Abandon all Hope ye who enter here !
#181
Geschrieben 22. Februar 2006, 19:23
Nonstop Nonsens.
#182
Geschrieben 26. Februar 2006, 11:32
Zu Beginn begleitet die Kamera unseren blütenweiß gekleideten Hauptdarsteller, den man in seiner chinesischen Heimat ehrfurchtsvoll den „Boxerkönig“ nennt, auf endlos in die Länge gezogenes Sightseeing in Thailand. Auch wenn man damals mit solchen Szenen evtl. noch einem nie über das Umfeld des Hauptbahnhofs hinausgekommenen BRD-Zuschauer angenehm kribbelndes Fernweh vermitteln konnte - die Exotik kräftiger Elefanten (Wuppertaler Zoo), malerischer Tempel (VOX-Tours) und Muay Thai-Kämpfe (Eurosport) haut mittlerweile leider keinen Eskimo mehr vom Schlitten. Der Film hat seinen ersten großen Durchhänger also gleich am Anfang.
Plötzlich wird ein gewisser „Herr Karato“ in die Handlung eingenäht, der sich daheim in der Kampfschule unseres Thailand-Touristen rücksichtslos an Mensch und Firmenschild vergeht. Außerdem ist er auf dessen Schwester spitz, die aber alle Annäherungsversuche des Flegels rigoros abschmettert. Klarer Fall - der Mann müsste eigentlich in ein Lattenheim! Doch Hilfe naht in Person unseres heimgekehrten Urlaubers, der zur Klärung des Konflikts die Diplomatie seiner fünf tödlichen Finger sprechen lässt - eine Schmach, die Hr. Karato natürlich nicht einfach zu den Akten legt. In einem Teehaus arrangiert er einen Hinterhalt und leitet trotz beherzter Gegenwehr unseres Helden die S-Bahn mit dessen Körperfunktionen aufs Abstellgleis. Mitneffen ist der Film aber hier zu Ende, denn kurz darauf steht sein thail. Kumpel mit einem Souvenir (ein Elefantenstoßzahn! ) auf der Matte, trauert ein paar Minuten um den frisch Verblichenen und verarbeitet die bösen Leutz mit gezieltem Körpereinsatz zu Rindenmulch. Hier endet dann die kleine Geschichte.
Irgendwann ist mir zugetragen worden, daß die Kassette dieses in jedweder Hinsicht rustikalen Eastern im Prä-DVD-Zeitalter unter Glasbox-Sammlern als Objekt exstatischer Begierden galt. Doch ich sitze hier nun mit der Silberscheibe herum, die ganz bequem für einen erschwinglichen Euro zu bestellen war und darf dem Teil zufriedenen Gewissens einen Platz auf der Ehrenloge des Regals verweigern. Handwerklich war mir der Film viel zu ungeschlacht, gerade weil ich versnobter Arsch mich sonst bevorzugt den weitaus eleganteren Produktion mit dem SB-Emblem widme. Den krawumpelnden Kampfsequenzen stand das Grobmotorische allerdings hervorragend, doch geklaute Musik, eine Synchro der Fa. „Pannemann & Söhne", indisponierte Akteure und ein nicht gerader enthusiastischer Umgang mit dem zur Filmherstellung notwendigen Handwerkszeug ließen den Spaß eher auf kleiner Flamme köcheln. Eastern-Guru Leo Moser findet den Film jedenfalls „von vielen unterschätzt“. Einer dieser vielen bin ich.
Doch in Relation zu manch schweineteurer Blockbuster-Action heutiger Tage, die mich leider allzu oft einem Inferno hektischer Schnitte und Farbfilter aussetzt, sind mir Herr Karato und die fünf tödlichen Finger seines Gegners aber allemal lieber. Aber Hallo !
#183
Geschrieben 26. Februar 2006, 14:38
Gehirn käst, Hut kreist - ein Bergman war im Player! Von einem glasklaren Verständnis aller Zusammenhänge kann wieder einmal keine Rede sein, sofern man sich überhaupt auf die Suche danach begeben sollte. Einige der wie üblich brillant kontrastierten Schwarzweißbilder waren jedenfalls derart beunruhigend und mysteriös, die richtigen Tunnel in mein Hirn zu graben, und sie an deren Ende als interessant genug für kommende Sichtungen einzupflanzen. Die Saat wurde also gelegt….
#184
Geschrieben 27. Februar 2006, 10:14
Lag es an mir? War ich einfach unkonzentriert und habe deshalb eventuelle Feinheiten übersehen? War der Whisky schlecht? Der ganze Handlungsverlauf erschien mir jedenfalls maßlos konstruiert.
Warum gleich der Sprung aus dem Fenster?
Warum kümmern sich die Polizisten danach nicht umgehend um das schwer verletzte Mädchen?
Warum steigt deren Freundin mit den Ex-Freiern ins Bett und zahlt denen ihr Geld zurück?
Warum lässt es jemanden völlig kalt, wenn Flamme/Bekanntschaft/Mitmensch mit dem Tode ringt und wer würde trotz herzerweichenden Bettelns und Flehens seines Gegenüber nur für einen sofortigen Gratisfick den letzten Wunsch dieser Sterbenden erfüllen?
Warum riskiert ein Polizist lieber durch private Racheakte seinen Job, anstatt mit seiner Tochter einfach mal ein väterliches bis ernstes Wörtchen zu reden?
Warum helfen mir belgische Trüffelpralinen nicht beim Abnehmen?
Solch eher irrationales Tun wie es hier geschieht, soll ja im Einzelnen sicher irgendwo mal vorkommen, doch wie man sich als Drehbuchautor einbildet, man würde innerhalb eines derart wackligen Gerüstes emotional Anteil am Schicksal der Protagonisten entwickeln können, mag mir nicht so recht einleuchten und da wäre ich schon beim nächsten „Warum?". Als ob ich nicht schon der Meinung gewesen wäre, trotz wunderschön melancholischer Musikuntermalung keinen allzu gelungenen Film gesehen zu haben, tritt man mir zum Schluß auch noch diese Verkehrsübungsplatz-Symbolik in die Rippen. Ganz herzliches Dankeschön!
#185
Geschrieben 28. Februar 2006, 18:17
Sapperlot! Stilgerecht sollte eigentlich türkisfarbener Rauch ausströmen, sobald man hier die DVD-Hülle aufklappt!
Nach dem überspannten Vorgängerfilm war ich ja innerlich schon auf ein nochmaliges Toppen vorangegangener Ereignisse eingestellt, doch was dann nach gemäßigter Einführung so alles an Skurrilitäten losgelassen wurde, verdient selbst in dem an Extravaganzen nicht gerade armen „Shaw-Brothers"-Universum eine besonders lobende Erwähnung. My dear Mr. Singing Club! Sturzbetrunken über die Rosenmontagszüge zu schunkeln, ist definitiv langweiliger. Am bemerkenswertesten ist ja, daß die so etwas 1984 einfach gemacht haben. Absolut entgegen dem vorherrschenden Zeitgeist. Den muß man erstmal bringen. Ein vergleichbares Beispiel für eine derart légere Auslegung der Kategorie „Vermischtes" wäre vielleicht noch „The Battle Wizard".
Grimassen, Zaubergimmicks, Ninjas, Blutfontänen, Plüschiges und eigentümliche Schwerkraftgesetze hat man auf unterhaltsamste Art zusammen mit anderem Hokuspokus sowie einer kunterbunten Kostümierung Marke „Kölner Prunksitzung" vermengt. Die entfesselten Actionszenen sind ohnehin derart gut montiert, daß man niemals die Übersicht verliert.
Herausgekommen ist der richtige Film für verwöhnte Cine-Gören, die glauben, bereits alles zu kennen.
#186
Geschrieben 04. März 2006, 14:15
Verhältnismäßig aufwändig produziertes, insgesamt aber recht enttäuschendes „Men On A Mission“-Movie, in dem viele unserer lieb gewonnenen Shaw-Brothers-Früchtchen ein japanisches Flaggschiff zerstören wollen. Der Trupp manövriert sich - getarnt mit Fischerbooten - durch vermintes Gewässer (schöne Aufnahme vom Meeres- bzw. Aquarienboden hier!), eiert tagelang blöde durch Schanghai und landet auch irgendwann mal auf dem Zielobjekt, das in seinem ursprünglichen Erscheinungsbild mit Bruttoregistertonnen nicht gerade geizt, nach knalligem Budenzauber durch die Jungens aber bequem auf jeder Hutablage Platz findet. Leider wurde auch das abschließende Labskaus-Essen unserer Helden aufgrund enorm hoher Verluste abgesagt.
All dies wird selbstverständlich mit viel Heros und den obligatorischen Kung-Fu-Einlagen feilgeboten, wobei es aber weder vom Choreographie-Apostel noch dem Anhänger pyrotechnischen Geschachers sonderlich viel Applaus geben dürfte. Seinen vorauseilenden Ruf konnte der hierzulande ohne Kinoauswertung gebliebene Film bei mir jedenfalls nicht ganz einlösen. Da schaue ich beizeiten lieber mal wieder bei den „Kanonen von Navarone“ rein.
#187
Geschrieben 08. März 2006, 17:17
Beim ersten Versuch bin ich nach ca. einer Stunde eingenickt (so gegen 21.00 !). Die andere Hälfte folgte dann am nächsten Tag und auch da habe ich es wachen Verstandes und geöffneten Auges nicht ganz bis zum Abspann geschafft. Unfassbar, hätte mich doch der Krach auf der Tonspur schon wachhalten müssen. Nach dem geistigen Zusammenfügen beider Filmhälften bin ich auch zu dem Resultat gekommen, dieses überaus konfuse und dabei noch wichtigtuerische Spektakel für einen der peinlichsten Filme zu halten, die ich jemals gesehen habe.
#188
Geschrieben 10. März 2006, 06:42
Die Geschichte von den vier Söhnen der Katie Elder transportiert in ein verschneites und überaus böses Detroit der Gegenwart sorgte für ordentlich „good vibrations". Und das meine ich jetzt nicht im Bezug auf den Subwoofer, denn ich habe ja überhaupt keinen. Auf der Jagd nach den Verantwortlichen für den Tod ihrer (Adoptiv)mutter legen sich Mark Wahlberg und seine Eishockey-gestählten Brüder mit bissigen Kampfhunden, korrupten Cops und jeder Menge Bad Niggaz an und verzichten dabei gänzlich auf den Einsatz schmerzstillender Mittel und Verbandszeug. Das Match „Gute Kinderstube im Sinne von Charles Bronson Vs. Kool and the Gang“ geht zwar relativ überraschungfrei über die Runden, dafür ist aber formal wirklich alles im Lack und die winterlichen Großstadt-Bilder sind mit dem dreckigen Look der Straße überzogen. Kurzweilig und brutal.
#189
Geschrieben 10. März 2006, 23:54
Rasiermesser-Morde an Londoner Bordsteinschwalben versetzen die City in helle Aufregung. Da sich nahe den Tatorten ein Theater befindet, in dem eine „Jack the Ripper“-Vorführung gerade für volle Kassen sorgt, bekommen wir somit ein buntes Bouquet Verdächtiger serviert:
Steckt etwa der Hauptdarsteller dahinter, der ebenfalls Linkshänder bzw. Linkshändler ist und sie als Medikamentenabhängiger ja sowieso nicht alle am Zaun haben darf? Oder sein Nebenbuhler, der ja schließlich als Arzt die für ein Aufschlitzen der Opfer notwendige Schnittführung beherrscht? Oder Marianne Koch aus „Was bin ich?“, die hier aussieht, wie einem „Drei Wetter Taft“-Werbespot entflohen und deren Betonfrisur auch bei nachfolgenden Generationen von Filmeguckern Irritationen auslösen dürfte? Oder ihr Onkel, der in den Mordnächten immer heimlich aus dem Haus schleicht, gehüllt in den gleichen Hut und Mantel wie das Ungeheuer? Oder sogar der Regisseur der Theateraufführung höchstselbst, dessen Stück durch die Morde ungeahnte Publicity bekommt? Selbst der Requisiteur hats schweur, befinden sich ja schließlich die Stichwaffen des Bühnenstücks unter seinen Fittichen.
Jawoll, genau wie bei seinem Alten, ist auch bei Bryan Edgar Wallace mächtig was los im Whodunit-Universum! Begleitet von der überaus passenden Musik Martin Böttchers gibts okaye Krimi-Unterhaltung, die, abgesehen von den Szenen mit einem bematschten Privatdetektiv und seiner lispelnden Sekretärin, angenehm über den Abend rettet. Nichts wirklich Umwerfendes, aber für einen gemütliches Beisammensein mit schwarzweißem Scopebild und Salzstangen reicht’s locker.
#190
Geschrieben 12. März 2006, 19:30
Für diesen Film hatte ich eine Schwäche, solange ich denken kann und nach den lawinenartig hereingebrochenen Massen an Italowestern der letzten Monate kann ich z. Zt. einfach keine Zooms auf unrasierte Gesichter mehr sehen. Da kommt dieses technicolor-veredelte Wildwest-Abenteuer mit seiner knisternden Lagerfeuer-Romantik à la „Fähnlein Fieselschweif“ gerade recht. So richtig gemütlich wird’s mir dann Innendrin. Ist aber auch ein ziemlich liebenswürdiges Triumvirat, das da durch die in fettestem 2,55:1 eingefangene Pracht der kanadischen Landschaft schaukelt, Mensch und Natur dabei trotzend. Und zum Schluß erliegt der knochentrockene Mitchum erst den schemelhaften Anbiederungsversuchen der Blondine. Wie überwältigend das wohl im Kino gewesen sein muß, bleibt offen, denn an dieser Stelle kapituliert die Fantasie an dem Unvorstellbaren.
Alter Stratege, der ich bin, habe ich den Film an den Ausklang des Tages gesetzt, um mir vor dem Einschlafen etwas von Marilyn vorsingen zu lassen. Ja, ich weiß, Traumfabrik Hollywood.
#191
Geschrieben 17. März 2006, 17:50
Schon durch die ungeheuer pornösen Dialoge der dt. Version war das ein herrlich niveauloser, aber dafür umso freudenspendender Giallo. Mit der Eleganz eines Bava oder seines treuen Jüngers (im selben Jahr entstand immerhin „Deep Red") hat der Herr Weiß nichts an der Orgel, mit der vorteilhaften Ablichtung hübscher Weiblichkeit umso mehr. In den schrill tapezierten Wohnstuben dieses Films herrscht für Frauen offenbar absolutes Bekleidungsverbot. Zum Glück, denn die Mannequins wirken hierdrin weder Eßgestört, noch dem Genital-Faschismus heutiger Tage verpflichtet, will meinen: man befördert sein Mittagessen nicht über den Umweg seines Magens ins Klo und trägt auch ein flauschiges Bärchen im Schlüpfer. Neben einer Edwige Fenech mit windkanaliger Kurzhaarfrisur und der unverwechselbaren Femi Benussi hat's obendrein die liebreizende Deutsche Solvi Stübing, die in den Sechzigern als Werbeträgerin für „Peroni“-Bier entsprechende Popularität in Italien genoss. Einige der Damen kommen hier genregerecht schwer unters Messer, zu Restaurationszwecken aber eher nicht. Der Tod trägt schwarzes Leder und sein Motiv wird bis zum Schluss aufgehoben, wodurch es beileibe nicht nachvollziehbarer wird, aber kräftig drauf geschissen! Dafür wird herzerfrischend die Sleaze-Polka getanzt und da tanze ich doch allzu gerne mit.
#192
Geschrieben 18. März 2006, 08:48
Geht schon vergnüglich los, als sich die Kamera keinesfalls zu schade ist, den Donald Duck-Aufkleber auf einer Tätowationsmaschine ins Bild zu rücken. So einen Gag kann man sich aber genauso bequem leisten, wie den Einsatz von Johann Strauss’ „Also sprach Zarathustra“, denn der Ton ist hier so ernst wie selten in Entenhausen und weitere Gemeinsamkeiten mit Kubricks „2001“ bleiben bis zum übermächtigen Finale glücklicherweise unauffindbar.
Ein Jahr zuvor haben der Regisseur und die studioeigenen Goldesel Ti Lung & David Chiang mit „Vengeance!“ bereits vorgemacht, wie man eine standardisierte Intrigen-Geschichte mit dem hemmungslosen Ausleben ungeschlachter Rachementalität und präzise getimten Actionszenen publikumsgerecht in Szene setzt. Doch im Unterschied zu o.g. Film kämpft das tödliche Duo zuerst neben - und dann sogar gegeneinander. Letzteres in einem Showdown, der fast schon SHANTUNG-Qualität besitzt, doch bis dahin ist schon viel Lebenssaft im Fußboden versickert. Spektakuläre Kämpfe gibt's en masse - es wirkt beinahe sportlich, wenn mit schnittigen Tranchiermessern (..die Schneidigen von Zwilling?) eine gegnerische Mannschaft zum Aderlass gebeten wird. Blutige Schneisen werden dann in die heranstürmenden Reihen wild herumfuchtelnder Hampelmänner geschlagen. Und damit man die Kontrahenten auch immer gut auseinander halten kann, wurden den unterschiedlichen Parteien auch noch Trikots übergezogen, die entweder Schwarz oder Weiß sind. Fehlen eigentlich nur noch die Rückennummern. Der Film tobt jedenfalls knüppeldick durchs Wohnzimmer - selbst mit dem Anlegen der im Gewaltfaktor großzügig bemessenen Shaw-Brothers-Schablone.
Wie verheißt der Trailer in seiner gewinnenden Liebenswürdigkeit: „When it’s directed by Chang Cheh it must be a super film!“ Seltsam? Aber so steht es geschrieben!
#193
Geschrieben 19. März 2006, 11:12
Nachdem der Kaleun eines U-Boots mitsamt Kameraden dem Tod gerade von der Schippe gehüpft ist, tauscht er Marineuniform gegen Soutane und wird auf St. Pauli Pfarrer. Im Umfeld der Nepper, Schlepper und auch Bauernfänger wird üppig aus dem Füllhorn weiser Ratschläge verteilt und manchmal gibt’s auch ein paar saftige Ohrschellen. Doch seinem dogmatischen Arbeitgeber ist er ein Dorn im Auge und wird daher auf eine spießige Nordseeinsel strafversetzt, wo ihm nicht nur steifen Brisen, sondern Skepsis und Ablehnung um die Nase wehen. Und zwar mit Windstärke 43,5! Gelegenheit zur Bewährung gibt’s natürlich auch und lauerten nicht die Fallstricke der Liebe und wären nicht noch unaufgeklärte Mordfälle auf dem Kiez, könnte er seinen Arsch auch bequem auf dem Eiland parken.
Obwohl es hier viel betulicher als z.B. bei Olsens STUNDENHOTEL zugeht, hat diese selten gezeigte Mischung aus St. Pauli-, Krimi- und Heimatfilm Unterhaltungswert von der ersten bis zur letzten Minute. Das gelungene Drehbuch ist sicherlich einer der Gründe, doch die zu jeder Zeit respekteinflößende Präsenz von Curd Jürgens ist der leckere Zuckerguß auf Alldem. Souverän zieht er den Film an sich, daß man meint, er habe sich Jahre darauf vorbereitet. Mehr Pfarrer als St. Pauli, aber wegen der glaubwürdig erzählten Geschichte ein grundsympathisches Filmchen zu Tee mit Rum.
„Time Slip - Der Tag der Apokalypse“ (Mitsumasa Saito)
Eine japanische Militäreinheit mitsamt Panzer, Hubschrauber, Boot und jeder Menge großkalibriger Schnellfeuerwaffen turnt während einer Übung über den Strand. Als beim vierten Soldaten bemerkt wird, daß die Uhren alle zur gleichen Zeit stehen geblieben sind, kommt man auch prompt auf den Trichter, etwas wird hier wohl nicht stimmen. Schon gibt’s ein seltsames Wetterleuchten und man ist aufgrund einer Zeitverschiebung mal eben 200 Jahre in die Vergangenheit gewirbelt worden wobei einer der Behelmten sofort die fachmännische Bezeichnung Time Slip aus dem Ärmel schüttelt. Doch die Reise wird kein Cluburlaub und man gerät alsbald zwischen die Mühlsteine sich bekämpfender Clans. Während einige versuchen, die Zeitspanne einfach per pedes zu überwinden und andere darauf hoffen, daß dieser merkwürdige Zeit-Schlips nochmals auftaucht, entdeckt der Kommandant seine Machtgelüste und möchte das ganze Land im Kampf erobern.
Und da wird dieser überaus krause Film interessant, denn wenn ein mit modernen Schusswaffen ausgerüsteter, eher kleiner Militärverband, gegen tausende bewaffneter Reiter, Bogenschützen, Schwertkämpfer etc. zu Felde zieht, dann geht’s bombastisch in die Vollen. Ich habe lange keinen Film mehr gesehen, wo so viele Menschen so sorglos getötet werden. Auch wenn teilweise mit billigen Rückpros herumklamüsert wurde, lässt der insgesamt betriebene Aufwand den Mund offen stehen. Der Spaß dürfte eine schöne Stange Geld gekostet haben, soviel ist sicher. Sicher ist auch, daß man - wann immer man die Gelegenheit hat - sich anstatt für so einen Zeitstrudel besser für einen warmen Apfelstrudel entscheiden sollte. Der macht zwar dick - aber keinesfalls tot.
#194
Geschrieben 19. März 2006, 19:17
Obwohl kaum mehr als ein Anhängsel an ein mit „Keoma“ eigentlich schon zu Grabe getragenes Genre, hält der Film die für's italienische Kino wie geschaffene Phrase „Besser gut geklaut, als schlecht erfunden“ aufrecht. Innovation bedeutet ja auch Risiko und unter einem anderen Produzenten hätte man damals vielleicht aus den Silberminen-Arbeitern glupschäugige Troglodyten gemacht, die am Ende mit zombiefiziertem Look von Gianetto de Rossi über ihre Ausbeuter herfallen und sie in Stücke reißen. Ob das besser gewesen wäre, ist genauso müßig wie die Frage, welchen Erfolg „Indiana Jones" unter der Mitwirkung von Tom Selleck gehabt hätte. Die Anschaffung hiervon lohnt schon wegen eines wieder mal sehr dämonisch wirkenden John Steiner allemal, der hier mit seinen beiden Doggen umherstolziert wie ein sittlich derangierter Ableger des englischen Landadels. Herrlich! Das herbstliche Setting feat. viel Schlamm und Nebel ist auf der Gemütsstreichel-Skala an genau entgegensetzter Stelle zu suchen wie das Wort „Sommerfrische“ und Maurizio Merli war in diesem Film etwa genauso alt wie ich jetzt, sieht aber hundertmal cooler aus.
#195
Geschrieben 28. März 2006, 17:48
Aua! 75 Minuten im Zeichen der Stopptaste. Wie kann es passieren, daß ein Animationsfilm mit derart dürftigen Zeichnungen und einem Humor, den ich freundlicherweise mal als verkrampft bezeichnen möchte, einen solch hohen Beliebtheitsgrad erlangt? Und das bei Menschen, die ihre Geschlechtsreife längst erreicht haben? Egal, Geschmack ist nun einmal breit gefächert, aber mir ist jedenfalls jeder bekannte Vertreter aus dem Hause Disney herzlicher willkommen.
„Das wandelnde Schloss“ (Hayao Miyazaki)
Träräää! Und direkt das nächste kurze Streichholz gezogen! Die Animationen waren noch OK, doch was war das denn bittschön für eine konfuse Geschichte? Klopf - klopf - klopf. Jemand zuhause? Mc Fly?
Und das Ende: Das Fachwerkhaus-Idyll der „Guten“ wird aus mir nicht näher erklärten Gründen von diesen Miyazaki-typischen Über-Luftschiffen immerfort bombardiert, daß es die Leute aus ihren Biedermeier-Kostümen haut und es im Dörfle aussieht, wie in der Abstellkammer von Hieronymus Bosch. Dann fallen sich Held und Heldin nach turbulenten Abenteuern verliebt in die Arme und die Chefin der kriegstreibenden Partei spricht (sinngemäß): „Ja, ja, die Macht der Liebe. Och, na ja, dann lassen wir das jetzt mit der Invasion - wat will man da machen?"
Ein „Geht’s-noch?"-Anime zum gemeinschaftlichen Haareausraufen mit der ganzen Familie.
„Insel des Schreckens“ (Terence Fisher)
Immerhin war Peter Cushing auch dort.
„Martin“ (George A. Romero)
Ich hätte genausogut Einskommafünf Stunden auf Zitronen herumkauen können, das hätte in meinem Kopf vermutlich die gleichen Effekte ausgelöst. Angesichts von Subventions-Kürzungen und dem Mitleid für die Schrecken der Arthrose hätte ich vermutlich lieber für die gelben Früchte mein Geld ausgeben sollen.
#196
Geschrieben 29. März 2006, 07:39
Tyrone Power als eher unbedeutendes Mitglied einer Jahrmarktstruppe, kommt aufgrund glücklicher Umstände hinter das Geheimnis „hellseherischer“ Tricks und feiert durch diese Nummer in Chicago riesige Erfolge mit seiner eigenen Show. Doch dort kreuzt eine besonders fatale femme in Person der dominanten Psychoanaleuse Lilith seinen Weg. Ihre berufsbedingten Kenntnisse über die geheimen Ängste und Wünsche gewisser Patienten bringt in Verbindung mit der Scharlatanerie und Redegewandtheit des Mannes den Klingelbeutel zum rotieren, da man jetzt auch in besseren Kreisen verkehrt. Doch ein anständiger Noir wäre nicht ein anständiger Noir, wenn diese Extraportion Gier nicht abgestraft würde - zumal ihm die Tarotkarten der ehemaligen Partnerin ja schon nichts Gutes prophezeiten.
Die äußerst packende Geschichte voller interessanter Figuren und die schauspielerischen Bravourleistungen mal außen vor gelassen, betritt der Film auch moralisch-religiösen Boden. Nämlich spätestens dort, wo die Ehefrau des Tricksers aus Gewissensgründen nicht bereit ist, den Beschiss mit vorgetäuschten Geistererscheinungen mitzumachen, und er sich mit Bergen von Fanpost rechtfertigt, die von Leuten kommt, denen er mit dem ganzen Humbug neue Lebenshoffung verabreicht.
Absolut spitzenmäßiger Knaller, besser gehts wirklich kaum noch.
#197
Geschrieben 30. März 2006, 18:13
Louis de Funès ist der Inhaber eines fürnehmen Pariser Schlemmertempels, in dem sogar Minister ein -und ausgehen und sich das Staatsoberhaupt irgendeiner Bananenrepublik (Deutschland?) zum Dinner angekündigt hat. Da wird das Personal dann mit richtig guten Methoden auf Trab gebracht und das Drehbuch gibt dem quirligen Komiker eine Steilvorlage nach der anderen, die dieser dann souverän in die Maschen drischt. Allein diese opportun-gekünstelte Freundlichkeit gegenüber den Gästen fand ich richtig spaßig. Da das Beschreiben von Situationskomik nun einmal genauso effektvoll ist, wie das Vorlesen von Bilderwitzen, sträubt sich die Feder, hier weiterzufahren. Nur soviel: den Film fand ich da wider erwarten noch genauso gut, wie in meinem trüben Tümpel, den ich so Gedächtnis nenne. Schließlich habe ich den mal irgendwann im Provinz-Kino gesehen und daran kann ich mich auch nur deswegen so gut erinnern, weil das bis heute die einzige Vorführung geblieben ist, bei dem ich den ganzen Saal für mich alleine hatte.
Im Grunde kann man auch kurz nachdem der Präsident während einer pyrotechnisch aufgepeppten Dessert-Überraschung spurlos verschwindet, den Film guten Gewissens abschalten und andere Dinge tun, wie z.B. seine Schlafstätte mit frischer Biberbettwäsche in Frühlingsfarben beziehen. Louis wird nämlich mitsamt einer fingierten Lösegeldzahlung der Polizei als Köder für die „Entführer“ von El Presidente ausgelegt und das ist dann eine Angelegenheit, bei der sein Talent nicht unbedingt vonnöten ist und ab dort verliert sich der Film auch leider in Gewöhnlichkeiten. Man hätte sicher auch eine vergnügliche Stunde mit ihm und seinen geplagten Angestellten im Restaurant verbringen können, doch warum man das sichere Terrain gastronomischer Besonderheiten dann komplett für diesen 08/15-Verfolgungskram verläßt, dürfte eines der ungelösten Rätsel dieser, unserer Filmgeschichte bleiben. Ähnlich kryptisch ist auch wieder mal der verschrobene Ideenreichtum deutscher Verleiher, die den Film auch unter den mindestens ebenso unpassenden Titeln „Louis der Spaghetti-Koch“ (!) und „Oscar hat die Hosen voll“(!!) ahnungslosen Kinobetreibern unter die Weste gejubelt haben.
#198
Geschrieben 01. April 2006, 14:49
Direkt an den Vorgänger anknüpfend, hängt „The People’s Champ“ nach dem knapp verpassten WM-Titel seine Handschuhe an den allseits beliebten Nagel, da die Ärzte wegen eines lädierten Auges Bedenken angemeldet haben. Seiner Frau Aaaadrieeeen!, die bereits die Frucht seiner Lenden beherbergt, kommt das mal sehr entgegen und so verdingt sich der liebenswerte Schluffen in anderen Jobs, z.B. in einem Werbespot. Doch sein gesammeltes Stammeln vor laufender Kamera treibt sämtliche Beteiligten an die Schwelle zur Epilepsie und so darf er dann in der Liste unnützer Lebenserfahrung ein weiteres Häkchen setzen.
Leider ist sein Umgang mit der Kampfbörse eher freizügiger Natur, was zwar einen kurzfristigen Wirtschaftsaufschwung in Philadelphia auslöst, das Unglück aber in Form des nächsten Kontoauszugs schon anmeldet. Jacke mit Tigeraufnäher, Eigenheim, Prollkutsche und ein güldener Chronometer müssen her. Frauen, Landschaften, Torte, leckere Sachen womöglich Off-Screen.
Der inkl. des Vorgängerfilms mittlerweile schon zum Erzfeind avancierte Apollo Creed will aber entgegen dem Rat seines Managers einen Rückkampf, um eine deutliche Entscheidung zu suchen und „die Dinge“ ein für allemal zurechtzurücken. So sind sie eben, unsere lieben Boxmänners mit dem vielen Testosteron. Rocky gibt sich den Sticheleien Apollos irgendwann geschlagen. Die kratzen nämlich mächtig an seinem Ego, zumal er im Gym im wahrsten Sinne den Wasserträger gibt und sich somit vollends dem Hohn und Spott seiner Umgebung aussetzt.
Der vertraglich fixierte Rückkampf ist dann sehr zum Leidwesen seiner Liebsten, die sich um seine Gesundheit sorgt, und so wie das Training läuft, nicht ganz zu Unrecht, da Rocky es nur mit Mühe schafft, unfallfrei Seilchen zu springen. Sie erleidet eine Frühgeburt, fällt ins Koma und während der (Noch-)Weltmeister einen Sparringspartner nach dem Anderen vernascht, pendelt Rocky nur noch zwischen Kirche und Krankenbett.
Doch dann ist der große Moment gekommen, wo der Film dem Zuschauer die Emotionskeule so richtig auf den Kopf rummst, das es nur so splittert: Aaaadrieeeen! schlägt die Augen auf, flüstert zum Göttergatten irgendwas wie „komm Schatz, mach’ ihn fettich!“ und mit der mentalen Unterstützung der Frau ist dann auch im Handumdrehen der Siegeswille zurück, ganz zum Vergnügen des Tagebuchgecken, dem der Film nun unerwartete Wunder bescherte.
Toll ist dann das sehr filmgerecht gegeneinander geschnittene Training der Kontrahenten. So macht man das. Herrlich prall auch die Sequenz, als Rocky morgens hoch motiviert aus der Haustür springt und im 100m-Lauf-Tempo über Phillys Straßen joggt, während aus allen Ecken plötzlich Kinder auftauchen, die alle mitlaufen, es werden immer mehr und mehr und als er am Ende die Treppe aus Teil 1 hinaufstürmt, hängt der ganze Troß Blagen an ihm wie Fliegen auf einem Pferdeapfel, alle reißen die Arme nach oben und dazu schmettert dieser heroische Soundtrack - das habe ich mir dann umgehend noch einmal ansehen müssen. Unbezahlbar. Alleine diese Stelle ist den Kauf der kompletten Rocky-Box wert! Den Kampfszenen beim Aufeinandertreffen liegt dann bedauerlicherweise wieder die realitätsentrückte Choreographie des Vorgängers zugrunde, wobei man dramaturgisch dann noch mal nachlegen mußte.
Mann, all diese wunderbaren Stereotypen. Alles, was das Umfeld des Sports so hergeben kann, wurde in das Drehbuch geschrieben: von der grundehrlichen Box-Dumpfbacke, die außer fighten nichts gelernt hat, und seiner Frau, die sowieso alles Außerberufliche regelt über den sprüchekloppenden Arschloch-Champion bis hin zum allwissenden Trainerfuchs. Wirklich ein herrlich brezeliger Film, dem ich so gar nichts richtig übel nehmen mag, allein schon weil Sly hier so luftig-locker über die öffentlichen Bordsteine swingt und wie ein kleiner Junge sein Bällchen auf den Boden wummert. Nur eine unbedeutende Kleinigkeit, aber sowas mag ich einfach.
#199
Geschrieben 02. April 2006, 13:44
Da war er wieder - der neben „Goldfinger“ wahrscheinlich beste Bond !
Inzwischen habe ich hieran einen echten Narren gefressen, wenn mir auch in Sachen Martial-Arts deutlich bessere Vertreter über den Weg gelaufen sind, denn genau genommen scheinen nur die Kämpfe mit Bruce Lee diesbezüglich hervorstechend. Doch dieser einzigartige und spannende Mix aus abenteuerlicher Agentenstory, dickem Produktionsaufwand und natürlich ordentlich Fresse vollhauen hebt den Film insgesamt über die ewig gleichen Rachegeschichten der Genrekollegen. Über allem thront selbstverständlich die ungeheure Ausstrahlung des Meisters - eine überlebensgroße Persönlichkeit, die in jeder Einstellung die Leinwand sprengt. Und gegen seinen mit beneidenswert niedrigem Fettanteil gesegneten Körper, der immer wie eine Stahlfeder gespannt zu sein scheint, verblasst selbst die makellose Statue des saucoolen Mitstreiters Jim Kelly, der dafür aber die schönere Frisur trägt. Die randvollen Kinosäle und das Mythos Bruce Lee kamen damals nicht von ungefähr. Glorreiche Zeiten, in denen Nachbarns das Motiv mit Lees zerkratztem Gesicht als Rückenaufnäher stolz wie Oskar auf der Jeanskutte spazierentrugen. Der spätere Tennisprofi Kelly ergänzt mit dem körperlich doch etwas ungelenk wirkenden Sunnyboy John Saxon die Besetzungsliste perfekt. Man darf auch den geschmeidigen Score von Lalo Schifrin ebenso in den höchsten Tönen loben, wie die diabolische Aura des Superschurken
Könnte ich jeden Tag in den Player schmeißen.
#200
Geschrieben 04. April 2006, 08:14
Mensch, Pitter, gerade Du müsstest doch wissen, daß eine Pizza durch zentimeterhohe Beläge nun wirklich nicht besser schmeckt, oder?
#201
Geschrieben 07. April 2006, 13:13
Der Alltag eines intellektuellen Knochen ändert sich schlagartig, als er sich von einer exaltierten Society-Schnickse überreden lässt, eine Dachgeschoß-Wohnung, die oberhalb seiner eigenen liegt, an ihren jungen Liebhaber zu vermieten. Wie von ihm eigentlich befürchtet, ist es mit der Ruhe im Haus schon bald vorbei, da es von nun an zum Zusammenprall zweier Welten kommt, als Lebensfreude mit Lebens-„Müdigkeit“ kollidiert. Doch durch langsam wachsenden Respekt nähern sich die beiden Parteien allmählich an und das festgefahrene Leben des distinguierten Professors, der seine Einsamkeit mit dem Sammeln von Gemälden kaschiert, bekommt bald schon neuen Schwung. Ohne es zu wollen, gerät er immer tiefer in die Privatsphäre des aus Mutter, Sohn, Familienstecher und der überaus lolitösen Tochter (eine erstaunliche Claudia Marsani) bestehenden Grüppchens, das sein Leben immer stärker vereinnahmt.
Burt Lancaster glänzt, wie schon in Viscontis „Il Gattopardo“, durch eine unglaubliche Souveränität. Sein Gentleman-Vermieter trägt hier beinahe dieselben aristokratischen Züge wie der sizilianische Fürst. Diese Rolle scheint ihm ebenso zu liegen, wie Helmut Berger die des vom schrillen Untermieter zum Ersatzsohn mutierenden undurchsichtigen Revoluzzers, der sich beim Klassenfeind einnistet, welcher hier das Gesicht der römischen Schickeria hat. Ich muß zugeben, daß ich den Österreicher bis dato immer nur auf seine unsäglichen Auftritte als peinlichen Talkshow-Schrecken reduziert und so leichtfertig als eine Art Möchtegern-Kinski abgestempelt habe. Seine hier gebotene Leistung ist jedenfalls überwältigend, was ebenso für die Ausstattung der luxuriösen Räumlichkeiten gilt, die durch die elegant geführte Kamera noch eine zusätzliche Veredelung erfährt. In Verbindung mit dem komplexen und lebensklugen Drehbuch strahlt dieses überaus hinreißende Stück Filmkunst eine Klasse und Erhabenheit aus, wie sie im heutigen Kino einfach nicht mehr anzutreffen ist. Ich könnte über den Film noch bis zum St. Nimmerleinstag allerhand Positives in die Tasten kloppen, doch so langsam gehen mir Superlative und Zeit verloren. Muß jetzt nach D'dorf lecker Eis essen.
#202
Geschrieben 08. April 2006, 09:52
Der Film mit dem umgekehrten Verständnis für guten Humor.
#203
Geschrieben 14. April 2006, 12:53
Ganz bestimmt ist mir die gute alte Bond-Reihe bis zur Brosnan-Ära lieb und teuer, doch IPCRESS verkörpert für mich mehr Agentenfilm als alles davon zusammen. Während 007 das Geld der Steuerzahler in den Spielcasinos mondäner Badeorte verprasst, sehnt Harry Palmer den Feierabend herbei, wenn er im muffigen Büro über das korrekte Ausfüllen von Formularen brütet - und man kann sicher sein, daß der dabei verwendete Kugelschreiber nicht in der Lage ist, bei heiklen Situationen auch noch Säure verspritzen zu können. Palmer bekommt von seinem knurrigen Chef einen Revolver zugeteilt und fertig ist die Laube. Selbstverständlich nur gegen Unterschrift.
Für Freunde der sprücheklopfenden Doppelnull mag das alles u.U. etwas ereignisarm wirken, weil man nicht nur auf Prototypen neuester Geheimwaffen, sondern auch auf halsbrecherische Stunts vergebens wartet. Spannung bezieht dieser Fall aus der Undurchsichtigkeit der Charaktere trotzdem zuhauf, wovon auch die Hauptfigur selbst nicht ausgeklammert bleibt. Mit welcher List er sich seinen Arbeitgebern denn nun letztlich empfohlen hat, bleibt nämlich bis zum Schluss unausgesprochen. Geheimdienstarbeit ist hier eher unspektakulärer und alltagsbezogener Natur, doch dafür sieht man vielleicht beim nächsten Einkauf den Nachbarn an der Tiefkühltruhe mal mit ganz anderen Augen, denn er könnte ja wichtige Staatsgeheimnisse hüten. Palmer ist definitiv nicht die Sorte Filmagent, die geheime Fantasien großer und kleiner Jungs anregen könnte, da macht man nix dran.
Zum pseudodokumentarischen Langeweiler verkommt der Film aber dennoch nicht, da visuell mit funkelnden Extravaganzen geradezu geklotzt wird. Die Kamera kommt hier äußerst scopefreudig zum Einsatz und ungewöhnliche Blickwinkel verzücken das Auge in einer Tour. Im Gesamteindruck bleibt ein ungemütlich klammer Film haften und wessen Innerstes vornehmlich auf Dauerregen eingestellt ist, sollte sich von John Barrys melancholischem Score einfach mal einlullen und durch ein herbstliches London etwas abseits der Swinging Sixties begleiten lassen.
Alle drei Daumen nach oben!
#204
Geschrieben 15. April 2006, 19:18
Ami-Pausbacke Linda Blair beobachtet während des Besuches ihres in Deutschland stationierten Freundes das Kidnapping einer jungen Frau. Diese hat angeblich ostwärts für den Westen spioniert, doch ich tippe da insgeheim eher auf einen besonders schwerwiegenden Fall von 1980er-Discotussen-Frisur. Die fiesen Schergen des DDR-Regimes packen die arme Linda jedenfalls mit in die Lieferung Richtung Zonengefängnis und das wars dann vorerst mit kindlicher Unbeschwertheit im Sinne von herzförmiger Sonnenbrille und Kuscheltier am Rucksack! Dort wird der Kaffee pechschwatt getrunken und man durchläuft das obligatorische Programm mit dominanten Mitinsassinnen und anderen Fisimatenten, bevor Lindas Herzbub die Mädchen mit Hilfe eines schwer bewaffneten Kampftrupps während Nacht und Nebel heraushaut.
Mag sicher eigenartig klingen, doch selten habe ich bei einem Vertreter des WIP-Genres so wenig zu lachen gehabt wie hierbei, da der mit solcherlei Filmen meist einhergehende Trash-Appeal weitgehend fehlt. Hier findet weder ein ermüdender Wechsel zwischen Folter- und Lesboszenen statt, noch turnen die Mädels pausenlos nackicht oder in liebreizenden Dessous durchs Bild. Die sehen hier wirklich arg gestresst aus und man legt stattdessen ein wenig mehr Wert auf die Trostlosigkeit des Gefangenendaseins, wozu auch die Synthie-Musik von „Tangerine Dream“ ihren Teil beisteuert.
Nennenswert wäre die wie sooft wunderbare Elisabeth Volkmann, mit der als Oberknastologin naturgemäß schlecht Kirschen essen ist. Die Gute stolziert mit einem Gesichtsausdruck durch den Film, der genau zeigt, daß es ihr allzu oft zwischen den großen Zehen juckt. Ihr zur Seite steht eine mit nicht minder käsigem Teint ausgestattete Sylvia Kristel, welche ein überaus sadistisches Alphaweibchen spielt und deren Anhängerschar der gesellschaftlich unvorteilhaften Wirkung aus Langeweile geborener Zwangstätowierungen Nachdruck verleiht. Liebe Kinners: don’t try this at home!
Überraschend ernste Kost, doch für den Exploitationfreund gibts hier wenig Beute zu machen. Auch für Anhänger ernsthafter filmischer Auseinandersetzungen mit den Auswüchsen sozialistischer Staatsgewalt ist das Ding immer noch zu spekulativ und klischeebeladen. Wem der Film überhaupt guttut? Keine Ahnung. Ich leg den mal unter Indizierungs-Mainstream der 1980er ab. Hat mir aber wider erwarten gut gefallen.
„Wolfen“ (Michael Wadleigh)
Im Pantoffelkino hatte mir dieser Film seinerzeit ja bereits außerordentlich zugesagt, doch heute auf der großen Leinwand wurde ich von den eindrucksvoll eingefangenen Bildern New Yorks und den bombastischen Soundeffekten schlichtweg überrollt.
Für die in der Bronx lebenden Wölfe wären wir Wilde, und überhaupt hätten die Menschen den Gebrauch ihrer Sinne verloren, behaupten die Indianer. Diese These wird mit dem Einsatz subjektiver Steadycam und einer bildverfremdenden Optik a la „Predator“ eindrucksvoll visualisiert. Die Tonspur tut ein Übriges, um die Ego-Perspektive der Wölfe authentisch in Szene zu setzen. Für die damalige Zeit, als man vornehmlich mit dem Anziehen der Gewaltschraube ordentlich Kasse hat machen können, war das sicher außergewöhnlich genug. Schade, daß sich der Film trotz der liebenswürdigen Öko-Botschaft den verdisneyten Schluß nicht verkneifen kann, als Albert Finney das Baumodell zertrümmert und der weiße Leitwolf bestätigend losheult. Trotzdem ist diese suspensegeladene Mischung aus Großstadt-Krimi und Horrorfilm was ganz Besonderes, prima Schauspielerleistungen von Leuten wie Albert Finney und Gregory Hines inklusive. Schade, daß sowas hier nicht auf DVD verfügbar ist.
#205
Geschrieben 16. April 2006, 18:57
Das im Fernsehen passend zu Ostern natürlich der einzige Bond lief, bei dem es um Eier geht, kam mir sehr entgegen. Genau nach diesem habe ich nämlich neulich noch Ausschau gehalten, die DVD aber in unseren Gefilden nirgends entdecken können.
Bereits vor der Titelsequenz („Volltanken bitte!“) macht der Film klar, daß von der kühlen Sachlichkeit des noch vor Tagen genossenen Harry Palmer-Filmes hier wenig zu finden ist. Verblüfft hat mich allerdings, daß ich seit der Kinopremiere noch so ungeheuer viel von der achteckigen Fotze behalten habe. Beispielsweise wie der damalige Tennisprofi Vijay Amritraj über seine Rückhand erzählt oder wie Bond dem Schwertschlucker leihweise die Waffe aus dem Hals zieht, die Verfolgungsjagd mit den Tuk-Tuks und nicht zu vergessen dieser schnittige Hybrid aus Yo-Yo und Sägeblatt, der Shaws fliegender Guillotine ernsthafte Konkurrenz machen könnte. Das Bild des in Ost-Berlin ermordeten Agenten, der im Clownskostüm auf dem Boden liegt und von dessen Handgelenk ein rosafarbener Luftballon vorwitzig in die Höhe ragt, war allerdings nicht darunter, aber trotzdem hätte ich gerade dieses gerne als Wallpaper für den PC. Ich hasse Clowns.
Wenig aufregend waren diesmal die beiden weiblichen Hauptfiguren, dafür war der Gegenspieler von jenem Kaliber, dem man zwar zur Begrüßung die Hand schüttelt, hinterher aber lieber mal nachzählt, ob alle Finger noch dran sind. Während eines Dinners mit 007 zieht er - begleitet von einem selten ekelhaften Schmatz-und Ploppgeräusch - den Augapfel aus einem gegrillten Schafskopf und beißt genüsslich hinein. Bei der letzten Sichtung von „Indiana Jones und der Tempel des Todes“ habe ich auf genau diese Szene gewartet und ernsthaft an meinem Verstand gezweifelt, als die dort gar nicht vorkam. Meiner Frau ging das interessanterweise genauso und als wir gestern abend gemerkt haben, daß irgendein Komiker die dort aus- und hier eingebaut hat, kamen wir neben einem kurzweiligen Filmchen auch zu einem beruhigenden Aha-Erlebnis.
Leicht und bekömmlich: Servieren Sie ihren Gästen auf der nächsten Grillparty doch mal was anderes, als diese schnöden Thunfischfilets oder gar Würstchen!
#206
Geschrieben 18. April 2006, 18:16
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