The Room-Files
#1051
Geschrieben 11. Juni 2006, 09:41
Regie: Joe Dante
Liebes Tagebuch...
Joe Dante hat wieder zugeschlagen. Auch wenn dieser werte Herr nur alle paar Jahren einen Film dreht oder drehen darf, ist es für mich doch immer wieder eine Freude, welche Schrecklichkeiten er sich nun diesmal hat einfallen lassen. Immer wieder steht sein Name in sogenannten Kinderfilmen, in denen er dann Scherze für Erwachsende durchzuboxen versucht. Längst darf er nicht mehr hantieren wie einst in „Gremlins - Kleine Monster“, was ich äußerst schade finde, aber seine ganz speziellen, tiefschwarzen Scherze finden sich auch noch in„„Small Soldiers“ und nicht zu letzt hier in „Looney Toons back in Action“.
Nach dem rundum genialen „Falsches Spiel mit Roger Rabbit“ ist es für jeden neuen Film schwer, der mit in eine reale Szenerie integrierten Zeichentrickfiguren aufwartet. Da macht auch „Looney Toons back in Action“ keine Ausnahme und verliert auch klar, wenn man ihn gegen den schier unerreichbaren Roger Rabbit antreten läßt.
„Looney Toons back in Action“ war ein Wagnis und erfreulicherweise ging die Rechnung auf. Ein Wagnis, weil erstens besagter Roger Rabbit einen großen Schatten wirft und zweitens, weil die Story dem Film nicht als tragende Kraft zur Untermauerung des Geschehens zur Seite steht. Die abstruse Geschichte, die man sich zusammenschusterte, ist wirklich läppisch und unausgegoren. Für mehr als eine wirre Agentenstory, die einem zehn Minuten Cartoon oder einer billigen RTL2-Vormittagsserie für verhaltensgestörte Kinder entsprungen sein könnte, hat es nicht gereicht. Daß der Film letztendlich doch überdurchschnittlich gutes Entertainment zu bieten hat, verdankt er seinen spielfreudigen Darstellern, dem kompetenten Herrn Dante und den gelungenen Animationen. Das führt zu bester Unterhaltung im Stile von „Austin Powers“, wo auch alles außer schräg vorgetragenem Humor Nebensache zu sein scheint.
Also, gerade noch mal die Kurve gekratzt, was ein Abheben vom inflationär im TV auftretenden Science-Fiction-Kinder-Kaka-Müll möglich machte.
Donnerstag, 25.05.2006/11:00 - 12:30 Uhr (zum ersten Mal gesehen)
#1052
Geschrieben 17. Juni 2006, 11:31
Regie: Hans D. Bove
Liebes Tagebuch...
Hierbei handelt es sich um einen sehr zwiespältigen Film. Aus welcher Ambition heraus er entstanden ist, kann ich nur schwer beurteilen. War es nur ein weiterer Befreiungsschlag weg von Opas Kino hin zum tabulosen Erwachsenenfilm oder nur der satirische Blick auf die damalige Aufbruchsstimmung, Filme durch pikante Details publikumswirksamer zu machen? Letzteres läßt sich vermuten, weil Wolfgang Menge am teilweise reichlich wirren Drehbuch mitgeschrieben hat. Aber auch ersteres läßt sich vermuten, weil der Film weitaus spekulativer erscheint als satirischer, was aus heutiger Sicht natürlich weder großartig verrucht noch irgendwie skandalös oder gar übermäßig spekulativ erscheint. Doch offensichtlich war die Zeit noch nicht reif um alles in einem ernsthaft satirischen Rahmen darzustellen und so wirkt der Film, als wollte noch ein sehr junger Rainer Werner Fassbinder eine Sexkomödie inszenieren.
Rolf Zacher spielt einen Lebenskünstler der nicht so recht weiß, wo er hin gehört. Eines Tages bekommt er eine Mappe mit Aktfotos in die Hände, die er als die Seinen ausgibt. Das läßt den gönnerhaften Fotoladenbesitzer Lou van Burg hellhörig werden, der den angeblichen Fotografen fördert und in dessen „Atelier“ ihm zu Ehren wilde Partys organisiert. Bald aber werden Sittenwächter (unter anderem Brigitte Mira), Gesetzeshüter und die tatsächlichen Besitzer der Aktfotos auf das bunte Treiben aufmerksam und die Partyhengste sehen ihre Felle davon schwimmen.
Der Film umschreibt recht treffend den typisch deutschen Beamtenmief und die Spießbürgerlichkeit. Jedoch gehen diese Umschreibungen nicht so weit, daß sie auch wirklich zur guten Unterhaltung beitragen. So bleibt die Satire wenig spektakulär und um das ganze Geschehen für den Zuschauer interessant zu machen, müssen leicht bekleidete Frauen (unter anderem Barbara Valentin) ihren runden Formen in die Kamera zu halten, was für einen anspruchsvollen Film natürlich tödlich ist, die verklemmte Komödie aus trashiger Sicht aber umso unterhaltsamer macht. Spätestens beim Finale geht der Schuß nach hinten los. Das Ende ist nämlich so versöhnlich alteingesessen, daß es für den Film und seine anspruchsvollen Ambitionen doppelt so viele Rückschritte bedeutet, wie er zuvor Fortschritte machte. Rolf Zacher, hier Galionsfigur der Unsittlichkeit, heiratet schlussendlich die Tochter des im Film wichtigsten Sittenhüters, zwar der Liebe und nicht des guten Willens wegen, aber diese Konstellation ist genau die, die man schon seit den Vierzigern aus dem deutschen Kino kennt und um deren Verhinderung es doch hier eigentlich hätte gehen müssen, wenn man es mit der Satire ernst genommen hätte.
Aber auch das Nichtfunktionieren kann einen gewissen Reiz ausüben, was es hier zweifelsfrei tut. „Der Partyphotograph“ beinhaltet freiwillige und unfreiwillige Lacher, ein paar schöne Musikstücke von Manfred Hübler und ein diverse nette Gesichter und so lohnt es sich, dem Versagen zu folgen ohne das dabei wirkliche Langeweile aufkommt.
Donnerstag, 25.05.2006/13:00 - 14:25 Uhr (zum ersten Mal gesehen)
#1053
Geschrieben 17. Juni 2006, 11:32
Regie: Ron Howard
Liebes Tagebuch...
Schon seltsam, welche Anziehungskraft manche Filme ausüben. Selten saß ich in einem Kino in dem die erste Reihe genau so voll wie die letzte war, und bei den 23 dazwischen liegenden Reihen war es kaum anders. Woran liegt das? Nicht mal negative Kritiken in den Medien konnten die Massen davon abhalten im Kino das zu sehen, was viele davon schon zuvor im Roman gelesen hatten. Den Wenigsten wird hier vollkommen Neues aufgetischt worden sein. Mir persönlich fiel schon das vor über einem Jahr aushängende Kinoplakat auf. Da wußte ich noch nichts von Dan Brown und von Maria Magdalenas Männergeschmack. Doch es war nicht die großangelegte Werbekampagne, die so viele ins Kino lockte sondern einfach der Hype. Man neigt nun einmal dazu, das machen zu wollen, was andere auch machen. Egal, ob nun auch ich angefangen habe „Harry Potter“ zu lesen oder mich vor eine Großbildleinwand stelle und Fußball schaue. So braucht man sich auch nicht großartig schlecht fühlen, wenn man nur des Hypes wegen ins Kino geht. Vor allem nicht dann, wenn man durch das nötige Quäntchen Neugier gelockt wurde.
„The Da Vinci Code - Sakrileg” entpuppt sich aber doch eher als Anti-Blockbuster. Fast frei von Action oder dramatisierender Spannung begibt sich der Zuschauer auf eine Expedition und man taucht in die Mythen seiner Erziehung ab, voll der Spannung darauf etwas Neues oder Geheimnisvolles zu entdecken. Verschwörungstheorien lassen sich nun mal einfach ungemein publikumswirksam und anziehend umsetzen. Das ist der Hauptantrieb dieses Filmes. Man bekommt die Chance eine neue Sicht auf alte Dinge zu werfen, was einer wachrüttelnden Erweiterung des Horizonts gleich kommt. Die Wahrheit hierbei spielt keine Rolle mehr. Einzig und allein die Art der sogenannten „Wahrheitsfindung“ ist die treibende Kraft. So stört es auch kaum, daß der Film über weite Strecken recht düster und glanzlos erscheint, weil die innere Spannung stimmt. So mag nicht alles spektakulär oder mitreißend sein, dies aber der Kategorie Langeweile zu zuschreiben, wäre voreilig und unüberlegt. Vielmehr finde ich es überraschend und interessant, daß der Film oftmals zu Ende scheint, aber trotzdem nicht enden mag. Noch eine Wendung, noch eine Enthüllung, noch ein Fakt, noch ein Detail - so könnte man die letzte halbe Stunde beschreiben, die weitaus mehr bereithält, als bloß die Laufzeit auf Überlänge zu drücken.
Die darstellerischen Leistungen gehen voll in Ordnung, die offenbar nötigen Rückblenden bremsen in ihrem schicken Auftreten die Geschichte weniger als sie sie bereichern und den komplizierten Verstickungen der Geschichte kann man, auch ohne das Buch zu kennen, problemfrei folgen, wenn man bei einigermaßen wachem Verstand ist. Jedoch mußte ich wieder mal feststellen, daß Musik in Blockbustern immer belangloser wird, auch wenn sie von dem von mir hochgeschätztem Hans Zimmer kommt. Nur in der allerletzten Szene entfaltet Hans Zimmer sein volles Talent und die Musik ihre große Stärke, so daß es mir fast die Tränen ins Auge drückte. Zurück bleibt die Erinnerung an einen rundum gelungen guten Film zurück, der dem vorausgeeilten Hype aber nicht standhalten kann.
Die Tagesschau im Ersten hat (unfreiwillig oder freiwillig) Humor bewiesen. Pabst Benedikt XVI. war zu Besuch in Polen was ein Fernsehteam zum Anlaß nahm um dort begeisterte Passanten zum Pabstbesuch zu interviewen und eine der Befragten stand vor einem riesigen Multiplex mit einem nicht weniger kleinen Plakat: „Kodi Da Vinci“.
Freitag, 26.05.2006/20:30 - 23:00 Uhr (zum ersten Mal gesehen)
#1054
Geschrieben 24. Juni 2006, 11:16
Regie: Mike Newell
Lieber Professor Dumbledore,
Verzeihung, daß ich Sie belästige, doch heute Morgen hat mir meine Narbe wehgetan. Mit freundlichen Grüßen, Harry Potter.
Viertes Buch gelesen, vierten Film gesehen. Nur schwer aber läßt sich ein Buch solchen Ausmaßes in 150 Minuten Film pressen, was zu Folge hat, daß die komplizierten Verstrickungen um Gut und Böse, Macht und Intrigen um ein Vielfaches vereinfacht werden mußten. So bleibt einem nichts anderes übrig, als die inhaltlichen Streichungen unter leichten aber spürbaren Schmerzen hinzunehmen. Daß Hermines Elfenbefreiungsbemühungen keinen Platz im Film finden konnten, geht in Ordnung, da dies zu sehr vom eigentliche Geschehen abgelenkt hätte, aber mit der Szene, in der Harry Potter mit der Karte des Rumtreibers in einer verhexten Treppe stecken bleibt und Severus Snape und Mad Eye Moody anrücken, während Barty Crouch Snapes Büro durchstöbert, läßt der Film einen enormen Spannungshöhepunkt verstreichen. Wohl auch aus dem Grund, weil sie nur spannendes Beiwerk war und zu der eigentlichen Ausrichtung des Filmes nicht allzu viel beigetragen hätte.
Nach dem direkten Lesen des Buches zeigt der „Harry Potter und der Feuerkelch“-Film seine größten Stärken während des Weihnachtsballes, der wirklich wunderbar und leichtfüßig humorvoll umgesetzt wurde. Der hochgradig gruselige Showdown im Labyrinth und auf dem Friedhof kommt gegen das Buch nicht an. Jedenfalls nicht, wenn man noch ein paar Abende zuvor eine fünf Stunden andauernde Lesesession abgehalten hatte, weil die letzten 200 Seiten des Buches ein Weglegen unmöglich machen. Wie auch soll man aufhören zu lesen, wenn man Kapitel vorfindet, die „Blut, Fleisch und Knochen“ heißen, wenn die Geschichte immer ausladender und weitreichender wird, wenn das was mit den Schilderungen der Erlebnisse eines kleinen Jungen begann plötzlich zur europäischen Variante der Star-Wars-Saga wird? Dagegen kann der durchaus imposante Film einfach nicht ankommen, weiß aber trotzdem zu begeistern und zu gruseln, was ihn immer noch sehr bis sogar höchst erfreulich macht. Einzige tote Stelle: Barty Crouch wird im Wald gefunden. Hier versagt der Film auf ganzer Linie, denn in keiner Sekunde wird die Dramatik des Geschehenen verdeutlicht.
Nach dem Ende des vierten Buches und des vierten Filmes stehe ich nun an einer ganz besonderen Grenze. Übertrete ich diese, lese ich Band fünf noch bevor der Film dazu fertig gestellt ist und riskiere eine eventuelle Enttäuschung im Kino irgendwann im nächsten Jahr. Übertrete ich diese Grenze nicht, warte ich ein Jahr, sehe dann den Film, lese danach das Buch und habe Monate voll unangenehmer Neugier hinter mir. Was nun? Zwischen dem Ersinnen und den Niederschrieben dieser Worte lag ein wenig Zeit, aber schon damals (Ende Mai), als ich den Film sah, war mir klar, daß es nicht lange dauern würde bis ich die Grenze übertreten würde, was mittlerweile (Ende Juni) geschehen ist und ich sogar schon Bergfest feiern konnte. Mein lieber Herr Gesangsverein, Film fünf könnte höchst unangenehm werden. Harry Potter und der Angriff der Klonkrieger: Auf welcher Seite steht man richtig, was ist wirklich gut und auf welcher Seite stehen die Anderen?
Angst vor den noch kommenden 500 Seiten?
Ja!
Deshalb aufhören zu lesen?
Nein!
Sonntag, 28.05.2006/13:30 - 16:00 Uhr (zum zweiten Mal gesehen)
#1055
Geschrieben 24. Juni 2006, 11:16
Regie: Christophe Gans
Liebes Tagebuch...
Ich weiß nicht, ob die Dramaturgie von „Silent Hill“ wirklich klug ist, aber dem Film erkennt man es eindeutig an, daß er auf einem Videospiel basiert. Eine Frau reist mit ihrer alptraumgeplagten Tochter in die verlassene Stadt Silent Hill, wo sie den Ursprung der Träumer ihrer Tochter vermutet. Der Ort zeigt sich von seiner seltsamsten Seite und entpuppt sich als waschechte Geisterstadt. Die Tochter wird alsbald von der Mutter getrennt und nun macht sich diese auf die Suche nach ihr und muß bald feststellen, daß sie ganz und gar nicht allein vor Ort ist. Klassische Videospiel Situation: Der Hauptcharakter, dem man im Spiel selbst lenkt, muß alleine gegen übermenschliche Gefahren antreten und dabei überleben. Wie von Level zu Level hechtet der Film von Angriff und Gegenwehr zur Untersuchung und Lüftung der örtlichen Geheimnisse. Man möchte fast meinen, man sitzt nicht im Kinosessel sondern mit dem Joystick vorm PC. Wie gesagt, ob man das klug oder platt findet bleibt einem selbst überlassen. Ich persönlich fand das weder klug noch platt, sicher auch nicht innovativ dafür aber ungewöhnlich und somit interessant.
Unter tosendem Lärm werden Terror- und Horrorszenarien angekündigt und dann durchgezogen. Die monstermäßigen Gegner, allesamt leider nur als CGI-Animantion auftretend, fahren ziemliche Geschützte auf und erfreulicherweise wird neben Egoshooter-Kampfgetümmel auch viel wert auf den Gruselfaktor gelegt. „Silent Hill“ bietet alles andere als nur gestylte Action. Vielmehr kann er seinen Zuschauer durch erschreckende Horrorpassagen terrorisieren und in den Sessel drücken. Der reichlich weithergeholte und holprige Einstieg in die Geschichte wird darauf hin links liegen gelassen und man erlebt neben all dem Horror einen Machtkampf zwischen Gut und Böse bei dem die Grenzen verwischen und die Ausrichtung, welcher Front man angehören möchte, lange unklar bleibt, was die Entwicklung der Geschichte spannend hält und man sich auf so manche Entdeckung freuen kann. Da ist aber längst klar, daß „Silent Hill“ nicht bloß ein Film ist, wo auf Zombies oder ähnliches geschossen wird, vielmehr kann man genüsslich Anflüge von „Dark City“ und, besonders am Ende, „Hellraiser“ erkennen. Splattrige Szenen wurden dabei aber ziemlich zurückgehalten. Die Erzählung der Geschichte war dann, trotz verkorkstem Beginn, wichtiger.
Mittwoch, 31.05.2006/20:00 - 22:00 Uhr (zum ersten Mal gesehen)
#1056
Geschrieben 25. Juni 2006, 11:50
Regie: Jess Franco
Liebes Tagebuch...
Jedes Mal aufs Neue entdecke ich, wie wunderbar und schön dieser Film geworden und daß er zweifelsfrei einer der Besten von Jess Franco ist. Die episodenhafte Handlung spielt vor und in grandiosen Kulissen und wurde durch diverse Rückblenden erzählerisch aufgepeppt. Die seltsame Kameraführung und das auffallend wilde Zoomen müßte dem Film eigentlich einen erhöhten Trashfaktor verleihen, doch die Geschichte von dem verlorenen Geliebten und der Rache seiner Frau ist voll von Tragik und Wehmütigkeit, daß man vor Mitgefühl tief seufzen möchte und die technischen Defizite als innovativen Teil eines Gesamtkunstwerkes annimmt.
„Sie tötete in Ekstase“ ist, und ich habe es abermals bemerkt, ganz große Klasse und dabei sollte es doch nur billiges Exploitationkino werden...
Donnerstag, 01.06.2006/21:30 - 22:45 Uhr (zum wiederholten Male gesehen)
#1057
Geschrieben 25. Juni 2006, 11:51
Regie: Gil Mehmert
Liebes Tagebuch...
Als bei einem leidenschaftlichen Tippkickspieler der Blitz einschlägt erwacht eine seiner Figuren zum Leben. War die Figur eben noch 10 Zentimeter groß, steht sie nun mannsgroß da und wartet auf neue Anweisungen. Der unfreiwillige Schöpfer nimmt seinen neuen Freund zur nächsten Tippkickweltmeisterschaft mit, wo er enormes Tippkicktalent beweist. Nach einem Streit aber sucht er das Weite und fällt einem Fußballtrainer in die Hände, der ihn für einen seiner neuen Spieler hält. Auch auf dem echten Rasen macht das Fußballmännchen, das sich jetzt Hans-Günter nennt und eine Dieter-Thomas-Kuhn-Frisur verpasst bekommen hat, eine gute Figur. Dies ist, so will es der Film, die Geburtsstunde eines der größtes Fußballgenies, daß Deutschland bis dato gesehen hat: Günter Netzer.
„Aus der Mitte des Raumes“ ist eine verspielte und gemütliche Filmkomödie, offensichtlich von Fußballfans kreiert wurde, die einer deutschen Sportikone huldigen wollten, was zu auf ziemlich bizarre Weise geschieht. Wie auch sonst hätte man auf die absurde Tippkickidee kommen können? Schön dargestellt ist auch das miefige Flair der Siebziger und ein paar nette Einfälle in der Bildgestaltung gibt es auch. Der Rest riecht aber ziemlich nach Filmhochschule und viele der umgesetzten Ambitionen (eine kleine Liebesgeschichte und die Fantasy-Aspekte der Handlung) wirken gezwungen, gedrungen, haben das Format einer Pflichtübung und bieten nur schon mal da Gewesenes. Und wenn man selbst noch ein Nicht-Fußball-Fan auf nationaler Ebene ist, kann man die Sportbegeisterung, auf die der Film aufbaut, nur schwer nachvollziehen. So berührte mich als Zuschauer der Film nur in wenigen Szenen. Selbst Christoph Maria Herbst als engagierter Trainer konnte nicht mehr viel reißen.
Freitag, 02.06.2006/23:45 - 01:05 Uhr (zum ersten Mal gesehen)
#1058
Geschrieben 26. Juni 2006, 19:22
Regie: Frank Darabont
Liebes Tagebuch...
Das ist also der Film, der bei der Imdb unangefochten auf dem zweiten Platz verweilt. Hat ja ganz schön lange gedauert, bis ich ihn gesehen habe.
Was macht ihn also so bemerkenswert, daß so viele Menschen ihm die Höchstnote gaben? Sicher ist es die publikumswirksam gestaltete Handlung, die viele Elemente von dem verbindet was man im Allgemeinen bei Filmen als rundum gelungen einstuft. Sicher ist auch der damals nicht zu verachtende Videomarkt schuld, der es war, der den „Verurteilten“ zum eigentlichen Siegeszug verhalf. Auch hat es eine Rolle gespielt, daß der Film trotz gängiger Erzählweise auf den alles umfassenden Hollywood-Schmus verzichtet. Eine Liebesgeschichte nämlich sucht man hier vergebens. Vielmehr freut man sich hier aber über die geschilderte Freundschaft, den Zusammenhalt und den Erfolg der Unterdrückten mit der sich die breite Masse der Zuschauer nun mal am Leichtesten um den Finger wickeln läßt. Auch wird beim Erfolg von „Die Veruteilten“ klar, daß eine überraschende Wendung am Ende nicht erst seit „The Sixth Sense“ auch den letzten Zweiflern alle kritischen Gedanken verwischt.
So bekommt man ein rundum gelungenes, bewegendes und spannendes, sicher auch kühl kalkuliertes, Meisterwerk zu Gesicht, dessen Bann man sich nur schwer entziehen kann. Dennoch halte ich den Film für überbewertet, oder zumindest seine Stellung, die er auf der Imdb einnimmt. Trotzdem ist er ein Glücksfall und alle daran beteiligten können, ohne ihr Gesicht zu verlieren, selbiges in die Kamera halten oder es durch ihren Namen im Abspann wahren.
Sonntag, 04.06.2006/10:45 - 13:05 Uhr (zum ersten Mal gesehen)
#1059
Geschrieben 26. Juni 2006, 19:23
Regie: Harald Reinl
Liebes Tagebuch...
Dem Schurken Santer ist es zuzuschreiben, dass die neue Eisenbahnlinie direkt durch das Hoheitsgebiet der Apachen führt. Da ist es nur verständlich, dass diese samt ihrem Vorzeigekrieger Winnetou nicht besonders gut auf die neuen Siedler zu sprechen sind. Old Shatterhand soll es wieder gerade biegen und wird entsandt um den Apachen klar zu machen, dass Santers Pläne nicht der Mehrheit der weißen Besatzung entsprechen.
Mit der „Winnetou“-Trilogie hat die deutsche Filmindustrie ihren Vorzeigewestern schlechthin geschaffen. Auch ohne die drei Filme jemals gesehen zu haben, kommt man an ihren Hauptfiguren Old Shatterhand und Winnetou, deren Blutsbrüderschaft, das tragische Ende, den großen Szenarien und auch an der unvergleichlichen Titelmusik nicht vorbei. Dem Film selbst tat das aus dem Nachhinein gesehen jedenfalls nicht gut. Zu oft wurde die Thematik zum Mittelpunkt von Parodien, wo sie bei Bedarf durch den Dreck oder Kakao gezogen wurde und es so zumindest mir schwer fällt, dem Film ernsthaft zu folgen. Egal, ob „Zärtliche Chaoten“, „Die Supernasen“ oder „Der Schuh des Manitu“ - überall mußte Winnetou seinen Kopf hinhalten, überall wurde der Indianer-„dialekt“ als Gag gebracht oder die Geschichte allgemein ins Licht der Lächerlichkeit gestellt. Egal, ob diese Karikaturen gut waren oder nicht, man sollte sie erst nach dem Karikierten gesehen haben. Aber wie was ändern, was nicht geht?
Die Handlung selbst spielt nur eine kleine Rolle in diesem schön gestalteten, aber auch alt gewordenem Film. Hauptsache die jugoslawische Wüste strahlt im schönsten Gelb, buntgekleidete Rothautabziehbildchen kämpfen gegen und verbünden sich und verbünden sich und kämpfen gegen die Heerscharen des weißen Mannes. Für die Guten gilt: Gestorben wird theatralisch, nicht ohne vorher einen letzten Wunsch oder Gruß auszusprechen.
Nun, daß Genre des Westerns war nie das meine, wodurch sich der Film noch zusätzliche Minuspunkte einhandelte. Schlussendlich bleibt ein Film zurück, den ich durchaus als in Ordnung einstufen möchte, aber an dem der Zahn der Zeit schon heftig nagte und der unter seinem Status als humoristische Zielscheibe schon ziemlich gelitten hat. Lobende Erwähnungen gehören ein paar wirklich guten Kameraeinstellungen, der Mario-Adorf-hängt-über-der-Klippe-Szene und natürlich der einzigartigen Musik, die aber erst die großen und altbekannten Töne im zweiten Teil zum Besten gibt.
Sonntag, 04.06.2006/14:30 - 16:05 Uhr (zum ersten Mal gesehen)
#1060
Geschrieben 03. Juli 2006, 19:19
Regie: Alexandre Aja
Liebes Tagebuch...
Warum schon wieder „High Tension“? Eigentlich habe ich ihn ja erst vor zwei Monaten gesehen, aber irgendwie wollte ich abermals diese nerven- und leiberzerfetzende Schlachtplatte sehen. Rundum gelungen bietet sie sich dar, voll süffisanter Spannung, voll des schwer erträglichen und deshalb herausfordernden Terrors, dreckig geleckt inszeniert und reich an Zutaten, die dieses Genre für mich interessant machen. Ein Meisterwerk! Und Alexandre Aja macht Lust auf all das, was von ihm noch kommen mag. Ich bin gespannt.
Montag, 05.06.2006/13:05 - 14:35 Uhr (zum vierten Mal gesehen)
#1061
Geschrieben 08. Juli 2006, 11:39
Regie: Harald Reinl
Liebes Tagebuch...
Weiter geht’s mit Deutschlands großer Westernsaga - nicht ohne aber ein paar Veränderungen vorgenommen zu haben. Die jugoslawische Steppe wurde durch italienisch begrünte Landschaften ausgetauscht und die Musik von Martin Böttcher um ein paar Noten erweitert. Diese erklingt nun endlich so, wie man sie schon unzählige Male vorher außerhalb der „Winnetou“-Trilogie hören konnte. Die Handlung selbst bleibt weiter nur ein Aufhänger für die Präsentation von großzügig ausgestatteten Panoramen. In hemmungsloser Selbstaufgabe verzichtet Winnetou auf seine heimliche Liebe und gibt grünes Licht für die Hochzeit zwischen der ihm nahestehenden Indianerin Ribanna (Karin Dor) und dem Siedler Robert Merril (Terrence Hill). Dadurch sollen die Fehden zwischen den neuen und alten Bewohnern des Wilden Westens begraben werden. Doch Schurken, dargestellt von Anthony Steel und, oha - Klaus Kinski, schaffen es immer wieder den frischen Frieden zu torpedieren.
Um ein vielfaches ausgeschlafener wirkt „Winnetou 2. Teil“. Das liegt vor allem am zurückgeschraubten Pathos und neu eingebrachten Ideen. Der Fehler, alles wirksame aus dem ersten Teil neu aufzulegen, wird nicht gemacht. Die Geschichte und auch ihre Inszenierung schreiten weiter, was dem Eindruck, den dieser Film hinterlässt, nur zu Gute kommt. Schönes Feiertagsprogramm.
Montag, 05.06.2006/14:40 - 16:10 Uhr (zum ersten Mal gesehen)
#1062
Geschrieben 08. Juli 2006, 11:39
Regie: John de Bello
Liebes Tagebuch...
Zehn Jahre hat es gedauert, bis John de Bello das Sequel zu „Angriff der Killertomaten“ umsetzte. Nun, viel Gedanken über den Inhalt wird er sich in der verstrichenen Zeit nicht gemacht haben, denn die Neuauflage des Tomatenthemas und der Zeit nach dem ersten Tomatenkrieg kommt genauso gewollt schlecht daher, wie der Vorgänger. Aber auf humoristischer Ebene hat sich viel geändert. Eine ganze Klamauklawine überrollt den Zuschauer mit Kalauern und entwaffnender Selbstironie. Das macht die Rückkehr der Killertomaten unterhaltsamer als erwartet und lustiger als es der erste Teil war, auch wenn dem Film der Flair der Siebziger abgeht. Zu belachen gibt es das dreisteste Product-Placement der Filmgeschichte, den humoristisch kompetenten George Clooney und den hemmungslos überdrehten John Astin.
Von meiner Seite konnte ich daher keinerlei Langeweile verspüren und tote Stellen und Rohrkrepierer gab es nur selten. Vielmehr war ich über die bedingungslose Ehrlichkeit erfreut, mit der der Film an den Regeln einer gut gemeinten Komödie kratzt und das Nest der amerikanischen Humorfraktion beschmutzt. Interessant vor allem, weil diesmal ein größeres Studio hinter dem Projekt stand und der Film trotzdem wiederborstig mit unterirdischen Witzen um sich wirft, das es eine wahre Pracht ist.
Mittwoch, 07.06.2006/21:40 - 23:20 Uhr (zum ersten Mal gesehen)
#1063
Geschrieben 09. Juli 2006, 09:16
Regie: Javier Aguirre
Liebes Tagebuch…
Eigentlich ist „Die Stunde der grausamen Leichen“ kein guter Film. Schließlich klaut er sich recht munter durch das Genre und fügt die unmöglichsten Versatzstücke zusammen um ein Maximum an spekulativem Horror zu erreichen. Da wäre ein von der Gemeinschaft verstoßener Buckliger, ein verrückter Doktor, der gerne an Leichen experimentiert und eine korrupte und leichtgläubige Leiterin eines Krankenhauses, die zu spät erkennt, was um sie herum geschieht. All das ergibt einen ziemlichen Horror-Quark, den ich erst mal durchschauen mußte. Kein leichtes Unterfangen. Auch weil dies der erste Film von und mit Paul Naschy (Drehbuch und Hauptrolle) war, den ich aus dieser Zeit gesehen habe. Zwar hab ich schon viel von Jess Franco aus den Siebzigern zusammengekratzt, konnte feststellen, daß „Die Stunde der grausamen Leichen“ in Richtung von Francos „Die Nacht der offenen Särge“ ausschlägt und dennoch ist er so ganz anders geworden. Blutiger, andersartig trashiger und somit auch auf andere Art und Weise charmant.
Betrachtet man aber „Die Stunde der grausamen Leichen“ ohne Vorurteile entfaltet sich ein wunderbar konfuser und überkandidelter Billigschocker mit herzlich schöner Musik und gelungenem und mitreißendem Finale. Und rückblickend läßt sich sagen, daß der Film doch nicht schlecht geworden ist. Ganz im Gegenteil, es entstand eine elegant exploitative Gruselgeschichte für die ich persönlich nur etwas meine Sichtweise ändern mußte um das Schöne in ihr zu erkennen.
Samstag, 10.06.2006/12:30 - 13:50 Uhr (zum ersten Mal gesehen)
#1064
Geschrieben 09. Juli 2006, 09:17
Regie: Jess Franco
Liebes Tagebuch...
Jess Francos Experimentierfreude treibt mal wieder seltsame Blüten. Sein Mix aus Vampirfilm und Western ist gewohnt billig, auf digitalem Material gedreht und als Kulisse diente der Vergnügungspark, den man schon in diversen späten Filmen Francos sehen konnte. Dennoch überrascht der Film mit einem außergewöhnlichen Ideenreichtum und einem seltsam guten Gespür für Bildkompositionen. Lina Romay in der Hauptrolle verliert sich in einem Strudel aus Fiktion und Realität und nur selten gehen mit Jess Franco die Pferde durch und er läßt eine überlange Sexszene vom Stapel, die den Film in eine pornografische Ecke drückt, wo er eigentlich nix verloren hätte. Nur dieses Fehlverhalten führt dazu, daß „Vampire Junction“ an dem vorbeischrammt, was er doch hätte sein müssen: Ein Meisterwerk.
Weiter gilt das, was ich geschrieben habe, als ich den Film zum ersten Mal gesehen habe.
Samstag, 10.06.2006/20:25 - 22:00 Uhr (zum zweiten Mal gesehen)
#1065
Geschrieben 09. Juli 2006, 19:13
Regie: Charles Vanel
Liebes Tagebuch...
Wieder mal ein Stummfilm, altmodisch aus heutiger Sicht aber für damalige Verhältnisse so bemerkenswert, daß man noch heute das Besondere an und in ihm erkennt. Besonders auch, weil er in mehreren Genres zu Hause ist. Was auf den ersten Blick als Ehedrama erscheint und beginnt wird zum wendungsreichen und überraschenden Psychothriller mit Horrorelementen.
Das Glück eines jungen Ehepaares scheint perfekt. Als jedoch der Mann (Charles Vanel) bei einem Grubenunglück schwer verletzt wird und von da ab sein Gesicht vollkommen entstellt ist, distanziert er sich von seiner Frau (Sandra Milovanoff), trägt den ganzen Tag eine Maske und verläßt nur im schützenden Dunkel der Nacht das Haus. Die frustrierte Ehefrau holt sich derweil einen Liebhaber in selbiges, doch eines schönen Morgens kommt der Ehemann früher als erwartet von der Nachtschicht zurück. Ein alptraumhaftes Beziehungsdrama nimmt seinen Lauf, in dessen Fortgang einer der drei Beteiligen tot auf den Boden fallen wird. Was auf den ersten Blick verwirrend erscheinen mag, ist clever erdacht und man wird im Laufe der kommenden Jahrzehnte der Filmgeschichte noch des Öfteren auf ähnliche Situationen stoßen. Alfred Hitchcock und Brian de Palma lassen grüßen und die beiden sind nur zwei von vielen Paradebeispielen, die sich für eine Vielzahl von solch ausgeklügelten Psychothrillern verantwortlich zeichnen. Natürlich basiert nicht jeder auf „Dans la Nuit“, aber Charles Vanel zeigte mit seinem Film schon lange bevor es andere machen konnten, was echte Abgründigkeiten bedeuten und wozu man Charaktere treiben kann, wenn man sie in besonders bösartig verzwickte Situationen fallen läßt. Da bleibt einem als Zuschauer nicht anderes übrig als mitzufiebern, mitzuleiden und mitzubangen und muß schlussendlich feststellen, daß man gehörig an der Nase herumgeführt würde. Wen man sich also angesprochen fühlte, als Brian de Palma beim Start von „Femme Fatale“ verlauten ließ, daß der Zuschauer mit verdeckten Träumen nicht gerne aufs Glatteis geführt wird, wird auch mit „Dans la Nuit“ und seiner Auflösung keine Freude haben. Alle anderen werden es Beschmunzeln, wenn sie erkennen, wie hinterhältig sie getäuscht wurden.
Cleveres Filmchen, daß, wie ich nachlesen konnte, mit bescheidenen Mitteln umgesetzt wurde und vollkommen auf die üblichen Zwischentitel verzichtet und stattdessen die wenigen erfahrenswerten Dialoge als, schau an - schau an, Untertitel im laufenden Bild erscheinen läßt.
Sonntag, 11.06.2006/12:45 - 14:00 Uhr (zum ersten Mal gesehen)
#1066
Geschrieben 10. Juli 2006, 21:41
Regie: Harald Reinl
Liebes Tagebuch...
Im dritten Teil der „Winnetou“-Trilogie kommt es, wie es kommen mußte. Winnetou wird in die ewigen Jagdgründe absteigen. Wie immer, im Kampf gegen böse Schurken aus der weißen Liga, abermals zu den Klängen der fantastischen Musik und erneut vor einer großartigen Kulisse, für die diesmal wieder jugoslawische Drehorte zur Verfügung standen.
Und als Winnetou das Zeitliche segnet, wirkt es weniger pathetisch als im ersten Teil, wo die Abschiede von seinem Ziehvater und seiner Schwester anstanden. Beim Abtritt einer so wichtigen Figur wie Winnetou sieht man über die Theatralik des Geschehens doch weitaus wohlwollender hinweg, als wenn dies mit Randfiguren im Schnelldurchlauf passiert. Zur Aufmunterung des Geschehens trägt nach Eddie Arent im zweiten Teil nun wieder Ralf Wolter bei. Wirklich schwer fällt der Abschied trotz tragischer Gestaltung nicht. Die Winnetou-Trilogie war nur die Basis für weitere Filme in denen Winnetou und Old Shatterhand Seite an Seite Abenteuer bestritten. Sie taten dies noch vor Abschluß dieser drei Filme und erst recht danach. Auf der Sequel/Prequel-Schiene fuhr man eigentlich ganz gut, bis 1998 mit „Winnetous Rückkehr“ der Kontinuität endgültig ein Strich durch die Rechnung gemacht wurde.
Schönes Kino aus Euroland - nicht wirklich umwerfend, aber makellos und könnerhaft (gibt es dieses Wort überhaupt?) in Szene gesetzt. Schön, daß es mal funktioniert hat und ich diese drei Filme nun auch mal sehen durfte.
Sonntag, 11.06.2006/14:30 - 16:00 Uhr (zum ersten Mal gesehen)
#1067
Geschrieben 15. Juli 2006, 11:28
Regie: Manfred Stelzer
Liebes Tagebuch...
Mord im Altenstift „Abendrot“. Die Hausärztin liegt tot im Garten. Doch auch der Tod so manch eines Bewohners läßt Fragen aufkommen. Ist das Personal einfach nur überfordert und die Ärztin wollte darauf aufmerksam machen, oder geht tatsächlich ein eiskalter Mörder um? Die Kommissare Ballauf und Schenk ermitteln. Nicht ohne auch persönlich von dem Fall betroffen zu sein. Freddy Schenks Großmutter wohnt ebenfalls in jenem Seniorenheim und Max Ballauf bekommt den Hund der ermordeten Ärztin aufs Auge gedrückt, der ihm brückenschlagend ebenso ein Klotz am Bein ist, wie so manch ein Pflegebedürftiger seiner Familie oder Betreuer.
Das Altenstift „Abendrot“ ist zwar nicht klinisch steril, dafür aber bedrückend düster in Szene gesetzt, was nicht weniger unangenehm auf den Zuschauer wirkt. Mahagoni-Vertäfelung so weit das Auge reicht. Hinzu kommen drastisch dargestellte Konflikte zwischen verwirrten Bewohnern und dem entnervten Personal. So ist es einzig dem niedlichen Hund vorbehalten, für etwas leichte Unterhaltung zu sorgen. Doch auch mit Vierbeinerbonus bleibt der Film unangenehm und aufwühlend. Das am Ende alles gut wird mag zwar klischeehaft sein, macht aber auch etwas den Kopf von beengenden Gedanken frei. Zurück bleibt ein guter Film, etwas zu sehr moralisch zwar, aber getragen von guter Inszenierung und großartig agierenden Darstellern.
Sonntag, 11.06.2006/20:15-21:45 Uhr (zum ersten Mal gesehen)
#1068
Geschrieben 15. Juli 2006, 11:29
Regie: Neil Marshall
Liebes Tagebuch...
Da haben wir es mal wieder: Was im Kino groß, umwerfend und nachhaltig beeindruckend war, läßt beim Wiedersehen im Heimkino ordentlich Federn. Das einstige Erlebnis konnte nicht herübergerettet werden. Das zieht immer und immer wieder eine Enttäuschung nach sich. Dennoch, den Film vorschnell zu verurteilen wäre falsch. Schon zu oft konnte mich spätestens die dritte oder vierte Sichtung von der damaligen Klasse des Films überzeugen. Warum also sollte das bei „The Descent“ nicht möglich sein?
Was ich bei dieser zweiten Sichtung besonders störend empfand war die Tatsache, daß es mir auf dem Bildschirm schwer fiel, den Personen und ihren Handlungen zu folgen. Alles war zu klein und die Gesichter der werten Damen ließen sich kaum identifizieren. Auch von den impressiven Bildern, getaucht in alptraumhaftes rot oder grün, blieb zu wenig übrig. „The Descent“ schaffte es aber erneut, mich gehörig zu erschrecken. Was die Stärke der Schocks angeht, und da bin ich mir sicher, gehört er zusammen mit „Shutter“ zu den creepigsten Filmen, die jemals das Licht des Kinoprojektors erblickt haben. So stark, so kräftig, so markerschütternd waren Schockmomente selten.
Freitag, 16.06.2006/21:25 - 23:00 Uhr (zum zweiten Mal gesehen)
#1069
Geschrieben 15. Juli 2006, 11:37
Regie: Jess Franco
Liebes Tagebuch...
Eine Reihe von Morden hält London in Atem, alle Opfer sind erstochen aufgefunden worden. Kommissar Redford von Scotland Yard ist mit der Klärung der Verbrechen beauftragt. Alle Untersuchungen führen zum gleichen Ergebnis: die Opfer wurden mit dem gleichen Messer erstochen und ein Fotograf bestätigt, daß der Täter Handschuhe getragen haben muß. Kommissar Redford stößt bei seinen Untersuchungen auf den Arzt Joshua Bladmore, in dessen Assistentin er sich verliebt. Bladmore ist verdächtig, als kurz nach einem Krankenbesuch der Patient auf gleiche Weise umgebracht wird wie die anderen Opfer. Bald darauf entdeckt Helen bei ihm einen Koffer voll Meskalin. Damit verdichtet sich der Verdacht, daß die Morde mit Drogenhandel zu tun haben. Redfords Bemühungen führen zu guter Letzt zu einem Ergebnis.
Was will uns diese Inhaltsangabe, zu finden auf der Rückseite der Videokassette von Toppic/Polyband, sagen? Offensichtlich, daß alle Untersuchungen zum gleichen Ergebnis führen und die Opfer mit dem gleichen Messer erstochen wurden. Der Verfasser hielt ebenfalls für erwähnenswert, daß der Täter Handschuhe getragen hat und daß ausgerechnet ein Fotograf dies bestätigen konnte. Auch ist es der zur Inhaltsangabe verdonnerten Person nicht schwer gefallen, in seiner Zusammenfassung unterzubringen, daß sich der Kommissar ganz nebenbei auch noch verliebt. Extrem wichtiger Bestandteil der Handlung. Jeder, der diesen Film gesehen hat, wird dem zustimmen. Hauptsache aber ist, daß Redfords Bemühungen zu guter Letzt zu einem Ergebnis führen. Es wäre sicher schwer gewesen, dies genauer zu beschreiben ohne gleich von A bis Z alles zu verraten.
Erschreckend oft steht Jess Franco mit seinem Namen als Regisseur am Ende ganzer Filmreihen. Auch bei den Edgar- und den Bryan-Edgar-Wallace-Filmen war dies der Fall. Für Artur Brauner, dem kleinen Bruder von Horst Wendtland, verfilmte er den Roman „Der Tod packt seinen Koffer“ mit gewohnt schlichten und naiven Mitteln, die so ganz anders anmuten als die früheren, weitaus bekannteren Filme dieser Reihe.
Also, im mordenden Mittelpunkt steht ein Messerwerfer, der jedoch nicht der der titelgebende Todesrächer ist, aber in dessen Auftrag er arbeitet. Ein Rätsel, was für Scotland Yard lange ein solches bleibt. Die tappen lange im Dunkeln und würden dies wahrscheinlich noch heute tun, hätte sich nicht Helen Reed bei Kommissar Ruppert Redford (kein Scherz!) gemeldet, weil sie auf Polizeifotos ihren todgeglaubten Mann erkannt haben will, der für das FBI einen Drogenring zerschlagen sollte. (James, wie dieser sich sichtbar schreibt, wurde in der Synchronisation jedoch unsinniger- und verwirrenderweise in Charles umgetauft). Zurück zum Drogenring, der interessanterweise jene Droge vertickt, der die bislang vier Opfer verfallen waren und von der Helens Chef, Dr. Bladmoore, eine nicht zu verachtende Menge im Arztköfferchen spazieren trägt. Und das ist erst der Anfang in diesem inhaltlich stark ausgeprägten, offensichtlich auf einer guten Kriminalvorlage basierenden Film, der seine liebe Mühe hat, all das seinen Zuschauern zu vermitteln. Daher rührt wohl auch der verquastete Klappentext auf der Videokassette, der mit belanglosen Nebensächlichkeiten die Zeilen füllt.
Jess Franco war nie ein Meister der Umsetzung von fertigen Geschichten. Aber Artur Brauner ließ sich von mit gleichen Makeln belasteten Filmen wie „Der Teufel kam aus Akasava“ nicht abschrecken und Franco durfte drehen, drehen und nochmals drehen (Parallel zu „Der Todesrächer von Soho“ muß „Dr. M schlägt zu“ entstanden sein) und er bescherte seinem Produzenten abermals ein inhaltliches Fiasko, was sich selbst nach dem Verlassen des Schneideraumes, wo ebenfalls ziemlich geschlampt wurde, nur als schwer durchschaubar erweist. In der Tat muß man teilweise einen ordentlichen Schnitt-Hickhack über sich ergehen lassen. Die Szenenwechsel sind katastrophal, die Bilder viel zu kurz und oftmals unsinnig. Hinzu kommen noch die krassen Fehler in der Tag/Nacht-Kontinuität. Von Lenkrädern, die aus englischer Sicht auf der falschen Seite zum Autofahren einladen ganz zu schweigen. Dennoch kann man dem Film eine gewisse Klasse und einen besonderen Charme nicht absprechen. Da wäre zum Beispiel die Musik von Rolf Kühn. Die erklingt psychedelisch, jazzig und leicht experimentell. Sie spiegelt ganz klar wieder, in welcher Zeit des Filmemachens wir uns befinden. Auch die Kameraarbeit bedeutet ein großes Plus für den Film. Verzerrte Perspektiven, schöne Kamerafahren, bizarre Drehorte und aus der Not heraus geborene Szenen mit Schulterkamera und der billigste Weichzeichner und Nebelmaschinen-Ersatz der Filmgeschichte setzten Akzente. Letzte Eigenschaften sind nicht wirklich gut im klassischen Sinne, aber unverfroren mutig weil billig bis zum Anschlag und dennoch innovativ. Oder hat jemand schon mal wo anders Nebel gesehen, der sich mit der Kamera bewegt? Und wem geht das Herz nicht auf, wenn in den Siebzigern in die absonderlichsten Laboratorien geschaut wird, wo rote Lämpchen an abstrusen Maschinen blinken und vier Wunderkerzen signalisieren, daß gerade ein wissenschaftlich extrem hochwertiger Vorgang vonstatten geht?
Bei all den Unterschieden zu früheren Wallace-Filmen, die sich hier auftun, wurde ein Aspekt beibehalten. Der Film braucht einen humoristischen Gegenpol, der meist als stichwortgebender Kompagnon dem Hauptdarsteller zur Seite steht. Die Rolle, die sonst Eddi Arent, Chris Howland oder Ralf Wolter bekommen hätte, gehört hier Luis Morris, der, und da haben wir es wieder, unüberhörbar von Hans Clarin überzogen lustig die Stimme geliehen bekam, damit sich der deutsche Zuschauer wenigstens ein bisschen heimelig fühlt. Was sich jener Zuschauer aber damals zu den seltsamen Geräuschen gedacht haben muß, die in menschliche Körper einstechende Messer verursachen, läßt sich heute, wo man akustische Vergewaltigungen aus Klamaukfilmen zur Genüge kennt, nur noch schwer beurteilen.
Abschließend noch ein paar Worte zu der nun auf DVD vorliegenden Fassung, die mit, soweit nicht durch Weichzeichner verfremdet, überaus positiver Bildqualität aufwarten kann. Dieses Master wurde wohl vor nicht all zu langer Zeit von cCc überarbeitet, was einen Verlust des Originalkinoformates, was 1,66:1 betragen haben muß, nach sich zog. Der Film selbst wurde um einen Abspann ergänzt. Leider nur mit wenig aussagekräftigen Videotiteln, was das Ganze ein wenig schal erscheinen läßt.
*Klick*
Samstag, 17.06.2006/13:00 - 14:20 Uhr (zum zweiten Mal gesehen)
#1070
Geschrieben 23. Juli 2006, 16:48
Regie: Jess Franco
Liebes Tagebuch...
Ich bin jedes Mal wieder aufs Neue überrascht wenn ich sehe wie unterhaltsam Jess Francos Räuberpistole vom in Südamerika abgestürzten Flugzeug geworden ist. „X 312 - Flug zur Hölle“ ist leichtbekömmliche B-Ware erster Güte. Ein wild zusammengewürfelter Haufen von Stereotypen, eine budgetmäßig nicht allzu belastende Portion von Action, Sex und Gewalt und eine ideenreiche Dramaturgie lassen die Dschungelsause zum genussvoll anspruchslosen Geheimtipp werden. In der Tat erfreuen die trashigen Details, die der teilweise in Rückblenden erzählten Geschichte nicht im Wege stehen, die das bunte Treiben im Urwald bereichern, wo es natürlich alles andere als friedlich zu geht. Ein paar wilde Compañeros machen den Abgestürzten ebenso zu schaffen, wie ein Koffer voller Diamanten, der den Selbsterhaltungstrieb eines so manchen flugzeugbrüchigen Zeitgenossen deutlich fördert.
Der Film ist, gemessen an dem Status den er erreichen sollte, rundum gelungen, in höchsten Maßen unterhaltsam und er taugte auch perfekt als Futter für jenen mittwöchlichen Videoabend, an dem keiner so recht wußte, was er sehen wollte.
Mittwoch, 21.06.2006/22:00 - 23:20 Uhr (zum wiederholten Male gesehen)
#1071
Geschrieben 23. Juli 2006, 16:51
Regie: Jean Rollin
Liebes Tagebuch...
Jean Rollin macht seinem Namen als Ausnahmeregisseur mal wieder alle Ehre. Mit Spätwerken ist es ja so eine Sache. Oftmals wird bemängelt, daß Filme diverser Altmeister nicht mehr den Ton früherer Werke treffen, was oftmals zu Ausrufen führt, der Filmemacher hätte sein Talent verloren oder sein Pulver verschossen. Viele dieser Zuschauer, mich natürlich nicht ausschlossen, trauern aber nur einer alten vergangen Zeit nach, die so war wie sie war und nie wieder so sein wird wie sie gewesen ist, weil Altes schon immer alt war und Neues lange braucht um alt zu werden. Die Miesere relativ junger Menschen? Vielleicht, aber da können wir uns ja in 50 Jahren noch mal darüber unterhalten.
Jedenfalls müßte „Draculas Braut“ jene Nostalgiker zufrieden stellen, denn zur großen Freude hat Jean Rollin seinen sehr eigenwilligen und auch schwierigen Stil nicht geändert. Alles blieb beim Alten. Gewohnt billig, gewohnt unrhythmisch, gewohnt publikumsunwirksamt, aber auch gewohnt kunstfertig zeigt sich dieser Film. Bizarre und undurchschaubare Charaktere lassen Raum für Spekulationen frei. Auch die Erzählung und die Handlungssprünge in ihr werfen viele Fragen auf und man müßte das Ganze als stümperhaft bezeichnen, wäre der Film nicht so innovativ und extravagant gestaltet. Damit spricht er sich von jeder Verpflichtung zur Logik oder Erklärung frei und katapultiert sich in den Bereich des Unantastbaren. Daß bei Jean Rollin auch gerne mal Langeweile aufkommt ist bekannt, zu verschroben und außergewöhnlich ist seine Art des Erzählens. Aber jede Länge hat ein Ende und alsbald folgt irgendein Detail, ein Bild, ein Trick oder eine Geste, die verdeutlicht, daß man Gnade walten lassen sollte, denn einen so antieffektiv eingesetzten Ideenreichtum gibt es nur selten.
Freitag, 23.06.2006/20:30 - 22:00 Uhr (zum zweiten Mal gesehen)
#1072
Geschrieben 23. Juli 2006, 19:19
Regie: Tim Sullivan
Liebes Tagebuch...
Was habe ich mich letztes Jahr geärgert, als ich friedlich aber überlang und gestresst von „Freeze Frame” auf der Couch den Schlaf der Gerechten schlief und dabei „2001 Maniacs“ verpasste. Dabei war ich nicht mal großartig neugierig auf den Film, wollte aber einfach um des Fantsay-Filmfests Willen ins Kino. Eine wirklich gute Vorstellung von dem Film hatte ich damals nicht. Der Programmtext ließ auf trashiges Splatterkino schließen und irgendwo hatte ich gehört „2001 Maniacs“ wäre auf Video gedreht worden. Billig an allen Ecken.
Weit gefehlt, wie ich nun feststellte, als ich die neue DVD erstmalig in den Player schob. Der Film stellte sich als rundum kompetent in allen Belangen heraus. Von guten Darstellern getragen, driftet die Geschichte in einen bizarren Südstaatenzirkus ab, in der keine politische Unkorrektheit ausgelassen wird. Weniger wird dabei auf krude Splattereffekte Wert gelegt, als auf das Zelebrieren von bösen Scherzen vor der Kulisse einer Backwood-Puppenstube. Besonderen Spaß bereiten dabei das Südstaatenkönigspaar Robert Englund und Lin Shaye, die eine wunderbare Performance aufs Parkett legen. Zielsicher sorgen ein paar derbe aber nicht übermäßig schlimme Schocks für Kurzweil und trotz ein paar würdevoller Spannungspassagen überwiegen die schwarzhumorig respektlosen Aspekte in diesem durch und durch als positiv zu bewertendem Film.
Recht hatte der, der im Making-of erwähnte, daß man früher mit Torten war und sie es heute mit Köpfen taten. Von solch gelungenen und qualitativ hochwertigen Spaßgranaten abseits des Normalen wünsche ich mir mehr. Mal sehen, was das diesjährige Fantasy-Filmfest so bringt...
Sonntag, 25.06.2006/13.50 - 15.15 Uhr (zum ersten Mal gesehen)
#1073
Geschrieben 25. Juli 2006, 19:03
Regie: Wolfgang Murnberger
Liebes Tagebuch...
„Silentium“ war erneut ein großer Spaß. Das hat vielerlei Gründe. Sicher liegt es an der Erzählung, die reich an Facetten ist und ein abermaliges Anschauen des Filmes auch nach kurzer Zeit problemlos möglich macht. Zu faszinierend und ideenreich bekommen satirisch angreifbare Institutionen ihr Fett weg. Die Umsetzung ist ebenso charismatisch, wie frech und tabulos, daß man sich dem ruppigen aber dennoch wohligen Charme des Filmes nicht entziehen kann.
Jedes schillernde Detail einzeln zu erwähnen, wäre ebenso überflüssig wie verlorene Liebesmüh. Vielmehr genügt doch der Hinweis, daß es hier viel zu entdecken gibt. Und auch wenn einem so mancher Lacher wegen diverser Boshaftigkeitsattacken im Halse stecken bleibt, überwiegt am Ende doch das Gefühl perfekt unterhalten worden zu sein. Nicht zuletzt geschehen durch die charismatische Erzählstimme, die gerne darauf hinweist, es sei schon wieder was geschehen, in Salzburg. Großes und immer wieder erwähnenswertes Lob verdienen auch die Autoren Josef Hader und Wolfgang Murnberger, die ein großes Werk in Sachen publikumswirksamer Unkonvention geschaffen haben.
Mittwoch, 27.06.2006/21:00 - 22:50 Uhr (zum zweiten Mal gesehen)
#1074
Geschrieben 02. August 2006, 23:29
Regie: Tim Burton
Liebes Tagebuch...
Unvergleichlich schöner Tränenzieher, voller Glanz und so prall von Phantasie getragen, daß es eine wahre Pracht ist. Die Geschichte ist geradezu prädestiniert für Tim Burton und dessen unbändigem Einfallsreichtum, mit dem er Filme immer wieder zum Strahlen bringt. Mit Bravour hat er sich mit „Big Fish“ nun auch als gefühlvoller und emotioneller Filmemacher einen Namen gemacht. Wie aus dem Handgelenkt geschüttelt kombinierte er Lachen und Weinen mit seiner Vorstellung einer phantastischen Welt.
Nirgendwo anders wurde bislang schöner gestorben als bei „Big Fish“. Dem Tabuthema Tod näherte man sich hier auf so herzliche Art und Weise, daß man einfach nur noch gerührt sein kann. Gerührt ob der schönen Bilder, gerührt ob der großen Gesten, gerührt ob der fröhlichen Traurigkeit.
Als jüngst Else Kling verstorben ist, glaubte ich darin einen ebenso schönen, fast märchenhaft gestalteten Tod zu erkennen. Fernab der Realität voller Selbstreflexion und Ironie. So was bringen wohl nur waschechte Geschichtenerzähler zu Stande...
Samstag, 01.07.2006/13:45 - 15:45 Uhr (zum wohl fünften Mal gesehen, just an dem Tage, an dem ich „Harry Potter und der Orden des Phönix“ zu Ende gelesen habe)
#1075
Geschrieben 02. August 2006, 23:29
Regie: Bill Condon
Liebes Tagebuch...
Der Film erzählt in ruhigen und unspektakulären Bildern die Geschichte des gealterten James Whale, seines Zeichens unwiderruflich als der „Frankenstein“-Regisseur schlechthin bekannt. Man erfährt wie er selbstgefällig sexuelle Kontakte knüpft und angewidert auf das Geschehen im Hollywood der Fünfzigerjahre reagiert. Ein neuer Gärtner, der bei ihm den Rasen mäht, weckt jedoch mehr als nur Begehren in ihm und bald entsteht eine ebenso zerbrechliche wie auch loyale Freundschaft.
Wunderbar schöne Erzählung voller innerer Spannung und mit Liebe fürs Detail gestaltet. Eine Liebe, die man besonders gern zu schätzen weiß, wenn einem auch die alten Frankenstein-Filme am Herzen liegen, denn man kann beobachten, wie sich die Filmemacher bemühten, Darsteller und Kulissen in diversen Rückblenden nicht nur naturgetreu sondern auch liebevoll an Filme wie „Frankenstein“ und „Frankensteins Braut“ anzupassen. Getragen wird der Film natürlich von Ian McKellen und seiner großflächigen Darstellungskraft. Auch wenn der Film meist nur leise Töne anschlägt, weiß er zu begeistern und überzeugt durch anspruchsvolle Kurzweiligkeit.
Sonntag, 02.07.2006/20:50 - 22:30 Uhr (zum ersten Mal gesehen)
#1076
Geschrieben 10. August 2006, 21:19
Montag, 03.07.2006/20:45 - 22:10 Uhr (zum zweiten Mal gesehen)
#1077
Geschrieben 10. August 2006, 21:20
Regie: Robert Moore
Liebes Tagebuch...
Endlich hat es dieser Film auch zu mir geschafft und obwohl ich schon so einiges über ihn gehört habe, sorgte er für eine große Überraschung. Der Autor Neil Simon war mir natürlich bekannt, aber ich ahnte nicht, daß er im Stande ist, einen solch perfekten Unsinn zu schreiben. Gemessen am Produktionsjahr 1976 stellt dieser Deluxe-Klamauk einen Quantensprung für das Komödiengenre dar. „Eine Leiche zum Dessert“ kommt geleckt und perfekt wie eine Komödie von Billy Wilder daher, doch sein Humor ist so ver- und überdreht, so unkonventionell, daß es dieser Film gewesen sein muß, der Jim Abrahams, David Zucker und Jerry Zucker dazu animierte die„Unglaubliche Reise in einem verrückten Flugzeug“ zu drehen.
Vollgestopft mit Wortwitzen und bizarren Scherzen überrollt den Zuschauer eine ein irres Tempor vorlegende Spaßwelle, die nur schwer zu toppen ist. Und mittendrin stehen hochdekorierte Darsteller, die in ihrer schier unbändigen Spielfreude sämtliche Hemmungen ablegen und sich dem Klamaukwahnsinn hingeben. „Eine Leiche zum Dessert“ - ein Film der seiner Zeit weit voraus war.
Mittwoch, 05.07.2006/21:45 - 23:15 Uhr (zum ersten Mal gesehen)
#1078
Geschrieben 10. August 2006, 21:23
Regie: Peter Sasdy
Liebes Tagebuch...
Psychologie eines Mordes. Das ist es, was Dr. John Pritchard am stärksten interessiert. Deshalb holt er sich auch die geheimnisvolle Anna ins Haus, in deren Umfeld einige Morde geschahen. Nicht ahnend, daß Anna die Tochter des Leibhaftigen ist. Jedoch ist jener Leibhaftige nicht der, der aus der Hölle kommt, sondern der, der als berühmtester und sagenumwogenster Verbrecher in die englische Geschichte einging, der den man Jack the Ripper nannte, der, der zwar längst schon tot ist, der, dessen mordlüsterner Geist aber in seiner Nachkommin weiterlebt und gerne mal Besitz von ihr ergreift und durch sie nach Belieben weiter tötet.
„Hands of the Ripper“, ein später aber noch immer stimmungsvoller Film aus den Hammer-Studios, der geschickt den Jack-the-Ripper-Mythos weiterführt und stilvoll teils ziemlich derbe Bluttaten mit übersinnlichen Zutaten verbindet. So kommen sowohl Horror- als auch Gruselfreunde auf ihre Kosten. Auf bekannte Gesichter muß man jedoch verzichten. Das Budget muß wohl zu einem großen Teil für die aufwendigen Kulissen und Kostüme draufgegangen sein, daß üppig und glaubhaft das London auf den Straßen und in den Häusern zu Beginn des 20sten Jahrhunderts porträtiert.
Von ein paar Logikfehlern am Ende abgesehen, wo zum Beispiel suggeriert wird, daß eine Blinde wohl auch taub sein muß, weil sie auf Zurufe nicht reagiert, hat man mit „Hände voller Blut“ rundum gelungenes englisches Horrorkino mit einem fast schon poetisch tragischen Finale in der Flüstergalerie der St. Pauls Cathedrale vor sich.
Samstag, 08.07.2006/13:50 - 15:15 Uhr (zum ersten Mal gesehen)
#1079
Geschrieben 10. August 2006, 21:28
Regie: Geoffrey Wright
Liebes Tagebuch...
Dieser Fahrwasser-Slasher nimmt sich vor, die Regeln, die durch die ersten beiden „Scream“-Filme manifestiert wurden, mit satirischen Seitenhieben zu brechen, ohne aber das Genre verlassen zu wollen.
Ein Mörder geht um ihn Cherry Falls, einer kleinen verschlafenen Stadt in Virginia. Ausschließlich jungfräuliche Teenies fallen dem maskierten Übeltäter zum Opfer. Als die Polizei die Bürger darüber informiert, kommt es wie befürchtet oder erhofft. All das junge Gemüse in Cherry Falls trifft sich in einer Waldhütte zur Massenvögelei.
Das Umkehren der Vorzeichen ist die an sich geniale Grundidee von „Cherry Falls“, in Deutsch etwas direkter mit „Sex oder stirb“ betitelt. Geschlechtsverkehr als Lebensrettung, undenkbar in jedem Slasher-Film seit „John Carpenter’s Halloween“, wo noch politisch höchst korrekt übermütige Teenager für ihre Taten bestraft wurden. Was aber nützt eine geniale Grundidee, wenn die Umsetzung dieser nicht gerecht wird? Bittere Wahrheit bei diesem Film. Der Film war seiner Zeit nicht voraus, und auch Regisseur und Drehbuchautor fehlte es nicht an der erforderlichen Anzahl guter Ideen. Obwohl „Cherry Falls“ nicht vom Grat eines Slashers abweicht sondern nur die Positionen etwas verdreht, war die Produktion dieses Filmes im Heimatland des Slashers, der aus dem europäischen Giallo heraus geboren war, nur begrenzt möglich. Im Land der unbegrenzten Prüderie ließ sich die Idee vom lebensrettenden Geschlechtsverkehr nur unter vorgehaltener Hand realisieren. Der Film ist unübertünchbar gebrandmarkt, weil man ohne größere Anstrengungen erkennt, daß er vor Veröffentlichung extrem gekürzt wurde. Und die Kürzungen fanden auf allen Ebenen statt. Viele Szenen wirken unausgegoren und so manche Übergänge fahrig. Bei brenzlig brutalen Aufnahmen wird generell weggeblendet oder der Ort der Handlung gänzlich verlassen. Ein finaler Fenstersturz, der die erlösende Befreiung vom Jungfrauenjäger hätte werden sollen, endet abrupt und unbefriedigend. Die großangelegte Massenvögelei wird zum Vorabend-Petting in Bikini und Boxer Shorts. Genau die Dinge, die dieser Film karikieren wollte, wurden ihm zum Verhängnis. Die Zwangsjacke, in der „Sex oder stirb“ steckt ist sogar so stark festgezurrt, daß heute, sieben Jahre nach Fertigstellung eine neuerliche Umsetzung durchaus denkbar wäre, hätte nicht aber das Terrorkino dem Slasher den Rang abgelaufen.
Sonntag, 09.07.2006/14:15 - 15:45 Uhr (zum zweiten Mal gesehen)
#1080
Geschrieben 10. August 2006, 21:37
Regie: David Slade
Liebes Tagebuch...
Beginnt ein Film mit dem Lionsgate-Logo besteht berechtigter Anlass zur Sorge. Sorge um den allgemeinen Gemütszustand des Zuschauers und Sorge um den allgemeinen Gesundheitszustand nicht nur des Zuschauers, sondern auch um den der Charaktere. „Hard Candy“ paßt sehr gut in die Sparte von Film, die Lionsgate zur Zeit auf sein Publikum los läßt. Auch wenn es auf den ersten Blick nicht so aussieht, „Hard Candy“ tritt im Laufe seiner Spieldauer enorm nah an die Menschen heran - an 50 Prozent davon, nämlich uns Männer, noch ein kleines bißchen näher. Paradoxerweise wurde mir der Film von einer Frau mitempfohlen, die sarkastischerweise das Horrorgenre nicht ihr Eigen nennt, mit einer Portion Kunst aber wohl umzugehen weiß. Nun, der künstlerische Aspekt des Filmes ist nicht zu verachten, aber das immer drastischer werdende Psychoduell nahm mich doch weitaus mehr in Beschlag. Anbei übersende ich hiermit die besten Grüße an das Phantasie- und Vorstellungszentrum meines Gehirnes, welches mal wieder ganze Arbeit geleistet hat und auch an den Regisseur David Slade, der, fröhlich wie ein Schuljunge sich die Hände reibend, nur das Eine wollte, nämlich Phantasie und Vorstellungen seiner Zuschauer zu animieren und jenen Sektor im Gehirn zu Höchstleistungen zu bringen.
Ausgefeilte technische Spielereien unterstützen dabei das Geschehen und geben dem Film einen vorteilhaften anspruchsvollen Touch. Die Kamera saust mal schwindelerregend, mal ruhig und mal flirrend durch die in ihrer Farbgebung beängstigend eigenwilligen Kulissen. Wohldosiert eingesetzt ertönt hie und da enervierende Musik und die Beleuchtung schafft Stimmungen die in Sekundenschnelle von himmelhochjauchzend zu zum Tode betrübt wechseln. Und mitten drin der Kampf der Geschlechter, der Kampf zwischen Jung und Alt, zwischen Gut und Böse, ständig die Rollen wechselnd, der Kampf zwischen Macht und Ohnmacht. Schweißtreibende Schreie erschütterten das Kino, erschütterten meine Ohren. Erschreckende Machtkämpfe spielten sich vor meinen Augen ab, die, gebannt von dem Geschehen, nicht ablassen konnten, um die nächste Wendung zu verfolgen, um die nächste Tortur aufzunehmen, um in den nächsten Abgrund zu blicken.
Bleibt zum Schluß die Frage, in wie weit das ganze Spektakel noch als realistisch zu bezeichnen ist. Schließlich wird so viel aufgedeckt, daß nur ein gewiefter Drehbuchautor und nicht das wahre Leben dies alles erst verpacken und dann Schritt für Schritt zugänglich machen konnte. Aber Realismus hin oder her, als Film gesehen, und das ist „Hard Candy“ nun mal, ist dieses Werk ausnahmslos ein großer Wurf. Ein spannend bis zum Anschlag und brutal erotisches Spiel, welches nicht erahnbare Ausmaße annimmt. Diese muß man gar nicht erst näher beschreiben, denn die Überraschungen, die dieser Film bietet, machen es ihn erst so richtig Wert, gesehen zu werden.
Dienstag, 11.07.2006/21:25 - 23:05 Uhr (zum ersten Mal gesehen)
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