Europa (1990), Regie: Lars von Trier
Vor einer Stunde endlich den dritten Teil der Europa-Trilogie von Lars von Trier gesehen - "EUROPA".
Der Aspekt Hypnose in diesem Film weitaus beängstigender als schon bei EPIDEMIC. Die hypnotische Wirkung der Bilder so stark, dass ich beinahe froh war, ihn nicht im Kino zu sehen, und mich so dem Einfluss wenigstens etwas entziehen zu können.
Unentrinnbar vor allem die klaustrophobische Enge des Zuges und die ewige Nacht außerhalb, gesteigert in den letzten Szenne des Filmes, die den Protagonisten im Wagon hinter Gittern sterbend zeigen. Wieder einmal gestolpert über Lars von Triers Wasser-Symbolik, die sich in meiner Wahrnehmung jeder Eindeutigen Zuordnung entzieht. Fest steht bis jetzt nur, dass das Wasser als ein reinigendes Symbol angelegt im Film zweimal zur Vollstreckung dient - dabei bleibt aber seine ritualhafte Reinigungswirkung insofern bestehen, als dass der Tod als Sühne verstanden werden kann.
Vor allem in technischer Hinsicht hat mich EUROPA wieder einmal überrascht, schließt eigentlich den Bogen zurück zu THE ELEMENT OF CRIME, und hat mich in seinen teils Collagenartigen Bildern eher an Kompositionen von Greenaway erinnert.
Jetzt Frage ich mich, welche Wirkung der Film (in der Originalfassung, nicht synchronisiert) auf den nicht-deutschsprachigen Zuschauer durch die zahlreichen deutschsprachigen Passagen hat...


Lucyfairs Fenster zur Welt
Erstellt von lucyfair, 23.04.2006, 17:09
3 Antworten in diesem Thema
#1
Geschrieben 23. April 2006, 17:09
#2
Geschrieben 25. April 2006, 18:10
Pest in Florenz (1919), Fritz Lang / Otto Rippert
Eine Renaissancehommage in sieben Kapiteln. Gesehen ohne musikalische Untermalung, erstaunlich wieviel Konzentration einem ein Stummfilm abverlangt. Erst daran werden mir meine eigenen Sehgewohnheiten bewusst, dass man einen Film sieht, der diesen so gar nicht entspricht. Im Stummfilm eben in Ermangelung von Tonfall und Text eine völlig andere Art der Schauspielkunst. Besonders bemerkenswert die Anleihen aus religiösen und weltliterarischen Kontexten, besonders die biblischen Bezüge vermutlich für ein Publikum von 1919 sehr viel offensichtlicher als für die heutigen Rezipienten.
Vor allem ist mir aber beim ersten sehen die moralische Positionierung oder die Frage nach ihrem Vorhandensein nicht klar geworden. Der Klerus kommt zumidest nicht so gut weg wie es für ein Strafgericht Gottes in Gestalt der Pest (interessanterweise als Frau personifiziert) erforderlich wäre. Schließlich ist es auch nicht die Hand Gottes, als vielmehr die Rache der Natur, welche schließlich der "widernatürlichen Liebe" durch Massensterben ein Ende setzt. Auch gibt es Visionen von Hexen, Götzen und Hölle, aber eben nicht von Gott oder Engeln - sieht man einmal von dem Kreuz ab.
Es wirkt auf mich als würde nicht nur die Figur des Medardus im Laufe des Films Wandlungen durchmachen. Interessant wäre eventuell auch die Frage, ob und wie der zeithistorische Kontext (zum Beispiel der erste Weltkrieg) sich auf Stoffwahl und Film auswirkt.
Eine Renaissancehommage in sieben Kapiteln. Gesehen ohne musikalische Untermalung, erstaunlich wieviel Konzentration einem ein Stummfilm abverlangt. Erst daran werden mir meine eigenen Sehgewohnheiten bewusst, dass man einen Film sieht, der diesen so gar nicht entspricht. Im Stummfilm eben in Ermangelung von Tonfall und Text eine völlig andere Art der Schauspielkunst. Besonders bemerkenswert die Anleihen aus religiösen und weltliterarischen Kontexten, besonders die biblischen Bezüge vermutlich für ein Publikum von 1919 sehr viel offensichtlicher als für die heutigen Rezipienten.
Vor allem ist mir aber beim ersten sehen die moralische Positionierung oder die Frage nach ihrem Vorhandensein nicht klar geworden. Der Klerus kommt zumidest nicht so gut weg wie es für ein Strafgericht Gottes in Gestalt der Pest (interessanterweise als Frau personifiziert) erforderlich wäre. Schließlich ist es auch nicht die Hand Gottes, als vielmehr die Rache der Natur, welche schließlich der "widernatürlichen Liebe" durch Massensterben ein Ende setzt. Auch gibt es Visionen von Hexen, Götzen und Hölle, aber eben nicht von Gott oder Engeln - sieht man einmal von dem Kreuz ab.
Es wirkt auf mich als würde nicht nur die Figur des Medardus im Laufe des Films Wandlungen durchmachen. Interessant wäre eventuell auch die Frage, ob und wie der zeithistorische Kontext (zum Beispiel der erste Weltkrieg) sich auf Stoffwahl und Film auswirkt.
#3
Geschrieben 28. April 2006, 15:48
The Element Of Crime (1984), Regie: Lars von Trier
Zum zweitenmal versucht, Fisher zu folgen, zum zweiten Mal gescheitert.
Fasziniert und verstört von den apokalyptischen Bildern in Triers Europa, einer im Zerfall begriffenen Welt, in der die Polizei als Exekutive höchstens noch lächerlich wirkt. Anarchie in der bildlich verzerrten, weder räumlich noch zeitlich einzuordnenden Zukunftsvision, darin der Komissar Fisher, der versucht, auf den Spuren seines Lehrers Osbourne "das Element des Verbrechens" zu begreifen und Harry Grey zu jagen.
Technisch ein hochkomplexer Film, der mir ebendie Kopfschmerzen bereitet, die Fisher sich auf Greys spuren selbst zufügt. Jeder Versuch das Rätsel zu lösen scheitert auf der inhaltlichen Ebene kafkaesk, und die Genreanleihen führen den Zuschauer noch mehr in die Irre: weder der Rückgriff auf den Kriminalfilm noch der auf das Horrogenre werden zuende geführt, vielmehr entzieht der Regisseur immer wieder das vertraute Terrain, auf das er zuvor geführt hat.
Nicht einmal die Frage, ob das Verbrechen, wie Osbournes Theorie besagt, unter den gleichen Umständen wie eine chemische Reaktion immer gleich abläuft, weil das nötige Element im Menschen (und eben auch in ihm und Fisher) liegt, oder ob es doch die gesellschaftlichen Umstände, das Chaos, die Anarchie sind, wie Kramer behauptet, will mir der Film beantworten. Trier schweigt und stellt dar, lässt wieder viele Möglichkeiten offen.
Am Ende wird man wie Fisher aus der Hypnose nicht erwachen können, und verstört lässt mich der Film zurück, seine Bilder hingege lassen mich nicht los.
Zum zweitenmal versucht, Fisher zu folgen, zum zweiten Mal gescheitert.
Fasziniert und verstört von den apokalyptischen Bildern in Triers Europa, einer im Zerfall begriffenen Welt, in der die Polizei als Exekutive höchstens noch lächerlich wirkt. Anarchie in der bildlich verzerrten, weder räumlich noch zeitlich einzuordnenden Zukunftsvision, darin der Komissar Fisher, der versucht, auf den Spuren seines Lehrers Osbourne "das Element des Verbrechens" zu begreifen und Harry Grey zu jagen.
Technisch ein hochkomplexer Film, der mir ebendie Kopfschmerzen bereitet, die Fisher sich auf Greys spuren selbst zufügt. Jeder Versuch das Rätsel zu lösen scheitert auf der inhaltlichen Ebene kafkaesk, und die Genreanleihen führen den Zuschauer noch mehr in die Irre: weder der Rückgriff auf den Kriminalfilm noch der auf das Horrogenre werden zuende geführt, vielmehr entzieht der Regisseur immer wieder das vertraute Terrain, auf das er zuvor geführt hat.
Nicht einmal die Frage, ob das Verbrechen, wie Osbournes Theorie besagt, unter den gleichen Umständen wie eine chemische Reaktion immer gleich abläuft, weil das nötige Element im Menschen (und eben auch in ihm und Fisher) liegt, oder ob es doch die gesellschaftlichen Umstände, das Chaos, die Anarchie sind, wie Kramer behauptet, will mir der Film beantworten. Trier schweigt und stellt dar, lässt wieder viele Möglichkeiten offen.
Am Ende wird man wie Fisher aus der Hypnose nicht erwachen können, und verstört lässt mich der Film zurück, seine Bilder hingege lassen mich nicht los.
#4
Geschrieben 29. April 2006, 11:19
American Beauty (1999), Regie: Sam Mendes
Ganz hat der Film meine Erwartungen nicht erfüllt, was aber auch daran liegen kann, dass ich ihn schon so lange einmal sehen wollte und schon viel darüber gehört habe - entsprechend groß war also die Spannung.
Dennoch ein wirklich guter Film, eine beißende Satire auf den amerikanischen Traum. Zwei Familien, die in hinter der Fassade des glücklichen Wohlstandslebens gegen die Leere einer übersättigten Gesellschaft ankämpfen. Die Versuche, auszubrechen, ob nun durch Rebellion, Drogenkonsum, Seitensprung, werden zu immer groteskeren Eskalationen, die nur umso deutlicher zeigen, wie trostlos das Leben für Menschen sein kann, die glauben, dass sie in Armut aufwuchsen, weil sie nicht mal ein freistehendes Haus, sondern nur eine Doppelhaushälfte bewohnten. Von der materiellen Armut Amerikas ist in diesem Film dagegen nichts zu sehen, aber dass die Menschen, die finanziell abgesichert sind, deshalb auch glücklich sind, glaubt hier keiner mehr. Alle Energie richtet sich darauf, die Fassade aufrecht zu erhalten. Der American Dream, vom Tellerwäscher (oder Burgerverkäufer) zum Millionär zu werden, wird zum Albtraum. In dem Moment dämmernder Erkenntnis, als der Protagonist Lester den eigentlichen Wert seines Lebens erkennt, ist es leider zu spät.
Auf der technischen Ebene fand ich den Film passabel, einige schöne Ideen, vielleicht nicht revolutionär, aber doch durchaus sehenswert - so vor allem die Fanatsiesequenzen von Lester. Die Selbstreflexion des Mediums durch die ständige Präsenz der Kamera zeichnet den Film zusätzlich aus. Besonders hervorzuheben ist zudem noch das Ende, das allzu vorhersehbar scheint, dann aber doch noch eine filmisch brillant umgesetzte (damit meine ich die Szene, in welcher Lester sien Leben rekapituliert) Wendung bereithält.
Ganz hat der Film meine Erwartungen nicht erfüllt, was aber auch daran liegen kann, dass ich ihn schon so lange einmal sehen wollte und schon viel darüber gehört habe - entsprechend groß war also die Spannung.
Dennoch ein wirklich guter Film, eine beißende Satire auf den amerikanischen Traum. Zwei Familien, die in hinter der Fassade des glücklichen Wohlstandslebens gegen die Leere einer übersättigten Gesellschaft ankämpfen. Die Versuche, auszubrechen, ob nun durch Rebellion, Drogenkonsum, Seitensprung, werden zu immer groteskeren Eskalationen, die nur umso deutlicher zeigen, wie trostlos das Leben für Menschen sein kann, die glauben, dass sie in Armut aufwuchsen, weil sie nicht mal ein freistehendes Haus, sondern nur eine Doppelhaushälfte bewohnten. Von der materiellen Armut Amerikas ist in diesem Film dagegen nichts zu sehen, aber dass die Menschen, die finanziell abgesichert sind, deshalb auch glücklich sind, glaubt hier keiner mehr. Alle Energie richtet sich darauf, die Fassade aufrecht zu erhalten. Der American Dream, vom Tellerwäscher (oder Burgerverkäufer) zum Millionär zu werden, wird zum Albtraum. In dem Moment dämmernder Erkenntnis, als der Protagonist Lester den eigentlichen Wert seines Lebens erkennt, ist es leider zu spät.
Auf der technischen Ebene fand ich den Film passabel, einige schöne Ideen, vielleicht nicht revolutionär, aber doch durchaus sehenswert - so vor allem die Fanatsiesequenzen von Lester. Die Selbstreflexion des Mediums durch die ständige Präsenz der Kamera zeichnet den Film zusätzlich aus. Besonders hervorzuheben ist zudem noch das Ende, das allzu vorhersehbar scheint, dann aber doch noch eine filmisch brillant umgesetzte (damit meine ich die Szene, in welcher Lester sien Leben rekapituliert) Wendung bereithält.
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