 24. März 2006, 11:44
Das ist die erste Folge der Serie mit Robbie Coltrane, die auf deutsch FÜR ALLE FÄLLE FITZ heißt. Coltrane spielt eben diesen Fitz, einen Psychologen, der der Polizei bei der Ermittlung hilft. Er ist ein ziemlicher Widerling, der sein Geld bei Hunderennen verzockt, darüber seine Frau verliert, fortan seinen Kummer im Schnappes ertränkt und seinen Mitmenschen und Studenten fürchterlich zusetzt. Davon abgesehen, ist er aber eigentlich ein recht netter Kerl. Im ersten Fall geht ein Serienmörder um, der Frauen bevorzugt in Zügen die Kehle aufschlitzt. Nach dem zweiten Mord wird neben den Bahngleisen ein bewusstloser Herr aufgegriffen, der über und über mit dem Blut des Opfers besudelt ist und deshalb in Verdacht steht, der gesuchte Mörder zu sein. Ärgerlicherweise leidet er aber durch den Sturz aus dem Zug an Amnesie. Fitz wird zu Rate gezogen, um dem Erinnerungsvermögen des Verdächtigen auf die Sprünge zu helfen. Denn er weiß: Man verliert die Erinnerung nicht, sie wird lediglich manchmal weggeschlossen, wie eine verrückte Frau auf dem Dachboden, deren Schreie man nicht hören will (siehe Titel) ... In seinen Sitzungen mit dem Namenlosen bedient sich Fitz ziemlich gemeiner Verhörmethoden, die mehr als einmal den Verdacht nahe legen, dass er selbst in eine Zwangsjacke gehört. Doch hinter seinen Methoden steckt das Genius des hochbegabten, brillianten Denkers, der schon bald triftige Gründe dafür hat, anzunehmen, dass der Verdächtige mitnichten der Mörder ist. Sehr zum Unmut des ermittelnden Kriminalbeamten (Christopher Eccleston) ...
Die erste Folge der Serie um Robbie Coltrane bietet spannende und vor allem intelligente Krimiunterhaltung, die zum Glück niemals in fade Tatort- und Derrick-Gewässer abgleitet. Dafür garantiert vor allem die Figur des Psychologen Fitz, die immens vielschichtig und brüchig angelegt ist. Zwar taucht man nie völlig in die Grenzgebiete zum Horror ab wie das etwa bei SILENCE OF THE LAMBS der Fall war, dennoch nähert sich CRACKER dem Grauen, das in dem Spannungsverhältnis zwischen Psychologen und Verbrecher lauert, zumindest an. Fitz wandelt bei seinen Ermittlungen stetig auf dem schmalen Grat zwischen Genie und Wahnsinn und ist ständig bereit, sich dem Fall auf Gedeih und Verderb auszuliefern. Seine eigene Biografie macht ihn dabei durchaus anfällig für den Absturz: Wenn man ihn hört, wie er sich die Gedanken des Mörders vor der Tat ausmalt, kann man es schon mit der Angst zu tun bekommen. Die erste Staffel der Serie (drei Folgen, die zwischen 90 und 140 Minuten rangieren) ist gerade auf DVD raus und somit Freunden düsterer Krimiunterhaltung wärmstens empfohlen. Bin gespannt auf die nächsten Folgen!
#304
Geschrieben 24. März 2006, 21:42
Schlicht ein Traum, dieser Film, und vielleicht eine der gelungensten Literaturverfilmungen überhaupt - zu den größten Gruselfilmen gehört er ja sowieso. Henry James' Novelle TURN OF THE SCREW, die dem Film zugrunde liegt, im Original zu lesen, war ein harter Brocken, obwohl das Buch mit knapp 100 Seiten eher sparsam ausgefallen ist. Aber James bedient sich einer hoch verdichteten Sprache, in der jeder Satz, jedes Wort zigfach mit Bedeutung aufgeladen ist, was dem Nicht-Muttersprachler in Verbindung mit der altmodischen Sprache eine ziemliche Nuss zu knacken aufgibt. Kein Wunder, behandelt James in seiner Schauergeschichte doch solch zu seiner Zeit heikle Themen wie Pädophilie, ungezügelte Fleischeslust und eben die repressiven Moralvorstellungen im England des 19. Jahrhunderts, die solcherlei Unzucht nur allzu gern unter den Teppich kehrten, was nicht selten zur Folge hatte, dass das Verdrängte umso härter zurückschlug. Genau das passiert auch in THE INNOCENTS: Die zugeknöpfte Miss Giddens wird vom weltgewandten, aber an Kindern desinteressierten Onkel aus London auf dessen herrschaftliches Schloss geschickt, um dort seinen Neffen Miles und dessen Schwester Flora zu erziehen. Zu Beginn herrscht großes Idyll (in wunderschöner Schwarzweiß-Fotografie eingefangen), aber als Neffe Miles von der Schule verwiesen wird und vorzeitig nach Hasue kommt, bahnt sich eine Katastrophe an. Miss Giddens ist überzeugt, dass die ehemaligen, verstorbenen Bediensteten Miss Jessel (die unter myteriösen Umständen Selbstmord beging) und Mister Quint, die aus ihrem sexuellen Verlangen füreinander kein Geheimnis machten, den Kindern bleibenden Schaden zugefügt haben. Schon bald ist sie der Überzeugung, Quint schleiche ums Haus, um den Kindern Böses zu tun. Der Zuschauer wird Zeuge, wie die hysterische und sehr beeinflussbare junge Frau mehr und mehr die Fassung verliert. Ist sie es zu Beginn, die dem natürlichen Charme der Kinder nichts entgegenzusetzen hat und sich von ihnen um die Finger wickeln lässt - gerade der halbwüchsige Miles gibt den Charmeur von einigen Gnaden und beweist, dass Kinder durchaus keine asexuellen Wesen sind, was Miss Giddens sichtlich irritiert -, verkehren sich schon bald die Fronten. In dem Glauben, zwei kleine korrumpierte Teufel vor sich zu haben, übt sie einen Druck auf die beiden Kinder aus, unter dem sie schließlich zerbrechen müssen ...
Es ist ziemlich schwierig, THE INNOCENTS angemessen zu bewerten, ohne direkt in Deutungsarbeit zu verfallen, denn Claytons Film vibriert förmlich vor sexuell aufgeladener Spannung und dem psychischen Druck, unter dem seine Protagonistin steht. Doch auch auf einer sehr viel vordergründigeren Ebene funktioniert THE INNOCENTS wirklich ausgezeichnet. Es gibt zahlreiche Szenen, die einem des Nachts in stiller Wohnung garantiert die Haare zu Berge stehen lassen (habe das selbst erlebt). Dabei ist THE INNOCENT, dessen Drehbuch übrigens von Truman Capote mitverfasst wurde, stilistisch erstaunlich modern. Wer THE OTHERS gesehen hat, hat sicherlich das ein oder andere Aha-Erlebnis mit diesem Film, der mit einer fantastischen Kameraarbeit und sehr effektiven Licht- und Toneffekten arbeitet, jedoch nie auf simple Schockmechanismen zurückgreift. Ein wirklich ganz famoser Film, der nicht zuletzt von der kongenialen Leistung Deborah Kerrs lebt, deren Miss Giddens den ganzen Film über am Rande des Nervenzusammenbruchs wandelt und es nur mit größter Mühe schafft, den Schein der Contenance zu wahren. Naja, am Ende ist dann auch der schöne Schein dahin ...
#305
Geschrieben 25. März 2006, 10:45
Cronenbergs THE BROOD von 1979 leitet ungefähr die zweite, "professionellere" Phase seines Schaffens ein, nachdem er zuvor die noch recht klein produzierten SHIVERS und RABID gemacht hatte (FAST COMPANY habe ich immer noch nicht gesehen). Nach THE BROOD, der schon mit echten "Stars" wie Oliver Reed und Samantha Eggar aufwarten kann, folgten SCANNERS und VIDEODROME, bevor dann Hollywood rief. In THE BROOD beschäftigt sich Cronenberg wieder auf seine recht typische Art und Weise mit seinem Lieblingsthema, dem "Neuen Fleisch". Das sieht hier so aus, dass ein erfolgreicher Psychologe namens Hal Raglan (Oliver Reed) eine neue Methode der Psychotherapie entwickelt hat, die so genannten Psychoplasmics. Worin diese Methode genau besteht, bleibt allerdings etwas unklar, meist spielt Raglan kleine, gemeine Rollenspiele mit seinen Patienten, in denen er sie mit ihren Ängsten konfrontiert. Diese Methode zeitigt aber tatsächlich körperliche Folgen, statt einfach nur das ins Wanken geratenen seelische Gleichgewicht seiner Patienten zu richten. So muss Ehegatte und Vater Frank Carveth (Art Hindle), dessen Frau Nola (Samantha Eggar) sich in der Obhut Raglans befindet - sie hat in dieser Zeit nur Kontakt mit ihrer Tochter Candice, nicht jedoch mit ihrem Mann -, feststellen, dass seine Tochter nach den Besuchen bei ihrer Mutter schlimme Verletzungen aufweist, die nur von körperlicher Gewalt herrühren können. Die Versuche, seine Tochter von der außer Kontrolle geratenen Mutter fernzuhalten, scheitern: Erst werden Nolas Mutter, ihr Vater sowie die Kindergärtnerin von Candice von merkwürdigen, missgebildeten Kindern brutal ermordet, dann wird Candice schließlich von diesen entführt. Diese Kinder wiederum können nicht auf herkömmlichem Weg das Licht der Welt erblickt haben, sondern scheinen Produkte von Nolas Zorn zu sein ...
Es gibt die typischen Zutaten eines Cronenbergs: die geheimnisvolle, hoch wissenschaftliche, aber zwiespältige Institution: Raglans Klinik namens "Somafree"; den genialen, aber undurchsichtigen und von eigenen Interessen getriebenen Wissenschaftler sowie körperliche und seelische Missbildungen aller Art. Höhepunkt des Films ist eine garstige Geburtsszene am Ende, die Ängste vor der alles verschlingenden Liebe der Urmutter schürt und das männliche Unverständnis des weiblichen Zeugungsakts widerspiegelt. Überhaupt treten in diesem Cronenberg die Unterschiede von männlicher und weiblicher Sexualität und Perspektive wesentlich stärker hervor als in späteren Filmen, in denen es ja immer auch um Überwindung von Geschlechterrollen und "normaler" Sexualität geht (darauf hat mich meine überaus kluge Freundin Leena hingewiesen - das sei hier mal erwähnt). THE BROOD gehört sicher zu den stilprägenden Filmen im Oeuvre Cronenbergs, wenn auch nicht zu den besten. Der nachfolgende SCANNERS ist in meinen Augen aber deutlich schwächer und weniger interessant. Insofern ist jegliche Debatte Makulatur, den Film sollte man schon kennen, wenn man mit Cronenberg was anfangen kann.
#306
Geschrieben 26. März 2006, 09:09
Die fliegende Guillotine ist definitv eine der besten Erfindungen der Filmgeschichte, der eigentlich nur der klingenbewehrte Zylinder von Odd-Job in GOLDFINGER das Wasser reichen kann. Sieht aus wie ein unbequemer Hut mit Kette dran, doch einmal über die Rübe gestülpt, klappt ein Moskitonetz runter und durch einen festen, beherzten Zug an der Spülung ist - ritsch! - die Rübe ab. Die fliegende Guillotine gab es angeblich wirklich, auch wenn ihr Erscheinungsbild aus dem Film wohl nicht ganz der Realität entspricht. Sie ist natürlich eine Erfindung der bösen Manchu-Herrscher, um die arme, rechtschaffene Landbevölkerung heimlich, schnell und leise plattmachen zu können. Im Film wird sie von Ku Feng erfunden, der vom Kaiser den Auftrag erhält, zwei verräterische Beamte möglichst heimlich zu entsorgen - und wie ginge das besser als durch eine gezielte Enthauptung? Bei einem Gang über den mit Artisten und Jongleuren gespickten Marktplatz kommt er auf die glorreiche Idee für das schicke Mordwerkzeug. Der Kaiser ist hoch erfreut über so viel positiv kanalisierte Kreativität und ruft sogleich eine Art Spezialeinheit ins Leben, die sich dem Training mit der Wunderwaffe widmen sollen. Ku Fengs problemloser Vertretererfolg vor dem Herrscher bleibt etwas unverständlich, denn auch wenn er den Kettenhut als supergefährlich, unbesiegbar und perfekt darstellt, macht die Waffe doch einen eher unpraktischen und unflexiblen Eindruck. Auch, dass sie über 100 Meter einsatzfähig sein soll, erscheint mehr als übertrieben. Aber egal, der Wille zählt und dass Chinesen ziemlich enthusiastisch sind, ist weltbekannt. Die folgenden Trainingsaktionen strafen den skeptischen Zuschauer auch sogleich Lügen, denn die Soldaten - unter ihnen auch Chen Kuan-Tai - sind nach nur wenigen Trainingseinheiten meisterhafte Guillotinenwerfer, die mit dem sperrigen Gerät auch einer Fliege die Eier abreißen könnten. So wird dann in der Folge munter enthauptet, jeder unliebsame Gesell kriegt nen neuen Haarschnitt verpasst, die topmoderne blutrote Tonsur (ohne Strähnchen). Doch der Meister der Guillotine Chen Kuan-Tai, der hier Ma Teng heißt, bekommt Gewissensbisse, zumal es des Kaisers neues Hobby wird, auch die eigenen Leute aufgrund hanebüchener Verdächtigungen einen Kopf kürzer zu machen. So flieht er, findet ein Eheweib, macht flugs ein Kind und lebt fortan das Leben aller rebellischer Shaw-Helden: Er zieht aufs Land. Natürlich tauchen dort schon bald die bösen Schergen auf und so dauert es nicht lange bis sich ein blutiger Showdown an den nächsten reiht.
Die Inhaltsangabe sollte für sich sprechen: Ho-Meng Hua ist ein Klassiker des Shaw-Kinos gelungen, dessen manchmal etwas unspektakuläre Geschichte einzig und allein um die wunderbaren Guillotinenszenen drumrumgeschrieben wurde. Es hagelt Blutsuppe und die enthaupteten Leiber stapeln sich bis an die Zimmerdecke. Das ist Kino!
#307
Geschrieben 27. März 2006, 12:52
Im Rahmen der diversen Kommentare zum ersten Teil meiner kleinen Pete-Walker-Werkschau habe ich ja schon erwähnt, dass ich HOUSE OF WHIPCORD für einen ziemlichen Knaller halte. Daran hat sich jetzt, nach der dritten Sichtung, gottseidank nichts geändert. Die Geschichte - auch das ist ein Grund für den Erfolg des Films - ist denkbar einfach: Ein junges weibliches französische Fotomodell, das gern auch schon mal das Blüschen in aller Öffentlichkeit lüpft, um seine wohlgeformten sekundären Geschlechtsorgane zur Schau zu stellen, wird auf einer Party von einem mysteriösen Herrn mit dem nicht ganz so mysteriösen Namen Mark E. Desade angesprochen und nur wenige Tage später von ihm auf einen Ausflug mitgenommen. Dieser Ausflug führt nicht ins Eheglück, sondern in ein privates Gericht und Frauengefängnis, in dem junge "unzüchtige" Mädchen von einem alternden Ehepaar zur Haft verurteilt werden - und die endet immer am Galgen. Die diversen Fluchtversuche unserer Heldin werden vom energischen Aufsichtspersonal unterbunden und so gibt es kaum Hoffnung, den sadistischen Züchtigungen und dem Tod durch den Strang zu entkommen. Es bleibt nur die Hoffnung auf Hilfe von außen ...
Obwohl Walkers Film natürlich dem Frauengefängnis-Genre im weiteren Sinne zuzuordnen ist, schafft er es dennoch erstaunlicherweise, den Sleaze, der mit diesem Genre verbunden ist wie der Arsch mit den Beinen, völlig zu meiden. Auf nacktes Fleisch oder blutige Folterungen gierende Gaffer werden zwar hin und wieder bedient, jedoch stehen diese Szenen immer im Dienste der Geschichte und werden nicht voyeuristisch ausgeschlachtet. Anstatt auf Vordergründigkeiten zu setzen, baut Walker lieber auf düstere Bilder, die Moder, Feuchtigkeit und Rattenkot ausströmen, und auf einen bissigen satirischen und schwarzhumorigen Unterton. Für diesen Aspekt sorgt vor allem die Charakterisierung des alten Ehepaars, deren gemeinsame Szenen absolute Glanzlichter des Films sind. Der Gatte, der dem Gefängnis als Richter vorsteht, ist blind und senil und wird von seiner autoritären Ehefrau lediglich zum Schein als oberste Instanz geduldet. So wird ihm schon mal ein Todesurteil als Freilassungsdokument zur Unterzeichnung vorgelegt. Merkt der alte Sack ja eh nicht! Seiner Gattin geht es nämlich mitnichten um die Erziehung vom Pfad der Tugend Abgekommener, sondern einzig und allein um deren Bestrafung und Liquidierung. Ein durchaus lohnendes Hobby, das man nicht mit allzu vielen Menschen teilen muss. Neben der äußerst einseitigen Beziehung zu ihrem Gatten unterhält sie außerdem ein mehr als zwiespältiges, durchaus sexuell aufgeladenes Verhältnis zu ihrem Sohn, der sich hinter dem oben erwähnten plumpen Pseudonym versteckt und auch nicht mehr alle Latten am Zaun hat. Walkers Moritat von einem ultrakonservativen privaten Rechtssystem passte sicher ganz gut in die ausgehende Hippie- und Flower-Power-Ära. Dieser "sozialkritische" Aspekt drängt sich aber zum Glück niemals auf. Walkers Film ist keine schlaumeierische Kritik an als untragbar empfundenen herrschenden Zuständen, sondern in erster Linie einmal ein äußerst spannender, origineller und effektiver kleiner Spannungsfilm, der mit einer tollen Besetzung (u. a. lässt einem Sheila Keith aus Walkers FRIGHTMARE das Blut in den Adern gerinnen), vielen haarsträubenden Szenen und einer beklemmenden Atmosphäre ausgestattet ist und deshalb auch gut 30 Jahre nach seiner Entstehung noch ziemlich gut funktioniert. Die DVD von Anchor Bay trägt diesem Fakt mit einer ziemlich liebevollen Menügestaltung Rechnung. So musset sein!
#308
Geschrieben 27. März 2006, 13:10
WEREWOLF-CONCERTO
Timothy Dalton, Beverly D'Angelo, Dennis Farina und Walter Gotell in einer Werwolf-Episode, für die ich zwei Anläufe brauchte, um den Witz zu verstehen. Lag vielleicht auch daran, dass dieser Witz nun nicht sonderlich spektakulär ist und sich die Episode sonst - von ihrer Eröffnungsszene mal abgesehen - als ziemlich attraktionsarm präsentiert. Sie ist als relativ klassischer Whodunit inszeniert, bei dem der Zuschauer gleich zwei "Täter" erraten muss: Wer ist der Werwolf, wer sein Jäger? Am Ende wird die Erwartung auf den Kopf gestellt, wie sich das gehört. Nett, nicht mehr.
OIL'S WELL THAT ENDS WELL
Lou Diamond Phillips und Priscilla Presley sind ein Betrügerpärchen, die dusselige Landeier bescheißen. Da beide ziemlich geldgeil sind, versuchen sie natürlich sich gegenseitig zu bescheißen, was am Ende für beide in die Hose geht. Eher Krimi als Horror ist diese Episode ob ihres netten Endes doch ganz gut gelungen. In Nebenrollen treten Alan Ruck, Rory Calhoun und John Kassir auf, der ja sonst hauptberuflich den Cryptkeeper spricht.
Insgesamt geht es aber eher bergab mit der Serie ...
#309
Geschrieben 27. März 2006, 18:49
Remakes lassen sich meist in zwei Kategorien einteilen: Da sind jene, die die Story, das Thema eines älteren Films aufgreifen und für die Gegenwart aufbereiten, sprich aktualisieren - ein Beispiel wäre vielleicht DePalmas SCARFACE. Andere machen es sich lediglich zum Auftrag, das Vorbild technisch aufzupolieren und so den Sehgewohnheiten einer neuen Generation anzupassen. Die Horror-Remakes der letzten Jahre lassen sich hauptsächlich in die zweite Kategorie einordnen, machten das mal etwas besser und ambitionierter (DAWN OF THE DEAD), mal etwas stromlinienförmiger (THE TEXAS CHAINSAW MASSACRE). Auch Alexandre HAUTE TENSION Aja geht mit dem Remake von Cravens Klassiker letzteren, bequemen Weg. Vor allem in der ersten Hälfte des Films funktioniert die Reduktion auf oberflächliche Neuerungen auch ganz gut. Wie man es nach seinem Debüt erwarten konnte, haut er kräftig auf die Kacke, zieht die Grenzen des in Hollywood möglichen sicherlich weiter als man das erwarten durfte und hat seinem Vorgänger Craven (der hier produzierte) in Sachen Terror mehr als nur eine Nasenspitze voraus. Craven ist vielleicht einfach zu liebenswürdig und gebildet, um dieses Ausmaß an Niederträchtigkeit, roher Gewalt und des schieren Sadismus zu erreichen, das Aja hier vorlegt. Man fragt sich doch unweigerlich, wie dieser Typ sein Leben meistert, mit zwei offenkundig faustgroßen Hoden zwischen den Beinen. Und wie hat er sich mit diesen mächtigen Testikeln überhaupt durch ein Studiotor zwängen können? Ehrlich, das dargebotene Spektakel ließ mich doch mehrfach verwundert die Augen reiben.
Inhaltlich hält er sich bis auf kosmetische Änderungen hingegen sehr eng an das Original, enger als man das etwa von oben erwähnten Remakes kennt. Offensichtlich weiß Aja, wo seine Stärken liegen: im rasant inszenierten Amoklauf. Allerdings funktioniert diese Masche nicht über 90 Minuten und das ist leider die andere Seite der Medaille. Ja, THE HILLS HAVE EYES ist - im Unterschied zu Cravens Original - saudumm. Aja treibt seine Methode, alles so explizit wie nur möglich zu gestalten, nämlich völlig auf die Spitze. So animiert das ständige Höher, Schneller, Weiter in der zweiten Hälfte des Films eher zum Lachen, denn ehrlich zu schockieren. Immer muss noch ein Höhepunkt herhalten, noch ein ekliges Bild gefunden, noch mehr Blut vergossen, noch ein Mutant blutigst niedergemetzelt werden. Herrscht zu Beginn noch nachvollziehbarer und vor allem fühlbarer Schrecken, driftet Aja gegen Ende immer mehr in den Kintopp ab und macht den so erzielten somatischen Effekt nachträglich wieder zunichte.
Aber nicht nur in Sachen Gewalt übertreibt er es: Alles, was bei Craven noch leise angedeutet wurde, was er gar nicht explizit erzählen musste, weil es eben auch so schon offenkundig war, muss bei Aja ausformuliert werden. Wirklich nichts muss sich der Zuschauer selbst erschließen, er bekommt immer erklärt, wie er jetzt was zu verstehen hat: Kino für den dümmsten anzunehmenden Zuschauer. Bei Craven war es EINE Dialogzeile, in der angedeutet wurde, bei den Mutanten könne es sich um radioaktiv verseuchte Menschen handeln, Aja pflastert den ganzen Film mit dieser Erklärung zu. Schon vor den Credits geht es mit einer Schrifteinblendung los, setzt sich dann in den Credits fort - superhip wie mittlerweile in jeder modernen Creditsequenz wird immer zu kreischigen Quietschlauten ein fieses Bild (hier: mutierte Föten und Menschen) eingeschnitten -, bis dann am Ende sogar einer der Mutanten noch eine flammende Anklagerede gegen die böse US-Regierung halten darf, die ihnen einst die Atombombe auf den Kopf geworfen hat. Blöder geht's nimmer. Der Themenstrang um die Brutalisierung der braven bürgerlichen Familie wird im Remake ebenfalls "verbalisiert": Zum einen muss natürlich die US-Flagge am Auto der Familie wehen, um auch dem letzten noch klar zu machen, dass hier uramerikanische Werte auf dem Spiel stehen, natürlich muss der Schwiegersohn, der am Ende loszieht, um Rache zu üben und das Baby zu retten, als ausgesprochener Demokrat bezeichnet werden, der nie eine Waffe anfassen würde: Als würde das seinen Blutrausch am Ende noch wesentlich unfassbarer machen und als wäre es für einen Republikaner im Umkehrschluss selbstverständlich, mordend durchs Land zu ziehen. Und als wäre das noch nicht genug, wird dann auch ständig eine US-Flagge als Mordwerkzeug gebraucht - deep. Echt, langsam weiß man ja nicht mehr, wofür man George W. Bush mehr hassen soll: für seine Politik oder für die Kritiker, die er hervorbringt und die einem mit ihrem dummen Gesabbel auf den Geist gehen.
Ich gebe zu, THE HILLS HAVE EYES ist als Schocker ordentlich gelungen und weiß saftig zu unterhalten. Je länger ich aber über den Film nachdenke, umso mehr ärgere ich mich über ihn. Cravens Film mag vielleicht weniger spektakulär sein und in seinen Suspense-Szenen nicht die Intensität von Ajas Film erreichen, dafür richtet er sich aber an Menschen, für die das Denken noch nicht zur lästigen Zeitverschwendung geworden ist. Kommentar aus der Reihe hinter mir, als erwähnte Schrifteinblendung über die Leinwand flimmert: "Ey, das musste lesen!" - "Häh?" (Schrift wird ausgeblendet) - "Ey ich hab dir doch gesagt, dass hättest du lesen müssen!"
#310
Geschrieben 27. März 2006, 19:03
Zwei Regisseure teilen sich den Stuhl (habe gerade keine Lust nachzusehen, welche), Tang Chia choreografiert das Gehampel, Ti Lung ersetzt Chen Kuan-Tai, Ku Feng ist jetzt der Kaiser von China, Lo Lieh ein böser Scherge und die fliegende Kopfabsägmaschine ist jetzt noch fieser, noch gemeiner und noch tödlicher. Tja, es hätte alles so schön werden können, aber leider ist das Sequel zum Klassiker des Mit-fliegenden-Mordmaschinen-Köpfe-abschneiden-Subgenres deutlich schwächer als sein Vorgänger. Wieder einmal verhaspeln sich die Chinesen mit ihrer wirren Drehbuchstruktur und einem Hauptdarsteller, der offensichtlich eigentlich nur vorbei gekommen ist, um seinen neuen Schnurrbart zu zeigen, sich dann aber zum Mitmachen hat überreden lassen - Ti Lung hat nicht mehr als einen verlängerten Cameo-Auftritt. Auch Lo Lieh wird leichtfertig verschenkt und hat gar nix zu tun. Naja, so richtig schlecht kann ein Film mit der fliegenden Guillotine natürlich nicht sein und so sind die entsprechenden Szenen auch ganz lustig geworden. Insgesamt ist mir aber lediglich die tolle Anfangsszene mit Ku Feng im Gedächtnis geblieben sowie die lustigen und extrem unüberzeugenden "Verbesserungen" der Wunderwaffe. In ersterer Szene bekommt der Kaiser eine nackte Schönheit frei Haus geliefert und schlitzt ihr nach kurzer Musterung beherzt die Kehle durch. Sein Kommentar: "I dislike Han women!" - Jau! Ein Mann mit Prinzipien! Lustig an zweitem Aspekt ist vor allem, dass die Rebellen versuchen, die Baupläne für die Fliegende Guillotine 2.0 zu stehlen und dafür eine Spionin einschleusen, die so dicht an den Kaiser rankommt, dass sie ihn eigentlich auch gleich murksen könnte. Aber nee, lieber Baupläne klauen! Das Ende ist, wie häufiger bei den Shaws, extrem abrupt und - hoppla! - alles andere als happy.
#311
Geschrieben 28. März 2006, 19:18
Vielerorts wird dieser Film mit Patrick Swayze als typischer Vertreter des 80er-Actionkinos behandelt. Das ist natürlich völliger Blödsinn, denn ROAD HOUSE ist ein waschechter Fantasy-Film. Er spielt in einer Welt, in der kleinwüchsige Tanzbären knallharte Rausschmeißer werden können; in einer Welt, in der man als Rausschmeißer nationale Berühmtheit erlangen kann und von Kneipe zu Kneipe verdealt wird wie ein Profisportler. Er spielt in einer Welt, in der die Verbindung der Eigenschaften "Rausschmeißer", "studierter Philosoph" und "sieht aus wie Patrick Swayze" eine realistische Möglichkeit darstellt und keine Fieberfantasie eines Opiumabhängigen. In dieser Welt ist eine solche Rausschmeißerlegende auch nicht einfach ein gelangweilter Schlägerproll, sondern hat sein Handwerk tatsächlich von der Pike auf gelernt, natürlich von einer anderen, noch größeren Legende. Und in dieser Welt ist es möglich, dass diese beiden Ultrarausschmeißer auf die Actionheldennamen Dalton (Swayze) und Wade (Sam Elliott) hören. Dalton. Und Wade. (Man muss das ganz langsam mit zusammengekniffenen Augen aussprechen und ohne den Mund zu öffnen, damit das seine volle Durchschlagskraft entwickelt.) Diese beiden Superhelden des Asis-vor-die-Tür-Setzens sind die feinsten Exemplare der Gattung "Mann" in einer Welt, in der Stiefel ÜBER, Hemden aber dafür IN der Hose getragen werden, die für den vollen Effekt 1. mindestens vier Bundfalten haben muss und 2. ruhig ein bisschen in der Arschritze verschwinden darf. Damit man den Einfüllstutzen für das Dieselöl, das solche Mannmaschinen am Laufen hält, nicht sofort sieht, haben sie sich alle eine feine Nackenfotze drüberwachsen lassen (oder einfach nur die Brusthaare nach hinten gekämmt, so genau kann man das nicht eruieren).
Ehrlich in diesem Film stimmt einfach alles: Langweiliger Altherrenblues ist der heißeste Scheiß (der blinde Gitarrero Jeff Healey spielt selbst eine kleinere Rolle und kennt Dalton und Wade natürlich auch, is klar), ebenso wie die schmantige Pinte, in der selbiger gespielt wird, der geldscheißende Bösewicht (Ben Gazzara) ist so von Hass zerfressen, dass er über dem Kleinkinderstreit mit Dalton lieber draufgeht, anstatt auf seine doofe Kneipe einfach zu scheißen. Dalton macht mit eingeöltem Oberkörper Tai-Chi, wenn er nicht gerade Lebensweisheiten vom Stapel lässt, die er sicherlich beim Onanieren an der Wand des Uniklos gelesen hat (mein Fave ist "Pain don't hurt - das ist mal nietzscheanische Lebensphilosophie vom Feinsten), und am Ende muss er auch noch seinen Kumpel Wade rächen. Dazu hat er natürlich einen speziellen Killermove, den er ein paar Jahre später, als mit dem guten alten Leute-aus-Kneipen-rausschmeißen nicht mehr die fette Asche wie in den seligen Eighties zu machen war, für ein paar lumpige Dollar an Steven Seagal verhökert hat, der diesen dann in UNDER SIEGE anwendete. Jaja, Kehlköpfe rausreißen lernt man am besten vom Besten. Der Schluss ist beinahe märchenhaft, während der Rest eher so CONAN, DER SÜDSTAATLER ist: Nachdem Dalton aus Liebe auf seinen blutigen Finishing Move verzichtet (seine Ische - Kelly Lynch - schaut nämlich zu: verdammte Weiber!), sieht er sich plötzlich einer auf ihn gerichteten Waffe gegenüber. Doch da kommen seine ganzen Freunde, die den prügelnden Philosophen so liebgewonnen haben, und pumpen dem Bösling eine ganze Ladung Metall in den Leib. Flugs werden die Waffen unter der Couch versteckt und als wenige Sekunden später die Polizei auf der Szenerie erscheint, reicht ein einfaches "Wir haben nix gesehen", damit sich alles in Wohlgefallen auflöst. Und wenn sie nicht gestorben sind, schämen sie sich heute bestimmt alle dafür, dass sie in diesem Film mitgemacht haben. Zu Unrecht, wie ich finde: ROAD HOUSE gesehen. Geweint.
#312
Geschrieben 29. März 2006, 14:29
WHAT'S COOKIN'
Ganz nette Episode, allerdings mit totalem Standardthema. Es geht mal wieder um den Verkauf und die Verspeisung von Menschenfleisch. Die Geschichte nimmt sich relativ viel Zeit, versagt dann aber leider etwas bei der Auflösung, die doch ziemlich überhastet wirkt. Dafür gibt es aber wieder einmal eine recht eklige Szene und mit Christopher Reeve und Judd Nelson zwei sympathische Darsteller, die hier fast schon auf den Leib geschriebene Verliererrollen abbekommen haben - schließlich darf man sie wohl nicht ganz zu Unrecht als große Gescheiterte des Filmbusiness bezeichnen. Christopher Reeve hat ja darüber hinaus noch eine ganz andere tragische Rolle in seinem Leben zu spielen gehabt - hier ahnte er noch nichts von seinem späteren Glück. Meat Loaf ist auch dabei und man darf mutmaßen, dass er die Rolle als erster unfreiwilliger Schnitzellieferant nur wegen seines Namens bekommen hat.
COME THE DAWN
Regisseur dieser Episode, die mit Perry King, Brooke Shields und Michael J. Pollard aufwartet, ist der deutsche Uli Edel, den ich gern mit Carl Schenkel zu verwechseln pflege, was sehr programmatisch ist, denn beide halte ich eher für mäßig interessant. Der Uli hat immerhin so halbinteressante Filme wie CHRISTIANE F., LAST EXIT BROOKLYN, BODY OF EVIDENCE oder eine Episode von TWIN PEAKS im Rücken, in den letzten Jahren tut sich in seiner Filmografie aber nix Weltbewegendes mehr. Auch COME THE DAWN ist reichlich bieder mit dem uralten PSYCHO-Twist am Schluss, der aber niemanden wirklich überrascht, weil es der einzig mögliche Twist ist.
#313
Geschrieben 30. März 2006, 18:34
Fulminante Folge, die trotz immenser Überlänge (rund 150 Minuten) kein bisschen langweilig ist - und das, obwohl es keine Verfolgungsjagden, Kung-Fu-Fights, NuMetal-Soundtrack, CGIs oder Shootouts gibt. In der ersten Hälfte ist diese Episode ja noch nicht einmal ein echter Krimi. Ein Großteil der Story dreht sich um Fitz, der seiner Frau hinterhertrauert und sie zu einer Rückkehr zu ihm überreden will. Sie verlangt im Gegenzug von ihm, dass er seine Spielsucht bekämpft - ein Versprechen, dass er ihr nicht geben will. Der brilliante Kopf, der den Menschen nicht nur bis zur Stirn gucken kann, sondern auch dahinter, braucht eben die Extraportion Unsicherheit, sonst lähmt ihn das Leben. Insofern ist er seinen kriminellen Kontrahenten gar nicht so unähnlich. Bei diesen handelt es sich in dieser Folge um ein Liebespaar, die zu niemandem sonst eine Bindung aufbauen können: Sie verachtet sich selbst, weil sie immer nur der Blindenhund für ihre blinde Schwester war, er ist ein Stotterer, der sich nur im absoluten Zorn klar artikulieren kann. Schon bald begeben sich die beiden von ihrer Umwelt angefeindeten Personen auf eine ziemliche Mordtour.
Mir hat besonders gut gefallen wie unspektakulär und glaubwürdig das alles vonstatten geht. Die beiden Killer sind keine blutgierigen Psychopathen, sondern gesellschaftliche Außenseiter, die sich schlicht in die Ecke gedrängt fühlen. Keine Butzemänner mit Gummistiefelfetisch und Selbstverstümmelungstrieb in dieser Serie, gottseidank. Ihre Psyche wird von Fitz gnadenlos offengelegt, ohne man dabei in wilde Phantasterei und sensationsgeilen Voyeurismus verfallen würde. Lediglich in ein, zwei Szenen kam mir das Geschehen etwas gekünstelt vor, was aber auch an den Dialogen gelegen haben mag, die eben sehr viel intelligenter sind, als Menschen sich für gewöhnlich auszudrücken pflegen. Das Ende ist ziemlich aufreibend und tragisch. Trotz der sehr realistischen, ungeschminkten Weltsicht hält CRACKER durchaus auch Sympathien für seine Antagonisten bereit - im Unterschied zu manch anderer moderner Krimiserie, die das Monster in jedermann wittert. Das Ende ist ziemlich tragisch und des großen Kinosaals durchaus würdig. Und Coltranes Columbo-Parodie ist phänomenal.
#314
Geschrieben 30. März 2006, 18:58
Diesen britischen Film wollte ich schon sehen, als ich zum ersten Mal bei Hahn/Jansen davon las, obwohl es dort natürlich einen mittelschweren Verriss hagelte. Auch bei Trebbin kommt der Film nicht so gut weg. Egal, die Vorstellung, dass im Keller des Bürgertums ein Butzemann gefangengehalten wird, der sich nach jahrelangem Kerkerdasein seinen Weg an die Oberfläche bahnt, hat einfach einen großen Reiz auf mich ausgeübt. Insofern ist meine Meinung wahrscheinlich kein großer Gradmesser, denn ich wollte den Film einfach gut finden, nachdem ich ihn nun endlich nach ca. 17 Jahren in die Finger bekommen habe. THE BEAST IN THE CELLAR ist viel weniger schundig als ich ihn mir vorgestellt hatte. Er bemüht sich um eine glaubwürdige Charakterisierung seiner Hauptfiguren, zweier alter Damen, die, den ARSENIC & OLD LACE-Tanten nicht unähnlich, in einem alten Haus im ländlichen Lancashire leben. Wie die beiden Damen in Capras Film haben auch diese hier eine sehr spezielle Bezeihung zu ihrem Bruder, die ebenfalls etwas mit einem Keller zu tun hat. Dort halten sie ihren Bruder nämlcih seit gut 40 Jahren gefangen, weil sie damals verhindern wollten, dass er in den Zweiten Weltkrieg zieht. Grund für diesen eigentümlichen Entschluss war der bleibende Eindruck, den ihr Vater nach seiner Rückkehr aus dem Ersten Großen hinterlassen hatte. Das Motiv war durchaus humanistisch, wie so oft kam aber dann die doofe Realität dazwischen. Irgendwann war der Krieg zwar vorbei, aber der Bruder war da schon viel zu malle im Kopp vom jahrelangen Doof-an-die-Wand-Glotzen, als dass man ihn nochmal auf die englische Landbevölkerung hätte loslassen können. Der hätte die Schwestern beim Fünf-Uhr-Tee ja nur blamiert mit seinem Gegrunze und das Shortbread wäre in seinem filzigen Bart hängengeblieben ... Wer zu lange Kellerluft schnuppert, bekommt nämlich nicht nur einen solchen, sondern muss auch irgendwann mal ganz dringend an die frische Luft, um einen Spaziergang zu machen und einen Strauß Blumen zu pflücken. Außerdem entwickelt man in so einem miefigen Kellerloch unter diesen Umständen einen ziemlichen Hals auf alles, was Uniform trägt, und so krabbelt der Kelleröhi an die frische Luft und murkst Soldaten, von denen in der Nähe des Hauses irgendwo ein Nest sein muss. Man kann da ja keine fünf Meter weit gehen, ohne einen Soldaten anzurempeln. Was sagt es wohl über die britsiche Armee aus, dass sich trotzdem keiner zur Wehr setzen kann? Alles Schlappschwänze!
THE BEAST IN THE CELLAR hätte schön düster und sleazig inszeniert ein echter Kracher werden können, ist so aber eher eine recht lahme Mischung aus Schwarzer Komödie und Psychodrama geworden, die sehr unter dem schmalen Budget zu leiden hat. Der Kellergeist sieht aus wie Michael Palin im FLYING CIRCUS-Vorspann, eine Rückblende in den Winter des Jahres 1910 oder so zeigt Kinder mit quietschroten Plastikanoraks (zum Glück ist der Film nicht in den 90ern gedreht worden, sonst hätte man Snowboards gesehen!), die wenigen Effekte sind sehr fadenscheinig und erwecken eher den Eindruck, das Kellerbiest hätte den Kameramann angefallen, und am Ende verliert sich der Film in endlosen Monologen, anstatt zu zeigen, wie der Ötzi Soldaten durchs Dartmoor prügelt. Die Darstellung der beiden alten Damen indes ist wunderbar und wertet den Film wieder ein bisschen auf. Keine Offenbarung, aber irgendwie war's trotzdem ganz nett ... Spekulation über den Täter beim Fund der ersten Leiche: "Animal, vegetable or human being?" - "Animal." - "Animal animal or human animal?"
#315
Geschrieben 01. April 2006, 09:19
Hostel
Ob ein Horrorfilm seine Wirkung als Schocker und Magenumdreher erreicht und auch darüber hinaus in Erinnerung bleibt, hängt nicht immer von der Intelligenz und Brillianz der Macher und der "objektiven" Qualität des Films ab. Der Horrofilm ist sogar wahrscheinlich das einzige Genre, in dem man trotz oder gerade wegen reaktionärer Gesinnung (Angst vor dem Anderen und so) einen echten Klassiker hinlegen kann. HOSTEL ist so ein Ding. Eli Roth würde ich nun nach CABIN FEVER nicht gerade in die Riege der Meisterregisseure aufnehmen und sonderlich schlau scheint er auch nicht zu sein. Was ich in HOSTEL gesehen habe, möchte ich deshalb auch weniger einer künstlerischen Intention unterstellen, als vielmehr dem Klima, in dem der Film entstanden ist. Was den Film nämlich so interessant und ihn möglicherweise zum Schocker seiner Generation macht, sind die Rückschlüsse, die er einem auf die US-amerikanische Psyche zu ziehen ermöglicht. Terror- und Folterfilmchen sind zwar zurzeit schwer en vogue, dennoch möchte ich behaupten, dass HOSTEL der Titel ist, der aus diesem Subgenre auch in zehn Jahren noch Bestand haben wird. Ist natürlich reine Spekulation, aber man möchte dem Film eine gewisse Relevanz nicht absprechen.
Zwei Amis reisen durch Europa, um sich die Hörner ordentlich abzustoßen. Glaubt man den Fantasien der US-Amerikaner, ist Europa ja ein einziger Sündenpfuhl und die US-Boys die Könige desselben. Und die Hauptstadt aller Schweineigeleien ist natürlich Amsterdam. Die beiden Helden gabeln einen durchgeknallten Isländer auf, der zum selben Behufe wie die beiden Amis unterwegs ist, und nach kurzer Zeit erhalten sie den heißen Tipp, dass derjenige, der mal so richtig einen wegstecken wolle, nach Bratislava fahren müsse, wo die Frauen geradezu süchtig nach Schwänzen seien, für Geld jeglichen Anstand fallen ließen und vor allem extrem darauf versessen seien, gerade US-Amerikanern ordentlich die Nille zu vergolden. Schwupp, sitzen die drei im Zug in die Slowakei. Im dortigen altehrwürdigen Hostel angelangt, geht es auch direkt in die Vollen: Makellose Schönheiten entblättern sich schamlos und scheinen tatsächlich für alles bereit. Nach einer unvergesslichen Nacht ist Oli, der Isländer, ohne jede Spur verschwunden. In der Nacht darauf trifft es den ersten US-Boy. Der verbleibende Held macht sich auf die Suche nach seinen Freuden und stößt bald auf einen Ring, der seinen betuchten Kunden aus aller Welt den Thrill von Folterung und Mord gegen Bares verspricht. Das Hostel ist das Zwischenlager und US-Boys gehören zu den beliebtesten Opfern der zumindest halblegalen Einrichtung ...
Oh Mann, haut Roth auf die Scheiße. Ob das nun die zur Schau gestellten Nacktheiten sind oder die unfassbar derbe Gewalt, hier werden keine Faxen gemacht, der Gedanke, einen irgendwie massentauglichen Film zu machen, kann Roth nicht allzu lange geplagt haben. Der Film fängt ganz harmlos an, lediglich ab und zu gint es einige Irritationsmomente, die sich dann schließlich im derben Showdown in einer infernalischen Blutorgie in einem zur Metzgerei umfunktionierten Abrisshaus konkretisieren. HOSTEL ist dunkel, schmutzig, versifft und ekelhaft. Die Folterungen schaukeln sich in ihrer Intensität vor allem deshalb in ungeahnte Höhen, weil die Gewalt zum einen völlig unmotiviert hereinbricht und die Vollstrecker nicht in das Klischeebild körperlich entstellter Psychopathen passen, dass der Horrorfilm sonst so gern zeichnet. Richtig interessant ist HOSTEL aber, wenn man seine soziopsychologischen Implikationen liest (oder so): Da wird der US-Amerikaner als Mensch gezeigt, der in der Welt, als deren uneingeschränkter Herrscher er sich einst fühlen durfte, überhaupt nicht mehr zu Hause ist. Zwar haben sich die Grenzen dank Globalisierung sehr verschoben, doch der Backwood, in dem man dem Schwarzen Mann begegnet, hat sich lediglich ins Ausland verlagert. Und die Arroganz, mit der sich der Einwohner von God's own country glaubt, die Welt erkaufen zu können, wird hart bestraft. Eli Roth knallt einem diese Mär ziemlich unverblümt aufs Maul, geht dabei aber sehr geschickt vor. In der ersten halben Stunde hat man den Eindruck, sich in einer etwas expliziteren Ausgabe berühmt-berüchtigter Teeniestreifen zu befinden: Es gibt sich doof gebärdende Halbwüchsige, die beim Anblick eines Paars Titten schon völlig den Verstand verlieren und auch sonst nur das eine im Kopf haben, dabei aber völlig verklemmt sind. Und dann bricht das Unfassbare über diese Unschuldslämmer herein.
HOSTEL hat erstaunlicherweise gute Darsteller, tolle Settings, einen überflüssigen Gastauftritt von Takashi Miike, gute Ideen (die Straßenkinder von Bratislava zum Beispiel) und einige saftige Szenen zu bieten, die man in dieser Form wirklich seit Jahren zum ersten Mal auf einer großen Leinwand sehen darf. Klar, im Großen und Ganzen ist das eine ziemlich dumme Story, der man vorwerfen könnte, Europa zum unzivilisierten Barbaristan zu stilisieren. Auf der anderen Seite begegnen die Helden dort doch wieder nur ihren eigenen Dämonen - und anderen US-Amerikanern, die sich mit ein paar Brüsten zur Stillung ihrer sexuellen Gelüste längst nicht mehr zufrieden geben wollen. HOSTEL ist endlich mal wieder ein diskussionswürdiger Horrofilm. Sowas wie das HILLS-Remake darf dagegen jedenfalls nach Hause gehen und im Sandkasten mit den anderen spielen.
#316
Geschrieben 01. April 2006, 09:39
Ein Horrorfilm, wie man ihn eigentlich zusammen mit dem Videomarkt dahingeschieden glaubte. Ein Film, dessen Story auf einen Bierfilz passt, weil dort eben nur "THE RING mit Computerspiel statt Video" steht. That's it. Zunächst dachte ich schon, es handelt sich bei STAY ALIVE - der übrigens wahrscheinlich der erste Film war, über den ich bei Ansicht wirklich GAR KEINE Informationen hatte (an der zu hohen Erwartungshaltung hat's also nicht gelegen) - um einen ätzenden Computeranimatonsfilm. Diese Befürchtung sollte sich zwar nicht bewarheiten, dennoch wurde es nur sehr marginal erträglicher. Es gibt nervende, chargierende Teenies, deren Outfit allein mir schon unendlich auf die Nüsse gegangen ist, doofe One-Liner und eine Story, die dümmer ist als das sprichwörtliche Brot. Elizabeth Bathorys (!) Geist spukt auf einer Plantage in den Südstaaten (!!) und hat sich in einem Computerspiel materialisiert (!!!), das - Postmoderne olè! - STAY ALIVE heißt (!!!!) - und: Jeder der in diesem Spiel dahinscheidet, tut dies auch im echten Leben (!!!!!). Einfach den Computer abzuschalten, wäre natürlich zu einfach, denn einmal angefangen, entwickelt das Spiel ein rätselhaftes Eigenleben, dass die ganze beknackte Prämisse ad absurdum führt. Das beste war, mitanzusehen, wie verzweifelt die Schauspieler versuchten, dieser komplett unglaubwürdigen und außerdem hochgradig bescheuerten Geschichte den letzten Rest von Dramatik und Glaubwürdgkeit abzuringen, was leider am adäquat dummen Drehbuch, ähem, Bierdeckel scheiterte. In der besten Szene beginnt das weibliche magersüchtige Love Interest die Blätter einer Rose abzuzupfen und das alte "Er liebt mich ..."-Spiel zu spielen und das, obwohl diese Rose ihr doch Schutz vor der bösen Bathory bieten soll. Das wird eigentlich nur noch davon getoppt, dass die andere Hauptdarstellerin, die aussieht wie die schreckliche Sängerin der noch schrecklicheren Band Evanescence, ernsthaft October heißt. Traurigerweise spielt hier sogar ein eigentlich fähiger Schauspieler mit: Adam Goldberg, den man aus DAZED AND CONFUSED und SAVING PRIVAT RYAN kennt. Produziert hat DREI ENGEL FÜR CHARLIE-Verbrecher McG. Nice job, dude.
#317
Geschrieben 01. April 2006, 10:06
Folterfilm, Teil 2. Basierend auf echten, aber dann auch wieder imaginierten Begebenheiten, schildert WOLF CREEK die Geschichte zweier junger britischer Mädchen, die zusammen mit einem Australier durch das australische Outback reisen und dort auf den Albtraum jedes Australienurlaubers stoßen: einen fiesen alten Sack mit Haaren auf dem Rücken, dessen bester Freund das Bowie-Knife ist und der sich in der endlosen Einöde ein ziemlich spezielles Verständnis von Freizeitgestaltung angeeignet hat. WOLF CREEK lässt sich lange Zeit dafür, Spannung aufzubauen und eine Beziehung zu den Figuren aufzubauen, malt blasse Bilder der Einsamkeit und verbeugt sich stellenweise mehr als deutlich vor Weirs PICNIC AT HANGING ROCK, mit dem er vor allem die hypnotische Stimmung gemein hat. Die Szene am Wolf Creek, einem riesigen Krater mitten in der Wüste, zitiert obigen Film in mehreren Details: stehengebliebene Uhren, die Darstellung des Naturmonuments als Ort mit magisch aufgeladener Bedeutung. Auch das nicht mehr anspringende Auto scheint Beleg für die mystische Aura des Ortes. Dann bricht jedoch der sehr reale und menschliche Horror über den drei Hauptdarstellern in Form oben genannten Landeis herein, der zunächst noch freundlich Hilfe leistet, die naiven Touristen dann aber verschnürt, vernagelt und ankettet, um seinen schwitzenden Leib an ihnen abzuarbeiten. Der Film schildert diese Ereignisse trotz seiner Ausflüge in moderne pseudodokumentarisch anmutende Gefilde (es gibt auch den mittlerweile obligatorischen Einsatz des Camcorders und des "echten" Videomaterials) auf eine eher distanzierte Weise, die dem Film im Kontrast zum oben erwähnten magisch aufgeladenen Bild von Natur eine sehr kalte und beinahe sachliche Atmosphäre verleiht, die sich auch in der zwar deutlichen aber größtenteils sehr "undramatischen" Gewaltinszenierung spiegelt. Nur in wenigen Szenen erfüllt WOLF CREEK die Erwartungen des Spannungskinos und verlässt sich sonst sehr auf seine Bilder und den Realismus des Gezeigten. So löst er seine Geschichte auch nicht komplett auf, sondern lässt den Zuschauer ziemlich im Regen stehen. Man hat nicht viel Zeit, sich von den Figuren, mit denen man doch sehr gelitten hat, zu trennen. Ein äußerst brutaler und eigenständiger Film, der auch nach Verlassen des Kinosaals noch nachwirkt. Klasse.
#318
Geschrieben 02. April 2006, 08:54
Final Destination 3
Den ersten Teil fand ich damals im Kino ziemlich doof. Ob ich das heute anders sehe, werde ich demnächst mal testen, denn die beiden Sequels haben mir ausgesprochen viel Spaß bereitet. Teil 3 ist natürlich auch nix anderes als ein Remake der ersten beiden mit anderen Unfällen, so wie man das auch schon über Teil 2 sagen konnte. Das Einstiegsunglück ist diesmal ein Achterbahnunfall, der zwar ganz lustig ist, an den Autocrash aus Teil 2 aber nicht ganz rankommt. Dafür wird bei den folgenden Toden mächtig rumgesaut. Es geht also recht blutig zur Sache und obwohl die meiste Zeit auf Computereffekte gesetzt wird, kommt das doch alles sehr ansprechend daher. Vor allem schafft James Wong es, die Tode, die an sich ja vorhersehbar sind, so zu gestalten, dass doch immer noch ein Überraschungseffekt im Spiel ist. FD 3 ist ein reiner Spaßfilm, über den man nicht viel sagen muss. Er hat gute Gags, eben spektakuläre Todesszenen, wie man das erwarten durfte, und doch sehr erträgliche Darsteller. Aus psychologischer Sicht finde ich die Serie ebenfalls ganz interessant, denn nirgendwo sonst wird die Paranoia, im Alltag auf groteske Weise umzukommen, so thematisiert wie hier. Und eine Serie, die es sich zum Ziel gemacht hat, Teenies auf besonders unangenehme Weise über den Jordan zu schicken, ohne einen maskierten Maskenmann einzuführen, hat eh allen Respekt verdient.
#319
Geschrieben 02. April 2006, 09:16
Dass es mit dem Asia-Hype dann doch nicht so weit her sein kann, wie man oft vermutet, merkt man, wenn man sich die Rezensionen zu diesem Film auf der FFF-Foren-Seite anschaut. Da wird verrissen, was das Zeug hält. Nach Betrachtung des Films ist mir diese Tatsache ein völliges Rätsel, denn WU JI hat mich ziemlich umgehauen und zwar so sehr, dass ich in den ersten 45 Minuten über den unfassbaren Bildkompositionen das Lesen der Untertitel völlig vergessen habe. WU JI lässt sich vielleicht am ehesten mit Tsui Harks LEGEND OF ZU vergleichen. Aus jedem Bild wird versucht, den größtmöglichen Effekt rauszuholen, gern auch unter Einsatz von Computereffekten. In ZU wird das sicherlich noch weiter auf die Spitze getrieben als in WU JI - in ersterem gibt es ja fast gar kein "unbehandeltes" Bild -, dennoch hauen beide Filme in die gleiche Kerbe und halten sich nicht lange mit der Abbildung von schnöder Realität ab - hier werden Seelenlandschaften auf die Leinwand gezaubert. Jede Emotion ist riesengroß, schamhafte Zurückhaltung gibt es da nicht und die Grenze zum Kitsch wird mit Inbrunst überschritten. Opulente Kostüme flattern im Wind, kunstvoll geschminkte Augen blicken tränenschwer in den perfekten Sonnenuntergang und todernst gemeinte Liebes- und Treueschwüre werden gehaucht, bevor das Schwert in heroischer Schlacht bis zum Heft in der Brust versenkt wird: So ist das Leben in diesem Film, und ich komme nicht umhin, die große Wahrheit in dem ganzen Treiben zu sehen. Die Kamerarbeit von Peter Pau, der fantastische, pathetische Score, die wirklich unfassbar opulente Ausstattung des Films - da stimmt einfach alles. Da geht es auch völlig an der Sache vorbei, zu bekritteln, dass die Computereffekte nicht ganz dem Standard entsprechen. Who gives a flying Rat's ass! Hier gibt es die volle Imaginationsbreitseite, den völligen Ausbruch aus den Grenzen, die einem die lästige Realität auferlegt, wer will sich da denn ernsthaft beschweren? Lieber so etwas als langweilige die Perfektion des US-Mainstreams, die lediglich abbildet, was vorher in monatelangen Markterhebungen und Brainstormings als zeitgemäß ermittelt wurde, und von Beamten gelangweilt am Rechner zusammengeschraubt wird. WU JI bietet in jeder Szene großes Spektakel (die bombastischen Massenszenen zu Beginn hätte ich mir etwa in Tsui Harks SEVEN SWORDS gewünscht) und auch wenn hier und da mal die Story arg zum schmucken Beiwerk verkommt, ist dieser Film doch einfach nur als Wunderwerk zu bezeichnen.
#320
Geschrieben 02. April 2006, 09:21
Bin nach 45 Minuten gegangen. Mäßige Witze, die bis zum Exzess ausgereizt werden, NuMetal-Prollmusik in den mäßig gefilmten Actionszenen, eine Story, die sich aus einem Dutzend anderer Filme speist, das übliche Gepose und Sprüchgeklopfe: Sowas brauche ich nur noch bedingt. Der Kameramann von VERSUS hat sein Handwerk gelernt, als Regisseur braucht ihn keine Sau. Dagegen ist sein ehemaliger Arbeitgeber Ryuhei Kitamura ja fast Hitchcock. Ich mochte VERSUS und kann auch gern mal totalen Bullshit goutieren, aber um 23:45 Uhr so unnütz seine Zeit zu verplempern? Ohne mich.
#321
Geschrieben 02. April 2006, 09:33
Billy-Wilder-Klassiker mit dem Traumpärchen Jack Lemmon und Shirley MacLaine. Er ist Baxter, ein Angestellter ohne Rückgrat, der sein Apartement an Kollegen "ausleiht", die sich dort mit willigen Damen verlustieren. Irgendwann mietet sich sein Boss Sheldrake mit der süßen Fahrstuhldame Miss Kubelik (sie) ein, auf die Baxter schon lange ein Auge geworfen hat. Sheldrake ist ein Frauenherzen zerbrechender Bastard und so verwundert es nicht, dass Baxter bei Heimkehr eine mit Schlafmitteln vergiftete Miss Kubelik vorfindet. Es kommt, wie es kommen muss und am Ende finden die richtigen Menschen zueinander. Schön. Es fällt mir nicht viel zu Wilders Klassiker ein. Leider ist er nicht so witzig wie andere Filme von ihm, das Gewicht liegt eindeutig auf dem romantischen Element. Die meisten Gags hat Jack Lemmon, dem der liebenswerte Verlierer wirklich auf den Leib geschneidert wurde. Und Shirley MacLaine ist natürlich anbetungswürdig süß. Auffallend außerdem, dass das jetzt schon der zweite Film ist, in dem Männer, die statt überschäumender Wollust nur hehre Gefühle der Liebe im Herzen tragen, mit der Frau ihres Herzens nur Karten spielen (Vielen Dank an Leena für den Tipp ... ). Und, was abschließend erwähnt werden muss: Für seine Zeit ist der Film bemerkenswert unspießig.
#322
Geschrieben 03. April 2006, 17:17
Regisseur Michael Armstrong hat seine kommerzielle Sternstunde mit HEXEN BIS AUFS BLUT GEQUÄLT gehabt, ein Erlebnis, das ihn mit Egofucker Adrian Hoven zusammenführte, dessen inszenatorischen Ambitionen und Einmischungen den Briten so sehr vergrätzten, dass er seine Regisseurslaufbahn nach diesem Erlebnis umgehend beendete - nachzuhören auf dem Kommentartrack der Anchor-Bay-DVD von MARK OF THE DEVIL. HAUNTED HOUSE OF HORROR ist der mittlere von drei Filmen, die er fertigstellte. Es handelt sich dabei aber nicht wirklich um einen Haunted-House-Film, sondern eigentlich um einen Slasher, der - Spoiler! - die Spukhausthematik nur benutzt, um die Zuschauer auf eine falsche Fährte zu führen. Wir schreiben das Jahr '69, London swingt und die Menschen kleiden sich, als würden Farben morgen verboten. Da treffen Farbtöne aufeinander, die niemals dafür bestimmt waren: Mein Fave ist definitiv die Kombo aus einem königsblauen Samtjackett und einem neongelben Hemd - so wird man definitiv Angestellter des Monats beim Praktiker-Heimwerkermarkt! Der Film startet mit einer fetten Party: Das Licht ist an, es läuft dufte Beat-Mucke, in der Zimmerecke steht die Statue eines südamerikanischen Fruchtbarkeitsgottes und an der Wand hängen Poster von Frank Zappa, nackten Weibern und Che Guevara (OK, das hängt an einem anderen Set). Irgendwann wird den Anwesenden langweilig, aber anstatt einfach mal das Licht auszuschalten oder Alkohol zu trinken, sucht man lieber ein unheimliches Gemäuer außerhalb der Stadt auf, in dem es spuken soll. Und weil keiner was getrunken hat, kann man ja auch bequem mit dem Auto hingurken. Dort angekommen gibt's die obligatorische Schauermär - die Einwohner wurden von einem Killer gemurkst, der nun durchs Haus spuken soll - und bald darauf eine Seance. Ehrlich, was ging damals in den Köpfen der jungen Leute vor? Bald wird einer der jungen Recken blutig erdolcht und keiner weiß, wer's war. Was nun? Geht man zur Polizei, steht man selbst als Verdächtiger da, vor allem, weil die ganze Clique schon mal in eine Drogengeschichte verwickelt war. Also beschließt man, den Kumpel lieber irgendwo zu verscharren. Auf die berechtigte Frage, was denn nun sei, wenn einer der Anwesenden der Mörder sei, kommt die furztrockene und irgendwie unbefriedigende Antwort: "Darüber machen wir uns später Gedanken." - Jo, blinder Aktionismus war schon immer die beste Lösung. Danach plätschert der Film so vor sich hin, keiner weiß, wer der Killer ist, und so sucht man das Haus noch einmal auf. Und dann wird einem auch schon bald die unspektakuläre Auflösung präsentiert, allerdings nicht bevor es nochmal einen recht happigen Mord setzt. Ende im Gelände und außer Spesen nicht viel gewesen. Als Period Piece aber durchaus ganz nett. Schlagernudel Frankie Avalon spielt den Helden und statt einem harmlosen Bier greifen die "Kids" hier lieber gleich zum Brandy, den sie dann in Verbindung mit einer Kippe aus dem feinen vergoldeten Zigarettenetui genießen.
#323
Geschrieben 03. April 2006, 17:45
Muss man dazu noch was sagen? Robert Aldrich ist auf jeden Fall meine Wiederentdeckung der letzten Monate: drei Filme, drei Volltreffer (HUSH ... HUSH, SWEET CHARLOTTE, THE LONGEST YARD und eben dat Dingen hier). Und ULZANA'S RAID ist auch ein Film, an den ich nur gute Erinnerungen habe ... Naja, bei THE DIRTY DOZEN handelt es sich natürlich um einen wirklich ausgenommen gemütlichen Kriegsfilm. Aldrich hat hiermit wohl das unbekannte Sugenre des "Feelgood-War-Movies" begründet. Den "knallharten Film gegen den Krieg", der wie "kaum ein anderer [...] das blutige und perverse Gesicht des Krieges" gezeigt hat, und den das Cover verkündet, habe ich jedenfalls nicht entdecken können. Wohl aber einen Film voller Charakterfressen, mit denen man am liebsten auch mal gern in die große Schlacht ziehen möchte, obwohl es Vergewaltiger, Mörder und Halsabschneider sind. Aber, damn, so sind echte Kerle nun mal. Und ein bisschen Rumknallen, Morden und Brandschatzen hat ja noch niemandem geschadet. Vor allem, wenn es gegen Nazis geht. Gegen die geht es nämlich, was dann am Ende auch Anlass für einige lustige Verballhornungen der deutschen Sprache gibt. Was die US-Schauspieler da am Ende von sich geben erinnert mehr als einmal an das selige CASTLE WOLFENSTEIN. Nun ist das Perforieren von Naziköpfen ja durchaus eine Beschäftigung, für die ich moralisch zu argumentieren bereit wäre, aber wie die hilflos in einen Bunker eingeschlossenen Nazigeneräle mitsamt ihren Frauen am Ende von den good guys erst mit Benzin übergossen und dann in die Luft gesprengt werden, ist schon harter Tobak, den man heute nicht mehr so ohne Weiteres in einen freundlichen Familienfilm packen könnte. Wundern muss man sich auch über die unfassbare Besetzung: Lee Marvin, Charles Bronson, Donald Sutherland, der göttliche John Cassavetes, Jim Brown, Telly Savalas, Ernest Borgnine, Robert Ryan, George Kennedy und Robert Webber in einem Film, das nennt man wohl Wellju for Manni. Es gibt wirklich haufenweise klassische Szenen, die mittlerweile fast schon zum Standard für vergleichbare Actioner geworden sind, einen spannenden Showdown, ein tolles Drehbuch und eine feine Adaption des letzten Abendmahls, die religiösen Hardlinern bestimmt gar nicht geschmeckt hat ... Wie gesagt: streitbar, aber gut.
#324
Geschrieben 03. April 2006, 18:09
Der adlige Schnösel Charles Fengriffen (Ian Ogilvy) bringt seine frisch Angetraute Catherine Fengriffen (Stephanie Beacham) in sein Landhaus. Dort begutachtet man zunächst mal die Ahnengalerie, in der vor allem das Porträt von Onkel Henry Fengriffen Eindruck auf die holde Maid macht - und auf Kameramann Denys Coop offensichtlich auch, denn der zoomt begleitet von theatralischer Musikuntermalung in den ersten fünf Minuten ungefähr zehnmal auf dieses Bild. Bald schon übt das Bild einen merkwürdigen Einfluss auf die junge Braut aus: Wieder und wieder erscheint ihr ein Mann mit abgehackter Hand und ausgestochenen Augen. Und als sie bald auf dem Grundstück ihres Mannes einen Herrn sieht, der der Erscheinung wie ein Ei dem anderen gleicht, allerdings mit ohne apper Hand und beiden Augen im Kopp, spitzen sich die Ereignisse zu. Bedienstete, die irgendetwas verheimlichen, werden auf rätselhafte Weise gemurkst, bevor sie etwas rausrücken können. Als die gute Catherine dann auch noch schwanger wird, sind ihre Nerven endgültig am Ende und wie sich das für eine weibliche Figur in einem solchen Film gehört, äußert sich das in Hysterie, Visionen, Schreikrämpfen und Ohnmachtsanfällen. Natürlich gibt es einen alten Fluch, der schwer auf den Fengriffens lastet und den auch der zur Hilfe gerufene Peter Cushing nicht besiegen kann. Der Fluch vollstreckt sich in den Schlussminuten reichlich makaber und beendet den Film auf einer sehr, sehr finsteren Note. Finster ist der restliche Film leider nicht, was auch an den kräftigen Farben liegen mag. wer weiß, wie der Film in Schwarzweiß gehüllt gewirkt hätte? Dennoch ist Roy Ward Bakers Film ganz ansehnlich. Er verfügt über eine schöne Besetzung - Peter Cushing, Patrick Magee und Herbert Lom (als Onkel Fengriffen in einer erklärenden Rückblende zu sehen) -, ein opulentes Paar weiblicher Brüste, das stets bemüht ist, nicht aus seinem engen Dekolletee zu hüpfen, und damit für einen Großteil der Spannung des Films sorgt, gute Make-Up-Effekte, feines gothisches Nebelwabern - sehr geil etwa die Szenen auf dem 20 Quadratmeter großen Familienfriedhof, zu dessen Bestattungsservice offensichtlich die Ausstattung jedes Grabes mit einer Nebelmaschine besteht - und natürlich das schon angesprochene Ende, das den etwas trägen Film am Schluss nochmal rausreißt. Nicht Roy Ward Bakers bester, aber etwas, was man gern mitnimmt.
#325
Geschrieben 04. April 2006, 14:45
Ich versteige mich hiermit zu der abenteuerlichen und absolut unhaltbaren These, dass es sich bei diesem Monsterfilm aus der Feder Larry Cohens um den besten Genre-B-Film der 80er handelt. Das schließt selbstverständlich sowohl Horror-, Sci-Fi als auch Fantasy- und Actionfilme mit ein und entspringt einer Überzeugung, die mich gestern bei Betrachtung ganz spontan ereilt hat. Warum das so ist, kann ich leider nicht so genau festmachen, denn Cohens Monsterflick ist eigentlich sehr klassisch erzählt: Manhattan wird von einer Serie mysteriöser Tode in Atem gehalten, d. h. eigentlich sogar von zwei Serien. Bei der einen handelt es sich um grausliche Ritualmorde, bei der anderen um unerklärliche Todesfälle, die meist Menschen ereilt, die quasi on top of the world arbeiten, also auf den Hochhäusern. So regnet es in einer sehr effektiven Szene Blut auf die in den Straßenschluchten flanierenden Passanten. Im Zentrum des Geschehens steht der kleine Ganove und Ex-Junkie Quinn (Michael Moriarty), der durch Zufall der Ursache der Tode auf die Spur kommt: Im Dach des Chrysler Buildings hat ein drachenähnliches Wesen sein Nest aufgebaut. Der Loser wittert nun seine Chance auf das große Geld und begegnet so dem rauhbeinigen Polizisten Shepard (David Carradine), der die Ritualmorde als Opferungen für die Aztekengottheit Quetzalcoatl identifiziert und sich mit der Idee eines Drachen, der Manhattan heimsucht, erstaunlich schnell anfreundet. Aber man hat gar keine Zeit, sich daran zu stören.
Q - THE WINGED SERPENT macht alles richtig. Die Geschichte ist spannend, rasant und trotz der heute etwas naiv anmutenden Stop-Motion-Animationen auch visuell überaus überzeugend erzählt. Wie alle Filme von Larry Cohen wissen die zahlreichen Szenen im Verkehrsgetümmel New Yorks zu begeistern und verleihen dem Film einen sehr authentischen, rohen Charme. Hinzu kommt - und das ist der eigentliche Clou - ein herausragender Michael Moriarty, dessen von Selbsthass und -zweifeln geplagter Quinn eine der beeindruckendsten und originellsten Figuren des Genrekinos überhaupt sein dürfte. Wie der sich durch seine Rolle fiebert, egal ob am Klavier, in der Spitze des Chrysler Buildings, am Verhandlungstisch mit der Polizei oder beim Käffchen mit David Carradine ist wirklich ganz großes Kino. Da muss selbst Meister Shaft (Richard Roundtree) in seiner Nebenrolle verblassen. Der Showdown kehrt das KING KONG-Finale auf geniale Weise auf den Kopf: Das Monster umkreist die Kuppel des Gebäudes, in dem sich die bewaffneten Polizisten verschanzt haben und wie wild um sich ballern. Wer das empfehlenswerte Buch INCREDIBLY STRANGE FILMS aus der Reihe RE:SEARCH gelesen hat, weiß zudem, dass Larry Cohen meist guerillamäßig ohne Drehgenehmigung geschossen hat - unter anderem auch Platzpatronen aus dem Chrysler Building ... An Q stimmt einfach alles. Und wer schon mal in New York war, hat hier das perfekte Urlaubsvideo.
#326
Geschrieben 05. April 2006, 20:33
Einen Originalitätspreis bekomme ich für diesen Eintrag bestimmt nicht, denn Cronenbergs Neuester ist hier ja allein in den letzten Tagen ein gutes dutzendmal besprochen worden. Den Vorrednern kann ich mich insofern anschließen, als dass auch dieser etwas mainstreamigere Film des Meisters ganz großes Kino ist, das mit den zu erwartenden subversiven Spitzen gewürzt wurde. Die Gewalt ist ebenso explizit wie die Sexszenen, was durchaus programmatisch ist, denn wie bei Cronenberg so üblich verschränken sich diese beiden Urtriebe wieder einmal. Es ist schon recht beeindruckend und unangenehm mit anzusehen, wie die saubere bürgerliche Fassade gar nicht mal so langsam bröckelt, sobald ein Störfaktor von außen herantritt.
Die zu Beginn noch hübsch aufgeräumte Kleinstadtidylle erscheint in zunehmend düsterem Licht und jeder trägt seine zu Beginn noch im Verborgenen schwelenden Aggressionen plötzlich offen aus. Leider hat der Film für mich im letzten Akt etwas an Überzeugungskraft verloren, was allein der absolut indiskutablen Leistung von Oberweichei William Hurt anzulasten ist, der wohl auch einem texanischen Truckfahrer noch eine weibliche Seite abringen würde. Der chargiert sich da völlig fehlbesetzt als Obergangster einen zurecht und verleiht dem Film eine humorige Note, die ich als absolut unpassend empfunden habe. Im Originalton klang er außerdem eklatant wie Will Ferrell und kam auch so rüber, wie dieser, würde er einen solchen Mafiagangster spielen. Das macht A HISTORY OF VIOLENCE nun für mich nicht gerade zum Reinfall, dazu ist der Rest dann doch einfach zu stimmig und gut gelungen, aber von Cronenberg hätte ich eigentlich erwartet, dass er solchem Schmierenkomödiantismus den Riegel vorschiebt. Schade drum. William Hurt, geh bitte nach Hause und mach einen Töpferkurs!
#327
Geschrieben 05. April 2006, 20:45
Ein hübscher AMICUS-Episodenfilm, der wohl als Klassiker seiner Zunft eingestuft werden darf, wenn er auch heute als Horrorfilm nicht mehr so richtig funktionieren will. Am stimmungsvollsten fand ich die Rahmengeschichte mit dem als Kartenleger Dr. Schreck getarnten Tod (ein Peter Cushing mit Rauschebart, den ich zuerst gar nicht erkannt habe), der den fünf Passagieren eines Zugabteils die Zukunft vorhersagt, nur um sie davon abzulenken, dass sie soeben Opfer eines tödlich verlaufenden Unglücks werden. Zu den Passagieren zählen Christopher Lee als eingebildeter Kunstkritiker und Donald Sutherland. In den Episoden geht es um einen Werwolf, Killerpflanzen, einen Voodoozauber, Rache aus dem Totenreich und vampirische Umtriebe. Die Werwolfepisode bietet klassischen Grusel, leider ohne echte Werwolfszenen, die Killerpflanzenstory kommt am naivsten und putzigsten daher, die Voodoogeschichte scheint in erster Linie deshalb eingebaut worden zu sein, um das damalige Bedürfnis nach Exotismus und Calypsoklängen zu befriedigen, die Geschichte um den Kunstkritiker Lee und sein Opfer Michael Gough ist die beste, auch wenn man ihren Verlauf heute punktgenau vorhersagen kann, und Donald Sutherland als Vampirjäger bietet den witzigsten Schlussgag. Insgesamt kranken die Episoden etwas am schmalen Budget und der relativ kurzen Lauflänge, die wenig Spannungsaufbau zulässt. Trotzdem ist der Film hübsch anzuschauen, allein schon für den brillierenden Peter Cushing. Auffällig ist außerdem, dass Dr. Schreck die Zukunft Lees streng genommen gar nicht hätte voraussagen können, denn Lee vergisst, die Tarotkarten dreimal anzutippen, wie dies eigentlich notwendige Voraussetzung ist. Aber Dr. Schreck bescheißt ja eh nur und die Geschichten erfüllen sich letzten Endes sowieso nicht. Ist das vielleicht ein Hinweis? Die ANCHOR-BAY-DVD hat interssanterweise eine deutsche Creditsequenz: Es wird der deutsche Titel DIE TODESKARTEN DES DR. SCHRECK eingeblendet, der O-Titel erscheint nur in Klammern.
#328
Geschrieben 07. April 2006, 18:54
Als ich mir die Norman J. Warren-Box bestellt habe, hbe ich eigentlich allerhöchstens mit feistem Trash gerechnet - KILLING HOUSE (O-Titel: TERROR) flog bei mir mal als Originalkassette rum, den fand ich aber eher mau. Schon SATAN'S SLAVE hat mich ja mehr als positiv überrascht, aber PREY legt nochmal ne ordentliche Schippe nach. Dabei mag man, wenn man die Story von PREY so handlich zusammengefasst liest, gar nicht glauben, dass das was anderes sein soll als Kino für versiffte Bahnhofskinos. Ein Alien landet mit seinem UFO im englischen Scharzwald und wird von einem Lesbenpärchen aufgelesen. Das war's!
Was Norman J. Warren aus dieser Prämisse allerdings macht, gehört ins Lehrbuch für FILMMAKING ON A SHOESTRING oder so. Der Film baut eine immense Spannung auf, weiß trotz preiswertester Effekte enorm zu schocken und nennt eine ganz ganz eigene Atmosphäre sein eigen, die ihn mehrfach fast in Arthouse-Kino-Nähe rückt. So gibt es eine Szene, in der die beiden Lesben, deren Beziehung durchaus kein Vorbild darstellt, ihren merkwürdigen Gast zum Dinner in Frauenkleider hüllen, was dieser völlig emotionslos zur Kenntnis nimmt, da ihm das irdische Treiben sowieso komplett fremd ist. Er sitzt mit ihnen regungslos am Tisch, bis er sich bei dem Versuch, Salat zu essen, hemmungslos vollkotzt. Und merkwürdigerweise wirkt das alles in diesem Film kein Stück albern oder unglaubwürdig, obwohl die Geschehenisse natürlich nüchtern betrachtet mehr als haarsträubend sind. Statt mit einem dullen Alien-Invasion-Film hat es der Zuschauer hier aber vielmehr mit einem kammerspielartigen Psychogramm zu tun, bei dem das Auftauchen des Aliens lediglich das Zünglein an der Waage ist. Dass es am Ende dann doch noch recht happig wird und es natürlich schon einen bösen Invasionsplan gibt, ändert daran nix, denn im Grunde spielen die ahnungslosen Menschlein diesem Plan mit ihrem arroganten und egoistischen Treiben in die Hände. Anders Anderson - so nennt sich der Außerirdische - muss nur noch den Tisch abdecken. Das Alien-Make-Up ist enorm billig und dürfte mit den Utensilien, die man im Januar und Februar im Rheinland an jeder Straßenecke kaufen kann, überzeugend nachzustellen sein. Trotzdem ist es saumäßig effektiv, weil Warren es sehr clever einsetzt. Wenn zwischendurch in der psychologisch äußerst ungemütlichen Atmosphäre der nackte (wörtlich!) Alienterror aufblitzt, wirkt das überaus verstörend, wie ich finde. Genug geschwärmt, dieser 75-minütige Film gehört gepriesen und gefeiert. Einzigartig, hoch interessant und pretty fuckin scary.
#329
Geschrieben 07. April 2006, 20:19
In der dritten Folge geht es um den Mord an einem 13-Jährigen, der erhängt im Wald aufgefunden wird. Bald schon bietet sich ein zärtelnder Lehrer als Verdächtiger an, der von Fitz auf die gewohnt unnachgiebige Weise aufgeklappt wird wie ein Buch. Gegenüber der Folge zuvor tritt das Privatleben Fitz' wieder etwas mehr in den Hintergrund, dennoch wird seine obsessive Berufsauffassung hier keinesfalls verklärt. Der Psychologe ist zwar ein brillianter Denker, aber eben auch nicht frei von Fehlern - und man sieht es ihm einfach an, welche diebische Freude er daran findet, Menschen auf ihre Schwächen zu stoßen und so wunderbar funktionierende Verdrängungsmechanismen einfach auszuhebeln. Die Szene seines sichtbaren Triumphes in dieser Folge ist von Coltrane wirklich phänomenal gespielt, und da möchte man sich als Zuschauer gar nicht mal so sehr mit ihm mitfreuen. Ja, dieser Mann ist durchaus auch ein ziemliches Arschloch. Herzstück neben Coltranes Leistung - und der seiner Mitstreiter (übrigens ein großer Pluspunkt der Serie, dass sie auf einen festen Figurenkreis zurückgreift) - sind natürlich wieder die pointierten Dialoge. So bezieht sich der Titel etwa auf einen Dialog auf einem Hochhausdach, von dem sich besagter Lehrer stürzen will. Coltrane macht den stahlharten Profi und bewegt ihn dazu, von seiner Flugstunde abzusehen; unter anderem mit einer Geschichte darüber, warum Lemminge eigentlich viel schlauer sind als Menschen. Sehr schmunzeln musste ich auch, als ich gestern Abend nach Sichtung von CRACKER Deep Reds Fernsehprogramm-Thread hier im Forum las und dort ANGELS WITH DIRTY FACES verzeichnet fand. Der und Cagney spielen nämlich eine wichtige Rolle in der Eröffnungsszene dieser Episode. Man möchte ja eigentlich nicht an einen Zufall glauben - wahrscheinlich war es aber genau ein solcher. Schade, dass die erste Staffel schon durch ist. Hoffentlich muss man nicht zu lange auf die zweite warten.
#330
Geschrieben 08. April 2006, 08:04
Das ist der Auftakt zur vierteiligen Filmreihe um den amerikanischen Superagenten Matt Helm, verkörpert bis zur Selbstaufgabe von method actor Dean Martin - Harald Juhnke ist ein Nichts dagegen. Die Parallelen zur Bond-Serie sind unübersehbar und natürlich beabsichtigt, gegen den amerikanischen Spion ist Bond aber ein Klosterschüler. Was bei Bond noch nette Zugabe ist - die Bondgirls, die amourösen Extravaganzen des Helden und hier und da mal ein Clausthaler - wird hier zum beherrschenden Thema. Sofern der schon etwas vom Alkohol korrumpierte Dean gerade mal die Finger vom Schnaps lassen kann, hat er ein dralles Geschoss im Arm und reißt Sprüche. Die eigentliche Handlung des Films - ein chinesischer Bösewicht namens Tung-Tze (Victor Buono), der weniger aussieht wie ein Chinese als vielmehr wie eine homosexuelle Version des dicken Schiffszombies aus WOODOO, Führer der Organisation Big O, will die Erde durch Abschuss einer Atomrakete in den Dritten Weltkrieg stürzen - hält nicht länger vor als eine Buddel Whiskey im Vorratsschrank des Superagenten und verkommt schon fast zum Subplot. So schleppt sich der Film etwas spannungsarm dahin. Dennoch ist THE SILENCERS natürlich keineswegs "dismal" wie Filmkritik-Grinsekatze Leonard Maltin das behauptet. Man muss es sich einfach auf seinem Flokati gemütlich machen und einen Martini schlürfen, dann geht das schon. Dann gewinnt THE SILENCERS eine Qualität, die ihn mehr in die Nähe eines DANGER: DIABOLIK rückt (natürlich nur in die Nähe, is klar). Es gibt ein paar hübsche bunte Einfälle: das Bett vom Matt, das bis an die poolgroße Badewanne ranfahren kann und den Helden durch eine praktische hydraulische Vorrichtung direkt in dieselbe bugsiert, die Pistole, die in zwei Richtungen schießen kann, den Kaffeeservice in Helms Appartement, die Atomraketensirene, die verkündet: "30 seconds to blast-off and everything is a-ok". Die Frauen (Stella Stevens, Daliah Lavi) haben zementierte Frisuren, aber lose moralische Grundsätze, die Jacketts Lederflicken auf den Ärmeln und der Hochprozentige ist nie weiter als eine Armlänge entfernt. Dazu kommen die unwiderstehlich gecroonten Lounge-Songs des Meisters, der hier seinen fuseligen Charme spielen lässt, Sinatra wegzappt und bestimmt die meiste Zeit über wirklich besoffen war. Der Alkoholkonsum bleibt wahrhaft im Gedächtnis: Es gibt sogar eine Szene, in der Matt und seine Gail (Stella Stevens) sich am Steuer seines Amistraßenkreuzers die Hucke vollsaufen - da kennen die nix! Fazit: Nix mit Substanz, aber als filmisches Pendant zu Easy Listening, quasi als Fahrstuhlfilm, ist THE SILENCERS mehr als gelungen. Ist wie immer eine Frage der Perspektive. Und Peckinpahs Robert Webber ist ja auch noch dabei.
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