Beutelschneider, Zeitschinder, Nervenzerrer
#601
Geschrieben 24. Januar 2007, 20:20
Der verkappte Rockmusiker Jason hat gerade ein Stimmungstief, und als ihn auch noch ein schmächtiger Jugendlicher was auf die Fresse gibt, den er als jemand bezeichnet, der „schwul riecht, besonders hinten raus“, ist er reif für einen Urlaub. Da kommt die Annonce von Hairy Holidays gerade recht, doch statt in einen Sex- und Sauna-Club, wie sich das Jason so vorstellt, geht die Reise direkt in die Arme des irren Dr. Frankenstein (Dr. Storm im Original). Der hat nichts besseres im Sinn als mit seiner grantigen Frau Olga Jugendliche zu willenlosen Zombies zu machen, wozu ihnen Frankenstein unsinnige Kanäle in den Schädel bohrt. Nach der Behandlung zappeln die Experimente („Das sind angehende Studenten, die sprechen erst wieder, wenn Dr. Frankenstein sie geheilt hat!“) wie hilflose Marionetten, wenn Frankenstein zu seinem Vergnügen an einem riesigen Elektronengehirn nur die richtigen Knöpfe drückt. Jason hat sich auf seiner Reise mit der flotten Judy angefreundet, die in Frankensteins Sanatorium ihre Tante besuchen möchte. Schwer hat er zu kämpfen, um sie aus Frankensteins („Ich brauche mehr Menschenmaterial!“) Krallen zu befreien, denn neben einigen sinistren Helfern, die stets in Lederkluft und mit Motorradhelmen herumlaufen, haust im Keller des Erbauungszentrums auch noch ein notgeiles Monster aus Matsch, dessen Geheimnis erst ganz am Ende gelüftet wird. Richtig großes Kino ist FRANKENSTEINS HORROR-KLINIK und bietet so in etwa alles, was man sich nur wünschen kann: Grusel, Spannung, Gekröse, nackte Haut, hirnverbrannte Wissenschaftler, außer Kontrolle geratene Experimente, einen Zwerg, Motorradkiller wie aus THE UNDERTAKER AND HIS PALS entliehen und ein herumgeisterndes Supermonster, das jeder näheren Beschreibung (und Erklärung) spottet. Die großartigste Idee ist ohne Zweifel Frankensteins Auto mit einer ausfahrbaren Sense, mit denen er Flüchtenden die Rübe runterhaut. („Ich verlange saubere Arbeit, Frederick, der Wagen ist frisch gewaschen!“) Langeweile kommt hier gar nicht erst auf, wozu auch die deutsche Synchronisation ihr Scherflein beiträgt und mit allerlei menschenverachtenden Grobianitäten und Schnodderigkeiten aufwartet. Im Original ist der Film schon dammich gut, in der deutschen Synchronfassung allerdings fast noch besser, wie ich finde. Gern ist man in FRANKENSTEINS HORROR-KLINIK auch zu Gast, weil mit Michael Gough einfach ein exzellenter Mad Doctor aufgefahren wird, der nicht nur sehr böse gucken kann, sondern in jeder zweiten Szene auch noch unendlich bedrohlich die Finger knacken lässt. Dennis Price und zahlreiche andere Gesichter des gepflegten britischen Schocker- und Schauerkinos werden gratis mitgeliefert. In der Tat ein Film, so die damalige Verleihwerbung, „von hexenhafter Gespenstigkeit und teuflischer Dämonie“, und dabei auch gewiss nicht zu knapp mit „okkultistischen Ritualen wahnsinniger Menschenverunstaltungen“ bestückt – kurzum: FRANKENSTEINS HORROR-KLINIK bietet mir immer wieder all das, was das Kino der 70er so unendlich reizvoll macht, denn „noch nie war man dem Anlitz des Satans so nahe“ wie hier!
#602
Geschrieben 25. Januar 2007, 12:07
(Italien 1981 – Lucio Fulci)
In einem kleinen englischen Ort treibt eine schwarze Katze ihr Unwesen und ist für zahlreiche unerklärliche Todesfälle verantwortlich zu machen. Inspektor Gorley und vor allem die zugereisten Fotografin Jill finden heraus, dass die Katze den dunklen Befehlen ihres Herren folgt, des Mediums Professor Miles, der am liebsten mit einem riesigen Tonbandgerät nachts auf dem Friedhof weilt und die Gespräche der in ihren Gräbern modernden Toten aufzeichnet. Im Dorf ist der Professor nicht sonderlich gut angesehen und auch Miles macht keinen Hehl daraus, dass er mit den verbohrten Dörflern nicht viel anfangen kann. Seinen Hass auf die Bewohner, gespeist vor allem durch das Unverständnis gegenüber Miles´ Arbeit, animiert die Katze zu ganz eigenen Konsequenzen. Miles versucht nach mehreren bitteren Erkenntnissen sogar die Katze zu ermorden. Aber das Vieh dreht tot erst so richtig auf. Gegen Ende werden dann auch Kelle und Steine geschwungen, weil es die Vorlage von Poe nun einmal so fordert. Ansonsten ist man bei der Auslegung der Geschichte mehr als nur großzügig zu Werke gegangen, was aber ja nicht zwangsläufig zu einem schlechten Ergebnis führen muss. Gewinnen kann THE BLACK CAT, der mir losgelöst von der Poe-Geschichte mittlerweile weitaus besser gefällt als noch vor ein paar Jahren, vor allem mit seiner hübschen Besetzung. Al Cliver als Dorfpolizist, der Warbeck als Inspektor, Dagmar Lassander als lebende Fackel und natürlich Mimsy Farmer als Fotografin (mit einer fürchterlichen Elke-Sommer-Frisur) sind zwar mehr als Dreingabe mit dabei, weil Patrick Magee sowieso allen die Show stiehlt und jede Szene absolut und ohne Frage dominiert, aber trotzdem freut man sich nicht wenig, die ganze Mischpoke hier versammelt zu haben. Stilistisch fährt der Film im Kielwasser vom zuvor abgedrehten EIN ZOMBIE HING AM GLOCKENSEIL mit moderigen Grüften, dunklen Kellern, nebeldurchwaberten Straßen und der einen oder anderen etwas mehr als deutlich auf die Leinwand geworfenen Scheußlichkeit. Bis zum Exzess spielt Fulci in THE BLACK CAT aber mit bildfüllenden Augenpaaren und starren Blicken von Mensch zu Mensch und Mensch zu Tier, die wie Duelle wirken. Pino Donaggios Musik ist herrlich, bietet ein tolles Titelthema und manchmal hat man in der Tat das Gefühl, einem De Palma beizuwohnen. Ja, ein schöner Film ist das.
#603
Geschrieben 25. Januar 2007, 20:05
(USA 1974 – William Girdler)
Tief in Nigeria forscht der amerikanische Pfaffe und Archäologe Dr. Garnett Williams nach den Ursprüngen seiner Kultur. Dabei öffnet er versehentlich eine Schatule mit der Asche des Dämon Ishju (oder so ähnlich), was ganz ungeheuerliche Folgen hat. Denn der Geist von Ishju, welcher als besonders schlimmer Sex-Dämon verschrien ist, saust direkt in den Körper von Abby, der Schwiegertochter von Dr. Williams. Abby verdingt sich daheim im nur scheinbar sicheren Amerika als Solistin im Gospel-Chor (tatsächlich ist auch der Wallewalle-Singsang mit dem Titel „My Soul is a Witness“ von Hauptdarstellerin Carol Speed ersonnen) und hat alle Hände voll damit zu tun, ihre Liebsten und Nächsten, Freunde und Bekannten jederzeit und selbst zwischen Tür und Angel mit Texten aus dem Gebetbuch zu behelligen. Umso größer der Schock und Schrecken, als über Abbys Lippen nur noch Unflat kommt, sie ihrem Mann Hemmett mal gehörig die Eier quetscht und am liebsten nur noch auf ihrem Bett sitzt und wie von Sinnen lacht und gackert. Auch die Ärzte können ihr nicht helfen, deshalb kloppt Abby die bei einen besonders schlimmen Anfall nieder und haut aus dem Krankenhaus ab, um sich dem wolllüstigen Leben in schmierigen Kneipen mit Nachtausschank hinzugeben. Den Männern, denen sie sich an den Hals wirft, bekommt die Begegnung mit dem Dämon in Abby natürlich nicht so sonderlich gut. Doch Hilfe ist schon in Form des schnell aus Nigera in die Heimat zurückgekehrten Dr. Williams unterwegs, der dann an der Furie in der stimmungsvollen Umgebung einer besonders schäbigen Disco-Spelunke den Teufelsaustrieb vornimmt. Aus den Kinos ist Girdlers überaus sehenswerter EXORZIST-Abklatsch ja ziemlich schnell herausgeflogen, nachdem die AIP von der Warner einen dicken Prozess angedroht bekommen hat. Zu unrecht übrigens, wie sich ja später in einem ganz anderen Verfahren mit der streitwütigen Warner gezeigt hat. Leider ist ABBY auch danach im Keller geblieben, was überaus schade ist, weil der Film einer der (leider nur) wenigen Blaxploiter mit Horrorthematik ist - und ganz sicherlich zu den besten Vertretern dieser Zunft zählt. Ganz straight ist ABBY ausschließlich mit Schwarzen besetzt. Neben Carol Speed aus THE MACK erfreut das Herz besonders BLACULA William Marshall und natürlich Austin Stoker, den man ja vor allem aus Carpenters ASSAULT – ANSCHLAG BEI NACHT kennt. Gemessen an den spaßigen Szenen braucht sich ABBYnicht hinter dem Original zu verstecken, zumal der Blaxploiter in seiner höchst rüden Art auch das Kunststück vollbringt, den fürchterlichen Unsinn des Großfilms zu entlarven und - vor allen Dingen im Bezug auf das religiöse Brimborium - so überspitzt darzustellen, dass man die ganzen Posse rund um den Sexdämon unmöglich ernst nehmen kann. So kotzt Abby Schleim, knüppelt Leute nieder und schnoddert die besorgte Familie in Grund und Boden weniger um des Schockierens willen denn zum Zwecke der puren Unterhaltung und des damit einhergehenden Vorteils, ungehemmt Mitjohlen zu können. Trotz des ganzen Schabernacks bemüht sich ABBY durchgehend um einen recht ernsten Ton, wenngleich der Pfad von Schund & Scheiß nie verlassen wird und der nächste Brüller immer nur eine Szene weiter auf den bereits auf seinen Zuschauer wartet. Ernst muss ja auch nicht sein, denn am Ende entscheidet ja sowieso nur, ob der Film rundum zu gefallen weiß. Und man muss schon ein ziemlich humorloser Mensch sein, wenn man mit diesem Film keine großartigen 90 Minuten verbringen kann. Ebenso wie von Girdlers höchst ansehnlichen THREE ON A MEATHOOK ist eine offizielle DVD von ABBY mehr als überfällig.
#604
Geschrieben 26. Januar 2007, 12:05
(Japan 1969 – Sigehiro Ozawa)
Oryu zieht es in dieser Folge der Serie zu ihrem Onkel Kawabe, dem örtlichen Chef der Yano-Familie, der von der Regierung den Auftrag hat, eine Eisenbahnlinie zu bauen, die Tenmei mit dem entfernten Kyushu verbindet. Darüber ist der Arakida-Clan ziemlich sauer, weil sie selbst über viel bessere Möglichkeiten verfügen, den hoheitlichen Auftrag zu erfüllen. Nun stehen die Arakidas allerdings in dem Ruf, eine ziemlich miese Yakuza-Verbrecherbande zu sein, die die Spielregeln der Clans nur zu gerne brechen – und die Eisenbahnlinie in erster Instanz als höchst willkommenes Mittel sehen, ihr sinistres Treiben bis in die Stadt auszuweiten. Was das Zeug hält sabotieren die Arakidas nun das Werk der Yanos und schrecken auch nicht davor zurück, den eh schon gesundlich schwer angeschlagenen Kawabe so zu verärgern, bis dieser stirbt. Auf dem Totenlager überträgt Kawabe alle Verantwortung für den Bau der Linie Oryu, die dem Aufbegehren der Arakidas auf ihre Weise begegnet. Etwas verwirrend ist bei diesem wie immer hervorragenden Ränkespiel der Umstand, dass einige der Rollen mit Darstellern besetzt wurden, die in den vorangegangenen Filmen ganz andere Person darstellten. Vor allen auch Ken Takahara, der Oryu einmal mehr als Partner beigegeben wird. Junko Fuji rasselt wie gehabt ebenso schön mit dem Säbel wie sie den Weg für die Liebe zweier junger Leute ebnet, den Ehrenkodex der Yakuza hoch hält und jeden Schlimmfinger mit wenigen Griffen sprichwörtlich aufs Kreuz legt. Das überaus hohe Niveau der Serie wird ohne jeden Abstrich gehalten, was überhaupt nicht selbstverständlich ist und demzufolge auch nicht wenig beeindruckt. Etwas blödsinnig ist lediglich die Installation eines kleinen spaßigen Diebes, dem Oryu zweimal hilfreich zur Seite springen muss und der sich dafür mit allerlei Witzen bedankt. Der hätte nicht wirklich sein müssen, weil der Rest des Films vor allem tragisch, trocken und recht ernst ist. Wirklichen Schaden erleidet der vierte Aufguss dadurch aber nicht. Je weiter die Serie voranschreitet, wird das Entsetzen jedenfalls immer größer, dass diese exquisiten Filme außerhalb Japans nach wie vor nicht zu haben sind – und das, wo nun wirklich selbst jeder drittklassige Nonsens noch den Weg in die westlichen Gefilde macht.
#605
Geschrieben 26. Januar 2007, 19:05
Isaac Hayes, der in diesem Film schon genauso viel schwitzt wie Jahre später in DIE KLAPPERSCHLANGE, ist der mit allen Wassern gewaschene Justiz-Vollstrecker Truck Turner. Zusammen mit seinem Partner Jerry fängt er auf Kaution freigelassene Gangster ein, wenn diese nicht zu ihren Gerichtsterminen erscheinen. Turners Vorname ist das Synonym für die Vorgehensweise des Duos, denn sobald erst einmal auf Auftrag angenommen wurde, wird von Truck und seinem Partner so ziemlich alles umgerannt, was ihnen in die Quere kommt. Eines Tages sollen sie für 1000 Dollar pro Nase den ungemein rücksichtslosen Zuhälter Gator einfangen. Dass dieser dabei allerdings über die Klinge springt, nimmt den „Neger-Kopfgeldjägern“ die dicktittige Dorinda sehr übel, die in Gator verknallt war. Dorinda reißt sich nicht nur alle Nutten („Sie hat zwei Jahre Philosophie studiert, sie pimpert unheimlich intellektuell.“) von Gator unter den Nagel, sondern kann ihre Zuhälterkollegen auch dazu bringen, auf Truck und Partner Jerry Jagd zu machen. Doch der „schwarze Schokoladenheini“ ist natürlich nicht so einfach zu besiegen und erst, als sich der wanstige Blue, den Yaphet Kotto mal wieder sehr hinreissend spielt, einmischt, brennt so richtig die Luft. Zimperlich sind weder die Action noch die Umgangsformen in diesem herrlichen Spaß, wobei die deutsche Synchronisation auch ganz gut aufdreht. Dorinda wird gespielt von Nichelle Nichols, die in diesem Streifen genau das Gegenteil der kreuzbraven Lt. Uhura ist – unschwer zu erraten, dass mir ihre Darstellung hier weitaus besser gefällt. Manchmal überragt gar das Gebahren der Bösewichter all das Gute meilenweit, das von Hayes und Weeks personifiziert wird. Aber Turner ist allein schon deshalb der einzige wirkliche „schwarze Bomber“ in diesem Film, weil es außer ihm niemand zustande bringt, mit einer umgeschnallten Magnum ins Bett zur Liebsten zu kriechen. Die Musik ist in diesem „Schwatten-Film“ auch enorm gut, ebenso die Kostüme der Luden, die mal wieder in allen Farben und Schnitten der frühen 70er schillern und wallen. Auge und Ohr kriegen es bei TRUCK TURNER ganz schön besorgt, was allemal auch Grund genug ist, den Film regelmäßig aufspielen zu lassen. Zumal man auf der DVD auch wirklich alles erkennt. Gut kann ich mich noch erinnern, dass POKER in den frühen 80ern bis zum Erscheinen der Kassette von VCL ziemlich heftig als miese und ungeheuer dunkle (was bei einem „Schwatten“ ja immer ganz besonders schlecht ist) Raubkopie kursierte. Das Publikum mit Videoerstausstattung hatte seinerzeit einfach einen wirklich erstklassigen Geschmack.
#606
Geschrieben 28. Januar 2007, 18:57
(USA 2003 – Tim Burton)
Will Bloom kennt seinen Vater Edward vor allem als Erzähler abenteuerlicher und damit völlig unglaublicher Geschichten, mit denen er sein eher langweiliges Leben rücksichtslos ausschmückte. Entnervt hat Will deshalb jahrelang den Kontakt mit dem Lügenbaron gemieden. Als der Alte am Dahinsiechen ist, unternimmt der Sohn noch einmal den Versuch, die Wahrheit aus seinem Vater rauszuquetschen. Und die sieht dann in der Tat recht märchenhaft aus und lässt sich trotz allerlei Computerquatsch auch ganz angenehm und durchaus schmerzfrei ansehen, in sich schlüssig ist der Film allein schon deshalb nicht, weil er die Figur der Mutter komplett links liegen lässt, die ja nicht unwesentlich und schon wesentlich früher zur Wahrheitsfindung hätte beitragen können. Zwei Stunden wird man von Tim Burton zwar nett bedient und kriegt allerlei serviert, sättigen kann ich mich an derlei aber nicht. Außerdem ging mir das Gedudel von Danny Elfman nach rund einer Stunde auch ziemlich mächtig auf den Keks. Ein Highlight war jedoch die Szene, in der der junge Edward in einen verwunschen Ort im Wald vordringt und dort ein leicht debil ausschauender Mann auf der Veranda vor seinem Haus hockt, ein Banjo in der Hand und ein wenig „Duelling Banjos“ aus BEIM STERBEN IST JEDER DER ERSTE klampfend. Mit dem Boorman-Film wären die zwei Stunden, die BIG FISH in Beschlag nahm, besser und sinnvoller gestaltet gewesen. Selten einen Film mit solcher Gleichgültigkeit über mich ergehen lassen – und schon gar keine Burton.
#607
Geschrieben 28. Januar 2007, 18:58
((BR) Deutschland 1969 – Werner Jacobs)
Nach dem Tod seiner Eltern lebt Heintje bei seiner Tante. Schon morgens holt er für sie eine riesige Tüte Brötchen, macht ein tolles Frühstück, schmiert sich selbst sein Pausenbrot und packt seinen Ranzen, singt, trällert und zwitschert dazu wie ein Vögelchen, und zwar dermaßen, dass einem schon nach fünf Minuten unweigerlich das Herz aufgeht. Die Tante hat sich nun allerdings mit einem Modevertreter eingelassen, der Heintje nicht ausstehen kann und die arme Frau zudem Tag und Nacht Näharbeiten erledigen lässt. Irgendwann ist die Tante auch mal am Ende und auf Drängen ihres Modezaren geht sie schließlich zum Jugendamt, um Heintje in ein Heim stecken zu lassen. Da ist jedoch der Lebemann und Pferdenarr Alfred Teichmann vor, der sich nach der Beseitigung einiger Hindernisse mit Heintje angefreundet hat. Zwar kann auch er nicht verhindern, dass das Kindermegafon ins Heim kommt, nimmt ihn aber später freudig in die Arme, als Heintje kurzerhand abgehauen und auf eigene Faust seinem Freund Alfred, der gerade Urlaub in der Schweiz macht, nachgereist ist. Bei seiner Flucht wird Heintje noch von Verbrechern dazu benutzt, ein geheimnisvolles Päckchen über die Grenze zu schmuggeln, darin befindlich: eine Bleischatulle mit radioaktivem Cobalt! Heintje und Alfred wissen natürlich nichts von dem gefährlichen Inhalt und hantieren damit ziemlich unbeschwert herum, während Gangster, Jugendamt und Polizei jagt auf die beiden machen. Statt auf flotte Action setzt dieser erste richtig große Heintje-Film natürlich voll und ganz auf den Bubbi aus Holland und seine Gesangsnummern, die aber noch merklich verstreut, mit vielen größeren Lücken und zumeist ohne Zusammenhang zum Geschehen auf der Leinwand in den Film gekippt wurden. So latscht Heintje denn auch nach der niederschmetternden Mitteilung, dass er wie befürchtet doch ins Heim muss erst einmal in Alfreds Pferdestall, füttert dort die Gäule mit Möhren und singt dazu seinen Knaller „Mamatschi – Schenk mir ein Pferdchen“. Das passt zur Stimmung natürlich so absolut rein gar nicht, weil Heintjes Herzschmerz ja nicht vom fehlenden Hottehüh herrührt, sondern vor allem vom Ungeliebtsein und wegen fehlender Freundschaften. Viel besser will sich da schon das wunderschöne Lied „Scheiden tut so weh“ in den Film fügen. Am Ende wird jedenfalls gleich zweimal geheiratet, dabei ist dieser Schluss einzig dazu angetan, noch einmal Flur zu machen für einen weiteren Heintje-Knaller. Dramaturgisch endet HEINTJE – EIN HERZ GEHT AUF REISEN nämlich bereits gut fünf Minuten früher. Aber schlimm ist das natürlich nicht, weil gerade ältere Semester ja gern beäugen, wie sich Männlein und Weiblein nach ihrer Findung nicht in einem Lotterleben sondern in geordneten und sittsamen Verhältnissen wiederfinden. Gleichzeitig ist das die Krux bei diesem Film, der ganz klar die Gefühlswelten von Frauen bedient, deren Wechseljahre unlängst blasse Erinnerung sind. Folglich sitzen in einer Terassen-Szene in der Schweiz, wo Heintje auf Bitten des Gastwirts einen Abend lang mit Gesang unterhält, auch nur welke Vetteln und feiste alte Männer mit sichtbaren Bluthochdruck herum. Ganz vergessen werden jüngere Semester, die am Gesangswunder Heintje auch ihre Freude haben möchten und die sich mit seinen Auftritten in den Schwänken der SCHULE-Serie allein nicht zufrieden geben. So bleibt mit HEINTJE – EIN HERZ GEHT AUF REISEN ein Film, in den man durchaus hereinwachsen kann.
Ganz großartig zu diesem Heintje-Abenteuer finde ich übrigens den „China“-Kommentar in der IMDB. Ebenso interessant wie erstaunlich, wo unter welchen Umständen so mancher Film auftaucht und ungeahnte Erfolge feiert. Und schon gar nicht dermaßen zeitversetzt. Aus der deutschen Kulturgeschichte ist Heintje eh nicht wegzudenken oder gar wegzudiskutieren. Auch zu behaupten, Heintjes Musik stinke wie der Käse seines Geburtsortes Limburg finde ich nicht nur frech, sondern das schreit schon heftig nach Arschvoll.
#608
Geschrieben 29. Januar 2007, 15:58
(USA 1968 – John Sturges)
Rock Hudson schippert mit seinem Atom-U-Boot in geheimer Mission zum Nordpol. Unter dem Eis hindurch soll er Agenten in noch viel geheimerer Mission zur angeblichen Wetterstation Zebra bringen, die vor allem aber ein Schlachtfeld für Top-Spione ist, die sich um den Inhalt eines abgestürzten Sateliten balgen. Oder besser gebalgt haben, denn am Leben ist kaum noch einer in der Hölle aus Schnee und Eis. Doch nicht nur mit den murrigen Agenten muss sich Hudson plagen, sondern an Bord seines U-Boots ist auch ein verkommenes, falsches und verschlagenes Subjekt zugegen, das versucht, an der Mission und am U-Boot selbst möglichst großen Schaden anzurichten. Für Frauen ist in dieser fast schon kriegerischen Auseinandersetzung kein Platz, deshalb darf auch keine Frau beim bunten Treiben mitmachen. Und das stört dann immerhin auch nicht die dramatischen Abläufe innerhalb des hochmilitärischen Gemackers, wovon dieser Film immerhin hauptsächlich lebt. Spannend ist es in EISSTATION ZEBRA (na logo), und optisch und akkustisch wird alles aufgefahren, was 1968 zur Hand war: Bilder in Super-Panavision, Mehrkanalton, der auch die deutsche Fassung ziert (und der bei diesem Film auch auf der DVD enthalten ist, an sich bereits bemerkenswert) und vor allem auch höchst eindrucksvolle Unterwasseraufnahmen, die zuweilen so gut sind, dass man den Unterschied zwischen echtem U-Boot und Modell nicht mitbekommt. Ganz großes Kino also ist EISSTATION ZEBRA, was nicht nur am Staraufgebot zu erkennen ist, sondern ganz klar daran, dass man ihn mit Overtüre, Intermission, Entracte und Exit-Musik auch formal ordentlich aufgepumpt hat. Opern-Kino, aber nicht mit Sing und Sang, sondern mit Knall und Peng und ausnahmslos adrett gekleideten Männern, die auch nach tagelanger Fahrt im U-Boot und Gewaltmarsch durch die Eiswüste nicht gleich stinken wie Iltis.
#609
Geschrieben 29. Januar 2007, 16:01
Schon 35 Jahre ist es her, dass Graf Regula einer Vierteilung zugeführt wurde, denn der Graf ist ein elender Jungfrauenschlächter gewesen. Nach all den Jahren erhalten nun der junge Anwalt Roger und die schöne Baroness Lilian Einladungen auf das verfallene Schloss des „Blutgrafen“. Schon die Fahrt nach Mittelland (wieso nicht eigentlich gleich Mittelerde?) gestaltet sich schaurig mit zahlreichen Erhängten am Wegesrand, noch viel gruseliger wird es im alten Gemäuer von Regula. Dort betreibt Regulas untoter Diener schaurige Geschäfte, deren Erfolg die Wiederauferstehung des Grafen ist. Zum Fortbestand des „Meisters“ in der Welt der Lebenden ist vor allen Dingen ein aus Weiberherzen gepresstes Elixir und das Blut einer Jungfrau in Angst vonnöten – letzteres soll aus dem Leibe Karin Dors fließen, was klarerweise zu verhindern ist. An Roger hingegen muss sich Regulas Fluch erfüllen, denn ist er doch der letzte Nachkomme des Richters, der seinerzeit das Todesurteil über den „Blutgrafen“ fällte.
Man kann sagen, dass DIE SCHLANGENGRUBE UND DAS PENDEL vor allem von seiner höchst gemütlichen (und keineswegs schaurigen) Gruselatmosphäre und wirklich unzähligen witzigen Einfällen lebt, die den Film gehörig über die Runden der Kurzweil helfen. Etwas ungeschickt stellt sich Harald Reinl allerdings an, wenn es darum geht, wirklichen Horror zu produzieren. Der setzt sich in seinem Film vor allem aus Versatzstücken anderer Klassiker (z. B. Bavas DIE STUNDE, WENN DRACULA KOMMT), der dem Film zugrunde liegenden Geschichte von Edgar Allen Poe, der Anwesenheit von Hammer-Star Christopher Lee und vielen Totenschädeln und Skeletten zusammen, die die Szenen zieren. Allerdings eben nur zieren, denn für Grausen und Grusel eignen sie sich komischerweise in seinem Gebräu nicht so dolle. Mit tollen Bildern wird dafür Entschädigung betrieben, denn allein in Sachen Ausstattung ist DIE SCHLANGENGRUBE UND DAS PENDEL ein richtiger Verschwender, wenn auch die meisten Studiokulissen ials solche stets leicht erkennbar bleiben. In den auf der DVD mitgereichten Dokumentationen zum Dreh des Films wird gern das Wort „Grusical“ angeführt, um die Essenz des Films zu beschreiben. Das hat wohl vor allem der nicht ganz ernstzunehmende Charakter des Films zu tun. DIE SCHLANGENGRUBE UND DAS PENDEL sieht vor allem wie die Farce eines Horrorfilms aus. Und zwar genau in dem Maße, wie auch schon die Winnetou-Filme die Farce eines Western waren oder die Wallazen die des Krimis. Im Fall von DIE SCHLANGENGRUBE UND DAS PENDEL wird in allen Belangen mit deutscher Gründlichkeit so dick aufgetragen, dass es zuweilen schon weh tut. Gute Horrorfilme sind weniger überfrachtet. Immerhin geben sich der Lexy, die Dor, der Lee und vor allem der Lange Karl, der mit weitem Abstand die schönsten Szenen in diesem „Nervenfetzer“ hat, redlich Mühe in ihrem Versuch, all ihr Gegrause auf den Zuschauer zu übertragen. Man sieht es und hat Spaß daran – und schlecht ist DIE SCHLANGENGRUBE UND DAS PENDEL ja auch nicht, eher das Gegenteil. Nur wird er dem Genre, das er bedienen will, irgendwie nicht gerecht.
#610
Geschrieben 30. Januar 2007, 11:45
(USA 1973 – William Allen Castleman)
Mit Rockmucke von ziemlich schlechten Eltern begeistert die Kapelle mit dem einfallsreichen Namen „The Group“ ihr Publikum. Daneben beschäftigen sich die vier Boys mit Groupies, Schnaps und Drogen, wogegen trotz der Erfüllung sämtlicher Klischees und damit einhergehenden Vorurteilen nichts zu sagen ist. Die Managerin der Band will ihre Jungs nun auf eine Tournee bis nach Las Vegas schicken. Da trifft es sich gut, dass die vier vorher noch Bekanntschaft mit drei strammen und fickfrischen Fräuleins machen, die gerne mitreisen würden. Dolly ist eine rothaarige Bettbestie, Barbara ein knackiger Feger aus gutem Hause und Carol Speed ist in der Rolle der obligatorischen Negerschlampe zu sehen, die die Jungs mit allerlei Arschgekreise aufgeilt, wobei ein auf die Jeans genähter Schmetterling stets die Position ihrer Hintertür markiert, die wohl nur zu gerne Besucher hereinlässt. Alle kriegen jedenfalls eine ab, nur der dicke, schmerbäuchige Gitarrist Butts nicht. Butts hat mit Groupies eh so seine Nöte, denn er hat noch nie und auch nie Gelegenheit, obwohl er auch gerne mal möchte. Auf dem Trip nach Las Vegas rastet er deshalb auch so richtig aus, besäuft sich dauernd, kotz den halben Wald voll und nimmt sich einfach, was ihm seiner Meinung nach zusteht. Schnell ist da die Grenze zu Mord und Totschlag überwunden, weshalb Carol Speed zum Schluss zum jüngsten Gericht pfeift. Ein Film in Richtung Rape’n’Revenger ist BUMMER! nur auf den wirklich allerletzten Metern, leider. Vor allem die erste Stunde ist überaus zäh, es passiert bis auf ein paar kleine Exzesse kaum etwas von Belang und demzufolge dümpelt BUMMER! einfach ziemlich lang ziemlich planlos vor sich hin. Worin der Zweck des Films liegt, das ist in ersten Stunde kaum auszumachen. Mal verprellen die Mädels einen Luden, der sie recht gerne seinem Mädchenstall zuführen würde, die Band streitet sich über ein Engagement, dann wird mal wieder einer weggesteckt, was gesoffen und ein mieser Auftritt in den Mittelpunkt des Films geschoben. Sehr langweilig anzusehen, wäre da nicht die sehr schöne 70er-Schmuddelatmosphäre und das ruppige Finale. Friedman-Produktionen hat man wirklich schon bessere gesehen, zumal Castlemans BUMMER! auch weder als sleaziges Sozialdrama taugt noch mit dem künstlich gereckten Zeigefinger vor freier Liebe, Alkohol, Drogen und Rockmusik warnt. Nicht Fisch, nicht Fleisch. Dabei wird man den Verdacht nicht los, dass der Fleischanteil eigentlich das dominante Element in BUMMER! werden sollte. Pustekuchen, bis auf ein paar Schlüpfermädchen ist der Film selten zahm – vor allem und gerade für eine Produktion aus dem Hause Friedman.
#611
Geschrieben 31. Januar 2007, 13:51
(Kanada 1979 – George McCowan)
Nach den Roboterkriegen ist die Erde komplett unbewohnbar geworden, weshalb sich der letzte Rest der Menschheit in die Mondstadt New Washington zurückgezogen hat. Eine Droge, die in den Tiefen des Alls auf dem Planeten Delta III gewonnen wird, sichert – warum und wieso auch immer - das Überleben. Der völlig wahnsinnige Omus, der die Macht auf Delta III an sich gerissen hat, lässt eines Tages nun einen Kamikaze-Roboter in einem Giganto-Frachtschiff in die Mondbasis donnern. Gleichzeitig kündigt Omus an, alle Drogenlieferungen einzustellen und sich als Herr des Weltraums zu installieren, dem alle zu Füßen zu liegen haben. Der kluge Wissenschaftler Dr. Caball, sein Sohn Jason, das Blondchen Niki und der zum Lieb- und Artigsein umprogrammierte Kamikaze-Roboter aus den Trümmern des Frachters brechen kurzerhand in dem ungetesteten, nagelneuen Super-Raumschiff Star Streak nach Delta III auf, um Omus und seine Roboter herauszufordern. Damit der Film noch ein wenig länger als nötig dauert, unternimmt man zuvor jedoch noch einen völlig unsinnigen Abstecher zur Erde, wo strahlenverseuchte Kinder im Mischwald hocken und Angst haben. Obwohl sie mit ihren blonden Perücken so aussehen wie die Monsterblagen aus DAS DORF DER VERDAMMTEN müssen die natürlich auch noch gerettet werden. Anschließend wird ein Schwarzes Loch durchquert, das bunt und billig aussieht, die Reisenden jedoch direkt vor Delta 3 ausspuckt. Da hamwer aber nochma Glück gehabt. Die Roboterarmee von Jack Palance besteht aus abgezählten fünf Blechkumpane, die schauderhaft müllig aussehen. Aus sperrigen Pappkartons mit Blinklampen lassen die Schauspieler ihre Arme hängen und winken zuweilen gar ein bisschen. Wenn der Rest von DELTA III nicht so durch und durch nach End-70er-Unterhaltung aussehen würde, könnte man in der Tat zu dem Schluss kommen, einen Film aus den 50ern vor sich zu haben. Programmiert werden die Schlotterkisten übrigens mit Cartridges, die aussehen wie die vom Atari 2600. Immerhin das passt ja ganz gut in die Entstehungszeit des Films. Damit der Film noch etwas geschmeidiger reingeht, hat man mit dem umprogrammierten Kamikaze-Blechkameraden auch noch einen ziemlich erbärmlichen Possenreißer und Witzemacher beigegeben. Das ist alles andere als lustig – und elendig weit weg vom Witz eines STAR CRASH oder KAMPF UM DIE 5. GALAXIS. Am Ende explodiert Delta 3 und ein ganzes Raumschiff voller Drogen wird gerettet. Politisch korrekt ist das ja irgenwie nicht und vielleicht deshalb auch ganz sympathisch. Derlei windschiefe Elemente kommen in DELTA III dummerweise viel zu kurz und werden nicht großartig vertieft, was überaus schade ist, weil es dem Film weitaus besser zu Gesichte gestanden hätte, auch inhaltlich den Trash zu liefern, den die unsaubere Oberfläche des Streifens verspricht. Bedient wird mit handzahmer Unterhaltung aber einzig das jugendliche Publikum bis maximal 14 Jahre, das nach dem KRIEG DER STERNE wohl noch mehr dergleichen sehen wollte. So in etwa bildeten sich das Harry Allen Towers, der auch schon bessere Filme produziert hat, und die anderen Geldgeber wohl ein. Und die vier Ideen, die man bei H. G. Wells geklaut hat, sind dabei allenfalls noch dazu angetan einen Vorwand zu liefern, damit man sich mit dem wohlklingenen Namen auf dem Plakat und bei der Titeleinblendung schmücken kann. Mit THINGS TO COME hat McCowans Film natürlich nichts zu tun, und bevor ich mir diesen Blödsinn noch einmal antue, wandert zuvor noch ganz, ganz häufig sein weitaus besserer FROGS in den Abspieler.
#612
Geschrieben 01. Februar 2007, 12:16
(USA 2002 – Danny Draven)
Früher mal eine alte Lagerhalle, jetzt eine schicke Wohnung – und da halten Karen und ihr Freund Jerry nun Einzug. Treppauf gibt es noch eine alte Abstellkammer, zu die der Hausmeister allerdings keinen Schlüssen hat und was das junge Glück auch nicht daran hindert, den Mietvertrag mit ihrem Hermann zu zieren. Karen ist eine ziemlich verklemmte kleine Sau, rennt dennoch den ganzen Tag ausschließlich in Unterhemden durch die Wohnung. Jerry würde gerne mal, dass Karen ihn fesselt oder abreitet, sie will das aber nicht und zickt deshalb. Als sie den verschlossenen Raum irgendwann dann doch endlich einmal aufbrechen, steht darin ein altes Metallbett, was Karens Sexualverhalten grundlegend ändert. Auf der hergerichteten Koje wird sie zur Furie in Strapse. Jedoch hat das Bett eine unschöne Vergangenheit, denn auf ihm wurden in den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts mehrere Frauen von einem irren Killer mit Krawatten stranguliert. Die Geister vom Täter und einem Opfer hausen noch immer im Gestell und nehmen nach und nach Besitz von Karen und Jerry. Das ist ebenso öde anzusehen wie es sich anhört und quasi ein THE AMITYVILLE HORROR im Kleinstformat. Büschen Schplädder gibt es am Ende auch noch, welcher in den 80ern für die deutsche Fassung sicherlich aus dem Film hätte entfernt werden müssen, besser wird das Gerödel auf dem Totenlager dadurch aber auch nicht. Ganz große Mühe gibt sich der Film vor allem in der ersten Hälfte dabei, Sex und Horror unter einen Hut zu bekommen, was jedoch allein schon daran scheitert, dass es in einem amerikanischen Film mit solcher Thematik viel zu züchtig zugeht. Keusch bedeckt mit dicken Decken wird durch die Unterwäsche gebumst, womit zumindest all das Gestöhne, dass die beiden Akteure dabei absondern, hinreichende Erklärung finden – denn einfach ist sowas ja nun wirklich nicht. Wieviel witziger als diese Bettgeschichte, die zudem über einen nervigen Soundtrack verfügt, war dagegen doch DEATH BED – THE BED THAT EATS mit der dämonischen Blutsaufheia aus den späten 70ern. Produktionen von Charles Band sind irgendwie auch nicht mehr das, was sie mal waren. Und das Filme, auf denen „Stuart Gordon presents“ steht, nicht die Bohne taugen, findet ebenfalls einmal mehr Bestätigung.
#613
Geschrieben 02. Februar 2007, 17:51
(Brasilien 1976 – Marcelo Motta)
Spärlich bekleidete Weiber und höchst seltsame Gestalten in Dauertrance tanzen zur Voodootrommel, dann öffnet sich der Sarg und José Mojica Marins, besser bekannt als Coffin Joe, klettert aus der Kiste. Sofort sondert er allerlei Philosophisches ab, Planeten kreisen im Weltraum herum, schwupp! ist er schon auf der Suche nach Personal für seine Herberge weit außerhalb des nächstgelegenen Dorfes. Nach einer mehr als unfreiwilligen Rekrutierungsaktion treffen auch schon die ersten „Gäste“ ein, die von Marins bereits sehnsüchtig zur Erfüllung ihrer Reservierungen erwartet werden, obwohl sie eine solche vorher gar nicht ausgesprochen haben. Merkwürdig, merkwürdig... Im Verlauf des recht kurzen Films treffen auf diese Weise eine sonderbare Zockerrunde, ein paar Liebespärchen und gar ein ganzer Motorradclub bei Herbergsvater Marins ein, bis sich herausstellt, dass alle Gäste tot sind, ohne allerdings dies überhaupt gemerkt zu haben. In zuweilen höchst grotesken Rückblenden wird man über ihr Schicksal informiert. Als ein Gast jedoch ins göttliche Licht gezogen wird, sieht Marins seine der dunklen Seite zugehörige Institution in Gefahr. Eine Handlung im klassischen Sinne bekommt man bei diesem ungeheuer sonderbaren Film nicht geboten, dafür jedoch jede Menge weltanschaulicher Betrachtungen seitens José Mojica Marins, zu denen ein Soundtrack jenseits von Gut und Böse gereicht wird. Unaufhörlich donnert, knallt, quietscht, rumpelt, zischt, bebt, bibbert, wimmert, pfeift und knattert es, was die Tonbänder nur hergeben. Selten einen Film mit so einer infernalischen Tonspur gesehen. Am ehesten noch vergleichbar mit der wilden Nachvertonung von Waters’ MONDO TRASHO vielleicht. Marins sieht natürlich in jeder Szene sonderbar, gespenstisch und manchmal gar beängstigend dämonisch aus – also genau so, wie man es von ihm gewohnt ist, zumal er auch dieselbe Berufskleidung trägt wie in seinen anderen Filmen. Allein seine Präsenz allein hilft dem Film schon gut über die Runden, hinzu kommt aber auch noch, dass der Streifen trotz ganz offensichtlich schmalster Budgetierung gar nicht mal so schlechte Ideen verkauft und – sobald erst einmal das Grundgerüst des Film steht – auch mit einer ganz ordentlichen Spannung aufwarten kann, die ich so eingangs überhaupt nicht erwartet hätte. THE STRANGE HOSTEL OF NAKED PLEASURES ist kein einfacher Film, sondern ein durchaus forderndes, ungemein surrealistisches Unterfangen mit einer höchst eigenartigen Atmosphäre - und genau darin lag für mich auch seine größte Stärke. Ein tolles Ding also, weshalb ich mir jetzt auch eine adäquate DVD-Umsetzung fürs Schränkchen wünsche.
#614
Geschrieben 02. Februar 2007, 17:55
Diesmal zieht es (wider besseren Wissens?) die Familie rund um Burt Young, der sich in diesem Schauerstück auch gern als hosengürtelbewehrter Frauen- und Kinderschläger beweist, in das Spukhaus nach Amityville. Schon bald kommt aus einem Sabberloch im Keller, in dem allerlei Fliegen sich an der Gülle aus gebrochenen Abflussrohren erfreuen (repariert wird da den ganzen Film über nix), auch das Böse gekrochen und ergreift von dem ältesten Sohn der Familie Besitz. Der Besessene reagiert prompt: Erst wird das frisch erblühte Schwesterlein mal ordentlich auf den Rücken gedreht, dann nach knapp einer Stunde des Films die ganze Sippe abgeknallt. Vorher hat Pfaffe Adamsky von der Gemeinde nebenan noch spürbar Wind davon bekommen, dass in dem Holzhaus in Amityville und mit dem Bengel der zugezogenen Familie was nicht stimmt, dann geht’s in der letzten halben Stunde so rund wie dereinst beim Exorzisten. Irgendwie treibt es einem schon ein Tränchen ins Auge, für was für einen Mist sich der ansonsten vor allem durch seine politisch schwer aufgepumpten Filme der 70er ausnahmslos positiv ins Gedächtnis verewigte Damiani hier hergegeben hat. Wischt man diesen unglücklichen Umstand einmal beiseite, dann kann man durchaus Spaß mit dem (auch, wie ich finde, optisch gelungenen) Film haben, der mir jedoch in früheren Jahren mal so gar nicht gefallen wollte. Unsinn im Quadrat ist der zweite Aufwasch natürlich ebenso wie bereits der erste, dafür aber im Vergleich zum Vorgänger alles andere als Betulich. Dem feinen Spiel vom Brolin, bei dem man eine ganze Zeit lang in der Tat ja nicht weiß, ob ihn nun ein Dämon beseelt oder einfach nur der Wahnsinn gepackt hat, steht bei AMITYVILLE II ein waschechter Kotzgeist gegenüber, wobei klare Verhältnisse zusätzlich auch mittels Monstermaske und ein paar zeitgenössischen Effektmätzchen geschaffen werden. Die strahlende Krone der Blödsinnigkeit ist jedoch das Exorzisten-Ende mitsamt religiösen Zähnegefletsche aus der hintersten Kiste des Exploitation-Kinos, welches sowieso in vielfältiger Form für AMITYVILLE II gefleddert und in das nur nach außen hin sauberes Kleid einer „anständigen“ Gruselproduktion gesteckt wurde. Wahrlich kein Film für die Ewigkeit, was aber auch egal ist, denn hauptsache gut unterhalten und schön gelacht.
#615
Geschrieben 03. Februar 2007, 17:28
Mit seinen gerade mal 18 Jahren gerät Willi wegen gar nicht mal so schlimmer Dinge in die Fänge der Polizei. Zu seiner Arbeit will er nicht zurück, flüchtet und gerät immer weiter in die Schieflage. Zwischen dem Journalisten Frank, dem Kriminellen Theo und der Prostituierten Monika treibt er hin und her. Mal zeigt er sich ganz willig, die Hilfe die ihm Frank nicht ohne Selbstzweck anbietet, anzunehmen, dann lockt die große Penunze bei Theo, der mit ihm zunächst Freier auf dem Bahnhofsstrich ausnehmen will und später gar einen Geldtransport bei einem Supermarkt abzupassen gedenkt. Unaufhaltsam geht es mit Willi bergab, obwohl er sich – wie jeder andere auch – nach einer Beziehung (in diesem Fall die Nutte mit Kind) und einer sorglosen Zukunft sehnt. Mord und Totschlag stehen irgendwann am Ende dieser Spirale – und natürlich die unliebsame Begegnung mit der Polizei, wobei Klicks Film das Kunststück vollbringt, diesen Part weitgehend auszuklammern ohne blöde und unfertig zu wirken. Ganz großes Gassenkino ist SUPERMARKT geworden, und neben Lemkes ungeschlagenen ROCKER der zweitbeste „ernste“ Hamburch-Film der 70er Jahre. Die Stadtansichten (Hammerbrook, die Neustadt und natürlich St. Pauli sind klar auszumachen) in SUPERMARKT wirken roh und manchmal fast schon wie aus einem Endzeitfilm, wo eine bessere Zukunft Illusion bleibt. Du merkst, dass du alt bist, wenn du dich selbst noch an vieles von dem, was da zu sehen ist, erinnern kannst. Das alte Klockmann-Haus ist hübsch im Bild, und ich hätte zu gerne gewusst, welcher Fetzer zum Zeitpunkt der Dreharbeiten gleich nebenan im Kino Bali gespielt wurde. Aber egal, SUPERMARKT ist authentisch und hart; volle Kanne ein Spiegel der frühen (wilden, manchmal unglaublich orientierungslosen) 70er, der einen merkwürdig-schlechten Geschmack in die Nase zaubert. Gerüche von Dreck, alten Müll, gammeligen Treppenhäusern und vollgepissten Häuserecken bringt dieser Film mit. Odorama ohne Karte. Lemkes ROCKER ist in seiner Mischung aus Stuss, Flapsigkeiten, null Bock und Bambule irgendwie noch ein ganzes Stück näher am Puls der Zeit, wie ich finde, SUPERMARKT hingegen ist ohne jeden Durchhänger überaus ernst. Mir gefällt beides ohne einen Abstrich, beide Filme sind mit Fug und Recht Kultknüller des deutschen Kinos, die Gekünstel und Geschmuddel sauber unter einen Hut bekommen wie sonst selten im deutschen Film.
#616
Geschrieben 04. Februar 2007, 19:15
(USA 1994 – Frank Darabont)
Unschuldig kommt Andy Dufresne mit der Last von zweimal lebenslänglich in den Hochsicherheitsknast Shawshank. Dort freundet er sich erst nach Jahren mit dem Allesbesorger Red an und kann in einem fast zermürbenden Prozess gegen Vergewaltiger, sadistischen Wärtern und dem gemeingefährlichen, über Leichen gehenden Gefängnisdirektor bestehen. Dufresne gilt innerhalb der Mauern als Einzelgänger und -kämpfer, gesegnet allein mit einem Bildungsniveau und Wissen, was ihn allen anderen Häftlingen und auch Aufsehern überlegen macht. Und das befähigt ihn auch dazu, sich irgendwann mit einem lachhaften Gesteinshämmerchen ein Loch in die Wand zu scharren und abzuhauen. Selbstdisziplin und hingebungsvolle Freundschaft sind die beiden großen Säulen, auf denen der lange Film nach einer kurzen Geschichte von Stephen King ruht, die gut und böse auf die verkehrten Seiten stellt und dann hübsch gegeneinander rotieren lässt. In den 90ern, als DIE VERURTEILTEN erschien, fand ich den Streifen überaus ansehbar, mittlerweile geht mir vor allem der Schlussteil mit seinen Gefühlsduseleien richtig schön auf den Wecker, was zwar den Genuss der ersten eineinhalb Stunden mit den viehischen Wärtern und den sich zumeist gegenseitig nichts gönnenden Weggesperrten nicht wirklich schmälert, aber ein doch ganz ansehnliches Hinkefüßchen verpasst. Mit dem ganzen Männer-Gefühls-Schmus, vor allem auch im begleitenden Off-Gesülze zum Ausdruck gebracht, kann ich so rein gar nichts mehr anfangen. Sowas mag durchaus auch mit der eigenen Stimmungslage zusammenhängen, in der ich mir DIE VERURTEILTEN nun angesehen habe. Hätte mir besser KNAST FIGHTER einlegen sollen. Der wäre wohl wesentlich besser runtergerutscht.
#617
Geschrieben 05. Februar 2007, 10:33
((BR) Deutschland 1970 – Werner Jacobs)
Diesmal fängt der Film damit an, dass Heintje nicht Brötchen holt und Frühstück macht und dazu was schmettert, sondern er ist geschäftig mit dem Fahrrad unterwegs und liefert im Auftrag seiner Mutter Blumen aus. Singen tut er trotzdem, was soll er sonst auch machen? Seine Mutter Franziska hat einen kleinen Blumenladen, mit dem sie sich und ihren Sohn gerade so über Wasser hält, nachdem Vater Peter schon vor Jahren das Weite gesucht hat. Geldsorgen hat die Mutter unablässig, zumal ihr der Laden just einen Tag vor Heintjes Aufbruch ins Ferienlager gekündigt wird. Heintje disponiert schnell um, sagt dem Campleben ade und macht sich heimlich auf, seinen Erzeuger aufzustöbern. Der war nämlich mal erfolgreicher Rennfahrer, ist durch Sauferei und Weibergeschichten mittlerweile am sozialen Tellerrand angekommen und muss für ein paar lumpige Märker bei den Hell Drivers in Bremerhaven in einer Stuntshow Kopf und Kragen riskieren. Heintje nennt ihm seinen wirklichen Namen nicht, mischt aber kräftig mit, zumal Vater Peter auch an einer neuen Radaufhängung bastelt, mit der er sich und ein altes Schrottrennauto schließlich auf dem Nürnburgring zum Sieg verhilft. Danach steht der großen Familienzusammenführung nichts mehr im Wege. Zwischendrin freundet Heintje sich noch mit einem russischen Geiger und den Chor der Don Kosaken an, was zwar wenig mit der eigentlichen Geschichte zu tun hat, aber der Teppich ist, auf dem Heintje, der Geiger und der Chor sich einen zurande blöken. Musikalisch ist HEINTJE – MEIN BESTER FREUND daher auch eher Resteverwertung und weniger bunt-fröhlicher Blumenstrauß wie die vorangegangenen „echten“ Heintjes. Das große Thema in diesem Film ist die Wiederzusammenführung – von Freunden und Familie, ganz egal. Die zusätzlich eingestreuten Elemente, sei es nun Geldknappheit oder die Sorgen um die Wohnung, werden ebenso schnell wieder fallengelassen, wie sie auftauchen, obwohl gerade die Sozialkomponenten dem Streifen einigen Pfeffer hätte geben können. Wenn Heintje singt, schlagen die Herzen jedenfalls augenblicklich höher. Menschentrauben sammeln sich auf den Straßen auch dann schon an, wenn das Käsegesicht noch nicht einmal den Schnabel aufgetan hat. Hier stimmt vieles nicht. Am Ende wird Heintje von einem Auto angefahren (wieso setzt der Fahrer nicht zurück und holt noch einmal richtig Schwung?), erholt sich im Krankenhaus binnen Stundenfrist und ist wieder rechtzeitig auf dem Damm, um so unabdingbar in den Abspann zu singen, als wäre es eine Sucht. Selbst in den schlimmsten Schlagerfilmen der 70er aus der Spiehs-Produktion wurden die Grundlagen für Sing und Sang nicht derart realitätsverachtend herbeigeführt. Außerden: Wenn man viele Heintjes hintereinander schaut (mit nur wenig zeitlichen Abstand), dann fällt auf, dass Heintje in jeden Film denselben Schlafanzug trägt, dieselbe helle Höse und auch immer den gleichen Strick-Rolli. Gehört das zu seinem filmischen Markenzeichen, oder waren die Mittel für die Filme wirklich so knapp? Irgendwie wirkt das sehr muffig und durchwirkt mit ekeligen Kinderschweiß, was sich mit dem bestialischen Gestank der Dauerübersüßung dieses Films auch nicht wirklich gut verträgt.
#618
Geschrieben 06. Februar 2007, 15:46
(Japan 1966 – Hideo Gosha)
Der junge Samurai Samanosuke wird bei der Ausführung eines blutigen Regierungsauftrags in einen Hinterhalt gelockt und bekommt kräftig was mit dem Schwert verpasst. Schwer verunstaltet mit ausgeschlagenem Auge und abgehackten Arm überlebt er jedoch und ist fortan in Edo unterwegs. Dort macht der böse Goraku gerade den Yagyu-Clan zur Schnecke, indem er den Shogun überredet, den Yagyus einen Prestigeauftrag zukommen zu lassen, der den eh auf finanziell wackeligen Beinen stehenden Clan vollends ruiniert. Die Yagyus bekommen allerdings von ihrem Ältesten gesteckt, dass über eine Million Ryos beseite geschafft wurden. Wo das Geld liegt, kann nur durch eine alte Urne enträtselt werden. Durch die Hilfe seiner Ninjas hat Goraku Wind von der Sache mit der Urne bekommen, ebenso ein paar Diebe, womit Handgreiflichkeiten und Klingengeschwirre bereits vorprogrammiert sind, während die Urne auf den Weg zu den Yagyus ist. Zwischendrin mischt Samanosuke mit, der sich als unschlagbarer einarmiger Ronin Tange Sazen unlängst einen allseits gefürchteten Namen gemacht hat. Bei ihm landet die Urne schließlich, mehrere Anschläge auf sein Leben scheitern, am Ende kriegt der gierige Goraku ordentlich was aufs Auge und die Yagyus ihre Knete. Wie der Film ausgeht, war zwar irgendwie von Beginn an klar, dennoch leckt man den Film nur so auf. Zudem schafft es der Streifen, seinen Helden als nicht sonderlich schillernd-strahlende Figur auftreten zu lassen, was für einige Undurchsichtigkeiten sorgt. Wie es in den anderen Filmen rund um die Figur des Tange Sazen damit bestellt ist, weiß ich nicht zu sagen, vergleicht man den krüppeligen Ronin mit den „gelben“ Filmen rund um die einarmigen Schwertkämpfer und einarmigen Boxer und ausstaffiert mit vergleichbarer Rahmenhandlung, dann ist Goshas Film schon ein anderes Kaliber. Saftige Kämpfe gibt es zwar auch (und das Finale im großen Tempel bei einer alles entscheidenden Teezeremonie ist sogar ein ziemlicher Großaufmarsch geworden, den man so nicht unbedingt erwartet hätte und bei dem es dann auch ordentlich rappelt im Karton), weitaus mehr Zeit investiert der Film aber in seine Handlung, die mit vielen kleinen Haken und Ösen gespickt ist und demzufolge auch nicht so geradlinig durchläuft wie bei einschlägigen Filmen der „gelben Erfolgsserie“. Den Film macht das natürlich unendlich spannend und in etlichen Belangen anderen Filmen ähnlichen Musters durchaus überlegen. Die eher häßlich-abstoßende Mimik von Hauptdarsteller Kinnosuke Nakamura und vor allem auch der Gebrauch reichlich schief klingender Musik tragen ihr Scherflein zum Gelingen bei und untermauern gekonnt, dass man es bei diesem Film nicht wirklich mit einer Geschichte zu tun hat, bei der die Fronten von Gut und Böse klar gesteckt sind. Waren die beiden Filme um den SAMURAI WOLF für mich durchaus schon Highlights des vergangenen Jahres, spätestens nach TANGE SAZEN ist mir klar, dass ich von Hideo Gosha so viel sehen muss, wie ich nur irgendwie kriegen kann.
#619
Geschrieben 07. Februar 2007, 10:21
(USA 1957 – Arnold Laven)
Mitten in Kalofornien liegt der Saltonsee, ein riesiges Salzwasser-Gewässer, welches die Navy Übungen mißbraucht – natürlich auch solche, in denen Radioaktivität im Spiel ist. In Kalifornien gibt es auch öfter mal ein Erdbeben, wie allgemein bekannt, und ein solches macht tief im See einen Riss in den Grund, aus dem – was natürlich keiner weiß – riesige Wassermolluske, also Schnecken, kriechen. Die Tiere haben natürlich Hunger und betrachten fortan die übenden Navy-Soldaten als ihre Nahrung. Das Verschwinden seiner Kameraden ruft den Sicherheitsoffizier Twillinger auf den Plan, ein eigentlich höchst gnatziger, unsympathischer Bursche, mit dem nicht wirklich gut Kirschen essen ist. Sein Verhalten ändert sich natürlich, als er im Zuge der Ermittlungen mit der Sekretöse aus dem Forschungslabor anbandelt, ein alleingelassenes junges Ding mit nerviger, irgendwie auch leicht debil erscheinender Tochter. Zwischendrin verschwinden noch ein paar mehr Menschen, dann kann man in den Tiefen des Wassers das Nest der Schnecken ermitteln und diese ausrotten. Ein Ei der Molluske nimmt man jedoch mit ins Labor. Und während die Navy das letzte flüchtige Exemplar der Giganto-Schnecken in einem Kanal jagt, durch den sich die Plage weltweit ausbreiten könnte, dreht die Kleine der Sekretöse am Heizungsregler für das im Kessel vor sich hinblubbernde Schneckenei. Logo ist Twillinger rechtzeitig zur Stelle, um auch dem allerletzten Exemplar der Art, frisch geschlüpft und bereits genauso groß wie die ausgewachsenen Artgenossen, den Rest zu geben. Was man nicht kennt und versteht, dem zieht man besser vorsichtshalber fix eins über die Rübe. Das ist sozusagen der Grundtenor in diesem Monster-Cheapo, der vor allem mit richtig guten Riesenviechern zu brillieren versteht, die auch mal lustig aus ihrem Gehäuse lugend die Lage peilen. Weniger schön sind dagegen die etwas blassen Charaktere dieses Schockers, womit das Mitfiebern schwerer fällt als in der Vergleichsware des Jahrzehnts. Tim Holt, Audrey Dalton als love interest und vor allem Mimi Gibson in der Rolle der Lütten gönnt man den Sieg über die Monsterschnecken jedenfalls nicht. In anderen Filmen dieser Machart entlockt einem die Monsterbagage in der Regel schon einige Lacher. Das hält sich hier wohltuend in Grenzen, weitaus mehr wissen in dieser Hinsicht aber die völlig käsigen Unterwasserszenen zu begeistern, ein Mischmasch aus echten Aufnahmen und solchen, die Männerköpfe mit Taucherbrille in übergestülpten Aquarien zeigen, in denen lustige Plastikwasserpflanzen die Gesichter einrahmen. Trotz der Kritikpunkte ist ALARM FÜR SPERRZONE 7 ein Monsterschocker, den ich überaus gerne schaue. Die Kritik am sorglosen Gepansche mit Atommaterial in freier Natur ist zwar etwas verhalten (aber immerhin vorhanden), dafür wird allerlei wissenschaftlicher Bio-Quatsch aufgefahren, untermauert durch die Vorführung eines Schmalfilms über die Lebenswelt der Schnecken. Und das stützt auch meine Theorie, dass Monsterfilme aus den 50ern, in denen ein Wissenschaftler seinen verdatterten Kollegen Lehrfilme zeigt, generell der Betrachtung lohnen. Und höchst gelungen finde ich auch die Werbeslogan, den man sich für den Reißer hat einfallen lassen: „Instant Terror ...Just Add Water!“
#620
Geschrieben 08. Februar 2007, 15:34
(USA 1967 – Herschell Gordon Lewis)
Am Campus machen sich die Mädchen ganz schön in die Hose: Schon drei Kommilitoninnen sind spurlos verschwunden. Die Polizei hat von nichts eine Ahnung, tappt fürchterlich im Dunkeln und reagiert hilflos mit einer abendlichen Ausgangssperre. Für das gemeine amerikanische Durchschnittsmädel ist das klarerweise ein gehöriger Schlag in den vergnügungssüchtigen Unterleib. Statt jedoch die Zeit für ihre Studien zu nutzen, schwingt sich das Blondchen Kathy zur Privatdetektivin auf und binnen Stundenfrist hat sie ermittelt, dass alle Opfer irgendwie und irgendwann in einem Perückenladen vorstellig wurden. Jener wird von der alten, tüddeligen Schachtel Mrs Pringle geleitet, die sich mit ihren erstklassigen Echthaarperücken auch auf dem Campus einen guten Namen gemacht hat und sich ansonsten gern in Palaver und Zwiegespräch mit ihrem ausgestopften Tierchen (´n Luchs oder sowas) ergeht. In einem Hinterzimmer des Ladens, das angeblich zu vermieten ist, sich aber als böse Rumpelkammer entpuppt, haust Mrs Pringles idiotischer Sohn Rodney und sorgt durch die stete Zuführung von jungen Dingern für Muddis Waren-Nachschub. Mit Fleisch- und später auch Elektromesser schnibbelt er den Kreischweibern die lockenbewehrte Kopfhaut herunter, was zwar nicht so besonders lecker anzusehen ist, jedoch auch nicht allzu geschickt getrickst ist. Trotz all seiner Grausamkeiten und Menschenverachtungen ist Lewis Film in erster Instanz ein ungehobeltes, zuweilen sehr schwarzhumoriges Spaßbringerchen mit fürchterlich dünner Geschichte. Dabei ist an THE GRUEOME TWOSOME vor allem immer wieder das Verhältnis von Handlung und den ganzen unsinnigen Füllszenen faszinierend, die dem Film über die Runden von 70 Minuten Spielzeit helfen. Laut Lewis selbst beträgt dieses Verhältnis 70:30 zugunsten der Füllszenen. Da erstaunt es nicht nur, dass man sich mit so wenig Material in der Hand überhaupt in die Arbeit gestürzt hat, sondern vor allem, was die überdimensionierten Lückenfüller aus dem Film machen. Für andere Low-Budget-Werke wäre so ein inflationärer Gebrauch von Füllmaterial ein sicherer Todesstoß, bei Lewis hingegen sieht das oftmals etwas konzeptlose Durcheinander meistens noch nicht einmal danach aus, als ob es gar nicht in den Film gehören würde. Auffällig ist es zwar, aber niemals störend. Auch ein Kunststück. Außerdem bezieht THE GRUESOME TWOSOME viel von seiner verschrobenen Witzigkeit gerade aus den Füllszenen. Das Chips- und Obstinferno mit Lewis späteren WIZARD OF GORE, Ray Sager, zum Beispiel, oder auch die ewig lange Verfolgung des Knochen verbuddelnden Uni-Hausmeisters; eine Szene überdies, die drei Lewis-Musikstücke lang ist und den Film zeitweilig fast zu einem Musikvideo werden lässt. Die Musik ist eh ein ungeheuer wichtiger Aspekt in diesem Film, peppt sie doch die zuweilen wackeligen und atmosphärisch sehr leeren Bilder unendlich auf. Wie bei Lewis üblich, wird auch nicht mit beknackten Dialogen gespart und sogar ein, zwei lustige Tanznummern gibt es ebenfalls. Alles zusammen lässt einen höchst unterhaltsamen Film vom Band fallen, der nicht nur allein von seinen Exzessen lebt und mir deshalb auch nie und nimmer so schnell langweilig wird.
#621
Geschrieben 09. Februar 2007, 10:56
Eröffnet wird der Film ganz stilecht mit Weltraumgeballer, weil es ohne irgendwie nicht geht. Dann ist man auch gleich Zuge eines Hypersprung quer durch die Tiefen des Alls, bestehend aus buntem Schnittabfall von Cormans zuvor produzierten (und auch noch etwas besseren) PLANET DES SCHRECKENS, schon ist man mitten im eigentlichen Abenteuer angelangt. Auf dem Planeten Xerbia haben es die Wissenschaftler einer isolierten Forschungsstation etwas zu weit getrieben und eines ihrer Proto-B-Experimente mit menschlichen Genen gekreuzt. Entstanden ist ein sich in immer neue Formen verwandelnder Super-Metamorph. Schöne sind leider nicht dabei. Außerdem hat das Monster, das zudem unaufhörlich wachsend Zellteilung im Sekundentakt betreibt, einen gewaltigen Appetit auf Menschenfleisch, weshalb er Dawn Dunlap, die man – wenn ich mich recht entsinne – in den frühen 80ern vor allem aus dem Vierfarbteil bunter Tittenhefte kannte, auch mehrfach nachstellt. Der herbeigerufene Weltraumpolizist Mike Colby soll den angerichteten Schaden nun beheben, was aber nicht so einfach ist, weil die Wissenschaftler den Metamorph lebend fangen wollen. Das funktioniert natürlich nicht und ist vor allem auch willkommener Anlass für Crew-Dezimierung und schmodderiges Gekröse. Am Ende kommt dem kettenrauchenden Dr. Carl die grandiose Idee, das mittlerweile ziemlich intelligente Biest mit seiner Krebsgeschwulst zu füttern, die ihm Colby ohne Betäubung von der Leber schneiden muss („Achtung! Zerreiss nicht die Galle!“). Zwischendrin muss sich der Weltraumpolizist aber auch noch um die Belange der sexuell ausgehungerten weiblichen Forscherinnen kümmern, also um die Dunlap und auch um June Chadwick, die eine sehr schlimme Betonfrisur zur Schau stellt. In Sachen Lakengekruschtel ist die Sache von der ersten Szene auf der Station an sonnenklar, denn die beiden Stücke laufen, wenn sie sich nicht gerade duschen oder in der Stationssauna aufhalten, in ihren hautengen, stets bis zu den Titten aufgeknöpften Ballonseide-Anzügen und auf Fick-mich-Pfennigabsätzen mit beachtlicher Höhe wie lebendige Bumseinladungen durch die Corman-Plastikwelt. Die Beigabe solcher Häppchen für die ganz niedrigen Instinkte ist in MUTANT – DAS GRAUEN IM ALL eigentlich recht hübsch geraten. Manchmal dezent und etwas verspielt, dann wieder plump immer feste druff. Da ist also für alle etwas dabei. Ebenso bei den Effekten, die manchmal schon an der Grenze des gehobenen Magenumkremplers anzusiedeln sind (man kann den Eindruck gewinnen, die FSK ab 16 Jahren wird bis zum Anschlag ausgereizt), die sich mit ziemlich einfallslosen Creature-Gekrabbel die Klinke reichen, das man so auch schon vor Jahrzehnten nicht unbedingt schlechter serviert bekommen hat. Auch die musikalische Untermalung überzeugt durch eine Mischung aus dumpf-düsteren Weltraumgedröne und Puff-Gedudel mit süß-schwerer Peepshow-Note vollends und unterstreicht noch einmal gekonnt, dass sich dieses schöne Filmstück nicht nur Gruselreize zu verkaufen anschickt. (Schön in diesem Zusammenhang finde ich auch, dass sich ein Abzug der alten Soundtrack-LP mit auf der deutschen DVD befindet – ein wirklich durchweg brauchbarer Bonus.) MUTANT ist gleichsam lustiges wie ehrliches Ausbeuterkino mit mehr Schlock als Schock. Kurzweilig dazu, wenn man auch das Ende des Films in der deutschen Films zwecks Streckung des Gesamtwerks noch einmal mit dem Weltraumkampf vom Anfang verziert hat. Könnte nicht sagen, dass mir dieser Kniff irgendeiner Form je missfallen hätte.
#622
Geschrieben 12. Februar 2007, 11:08
(Großbritannien 1974 – José Ramón Larraz)
Zwei Blutsaugerinnen locken als Anhalterinnen zahlreiche Männer in ihr Lustschloss. Zunächst können sich die ins Gemäuer gelockten Schmiertypen bei ihnen ordentlich den Sack leerschießen, dann werden sie von den Weibern geleert, wobei der Akt der Blutentnahme dem sexuellen fast in nichts nachsteht und in der gebotenen Raserei zuweilen die Schwelle zum Kannibalismus locker übertritt. Beim BMW-Fahrer Ted kippt die Sache allerdings – Vampirfrau Fran wird in gleichem Maße von ihm angezogen (oder gar abhängig) wie Ted von ihr. Obwohl Teds Fluchtversuche aus dem schlossartigen Gemäuer ständig scheitern und sein herber Blutverlust ihn irgendwann auch nur noch torkeln lässt, gelingt es ihm doch, ein junges Pärchen, das in der Nähe in ihrem Wohnwagen Urlaub macht, nachhaltig auf das dunkle Treiben aufmerksam zu machen. Irgendwie geht der Film für niemanden gut aus, obwohl Ted am Ende die Flucht tatsächlich glückt, obwohl es zunächst gar nicht danach aussieht.
Larraz Film ist logischerweise ein Billigheimer, der vornehmlich Fleisch und Blut im Angebot hat, darüber hinaus aber auch mit einer ungeheuer dichten Atmosphäre und einem Vampirbild punktet, das gekonnt Tradition und Moderne unter einen Hut bekommt. Seine Nachtwesen treiben sich auch bei Tageslicht herum (allerdings geschwächt), religöse Symbole haben als Waffen ausgedient und werden daher auch nicht bemüht und die Opfer der Vampirweiber dienen nicht nur ausschließlich als Nahrungsquelle, sondern auch als solche zum Zwecke des eigenen Lustgewinns. Der Film wirkt in seiner Gesamtheit sehr rollinesque, viel besser aber noch meiner Meinung nach als Bindeglied, welches die Welt des vor allem von den Hammer-Filmen dominierten Gothic-Vampirs mit dem reinrassigen Sex-Vampirismus der frühen 70er Jahre – ebal, ob nun aus Frankreich oder den lateinamerikansichen Ländern - verbindet. VAMPYRES hat trotz seiner vornehmlich ein Männerpublikum bedienenden Reize etwas sehr verträumt Schönes und betont Künstlerisches an sich, was, wie sich hier einmal mehr zeigt, nichts Schlechtes sein muss und den Film ganz gehörig aus dem Geschmuddel reiner Exploitation hebelt. Ein höchst sympathischer Streifen und ein kleines Highlight innerhalb seines Genres.
#623
Geschrieben 12. Februar 2007, 11:08
((BR) Deutschland 1977 – Wolfgang Becker)
Bei den Vorstadtkrokodilen, einer Kinderbande, wie man sie sich vorstellt, also so richtig mit Baumhaus und Bandenabzeichen, stehen noch echte Mutproben auf dem Plan. Damit Hannes aufgenommen wird, muss er auf dem Dach einer alten Ziegelei herumklettern und nicht etwa bei Penny zwei Büchsen Dosenbier klauen. Dass Hannes bei der Kletteraktion nicht sein Leben lässt, ist dem beherzten Eingriff von Kurt zu verdanken, der im Rollstuhl sitzt und mit dem eigentlich niemand was zu tun haben will. Doch so langsam schmilzt das Eis und nach und nach kann Kurt in der Bande neue Freunde finden. Vor allem auch deshalb, weil er delikate Details zu einer Einbruchsserie weiß, die die Wohnsiedlung erschüttert. Zusammen mit seinen Krokodil-Freunden will Kurt den Fall lösen und die Täter zur Strecke bringen. Eingebettet in diese im Film sehr schön ausgespielte Kinder-Krimihandlung, in der ein herrlich asozial agierender Martin Semmelrogge den Moped-Rocker mimt, der die Halbstarken-Einbrecherbande anführt, ist natürlich vor allem der Integrationsprozess des behinderten Kurt in die Gruppe „normaler“ Kinder. Was den Film über andere Werke mit ähnlicher Thematik hebt, ist vor allem, dass er rücksichtslos sämtliche Vorurteile lebensnah und ohne eine Spur mitschwingende Weinerlichkeit zum Thema macht. Hart und ruppig geht es zu in dem ja vor allem für Kinder gedachten Werk. Ein Blatt wird ebenso wenig vor den Mund genommen (es herrscht ein herrlicher 70er-Jahre-Gossenton) wie die Kamera ziemlich offen einen Gehbehinderten beim Pinkeln zeigt oder ein Mitglied der Krokodile, der den Kinderwagen mit seiner kleinen Schwester mit heftigen Tritten traktiert. So etwas würde den pädagogischen Ansprüchen der Gegenwart wohl gehörig zuwider laufen und eher ausgespart werden, wie ich mal annehme. Und ob sich heutige Kinder und Jugendliche noch in Banden zusammenrotten und alte Industrie- und Gewerbeanlagen zu ihrem Tummelplatz machen? Ich weiß es nicht. In den 70ern alles kein Problem und bis auf ein wenig Mecker von den Alten war da ja auch nie etwas zu befürchten. Kann mich selber noch erinnern, dass wir als Kinder in einer abbruchreifen und ebenfalls sehr gammeligen Lederfabrik gespielt haben, die dann – ähnlich der Ziegelei in DIE VORSTADTKROKODILE – eines Tages gesprengt wurde. Leider lief dazu nicht „Amada mio, amore mio“ von El Pasador wie in Beckers Film; ein Song, der, wenn ich mich recht entsinne, nach der Erstausstrahlung von DIE VORSTADTKROKODILE in der ARD sogar irgendwie in den Charts landete.
Schön gelacht habe ich im Anschluss an den Film über die herrliche Doku, die Becker vier Jahre später (also 1981) gedreht hat und die zeigt, was aus den Kinderdarstellern von einst geworden ist. Schon fast vergessen hatte ich, dass es mal Zeiten gab, als manche Schülervertretungen durchgesetzt haben, dass während des Schulunterrichts gestrickt werden darf und Jugendliche, denen noch nicht einmal zarter Flaum am Kinn steht, ohne die Idee einer Nachfrage in Kneipen am hellichten Tag Bier serviert bekommen haben. Herrlich!
#624
Geschrieben 13. Februar 2007, 12:04
(Argentinien/Spanien/Frankreich/Niederlande 1998 – Alejandro Agresti)
Völlig plan- und grundlos fährt die junge Taxifahrerin Soledad mit dem Wagen ihres Chefs tief in die pampalonische Einöde. Nach einem Unfall landet sie schließlich im gottverlassenen Kaff Rio Pico, das so abgeschnitten liegt, dass Fernsehen und Radio nicht empfangen werden können. Die einzige Verbindung zur Außenwelt ist ein kleines und heruntergekommenes Kino, das allwöchentlich von einem Moped-Kurier mit Filmen beliefert wird. Allerdings steht der Ort Rio Pico ganz am Ende einer ellenlangen Verwertungskette und deshalb sind die Filmkopien auch dermaßen zerschlissen, dass die Handlung der Werke nur noch ziemlich sinnentstellt beim Publikum ankommt. Dennoch hat das Kino in Rio Pico eine solche Macht, dass das, was wöchentlich über die Leinwand flimmert, direkt auf die Bewohner des kleinen Ortes abfärbt und ihr Handeln und Sprechen so grundlegend einfärbt, dass eine normale Unterhaltung (oder gar mehr) mit den Einwohnern fast unmöglich wird. Dennoch verliebt sich Soledad fast augenblicklich in den humpelnden Filmkritiker des Ortes, nimmt am ziemlich seltsamen Leben der Gemeinde teil und wird sogar Reporterin der Dorf-Wochenschau, die mit einer alten Doppel-8-Kamera hergestellt wird. Die Ereignisse überschlagen sich, als ein angebeteter französischer Filmstar im Dorf strandet und kollabieren dann auf den allerletzten Metern mit der Einführung des Fernsehens. Eine wirklich durchgehende Handlung lässt sich in DAS LETZTE KINO DER WELT nur in groben Zügen ausmachen, es dominiert das ziellose Treiben der Charaktere, die Fragmente und Stilübungen. Wären anderen Werke mit so einer Handlung sicherlich ganz große Schenkelklopfer geworden, ist DAS LETZTE KINO DER WELT unter seiner Witzigkeit eher ein Drama, bei dem die ambivalente Gefühlswelt der weiblichen Protagonistin das merkwürdige Gebahren der Dörfler irgendwann vollkommen überstrahlt. Ein wirklicher Film über das Kino (und Kinosterben) der 70er Jahre - das Jahrzehnt in dem DAS LETZTE KINO DER WELT spielt - ist Agrestis Streifen nicht geworden. Auch eine Liebeserklärung an das flimmernde Bild stelle ich mir weniger stark abschweifend vor, sondern, wie im Falle von CINEMA PARADISO oder THE SMALLEST SHOW ON EARTH durchaus mehr aufs eigentliche Thema konzentriert. Mir bleibt mit DAS LETZTE KINO DER WELT ein höchst sonderbarer, jedoch nicht schlechter Film in Erinnerung, dessen Emotions-Pingpong mir aber irgendwann einfach nur noch auf den Wecker fiel.
#625
Geschrieben 13. Februar 2007, 12:06
Am Ende des Korea-Krieges lassen sich die Soldaten in der Metropole Seoul treiben. Im Frieden gibt es nichts mehr für sie zu tun, Unterkunft haben auch die wenigsten von ihnen. So sind Spelunken und Nachtlokale für viele eine Art Zuhause. So auch für den Kung-Fu-Trainer Chin, der sich in einer Kneipe herumtreibt, die lediglich als Fassade für den organisierten Drogenschmuggel in die USA dient. Eines Tages lässt der Anführer der Drogenschmuggler, Hawkes, einen amerikanischen G.I. töten, der aus dem schmutzigen Handel aussteigen will. Der Mord wird Feng, einem engen Freund von Chin, in die Schuhe geschoben, der sich zufällig in die Sache einmischt und von Hawkes Leuten krankenhausreif geschlagen wird. Fortan steht Feng zwischen dem Drogenschmugglern und der Polizei, während Chin und zwei weitere in Seoul gestrandete Freunde nach Beweisen für Fengs Unschuld suchen. Die Drogenbosse und die Militärpolizei machen den vier gleichermaßen die Hölle heiß. Vor allem am Ende gibt es aber von Ti Lung, David Chiang, Chen Kuan Tai und Wang Chung ganz gut 'n Arsch voll, was man natürlich sehr gerne sieht. In FOUR RIDERS tut die Prügel jedoch ganz besonders weh, weil auf übertrieben heroische Komponenten fast gänzlich verzichtet wurde. Weder wird zu den Fights die übliche Trara!-Musik anderer Shaw-Filme (und auch eben solche von Cheh) gereicht, noch gibt sich der Streifen sonderlich Mühe, seine vier „apokalyptischen Reiter“ (der Bezug zur entsprechenden Bibelstelle wird mehr als einmal hergestellt – überhaupt spielt die Zahl vier in dem Film eine ungemein wichtige Rolle) als übermäßig sympathisch hinzustellen. Demzufolge wirkt das Gekloppe auch eine ganze Spur dramatischer und „echter“ als in anderen Filmen des Hauses. Vergleicht man FOUR RIDERS mit Chehs drei Jahre später inszenierten (höchst ansehnlichen und extrem unterhaltsamen) Heldenposse DIE UNSCHLAGBAREN SIEBEN wird deutlich, wie unterschiedlich seine Kampffilme vor einem Kriegs-Hintergrund ausgefallen sind. Und wenn auch FOUR RIDERS vor allem als schnell-schnell heruntergekurbelte Auftragsarbeit Chehs gilt, erscheint der Streifen doch wesentlich reifer als so manch anderes Werk aus seiner Hand. Vor allem natürlich, wenn man mit der mal wieder bis zur Unkenntlichkeit zusammengestauchten „dynamischen Großfilm“-Fassung dieses Spektakels oder den ungekürzten Vollbild-Abzügen bislang nur technisch unzureichende Versionen dieses sehr schönen und höchst sehenswerten Films zu Gesicht bekommen hat.
#626
Geschrieben 13. Februar 2007, 12:07
(Spanien 2001 – Carlos Gil)
Der Titel ist schon ziemlich unspannend, der Anfang des Films auch nicht gerade besser. Da gurken nämlich fünf Teenager mit dem Geländewagen im Wald herum. Im Radio dröhnt Heavy Metal, Hochgeschwindigkeitsblech würde Werner Glogauer dazu sagen und auch sonst kein gutes Haar an diesem Film lassen, auf dem Amaturenbrett liegen zerknüllte Bierdosen und auf der Hutablage haben es sich die obligatorischen Stofftiere gemütlich gemacht und linsen in die in die Hintertüren eingelassenen, überquellenden Aschenbecher. So richtig tofte und die Teenager-Gruselstrichliste sauber abhakend geht es weiter, denn das Ziel der Gruppe ist eine leerstehende Schule im Wald, die wie ein Plattenbau aussieht. Dort wollen die Jungs und Mädchen eine Nacht verbringen (und Bier trinken, was rauchen und wohl auch einen wegstecken), weil, und jetzt kommt die Erklärung, Ramóns Vater es vor Jahren auch mal so gemacht hat. Aha. Damals hat ein irrer Nachtwächter die Teenagerhorde ordentlich aufgemischt und nur Ramóns Alter konnte entkommen. Und nun muss sich die Freunde dem Geisterspuk jener unschönenen Vergangenheit stellen und Aufklärungsarbeit betreiben. Dabei entblödet sich SCHOOL KILLER auch nicht, ein gewisses Maß an Zitierwut an den Tag zu legen. SCREAM 3 (!) und BLAIR WITCH PROJECT werden gar namentlich genannt und zumindest letztgenanntes Schauerstück auch durch die mitgebrachte Videokamera, die den ganzen Spuk (oder besser Spuck) einfängt und sichtbar macht, inhaltlich gestreift. Geschnetzltes gibt es natürlich auch, wobei lediglich zwei heftigere Szenen den Gorebauern in mir haben leicht kitzeln können. Paul Naschy als Wachmann bzw. dessen Geist ist einzig mit dabei, um einen großen Namen an Bord zu haben, aber gut. Filme, in denen Teenager aus nicht wirklich nachvollziehbaren Gründen dezimiert werden, sind schon reichlich öde. Filme, in denen Teenager aus nicht nachvollziehbaren Gründen dezimiert werden, während sie eine Stunde zu Hochgeschwindigkeitsblechmusik durch einen leerstehenden Plattenbau laufen, sind noch viel öder. Werner Glogauer und ich mögen sowas einfach nicht mehr gucken.
#627
Geschrieben 14. Februar 2007, 19:10
(USA 2004 – James Wan)
Der Puzzle-Mörder treibt sein Unwesen und hat als Höhepunkt in seiner Serie unrühmlicher Taten zwei Männer in einen Keller eingeschlossen, die nun, den Tod ständig vor Augen, darüber herumrätseln, wie sie in diese missliche Lage gekommen sind und was nun zu tun wäre, um die Freiheit zu erlangen. Dazu gibt’s Rätselraten und Gesplatter, ein paar unschöne Szenen, einen abgesägten Fuß gegen Ende und natürlich die dumme Polizei, die dem Mörder immer wieder in die Falle tappt. Cinema meint dazu: „Nach SIEBEN kommt nicht Acht, sondern SAW!“ Diesen Vergleich zu wagen, einzig ob der Tatsache heraus, dass SAW teilweise mit Finchers Stil plänkelt, ist natürlich eine Sache, die man durchaus mal in einer ruhigen Minuten hinterfragen darf. Mit Finchers ungleich intelligenteren Film hat der mit gröberer Masche gestrickte SAW ansonsten wenig gemein. SAW erschien mir vor allem als ein aus diversen Versatzstückchen zusammengeknibbeltes Haudrauf-Kinostück mit einem eigentlich recht spannenden Anfang, das auf seinen eierigen Rädern nicht so ganz rund lief, je weiter es auf Teufel komm raus seine Tüte Entsetzlichkeiten ausschüttete. Wenn es mit der Spannung mal nicht mehr so ganz klappt, müssen ziemlich plumpe Schocks für ein (zumindest kurzes, effektives) Auffahren sorgen, mit kreischenden Tönen unterlegt und mit totaler Reizüberflutung durch Stakkatoschnittbilder dargebracht, damit der Puls in Nullkommanix auf 180 Touren kommt. Bei mir hat das eher gegenteilige Wirkung und ich frage mich langsam wirklich, ob aktuelle Genrefilme ohne diese Brechstangendynamik in Bild und Ton partout nicht mehr auskommen können. Wie Danny Glover eine zeitlang den (falschen) Puzzle-Mörder jagte, habe ich nicht so richtig mitbekommen. Denn je weiter man den nervigen Kreische-Ton herunterschraubt, desto fader wird der Film und lädt dann durchaus ein, auch mal kurz die Augen zu schließen oder irgendwelchen Gedanken nachzuhängen. Eine Veranlassung, die versäumten Minütchen durch Zurückspringen von ein paar Szenen nachzuholen, habe ich aber nicht gesehen. Dass so ein Film Fortsetzungen mit sich bringt, liegt irgendwie auf der Hand. Kann sich anschauen, wer lustig ist.
#628
Geschrieben 14. Februar 2007, 19:10
(Japan 1970 – Toshiaki Tahara)
Der Shogun hat auf der kleinen Insel Nenbutso einen Frauenknast eingerichtet, in dem sich die Damen des leichten Gewerbes, Falschspielerinnen, Betrügerinnen und sonstige gesellschaftliche Schandflecken in einer dreijährigen Strafe mit allerlei Zwangsarbeiten eines besseren Lebens besinnen können. Ein Entkommen von der Insel ist natürlich unmöglich. Mit der jungen Okiyo und der hübschen Osen kommen eines Tages Neuzugänge auf das Eiland, dazu auch noch Isahaya, der degradierte Sohn des Gouverneurs von Nagasaki, der als Wärter auf der Insel Dienst schieben muss. Okiyo und Osen durchlaufen die brutalen Initiations-Torturen der straff organisierten und mit eigenem Rangsystem versehenen Häftlingshorde, derweil Isahaya entdecken kann, dass auf der Insel mit den Frauen ein ziemlich schmutziges Geschäft betrieben wird. Angeblich Freigelassene werden an europäische Handelsschiffe gewinnbringend verschachert. Von dieser unerlaubten Bereicherung fällt auf die Insassinnen natürlich nichts zurück, die müssen sich mit Essen aus stinkenden Fischabfällen und welkem Kohl begnügen und gegen eine Rattenplage kämpfen. Am Ende bricht deshalb auch die Pest aus, und während des großen Durcheinanders gelingt den Frauen nicht nur die Flucht und Rache an ihren Peinigern, sondern auch so etwas wie echter Zusammenhalt unter der Führung von Okiyo. Die Unmenschlichkeiten in diesem WIP-Reißer sind zwar denen europäischer Streifen ähnlichen Kalibers nicht unähnlich, allzu sleazy geht es beim Japaner aber nicht zu. Fleischbeschau wird fast gar nicht geboten (vor allem auch wegen der strengen Zensur, schon klar), sieht man einmal von der Gruppenfolter im überhitzten Dampfbad ab, bei denen sich die Frauen mehr oder minder freiwillig ihrer Kleider entledigen. Neben den obligatorischen Menschenverachtungen bietet SECRET OF WOMEN’S PRISON ISLAND aber vor allem auch Charaktere, mit denen man in der Tat mal etwas anfangen kann sowie eine echte, nachvollziehbare Handlung mit klar auszumachendem Höhepunkt und nicht nur eine bloße Aneinanderreihung von Szenen, in denen ausschließlich Ausziehen und Brutales Sinn und Inhalt ist. Nicht, dass solches Schmierentheater – entsprechende Stimmungslage vorausgesetzt – nicht auch seine Reize hat, aber es ist durchaus sehr wohltuend und eine willkommene Abwechslung, einmal nicht mit dem Gefühl aus dem Film zu scheiden, die Augen und Ohren von all dem Gesuddel und Geschmuddel verdreckt und manchmal gar vergewaltigt bekommen zu haben. Auch formal ist Taharas Film den meisten viehischen Reißern des Genres haushoch überlegen, weshalb mir der Streifen auch fast augenblicklich schwer ans Herz gewachsen ist.
#629
Geschrieben 15. Februar 2007, 14:02
(USA 1963 – Lewis H. Gordon (Herschell Gordon Lewis))
Sich selbstständig machen mal anders: Der geschäftstüchtige Mr Lang, ein feister, Zigarre rauchender Specko hinter dickem Schreibtisch, hat sich mit Hilfe des Fotografen Harmond, dem Muskelpaket und Bespringbock Ajax sowie dem minderjährigen Schulhofdealer Larry (gespielt übrigens von Fuad Ramses, dem man ja nun das Schulkind im Manne nicht wirklich abnimmt) einen florierenden Pornobilderring aufgebaut. Wenn die Abverkäufe der anstössigen Fotos abnehmen, müssen neue mit ganz jungen und unverbrauchten Weibern her. Deshalb wird die unschuldige Kim zunächst mit seriösen Fotoarbeiten gelockt, durch die sich Kim die Finanzierung ihres Studiums erhofft, dann wird sie zu immer härteren Kalibern verführt. Bademoden-Bilder zum Beispiel, und schließlich auch noch solche mit Unterwäsche für einen angeblichen Mieder-Katalog. Mit den besonders freizügigen Aufnahmen wird Kim immer tiefer in den Sumpf des Verderbens gepresst, denn der Vater darf nichts erfahren. „Naturbilder“ mit Kim und anderen Wie-Gott-sie-schuf-Evas stehen am Ende der Ausbeuterkette, aber bevor diese gemacht werden, steigt ein anderes Mädchen aus und kann man einer Vergewaltigung von Ajax die Polizei rufen. Mord und Totschlag sind die Konsequenzen für die Bösewichter, die im Kern guten Menschen überleben und besinnen sich auf ein zukünftig besseres Leben. Am Ende haut Lewis seinen Zuschauern die Moralkeule nur so um die Ohren, was jedoch als Alibi für die schockierenden Wahrheiten, die er zuvor über die Leinwand prügelte, nur mäßig bis gar nicht taugt. SCUM ist durch und durch Nudi-Flicki, wenn auch das letzte seiner Art, dass Lewis und Friedman zusammen auf die Beine stellten, ein dammich gutes noch dazu, wenn auch ohne allzu viel nackte Haut. Sieht man einmal von der Präsentation weiblicher Rundungen in Bademoden und Miedern ab, wobei letztere sich zudem als echte Liebestöter entpuppen, ist der Film nahezu züchtig und stellt in dieser Weise durchaus eine herbe Enttäuschung für die Freikörperkulturisten dar, die zwecks Fleischbeschau ins Lichtspielhaus eilten. Entschädigung wird aber damit betrieben, dass sich die O-la-la-Moritat in Gewalt und Tötungsdelikte aus niedrigsten Beweggründen aufzulösen versteht. Die neben Fuad Ramses ebenfalls aus BLOOD FEAST portierte Musik funktioniert auch in diesen Schmuddler überaus fein. Und in Sachen Unterhaltungswert übertrifft SCUM OF THE EARTH! die meisten Blutbäder von Lewis meiner Meinung nach auch noch ein gutes Stückchen, weshalb mir auch nicht so ganz einleuchten will, warum SCUM so ein verhältnismäßig schattiges Dasein fristet.
#630
Geschrieben 15. Februar 2007, 14:02
(USA 1978 – Richard Moore)
Ein Land, das es nicht gibt. Darin tingelt der junge Cord umher und sucht das Buch der Weisheit. Nach einem verlorenen Martial-Arts-Tunier, das bereits als erste Prüfung zu begreifen ist, trifft er auf weitere Herausforderungen kämpferischer und lehrender Natur. Aus jeder Begegnung, wobei sich die mit einem blinden, kampfstarken und ziemlich übersinnlichen Flörenspieler sich zu einer Art Freundschaft entwickelt, geht Cord gestärkt hervor – mental und körperlich. Am Ende darf er mit einem Boot zur Insel übersetzen, auf der der Meister Zetan über den geheimnisvollen Schmöker wacht. Zetan wird gespielt von Christopher Lee, der natürlich nicht die Fäuste reckt, sondern eigentlich ein ziemlich armes Würstchen spielt. Der von Bruce Lee und seinen Schülern James Coburn und Stirling Silliphant geschriebene Film ist eine Anhäufung von Surrealismen, groben Unfug, Fantasy und einigen flotten Kämpfen – und natürlich sehr schön anzusehen, wenngleich sich das Gefühl nicht gänzlich abschütteln lässt, dass die ganze Zen- und Flower-Power-Philosophie in einem Film aus dem Jahre 1978 schon etwas antiquiert und außer Mode wirkt. Wie auch etliche etwas grobschlächtigere Kung-Fu-Hobel aus Hongkong zeigt DAS GEHEIMNIS DES BLINDEN MEISTERS aber nicht minder eindrucksvoll – wenn auch mit der Wahl anderer Mittel – das der Weg das Ziel ist und in jedem Suchenden selber steckt. Keine Ahnung, wie der Streifen ausgesehen hätte, hätte Lee noch selbst aktiv darin und daran mitgewirkt, außerordentlich hübsch und verquast ist DAS GEHEIMNIS DES BLINDEN MEISTERS auch ohne ihn geworden, der in seinen schönsten Momenten wie eine Mischung aus EL TOPO und CONAN wirkt und zudem mit einer grandiosen Besetzung aufwartet. Neben besagten Christopher Lee und einem blondlockigen Jeff Cooper, den man im Grunde nur eine Lederjacke anziehen müsste, damit er in einem fetzigen Rockerfilm mitmachen könnte, überzeugt David Carradine als philisophische Gebetsmühle durchaus. Den schönsten Part hat vielleicht der – für den Rest des Films wenig Sinn machende – Eli Wallach als Bewohner eines großen Kessels mitten in der Wüste. Fröhlich sitzt er nach eigenen Angaben bereits seit zehn Jahren dort, lässt im warmen Öl Beine und Pimmel verschrumpeln und ermuntert den jungen Cord zum Nachschauen: „That terrible thing between my legs, it is almost gone now, isn’t it?“ Muss ja nicht alles ein Ausbund an Logik sein, in DAS GEHEIMNIS DES BLINDEN MEISTERS haben vor allem solche Absonderlichkeiten wie Wallach als Kesselbewohner den größten Unterhaltungswert. Und zum Glück kann man sagen, dass der Film mit Absonderlichkeiten aller Art dankenswerterweise nicht gerade kleinlich bestückt ist.
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