Die andere Meinung
#241
Geschrieben 10. März 2007, 14:21
Bei einem scheinbaren Routineeinsatz in Detroit stört Axel Foley einen mysteriösen Deal, weshalb er auf unerwartete große Feuerkraft stößt. Da sein Chef dabei draufgeht, setzt er es sich - weider einmal - in den Kopf, im Alleingang das verbrechen aufzuklären, obwohl ihm Agenten einer höheren Institution raten, davon Abstadn zu nehmen.
Natürlich führt ihn die Spur nach Kalifornien - in diesem speziellen Fall nach Wonder World, einem Vergnügungspark bei Los Angeles.
Er trifft auf seinen alten Freund Rosewood, der inzwischen eine interdisziplinäre Koordinationseinheit leitet und ihm unter Vorbehalt hilft, in den Tunneln unter dem Märchenwald zu ermitteln. Natürlich ist der Bösewicht einer, der bei Axels Helfern als ganz reine Weste gilt...
Eigentlich nicht mehr auszuhalten. Der Witz ist stark ermattet und die Idee, das Ganze in einem Vergnügungspark spielen zu lassen, hätte gut sein können. Ist aber irgendwie nur so lala umgesetzt. Eine ziemliche Quälerei, das DIng bis zu Ende zu schauen - wahrscheinlich haben wir auch deshalb 3 Anläufe gebraucht.
#242
Geschrieben 15. März 2007, 11:13
Irgendwo zwischendrin dieses "Hiphopumentary" gesehen. Dave Chapelles Humor und Weltsicht - schwer sympathisch.
Mit der Musik kann ich leider nicht so wahnsinnig viel anfangen. Trotzdem auch für Nicht-Homeboys sehenswert.
#243
Geschrieben 15. März 2007, 11:36
Der Privatdetektiv Chandler Jarrell hat sich auf vermisste Kinder spezialisiert. Doch nciht nur deswegen wird er von der Tibeterin Kee Nang engagiert, das "Goldene Kind" zu finden - einen jungen Heiligen, der von Anhängern des Bösen entführt wurde. Jarrell ist der Auserwählte, der einzige, der das Kind retten kann - dafür muss er aber selbst erst einmal nach Tibet reisen.
Eine leichte Komödie mit Eddie Murphy, familientauglich und am Ende mit heißer Nadel abgestrickt.
#244
Geschrieben 18. März 2007, 00:10
Der in jeder Hinsicht erfolglose Highschool-Lehrer Rick Latimer wird nach seinem letzten Ausraster an die verrufene Ghetto-Schule versetzt - als Direktor. Zunächst interessieren ihn die Probleme der Lehranstalt herzlich wenig, doch als ihm ein Schüler - Drogendealer und Zuhälter, in der x-ten Runde vor dem Abschluss - das Revier als Tonangeber streitig macht, beginnt Latimer, mit einer no tolerance Politik richtig aufzuräumen. Das hat mit Pädagogik weniger zu tun als mit zivilpolizeilichem Nahkampf.
Lange bevor Michelle Pfeiffer in einem sonnendurchfluteten Klassenzimmer die Jugend mit anbiedernder Popkulturbeflissenheit für Shakespeare begeisterte, griff James Belushi mit harter Hand durch und war dabei seltsamerweise glaubwürdiger als Madame. Seine Scheiß-drauf-Attitüde mag zwar zweifeln lassen, warum zum Teufel er ausgerechnet Lehrer geworden ist, aber dann hat man im Studium ja auch so manchen getroffen, der Sport und Germanistik auf Lehramt studiert hat, weil Lehrer so viel Ferien haben.
Ich hatte diesen gnadenlosen 80er-Knaller damals mal auf Video - aus dem Fernsehen aufgenommen sogar, weil ich James Belushi toll fand (und finde). Daran hat mir gefallen und gefällt mir noch immer, wie unverklärt in diesem Film mit seinem Thema und seinen Protagonisten umgegangen wird; aber auch, wie einfach die Dinge zu Gunsten der Laufzeit funktionieren. Man muss James Belushi nur mal offen ins Gesicht sagen, dass er ein Loser ist, und schon entschließt er sich, für den guten Kampf sein Leben (und seine Motorrad) zu riskieren, und wenn nur einer hart dagegen vorgeht, dass Fensterscheiben zerschmissen werden, dann rückt die Zeit in sichtbare Reichweite, da Glasermeister überflüssig werden.
Saucool.
#245
Geschrieben 18. März 2007, 00:32
Die Chicagoer Mafie ist erzürnt - ihr Ableger in Kansas City muckt auf unter der Leitung des arroganten Mary Ann. Nachdem der erste Geldeintreiber - Mary Ann schuldet 500.000 Dollar - zu Würstchen verarbeitet wurde, wird der toughe Altmeister Nick Devlin nachgeschickt, der Mary Ann und seine "weltoffene" Gattin Clarabelle offensichtlich noch aus besseren Tagen kennt. Aus dem Klassentreffen wird ein blutiger Kampf, in dem der Zweck alle Mittel heiligt; dabei spielen auch blutjunge Prostituierte eine nicht unwichtige Rolle.
Ein Gangsterfilm, der auf dem platten Land spielt, Frauen, die in Gehegen auf Heu herumliegen wie Schlachtvieh, eine country fair (bei mir Zuhause würde man "Kerb" sagen), auf der mit Maschinenpistolen geschossen wird, und nicht zuletzt Lee Marvin, der die gereifte Schönheit, hinter der der Giftzahn einer Schlange lauert, eiskalt abblitzen lässt, gleichzeitig aber ein höchst obskures Verhältnis zur minderjährigen Waise Poppy pflegt, die nicht nur durch einen eben erblühten Körper, sondern auch durch ihre unverdorbene Unschuld besticht. Ein Film, der seine Widersprüche und Provokationen kultiviert. Ich bin beeindruckt von den stimmungsvollen Bildern und auch von der Rechtschaffenheit der irischen Waffenbrüder berückt, weiß aber nicht so recht, wie ich zu dieser Männerwelt stehe. Aber Verwirrung ist immer noch besser als Gleichgültigkeit.
#246
Geschrieben 18. März 2007, 00:43
Der Kronprinz des afrikanischen Staates Zamunda hat in seinem Leben noch nichts von der wirklichen Welt gesehen. Immerhin ist er sich deren Existenz bewusst und so verweigert er die Heirat mit einer wohltrainierten Schaufensterpuppe, um sich eine Braut mit eigener Identität zu suchen. Wohin sonst sollte es ihn dafür verschlagen als nach Queens, NYC?
Schade, dass den meisten von diesem Film nicht viel in Erinnerung bleibt als "Der kleine Prinz ist jetzt sauber!". Denn eigentlich sind es ja die kleinen Nebenrollen, in denen Eddie Murphy und Arsenio Hall ihre wahren Talente demonstrieren dürfen.
Ganz merkwürdig finde ich übrigens diesen Afrika-Exotismus, der in den Zamunda-Szenen zu Tage tritt. Diese Folkloreszenen sind von einem so deutlich amerikanischen Blick geprägt, dass es mir ein bisschen wehtut. Aber immerhin kommen die Gepflogenheiten der Neuen Welt auch nicht besser weg.
#247
Geschrieben 18. März 2007, 01:03
Die schwerreichen und versnobten Brüder Duke wetten gegeneinander: die gute alte "Nature or Nurture"-Frage entzweit sie. Sie nehmen ihrem Angestellten Louis Winthorpe III alles, Job, Verlobte, Stolz und Urvertrauen, an seine Stelle setzen sie den gewitzten schwarzen Penner Billy Ray Valentine. Nun wollen sie schauen, ob der Mann aus der Gosse die Arbeit in der Börsenmaklerei ebenso vertrauenswürdig und erfolgreich leisten kann wie sein Vorgänger und ob der wohlerzogene Louis gleichzeitig zum Verbrecher wird.
Als sich das Ergebnis abzeichnet, kommen ihnen ihre beiden Marionetten jedoch auf die Schliche und schlagen zurück, dahin, wo's wehtut.
Kurz und gängig ausgedrückt: eine bitterböse Satire. Die Darsteller haben offentsichtlich Spaß an der Sache, sozialistisch motivierte Vorurteile dürfen gepflegt werden. Dan Aykroyd steht in der Blüte seines Könnens, Eddie Murphy spielt mit einer Verve, die Karriereanfängern vorbehalten ist, und Jamie Lee Curtis und Denholm Elliott sind die, die sie immer wieder sein werden: die geile Braut mit Herz und Verstand und der ehrliche englische König des understatement.
Aber das alles soll nichts Schlechtes sagen über den Film, denn es ist alles einfach ein absolut gelungenes Vergnügen.
#248
Geschrieben 18. März 2007, 01:29
Die beiden Feuerwehrmänner Vince und Don stoßen bei einem Brand in ihrem Heimatbezirk Arkansas auf Hinweise zu einer langvergessenen Diebesbeute, die in einem verlassenen Fabrikgebäude in East St. Louis versteckt ist. Dummerweise ist dieses Gemäuer der Ort, wo der ansässige Gangsterboss King James und sein Gefolge einen Abtrünnigen tödlich bestrafen. So treffen zwei völlig unterschiedliche Welten mit konträren Interessen aufeinander: die einen wollen nur weg mit dem Gold, die anderen wollen nicht verraten werden. Nur eins haben sie gemein, sie wollen nicht, dass sich die Polizei einmischt.
In diesem Film stimmt so ziemlich alles. Besonders spannend wird er durch das, was ich soeben als einen Chiasmus erkannt habe: die Kreuzfigur, die sich zwischen den Parteien ergibt dadurch, dass sich auf jeder Seite wiederum jeweils gegeneinander arbeitende Gruppierungen befinden. Die einen wollen eine friedliche Lösung, um so wenig Verlust wie möglich zu erleiden, für die anderen heißt es Alles oder Nichts, Tod oder die Freiheit. Ließe man King James und Vince in Ruhe miteinander verhandeln, könnte es ein gutes Ende finden, doch leider sind die Milden und Klugen, die, die zu vertrauen wagen, unterlegen. Statt dessen setzen sich Lügen, Intrigen, Misstrauen und Gewalt durch. Das Ganze entwickelt sich so unausweichlich und so hervorragend inszeniert dem großen Knall entgegen, dass ich einerseits nicht mehr hinsehen wollte, andererseits aber auch sehen musste, wer denn nun am Ende noch übrigbleibt. Der Schluss ist es dann so richtig - aber vielleicht nicht gerecht -, dass ich am liebsten die Zeit zurückgedreht hätte: bis zu dem Punkt, wo alles noch glücklich hätte ausgehen können. Wenn man den nur so eindeutig ausmachen könnte...
#249
Geschrieben 19. März 2007, 21:43
Die an Epilepsie leidende und streng gläubige Michaela Klingler setzt sich mit Unterstützung des Vaters gegen ihre Mutter durch und geht zum Pädagogikstudium nach Tübingen. Alles, was sie will, ist leben wie die anderen; doch zwischen dem Stress der Prüfungen, der Erfahrung erster Liebe und dem Misstrauen und der Kritik von Seiten ihrer Mutter erleidet sie einen Rückfall in ihre medikamentös bezwungene Krankheit. Sie hört Stimmen und scheint eine unwillkürlich Abneigung gegen die Riten und Symbole der Kirche zu entwickeln. Weltliche Erklärungen kann sie nicht zulassen - verrückt zu sein ist ihr ein schlimmeres Stigma als Besessenheit. Und so verweigert sie sich der Hilfe ihrer neuen Freunde und begibt sich in die Hände eines jungen, ehrgeizigen Pfarrers, der einen großen Exorzismus an ihr vorzunehmen beginnt.
Basierend auf dem Fall der Anneliese Michel, erzählt der Film ohne Vorwurf, aber auch ohne Gnade die Geschichte einer jungen Frau, die am Erwachsenwerden scheitert. Einer jungen Frau, der es nicht gelingt, sich aus den familiären Strukturen, aber auch dem Trost der Frömmigkeit ihrer Kindheit zu lösen, die einen Sinn für ihr Leben sucht, den sie nicht in der leichtlebigen und oberflächlichen Welt ihrer Altersgenossen findet. Einer jungen Frau - wenn ich es ganz freudianisch benennen darf -, deren Ich aufgerieben wird zwischen ihrem Über-Ich und ihrem Es.
Von Anfang an ist klar, wie es für sie enden wird, trotzdem hält der Film von der ersten Minute an den Zuschauer im Bann - oder gerade deshalb. Unabwendbar entwickelt sich Michaelas Schicksal, und sie ist, zumindest in dieser Darstellung, ebenso beteiligt an ihrem Ende wie der unentschlossene, ängstliche Vater, die kalte, streng katholische Mutter, die Angestellten der Kirche, für die der "Fall" Prestige bedeutet, und die Freunde, die nicht den Mut aufbringen, sich für die Vernunft gegen den Irrsinn durchzusetzen.
Aber es ist auch keinem ein Vorwurf zu machen - sie alle sind in ihren Welten, in ihren Vorstellungen gefangen, allen voran Michaela selbst. Umso schlimmer schmerzen die Schritte, die sie alle gemeinsam dem furchtbaren Abschluss entgegengehen.
Sicher sagt die Deutung dieses Films mehr über den Betrachter als über den Film selbst; ich weiß, dass es viel über mich sagt, wie ich auf die einzelnen Figuren in diesem Trauerspiel reagiere, auf wen ich eine Wut entwickle und für wen ich Mitleid empfinde. Mich hat dieser Film sehr mitgenommen, bis hin zum tragischen Endbild, in dem Michaela glücklich lächelnd zurückkehrt in die heimische Hölle, endlich sicher, dass ihr Leben nur durch ihr Leiden Sinn erhält, im festen Glauben, dass sie für die Welt und für sich nur das Richtige tut, wenn sie die Verantwortung, die Entscheidung über ihr Leben endgültig in fremde Hände gibt.
Es braucht zwar nicht viel, mich zu Gefühlsausbrüchen zu reizen, aber dieser Film hat für mich so klug, so treffsicher und mit solcher Liebe ein tragisches Schicksal erzählt, dass seine Stimmung und alle Ebenen seiner Erzählung mich auch der Erinnerung noch bewegen. Großartig.
#250
Geschrieben 19. März 2007, 22:11
Der verwöhnte Musikstudent Eugene Martone verhilft dem Senior-Mundharmonikastar Willie Brown zur "Flucht" aus dem Pflegeheim, weil er auf der Suche ist nach einem legendären Musikstück, von dem er sich einen formidablen Eintritt ins Musikgeschäft verspricht. Doch Willie Brown hat eigene Pläne, bei denen der Unterricht des "Lighning Boy" im Hobo-Leben und wahrem Blues eher ein Nebenprodukt ist.
Ein schönes, stimmungsvolles Roadmovie, das am Ende noch den Beweis erbringt, dass klassische Musikausbildung ein Dienst an Gott und der eigenen Seele ist.
#251
Geschrieben 26. März 2007, 18:20
Skurril und bunt, mit einer Prise Jeunet - so hab' ich den spanischen Alien/Familienfilm in Erinnerung. Das ist nciht immer mein Humor - jedenfalls nicht zum laut lachen, aber die vielen unerwarteten Wendungen, die der Film nehmen kann, weil er keiner genrezugeordneten Erzählstruktur zu folgen scheint, hielten mich bei der Stange und bei Laune.
#252
Geschrieben 26. März 2007, 18:42
Paul Hackett ist ein typischer Yuppie-Single, der eines Abends aus seiner Routine ausbricht, nachdem er in einem Café die junge Marcy angesprochen hat - auf das nicht unheikle Thema "Wendekreis des Krebses" von Henry Miller. Ermutigt von ihrer offenen und vertraulichen Art, ruft er sie bei ihrer Künstlerfreundin an und macht sich auf ihre Aufforderung hin voller Hoffnung auf den Weg nach Soho. Doch die Zeichen weisen schon zu Beginn auf Sturm, als ihm sein letzter 20$-Schein aus dem Taxifenster fliegt - nur der Anfang einer turbulenten, verstörenden, den Konsens der Realität in Frage stellenden Nacht.
Niemand kann so schön todmüde und gleichzeitig hysterisch lebenssehnsüchtig sein wie Griffin Dunn. Als Paul, der bei seinem ersten Schritt aus der einfachen Welt der geregelten Arbeit in den Strudel des schrill-finsteren Künstlerviertels gerät, ist er voller menschlicher Schwächen - doch gerade das macht ihn sympathisch. Zu keinem Zeitpunkt kann der Zuschauer den Platz an seiner Seite verlassen, auch moralisch nicht. Selbst seine schlimmsten Fehltritte sind nachvollziehbar, und so wird der Zuschauer in der Entwicklung der Nach-Mitternacht-Stunden von den Antagonisten Pauls und ihren in einem Lynchmob endenden Handlungen und Entscheidungen nicht weniger gequält als er, und ebenso erschöpft und durchgeschüttelt in die graue, aber beruhigend verlässliche Sicherheit seines Großraumbüros zurückgespuckt.
#253
Geschrieben 26. März 2007, 20:14
Am Ende des spanischen Bürgerkrieges wird die phantasievolle Ofelia mitsamt ihrer hochschwangeren Mutter in die Berge verfrachtet, im Auftrag des neuen Mannes der Mutter. Dieser sachliche, harte Faschistenkommandant legt Wert darauf, dass sein Sohn in seiner Nähe geboren wird, koste es, was es wolle. Zwischen den Grausamkeiten der politischen Situation und der von patriarchalischer Diktatur geprägten neuen Familienstruktur sucht und findet Ofelia in den Gestalten ihrer Märchenwelt Sinn und Bedeutung: im Labyrinth, dass vor ihrem Haus liegt, trifft sie eines Nachts einen Faun, der ihr offenbart, sie sei die wiedergeborene Tochter des Königs der Unterwelt. Um wieder Eintritt zu finden in diese Welt und ihren Platz in der Thronfolge soll sie drei Prüfungen bestehen. Doch was sie tun muss, hat nicht nur Konsequenzen für die Wesen der Unterwelt.
Leider war mein Blick bei dieser ersten Sichtung nicht der emotionale, mit dem ich eigentlich gerne an diesen Film herangegangen wäre. Als "Zeuge" einer Diskussion um Qualitäten und Mängel des Films war ich so konzentriert darauf, die Argumente beider Seiten wenigstens nachvollziehen zu wollen, dass ich mich leider nicht so in der Welt des Films verlieren konnte wie es anders vielleicht der Fall gewesen wäre.
Das Ergebnis meiner Betrachtung ist zumindest dies: Mängel kann ich nicht feststellen. Im Gegenteil hat mich der Film mit seiner Vielschichtigkeit und vollendeten Vernetzung verschiedener Wahrheiten fasziniert. Nicht nur ist das Design wunderschön und stilsicher, in den Welten, zwischen denen Ofelia reist, gibt es einiges zu entdecken. So konnte ich mit meinen weiblichen Augen in den Gestalten und Abenteuern, zu denen mich Ofelias Geschichte führt, nicht nur die Problematik der frühen, in einer katholisch-faschistischen Welt entstandenen "Patchwork-Familie" entdecken, sondern auch die Ängste und Wünsche eines Mädchens, dass in diesem Ultra-Patriarchat an der Schwelle zur Geschlechtlichkeit steht. Die Momente, die das Leben einer zukünftigen Frau beeinflussen, bedrohen können, sind in ihren Begegnungen mit der anderen Welt enthaltne. Ganz klar, dass der Faun - auch der Pan, der etymologisch ja (Gott sei Dank für den Titel) verwandt ist - das Sinnbild für Sexualität ist, Ofelias eigene oder die noch unbekannte, mystisch verklärte männliche. Nicht umsonst muss Ofelia aus dem schützenden Schlafzimmer der Mutter geführt werden, um ihm begegnen zu können; kaum hat sie ihr eigenes Bett, hat der Bocksfüßige Zutritt zu ihrem Schlafgemach und kann sie dort ungestört ansprechen.
Von der merkwürdigen Beziehung ihrer Mutter zu ihrem Stiefvater und der offensichtlich bedrohlichen Konsequenz der Schwangerschaft mit einem männlichen Kind muss die Beziehung der weiblichen Verwandten gestört werden. Nicht nur sind die Entscheidungen der Erwachsenen für die Jugendliche undurchschaubar, ihre Emotionen müssen der noch von klaren Zu- oder Abneigungen geleiteten noch viel rätselhafter erscheinen. Die Zusammenhänge der Interaktionen der Erwachsenen sind unklar, aber ihre Bedeutungen für die Menschen zumindest verschlüsselt in ihren Prüfungen vorhanden.
So geht es in ihrer ersten Prüfung um Fruchtbarkeit und Verhütung - ein Baum, der keine Blüte trägt, weil tief in seinem Wurzelwerk, dem Ursprung des Wachstums, eine Kröte sitzt. Die drei Steine muss Ofelia der Kröte verabreichen wie Pillen, die die Kröte töten, Ofelia aber den Schlüssel für ihre nächste Prüfung überbringen.
In ihrer nächsten Prüfung trifft sie auf ein Wesen, das Babys frisst - ein Sinnbild für Abtreibung, eine schreckliche, aber manchmal einzig hilfreiche Konsequenz der menschlichen Sexualität. Ofelia entscheidet sich zwar vor den Schränkchen richtig, kann es jedoch dann nicht lassen, von den Köstlichkeiten zu probieren, was das Monster weckt. Und schließlich muss Ofelia die Entscheidung mit der größten Tragweite treffen, die eine Frau treffen kann: das Kind oder ich? Ihr Stiefvater trifft diese Entscheidung, doch aus egoistischen Gründen; Ofelia, die werdende Frau, trifft diese Entscheidung gegen ihre eigenen Interessen, sie kann nicht wissen, dass sie damit ihre letzte Prüfung besteht.
Möglicherweise ist diese Deutung sehr persönlich, aber ich konnte mich des Eindrucks schlicht nicht erwehren - auch die Regelblutung, die Ofelia wohl noch bevorsteht, für die Mutter (und für den Bruder) jedoch lebensbedrohlich erscheint, begegnet uns als entscheidendes Element. Die Alraune als wirksames Frauenheilkundemittel wie die Verweigerung der väterlichen Erbfolge weisen daraufhin, dass auch die uralten und beständigen Mystizismen, Machtausübungen und Unvereinbarkeiten der weiblichen mit der männlichen Welt Thema dieses Films sind - die mir nun besonders ins Auge fielen.
Schon diese ausführliche Bestandsaufnahme sollte zeigen, dass kritische Stimmen zu diesem Film bei mir kein Gehör finden. Denn neben dieser sehr einseitigen Auslegung sehe ich Laberinto del fauno noch viele weitere deutungswürdige Ebenen, ein sicheres Zeichen für mich, dass diesem Film nichts, aber auch gar nichts fehlt.
#254
Geschrieben 28. März 2007, 11:21
Job verloren, Frau mit anderem Mann im Bett erwischt - in der Hoffnung, dem Unglück zu entkommen, fliegt Slevin nach New York zu seinem Kumpel Nick. Aber nix da: er wird direkt bei Ankunft ausgeraubt und niedergeschlagen. Dann trifft er nicht nur seinen Freund in dessen Wohnung nicht an, nein: er wird auch noch für ihn gehalten, von den vorstellbar unangenehmsten Leuten im Big Apple, den Schergen des Boss. Dem schuldet Nick Geld, und Slevin muss sich auslösen: er soll den Sohn des Rivalen, dem Rabbi, erschießen. Dem Rabbi schuldet Nick aber auch Geld - und schon steckt Slevin in Nicks Dilemma, dem er nur dank seiner Ataraxia (krankhaftem Gleichmut) und Nicks süßer Nachbarin Lindsey entkommen kann.
Doch in diesem Verwirrspiel gibt es noch einen Teilnehmer im Hintergrund, den berüchtigten Auftragskiller Mr. Goodkat, dessen Ankunft am Ort auch die Polizei beunruhigt. Mr. Goodkat scheint der einzige zu sein, der weiß, welches Spiel er spielt: nämlich den Kansas City Shuffle.
Ein Film, der mit rabiatem Humor, einer verschachtelten Erzählung und vielen namhaften Darstellern aufwartet. Nicht immer gelingen diese Versuche der neuen Coolness; in diesem Fall aber ist das Ergebnis ansehnlich und unterhaltsam. Wenn es auch nicht wirklich eine Überraschung ist, wenn am Schluss alles ganz anders ist als es am Anfang den Anschein machte, schließt der Film einen anständigen Kreis und die rasante Inszenierung trägt ihren Teil zum Spaß bei.
#255
Geschrieben 28. März 2007, 11:25
Zugegebenermaßen nur ab und an vom Bügelbrett einen Blick riskiert - aber James Caan würde ich auch nicht von der Krankenbettkante schubsen...
#256
Geschrieben 28. März 2007, 11:45
Sinbad bringt seine Verlobte, die Tochter des Kalifen, nach Hause, um sie dort zu heiraten. Auf der Schifffahrt kommen sie an der Insel Colossa vorbei, ihrer Chance für Frischwasser und Vorräte. Doch sie treffen auf einen Magier, der von einem Zyklopen verfolgt wird - Sokura, der Magier, rettet sie mit Hilfe seiner magischen Lampe, die aber leider bei der Flucht ins Wasser fällt.
Statt ein bisschen Dankbarkeit für seine Rettung zu zeigen, mimt Sokura von nun an den Spielverderber, prophezeit der Ehe von Sinbad und der Prinzessin ein düsteres Ende und Krieg zwischen den beiden Parteien der Eheschließung. Als das unverständlicherweise nicht hilft, Sinbad zu einer Rückkehr zu Colossa zu bewegen, schrumpft Sokura die Prinzessin auf Däumlinggröße und bietet die Hilfe seiner magischen Kräfte an - für die er aber Schale vom Ei des Vogel Roc braucht, den es erstaunlicherweise auch auf Colossa gibt. Völlig frei von Misstrauen reist Sinbad, die Winz-Prinzessin in einer Laterne stets bei sich, mit Sokura zur Insel zurück.
Von der naiven Handlung mal abgesehen - die Regeln des gesunden Menschenverstands dürfen in einer Märchenerzählung ja nicht angewandt werden - sind Harryhausens Figuren in diesem Film noch nicht auf dem Höhepunkt ihrer Glaubwürdigkeit. So ist der Spaß bei der Sichtung gleichmäßig verteilt auf die informativ-sinnentleerte Kommunikation zwischen den Figuren und die liebevolle Gestaltung der Knetmännchen, die in diesem Stadium der Entwicklung noch an "Luzie, der Schrecken der Straße" erinnern.
#257
Geschrieben 28. März 2007, 14:47
Jason, der einzige überlebende Nachfahre des Königs von Thessalien, soll den Usurpator Pelias stürzen - so ist es prophezeit. Um den Sieg erringen zu können und Frieden und Wohlstand für das Land zu sichern, soll er jedoch zunächst das Goldene Vlies aus Kolchis entführen. Um dorthin zu gelangen, lässt er die Argo bauen, mit einem Ebenbild der Göttin Hera, seiner Gönnerin, als Galleonsfigur, als Mannschaft stellt er nur die größten Athleten und Helden der Antike ein, darunter Herkules, aber auch einen Maulwurf aus Pellias' Reihen.
Auf ihrer Reise nach Kolchis müssen die Argonauten bereits gefährliche Abenteuer bestehen, doch in Kolchis erhält Jason unerwartet Hilfe von Medea, der Prinzessin und Hohepriesterin der Hekate, die sich in ihn verliebt. Bis zum Happy End mit Thronbesteigung und Eheschließung müssen jedoch noch einige mystische Gestalten erschlagen werden.
Zwar darf man von Hollywood-Filmen nicht erwarten, mit der griechischen Mythologie respektvoll umzugehen, doch dieser Film bleibt, dem, was man wohl Vorlage nennen sollte, relativ treu - treuer als Kampf der Titanen jedenfalls, von den gelegentlichen Umwegen über Trickfiguren-Gelegenheiten abgesehen. Nicht nur das macht Jason in meinen Augen zu einem der bemerkenswerteren Werke Harryhausens - besonders aber die wirklich großartigen Trick-Sequenzen, darunter Talos und natürlich die Skelette der verstorbenen Kolchis-Krieger krönen diesen Heldenepos.
#258
Geschrieben 28. März 2007, 15:01
Auf See fängt Sinbad einen Homunkulus mit einem goldenen Amulett ab, das ihm merkwürdige Visionen einer Bauchtänzerin beschert. Diese leitet ihn an die Gestade eines Landes, dass unter der magischen Fuchtel des finsteren Koura steht, während der Wesir noch versucht, die Hinterlassenschaft des Sultans zu enträtseln. Aus dieser Hinterlassenschaft stammt auch das Amulett, das sich als Teil einer Seekarte entpuppt. Mit Koura auf den Versen, macht sich Sinbad gemeinsam mit dem Wesir und einer Sklavin, die der Bauchtänzerin aus Sinbads Vision ähnelt, auf die Suche nach der Erlösung von Kouras Magie.
So oder so ähnlich zumindest habe ich die Geschichte in Erinnerung, allerdings spieltes bei den Sinbad-Filmen generell keine Rolle, ob man der Handlung so genau folgen kann. Aus der Reihe der 1001-Nacht-Märchen sticht dieser Film hervor, nicht nur, weil der Plot halbwegs konsistent ist, sondern auch, weil er uns die interessante Begegnung der arabischen mit der frühen asiatischen Welt beschert und damit den wundervoll choreografierten Schwertkampf Sinbads mit der sechsarmigen Kali.
Den männlichen Zuschauern stechen sicher auch noch andere Dinge ins Auge, ich persönlich hätte den Film auch ohne die zu platzen drohende Minimalbekleidung der rassigen Sklavin ertragen können, ganz zu schweigen von ihren wenig konstrukitven Beiträgen zum Geschehen (*keuch*, *kreisch*). Etwas trösten konnte mich der ebenso rassige Sinbad und dessen gleichermaßen hautentblößende Kleidung, sein Erster Maat ist aber auch nicht zu verachten (geile Haare!).
#259
Geschrieben 28. März 2007, 19:10
Der gealterte italian stallion, den die Phillies nur liebevoll "Rock" nennen, führt nach dem Tod seiner Frau ein italienisches Restaurant und eine unterkühlte Beziehung zu seinem Sohn Robert. Einmal im Jahr macht er zum Todes(oder Geburts-?)tag Adrians eine Tour um die Orte ihrer Geschichte, was seinen Schwager Paulie mit einem schlechten Gewissen quält. Doch der Aufforderung, endlich im Jetzt zu leben, kann Rocky nicht nachkommen, denn da ist immer noch ein unruhiges Tier in ihm, eine Frage, die nicht beantwortet wurde. Auch in der Freundschaft zu Marie, die Rocky als Jugendliche kannte und um deren pubertierenden Sohn Rocky sich väterlich bemüht, findet er keinen Frieden. Erst, als ihm die Lizenz zum Boxen wiedererteilt wird und der unbeliebte, aber uneingeschränkt erfolgreiche Champion Mason Dixon ihn zum Kampf auffordert, weiß Rocky, was er will und was er tun muss.
Ich habe schon bei Rocky geweint, als Mickey und Rocky sich in seiner Wohnung gegenüberstehen und jeder für sich die Erinnerung an alte Verletzungen und Niederlagen wachruft. So ist es nicht verwunderlich, dass mir bereits nach den ersten zehn Minuten die Tränen in den Augen standen und mit schöner Regelmäßigkeit wiederkehrten, bis zum versöhnlichen und friedvollen Schluss.
Auch, wenn es nicht um deutlich mehr ginge als einen Mann, dem das Alter sein letztes Kapital, den Körper, stiehlt, wäre dies ein bewegender und tiefgehender Film. Nicht nur um Sly selbst geht es, der selbst immer wieder betont, dass kaum jemand wie er mit einer Rolle identifiziert wurde - der nun auch 60 ist und einen wie Rocky wohl nicht mehr frisch aus der Taufe heben wird. Nicht nur um die Frage, wie ein Mensch dem Alter begegnen muss oder darf, wie weit er sich beugen soll, den Erwartungen der Jüngeren und Gleichaltrigen, den Reglements für Senioren, den Ansprüchen einer Jugend-Kultur. Nicht nur darum, wieviel Verantwortung einem Mensch für sein eigenes Leben zusteht, aber auch, wieviel Verantwortung für sein eigenes Leben er übernehmen muss, um nicht an falschen Erwartungen zu verzweifeln. Und nicht nur darum, dass manchmal ein Kampf schon allein dadurch gewonnen ist, dass man ihn überhaupt antritt.
Rocky hat nicht meine Jugend geprägt, und trotzdem konnte ich schon bei der ersten Sichtung die Wärme und Klugheit hinter der scheinbar simplen Aufsteigergeschichte erkennen. Rocky hat nicht meine Jugend geprägt, aber dennoch kann ich in Rocky Balboa mehr sehen als nur einen Wiederaufguss eines alten Erfolgsrezeptes, viel mehr - ein Plädoyer für den unbesiegbaren Wunsch nach einem guten, sinnvollen Leben, bis es tatsächlich zu Ende ist.
#260
Geschrieben 28. März 2007, 19:24
Sinbads Freund und Schwager in spe Prinz Kassim ist vor seiner Krönung von einer Hexe in einen schachspielenden Pavian verwandelt worden. Um ihm seine menschliche Gestalt wiedergeben zu können, reist Sinbad mitsamt Freundin los, um erst einmal den weisen Melanthius und seine blonde, affenliebende Tochter Dione aufzusammeln und sich dann weiter nach Hyperboraea zu begeben, wo die untergegangene Kultur das Wissen um die Wandlung von Materie pflegte. Ihnen auf den Fersen beständig die zwischendurch mit einem Möwenfuß verunstaltete Hexe Zenobia, ihr vom Buckeln ganz krummer Sohn Rafi und deren gemeinsames Geschöpf, der kupferne Minotaur - hier an Elektrogeräte gemahnend "Minotron" genannt.
Die Story und Zusammenhänge sind hier völlig für die Tonne, mehr als einmal darf man sich fragen, ob die Agierenden noch alle Ruder im Boot haben (besonders Melanthius beeindruckt mit dünnem pseudo-wissenschaftlichem Gerede und seiner weibisch zu bezeichnenden Launenhaftigkeit: "Die Strapazen, die Kälte, das ist nichts für mich." "Aber wir brauchen Dich!" "Ah, die Geheimnisse der Hyperboraeer - ja, wir segeln!").
Leider sind auch die Effekte - vielleicht ist es auch Gewöhnung - nicht mehr so überraschend, nicht so vielseitig eingesetzt, und damit verliert Dynamation ihren Reiz. Leider eher müdes Vergnügen, das Ganze.
#261
Geschrieben 28. März 2007, 19:47
Ein junges Mädchen wird nackt und zerschlissen tot aufgefunden. Fast holistisch wird der Fund zum Anlass für Erzählung von anderen Frauen-Leben, die von ihrem Ende beeinflusst werden; erst als Letztes wird auch ihre Geschichte erzählt.
Ein sehr weiblicher Film, im positivsten Sinne, ohne dabei aufdringlich feministisch zu sein. Der Tod als Anstoß zum Neuanfang, auf jeden Fall ein Wendepunkt für die, die zurückbleiben. Einfühlsam erzählt, mit einem feinen Sinn für Stimmung und Kommunikation, in seiner traurigen Nähe zur Wirklichkeit mancher Menschen trotzdem hoffnungsvoll.
#262
Geschrieben 28. März 2007, 20:02
Der kambodschanische Straßenjunge Pang kommt nach Hong Kong, um einen Auftragsmord zu erledigen. Nach Ausführen der Tat allerdings steht er plötzlich alleine da, ohne ein Wort Chinesisch und ohne das Vermögen, Mitgefühl zu empfinden. Erst in der Begegnung der vom Vater missbrauchten Müllhalden-Prinzessin findet er ein Handlungsmotiv außerhalb der eigenen basalen Triebe. Dem romantischen Beziehungsanfang steht jedoch die Polizei im Weg, allen voran der skrupellose Wai, der nicht nur den Tod seines Kollegen Lam rächen muss.
Wenn es nur das wäre, hätte der Film für meinen Geschmack schon einiges zu viel. Meinem zarten Seelchen bekommt das Hinrichten Unbeteiligter nur schlecht, was ich noch als "mein Problem" hinnehmen kann, und auch eine Erklärungsnotdurft zum unpassenden Zeitpunkt versetzt dem Rhythmus des Films eine eher störende Unwucht.
Dass aber am Ende ein merkwürdig aufgesetztes "ever after" folgt, dass nicht nur inszenatorisch nicht zum vorderen Teil passt, nimmt dem Film schlussendlich ganz den Spaß. Ich kann mir die letzten 20 Minuten nur damit erklären, dass dem asiatischen Publikum einfach mehr Abgeschlossenheit präsentert werden muss (ist ja nicht das erste Mal, dass ein asiatischer Film den richtigen Zeitpunkt zum Schlussmachen verpasst hat).
Positiv anzumerken sind die kalte Atmosphäre, die keinen Zweifel über die Grundhaltung der Protagonisten lässt, und die interessante akustische Gestaltung. Das war's dann aber auch für mich.
#263
Geschrieben 28. März 2007, 20:15
Nach dem Tod der Porno-Queen Kristina übernimmt ihr Bruder, der katholische Priester August, die Verantwortung für ihre fünfjährige Tochter Mia. Und das bedeutet in diesem Fall nicht nur, ihr zu essen und ein Dach über dem Kopf zu geben, sondern auch ihr übersexualisierte Psyche zu bändigen und ihre Peiniger aus unglücklicheren Zeiten, die allesamt mit Kristina viel Geld gemacht haben, zur Rechenschaft zu ziehen.
Zunächst mal weit weniger drastisch, als ich befürchtet hatte, an manchen Stellen tragikomisch, aber in letzter Konsequenz auf kurzsichtige und unerwartete Art undurchdacht. Womit genau hat AUgust ein Problem: Damit, dass seine Nichte missbraucht und misshandelt wurde? Damit, dass seine Schwester eine Pornodarstellerin war? Oder - größer gedacht - vielleicht im Allgemeinen mit der phallozentrischen Ausbeutung der Frau?
Genauso muss ich mich fragen, womit die Macher des Films eigentlich ein Problem haben. Mit Missbrauch? Mit Pornographie? Beides ist ja nicht untrennbar miteinander verbunden - die nicht so sehr feine Grenze zwischen sexueller Machtausübung an Schwächeren und eigenverantwortlicher Vermarktung erwachsener Sexualität wird allerdings im Film nicht gezogen.
Ein aus skandinavischer Gegend ungewohnt konservativer Wind, der da weht. Bedenklich.
#264
Geschrieben 28. März 2007, 20:26
Eine bunt zusammengewürfelte Gruppe Touristen - aus USA, England und Australien - verschlägt es durch einen Busunfall an einen Traumstrand mit Cocktailbar und Disko. Das Misstrauen einzelner wird mit Mojitos ertränkt, erst am nächsten Morgen, verkatert und ausgeraubt, erscheinen Brasilien nicht mehr als Paradies auf Erden. Doch im Laufe des verregneten Tages soll daraus noch das genaue Gegenteil werden.
Das Rezept ist einfach, aber auch schlichte Küche kann mit Kreativität und Geschick schmackhaft gemacht werden. Dieser Touristen-Schlachter versöhnt durch sympathische sogar glaubhafte Charaktere und wertet seine Regeltreue durch gelungenen Spannungsaufbau auf. Nicht nur natürliche Xenophobie, auch das politisch bewussten Wohlstandsbürgern immanente Schuldgefühl gegenüber Drittweltländern und klassische Klaustrophobie kommen als geschickt konzertierte Affekte zum Einsatz.
#265
Geschrieben 28. März 2007, 20:32
Als Karen ein merkwürdiger Tumor am Nacken wächst, sucht sie nicht nur ärztliche Hilfe, sondern auch seelischen Beistand bei ihrem alten Freund und Pseudo-Medium Harry. Die Operation an ihrem Geschwulst muss abgerbochen werden, weil der Chirurg sein Skalpell nciht unter Kontrolle bekommt, und eine von Harrys Kundinnen erleidet zunächst einen Anfall übernatürlicher Art und stürzt sich dann ganz Exorizisten-mäßig die Treppe hinab. Davon beunruhigt, forscht Harry nach und muss zu dem Schluss kommen, dass ein indianischer Medizinmann in Karens Körper auf seine baldige Wiedergeburt wartet. Mit Hilfe von Singing Rock will er den Anachronismus indie Schranken weisen.
Eine abenteuerliche Geschichte, die sich GottseiDank - oder: Tony Curtis sei Dank - nicht ganz ernst nimmt. Es fehlen nur ein paar Millimeter zur Gurke - aber die fehlen eben. Sympathisch.
#266
Geschrieben 28. März 2007, 20:39
Ein junges Mädchen und ein mittelalter Mann bringen sich selbst auf bestialische Weise um - im Schlaf, scheinbar im Traum. Der suizidale Nightmare Detective, der in die Träume anderer eindringen kann, soll mit der Polizei den Fall lösen.
Sehr stimmungsvoll, sehr bedrückend. Umso mehr ist es schade, dass alles am Ende so banal erklärt werden kann. Im Rückblick gefällt mir an dem Film am besten die Trauminszenierung, die realistisch surreal gelungen ist, und das Spiel mit dem Nichts, das zu sehen ist, wenn die selbstmörderischen Träumer angegriffen werden.
#267
Geschrieben 28. März 2007, 20:53
Im Jahr 2057 droht die Sonne auszubrennen. Schon eine zweite Mannschaft wird auf der Icarus II zur Sonne geschickt, um eine Atombombe von der Größe Manhattans im herzen des Sterns zu platzieren. Nach monatelanger Reise zum infernalischen Zentrum des Systems liegen die Nerven blank; als ein Hilferuf der Icarus I aufgefangen wird und die Entscheidung, dem nachzugehen, zu einem folgenschweren Fehler führt, gerät die Crew an die Grenzen ihrer Teamfähigkeit.
Der Twentieth Century Fox habe ich meine positive Meinung schon in weniger Worten zum Kauf angeboten (ich Nutte). Hier noch mal ausführlich: große Bilder, große philosophische und soziologische Fragen, große Gefühle.
Vor dem Film habe ich die Hoffnung geäußert, dieser Film möge das geworden sein, was Event Horizon werden sollte, und in gewisser Weise ist meine Hoffnung erfüllt worden. Zwar zielt Sunshine weit weniger auf die niederen Instinkte des Zuschauers, er bebildert jedoch im Gegenzug dazu wesentlich gekonnter das menschliche Verloren-Sein im Unendlichen kosmischer Abläufe. "Bombastisch" ist vielleicht ein zu ornamentales Wort, es kommt dem Gefühl aber nah.
#268
Geschrieben 28. März 2007, 21:04
Die Brüder Dragon und Tiger haben zwei Mütter, aber den gleichen Vater, den Meister an der Kampfsportschule Dragon Tiger Gate. Das verbindet sie für immer, doch ihre Geschichten haben sich gegensätzlich entwickelt. Während Tiger, der jüngere Bruder, mit dem Vater für die Zukunft von Straßenkindern kämpft, beschützt Dragon als Leibwächter den Gangsterboss Ma Kwun und seine Tochter Xiaoling. Erst, als Ma Kwun und ihrer beider Vater vom ultrabösen Obergangsterboss Lousha (glaub ich) umgebracht werden, finden die beiden Brüder zusammen.
Meine Erwartungen waren wohl nicht so sehr hoch angesetzt, denn so fürchterlich enttäuscht war ich auch nicht... Nichtsdestotrotz war ich auch nicht gerade begeistert davon, wie flach die Charaktere bleiben, und wie inkonsistent die gesamte Story ist. Am Anfang ein Gangsterfilm, weicht er zwischendurch auf eine mystische Lehrsequenz aus, um dann im vollends phantastischen Endkampf sein abruptes Ende zu finden. Unrund, und das kann nicht nur daran liegen, dass es eine Comicverfilmung ist.
#269
Geschrieben 28. März 2007, 21:15
Geschichtsdoktorand und angehender Marathonläufer Babe leidet unter dem Selbstmord seines Vaters - dessen Hintergründe vermutet er in der Verfolgung während der McCarthy-Ära. Sein älterer Bruder Doc hält sich dagegen nicht lange mit der Vergangenheit auf, sondern ist erfolgreich im Geheimdienst-Gewerbe. Als der Bruder eines berüchtigten Nazis in New York verunglückt, geraten Dinge ins Rollen, die Doc das Leben und Babe den Seelenfrieden kosten.
Ich selbst leide GottseiDank nicht unter Dentistophobie, dennoch sind die berühmten Folterszenen mit die effektivsten ihrer Art. Über die komplexe, geschickt gesponnene Intrige, die großartigen Darsteller und die gelungene Inszenierung brauche ich nichts weiter zu sagen; Laurence Oliviers träger, arroganter Nazi ist so recht verabscheuenswert und der Moment seiner Entdeckung und Flucht aus dem Juwelierviertel New Yorks einfach Filmgeschichte.
#270
Geschrieben 31. März 2007, 18:09
Nach einem gemeinsamen Einsatz soll der junge französische Auftragskiller Laurier den amerikanischen Geheimdienstagenten Cross aus dem Weg räumen. Da dieser aber auch sein Mentor und im bescheidenen Rahmen sein Freund geworden ist, sieht "Scorpio" davon ab. Das bedeutet jedoch nicht das Gnadenbrot für Cross, der seine Flucht bereits von langer Hand vorbereitet hat, für sich und seine Frau. Während Cross sich in Wien mit dem befreundeten gegnerischen Agenten Zharkov trifft, überzeugt sein ehemaliger Boss MacLeod "Scorpio" davon dass Cross ein Verräter und Überläufer ist - und erhöht den Preis für Cross' Kopf.
Agententhriller sind nie so ganz das, was mich fasziniert. Männer in Anzügen, die mit anderen Menschen ihre Schachzüge durchführen, viel Raucherei und Politik... nichtsdestotrotz ist Scorpio interessant, da die Systeme der Geheimdienste den Menschen, die in ihnen leben und arbeiten, unterlegen sind, selbst, wenn am Ende doch immer wieder einer nachrückt, der bereit ist, die schmutzige Arbeit zu erledigen. Während die hohen Tiere, der Welt entfremdet, auf jeder Seite sitzen und abstrakte Ziele verfolgen, begegnen sich im Feld echte Menschen, die trotz unterschiedlicher Überzeugungen Freundschaft schließen - aufgrund ähnlicher Erlebnishorizonte und weil die wichtigen zwischenmenschlichen Werte am Ende doch die größere Rolle spielen. Kein Mensch kann schließlich überleben ohne irgendjemanden, dem man trauen kann.
Burt Lancaster ist erstaunlich gut in Form und Alain Delon sieht halt nun einmal klasse aus. Und Alain Delon mit kuscheligen Kätzchen ist natürlich noch toller. So kann einem auch ein so viriles Genre wie der Agententhriller schmackhaft gemacht werden.
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