Ichi The Killer (Koroshiya 1)
Japan / Hong Kong / Südkorea 2001
Regie: Takashi Miike
Es muss so etwa Herbst/Winter 02 gewesen sein, als ich das erste mal von diesem Film gehört habe. Ich hatte damals mit asiatischen Filmen noch relativ wenig Erfahrung und kannte nur einen einzigen Film von Miike, nämlich
AUDITION. Der hatte mir auserordentlich gut gefallen und so hoffte ich, dass Miikes Neuer ein ähnlich Meisterwerk werden würde. Der Hype rund um den Film in diversen Foren war gewaltig und der Trailer sah interessant aus und liess auf einen sehr extremen Film schliessen. All dies führte dazu, dass ich am Erscheinungstag im Jänner 03 rund €40 für die Verleih-DVD von Raptor hinblätterte. Zuhause angekommen wanderte die Scheibe auch sofort in den Player und was dann folgte war eine riesige Enttäuschung. Der Film war so ganz anders als ich ihn mir vorgestellt hatte und hatte nichts von all dem zu bieten, was mir an Audition so sehr gefallen hatte. Ich Fand den Streifen langweilig, konfus, seltsam und die Gewalt gegen Frauen in dem Streifen abstossend. Enttäuscht und verärgert über den teueren Fehlkauf (und zwar so sehr, dass ich in einem Forum sogar behauptete, ein Freund von mir hätte die Scheibe gekauft und ich hätte den Film bei ihm gesehen
![Eingefügtes Bild](http://img329.imageshack.us/img329/9816/tonguekc4.gif)
) wanderte die Disc in den Schrank und schimmelte dort gute 4 Jahre vor sich hin - bis ich gestern plötzlich beschloss, dass es an der Zeit wäre, dem Film eine zweite Chance zu geben. Denn Filmgeschmack ist ja bekanntlich ständigen Veränderungen unterworfen und ausserdem hatte ich in den letzten Jahren eine gewisse Affinität zu asiatischen Filmen entwickelt und bin mit diesen heute wesentlich besser vertraut als dies noch vor 4 Jahren der Fall war.
Und tatsächlich kann ich behaupten, dass mir der Film diesmal deutlich besser gefallen hat, als damals. Zwar würde ich ICHI nach wie vor nicht unbedingt als besonders guten Film bezeichnen, aber er hat schon seine Momente. So ist z.B. das Sammelsurium an total abgedrehten Charakteren wohl absolut einzigartig. Ein Yakuza mit extremer S/M-Neigung, ein geistig zurückgebliebener, ständig heulender Killer, derm nur einer abgeht, wenn er sieht wie Frauen verprügelt und vergewaltigt werden, ein Kerl, der ständig mit künstlichen Hundohren auf dem Kopf rumläuft und gerne mal Nutten zwischen den Beinen rumschnüffelt, etc. Und auch in Sachen Gewalt dürfte der Film im sowieso nicht gerade gewaltarmen asiatischen Kino so ziemlich an der Spitze stehen. Da wird gefoltert, verstümmelt und gemordet was das Zeug hält. Abgeschnittene Zungen, abgeschnittene Nippel, abgetrennte Gliedmassen, literweise Blut und tonnenweise Gedärme. Das ist meist derart überzeichnet, dass es nur schwer ernstzunehmen ist. Doch gerade die Gewalt gegen Frauen wirkt teilweise sehr realistisch und hinterlässt auch heute noch einen fahlen Nachgeschmack. In diesem Bereich bewegt sich Miike IMO schon sehr knapp an der Grenze des Akzeptablen. Teils werden die Gewaltexzesse aber auch wieder durch sehr kruden Humor aufgelockert. Wenn Kakihara z.B. auf die Frage seines Bosses, was zur Hölle er da mit Suzuki anstelle, nur lapidar meint "Nichts. Nur ein wenig foltern." oder wenn Ichi der Nutte, nachdem er ihren Zuhälter, der sie ständig verprügelte, umgebracht hat, grinsend erklärt "Keine Sorge. In Zukunft werde ich dich verprügeln.", dann kann man sich ein Grinsen kaum verkneifen.
In jedem Fall also eine etwas zwiespältige Angelegenheit, dieser Streifen. Einerseits hat er mich doch ganz gut unterhalten, andererseits finde ich es irgendwie ein wenig bedenklich, dass ich bei solch einem Film Spass habe. Even if it`s just a movie.......
BTW: Als gegen Ende des Films Ichi und Kakihara gegeneinander kämpfen, fügt Ichi Kakihara eine Schnittwunde an der Stirn zu. Nachdem Kakihara vom Haus gestürzt ist, ist diese Schnittwunde plötzlich wieder verschwunden. Filmfehler? Oder hab ich da irgendwas falsch verstanden?