The Room-Files
#1261
Geschrieben 14. Mai 2007, 20:52
Regie: Cyrill Boss, Philipp Stennert
Liebes Tagebuch...
Je größer die Gruppe von Leuten ist, mit der man plant ins Kino zu gehen, umso schwieriger gestalten sich die Terminvereinbarungen. Hier keine Zeit, da keine Zeit. Tausend SMS oder Telefonanrufe führen zu oft unweigerlich in eine Sackgasse. Doch diesmal, diesmal war davon keine Spur zu sehen. Jeder (sechs Individuumen an der Zahl) hatte Zeit und als der Termin längst feststand, stellte sich auch noch heraus, daß justament an jenem Tage sich auch noch Oliver Kalkofe und Bastian Pastewka angekündigt hatten. Zugegeben, daß erhöhte nicht nur die Vorfreude, sondern ließ auch einen Hauch von Nervosität durch das provinzgeprägte Dorf mit U-Bahn und mich fließen.
Zum Film inklusive diverser kleiner Spoiler: Er konnte die angekündigte Verbesserung der Huldigung der alten Edgar-Wallace-Filme erfüllen. „Neues vom Wixxer“ gestaltete sich noch ein wenig charmanter und detailverliebter als sein Vorgänger. Angefangen vom längst ausrangierten Constantin-Logo, denn herrlich wabernden Credits und der in Übermaßen schräg eingesetzten Musik. Nie erweckte der Film aber den Anschein, er müsse altbekannte Schauwerte herunterbeten. Diese flossen reibungslos in die gewohnt lustige, kultiviert parodieren wollende Geschichte ein. Dann kam der Werbeblock, der, wie ich im Nachhinein erfahren müßte, schon zu der Zeit des Kinostarts schändlich durch die Medien gepeitscht wurde. Platziert an der denkbar fiesesten Stelle offenbart hier Autor Oliver Kalkofe sein teuflisches Talent, überschreitet die Grenze des guten Geschmacks und setzt Sinn und Zweck einer mit Werbespots durchlöcherten TV-Ausstrahlung außer Kraft. Diese Tatsache, gepaart mit einem knüllevollen und brüllenden Kinosaal inklusive des extremen Belustigungsgrades meinerseits, führte zu dem Ergebnis, daß ich vom Rest des Filmes kaum etwas behalten konnte, daß meine objektive als auch meine subjektive Einschätzung vollkommen ausgeschaltet wurden. Zwar bekam ich den weiteren Verlauf der Handlung mit samt seiner an den Haaren herbeigezogenen Auflösung mit, aber will ich an einzelne Details zurückdenken, fällt mir dazu kaum etwas ein. Dieser humoristische Höhepunkt, denke ich mal, wird bei einem zweiten Erleben des Filmes deutlich nüchterner ausfallen, doch schon heute blicke ich gespannt auf das Wiedersehen, denn in „Neues vom Wixxer“ gibt es mit Sicherheit einiges, was wiederentdeckt werden will. Alfons Hatlers Karaokoeinlage, zum Beispiel - noch so ein brachialer Höhepunkt.
Zu kritisieren habe ich die Tatsache, daß wieder nicht alle Witze in gewolltem Maße zünden konnten und daß etwas zu oft der platte Humor bedient wurde. Mein Komikzentrum läßt sich halt kaum kitzeln, wenn die Charaktere lustige Gegenstände an den Kopf geworfen bekommen, oder wenn sie mit ihrer Birne irgendwo gegenrumpeln.
Nach dem Film gab es neben viel Applaus eine Stand-up Einlage von Kalkofe und Pastewka und danach Autogramme im Foyer der bemitleidenswerten Gäste, die gestresst alles unterschreiben mußten, was man ihnen unter die Nase gehalten hat. Ob Kalkofe meinen Wunsch, Christopher Lee im dritten Teil sehen zu wollen, behalten hat, wird sich zeigen. Wenn es denn überhaupt einen dritten Teil geben wird, denn „Neues vom Wixxer“ ist für meine Begriffe etwas zu schnell wieder aus den Kinos verschwunden.
Montag, 19.03.2007/21:05 - 22:45 Uhr (zum ersten Mal gesehen)
#1262
Geschrieben 17. Mai 2007, 13:08
Regie: Marc Forster
Liebes Tagebuch...
Da sind sie wieder, die Erben von David Lynch. Sind gekommen, um uns zu verwirren, mit einem Rätsel, dessen Lösung zeigt, wie groß der Spaß sein kann, wenn man mit filmischen Mitteln die Regeln der Physik umgeht.
Nun kommt der Spoilerteufel, denn ohne den läßt sich nicht mehr viel zu „Stay“ sagen. Ewan McGregor spielt einen Psychiater, auf dessen Couch ein junger Mann (Ryan Gosling) Platz nimmt, dem nach einem Unfall Selbstmordgedanken quälen. Bei den Sitzungen trifft der Mann zudem noch Voraussagen, die wenig später auch eintreffen. Der Psychiater ist verwirrt und neugierig und taucht alsbald in die Gedankenwelt seines Patienten ein.
Ewan McGregor und Ryan Gosling sind also die zentralen Figuren in diesem Psychospiel, das leichtfertig mit Vergangenheit, Zukunft und Gegenwart spielt, was mich als Zuseher sehr zu entzücken weiß. Die Auflösung des Filmes bietet folgende Erklärung. Weite Strecken der Erzählung stellen ein Nahtoderlebnis der von Ryan Gosling verkörperten Figur da. Wieso dieses Nahtoderlebnis dann aber (oft) aus der Sicht von Ewan McGregor gezeigt wird, bleibt mir ein Rätsel. Nun könnte ich mutmaßen, daß ich nicht alles korrekt mitbekommen habe oder daß der Film einem logischen Fehler aufgesessen ist (was ich aber letztendlich nicht glauben mag). Erklärungen diesbezüglich sind im Kommentarthread willkommen.
Der Film überzeugt vor allem durch die ausgefeilte Optik und sein Spiel mit den Zeitebenen, jedoch enttäuscht die Auflösung ein wenig - gemessen am Stand meiner aktuellen Informationen.
Donnerstag, 22.03.2007/20:15 - 21:50 Uhr (zum ersten Mal gesehen)
#1263
Geschrieben 17. Mai 2007, 13:08
Regie: Steven Spielberg
Liebes Tagebuch...
Was für eine bittere Pille! Auch wenn Steven Spielberg stets versucht seine altbekannten Heile-Welt-Eskapaden zu zeigen, drückt „Krieg der Welten“ ordentlich aufs Gemüt, was ihn zugegebenermaßen ein wenig schizophren aussehen läßt. Dennoch ist der Film mutiger, oder soll ich sagen bedrückender geworden als sein Bruder im Geiste, als „The Day after Tomorrow“.
Die Materialschlacht ist verschwenderisch. Und all das zum Zwecke den Zuschauern eins reinzuwürgen. Selten war Popcornkino so düster, so beunruhigend, so spaß- und gutelaunefrei. Das macht den Film trotz hanebüchener Logikfehler so besonders, so spannend, so mitreißend. Politisch brisante Zeiten, so beunruhigend sie auch sein mögen, befördern halt doch genau diese Art von Filmen ans Tageslicht, denen ich mich besonders verbunden fühle.
Samstag, 24.03.2007/20:20 - 22:15 Uhr (zum zweiten Mal gesehen)
#1264
Geschrieben 17. Mai 2007, 13:09
Regie: Christine Hartmann
Liebes Tagebuch...
Ein seltsamer Mordfall beschäftigt die Berliner Kommissare Till Ritter (Dominic Raacke) und Felix Stark (Boris Aljinovic). Ein älterer Herr wird in seiner Wohnung erschossen. Vorher hat das Opfer jedoch alle persönlichen Unterlagen bereit gelegt, sich den besten Anzug angezogen und auch noch feinsäuberlich einen Brief geschrieben. Dieser alles erklärende Brief gerät jedoch nur auf Umwegen zum nächsten Briefkasten (eine etwas unrealistisch wirkende Drehbuchidee) und somit tappen die Kommissare erst mal kräftig im Dunkeln. Die Spur führt raus aufs Brandenburger Land, wo vor Jahren die Frau des Opfers ebenfalls erschossen wurde. Bald scheint es so, daß die beiden Mordfälle zusammenhängen.
Stadtkommissare auf dem Dorf - ein gern gewählter Umstand, der stets die gleichen Ermittlungsprobleme mit sich bringt. In der Provint kennt jeder jeden, hat es im besten Falle sogar mit ihm getrieben. Auch hütet, so scheint es, jede Dorfgemeinschaft, jedes noch so lapidare Geheimnis wie eine Glucke ihre Kinder und Außenstehende, was auf die Kommissare generell und immer zutrifft, finden nur schwer Zugang zu dem verschlossenem Kollektiv. All das kennt man ja zur Genüge und nur schwerlich läßt man sich so zu Lobeshymnen hinreißen. Was man ebenfalls kennt, ist die Tatsache, daß es in Dorfgemeinschaften natürlich und von von Haus auf verschroben zu geht, was zu einem Zusammenprall der Kulturen führt. Stadt trifft Land, Essig trifft Öl. Das führt zu bizarren Konfrontationen was bei einem als Zuschauer stets Freude und Kurzweiligkeit über die dargebotenen Situationen erzeugt. So verhält es sich auch bei diesem, inhaltlich doch eher belanglosen, nicht immer ganz logisch ablaufenden Film, der seine Kraft und Stärke aus der Unterschiedlichkeit der Charaktere zieht, immer begleitet von Trommelfell kitzelnder Jazzpolkamucke. Gute sonntägliche Abendunterhaltung.
Sonntag, 25.03.2007/20:15 - 21:45 Uhr (zum ersten Mal gesehen)
#1265
Geschrieben 17. Mai 2007, 13:09
Regie: Hayao Miyazaki
Liebes Tagebuch...
Nach alter Tradition muß die kleine Hexe Kiki im Alter von 13 Jahren ihr Elternhaus verlassen und sich an einem fremden Ort niederlassen. Recht schnell findet Kiki auch eine große Stadt. Die erscheint ihr aber sehr unwirtlich und fremd. Aber sie hat Glück und trifft schnell nette Menschen, wo sie unterkommen und arbeiten kann.
Mit „Majo no takkyûbin“ schuf das Studio Ghibli einen Rundum-Wohlfühl-Film. Kikis Aufbruch in eine neue Welt, in ein neues Leben verläuft zwar nicht konfliktfrei oder ohne Rückschläge, aber schnell schlägt die Geschichte wieder die Richtung eines guten Verlaufs ein. Hilfreich sind Kiki dabei viele gute Menschen, die gute Ratschläge haben, ein gutes Herz noch dazu und ihr eigentlich überhaupt nur Gutes wollen. Davon scheint der Film fast schon besessen zu sein. Diese gehäufte Gutmenschlichkeit lasse ich mir sonst nur ungern bis kaum andrehen, habe auch Probleme solche positiv eingestellten Filme richtig einzuschätzen. So war ich auch bei „Kikis kleiner Lieferservice“ mißtrauisch und glaubte stets ein Damoklesschwert über der Hauptfigur hängen zu sehen. Aber geschah nichts - nicht schlimmes jedenfalls. Vielleicht mal etwas halb-, oder viertelschlimmes. Aber dann scharten sich gleich Unmengen von hilfsbereiten Zeitgenossen um Kiki um ihr zu helfen.
Das kam mir ein wenig befremdlich, zu dick aufgetragen vielleicht, und zu aufdringlich vor, aber letzten Endes sollte dies einfach (nur) ein positiv stimmender Film für Groß und Klein sein. Und diese Rechnung ging auf. Trotz episodenhafter Handlung und überoptimistischer Grundeinstellung erfreut „Kikis kleiner Lieferservice“ nicht nur mit guten tricktechnischen Ideen, die wegen ihrer eigentlichen Bescheidenheit umso glänzender in Erscheinung treten. Der Film hat optisch ganz viel auf der Pfanne und der spannende Showdown, inhaltlich angenehm unrhythmisch und nicht klischeehaft eingebracht, kann diese eh schon hoch gesteckten Qualitätsanspruche noch mal überbieten.
Sonntag, 01.04.2007/12:35 - 14:15 Uhr (zum ersten Mal gesehen)
#1266
Geschrieben 17. Mai 2007, 13:13
Regie: Martin Weisz
Liebes Tagebuch...
„The Hills have Eyes“ entpuppt sich nicht als kompetente Fortsetzung sondern doch eher als billig produzierter Nachschlag, der (zu) schnell seinem Vorgänger nachgeschoben wurde, entstanden aus dessen Gewinnen. Ich dachte eigentlich die Zeit der schlechten Fortsetzungen wäre seit zehn oder mehr Jahren vorüber, wäre beziehungsweise nur noch in der B- oder C-Liga eine gängige Methode. Aber Wes Craven samt Frau bedient sich nun genau der Mittel, die er in „Scream II“ noch augenzwinkernd parodiert hat. Finanzmäßig klug machen die Produzenten hier nun die schnelle Mark, besser gesagt, pressen den letzten Saft aus einer bereits geernteten Frucht.
Der Film überzeugt mit ordentlicher, teilweise schwindelerregender Kameraführung und sympathischen, wenn auch durch die Bank unbekannten und somit günstigen Darstellern. Auch trick- und ausstattungstechnisch geht er voll in Ordnung. An blutigen Details wurde ebenso nicht gespart, wie an nett arrangierten Mutantenbehausungen. Das Drehbuch folgt auch dem Erfolgsrezept des ersten Teils. Verschiedene Schauplätze dienen der Streckung der Handlung und die Darsteller werden weitestgehend klischeefrei in diese hineinverfrachtet. Trotzdem merkt man dem Film an, daß er recht günstig entstanden ist. Große Kulissen, zum Beispiel, sucht man vergebens. Alles spielt sich in der steinigen Hügellandschaft oder in deren Höhlen ab. Das Drehbuch wartet, trotz der geschickten Dramaturgie mit läppischen Dialogen und zu wenig bemerkenswerten Ideen auf. Letzteres ließ man wohl auf Grund von Einsparungsmaßnamen links liegen. Auch gingen in dem Drehbuch die gesellschafskritischen Aspekte weitestgehend unter, wodurch der Film enorm an Zynik verliert und sich selbst der Grundlage seiner Daseinsberechtigung entraubt.
Würde man „The Hills have Eyes II“ als eigenständigen Film betrachten, wäre er für zwischendurch soweit in Ordnung. Schnell gemacht bedeutet ja nicht gleich schlecht gemacht. Eine würdige Fortsetzung verkörpert er jedoch nicht.
Nun schaue ich etwas nüchterner auf George A. Romeros nächsten Zombiefilm (ebenfalls mit völlig unbekannten Darstellern) und auf Eli Roths „Hostel Part II“.
Dienstag, 03.04.2007/21:20 - 22:50 Uhr (zum ersten Mal gesehen)
#1267
Geschrieben 19. Mai 2007, 09:22
Regie: Terry Jones
Liebes Tagebuch...
Es ist erschreckend wie treffsicher und hochgradig aktuell der Film noch heute ist, wie er dem religiösen Fanatismus den Spiegel vorhält, wie er nur jeden erdenklichen sakralen Zusammenhang aufzugreifen weiß und nebenbei noch punktgenau die alten Historienschinken parodieren kann. Das macht „Das Leben des Brian“ neben all dem zum Kult gewordenen Klamauk zur Ausnahmeerscheinung, gipfelnd in der bitterbösen Massenkreuzigung in der mir als Zuseher einmal mehr das Lachen im Halse stecken blieb. Hier bloß amüsiert zu sein läge mir fern, denn das traurige Ende verdeutlicht mehr als nur schwarzen Humor. Es zeugt auch davon, daß der Zuschauer wieder mal ein Stück weit mehr Abschied vom Monty-Python-Universum nehmen muß, auch weil „Das Leben des Brian“ den Höhepunkt in der Schaffenskraft der sechs Komiker darstellt.
Mittwoch, 04.04.2007/21:45 - 23:15 Uhr (seit Ewigkeiten nicht mehr auf Deutsch gesehen)
#1268
Geschrieben 27. Mai 2007, 09:35
Regie: Roman Polanski
Liebes Tagebuch...
Ein wunderbarer Film, der trotz der vierzig Jahre, die er auf dem Buckel hat, in Form von klassischem Grusel hochgradig spannend und im gleichen Atemzug entwaffnend komisch sein kann. Sein Alter merkt man dem Film nur in wenigen Szenen negativ an. Dann, wenn zum Beispiel, die Geräuschkulisse etwas zu still erscheint oder der Slapstick ohne allzu großen Radau über die Bühne geht. Sonst aber bietet der Film alles, was das Gruselherz begehrt, schaurige Atmosphäre, liebevoll gestaltete Kulissen, fröhlich aufgelegte Darsteller und einen begnadenswerten Soundtrack. In der Tat, ein großartiger Klassiker!
Donnerstag, 05.04.2007/20:40 - 22:25 Uhr (vor einiger Zeit mal halb und jetzt endlich mal komplett in Englisch gesehen)
#1269
Geschrieben 27. Mai 2007, 09:35
Regie: Brad Silberling
Liebes Tagebuch...
Beim Anschauen dieses Filmes bekomme ich fast ein schlechtes Gewissen. Ein schlechtes Gewissen, weil er so düster und angsteinflößend wirkt. Auf dieser Schiene fährt dieser Film sehr gut. Wirkt er doch wie eine schaurige Tim-Burton-Vision, deren verschrobene und verstörende Elemente lustvoll ein bereitwilliges Publikum piesacken.
Die rätselhaften Ereignisse, die an familienfreundlicher Diabolik kaum zu überbieten sind, erfreuten mich in Form eines fantasieerprobten Publikums mit ihren tiefschwarzen Scherzen, der ungemeinen Spielfreude der erwachsenen Darstellern und der sehr gut nachvollziehbaren Einschüchterungen der heranwachsenden Charaktere. Hinzu kommt die in allen Belangen betörend schöne, wenn auch extrem düstere Ausstattung die auch einem Tim-Burton-Film entsprungen sein könnte. Der hätte mit Sicherheit dieses Werk auch gerne in Szene gesetzt und ich glaube kaum, daß der Film dann großartig anders gestaltet worden wäre. Letzten Endes kann das aber nur Tim Burton erklären und nicht ich.
Nur die Tatsache, daß der Film am Ende etwas von seiner Schärfe verliert, mindert den Gesamteindruck ein wenig. Hier gerät der Film nämlich etwas von seinen teuflischen Bahnen ab, die er bis dahin so königlich abgeschritten hat. Das hat weniger etwas mit dem einigermaßen happy verlaufenden Ende, sondern eher mit der Gestalt des Grafen Olaf zu tun, der ein wenig sinnfrei zu handeln beginnt. Einen großen Abbruch tut das dem wohlig beunruhigenden Film aber nicht.
Freitag, 06.04.2007/14:10 - 16:00 Uhr (zum zweiten Mal gesehen)
#1270
Geschrieben 27. Mai 2007, 09:35
Regie: Maurizio Zaccaro
Liebes Tagebuch...
Budapest 1905. Eine Kinderbande erkämpft sich das Vertrauen des griesgrämigen Janos (Mario Adorf). Von da an dürfen sie in seinem Hof ihr Lager aufschlagen. Das Leben dort könnte so schön sein, wenn den Jungen von der Paulstraße samt ihrem großväterlichen Freund nicht so viele schicksalsträchtige Ereignisse bevorstehen würden. Da wäre zum Beispiel die böse Bande vom Bothanischen Garten, die den Jungs den Hof streitig machen will. Oder die verbitterte Exfrau von Janos (Gaby Dohm), die Besitzansprüche auf das Grundstück erhebt und dort ein großes Wohnhaus bauen will und die es nicht gerne sieht, daß ihr Verflossener mit der gerissenen Anwältin Edit Horváth (Virna Lisi) anbandelt. Ein weiterer Problemfaktor ist der Vater des Anführers der Paulstraßenjungs Padre Boka (Christian Kohlund) der Haus und Hof verspielt hat und sich zu guter Letzt auch noch duellieren muß. Und da gibt es noch den kleinen Ernö Nemecsek (Gáspár Mesés), dessen Eltern sich getrennt haben und der so gerne eine übergeordnete Rolle in der Bandenhierarchie spielen würde und mit Mut und Tapferkeit trotz Lungenentzündung in den Kampf mit den Jungs vom Bothanischen Garten einsteigt.
Inhaltlich ausladend läßt der Film keinen Seifenoperaspekt aus, stets untermalt von süßlicher, gefühlvoll anheimelnder Musik, wie man sie schon oft in solchen italienischen (Co-) Produktionen gehört hat. Die Rechnung geht auf. Der Film ist massentauglich sentimental und soweit kitschig, daß es eben noch nicht weh tut. Große Kunst sollte man aber nicht erwarten.
Oft erscheint er aber zu hastig erzählt, möchte zu viele einzelne Geschichten des Buches von Ferenc Molnár in 95 Minuten unterbringen. Wie von mir schon vermutet, gibt’s den Film auch als 180minütigen Zweiteiler - in Ungarn, aber nicht bei uns.
Auch wenn „Die Jungen von der Paulstraße“ nicht über das Niveau einer edel ausgestatten und weichgespülten TV-Schmonzette hinauskommt, überzeugt er am Ende mit einem übergroßem Maß an echter und nicht an verlogener Dramatik. Hier hebelt die Geschichte die allgemeingültigen Gesetze des (italienischen) Fernsehfilms (siehe: „Die Kinderklinik) aus und wird zum ehrlich gemeinten Tränenzieher. Das hat mich überrascht.
Freitag, 06.04.2007/17:25 - 19:00 Uhr (zum ersten Mal gesehen)
#1271
Geschrieben 27. Mai 2007, 09:36
Regie: Volker Schlöndorff
Liebes Tagebuch...
Der luxemburgische Pfarrer Henri Krämer (Ulrich Matthes) wird für neun Tage aus dem KZ beurlaubt. In seiner Heimat soll er laut Untersturmführer Gebhard (August Diehl) den Bischof (Hilmar Thate) zur Unterzeichnung eines Schriftstückes bewegen, daß die katholische Kirche Luxemburgs an die Seite des Deutschen Reiches bindet.
Völker Schlöndorff nahm sich dem Thema der Stellung der katholischen Kirche zum dritten Reich an. Der Film basiert auf einer wahren Geschichte, die im Drehbuch inhaltlich gut ausgearbeitet ist, die aber als Ergebnis auf der Leinwand doch eher lapidar und behäbig rüberkommt. Durchtränkt wird der sakrale Konflikt durch (die üblichen) KZ-Impressionen. Gezeigt wird der Pfarrerblock in Dachau, wo die inhaftierten Kirchenvertreter auf Wunsch des Pabsts zwar etwas besser behandelt werden, dafür aber im gleichen Atemzug für ihre Bevorzugung bestraft werden.
Ulrich Matthes überzeugt in der Hauptrolle zwar mit eingefallen Wangen und hervorstechenden Augen, aber die Person, die er darstellt, geht in dem Konflikt, in der sie sich befindet, nicht voll auf. Mal zu wortkarg, dann wieder zu geschwätzig tritt der Pfarrer auf. Es wird zwar klar, daß jede Entscheidung die der Mann in Sutane trifft, folgenschwer sein wird - egal in welche Richtung - aber der Film unterstreicht diesen Zwist mit viel zu wenig Energie.
Freitag, 06.04.2007/20:40 - 22:15 Uhr (zum ersten Mal gesehen)
#1272
Geschrieben 27. Mai 2007, 09:36
Regie: Mel Gibson
Liebes Tagebuch...
Als ich „Die Passion Christi“ zum ersten Mal sah, da habe ich schon ziemlich geschimpft. Ja, regelrecht zornig hat mich Mel Gibsons Egotrip gemacht. Heute habe ich den Film der Neugierde wegen, mehr oder weniger aus Versehen, ein zweites Mal gesehen.
Mag sein, daß das Spektakel für gläubige Menschen die Offenbarung darstellt, um sich selbst zu kasteien oder um sich in ihrem Glauben bestätigt zu fühlen. Eben jene Menschen werden kaum daran mäkeln, daß Mel Gibson stur, engstirnig und mit hohem Pathosanteil die einzelnen Stationen der letzten Woche (in Rückblenden) und die Ereignisse von Jesus’ letztem Tag herunterbetet. Die Rückblenden stellen den einzigen dramaturgischen Kniff des Filmes dar, der Rest ist ein sich an Blut und Folter ausweidendes Brutalspektakel, daß einzig durch seine Härte und durch technische Kompetenz überrascht.
Aber Mel Gibson schießt über sein Ziel hinaus. Er läßt den Oberlehrer raushängen, indem er dem Teufel ein paar Auftritte gewährt, vergreift sich in Sachen Brutalität an Bildern, die in ihrer Übertriebenheit und Spekulativität nur dem Horrorgenre vorbehalten sind und nicht zuletzt verpaßt er die Chance, dem Bösen ein Gesicht zu geben. Der Grund, warum die Juden, und man muß hier sagen „die Juden“, weil Mel Gibson unendlich verallgemeinernd auftritt, Jesus letztendlich am Kreuz hängen sehen wollen, bleibt im Dunkeln. Stattdessen stellt der Regisseur das gemeine Volk auf der Straße als blökende Dummköpfe dar, die nach gestrenger Baukastenregel, lieber dem geifernden Mörder Barabbas die Freiheit schenken, als einem Jesus von Nazareth mit Hundeblick. Na, wenn das nicht plakativ ist. Ein netter Vergleich: Was wäre, wenn Stephen Spielberg „Schindlers Liste“ mit solch boulevardesken Mitteln inszeniert hätte...
Ich weiß nicht, ob bibelfeste Menschen die angebrachte Kritik widerlegen oder außer Kraft setzen können. Wenn nein, dann würde ich mich bestätigt fühlen. Wenn ja, dann würde ich zu dem Ergebnis kommen, daß ein Film für alle Zuschauer in den Köpfen auch funktionieren sollte. „Die Passion Christi“ tut dies definitiv nicht.
Noch eine Anmerkung zu dem Sender ProSieben. Dieser hat dem Film, berechtigt oder nicht, das sei dahingestellt, eine ernsthafte Lobby ermöglicht, ihn ungeschnitten - glaub’ ich, wenigstens - gezeigt, nur einmal mit Werbung unterbrochen und ihn sogar komplett mit Abspann (wenn auch etwas beschleunigt) über den Bildschirm gejagt. Dem Film, gesehen als reine Ware und ohne Berücksichtigung des Inhalts, wurde somit eine qualitativ gute Fernsehpremiere beschert.
Freitag, 06.04.2007/22:20 - 00:25 Uhr (zum zweiten Mal gesehen)
#1273
Geschrieben 28. Mai 2007, 15:47
Regie: James Wong
Liebes Tagebuch...
Eigentlich müßte man dem Film ja böse sein, denn er ist, wie schon der zweite Teil auch, eigentlich nur ein Remake des ersten Teils. Auf dieser Linie kommt „Final Destination III“ somit vollkommen überraschungsfrei daher. Aber das „Dem Tod von der Schippe springen“-Thema scheint noch nicht vollkommen ausgereizt zu sein und viele Ideen warteten noch auf Umsetzung, was abermals hochspannend und angenehm unangenehm vonstatten geht.
Die Verkettung unglücklicher Umstände wird in diesem Film natürlich noch einen Zacken mehr auf die Spitze getrieben. Fast überzeugen dabei die subtileren Einfälle, wie etwa die Todesfallen Solarium oder Baumarkt mehr, wie die groß angelegten Actionszenen auf der Achter- oder in der U-Bahn. Hier entlädt sich neben dem Krawall- auch ein Schnittgewitter, was es mir als Zuschauer schwer machte, den Faden nicht zu verlieren. Vor allem beim Achterbahnradau wäre es wichtig gewesen, wenn etwas mehr Details aus dem tosenden Unglück hervorstechen würden.
Auch sonst treibt es der Film recht wild. Das popcornschmeißende Publikum bekommt genau das vorgesetzt, was es erwartet - stets auf dem Grat wandernd, nicht zu heftig und trotzdem alles andere als zimperlich zu sein. „Final Destination III“: Als Fortsetzung einfallslos, als Remake unnötig, als Film aber horrormäßig unterhaltsam.
Samstag, 07.04.2007/14:30 - 16:00 Uhr (zum ersten Mal gesehen)
#1274
Geschrieben 28. Mai 2007, 15:49
Regie: Oskar Roehler
Liebes Tagebuch...
Dieses intensive Beziehungsdrama fährt so ziemlich alles auf, was man von einem Beziehungsdrama aus deutschen Landen erwartet: Krebs, Aids, Selbstmord, Impotenz, Untreue, Dogen, Fehlgeburt, etc. Die deutschen Kritiker lassen sich bei so was, meist voreilig, zu überschwänglichen Kritiken hinreißen. Ich hingegen frage mich dann immer, ob es alle diese wirklich schlimmen Probleme, vor allem in dieser Häufung, überhaupt braucht. Bei mir macht sich dann immer schnell auf den Film bezogen Unglaubwürdigkeit breit, denn ich kaufe solchen Geschichten diese drastischen Eckpfeiler nicht ab. Die Kritiker hingegen jubeln weiter, und weiter, und weiter. Von Film zu Film...
Was aber, wenn Oskar Roehler sich genau diesem Grundgedanken angenommen hat und in „Der Alte Affe Angst“ die Ansammlung all dieser menschlichen Katastrophen satirisch überspitzt, ohne seinem Publikum je einen einzigen Lacher (doch, einen grimmigen Lacher gab es: Ingrid van Bergen mit Sauerstoffmaske.) entlocken zu wollen? Zugegeben, mir fiel diese Theorie ein als ich schon im Bettchen lag und vom Heuschnupfen gepiesackt wurde, und ich stellte fest, daß sie mir zusagte. Aber schon vorher überzeugt der Film durch seine durchdringende, entlarvende, direkte, fast schon schockierende Machart mehr als er durch seine Problemwälzung nervt. Den Hauptdarstellern entlockt Oskar Roehler dabei schockierende Streitgespräche und Szenen von unglaublich wilder und fantasievoller Zweisamkeit, während er in den Nebenrollen eine beachtlich prominente Darstellerriege in Sekundenauftritten präsentiert.
Sonntag, 08.04.2007/21:05 - 22:35 Uhr (zum ersten Mal gesehen)
#1275
Geschrieben 28. Mai 2007, 15:51
Regie: Joel Schumacher
Liebes Tagebuch...
Walter Sparrow (Jim Carrey) kommt ins Grübeln, als ihm seine Frau (Virginia Madsen) ein Buch schenkt, in dem in etwas abgewandelter Form seine Lebensgeschichte niedergeschrieben steht. Auch weiht ihn das Buch in die Geheimnisse und Bedeutungen der verschwörerischen Zahl 23 ein und er gerät in einen Strudel aus Realität und Fiktion.
Der extrem düstere und in kalten Farben gehaltene Paranoiathriller von Joel Schumacher lebt hauptsächlich durch seinen großartigen Hauptdarsteller, der erneut beweist, daß ihm ernste Rollen wirklich gut liegen und der mit Bravour seine ernste Rolle mit leicht komischen Ansätzen zu bereichern weiß. Der Film selbst ist mir eine Spur zu dunkel geraten. Das bedrückend kalte Grün, welches hauptsächlich vorherrscht, läßt die Geschichte unnahbar und emotionslos erscheinen, was mich persönlich weitaus weniger fesseln konnte, wie erwartet. Natürlich hat der Film auch extrem gute Szenen, wartet mit Traumsequenzen a’la Tim Burton und stylischen Rückblenden auf, läßt aber schlussendlich die Frage offen, was die ominöse Zahl 23 mit dem zu tun hat, auf das Walter Sparrow nach etwas Stöbern in seiner Vergangenheit gestoßen ist. Die Zahl 23 nur als zufälliger Katalysator? Das erscheint mir als Erklärung doch eher ungenügend, zumal der Zahl zu Beginn des Filmes doch ein ziemlich großer Freiraum zur Entfaltung gewährt wurde.
Dienstag, 10.04.2007/20:50 - 22:30 Uhr (zum ersten Mal gesehen)
#1276
Geschrieben 28. Mai 2007, 15:54
Regie: Álex de la Iglesia
Liebes Tagebuch...
Der Tag der Bestie wird kommen, und mit ihm der Film, der Álex de la Iglesia international bekannt machte. Und in der Tat, der Film rockt das Haus, wirkt leicht naiv gestaltet und noch nicht zu teuer, beinhaltet so etwas wie den Flair eines geglückten Erstlingswerks, wobei es natürlich kein Erstlingswerk ist.
Die Handlung, wie gerne bei dem frühen aber auch späteren de la Iglesia, ist reichlich konfus - böse Zungen würden sagen, an den Haaren herbeigezogen - und man muß sich mit so machen Haken herumschlagen, der in die Geschichte eingebaut ist. Zu Beginn verwirrt zum Beispiel ziemlich die Darstellung der Hauptfigur des Priesters (Álex Angulo), denn dieser kann man all die schlimmen Dinge, die sie veranstaltet, nur schwerlich abkaufen - zu Recht, wie der weitere Verlauf der Erzählung offenbart. Schräg wie bei Almodóvar wir dann ein überkandidelter Fernsehfritze gefangen genommen, der mit seiner blonddummen Frau und dem Priester zusammen den Teufel beschwören muß, um dessen Rückkehr auf die Erde zu verhindern.
Die Inhalt ist Käsekuchen, ganz klar, aber er ist verrückt genug um reichlich Spannung, schwarzen Humor und irre Einfälle zu versammeln, die diesen Film zum außergewöhnlichen Glücksgriff werden lassen, inklusive einem diskutierwürdigem Ende, bei dem man sich Gedanken machen kann, ob der Priester nicht doch etwas zu sehr über sein Ziel hinausgeschossen ist, ob ihm seine Einbildung nicht doch einen Streich gespielt hat und ob der Der Tag der Bestie doch (noch) nicht angebrochen war.
Mittwoch, 11.04.2007/21:10 - 22:50 Uhr (zum ersten Mal gesehen)
#1277
Geschrieben 04. Juni 2007, 10:50
Regie: Fritz Lang
Liebes Tagebuch...
„Frau im Mond“ ist nicht „Metropolis“, denn nachdem „Metropolis“ die UFA fast in den Ruin getrieben hätte, mußte auch bei Fritz Langs zweiten Film nach dem finanziellen Desaster wieder etwas Billigeres und vor allem etwas Publikumswirksameres, will heißen Anspruchsloseres her. Davon zeugen auch die ausschweifenden Nebenhandlungen im ersten Drittel von „Frau im Mond“, die weitestgehend verzichtbar gewesen wären und bloße Zeitschinderei sind.
Der Wissenschaftler Wolf Helius (Willy Fritsch) wird von dem Mann, der sich derzeit Walt Turner nennt (Fritz Rasp) gezwungen, seine geplante Reise zum Mond in dessen Auftrag durchzuführen. Die Organisation der fünf Gehirne und Scheckbücher, die hinter der feindlichen Übernahme der Reisepläne steckt, erhofft sich dadurch Zugriff auf das Mondgold, das Professor Georg Manfeldt (Klaus Pohl) auf der Rückseite des Trabanten vermutet.
Wie ein Spiegel der damaligen Zeit mutet der Inhalt des Filmes an. Die Drehbuchautoren Thea von Harbou und Fritz Lang übertrugen geschickt die weltpolitische Lage und den aufkeimenden Nationalsozialismus in ihre Geschichte, portraitierten die Organisation der fünf Gehirne und Scheckbücher als machtgieriges Unternehmen mit Hang zur Weltherrschaft, welches den Heißsporn der sich derzeit Walt Turner nennt mit geschliffenen Hitlerscheitel in den Ring schickt. Kein Wunder also, daß „Frau im Mond“ von 1933 bis 1945 in Deutschland verboten war.
Des Weiterten treten Hans Windegger (Gustav von Wangenheim, der überhaupt nicht mehr wie der Hutter aus „Nosferatu“ aussieht) und dessen Verlobte, was für ein Name, Friede Velten (Gerda Maurus) die Reise zum Mond an. Das Wolf Helius in die Verlobte seines Freundes und Kollegen heimlich verliebt ist, wird auf der Reise noch zu einigen unangenehmen Begegnungen führen.
Alles in allem ist „Frau im Mond“ leicht bekömmlich gestaltet, hat immer wieder etwas seltsam anmutende humoristische Anflüge und bietet große Schauwerte in Form von charmanten Miniaturen. Man technischer Firlefanz, wie das Bedienen und vor allem das Starten und Landen des Weltraumschiffes wirkt aus heutiger Sicht antiquiert. Dafür überzeugen andere Aspekte, wie zum Beispiel die Sache mit dem Problem der Schwerelosigkeit. Zurück bleibt der Eindruck eines schönen, spannenden und auch unterhaltsamen Stummfilms.
Samstag, 14.04.2007/12:55 - 15:00 Uhr & Sonntag, 15.04.2007/13:05 - 13:40 Uhr (zum ersten Mal gesehen)
#1278
Geschrieben 04. Juni 2007, 10:50
Regie: Jess Franco
Liebes Tagebuch...
Als ich diesen Film wieder sah, zum ersten Mal in seiner ursprünglichen deutschen Kinoversion ohne großangelegte Hardcoresequenzen, hatte ich zuerst einen sehr zwiespältigen Eindruck, ließ mich fast dazu hinreißen, in als überbewertet einzustufen. Natürlich lag das nicht daran, daß die uninspirierten Hardcoreszenen fehlten, sondern an der seltsamen Grundstimmung des Filmes. Ruhig und dialogarm ist diese nämlich, angereichert mit konfusen Nebenhandlungen und mit einer unnahbaren und stummen Lina Romay in der Hauptrolle, deren Monologe nur aus dem Off zu hören sind. Hinzu kommt die Tatsache, daß der Film wirklich schlampig gefilmt wurde, auch ausstattungstechnisch reichlich armselig in Erscheinung tritt und darstellerisch mit ausdruckslosen Gesichtern aufwartet.
Dennoch kann „Entfesselte Begierde“ mit etwas Geduld eine interessante, tragische und sogar anrührende Grundstimmung aufbauen, so daß man dem Film, trotz vieler Defizite eine gewisse Klasse nicht abstreiten kann. Kult sind natürlich die Szenen in denen die Gräfin Irina von Karlstein zu der traumhaften Musik von Daniel White durch die vernebelten Wälder schreitet. Auch überrascht Franco wiedereinmal mit einer finalen Erotikszene, die nur auf den zweiten Blick voyeuristisch wirkt und hauptsächlich dazu dient, mit abschließender Tragik und Poesie dem Zuschauer echte Gefühle und große Sympathien für den eben gesehenen Film zu entlocken. Ein seltsamer Effekt!
Sonntag, 15.04.2007/14:15 - 15:15 Uhr & 16:00 - 16:40 Uhr (zum zweiten Mal gesehen)
#1279
Geschrieben 04. Juni 2007, 10:51
Regie: Michael Gutmann
Liebes Tagebuch...
Die ARD-Themenwoche „Kinder sind Zukunft“ macht auch vor dem sonntäglichen Tatort nicht halt, will sie mit diesem Film gleich auf mehreren Ebenen bedienen. Da wäre zum einen die Familie Mende deren hyperaktiver Sohn beim Frühstück an einem Stück Toastbrot erstickt ist. Da wäre weiter das tote aus Irland stammende Kindermädchen dieser Familie, welches unweit ihrer Arbeitsstelle tot in einem Eisenbahncontainer aufgefunden wurde und unter falscher Identität in Deutschland lebte. Und da wäre Kommissarin Charlotte Lindholm (Maria Furtwängler), der morgens stets grundlos übel ist...
Spoiler:
Kinder, Kinder, kann ich nur sagen, denn da haben sich die Drehbuchautoren eine ziemlich konstruierte, wenn auch anrührend tragische Geschichte zusammen fantasiert. Der Vater des toten Jungen war nicht ganz unschuldig, als dieser an seinem Toastbrot erstickte und ausgerechnet das hat das Kindermädchen beobachtet, was ihr letztendlich zum Verhängnis wurde. Der Vater und sein Erstgeborener verfrachteten danach die Leiche der jungen Frau in einen Güterzug, der auf den nahgelegenen Bahngleisen zwischengelagert wurde. Schließlich bringt Kommissar Zufall Kommissarin Lindholm in der letzten viertel Stunde endlich auf die richtige Spur in diesem leicht überfrachteten, wenn auch dramatsichen Fernsehkrimi.
Sonntag, 15.04.2007/20:15 - 21:45 Uhr (zum ersten Mal gesehen)
#1280
Geschrieben 04. Juni 2007, 10:51
Regie: Zack Snyder
Liebes Tagebuch...
„300“ erfindet das Rad nicht neu. Dafür ist er eindeutig zehn bis zwölf Jahre zu spät aufgestanden und zu viele Schlachtengetümmel in dem eigentlich toten Genre des Historienfilmes haben vor ihm den Weg auf die Leinwand gefunden. Angefangen bei „Braveheart“, geht es weiter über „Gladiator“, „Herr der Ringe“, „Königreich der Himmel“, „Troja“, „Alexander“ und misst man den Film an seiner Musik und den blutigen Bildern, gehört auch „Die Passion Christi“ dazu. Doch „300“, gesehen als Frank-Miller-Vehikel, gibt dem Film dann doch eine gewisse Daseinsberechtigung, denn die Standbilder des Comics (elegant ausgedruckt, ohne sinnvolle deutsche Übersetzung: Graphic Novel) und die bewegte Umsetzung a’la „Sin City“ machen neugierig, machten mich neugierig auf die Umsetzung des ausgelutschten Plots eines pathetisch schwelgerischen Kampfes einer kleinen unterlegenen Armee gegen eine überdimensionale Großmacht.
All das, was ich an Comicverfilmungen sonst gerne kritisiere, die übertrieben unrealistischen Elemente aus „Batman“, „Spiderman“ oder „X-Men“ zum Beispiel, kommen einem Film wie „300“ zu Gute, denn sie hebeln ihn aus den strikten Normen, die allesamt nur um Ruhm, Ehre und Tapferkeit kreisen, des sogenannten neuen Historienfilmes aus und lassen übertrieben heroische Details im Sinne einer realitätsfernen Inszenierung akzeptabel erscheinen. Hier komme ich nicht mal im Traum auf den Gedanken einen Hahn danach krähen zu lassen, das schon wieder irgendein Abziehbildchenheld eine gefühlsduselige, alles und jeden zum Kampf aufmunternde Rede hält und das der Film den gestrengen und klischeereichen Pfaden folgt, auf denen einige der im ersten Absatz genannten Filme eher unglücklich wandelten.
Ähnlich wie bei „Gladiator“ oder „Titanic“ kann ich hier sagen, daß der Film die nötigen Klischees gut nützt, sich ihnen aber nicht blindlings unterordnen muß. Das kann man als Erfolg verbuchen. Ebenso wie die optische Umsetzung, die vor Ideen, Phantastereien und ungewöhnlichen Bildern nur so strotzt und die den finanziellen Aufwand, der für diesen Kinobesuch von Nöten war, voll gerechtfertigt.
Ähnlich wie Quentin Tarantino bei „Kill Bill“ bedient sich Zack Snyder hier der Konfrontation von Neuem und Altem, der alten geschichtsträchtigen Erzählung und der „alten“ Erzählweisen der vorangegangenen Schlachtenfilme und der Vermischung von Neuem, der Idee, das Geschehen mit schicker Bullettime-Zeitlupen-Videoclip-Ästhetik zu vermischen und das Ganze neben Enya-ähnlichem Gesäusel mit neuzeitlichen Nu-Metal-Rhythmen zu unterlegen. Zurück bleibt der Eindruck, einen zeichentrickblutspritzenden Film gesehen zu haben, der die Parallelen zu Altbekanntem („Gladiator“-Kornfeld) gezielt sucht, aber als Comic nicht bloß kopiert sondern neu bebildert. Und wer behauptet, es wären bloß die Chippendales, die in den Kampf ziehen, der will sich nur der äußerst reizvollen Bilderwelt verwehren, die Frank Miller in seiner Graphic Novel heraufbeschworen hat. Hallo? Ist halt doch nur ein Comic!!!
Dienstag, 17.04.2007/20:20 - 22:20 Uhr (zum ersten Mal gesehen)
#1281
Geschrieben 09. Juni 2007, 11:38
Regie: Danny Boyle
Liebes Tagebuch...
Ich habe ein Interview von Danny Boyle gelesen, in dem er sich kritisch über Martin Scorsese äußerte, weil dieser offensichtlich immer den gleichen Film dreht, er aber, also Boyle, stets daran interessiert ist, eine neue Geschichte zu erzählen. Mag sein, daß Martin Scorsese mit Mafiageschichten verheiratet zu sein scheint und Danny Boyle immer bemüht ist eine neue Story auf die Leinwand zu bringen. Er muß sich aber den Vorwurf gefallen lassen, daß seine Geschichten zwar immer neu, dennoch aber immer wieder gleich erzählt ist. Nun habe ich nichts gegen Danny Boyles Erzählstil und werde deshalb einen Teufel tun, es ihm ausgerechnet bei „Sunshine“ anzukreiden - dafür war dieser Bildersturm, wenn er auch sehr an „28 Days later“ erinnert, einfach zu mitreißend.
Die Sonne droht auszubrennen und deshalb hat ein internationales Raumfahrtteam die letzten Energiereserven der Erde eingesackt und will mit Hilfe einer riesigen nuklearen Explosion auf der Oberfläche des Sterns dessen ursprüngliche Strahlungsstärke reaktivieren.
In der ersten Hälfte verwirrt „Sunshine“ vor allem durch seine dunklen und schwer überschaubaren Bilder. Weil man sich näher an der Sonne aufhält, als je ein anderer Mensch zuvor, ist ein großer Schutz, ein großer Sonnenschirm von Nöten. Die tatsächlichen Ausmaße des Schiffes und technischen Gegebenheiten des mitreisenden Hitzeschildes werden in ihrer Gänze leider kaum gezeigt, was zu einer kleinen Orientierungslosigkeit meinerseits führte. Gerne hätte ich den Ort der Handlung zu Beginn des Filmes etwas genauer vorgestellt bekommen um den weiteren Verlauf der Geschichte etwas besser, etwas genauer verfolgen zu können. Das hätte meinen eh schon guten Gesamteindruck zu „Sunshine“ noch etwas erhöht.
In der zweiten Hälfte des Filmes läßt Danny Boyle dann ein apokalyptisches Endzeitspektakel vom Stapel laufen, bei dem man, genau wie bei „28 Days later“, nicht weiß, wo und wann es enden wird. Von Szene zu Szene werden die Impressionen bizarrer, die Geschehnisse bombastischer, das Erleben intensiver. Die Krönung erhält „Sunshine“ dann durch die experimentale Bildersprache des Regisseurs, der neue Ideen aufgriff und alte zurück ins Boot holte. Nur allein die allerletzte Szene, wieder auf der Erde, läßt den Glanz und Einfallsreichtum des Showdowns vermissen und wirkt eher kraftlos nachgeschoben.
Abschließend soll noch erwähnt werden, daß es der Film wirklich nicht darauf angelegt hat, ab 12 Jahren freigegeben zu werden. Daß er es aber dennoch geschafft hat, könnte für die Zukunft bedeuten, daß man bei großangelegten Filmen nicht das Gefühl haben muß, etwas verpasst zu haben, nur weil die Zielgruppe irrrelevant vergrößert werden mußte.
Dienstag, 24.04.2007/21:10 - 22:55 Uhr (zum ersten Mal gesehen)
#1282
Geschrieben 09. Juni 2007, 11:39
Regie: Yasuzo Masumura
Liebes Tagebuch...
Alles voller Spoiler:
Ein blinder Pseudobildhauer entführt ein Fotomodell, weil er dessen Körper verfallen ist. Er sperrt die junge Frau in sein abgelegenes Atelier ein, wo er ein perfektes Abbild des Mannequins schaffen möchte. Natürlich geschieht das gegen den Willen der Entführten und sie läßt nichts unversucht um ihrem Peiniger zu entkommen. Zuerst täuscht sie Bauchschmerzen vor um den blinden Künstler bei der Suche nach Medikamenten wegzulocken. Die Flucht misslingt, weil sie der Mutter des Bildhauers in die Hände läuft. Diese Mutter, so plant die Entführte, soll bald selbst der Schlüssel zur Flucht werden, da sie, dominant wie die Mutter von Norman Bates, rasend vor Eifersucht wird, als das Model ihren Sohn verführt, ihn ihr quasi wegnimmt und aus dem Mutterschoß entreißt. In der Nacht will die Mutter dann die Entführte rausschmeißen, wird aber von ihrem enttäuschten Sohn ertappt, dessen vier verbliebenen Sinne äußert gut funktionieren. In dem nun folgenden Handgemenge wird die Mutter zu Fall gebracht und stirbt. In diesem Moment betritt das Fotomodell die erste Stufe der Zuneigung zu dem Blinden. Eine Liebes- und Sexbeziehung beginnt, in der das Sehen keine Rolle mehr spielt. Nur noch das Fühlen und das Ertasten des Gegenübers ist wichtig. Wenig später erblindet auch die ehemals Entführte und die beiden fallen in einen sadomasochistischen Liebesrausch, der, um sich den nötigen Kick zu erhaschen, von Mal zu Mal härter werden muß und damit endet, daß der Bildhauer seiner Geliebten Hände und Füße abschneidet und sich dann selbst umbringt.
Ein kunstvoll provokantes Kammerspiel, das nur mit drei Sprechrollen auskommt, und vor allem zu Beginn und am Ende mit großen obsessiven und abgründen Bildern aufwartet. Zum Beispiel, wenn der Zuschauer erste Blicke auf die Fotos des Modells werfen darf, oder als der Bildhauer eine Skulptur der Frau abtastet, die er später um ein Vielfaches besser zu modellieren plant, oder als der Zuschauer Schritt für Schritt sein größenwahnsinniges und opulent gestaltetes Atelier erforschen darf, oder als im Finale seinem Gipsmodell die Glieder abbrechen, als er seinem Objekt der Begierde Arme und Beine abhackt. In seiner Mitte konzentriert sich der Film eher auf die zwischenmenschlichen Beziehungen des darstellerischen Dreigestirns, wo man als Zuseher ein paar Logikfehler und Ungereimtheiten in der Erzählung hinnehmen muß.
Samstag, 28.04.2007/11:30 - 12:55 Uhr (zum ersten Mal gesehen)
#1283
Geschrieben 09. Juni 2007, 11:39
Regie: Marcus H. Rosenmüller
Liabs Dagebiachal,
dadats Du evenduell mied mia vehgeln?
Was anfänglich noch (nur ein paar Sekunden, möchte ich behaupten) nach uninspiriertem Bauerntheater aussieht, offenbart schon bald den ungeheueren Charme eines verklärten Blickes auf das oberbayerische Landidyll, daß von innen heraus, satirisch überspitzt mit den dortigen Gepflogenheiten jongliert. So entsteht eine seltene Mischung aus Schwarzer Komödie und Tragikomödie - eine Mischung, die man hierzulande sonst vergebens sucht und die vielmehr den Filmen ähnelt, mit denen Josef Hader in Österreich Furore machte.
Marcus H. Rosenmüller erzählt die Geschichte aus dem naiven Blick von Sebastian Schneider, der sich mit seinen 11 Jahren unentwegt mit dem Thema ‚Tod’ konfrontiert sieht, der sich schuldig am Tod seiner Mutter fühlen muß, weil diese bei seiner Geburt gestorben ist. Auch am Unfalltod der Hasen seines Bruders und am Sterben der Großmutter einer Freundin war er nicht ganz unbeteiligt und so gerät der Junge in eine sakrale Zwickmühle aus Schuld und Sühne aus der er erst Befreiung findet, als er den Blick auf die Welt, die ihn umgibt, etwas schärfen und über den berühmten Tellerrand hinausschauen kann.
Der Film selbst ergreift die Möglichkeit hierbei eine rasante und in allen Belangen runde Geschichte zu erzählen, die liebevoll aber nicht verballhornend versucht, einem gewissen Menschenschlag ein wenig Erleuchtung zu verschaffen. Nur am Ende wirkt „Wer früher stirbt ist länger tot“ etwas zu bemüht um auch wirklich jeden Handlungsfaden glücklich zu Ende zu führen, was aber letztendlich den Unterhaltungswert dieses Filmes, der das Zeug dazu hat, ein breites Publikum zu gewinnen, was er dann auch schaffte, kaum schmälern konnte.
Samstag, 28.04.2007/20:20 - 22:00 Uhr (zum ersten Mal gesehen)
#1284
Geschrieben 09. Juni 2007, 11:40
Regie: Andy Luotto
Liebes Tagebuch...
Ein Klamauk, wie es ihn seit der Steinzeit nicht mehr gegeben hat.
Das verspricht das Cover der alten Videokassette, die man mir freundlicherweise ausgeliehen hatte. Dieser Spruch stimmt soweit, denn was einem mit diesem Film vorgesetzt wird, unterbietet sogar noch das Niveau humoristischer Tiefschläge aus Italien wie zum Beispiel „Das Schweigen der Hammel“ und „Chicken Park“ um ein Vielfaches.
Dieser Film, im Original „Grunt“ genannt, versteht sich, was jetzt ein wenig blasphemisch klingen mag, als Parodie auf die „The Dawn of Man“-Episode aus Stanley Kubricks „2001 - Odyssee im Weltraum“. Eine wilde Horde von Steinzeitmenschen entdeckt bei ihren Streifzügen durch den heimischen Dschungel ein Straußenei, welches vom Blitz getroffen wurde und jedem seltsame magische Kräfte verleiht, der es berührt.
Und das sagt der Klappentext:
Irgendwo auf unserem hübschen Planeten tummelte sich vor 18000 Jahren das Urvölkchen der Rockos mit ihrem Häuptling Nuk (Andy Luotto, Anmerkung meinerseits). Ihre Nachbarn, die Omos, warme und musische Leute - eine zierliche Männergesellschaft (Steinzeitschwuchteln halt, eine weitere Anmerkung meinerseits) - standen den rauhen Rockos mehr misstrauisch gegenüber. Dann gab es noch die Barbos, einen räuberischen Stamm mit der schönen Häuptlingstochter Mina-Ha.
Rockos, Omos, und Barbos lebten fast friedlich miteinander, von einigen freundschaftlichen Keulenschlägen einmal abgesehen - bis sie eines Tages das geheimnisvolle Riesenei entdecken..... Dann war die Hölle los.
Die Hölle? Nun, wäre die Hölle eine Irrenanstalt, dann vielleicht, ja! Italienische Filmemacher konnten vieles, aber im Genre der Komödie konnten nur wenige wirklich überzeugen. Und dieser Film ist das Armutszeugnis derer, die hilflos und talentfrei versuchten, dem Publikum einen Lacher zu entlocken. Selbst mir als hartgesottenem Konsumenten diverser Lustspiele stand beim Konsumieren dieses von Unlustigkeit geprägten Machwerks das Grausen ins Gesicht geschrieben, was nicht heißen soll, daß der Film keinen Unterhaltungswert hat. Nur, man sollte gewarnt sein - und ich war gewarnt. Geholfen hat es trotzdem nichts.
Die Steinzeitmenschen sind natürlich echte Barbaren, die keinerlei Manieren kennen. Selbst kleinste Unstimmigkeiten führen zu wilden Schlägereien. Nachts wird mit Raketenantrieb gefurzt und tagsüber die Gegend unsicher gemacht. Und tolle Entdeckungen werden aufgetan. Im Urwald warten zum Beispiel Mohnblumen mit einem Kilo Koks im Blütenkelch darauf von einer Steinzeitnase gefunden zu werden. Und die Neandertaler, die nicht von dem schwulen Stamm annektiert worden sind, entdecken im Nachbarsstamm, die liebreizenden Amazonen, denen sie natürlich sofort verfallen und die sich als sexhungrige Monster entpuppen. Die Kommunikation untereinander beschränkt sich in der ersten halben Stunde auf unsägliches Babygebrabbel. Kann dies ein Grund dafür sein, warum der Ton der alten Kassette in dieser Zeit so stark gegen Null gefahren wurde?
Irgendwann, irgendwo wird das leuchtende Straußenei gefunden. Und für jeden, der es berührt, hat es eine andere Überraschung parat. Einer verwandelt sich in einen adrett gekleideten Jüngling. Ein anderer verwandelt sich in eine Rakete und steigt auf in die Lüfte. Andere wiederum werden zu einer Musicaleinlage animiert, welche übrigens, extrem grottig eingedeutscht wurde, sich im Original, so befürchte ich, aber kaum besser anhören wird. Dann, irgendwann ist das Ei verloren und die wilde, ungestüme und turbulente Suche beginnt, bei der sich die drei Stämme gegeneinander ausspielen und die Platz für noch mehr Verwicklungen und Karambolagen bietet, die in ihrer Einfältigkeit abermals kaum zu unterbieten sind.
Ja, diesen Film sollte man gesehen haben. Aber man sollte gewarnt sein - auch wenn es nicht viel nützt...
Sonntag, 29.04.2007/12:15 - 13:30 & 14:55 - 15:15 Uhr (zum ersten Mal gesehen)
#1285
Geschrieben 10. Juni 2007, 10:54
Regie: Peter Fratzscher
Liebes Tagebuch...
Beim Putzen der Küche eines Feinschmecker-Restaurants findet eine Reinigungskraft einen abgetrennten Finger im Gulli. Die Genanalyse zeigt, daß der Finger einem Gourmetkritiker gehörte, der kurz zuvor in dem Restaurant noch den runden Geburtstag des Inhabers mitfeierte. Doch wo ist der Kritiker jetzt? Ein abgestorbener Finger muß nicht gleich bedeuten, daß der Mensch, an dem er einst wuchs, auch tot ist. Die Münchner Kommissare Leitmayr, Batic und Menzinger tappen im Dunkeln, aber Franz Leitmayr hat eine Idee - wenn auch keine besonders neue. Er schleußt seinen Kollegen Ivo Batic als kraotischen Gastarbeiter in die Küche des Restaurants ein, in der Hoffnung, er möge den Rest des Kritikers finden oder wenigstens dessen Verbleib aufklären.
Ja, auch die Autoren des Tatorts haben das Kettensägenmassaker gesehen, was sie hier nicht zum ersten Mal aufzeigten, aber in einer augenzwinkernden Episode dieses Krimis unter Beweis stellten. Tief im Keller beobachtet Batic, wie ein Angestellter einen ganzen Berg blutigen Fleisches erst mit der Kettensäge zerteilt und dann durch den Fleischwolf jagt. Endete hier die Karriere des Kritikers? Nein, natürlich nicht. Es war letztendlich doch nur Dönerbuden-Gammelfleisch, was stilgerecht entsorgt werden mußte. Aber ein spaßiger Einfall war es trotzdem. Vom fingerlosen Mann fehlt indes weiter jede Spur.
Ein spannender und humoristisch leicht angehauchter Fernsehkrimi, der die altbackene Idee der verdeckten Ermittlung mehr als nur erträglich aussehen läßt. Zum Ende des Filmes werden die Kommissare schließlich fündig; und zwar in der Salzkammer des Gastronomiebetriebes, wo die Leiche des Gourmetkritikers schön konserviert auf Entdeckung wartete. Abschließend werden noch eine Menge Verstrickungen und Verwicklungen aufgedeckt. Es kommt ans Tageslicht, daß der Kritiker eine Liaison mit dem Inhaber des Speisetempels hatte, daß dieser wiederum eine Affäre mit einer Küchenangestellten hatte, der die Abschiebung drohte, daß der Chefkoch gerne mal ein Näschen Koks als Hors d’oeuvre nimmt und daß die Chefin des Ladens mehr über die ganzen Machenschaften ihrer Untergegebenen inklusive ihres Mann wußte, als manch einer zu befürchten wagte.
Sonntag, 29.04.2007/20:15 - 21:45 Uhr (zum ersten Mal gesehen)
#1286
Geschrieben 10. Juni 2007, 10:55
Regie: Jess Franco
Liebes Tagebuch...
In einem Landhaus erlebt ein Grüppchen adeliger Dekadenzsüchtlinge amouröse Abenteuer. Jeder darf einmal mit jedem, so daß einem nicht langweilig werden mag, an den nicht enden wollenden Tagen, die nichts als Freizeit bieten können. Um die Spielchen interessant zu gestalten, nehmen sie mit verstreichender Zeit an Härte zu und was als Spaß begann, wird bald ernst genommen und Eifersucht keimt auf. Bald schrecken die Beteiligten nicht mehr vor Gewalt zurück und zwangsläufig endet diese Geschichte in Mord und Totschlag.
„Sinfonía Erótica“, der mir leider nur in italienischer Sprache vorlag, ist eine interessante Mischung aus kunstfertigem Erotikdrama, welches, nicht unbedingt notwendig, hardcorenahe Sexszenen einstreut, stets unterlegt von klassischer Musik von Franz Listz oder hauseigenem Jess-Franco-Synthesizer-Gedudel minderer Qualität. Für einen gewöhnlichen Pornokonsumenten mag der Film aus heutiger Sicht indiskutabel und uninteressant sein, aber auch damals wird der Film im Bahnhofskino, oder wo auch immer er das Licht der Welt erblicken durfte oder mußte, eher für Kopfschütteln gesorgt haben. Auch die, die ein ordentlich obsessives Marquis-de-Sade-Drama erwartet haben, werden ob der Belanglosigkeit des Gezeigten enttäuscht worden sein. Was bleibt ist ein typisch francoeskes Panoptikum, das aus irren Zooms, wackeligen Kameraeinstellungen, traumartigen Sequenzen und Lina Romay mit Perücke sowie Susan Hemingway (mal wieder) in der Nonnentracht besteht und somit die Erwartungen der geneigten Fans erfüllt, aber nicht zu irgendwelchen Begeisterungsstürmen führt.
Dienstag, 01.05.2007/11:00 - 12:20 Uhr (zum ersten Mal gesehen)
#1287
Geschrieben 10. Juni 2007, 10:55
Regie: Brian de Palma
Liebes Tagebuch...
Es ist ein Fest für die Augen, wenn man bestaunen darf, wie Brian de Palma seine Bildersprache stets auf gleichem hohem Level variiert und sich dabei unendlich treu bleibt. Es hat den Anschein, daß er nie wirklich etwas Neues erschaffen möchte, sondern vielmehr altbekanntes erneut auf unverschämt charmante Art neu erfindet. „Dressed to kill“ hat vieler dieser fast schon schwindelerregenden Aufnahmen, die das Auge des Zuschauers in so eine außerordentliche Position bringen, daß es wahrscheinlich explodieren würde, wäre es nicht mit diversen Nervensträngen mit dem Gehirn verbunden, die das gesehene Paradoxon wenigstens etwas entknoten können. Hier spiele ich, erneut und gerne immer wieder auf das gesplittete Bild an, welches Michael Caine und Nancy Allen zeigt, wie sie sich im Spiegel betrachten und dabei noch die gleiche Sendung im Fernsehen anschauen. Auch vollkommend umhauend ist die Szene gestaltet, in der Michael Caine in der Psychiatrie einer Schwester an die Gurgel geht.
Bei solch einer optischen Brillanz, bei solch einer Zelebrierung einzelner Segmente der Handlung spielt es für mich überhaupt keine Rolle, daß manche Wendungen fragwürdig, manche Aktionen kaum nachvollziehbar und manche Geschehnisse inhaltlich nicht gedeckt sind. Geil, geil und noch mal geil - und es wird geduscht bis zum Umfallen. Was waren das noch für Zeiten, als in jedem Brian-de-Palma-Film geduscht werden mußte - generell und immer begleitet von Hitchcocks Schatten.
Dienstag, 01.05.2007/13:45 - 15:30 Uhr (zum wiederholten Male gesehen)
#1288
Geschrieben 10. Juni 2007, 10:55
Regie: Brian de Palma
Liebes Tagebuch...
Nach „Carrie“ und „Dressed to kill“, hat das Publikum erkannt, was es sich mit Brian de Palma eingehandelt hat. Und der Regisseur nützt seinerseits zum ersten Mal die Position aus, die er sich erarbeitete. So beginnt „Blow Out“ mit einer genial schlechten Slasherfilm-Sequenz, die ihres gleichen Sucht, in der natürlich auch wieder geduscht werden darf und die augenzwinkernd das damals hippe Serienkillergenre karikiert. Das abgeschlossen, klaut sich de Palma dann wieder schamlos huldigend durch die Filmgeschichte, nimmt alles mit was es bei Alfred Hitchcock und Michelangelo Antonioni zu holen gab und schuf erneut einen äußert abwechslungsreichen, inhaltlich keineswegs immer logischen Thriller, der von der aggressiver Filmsprache des Regisseurs dominiert wird.
„Blow Out“ erleidet einen kleinen Hänger im Spannungsbogen, als die Ziele und Motive des Bösewichtes, dargestellt von John Lithgow, offenbart und die Handlung ein wenig in seichtere Ich-komm-Dich-holen-Gewässer abdriftet. Nichts desto trotz hält auch dieses obsessive Filmchen eine Unmenge an Überraschungen bereit. Überraschungen, von denen ich meist schon gar nichts mehr wußte, was den Sehspaß gleich noch mal verdoppelte. Hier verweise ich auf den ultratragischen Schlussgag.
Ich habe den Film wohl dieses Mal erstmalig im Originalton gesehen, habe somit erfahren, womit sich „Blow Out“ korrekt übersetzten läßt (Reifenpanne) und konnte mit Freude feststellen, daß man während des Filmverlaufes auf einen damals fiktiven Film namens „Bordello of Blood” zu sprechen kam.
Dienstag, 01.05.2007/20:15 - 22:05 Uhr (schon ewig nicht mehr gesehen)
#1289
Geschrieben 10. Juni 2007, 10:56
Regie: Sisworo Gautama Putra
Liebes Tagebuch...
Ein Grüppchen Studenten macht sich auf eine abenteuerliche Reise in einen x-beliebigen Urwald. Dort treffen sie auch bald auf tourifreundliche Ureinwohner, die sie an einem tollen Stammesritus teilnehmen lassen und Einblick in ihre Gepflogenheiten gewähren; zum Beispiel, wie man standesgemäß um ein Lagerfeuer herumtanzt. Doch den wissbegierigen Studenten ist das noch nicht genug. Mit ein bißchen Extrageld überzeugen sie ihren Führer sie noch tiefer in den Dschungel zu bringen. Schließlich sollen dort die sagenumwobenen Steinzeitmenschen hausen, die mit knurrenden Mägen nur darauf warten, daß ihnen ein paar blauäugige Tränen aus der zivilisierten Welt in den Kessel springen.
Die besagten Steinzeitmenschen lassen natürlich nicht lange auf sich warten und schnappen sich die Abenteurer, nach dem ihre Nussschale in den braunen Fluten eines Tropenflusses an einem Fels zerborsten ist.
Von da an entwickelt sich, wie der Lieblingsarbeitskollege feststellen konnte, „Der Todesschrei der Kannibalen“ zum direkten Remake des offensichtlich kurz zuvor entstandenen Filmes „Mondo Cannibale Teil 2 - Der Vogelmensch“, in dem ganze Szenen nachgestellt wurden, die aber nicht mal annähernd die Klasse des Filmes von Ruggero Deodato erreichen können. Zwischen den Unmengen an Belanglosigkeiten können ein paar Tabubrüche das Aufsehen des Zuschauers erregen; zum Beispiel, wenn eine Steinzeitmama ihr Kleinkind mit frisch geschlüpften Schlangen füttert, oder wenn die Herren der Höhle (leider einen echten) Leguan schlachten und ihn ihren Gefangen zum Fraß vorwerfen, oder auch als ein geistig umnachteter Wilder einer kleinen Eidechse den Kopf abbeißt. Diese Momente verstören ein wenig und sie würden mir persönlich besser gefallen, wenn man sie mit tricktechnischen Mitteln umgesetzt hätte.
Da der Film in einem sehr gläubigen Land entstand, wird natürlich auch kräftig mit der Moralkeule geschwungen. Der Führer der Gruppe, den man mit viel Geld lockte, muß theatralisch tragisch feststellen, wie wertlos die Papierfetzen in dem undurchdringlichen Dickicht sind, in dem er herum fleucht. Auch das Kanonenfutter, Tom genannt, geht dem Teufel auf dem Leim und läßt sich, wie einst Adam und Eva, von schmackig und prallrot leuchtenden Früchten verlocken, die ihn in ein Delirium stürzen, aus dem er sich, zur Überraschung aller, sogar wieder befreien kann. Ich war der festen Meinung, er hätte sich komplett weggeapfelt. Später wird jener Tom, der irgendwie durchgehend ziemlich verhaut aussieht, noch mal von der Moralkeule getroffen. Als er und das Heldenpaar Amri und Rika auf der Flucht sind und sich die beiden für zwanzig Sekunden ins Gebüsch verdrücken um ein Floß zu bauen, ereilt Tom, sterbend am Ufer des für Kannibalen und Steinzeitmenschen unantastbaren Flusses ein ordentlicher Flashback, der zeigt wie Tom einst la dolce Vita im Strandbad erlebte, Cocktails am der Poolbar schlürfte und wie er fröhlich jauchzend eine Wasserrutsche herunterdüst. Na, wenn das mal nicht bedeutungsschwanger ist.
Einer der wenigen Lichtblicke in der klischeereichen und reichlich armseligen Inszenierung ist die psychedelische Kameraführung, die teilweise herrlich entfesselt ihre Bilder einfängt oder diese mit fiebriger Fischaugenoptik verzerrt.
Mittwoch, 02.05.2007/21:25 - 22:50 Uhr (zum ersten Mal gesehen)
#1290
Geschrieben 14. Juni 2007, 21:11
Regie: Kurt Hoffmann
Liebes Tagebuch...
Einer der ganz großen Klassiker des deutschen Nachkriegsfilms. „Das Wirtshaus im Spessart“ ist eine beschwingte und charmante Räuberpistole mit fast zufällig eingestreuten und unaufdringlichen Musikeinlagen, die zwar in größerer Anzahl auftreten, nie aber den Anschein erwecken, daß man gerade ein Musical sieht. Auch sonst überrascht der Film durch eine ungeheuere Kompetenz, die ihn weit von dem damals vorherrschenden Standart abhebt. Ralf Wolter und Lina Carstens haben Cameo-Auftritte und die Erzählung der Geschichte erhält durch die Moritat von Rudolf Vogel einen kleinen märchenhaften Touch.
Ein Film, der rundum Freude macht.
Samstag, 05.05.2007/11:00 - 12:40 Uhr (zum wiederholten Male gesehen)
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