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This is not an exit


171 Antworten in diesem Thema

#31 bateman23

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Geschrieben 21. Oktober 2003, 11:47

"Jetzt geht die Scheiße erst so richtig los!"

Bad Boys 2
(12.10.2003 - Kino Lux Wiesloch)


Jerry Bruckheimer - wahrscheinlich der meistangefeindete, als auch der erfolgreichste Produzent Hollywoods. Michael Bay - wahrscheinlich der meistangefeindete, als auch der - na ja das war es eigentlich schon - Regisseur Hollywoods.
Acht Jahre nach dem ersten Teil findet sich das Erfolgsduo wieder zusammen, um einen Nachfolger des Actionkrachers Bad Boys aus dem Boden zu stampfen. Und, wie nicht anders zu erwarten, bekommt man hier altbewährtes zu sehen.

Eigentlich wollte ich an dieser Stelle schnell die Story paraphrasieren, aber ich weiß gar nicht mehr, um was es überhaupt ging. Irgendwie um Drogen, schnelle Autos, Frauen, Gangster und coole Bullen.. Das übliche eben. History’s repeating!
Und eigentlich ist mir ja auch bekannt, dass man bei Bruckheimer-Filmen den gesunden Menschenverstand besser zu Hause lässt, einfach konsequent das Gehirn abschaltet, und sich über das gebotene Tohuwabohu auf der Leinwand freut. Der Mann serviert nun einmal reinstes Popkornkino. Jedoch ist mir das Abtauchen (wieder einmal) nicht gelungen. Zeitweise kommt sogar ein wenig Langeweile auf. Immer wieder Verfolgungsjagden, coole Sprüche und Schießereien, das ermüdet auf Dauer doch etwas. Und nicht nur das. Wenn, getreu dem Motto schneller, höher, weiter - ich möchte ergänzen: teurer. Ganze Wagenladungen nagelneuer Nobelkarossen verschrottet werden, stellen sich mir die Nackenhaare auf. Dass Bruckheimer Filme nicht kleckern, sondern klotzen, das war schon immer so. "Sie hingen immer dem Credo an, dass man sehr viel Geld ausgeben muss, um noch größere Unmengen zu erwirtschaften. Es sind Filme, zu deren Wirkungsmechanismen es unverzichtbar gehört, auch zur Schau zu stellen, wie TEUER sie waren. Filme, die mit der in sie investierten Wirtschaftsmacht protzen." (1) Mir stellt sich dann immer nur die lapidare Frage: Könnte man das Geld nicht sinnvoller investieren? An dieser Stelle komme nicht darum herum einmal die RNZ zu zitieren: "Jetzt geht die Scheiße erst so richtig los!" meint Martin Lawrence, als man den Film nach zwei Stunden beinahe schon am Ende wähnt. Wie wahr, wie wahr. Alles, was sich nach diesem Spruch abspielt, ist unfassbare, erzreaktionäre Wirrnis, auf Film gebannt. (...) Die blindwütig um sich schießenden, aber sonst sehr netten Cops werden zu Clowns degradiert, wenn sie mit Kriegsbemalung im Gesicht gen Kuba fliegen, als befände sich der Kalte Krieg gerade auf seinem Höhepunkt."

Wohlwollend könnte man sagen Bay bleibt sich treu, mich beschlich mehrmals der Gedanke, dass sich der Herr vielmehr mit Begeisterung selbst zitiert. Und seltsamerweise kamen mir beim Betrachten des Films Assoziationen zu Ed Wood, zu dem ich ja geschrieben habe "Er schneidet hemmungslos Archivszenen zu komplett neuen Filmen um." Wie dem auch sei: Wenn Herr Bay in einem Interview sagt: "I hate to see my films (..)"(2) , dann geht es ihm ein wenig wie mir.....



Anmerkung:
Fast besser amüsiert als beim Filmschauen, habe ich mich beim Lesen folgender Kritiken, die ich ans Ende meiner Betrachtungen stellen will - weil ich es selbst hätte besser gar nicht sagen können:
http://www.artechock...tik/b/babo2.htm
http://www.faz.net/s/Rub8A25A66CA9514B9892...n~Scontent.html




(1) http://www.dvdreview.com/html/dvd_review_-...interview.shtml - verkürztes Zitat, komplett lautet es: "Of course, Michael Bay hates it every time he sees a mutilated film on TV, intersected with an endless array of commercial breaks. "I hate to see my films like that, but I also understand that many people just don’t care. They appreciate great sound and visuals, but they don’t really care about the filmmaking details."
(2) http://www.artechock...tik/b/babo2.htm


#32 bateman23

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Geschrieben 24. Oktober 2003, 22:24

“It's not paranoia if they're really after you.”

Enemy of the State
(14.10.2003 - DVD)


“Big Brother is watching you“ - Wer kennt es nicht. Das Zitat aus "1984". Das im Jahre 1949 erschienene Buch, in dem George Orwell eine düstere Zukunftsvision von einer Welt beschreibt, in der die Vergangenheit ausgelöscht und jeder Winkel der menschlichen Persönlichkeit unter strenge obrigkeitliche Kontrolle gestellt ist. Im Jahre 1998 nahm sich Hollywood wieder einmal dem Thema an. „Der absolute Überwachungsstaat aus Orwells’ 1984 findet sich dieses mal unter dem liberalen Deckmantel einer an wirtschaftlichen Interessen orientierten Demokratie.“ Tony Scott lässt in seinem Film „Staatsfeind Nr. 1“ Will Smith nicht mehr unbeobachtet. Hetzt ihn durch das bläulich schimmernde, nächtliche Washington…

Robert Clayton Dean ist ein erfolgreicher Anwalt. Sein Leben verläuft in geordneten Bahnen, alles scheint perfekt. Er wohnt mit seiner schönen Frau und seinem kleinen Sohn in einem netten Haus im friedlichen Vorort von Washington DC. Als er zufällig einem alten Freund über den Weg läuft, oder vielmehr von ihm über den Haufen gerannt wird, ändert sich dieses beschauliche Leben schlagartig.
Er verliert alles, was ihm lieb und teuer war. Er wird unfreiwillig Gejagter und gerät in die Schusslinie der NSA. Genauso unfreiwillig kommt er mit seinem anonymen Informanten Brill in näheren Kontakt – und dieser entpuppt sich als sein einziger Weg zurück in die Freiheit….



Ich bin positiv überrascht, soviel sei einfach herausposaunt. Nach dem „Bad Boys 2“-Desaster war ich nicht sonderlich gut auf die Namen Bruckheimer und Smith zu sprechen. Doch wurde ich durch diesen Film wieder ein wenig besänftigt. Jerry Bruckheimer kann auch interessante und intelligente Filme produzieren, und Will Smith mehr oder minder ernste Rollen übernehmen. Das ganze wirkt hier wie eine bunte Mischung aus dem Hitchcock’schen Thema der verlorenen Identität, dem üblichen Polit-Thriller und der Ästhetik des früheren Werbefilmers Tony Scott. Und Scott-typisches gibt es von Anfang an. Atemlose Bilder, hektische Schnitte, Hochglanzoptik. Ein wenig habe ich mich an „Spy Game“ erinnert gefühlt – nur dass die Szenen statt in orangenes in blaues Licht getaucht sind. Und irgendwie passt es hier sogar, wenn eine typische Verschwörungstheorie der Populärkultur von einem typischen „Pop-Regisseur“ umgesetzt wird.

Nur schade, dass sich bei mir bei Tony Scott-Filmen immer eine gewisse Gleichgültigkeit einstellt. – Sowohl gegenüber der Inszenierung als auch gegenüber der Thematik. Und so komme ich auch hier zum Schluss: Ganz netter Film, der jedoch an andere Vertreter der totalitären Staatsvisionen, wie z.B. Brazil nicht heranreicht. (Obwohl ich mir immer noch nicht ganz sicher bin, ob man diese Filme überhaupt miteinander vergleichen kann!) Aber wenn wir gerade bei Vergleichen sind: Am Ende des Films schoss mir unwillkürlich der deutsche Spielfilm „Das Millionenspiel“ durch den Kopf. – Doch dazu in einem späteren Tagebuch-Eintrag mehr….



#33 bateman23

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Geschrieben 01. November 2003, 15:39

“Revenge is a dish best served cold.”

Kill Bill: Vol. 1
(28.10.2003 – Kinopolis Viernheim)


“Bang bang, he shot me down
Bang bang, I hit the ground
Bang bang, that awful sound
Bang bang, my baby shot me down.”
(Nancy Sinatra – opening of Kill Bill)



„oh man, wie geil.“ :love: :cry:
Und nun, um den verwunderten Tagebuchleser nicht im Dunkeln tapsen zu lassen, bringe ich Licht in die Angelegenheit. Der Grund, der mich zu solch unqualifizierten Äußerungen und zum Einsatz der verhassten Smilies in meinem Filmtagebuch hinreist, heißt „Kill Bill“. Und trotz meines inneren Widerstrebens ein „Review“ mit dieser Art von Wertung zu beginnen, trifft sie meine Eindrücke und meine Gefühle zu „Kill Bill“ doch am ehesten. Doch der Reihe nach:

Nach Jacky Brown und einer 6-jährige Schaffenspause kommt nun also der gehypte vierte Film von Tarantino in die Kinos. Und wieder, wie schon bei Pulp Fiction trotzt der Film als Gesamtwerk jeglichen Konventionen. Doch war Pulp Fiction sowohl eine sehr streng konstruierte Geschichte mit Epilog und Prolog, als auch ein rebellischer Bastard in der Missachtung der Chronologie der Abläufe, so ist die Story hier geradliniger und weniger konstruiert. Allerdings hat das einen einfachen Grund: Es gibt keine große Handlung. Die Geschichte selbst lässt sich mit wenigen Worten zusammenfassen. Und genaugenommen macht das der Film sogar selbst. Ganz am Anfang, die Leinwand ist noch schwarz, die Ruhe wird nur unterbrochen durch die Einblendungen des Casts und durch oben zitierten Song von Nancy Sinatra: „Bang bang, he shot me down.“
„Die von Thurman verkörperte Hauptfigur, die einfach „The Bride“ heißt, wird an ihrer Hochzeit von einem Killer-Kommando, dem sie selbst einmal angehörte, niedergemäht; inklusive Ehemann, ungeborenem Kind und Hochzeitgesellschaft. Vier Jahre später erwacht sie aus dem Koma und hat nur eines im Sinn: Rache.“ - Kill Bill ist ein typisches Revenge-Movie. Wie auf einer Einkaufliste werden die „Feinde“ abgehakt, einer nach dem anderen muss das zeitliche segnen….

Genauso, wie der Film an sich einen eigenständigen Charme entwickelt, ist er ein Patchwork von Genre-Archetypen. Der bekennende Filmfan Tarantino zitiert wie ein Berserker, würfelt die Genre wild durcheinander und bekundet so seine Liebe zu den ausgemusterten B-Movies Hollywoods und den Samurai-Filmen aus Fernost. Da steht der Spaghetti Western neben dem Blaxploitation-Flick. Da gibt der unterkühlte Thriller dem überspitzten japanischen Anime die Klinke in die Hand. Wie der Shaw Brothers Schriftzug am Beginn des Films erahnen lässt, haben natürlich Martial-Arts Filme einen bedeutenden Einfluss. Ganz offensichtlich wird dies am Ende, als Martial-Arts Legende Sonny Chiba auf den Plan tritt, und Uma Thurman in alter Bruce Lee Manier wütet. Ich persönlich fand es nur ein wenig schade, dass Reminiszenzen an das zeitgenössische Hongkong-Cinema à la John Woo fehlen. Nun ja vielleicht darf man sich ja darauf im zweiten Teil freuen.

Tarantino erschafft wieder einmal einen ultracoolen Mikrokosmos, in der die Figuren losgelöst von der Realität agieren, töten ohne mit Konsequenzen rechnen zu müssen (außer vielleicht mit dem gleichen Schicksal der getötet-werden), in einer riesengroßen Seifenblase leben.
Die Gewalt wird stilisiert, wird selbst zum künstlerischen Gestaltungsmittel und ihr durch den comichaft-übertriebenen Stil unmissverständlich die Schärfe genommen. Das ganze wirkt weniger brutal oder effekthascherisch und reißerisch als vielmehr ästhetisch und „traumhaft“. Wenn Uma Thurman Amok läuft, man jedoch keinen Tropfen rotes Blut sieht, sondern nur schwarz-weiß Bilder dann wirkt das einfach nur noch schön. Doch diese Stilisierung kann man noch steigern: Ein Wimpernschlag, ein Schnitt. Die ehemals schwarz-weißen Bilder werden farbig, aber nur für den Bruchteil einer Sekunde, um gleich im darauf folgenden Moment in ein dunkles blaues Schattenspiel überzugehen. (Anmerkung: Da kommt mir doch sofort Samurai Fiction ins Gedächtnis). Generell schwelgt die Kamera in stylischen Kulissen, das Set-Design ist einfach atemberaubend – Man denke nur an den Garten des ‘House Of Blue Leaves'. Und auch bei diesem Werk ist – wie bei allen Tarantinos – der Soundtrack gigantisch. Er untermalt nicht nur das Geschehen, er treibt es regelrecht voran und kommentiert es. Gleichsam auch hier, wie in der Bilderflut, der Clash of Cultures. - East meets West. Ein buntes Durcheinander auf das man sich einlassen muss.

Kaum ein anderer als Quentin Tarantino schafft es Mord und Gewalt so zu stilisieren und für ein breites Massenpublikum zugänglich zu machen. Er reiht sich damit ein in die Riege der „Gewalt-Poeten“ wie John Woo oder Takeshi Kitano.
Und kaum ein anderer schafft es, mich in eine derart naive – ja nahezu kindliche – Begeisterung zu versetzen. So pervers es klingt: Man freut sich über das Gemetzel auf der Leinwand, über die rollenden Köpfe, die schmerzverzerrten Gesichter. Und man beginnt das Gefühl der Rache in sich aufzusaugen. Rache ist süß……
Das der Rache immanente Problem ist die fehlende Reflexion. Man denkt nicht groß über sein Handeln nach, wird von blinder Wut getrieben und agiert losgelöst von jeglichem moralischen Kontext. Eben dieses Problem zeigt sich auch in Kill Bill. Die Story ist sehr dürftig, ja eigentlich gar nicht vorhanden. Und so muss ich sagen, habe ich dieses Kinojahr schon interessantere Filme gesehen, bestimmt auch bessere. Aber keinen, der so kompromisslos ist. Der einfach naiv Spaß macht, und einem vor Freude unruhig auf dem Kinosessel hin und herrutschen lässt.

Hollywood wirft man oft vor es wäre nicht mehr fähig Innovationen hervorzubringen, neue, atemberaubende Momente zu erschaffen. Und genauso wirft man Quentin Tarantino schon immer vor, er zitiere nur immer wieder sich selbst, reihe wahllos austauschbare Versatzstücke aneinander. Mit Kill Bill ist dieser Kritikpunkt noch lauter in die Welt geschrieen worden. Doch Tarantino hat die Kunst des Zitats perfektioniert. Dieses Aneinaderreihen, dieses Verweben und „Verwursteln“ von Genre, von unvergesslichen Momenten der Filmgeschichte – das war das Ziel Tarantinos: Ein Film, der Filme zitiert. Eine Hommage. Ein Werk eines Filmfans für Filmfans. Und so sieht man über all diese Kritikpunkte gerne hinweg. Sie gehen schlichtweg unter in der grellbunten Optik, in dem Spaß und in der reinen Freude die der Film bereitet. Und genauso wie der Soundtrack an einer Stelle die Zeilen von Santa Esmeralda schmettert „Please don’t let me be missunderstood“, so sollte man auch Tarantino nicht missverstehen. In diesem Kontext bleibt einem nichts mehr anderes, als die Worte: „Oh man, wie geil." :love: :cry:



#34 bateman23

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Geschrieben 04. November 2003, 14:59

“Revenge is (still) a dish best served cold.”

Kill Bill: Vol. 1
(2.11./3.11.2003 – Cinemax MA)

Klappe die Zweite, und ein drittes Mal noch hinterher.....
Auch beim wiederholten Male macht Kill Bill noch Spaß.
Weitere Anmerkungen meinerseits gibts hier



#35 bateman23

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Geschrieben 29. November 2003, 19:41

10 Tage Filmfestival Mannheim-Heidelberg sind vorüber. Nach über 20 gesehenen Filmen wird es Zeit die Notizen rauszukramen und Resümee zu ziehen. Am 20.11. startete das Festival für mich mit "Welt der Liebe", einem Film über das Leben Pasolinis....


"Entweder geh´ ich an der Welt kaputt oder die verdammte Welt an mir." (Accatone, Pasolini)

Welt der Liebe – Pier Paolo Pasolini
(20.11.2003 - Filmfestival)


Liebe und Pasolini in einem Satz? Das klingt für mich äußerst seltsam. Mag damit zusammenhängen, dass ich bisher nur sein äußerst umstrittenes Werk "120 Tage von Sodom" gesehen habe. - Und mit Liebe, und schöne, heile Welt hat das wahrlich wenig zu tun. Die Geschichte aus der "Republik von Salò", jenem von den Deutschen 1944/45 gesicherten Rest des faschistischen Italien, wo eine Gruppe sadistischer Großbürger junge Frauen und Männer zu Tode quält, war 1976 stark umstritten, und ist es heute noch. Der Film wurde von Staatsanwälten mehrfach beschlagnahmt und war zeitweise ganz verboten...

...und auch in diesem Film bleibt die „Welt der Liebe“ eine Illusion, ein bloßer Tagtraum. Zu Anfang sehen wir minutenlang dem Treiben auf einem Fest zu: zu wunderschöner Musik tanzen die Gäste, scheinen mal glücklich, mal ausgelassen, mal nahezu apathisch, der Realität entrückt – lassen sich wie Puppen vom Takt der Musik trage und tauchen ab. Für einen Gast wird das spätere wieder auftauchen sein Leben verändern: Der junge Lehrer Pier Paolo Pasolini wird jenen schicksalsträchtigen Tag im Jahre 1949 als einen Wendepunkt in seinem Leben in Erinnerung behalten. Er wird wegen Verführung Minderjähriger von der Polizei verhört, da er sich bei dem Fest an einigen Jugendlichen vergriffen haben soll. Zwar gibt es keine Beweise, auch hat ihn niemand angeklagt, doch manchmal wiegt der bloße Dorfklatsch eben schon schwer genug. Die Konsequenzen für Pasolini sind tragisch: Er ist als Perverser gebrandmarkt, verliert seine Anstellung als Lehrer, wird aus der kommunistischen Partei ausgeschlossen und vom Vater verstoßen. „Die kleine reale Welt um ihn herum zerbröckelt im Skandal.“ Er sieht keinen anderen Weg, als mit seiner Mutter nach Rom zu „fliehen“: Wird er in dieser Stadt sein Leben leben können?

In schwarz-weiß gedreht, mit einem Hauptdarsteller, der Pasolini tatsächlich ähnelt, portraitiert "Welt der Liebe" den Künstler als jungen, sensiblen und zerbrechlichen Menschen. Von der Umsetzung her weiß der Film zu überzeugen. Routiniert spielt Aurelio Grimaldi mit den Ebenen, mit Licht und Schärfe. In nahezu jeder Einstellung ist irgendein Objekt im Vordergrund, der Hintergrund mal gestochen scharf, mal undurchsichtig verschwommen. Doch die sorgfältig komponierten Szenen stehen im krassen Gegensatz zum umgesetzten Stoff. Der Regisseur greift hier zwar – ohne Frage – die prägendste und prägnanteste Episode aus Pasolinis Leben heraus, lässt sie jedoch völlig frei in der Luft hängen. Er ordnet sie nicht in sein weiteres Leben ein, es gibt kein davor und kein danach. Und genau deshalb bleibt sie Stückwerk, bleibt fad und aussagelos , ja nahezu belanglos: Die Tragweite für Pasolini wird selten deutlich – Erst am Ende, als wir Pasolini zu der gleichen fröhlichen Musik vom Anfang einen kleinen Jungen durch die Luft wirbeln sehen, wird einem langsam bewusst: Das kann kein gutes Ende nehmen. Pasolini lebt weiterhin in seiner Traumwelt. Wenn man sich seinen Lebenslauf anschaut erkennt man schnell, dass ihn die reale Welt eines Tages einholen wird, und zwar um so gnadenloser und brutaler (1). Hier bleibt sich der Film wiederum „treu“, wenn er nicht einmal Andeutungen macht, sondern losgelöst von jeglichem biographischen Kontext agiert. – Er bleibt in einer „Welt der Liebe“ weit, weit weg von der Realität…




(1) Pasolini wird am 2. November 1975, in der Nacht vom Allerheiligen auf den Allerseelentag, in Ostia von einem der “Ragazzi di vita”, den Strichjungen, die er so oft beschreibt, durch “Stockshläge” ermordet. Pasolini stirbt in einer Szenerie aus Schutt, Baracken und Müll, die er so oft beschrieben hatte. In einer seiner letzten Schriften sagt er: "Die Welt will mich nicht mehr, und sie weiß es nicht". (http://www.pasolini.net/deutsch.htm)


#36 bateman23

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Geschrieben 04. Dezember 2003, 20:45

Der Ernst des Lebens
(20.11.2003 - Filmfestival)


Bereits direkt nach dem Film war es mir nicht möglich irgendwelche Notizen festzuhalten. – Ich hatte einfach keine Lust. Genauso wenig wie ich jetzt groß über den Film schreiben will. Er hat mich einfach überhaupt nicht berührt, hat sich nur in mein Ultra-Kurzzeit-Gedächtnis eingenistet. Also fasse ich mich mal kurz: Der Film fordert den Rezipienten ungemein – allerdings nicht durch eine besonders verzwickte Handlung oder verschlüsselte Bilder: Die ersten Einstellungen werden einfach durch eine äußerst unruhige Handkamera beherrscht, in deren Vergleich selbst „Dogma-Filme“ ruhig und diszipliniert erscheinen. Und die extremen Closeups machen das ganze auch nicht übersichtlicher.
Die umgesetzte Story, letztendlich der Kreislauf von Leben und Tod, wirkte auf mich irgendwie wie unmotiviert zusammengewürfelt. „Matteo und Juliette sind 20. An einem Tag wie jedem anderen entscheidet sich ihr Leben. Sie müssen im Eiltempo erwachsen werden und sich mutig ihren Sorgen stellen. Matteo hat eine todkranke Mutter. Juliette – eine französische Austauschstudentin - ist schwanger von einem verheirateten Mann. Matteo möchte seiner Mutter das Leid ersparen. Juliette will gegen allen Widerstand, das Kind behalten.“ Bei mir stellte sich akutes Desinteresse ein…


#37 bateman23

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Geschrieben 04. Dezember 2003, 20:53

"Liebe macht blind und sie öffnet die Augen für neue Wahrheiten und Welten.“

Zwilling
(21.11.2003 - Filmfestival)




Zu Beginn blickt uns ein riesiges, die gesamte Leinwand einnehmendes Auge an. Doch in pixeliges, kaltes Blau getaucht, suggeriert es ein falsches Bild. Denn die Vorzeichen sind umgekehrt. Es schaut nicht uns an, wir sind diejenigen die beobachten: Die Kamera zoomt zurück, der Bildausschnitt wird größer. Es wird klar – wir betrachten das Bild einer Überwachungskamera. Lars ein Verkäufer in einem Tankstellen Shop stiehlt heimlich die Bänder dieser Kamera, beobachtet seine Kunden, träumt sich damit in eine Phantasiewelt.
Sein reales Leben scheint weniger angenehm: Er lebt hoffnungslos unglücklich mit seiner behinderten Mutter zusammen, pflegt sie Tagein tagaus. Lässt sein eigenes Leben in den Hintergrund treten… „Bis ihm eines Tages Julie begegnet. Das Schicksal wirft sie ihm buchstäblich vor die Füße. Sie ist ohnmächtig geworden und als sie wieder aufwacht hält sie ihn für ihren toten Freund Soeren. Lars entschließt sich das Spiel mitzuspielen um die schöne Frau, die er schon lange heimlich liebt, endlich für sich zu gewinnen. In der geschlossenen Welt von Julies Wahnvorstellung wird er Zwilling und Wiedergänger ihres Geliebten. Ein Kampf beginnt - den der Umwelt gegen die auf falschen Prämissen beruhenden Liebe der beiden. Sie sollen wieder "normal" werden. In einem magischen Zaubermoment erschaffen sich die beiden ihre eigene Welt - wie alle Liebenden.“

Das Werk von Hans Fabian Wullenweber nimmt vor allen Dingen durch seine Optik gefangen. Die „Enge“ von Lars Gefühlswelt wird in beeindruckender Weise visuell umgesetzt. – Selten zuvor wurde mir so klar und deutlich vor Augen geführt welch entscheidenden Einfluss die Gestaltung des Sets haben kann. – Wie viel die Tapete an der Wand, die Farbe eines Zimmers oder einfach nur die Anordnung der Gegenstände im Raum aussagen können…
Der Höhepunkt ist schließlich das Auftreten der vier Jahreszeiten (ich bleibe extra so vage um nicht zu spoilern). Leider geht es von da an steil bergab, bis das ganze in einem unsäglich schlechten Ende kulminiert. Trotz dieser sehr ambivalenten Erinnerungen im Großen und Ganzen ein bemerkenswerter Film.



#38 bateman23

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Geschrieben 05. Dezember 2003, 21:05

"Immer wieder gibt es im europäischen Kino Aufstände gegen die einnebelnde Rhetorik und Künstlichkeit – einer war die von Lars von Trier geführte Dogma-Bewegung. Zusammen mit Joergen Leth hat er jetzt einen wunderbaren Essay-Film gefertigt: „De fem benspaend“ (The five obstructions).“

Fünf schwere Regeln
(21.11.2003 - Filmfestival)


Lars von Trier macht das, was er am besten kann: Regeln aufstellen. Wo er sich jedoch bei seinem Dogma-Manifest noch selbst danach richtete, setzt er dieses mal nur die Rahmenbedingungen für jemanden anderen. – Für seinen Kollegen und Freund Joergen Leth. 1967 hat der heute über 60jährige Leth den Kurzfilm „Der perfekte Mensch“ gedreht, der die Konstruktion des perfekten Konsummenschen ironisch ins Bild setzte. „In dem Film sieht man einen Mann und eine Frau vor neutralem Hintergrund, mal ihn, mal sie, wie sie essen, schlafen, mal ein Auge, mal ein Ohr, ein ganz normales Paar, aber wie aus ethnologischer Sicht betrachtet. In seiner abgezirkelten Art ähnelt dieses Filmgedicht den stilisierten Phantasien des frühen Lars von Trier, ehe er mit Dogma alles auf den Kopf gestellt hat.“ (1) Dieser Film soll Trier so begeistert haben, dass er sich das Werk zwanzigmal am Stück anschaute. – So zumindest wird der Mythos in den Medien verbreitet. Leth soll nun vier Variationen seines eigenen Films von 1967 drehen …. nach den Regeln von Trier. – und die sind äußerst verzwickt. Das erste „kleine Dogma“ Triers lautet: Keine Einstellung darf länger als eine halbe Sekunde dauern. Leth – anfangs fast ohnmächtig in Anbetracht der schwierigen Rahmenbedingungen – befürchtet einen „spastischen Film“, der selbst die MTV-Ästhetik in den Schatten stelle würde. Was herauskommt ist aber sogar recht entspannt anzusehen. Leth hat hier in beeindruckender Weise die Regeln zu seinen Gunsten ausgelegt…
In einer weiteren Episode muss Leth den Film an dem schlimmsten Ort drehen, den er sich vorstellen kann. – Er entscheidet sich für das Rotlichtviertel in Bombay, steht die Dreharbeiten nur mit Hilfe von Valium durch. Er selbst spielt seinen „perfekten Menschen“ in der ach so unperfekten Umgebung. Er isst im Smoking Fisch und trinkt Wein, während sich die Ärmsten der Armen an einer Glasscheibe die Nase platt drücken. Eine Variante entsteht in Kuba, eine weitere soll ein Cartoon sein, und das, obwohl sowohl Leth als auch Trier Cartoons hassen.
„Letzte Bedingung: Leth solle nur seinen Namen hergeben, Trier selbst werde einen Text schreiben, den Leth vorlesen soll. So wird nach und nach das Lethprojekt zum Trierfilm, weil all die Hindernisse mehr über den aussagen, der sie aufstellt, als über den, der sie überwinden muss.“ (1)





(1) http://www.faz.net/s/Rub8A25A66CA9514B9892...n~Scontent.html


#39 bateman23

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Geschrieben 06. Dezember 2003, 20:45

„Fakten und Fiktion werden rasant gemixt und am Ende gibt’s einen Preis der Uno.“(Filmfestival Katalog)

Radio Favela
(22.11.2003 - Filmfestival)


„City of God“ – nur lustiger und sehr sehr naiv. So lässt sich „Radio Favela“ wohl am ehesten charakterisieren, zumindest wenn man den Regisseur beim Wort nimmt, der seinen Film als „Antwort“ auf eben jenen Film sieht: „Wenn City of God die Krankheit beschreibt, dann ist mein Film die Medizin.“ Radio Favela spielt, wie der Name schon andeutet, in den Slums von Belo Horizonte in Brasilien. Jorge erzählt von der Entstehung seines eigenen Radiosenders. In Rückblenden plaudert er fröhlich drauf los, berichtet von den idealistischen Anfängen und vom täglichen Katz und Mausspiel mit der Polizei.

Das Radio verschafft der Favela in der Stadt Gehör und vertritt ihre Rechte. – Aufklärung und Information sind Grundrechte, und praktische Lebenshilfe für die Bewohner zugleich… Leider wird die Kritik nur zu oberflächlich angerissen, geht in der Darstellung des scheinbar locker-leichten Lebens auf der Straße unter. Der Kampf ums Überleben muss dem Kampf ums Senden weichen. Und trotzdem bleibt diese Kritik auch noch plakativ und mit erhobenem Zeigefinger von stereotypen Charakteren vorgebracht. Man kann über die Figuren lachen, sich teilweise sogar mit ihnen identifizieren. Und obwohl so etwas ja eigentlich gut ist, geht es bei diesem Film in die Hose. Anstatt die ungeschönte Realität sprechen zu lassen, versinkt „Radio Favela“ in weichzeichnerischen Träumereien. Die Slums scheinen teilweise als bloße Kulisse herhalten zu müssen, und spätestens beim Happy End muss ich enttäuscht konstatieren: Fakten und Fiktion werden zu rasant gemixt.. „und am Ende gibt’s einen Preis der Uno.“


#40 bateman23

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Geschrieben 07. Dezember 2003, 13:43

“Hong Kong - As dawn rises for the first time over red Chinese flags officially fluttering in a capitalist breeze, the most fascinating question is not how China will change Hong Kong but how Hong Kong will change China -- and the world beyond.”(1)


The Final Night of the Royal Hong Kong Police
(22.11.2003 - Filmfestival)


“In den ersten Minuten nach Mitternacht erhielt China die Souveränität über Hongkong zurück. In einer festlichen Zeremonie endete an einem Dienstag die 156 jährige britische Kolonialherrschaft. Nur wenige Sekunden nachdem britische Soldaten zum letzten Mal den „Union Jack“ zu den Klängen von „God Save the Queen“ eingeholt hatten, wehte schon Chinas rote Flagge im Wind. - Markierte den Übergang eines freien kapitalistischen Territoriums unter kommunistische Kontrolle. Es war ein Ereignis, das von vielen lange Zeit sowohl mit Angst, als auch mit Nervosität erwartet wurde. Genau genommen bereits seit 1984, als die Machtübergabe zwischen England und China besiegelt wurde. Seit dem herrschte Beklemmung und Unsicherheit, ob China Hongkongs Status, Hongkongs Lebensart und seine Freiheiten unangetastet lassen würde.“ (2)

„Im Mittelpunkt der Spekulationen um Hongkongs Zukunft nach dem Souveränitätswechsel im Sommer 1997 pflegte immer die Frage zu stehen, ob es den neuen Herren gelingen würde, das internationale Vertrauen und damit Hongkongs blühende Wirtschaft zu wahren, oder ob die Kolonie vielmehr in festlandchinesischer Korruption und Rechtlosigkeit versinken würde. Wenig Aufmerksamkeit wurde demgegenüber der ebenso schicksalsträchtigen Frage gewidmet, ob und wie die Hongkonger nach über eineinhalb Jahrhunderten Separation mit dem neuen Souverän in Peking zu Rande kommen würden.“ (3)

Die Kamera blickt in ein grelles Licht an der Decke – Wir sehen die Umgebung aus dem Blickwinkel eines Menschen. Seine Blicke, und damit auch die Kamera, huschen unruhig über die Wände, tasten die Umgebung vorsichtig ab. Wir fühlen uns damit wie in dem kurzen ersten Augenblick des Aufwachens in einem fremden Bett. Das ungläubige Mustern der Umgebung. Das erste Stutzten: Wo bin ich hier?
Doch der Off-Erzähler lässt uns nicht alleine: Er sagt uns wo bzw. wer wir sind. Wo: Hongkong. Wer: Polizist Sonny Leuong, gerade verstorben. Er liegt im Krematorium in seinem Sarg, die Familie trauernd neben ihm kauernd. Die Kamera schlängelt sich durch die Gänge des Gebäudes, genauso wie sie verlieren sich die Gedanken des Polizisten in diesem undurchsichtigen Labyrinth. Er blickt zurück auf sein Leben, kramt in seinen Erinnerungen, seinen Erinnerungen an Hongkong. Wir erfahren wie er Polizist geworden ist, werden Zeugen seiner Kindheit, sehen die bedeutenden Momente seines Lebens. Und immer wieder ist die eigene Geschichte, die eigene Entwicklung untrennbar mit der Entwicklung Hongkongs verknüpft. In schwarz-weißen Rückblenden im dokumentarischen Stil werden die historischen Ereignisse illustriert, die prägend für ihn und für Hongkong waren.
„Immer wieder stellt sich die Frage nach politischer Loyalität und menschlicher Glaubwürdigkeit, sowohl bei den Versuchen Pekings Hongkong 1967 in einer Serie von Aufständen zu übernehmen, wie viele Jahre später bei der Polizeirevolte gegen die ICAC (4), die der Korruption bei der königlichen Hong-Kong-Polizei ein Ende bereiten sollte.“ (5) – Und dieses Phänomen war außerordentlich ausgeprägt. Die Polizisten immer hin- und her gerissen zwischen Treue, „Duty“ und dem Versinken in Lethargie und Bestechlichkeit. Viel schwerwiegender aber in diesem Zusammenhang das „in der Luft hängen“ zwischen nationaler Identität und britischer Fremdbestimmung: Chinesische Polizisten kämpfen 1956 während der Revolten gegen die eigenen Landsleute, und werden 1967 bei den Anti-Korruptionsgesetzen selbst Zielscheibe der britischen Fremdherrschaft. Diese Zerrissenheit bleibt aber keine innere, sie zeigt sich in sichtbaren Spannungen und offenen Konflikten. Im Konflikt zwischen Jung und Alt, zwischen China und Großbritannien, zwischen Pflichterfüllung und „Wegschauen“. Der von seinen Kindern als alt titulierte Vater hat seine Pflicht für die Briten ausgeübt, hängt aber auch an China und an Hongkong. Der Cousin dagegen hat sich mit dem bisherigen System arrangiert und weicht den Veränderungen aus, flieht, will nur schnell zum Flughafen, raus aus Hongkong. Auch die Kinder, die nur das Leben unter britischer Kolonialmacht kennen, keine „chinesische Identität“ haben, hält nichts mehr in Hongkong – Kanada ist eine gar nicht so ferne Alternative. China den Rücken zu kehren ist für seine schwere Entscheidung, fühlen sie sich doch nur teilweise als Chinesen. Und die Bewohner Hongkongs hatten immer einen Sonderstatus inne. Sie genießen Freiheiten, Privilegien, haben sich westliche Eigenschaften und Wertvorstellungen zugelegt, die der britischen Besatzer-Seele entsprechen, und sonst eher den Überseechinesen eigen sind. Sie lebten auf einer abgeschirmten „Insel“, bekamen die Politik aus China nur als „Foreign News“ mit, und wurden dafür von den Landsleuten bewundert. Doch die scheue Bewunderung der Chinesen dürfte bald Neid Platz machen, wenn Hongkonger und die „armen Verwandten“ aufeinander treffen.
Und so blicken die Hongkonger dem Tag der Übergabe mit Angst, oder zumindest mit Skepsis und Ungewissheit entgegen: Ungewissheit vor dem was kommt – sowohl politisch, als auch ökonomisch und wirtschaftlich, am meisten aber, vor der persönlichen Ungewissheit. Wie wird sich das Leben in Hongkong ändern? Wird die Bevölkerung auch orientierungslos, wie in einem fremden Bett aufwachen? Wird sie sich ungläubig umschauen müssen, und erst langsam begreifen wo sie sind? In den formalen Zeremonien jedenfalls klappt der Übergang reibungslos. Mit militärischer Präzision und ohne Zwischenfälle wird die Flagge, die den Sarg des toten Polizisten bedeckt, ausgetauscht. Er steht nun nicht mehr im Dienst der Royal Hongkong Police.
Doch der Film lässt erahnen, dass der scheinbar fließende Übergang Hongkongs von der „Seifenblase“ in britischer Obhut, zurück in die chinesische Wirklichkeit, in der Realität weitaus holpriger ausfallen wird ….

Wenn der Polizist seinen Cousin durch das nächtliche Hongkong chauffiert, durch die hell erleuchteten Häuserschluchten fährt, inmitten greller, bunter Neonreklame sinniert, dass die kapitalistischen Reichen die neuen kommunistischen Herrscher am lautesten willkommen heißen, dann fühlt man sich wie in einem Wong Kar-Wai Film. Die Bilder zucken in stakkatohafter Zeitlupe. Die Lichter verschwimmen, der Film verfällt in einen sanften „Flow“ – ein kontinuierlicher Fluss, eine Rastlosigkeit – genauso einem ständigen Weiterschreiten unterworfen wie Hongkong. Die Zeit lässt sich nicht zurückdrehen. Veränderung und Wandel sind das einzig Kontinuierliche an der Schwelle nach China….
Hong Kong entwickelt selbst in Filmen einen ganz persönlichen, eigenwilligen Charme. Die bunte Neon-Welt, der Gestus eines „Supervergnügungspark für die Massen der Festlandbesucher, Eldorado für Zehntausende von legalen und illegalen Zuwanderern“, und Moloch und Metropolis zugleich.
Immer wieder blickt Lau Shing-hon aus der bunten Glitzerwelt zurück auf die Schattenseiten Hongkongs Geschichte, zeichnet historische Momente nach – mal als originales Material aus den Archiven der BBC. Mal als nachgedrehte Szenen, denn nicht immer war Material verfügbar, oder wurde die Benutzung verboten. Generell hatte Lau Shing-hon beim Dreh mit Problemen und Behinderung durch die Staatsmacht zu kämpfen. Die Arbeit am Film zog sich so über 5 Jahre hinweg, und selbst nach Fertigstellung lief der Film weder in den Kinos, noch auf dem Hongkong-Filmfestival. Das führte auch dazu, dass der Film anderen internationalen Festivals verborgen blieb. Umso schöner, dass Michael Kötz den Film für Mannheim-Heidelberg entdeckt hat. Und wie schreibt die Festival-Zeitung so treffend: „Dieser Film ist eigentlich Hochverrat - in den Augen der Zensoren vom chinesischen Festland und auch die ehemalige britische Kolonialmacht wird ihn nicht angenehm finden.“





(1) http://www.nytimes.com/specials/hongkong/0...ong-assess.html
(2) frei nach http://www.nytimes.com/specials/hongkong/0...97hongkong.html
(3) http://www.nzzamsonntag.ch/dossiers/hongko.../hka961008.html
(4) Independent Commission Against Corruption (http://www.icac.org.hk/eng/main/)
(5) Filmfestival-Katalog


#41 bateman23

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Geschrieben 07. Dezember 2003, 17:29

Der Abenteuerurlaub
(23.11.2003 - Filmfestival)



„Der Abenteuerurlaub“ oder „Nousukausi“ wie der Film im Original heißt ist ein reinrassiger „Erstling“. Es ist der Debütfilm der Regisseurin, des Kameramanns, des Drehbuchautors, des Cutters und des Komponisten. Das hätte tierisch in die Hose gehen können, ist es aber ganz und gar nicht. Denn sie alle haben ihre Sache ausgesprochen gut gemacht. Von Anfang an macht das Werk einen routinierten, souveränen Eindruck. Die Eröffnungssequenz mit der langen Kamerafahrt und dem schönen Soundtrack stimmen sicher auf den Film ein, der sich auch im weiteren Verlauf keine Blöße gibt.


Das Leben von Katri und Janne ist perfekt, verläuft in geordneten, genau geplanten Bahnen. Die Yuppies sind kurz davor in die Riege der Millionäre aufzusteigen. Doch eins fehlt noch zum ganz großen Glück. Während die Freunde mit den exotischsten, gefährlichsten Reisen in die Sahara oder in den brasilianischen Urwald protzen können, haben sie sich schon lange mehr keine Auszeit gegönnt. In solchen Kreisen muss natürlich auch der Urlaub etwas ganz besonderes sein. Italien, Frankreich oder Amerika reichen da nicht aus: schneller, höher, weiter heißt die Maxime. Da scheint ein „Reisebüro“ genau das richtige Produkt zu verkaufen: „Leben sie ein fremdes Leben“ verkündet deren Internetseite großspurig. Einen Monat lang als Stahlarbeiter schuften, vier Wochen lang als Arbeitsloser in einer Plattensiedlung verbringen. Das verspricht den wahren Kick, damit würde man die Freunde im Wettstreit um das exotischste Urlaubsziel haushoch übertrumpfen. Das wirkliche Leben, der soziale Abstieg als Pauschalurlaub zum Spottpreis. Doch was in der Beschreibung im Prospekt noch romantisch und abenteuerlich klingt, entpuppt sich als schwieriges Unterfangen. Leben ist einfach, Überleben will gelernt sein.
Der Film erinnert von der Idee her an Finchers „The Game“, mit dem Unterschied dass die Protagonisten hier wissen, dass sie ein Spiel spielen. Zumindest glauben sie das. Denn anders als gedacht entpuppt sich der Urlaub als One-way-Ticket: „Weggegangen - Platz vergangen.“„Ihre Villa ist besetzt und alles scheint verloren: Identität, Job, Geld. Aus diesem Albtraum werden sie erst erwachen, wenn sie gelernt haben zu kämpfen - um Tomaten, um das eigene Leben, und um ihr Glück.“

Ein außerordentlich gelungener Debütfilm. Eine Komödie, bei der einem das Lachen ab und an im Hals stecken bleibt, und man auch zeitweise die Hände vorm Gesicht zusammenschlägt in Anbetracht der krassen Naivität der Protagonisten. Die guten Schauspieler runden den positiven Eindruck ab und verleihen dem Film den nötigen Esprit. Mehr davon…



#42 bateman23

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Geschrieben 11. Dezember 2003, 21:31

Rinaldo – Die glorreichen Sieben in Budapest
(23.11.2003 - Filmfestival)


Das Original von Akira Kurosawa „Die sieben Samurai“ wurde schon zig-mal verwurstelt, und dürfte wohl der am häufigsten kopierte Film überhaupt sein. Im Original suchen die Bewohner eines Dorfes einen Haufen Krieger, um sich gegen eine Gangsterbande zu verteidigen. Das Hollywood-Remake „Die glorreichen Sieben“ verlegt die Handlung in die typische Western-Umgebung. Und jetzt gibt es auch noch eine Ost-Variante aus Ungarn… „Aus einem Dorf wird hier ein herunter gekommener Häuserblock. Die Banditen auf Pferden oder mit dem Samuraischwert sind nun die skrupellosen Kleingangster, die das Viertel terrorisieren und zur Rettung eilt herbei ein Haufen arbeitsloser Stahlarbeiter. An ihrer Spitze steht ein Fremder, der Messerwerfer Rinaldo.“

Und das war auch schon die ganze Geschichte: Mehr gibt es nicht zu sagen, denn viel mehr bekommt man auch nicht zu sehen. Die Szenen wirken wahllos aneinander gereiht, besitzen teilweise überhaupt keinen Sinn. Das ganze wird permanent von schmalziger Musik untermalt, so dass es vor pseudo Herzschmerz und Pathos nur so trieft. Am ärgerlichsten aber ist die flache, oder besser gesagt fehlende Charakter-Zeichnung. Selbst über stereotype Charaktere hätte ich mich hier gefreut. Die Personen bleiben gesichtslos, ihre Charaktere fad und so befremdlich wie ihre Namen. Das ganze wird gekrönt von einem Schluss, der mir vor Wut und Ärger über die verschwendete Zeit im Kino die Tränen in die Augen getrieben hat…



#43 bateman23

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Geschrieben 11. Dezember 2003, 21:37

Plastic Tree – Baum ohne Wurzeln
(24.11.2003 - Filmfestival)


„Wie kann ein Baum wachsen, wenn seine Wurzeln nur Halt finden an Rissen im Beton?" fragt sich Won-Young, wenn sie vom Dach ihres Hauses über die Bungalows am Meer schaut. Und letztendlich beschreibt sie mit diesem einen, scheinbar so banalen Satz ihr ganzes Gefühlsleben. Doch dieses ruhige, melancholische, aber zumindest geordnete Gefühlsleben wird eines Tages ordentlich durcheinander gewürfelt. Won-Young lebt zusammen mit Su in einem kleinen, spartanischen Haus direkt am Meer. Er arbeitet als Friseur im eigenen Salon, sie als Motorrad-Kurier. So plätschert ihr Leben ereignislos vor sich hin, bis eines Tages unerwartet ein mysteriöser alter Freund Sus vor der Tür steht. Er sei nur auf der Durchreise, wolle sich nur wenige Tage bei ihnen einquartieren, und selbst das flatterige Zelt auf dem windigen Flachdach reiche ihm aus – er bleibt ja sowieso nicht lange. Doch es kommt alles ganz anders…

Der Film beginnt wunderschön, kann er doch mit Korea-typischen langen, sensiblen Einstellungen aufwarten. Es wird wenig gesprochen, wichtiger scheint wieder einmal was nicht gesagt wird. Doch diese Grundstimmung ändert sich recht schnell. Mit dem Auftreten des „Fremden“ wird die Story undurchsichtiger, verworren und leider auch unnötig aufgebläht. Als ob das Thema der „unglücklichen Dreiecksbeziehung“ nicht genug wäre, werden noch auf Teufel komm raus Kindheitstraumata und sexuelle Frustrationen eingeflochten. Es tun sich seelische Abgründe auf, türmen sich Berge von Problemen auf – Freud (und Zoltan Paul) hätten ihre wahre Freude gehabt.
Hier wäre weniger mehr gewesen. Auch die Korea-typische, perfekte Inszenierung mit einer wunderschönen Mise-en-scene kann nicht mehr über die Unzulänglichkeiten der hanebüchenen Story hinwegtäuschen.



#44 bateman23

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Geschrieben 13. Dezember 2003, 13:21

Gone
(24.11.2003 - Filmfestival)


Anders als der Titel vermuten lassen würde, stammt dieser Film tatsächlich aus deutschen Landen. Und man kann ihm auch wahrlich nicht vorwerfen die Klischees des „typisch deutschen“ Films zu erfüllen. Genau genommen bedient „Gone“ überhaupt keine Klischees, lässt sich nicht einmal so recht in eine „Schublade“ einordnen. Vielleicht treffen es die Worte des Regisseurs am ehesten, der das Genre selbst nicht definieren kann. Weder Psycho noch Thriller, weder Drama noch Romanze. Vielleicht wirklich einfach nur die Umsetzung der Freudschen Psychoanalyse auf Zelluloid. Wobei auch diese Definition schon wieder knapp an der Wirklichkeit vorbeischrammt (übrigens symptomatisch für den ganzen Film): Zoltan Pauls Erstlingswerk ist nämlich der erste komplett in der 24-High-Definitio-Video-Technik gedrehte Spielfilm. Das macht natürlich was her und verleiht dem Film die Aura des Neuen, Innovativen, Genialen.

Aber mag die Technik, die dahinter steckt noch so innovativ und atemberaubend sein, der Film selbst ist es leider nicht. Dabei hätte alles so schön werden können. Der Story-Appetizer liest sich nämlich verdammt gut, lässt auf eine surreale, spannende Geschichte hoffen: Das Verlegerehepaar Schiller wird eines Nachts unschön durch merkwürdige Geräusche aus dem Schlaf gerissen. Die Suche nach der Lärmquelle führt sie in ihren Garten, wo sie einen mysteriösen Mann vorfinden. Im Dunkel der Nacht gräbt er fieberhaft ein Loch. – Er schaufelt sein eigenes Grab…

Hört sich doch verdammt gut an, nicht? Doch was man tatsächlich zu sehen bekommt ist öde und langweilig. Sinnentleertes und letztendlich aussagloses Kino. Im Mittelpunkt der Geschichte steht der typische verarmte, einsiedlerische Schriftsteller, zufrieden mit einer Schreibmaschine. – Doch er befindet sich in einer schweren Krise, ihm mangelt es an Inspiration. Ein vergeistigter Philosoph auf der Suche nach seiner Muse. Als ob das noch nicht langen würde, schmückt Paul das ganze mit unzähligen Suizidversuchen, Schuldgefühlen, „Stimmen im Kopf“ und einer Abtreibung aus. Der Film scheint in anderen Sphären zu schweben. Ein pseudo-philosophischer Ausspruch jagt den nächsten, Gejammer und Gesülze bis einem das Ohr blutet. Zwischendurch wird das ein oder andere Gedicht von Heinrich Heine zitiert, das das Gefühlsleben der Protagonisten untermalen soll, nur um es sogleich mit eigenem, zusammenhangslosem Gelaber zu verwässern, ja letztendlich zu banalisieren. Wie sagt der Film an einer Stelle so treffend: „Er zitiert doch nur Heine, um von seiner Mittelmäßigkeit abzulenken.“ Diesen Spruch auf den Regisseur zu übertragen maße ich mir nicht an. Jedoch schoss mir unwillkürlich durch den Kopf: „Vielleicht hätte auch Zoltan Paul einfach nur eine bessere Muse benötigt….“


#45 bateman23

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Geschrieben 14. Dezember 2003, 00:03

„Als Gregor Samsa eines Morgens aus unruhigen Träumen erwachte, fand er sich in seinem Bett zu einem ungeheueren Ungeziefer verwandelt.“ (Franz Kafka – Die Verwandlung)


Metamorphosis – Die Verwandlung
(25.11.2003 - Filmfestival)


„Eine Novelle, in der ein Mensch als Käfer erwacht und seine Mitmenschen mit etwas völlig neuem konfrontiert. Auch seine Mitmenschen begegnen Gregor völlig verändert. Diesen tiefstrukturierten und tiefsymbolischen Text von Kafka theatralisch umzusetzen, ist eine äußerst schwere Aufgabe. Charaktere und die Bedeutung ihres Verhaltens darzustellen, die Andeutungen herauszustreichen, zu pointieren, ist (fast) unmöglich.“ – So schrieb Gümüsay zu der Inszenierung des Theater Laboratoriums. (1) Genauso wie die Umsetzung auf der Bühne eine schwieriges Unterfangen darstellt, ist auch die filmische Interpretation kein triviales Vorhaben. Es ist klar: Kafkas literarischen Werke sind absurd, irreal, surreal. Dieser Autor polarisiert, spaltet die Leserschaft in zwei Lager. Entweder man liebt Kafka oder man hasst ihn, ein Vielleicht gibt es nicht. Dass diese Aussage auch für den Film gilt mag damit zusammenhängen, dass er eine überaus getreue Literaturverfilmung darstellt. Aber an der Story lässt sich nun einmal nicht sonderlich viel rütteln: Bereits der erste Satz erfasst sowohl die Ausgangssituation, als auch die Rahmenhandlung der Geschichte. „Als Gregor Samsa eines Morgens aus unruhigen Träumen erwachte, fand er sich in seinem Bett zu einem ungeheueren Ungeziefer verwandelt.“ Streng genommen ist es auch nicht der Verdienst Kafkas eine „Geschichte“ zu erzählen, sonder vielmehr eine surreale, „stimmungsvolle“ Welt zu erschaffen. Und das wiederum tut der Film – zumindest am Anfang – sogar konsequenter:
Das Einfahren des Zuges im nächtlichen, dunklen, verlassenen Bahnhof. Herr Samsa, der durch das verregnete Prag hetzt, sein Schatten, der sich in einsamen, kleinen Gassen verirrt. Wenn er durch nebelwabernde Straßen läuft… Das erinnert auf den ersten Blick an den typischen Film Noir, wiegt aber im Kontext der Geschichte wesentlich schwerer, wird kafkaesk.

Diese surreale Stimmung wird jedoch abrupt unterbrochen, wenn die Kamera den heimlich beobachtenden Blick durch die Fensterscheibe eintauscht gegen den direkten innerhalb der Wohnung. Die Personen werden zu überzogen charakterisiert. Die Schauspieler tendieren zum overacting, ziehen das bürgerliche ins lächerliche, schwächen die Atmosphäre ab und banalisieren die Tragik. Hier zerstört der Film, die vorher sorgsam aufgebaute Stimmung. Er versucht zwar des Öfteren, diese im weiteren Verlauf wieder aufzubauen, so recht gelingen mag das jedoch nicht. Stattdessen oszilliert „Die Verwandlung“ immer zischen trivialer Realität und unwirklicher „Traumwelt“. Man wird immer wieder herausgerissen aus diesen absurden Szenen, bei denen die sonst so werkgetreue Verfilmung enorm von der Vorlage abweicht: In den surrealen Sequenzen (die im Buch gar nicht auftauchen) wird der Gemütszustand Gregors fast kafkaesker als bei Kafka selbst dargestellt. Nichts desto trotz bleibt ein großer Vorteil des Films seine ansonsten große Nähe zum Buch: Immer wieder habe ich Szenen aus dem Buch erkannt, und freute mich daraufhin umso mehr auf weitere markante Stellen, mit der Gewissheit, sie würden kommen.

Die Idee, „die Hauptfigur des Gregor Samsa nicht aus der Ego-Perspektive zu beschreiben, sondern von außen als Mensch“, mit einem völligen Verzicht auf Special-Effects, hat mir – anders als vielen anderen Zuschauern – überaus gut gefallen. – Sie ist eine adäquate Entsprechung von Kafkas Prosa, „die im wesentlichen ja eine des Abtastens, Abwägens, eine mit vielen Konjunktivketten arbeitende Reihe von Vermutungen ist, die an letztendlicher Klärung alles andere als interessiert ist.“ (2) Die Sicht „von außen“, das Vorhandensein der Kamera, die eindeutig als solche zu erkennen ist, das indirekte Auftreten eines Erzählers kann man dem Film meiner Meinung nach ebenfalls nicht ankreiden. Auch nicht wenn man sich an die Worte Martin Walsers erinnert, der sagt: „Ein erscheinender Erzähler würde sie (die Dichtung) ihres Gleichgewichts zwischen Möglichsein und Unmöglichsein berauben.“(3) Genau diesen Fehler begeht der Film nämlich nicht: Der Erzähler und damit der Zuschauer weiß nie mehr als Gregor Samsa selbst, er wird nicht allwissend und hält so die Waage zwischen Realität und Fiktion ausgeglichen. Kafkas Welten entziehen sich auch im Film rationaler Deutung.







(1) http://www.sisol.de/kulturschock/FF071BB6A...D491C2401.sisol
(2) Stefan Rogall – Steven Soderbergh und seine Werke, Schüren
(3) Martin Walser – Beschreibung einer Form: Versuch über Kafka, Suhrkamp


#46 bateman23

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Geschrieben 14. Dezember 2003, 17:13

„Die Strafe beginnt“ (Alfred Döblin – Berlin Alexanderplatz)

Levity – Ein Leben lang
(15.11.2003 - Filmfestival)


Wenn man sich die Besetzung dieses Films anschaut, würde man nicht meinen, dass es sich um eine – mehr oder weniger – Independent-Produktion handelt: Kirsten Dunst, Morgan Freeman, Billy Bob Thornton. Mit jedem dieser Schauspieler verbinde ich einen Film, dem gerade sie den letzten Feinschliff verpassen. Bei Kirsten Dunst ist es „The Virgin Suicides“, bei Morgan Freeman „Shawshank Redemption“ und bei Thornton „The man who wasn’t there“. Und auch der Mann hinter der Kamera ist kein unbeschriebenes Blatt. Autor, Regisseur und Produzent Ed Solomon machte bereits mit den Skripten zu „Bill and Ted’s Excellent Adventure“ und „Men in Black“ von sich reden. In „Levity“ führt er nun zum ersten Mal auch selbst Regie.

„Ein Mörder wird entlassen. Er hat seine Gefängnisstrafe verbüßt. Für eine Tat, die er 21 Jahre zuvor als jugendliches Gangmitglied begangen hat. Nun will er ein neues Leben beginnen. Auf seiner Suche nach Vergebung und Sühne gerät er an Pastor Miles (Morgan Freeman), der eine kleine Mission betreibt, um die Jungs des Viertels von der Strasse zu holen. Doch ehe er sich in seinem neuen Leben einrichten kann, holt ihn seine Vergangenheit ein…“ Sowohl der gesamte Plot, als auch eine der ersten Szenen erinnern unheimlich an Alfred Döblins „Berlin Alexanderplatz“. Genauso wie Franz Biberkopf ist auch Manuel Gordon (Billy Bob Thornton) eigentlich eher unglücklich mit der neu gewonnenen Freiheit. Nach Jahrzehnten im Gefängnis fällt die Rückkehr in die Zivilisation nicht leicht, lauern an jeder Ecke Überraschungen und Gefahren. Die Welt hat sich verändert, ist nicht stehen geblieben, hat nicht auf einen gewartet. Und so findet sich auch Manuel kaum zu Recht in der schnelllebigen, rastlosen, „neuen“ Welt…

Ed Solomon hat das Thema in schöne, geschliffene Bilder umgesetzt – vielleicht ein wenig zu „perfekt“. So geraten leider auch die Metaphern zu offensichtlich, zu platt. Die Charaktere werden auf Symbole reduziert, verlieren ihre Identität, sind nur noch Mittel zum Zweck. Und spätestens wenn am Ende das Bild vom Anfang mit umgekehrten Vorzeichen wiederholt wird, wird die Holzhammer-Methode offensichtlich und der Symbolismus zu deutlich als solcher entlarvt. Es ist alles so gewollt bedeutungsschwanger und doch gleichzeitig oberflächlich. Da lobe ich mir doch Piel Jutzis Version, oder greife gleich zu Döblins schonungslos realistischen Version, die „tiefer geht“ und auf den hier so oft durchschimmernden Pathos verzichtet.

P.S.
Ich will jetzt endlich mal Fassbinders Mammut-Werk sehen…



#47 bateman23

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Geschrieben 17. Dezember 2003, 22:22

Sieben Tage, sieben Nächte
(27.11.2003 - Filmfestival)


“Sieben Tage, sieben Nächte“ - Der erste Teil von Joel Canos geplanter Kuba-Trilogie. Diese erste Episode erzählt die Geschichte dreier Frauen verschiedener sozialer Schichten. Ihre Wege sollen sich im Verlauf einer Woche in schicksalhafter Weise in Havanna kreuzen.

Ein ohne Regierungsunterstützung, heimlich gedrehter Film. Kein Wunder, denn als kritisches Werk kann man den Film durchaus bezeichnen. Zwar sind die Töne der Kritik nur leise und subtil, scheinen sich allzu oft hinter der kubanischen Lebensfreude zu verbergen. Doch wenn Norma resigniert feststellt, dass „alle wollen, dass ich spreche, aber wenn ich was sage ändert sich doch nichts.“ kommt man doch nicht drum herum, das als versteckte Kritik am System zu verstehen. Und spätestens wenn Maria es verzweifelt in die Welt herausschreit wird es offensichtlich: „Es muss sich ändern.“
Die Nachrichtensprecherin Norma, die beim Verlesen der üblichen Castro-Propaganda in Tränen ausbricht, von nun an beschließt keine Lügen mehr zu verkünden und stattdessen in apathisches Schweigen verfällt. Die Schlachterin Nieves, die ihren Job leid ist, und davon träumt Tänzerin zu werden. Maria, die ihre Tochter verliert. Sie alle sehen einem Leben im Wandel entgegen und träumen von einem besseren, freieren Leben.

Im Wechsel von kubanischer Lebensfreude und brutaler Realität skizziert Joel Cano das Leben in Kuba. Er beleuchtet mit seiner Kamera, die immer direkt im Geschehen ist, in dokumentarischem Stil den täglichen Überlebenskampf, das Leben mit und gegen den Staat.



#48 bateman23

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Geschrieben 17. Dezember 2003, 22:26

Fear X
(28.11.2003 - Filmfestival)


Hubert Selby Jr. war mir bisher nur als Autor von „Last exit to Brooklyn“ und „Requiem for a dream“ bekannt. Doch der gute Mann schreibt auch Drehbücher, unter anderem das zu „Fear X“. Doch dieses Skript kann nur Anfangs überzeugen. Ich zitiere an dieser Stelle Eric D. Snider, und spare mir jeden weiteren Kommentar:

“Two-thirds of "Fear X" are a quiet, atmospheric psychological drama whose dread-inducing style holds a viewer's interest even though the events unfold slowly. The cards are being laid out so masterfully that you're sure the film has a good hand. Alas, in the last half-hour, you realize it's been a bluff, and the resolution is painfully ordinary. The film doesn't live up to the expectations it produces."(1)




(1) http://ofcs.rottentomatoes.com/click/movie...


#49 bateman23

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Geschrieben 20. Dezember 2003, 11:57

Ich wollte immer eine Heilige sein
(28.11.2003 - Filmfestival)


… behauptet zumindest die Hauptdarstellerin in gleichnamigem Film. Nachdem sie im Alter von 13 Jahren felsenfest davon überzeugt ist, einen Ralley-Fahrer umgebracht zu haben, setzt sei alles daran, diese Lebenseinstellung umzusetzen. Aufopferungsvoll hilft sie jedem Menschen in ihrer Umgebung. Das ist wohl auch der Grund warum die Festivalleitung den Film als „luxemburgische Amelie“ angekündigt hat. Leider kann der Film den dadurch unwillkürlich entstandenen hohen Erwartungen nicht ganz gerecht werden. Die ganze Grundstimmung des Films ist nicht so leichtfüßig, fröhlich, und auch das Ende nicht so „happy“ wie im französischen Original. Interessant ist die Botschaft, die der Film vermittelt, und die die Regisseurin eigenen Angaben zufolge selbst lebt: „Mit jeder schlimmen Tat, die du vollbringst, widerfährt dir auch etwas böses. So bleibt alles im Gleichgewicht.“ Im Film entfernt sich die Protagonistin immer mehr von dieser Leitmaxime, denkt zusehends mehr an sich, wird in gewisser Weise egoistischer. Netter Film abseits der typischen Klischees, mit einer omnipräsenten, charismatischen Hauptdarstellerin.


#50 bateman23

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Geschrieben 20. Dezember 2003, 12:06

Identity Kills
(21.11.2003 - Filmfestival)


Karen möchte ihrem Leben entfliehen. Möchte raus aus der Tristesse der Berliner Plattenbauten. Graue Betonklötze reihen sich neben graue Betonklötzen. Inmitten dieser Trostlosigkeit wird man selbst grau, schwimmt mit im Strom, lebt eher schlecht als recht, verliert seine Identität. „Auch die 24 jährige Karen fristet ein Schattendasein. Viel hat das Leben ihr nicht zu bieten: Nach einem Zusammenbruch landet sie in der Psychiatrie. Aber erst mit ihrer Entlassung nimmt der Wahnsinn überhand. - Ihr Freund hat keinerlei Verständnis für ihre Probleme und quartiert überraschend sogar seine Exfreundin in ihr gemeinsames Apartment ein.“

Spätestens jetzt wird ein Traum Karens immer größer: Sie will Liebe, Geborgenheit, ihrem Leben entfliehen. Doch ihre Sehnsucht nach Wärme stillt höchstens das Solarium oder ein Urlaubsprospekt der Karibik.“ Ab in die Karibik? Kontrastprogramm. Sommer, Sonne, Sonnenschein? Was wäre, wenn man dem Fernweh noch krasser entgegentreten würde? Wer würde nicht mal gerne eine andere Identität annehmen? Nur für einen Tag jemand anderes sein. Eines Tages ergibt sich unverhofft diese Gelegenheit. Karen zögert nicht lange und ergreift sie. Und stiehlt sich damit zusehends aus dem eigenen Leben…

Wieder einmal ein Film der exzessiv von der verwackelten Handkamera gebrauch macht. Der Film wirkt unheimlich roh, ungeschliffen. Aber obwohl er am Anfang noch deutlich als „Film“ zu erkennen ist, ja beinahe den Charme eines Urlaubsvideos versprüht, wird man recht schnell mitten ins Geschehen gerissen. Genauso wie der Film so sehr authentisch wirkt, spielt die Hauptdarstellerin ihre Rolle unglaublich ehrlich. Und ich muss zugeben, obwohl mir der Film direkt nach dem Sehen eher weniger gefallen hat, behält man ihn im Gedächtnis. Schließt ihn sogar mit gewisser Distanz immer mehr in sein Herz.


#51 bateman23

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Geschrieben 22. Dezember 2003, 21:57

„Liebe verursacht Vibrationen.“

Vibrator – Ein merkwürdiges Verhältnis
(26.11.2003 - Filmfestival)


Omori Nao war im letzten Jahr in aller Munde - zumindest bei Asien-Freaks. In „Ichi the Killer“ spielte er gleichnamigen, extrem brutalen und sadistischen Mörder, der im Superhelden-Kostüm regelrechte Blutbäder anrichtet. In Takeshi Kitanos „Dolls“ zeigte er, dass er auch andere Rollen übernehmen kann. Und auch in Ryuichi Hiroki’s „Vibrator“ zeigt er wieder seine sensible Seite.

Reii kommt mit ihrem Leben nicht so richtig klar. Sie fühlt sich alleine und einsam. So schlendert sie abends durch die Gänge eines Raststätten-Supermarktes, spricht mit den Lebensmitteln und vertieft sich in Dialoge mit den Modells auf den Titelseiten der Zeitschriften. Was sie in diesen Momenten der Depression sagt, scheint ihrem ganzen Wesen zu widersprechen: „Ich muss meine Mitmenschen berühren, da ich mich sonst unwohl fühle.“ Aber was tun, wenn man niemanden hat, den man berühren kann, wenn man ganz alleine vor sich hin lebt….
Und dann plötzlich passiert es: Ein blondierter, junger Trucker betritt den Laden. Als sich ihre Blicke streifen, ist Reii wie paralysiert. Als er sie scheinbar zufällig berührt folgt Reii dieser Berührung. Die Nähe hat sie vibrieren lassen - „Liebe verursacht Vibrationen.“ Reii gesellt sich zu Takatoshi in die Führerkabine seines Trucks. Sie wird hier länger bleiben als nur für eine Nacht. Sie fährt mit ihm quer durch ganz Japan, flieht aus ihrem Leben und scheint damit äußerst glücklich. Sie lehnt sich immer wieder aus dem Seitenfenster und ruft in den Fahrtwind: „Wenn man mit einem Begleiter reist, lächelt einem die Welt zu.“

Doch mit dem wahren Leben ist es oftmals wie beim CB-Funk. Ein CQ (Seek you) in die Weiten des Äthers gerufen, beschert noch lange keine Antwort. Und auch die Stimme zu verstellen gibt noch lange keine Selbstsicherheit. Allerdings ist nicht nur die Kommunikation per Funkgerät ein Problem, auch die richtigen Worte gegenüber Takatoshi zu finden ist schwierig. Denn so nah die Protagonisten sich in der Enge des Führerhauses kommen, so fern bleiben sie sich doch. Reii, die am Anfang gesagt hat „sie muss Menschen berühren“ zögert hier, sinniert „der Körper wollte, doch etwas sträubte sich.“ Sie baut, genauso wie Takatoshi einen Schutzwall von Lügen und Phantasien vor sich auf, versteckt sich hinter einem illusorischen Leben. Immer wieder werden die in gelb-goldenes Licht getauchten Szenen, die das falsche Gefühl von Freiheit und Zufriedenheit suggerieren unterbrochen durch eine schwarze Leinwand. Die Soundkulisse verstummt, und genauso still erscheinen weiße japanische Schriftzeichen. Darunter wiederholt die Worte „Liebe mich!“ Und obwohl man Reii diese Worte nicht aussprechen hört, fühlt man, dass sie die Worte am liebsten auffordernd, flehend in die Welt hinausschreien würde. Aber anstatt dies zu tun, flüchtet sie sich in die „Schein-Nähe“ zu Takatoshi, stürzt sich begierig auf reinen körperlichen Sex. Dieser wird „echt“, natürlich und real gezeigt, wirkt aber zugleich ungemein ästhetisch überhöht. Obwohl er eine „Verzweiflungstat“ darstellt, erscheint er unheimlich einfühlsam, intim, so voller Zärtlichkeit…

Ryuichi Hiroki schafft das Kunststück ein Road Movie und ein Kammerspiel zugleich zu drehen. Er spielt in artistischer Weise mit dem Raum, mit Nähe und Distanz. Und obwohl hier nur zwei Hauptdarsteller agieren – die übrigens mit atemberaubenden schauspielerischen Leistungen glänzen – hat man nie den Eindruck „nur“ das Einzelschicksal zweier gescheiterter Persönlichkeiten zu betrachten. Man fühlt sich eher als Zeuge elementarer Probleme, versucht die unausgesprochenen Fragen für sich selbst zu beantworten…
„Ein Juwel, dessen minimalistische Geschichte sich wie ein visuelles Gedicht entfaltet, dessen Reim und Rhythmus von den Bildern der Landschaft vorgegeben wird, von den Reflektionen im Rückspiegel und von den kommentierenden Zwischentiteln auf schwarzem Grund.“(1) – Einfach grandios.


PS:
Mein persönliches Highlight des Filmfestivals. - So muss Kino aussehen.
Damit ich’s nicht vergesse: „Vibrator“ sollte mich dazu veranlassen die verstaubte VHS von Oshimas „Im Reich der Sinne“ rauszukramen.




(1) http://www.e.bell.ca/filmfest/2003/filmsan...geID=film&id=82


#52 bateman23

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Geschrieben 23. Dezember 2003, 17:18

"Die Großstadt - Faszinosum und Schreckensbild zugleich."

Megacities
(3.12.2003 – Cinema Quadrat)


„Die Welt ist ein schrecklicher und doch lebenswerter Ort, das will ich zeigen. Ich glaube, viel von unserem Verhältnis zum „Rest der Welt“ ist von Angst geprägt, wir kennen diesen Rest aus vorwiegend schlechten Nachrichten, oder – durch eine äußerst bedenkliche Tourismusentwicklung – vom neokolonialistischen Standpunkt der Ressorthotel-Urlauber aus. Aber hinter diesen schlechten Nachrichten und exotisch-freundlichen Hotelkellnern stecken Menschen mit sehr ähnlichen Kämpfen und Träumen wie wir selbst.“ (Michael Glawogger, Regisseur – Megacities)


#53 bateman23

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Geschrieben 23. Dezember 2003, 17:38

The Lord of the Rings: The Return of the King
(21.12.2003, Lux Wiesloch)


Ich ging sehr, sehr skeptisch in diesen Film. Das mag damit zusammenhängen, dass ich absolut kein Herr der Ringe Fan bin. Und wovon das herrührt, habe ich schon lange versucht zu ergründen: Liegt es an meiner Aversion gegen Fantasy im Allgemeinen, liegt es an meinen vergeblichen Versuchen in Tolkiens Welten einzutauchen. Sind die Filme an sich einfach nichts für mich, sind sie gar „schlecht“, oder entwickle ich diese ablehnende Haltung aufgrund des Hypes, der um die Filme gemacht wird. Was ist hier Ursache und was Wirkung?
So ganz bin ich mir da immer noch nicht im Klaren. Sicher ist: Auch jetzt, nach Abschluss der Trilogie kann und/oder will (sic!) ich nicht die allgegenwärtigen Lobeshymnen anstimmen und in den kollektiven Begeisterungs-Orgasmus einfallen.

Der Film ist „groß“ – keine Frage. Er wird in die Kinogeschichte eingehen, auch das steht fest. Und es ist unzweifelhaft ein bedeutender Verdienst Peter Jacksons (oder das der hinter ihm stehenden Silicon Graphics Mainframes), das Werk auf die Leinwand gebracht zu haben, das lange Zeit als unverfilmbar galt. Und auch dem dritten Teil merkt man an, dass hier auf Biegen und Brechen „großes“ geschaffen werden soll. Jede Szene scheint nur dem einen Ziel zu dienen: Mittelerde zum Leben zu erwecken, und viel mehr noch – dieser filmischen Trilogie einen Platz in den „Geschichtsbüchern Hollywoods“ zu sichern. Von diesem Dogma angetrieben, stürzt sich der Film von einem Superlativ ins Nächste – eine Schlacht folgt der Nächsten. Höher, schneller, weiter…
Nur gehen für meinen Geschmack vor diesem gigantischen Geprotze, die kleinen Momente unter. Ja sie gibt es streng genommen sogar zu selten. Ganz genau das ist auch der Grund, weshalb der Film zum wiederholten Male nicht bei mir zünden will. Damit wir uns nicht falsch verstehen – handwerklich ist er durchaus…. Routiniert. Nun gut, ich bin eigentlich auch kein Fan von CGI-Landschaften, doch das alles ist zu verschmerzen, wirkt hier sogar ab und an richtig gut. Der Film lässt mich nur auf seltsame Art und Weise völlig kalt. Da können die Hobbits noch so sehr gegeneinander aufgestachelt werden, sich beinahe gegenseitig zerfleischen. Da können Familientragödien thematisiert werden, oder unerwiderte Lieben aufflammen. – Pft, mir doch egal. Es juckt mich einfach überhaupt nicht. Gleich in der nächsten Szene geht all das wieder unter, im Staub und Schlachtgetöse, wird wie von brüllenden Orks zermalmt. Mir fehlen die Momente, in denen ich im Kinosessel erstarre, Tränen in den Augen, mit der Gewissheit großes zu erleben. Und Großes muss nicht unbedingt das sein, was man bei HdR geboten bekommt. Für mich sind die Großen Momente des Kinos eher die unscheinbaren. Die wenigen Worte, die kurzen Blicke, die Szenen, bei denen sich die Nackenhaare aufstellen, und man eine Gänsehaut bekommt.

Das alles passiert mir bei „Herr der Ringe“ nicht. Und so verlasse ich das Kino ziemlich genauso, wie ich es – zugegebenermaßen recht kurze – drei Stunden zuvor betreten hatte. Der Film ist gute Unterhaltung, doch er verpufft bei mir recht schnell wieder. Nur eins halt länger nach. Die Worte Frodos, die auch aus meinem Mund hätten stammen können: „Nun ist es endlich vorbei.“


#54 bateman23

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Geschrieben 24. Dezember 2003, 13:23

The Ring
(21.12.2003 - DVD)


„Der schockierendste Film aller Zeiten“ „Ich konnte Nachts nicht schlafen.“ – Diese Aussprüche meiner Freunde haben mich dazu bewegt spät Nachts (vielleicht die beste Zeit für solch einen Film), nach dem Genuss von „Herr der Ringe“ (das sind dann eher widrigere Umstände) noch diesen Film zu schauen.
Lange Zeit lag er ungesehen bei mir zu Hause, einfach aus dem Grund, dass ich das japanische Original schon gesehen hatte. – Und das fand ich schrecklich. Nein, nicht im Sinne von spannenden oder gruselig. Nein, es war einfach grottenschlecht und langweilig. Und so zögerte ich lange, mir auch noch die Hollywood-Version anzutun. Doch dieser Film hat mich positiv überrascht und eines besseren belehrt. Nicht jedes amerikanische Remake muss unbedingt schlecht und unmotiviert sein. In diesem Fall ist das Plagiat sogar besser gelungen als das Original selbst. Hier ist alles weniger skuril, weniger obskur, dafür aber ziemlich spannend und einfach straigth forward. Und das tut dem Film ausgesprochen gut…
Also: Nettes Filmchen. Nicht unbedingt der angepriesene Schocker, aber gute Unterhaltung.


#55 bateman23

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Geschrieben 26. Dezember 2003, 16:50

„Judäische Volksfront – Quatsch. Wir sind die Volksfront von Judäa“

Das Leben des Brian
(23.12.2003 - DVD)


Alle Jahre wieder flimmert bei mir dieses Werk der Pythons über den Bildschirm. Ich kann gar nicht zählen wie oft ich diesen Film mittlerweile gesehen habe, aber immer wieder liege ich vor Lachen auf dem Boden. – Und das genialste: Ich kann mir durchaus vorstellen, dass das ganze wirklich genau so abgelaufen ist…


#56 bateman23

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Geschrieben 27. Dezember 2003, 00:45

„Ich will mich an den Sternen berauschen.“

König der Fischer
(24.12.2003 - TV)


Jack ist Radiomoderator – so etwas wie die amerikanische Version von Domian. Nur ist dieser ein Egozentriker wie er im Buche steht, genau so ein Yuppie, wie die, über die er so gerne lästert. Er macht seine Anrufer gnadenlos fertig, malträtiert sie ohne Skrupel und Gefühle. Er versteckt seine Verachtung nicht, sondern stellt sie hemmungslos zur Schau, macht sie zu seinem Markenzeichen. Kein Wunder, dass eines Tages einer seiner Zuhörer durchdreht, Amok läuft und ein paar Menschen umlegt. Drei Jahre später – Jack steht selbst am Abgrund, vor den Trümmern seines verkorksten Lebens. Seine Träume wurden vom Alkohol weggespült, er selbst versinkt in Schuldgefühlen, Selbstmitleid und Apathie. In einem üblen New Yorker Viertel will er seinem Leben ein Ende bereiten, wird aber von Halbstarken angegriffen, die ihn zusammenschlagen. Unverhofft erscheinen seltsame Gestalten auf der Bildfläche ("Das sieht ja aus wie in »Die Nacht der lebenden Toten«!"), und befreien ihn aus seiner misslichen Lage. „Der Anführer der "Zombies", welche sich als relativ normale Obdachlose entpuppen, nimmt den völlig verwirrten Jack mit in seine Behausung. Am nächsten Morgen stellt sich der geheimnisvolle Retter vor: Sein Name ist Parry, er befindet sich auf der Suche nach dem heiligen Gral und ist der festen Überzeugung, dass Jack von einer höheren Macht auserwählt und zu ihm geschickt worden ist, um ihn bei seiner Odyssee zu unterstützen.“

Der Film, der mich anfangs mit einem unverwechselbaren 80er Jahre Style gefangen genommen hatte (komisch, da er aus den 90ern stammt), wandelt sich schnell in ein schrilles, sarkastisches, durchgeknalltes Werk. Mehrmals kippt das ganze wieder zurück in eine melancholische Grundstimmung. Was jedoch überwiegt ist ein Robin Williams, der agiert wie Peter Pan auf Speed, Dialoge, die oftmals erscheinen wie eine Mischung aus Ritter der Kokosnuss, Sinn des Lebens und Fear and Loathing in Las Vegas (um mal weitere Werke von und mit Terry Gilliam zu nennen). Der ganze Film wirkt wie eine surreale Collage, eine bunte Mixtur aus Drama, Komödie, Thriller oder Kostümfilm. „Und über dem ganzen schwebt die gesamte Zeit eine fast beiläufige, aber unglaublich intensive Melancholie des Absurd-Witzigen.“ Gilliam inszeniert mit einem unheimlichen Zitatenreichtum und einer Vielschichtigkeit, die essentielle Themen abdeckt und an jeder Ecke Ansatzpunkte zur Interpretation bietet. Und so steht auch im Zentrum des Films die Parabel vom Fischerkönig, die zugleich einen merklichen Einschnitt im Verlauf der Geschichte darstellt, als auch den Film selbst deutet.

Gegen Ende, zieht sich das Werk ein wenig in die Länge, und auch das kitschige Happy End hat mir nicht wirklich zugesagt (Wenngleich Parry an einer Stelle sagt: „In der Liebe gibt es nichts kitschiges.“). Alles in allem aber ein wunderschönes modernes Märchen über den „Schrecken und die Schönheit des Lebens.“ - Vielleicht ist das die surreale Fantasy einer realen Welt die mir gefällt ;)


PS:
„Wir haben uns kennen gelernt, uns geliebt und uns getrennt, und das alles innerhalb von 30 Sekunden. Und ich erinnere mich nicht einmal an den ersten Kuss. Und das soll ja das schönste überhaupt sein. – Ich würde mich mehrfach niederschlagen lassen, wenn ich nur diesen ersten Kuss bekommen könnte.“ (Perry (Robin Williams) in König der Fischer)



#57 bateman23

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Geschrieben 27. Dezember 2003, 15:02

„Ich glaube in einer krypto-faschistoiden Spaßgesellschaft kann man alles steuern, auch gute Laune.“

Weihnachten
(26.12.2003 - TV)


24. Dezember – Weihnachten in einem Kölner Mietshaus. Doch an einen besinnlichen, ruhigen Heiligabend ist hier nicht zu denken. Werbedesigner Peter verkracht sich mit seiner neuen Freundin, weil er seine Ex zur privaten Weihnachtsfeier eingeladen hat. Derweil warten Frau Maschke und Tochter Claudia auf die Bescherung doch Papa Bernhard ist versackt. Der frisch konvertierte Jude Wolfgang freut sich auf ein besinnliches Chanukka, muss sich aber unverhofft mit seiner Mutter rumschlagen, die unbedingt Weihnachtslieder singen, und traditionell feiern will - mit Schweinebraten und Afro-Enkel…

Eifersüchtige Partner, unerwiderte Liebe, Sprachlosigkeit und das unerfüllte Bedürfnis nach menschlicher Nähe. Probleme einer anonymen Gesellschaft, die gerade zur Weihnachtszeit stärker ins Bewusstsein kommen denn je. Die dann hervorbrechen, wenn um die Menschen herum alles in Friede, Freude, Eierkuchen versinkt. – Nicht umsonst schnellt zu dieser Zeit die Selbstmordrate in die Höhe. Von dieser depressiven Grundstimmung her, erinnert der Film enorm an „Stiller Sturm“. Zum Glück jedoch wird sie hier immer wieder unterbrochen von Situationskomik und charmantem Witz. - Großstadtmelancholie meets Polt. Der pervertiert Geist von Weihnachten wird gnadenlos bloßgestellt. Die Isolation der verschiedenen Bewohner deutlich, wenn sie als Silhouetten am Fenster auftauchen, lautlos beobachtet vom Spanner gegenüber. Die Sehnsüchte, die sich im Objektiv seiner Kamera brechen, verblassen zur reinen Illusion…

Weihnachten – Fest der Liebe und Besonnenheit. Mit diesen Klischees räumt Marc-Andreas Bochert kräftig auf. Weihnachten - In Wirklichkeit eher ein soziographisches Problem (1) – „man muss reagieren, kann sich nicht davon stehlen. Man muss reflektieren: Wer bin ich, wer ist mir wichtig und wem bin ich wichtig. Dieser Tag hat immer etwas mit Familie zu tun“ (Boje Buck, Produzent 2) – und wenn es nur die „Ersatzfamilie“ in sicherer Distanz ist. Nach einer schicksalhaften Nacht sieht alles anders aus, und „als spät in der Nacht der Weihnachtsstern über Köln aufgeht, hat die Welt für einige Menschen einen neuen Zauber bekommen.“ (3)




(1) Arte
(2) frei nach http://www.german-cinema.de/archive/film_v...php?film_id=741
(3) http://www.zdf.de/ZDFde/einzelsendung_cont...2208518,00.html


#58 bateman23

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Geschrieben 29. Dezember 2003, 23:20

Wir sind nur Puppen im gnadenlosen Marionettenspiel des Lebens

Dolls
(20.12.2003 – Kino Atlantis)


Vor einiger Zeit habe ich Dolls zum ersten Mal auf DVD gesehen. Damals wusste ich nicht so recht, was ich von dem Film halten soll. Und auch jetzt, nachdem ich den Film im Kino genießen durfte fällt es mir immer noch schwer ihn einzuordnen und mit bestimmten Attributen zu verknüpfen.
„Dolls“ - Ein Film, der einen merklichen Einschnitt in Kitanos Schaffen darstellt. Die sonst so offen gezeigte Gewalt, wird hier schön verpackt und subtil dargestellt. Nicht desto trotz ist sie immer noch vorhanden, und das nicht zu knapp. Nicht zu unrecht bezeichnet Kitano sein Werk selbst als seinen bisher gewalttätigsten Film. Und auch sonst gibt es Parallelen zu Kitanos bisheriger Arbeit. Dolls ist ebenfalls unverkennbar von der typischen japanischen Mentalität und der traditionellen Kultur inspiriert, basiert er doch auf der Kunstform des „Bunraku-Theaters“. Dabei werden Puppen von schwarz-verhüllten Puppenspielern über die Bühne bewegt, während Joruri-Sänger und Shamisen im Hintergrund sitzen, singen und die Geschichte erzählen. (1)

In drei – nur lose zusammenhängenden – Episoden philosophiert Kitano über Liebe, Schicksal und Treue. Matsumoto is glücklich verliebt: in Sawako. Trotzdem wird er nicht glücklich werden. Er beugt sich den Wünschen seiner Eltern und heiratet eine andere. - Die Tochter seines Chefs. Er entscheidet sich damit für seine Karriere, für ein vermeintlich leichteres Leben und gegen die Liebe.
Als er jedoch am Tag seiner Hochzeit erfährt, dass Sawako die Zurückweisung nicht verkraftet hat und nach einem Selbstmordversuch im Krankenhaus liegt, lässt er seine Braut am Traualtar stehen und eilt zurück zu seiner großen Liebe. Er gibt sein bisheriges Leben auf, und wandert mit Sawaka „verbunden“, wie in der Legende der „Bound Beggars“ durch die Gegend. Im Verlauf ihrer ziellosen Wanderung kreuzen sie die Wege anderer tragischer Figuren. - Der alternde Yakuza, der seiner Jugendliebe nachtrauert und erkennen muss, dass er sich für das Falsche im Leben entschieden hat. Oder der Popstar, der einen Autounfall nur mit schweren Verletzungen überlebt, und sich von nun an nicht mehr der Öffentlichkeit zeigen will. Nur ein treuer Fan will das nicht akzeptieren…

„Dolls“ ist ein tragischer, bittersüßer Film. Ein „poetisches Gemälde“ in dem die Figuren durch alle Jahreszeiten, und damit durch wunderschöne Szenarien spazieren. Ich würde gerne mehr schreiben, leider fehlt mir dazu irgendwie die Zeit und die Muße. Das ist umso mehr schade, als der Film in frappierender Art und Weise meine momentanen Gefühle widerspiegelt…Ein abschließender Gedanke sei mir noch erlaubt: Sind wir wirklich reine Marionetten unseres Schicksals? - Zumindest eins kann ich nach dem Film definitiv sagen: Wir sind Marionetten unserer Gefühle… - zumindest ich.




(1) http://www.sagecraft.com/puppetry/definiti...nraku.hist.html
(1) http://www.info.soph...reas/film06.htm


#59 bateman23

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Geschrieben 31. Dezember 2003, 01:25

„Ich war mein ganzes Leben lang unterwegs.“ / „Dieses Bündel, das ist die Familie.“

The Straight Story
(28.12.2003 - TV)


„The Straight Story“ – bei jedem anderen Regisseur hätte ich bei diesem Titel tatsächlich eine straighte, geradlinige Geschichte erwartet. Doch bei David Lynch? Aus dem Mund dieses Mannes wirkt dieser Titel nicht nur ironisch, da wirkt er gar höhnisch – so als wolle er den Zuschauer auslachen. Wenn man andere Werke Lynchs kennt, wie Lost Highway oder Mulholland Drive, dann kann man solche Attribute wie geradlinig oder direkt einfach nur noch schwer mit diesem Namen assoziieren. Denn als einfach zu durchschauen gelten seine Werke wahrlich nicht (ich weiß gar nicht wie oft ich mich schon an Lost Highway versucht habe…). Umso mehr hat mich der Film überrascht.

Der 73-jährige Witwer Alvin Straight ist nicht mehr ganz so rüstig: Nach einem Sturz in den eigenen vier Wänden, liest ihm der Arzt die Leviten. Wenn er seine Lebensweise nicht radikal ändert, hätte er nicht mehr lange zu leben. Doch der sture Alvin denkt gar nicht daran, das Rauchen aufzugeben, oder gar eine Laufhilfe zu benutzen. Als er erfährt, dass sein mit ihm zerstrittener Bruder einen Schlaganfall erlitt, wird es sogar noch schlimmer. Alvin setzt es sich in den Kopf seinen Bruder aufzusuchen, und Frieden zu schließen. Doch das ist gar nicht so einfach: Der Bruder lebt im 500 km entfernten Mt. Zion, Wisconsin, Alvin kann kein Auto mehr fahren, Busse pendeln auch keine. Also greift Alvin kurzerhand zum heißgeliebten Rasenmäher, spannt einen Anhänger an, und macht sich auf den Weg…

Und es beginnt tatsächlich wie ein typischer Lynch: Die „spießbürgerliche“ Ruhe eines amerikanischen Städtchens, der saftig grüne Rasen, die lange, ruhige Kamerafahrt, als sich die Haustüre öffnet… Doch es wird nichts Obskures, Durchgedrehtes oder Perverses passieren. Es gibt keine kryptischen Botschaften - Die Geschichte bleibt geradlinig, straight, ruhig. Und ruhig ist an dieser Stelle durchaus wörtlich zu nehmen: Der Soundtrack ist auf drei oder vier spärlich eingesetzte Songs minimiert. Lynch begleitet Straight einfach nur auf seiner Reise. Die Kamera bewegt sich gemächlich über Landstraßen, fliegt fast schon bedächtig über Kornfelder. Genauso wie der Protagonist mit seinem Rasenmäher in seine Umgebung eintaucht, verliert sich auch der Zuschauer in den Bildern. Und selbst, wenn nur zwei alte Kriegsveteranen am Tresen sitzen, und sich an früher erinnern, bauen sich die Bilder des Krieges vor dem geistigen Auge auf, hört man das Kriegsgetöse, spürt man das Leid… Wie schreibt die Frankfurter Rundschau so schön: „So 'straight' ist diese Story, dass sie fast schon wieder surreal erscheint.“


#60 bateman23

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Geschrieben 01. Januar 2004, 23:34

Dogville
(31.12.2003 - Atlantis)


„Vieles wird mit menschlicher Unzulänglichkeit entschuldigt, für das es wegen
unzulänglicher Menschlichkeit keine Entschuldigung gibt.“
(Rupert Schützbach)




Sprachlos… vorerst






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