Beutelschneider, Zeitschinder, Nervenzerrer
#751
Geschrieben 19. Mai 2007, 17:14
(USA 2007 – Robert Rodriguez, Quentin Tarantino)
Dem Raucherkino mit den verschmierten Sitzen hat Tarantino eigentlich ja schon in KILL BILL ein würdiges Denkmal gesetzt und gebührend mitsamt alter Shaw-Verleihmarke und bunter Bahnhofskino-„Feature Presentation“-Einblendung gefeiert. Auch GRINDHOUSE beginnt mit dem bereits bekannten Farbenwirbel und einem Trailer zu MACHETE, einem frei erfundenen Film, der aussieht wie die Summe allen Schaffens von Cirio H. Santiago, dann gibt es den ersten Film, PLANET TERROR. Dieser beginnt recht flott und vielversprechend und ehe man sich versieht, ist auch schon ein Tank mit der geheimen Chemikalie DC2 im Arsch und verwandelt Bürger in Schmelzmenschen (wie man sie wahr und wahrhaftig so schön seit DER PLANET SATURN LÄSST SCHÖN GRÜSSEN nicht mehr gesehen hat) oder zombiehafte Wesen. Die ersten Opfer der schnell um sich greifenden Seuche werden im Krankenhaus von Dr. Block behandelt, der bei dieser Gelegenheit auch herausfinden muss, dass seine Frau was mit einer der just eingelieferten Patientinnen hatte. Während der Doktor darüber nicht wenig aus der Fassung gerät und fortan auch nicht mehr allzu sauber tickt, kommt es auch schon zu einem – in jeder Hinsicht zutreffenden – Großangriff der Zombies, in dessen Folge sich eine Gruppe Überlebender aus dem Getümmel formt. Ihnen obliegt es nun, gegen die Zombieplage zu kämpfen bzw. dieser klarerweise nicht immer unbedingt Herr zu werden. Neben dem beherzten Sheriff Hague wird die ehemalige Go-Go-Tänzerin Cherry, die nach einem Biss das Bein amputiert bekommen hat und schlussendlich mit einem Schnellfeuergewehr als Prothese endet, zu einer Art Anführerin der Gruppe, die sich bis nach Mexiko durchschlägt. Vorher wird aber noch mit den Militärs und jeder Menge Zombiefiguren ziemlich gut Schlitten gefahren. Als zweiter Film dann DEATH PROOF von Tarantino selbst. Drei Freundinnen unternehmen einen Trip nach Texas, wo sie in einem schmierigen Lokal Bekanntschaft mit dem ehemaligen Hollywood-Stuntman Mike machen. Der jedoch hat gehörig einen an der Waffel und verfolgt die Weiber wenig später mit seiner Karre, einem umgebauten Chevy, mit dem er selbst den härtesten Crash überleben kann. Mike rammt den Wagen der Mädchen mit extrem hoher Geschwindigkeit und befördert die ohnehin für meine Begriffe äußerst unsympathisch gezeichneten Mädels direkt in die Hölle. Dann sucht Mike neue Opfer und stolpert über eine Gruppe Mädels, die in der Nähe einen B-Film drehen. Stuntfrau Zoë initiiert einen Abstecher zu einem höchst einfältigen Farmer, der einen Dodge Challenger verkauft, auf den sie wegen Barry Newman und FLUCHTPUNKT SAN FRANCISCO schwer abfährt. Während die Mädels mit dem Wagen eine Probefahrt unternehmen, die von Zoë dazu genutzt wird, eine gefährliche Stuntshow abzuziehen, nimmt Mike die Verfolgung auf und hetzt und drangsaliert die Mädchen wie er nur kann. Das nehmen ihm die Mädels übel und drehen den Spieß dann erwartungsgemäß um.
Wenn auch PLANET TERROR von beiden Filmen sicherlich die flottere Nummer ist, ziehe ich meinen Hut vor dem über weite Strecken ungeheuer gesprächigen DEATH PROOF, der, und das verstehe ich in diesem Fall als Kompliment, mitsamt seinen langen Einstellungen, die mitunter nichts weiter zeigen als Menschen in belanglosen Gesprächen, wirkt wie eine in die Gegenwart verfrachtete Produktion aus dem Hause von Harry Novak. DEATH PROOF oder A SCREAM IN THE STREETS – der Unterschied ist in der Tat ziemlich gering. Abgesehen davon hat Tarantino seinem GRINDHOUSE-Beitrag auch ein paar hübsche Filmzitate spendiert. Mal erfreut das Herz das Gedicht von Robert Frost („The woods are lovely, dark and deep. But I have promises to keep, and Miles to go before I sleep.”), mit dem in dem Bronson-Thriller TELEFON die gehirngewaschenen Terroristen von der Leine gelassen werden, mal ist es die unverwechselbare Rubber Duck aus Peckinpahs CONVOY, die auch die Motorhaube von Kurt Russels Todeskiste ziert. Und während bei Rodriguez auch ganz schwer der Computer was zu tun bekam, um die völlig übertriebenen Blutspritzereien auf die Leinwand zu pinseln, wirkt Tarantinos Beitrag in der Tat wie pures B-Kino: billig und ohne allzu viele (kostspieligen) Mätzchen und wirkt mit dem Kniff, den Film in der Mitte quasi noch einmal von vorn beginnen zu lassen, auch seiner aufgesetzten Einfallslosigkeit fast schon brillant. Die Gewalt in DEATH PROOF ist sehr heftig, konzentriert sich dafür aber nur in drei Szenen. PLANET TERROR hingegen ist durch und durch rot, blitzschnell, voller Action und aktueller Bezüge (Osama Bin Laden) und passt für meine Begriffe daher nicht so wirklich ins Konzept von GRINDHOUSE. DEATH PROOF schlägt sich wacker mit dem Stil der 70er herum, dazu wird das GRINDHOUSE-Gesamtwerk mit gefälschten Trailern zu frei erfundenen Filmen eingerahmt, die ebenfalls von Inhalt und Titelgebung mindestens drei Dekaden rückzudatieren sind. Neben besagten Werbevorspann zu MACHETE vor PLANET TERROR gibt es noch WEREWOLF WOMEN OF THE SS, DON’T (für mich der beste Trailer in der Parade) und THANKSGIVING (der ganz erstklassig mit John Harrisons Musik aus DIE UNHEIMLICH VERRÜCKTE GEISTERSTUNDE unterlegt ist), die – versetzt mit Kratzern und sogenannten „Filmregen“, was Verschleiß und heftigen Gebrauch in einschlägigen Abspielhöllen vortäuschen soll – ebenso wenig das Gegenwartskino repräsentieren wie die zwischen die beiden Einzelsegmente geschnittene Tex-Mex-Werbung, die mit ausgesprochen unappetitlichen Fressalienarrangements eher etwas mit der Fotostrecke aus dem Dr.-Oetker-Kochbuch aus den 60ern gemein hat denn mit den Rezeptseiten aus der aktuellen Ausgabe von Meine Familie und ich. PLANET TERROR wirkt in diesem ganzen 70er-Gesuddel beinahe wie ein Fremdkörper. Dass Rodriguez einen höflich gemeinten Knicks vor Zombiefilm und Gewaltexzesse der späten 70er, frühen 80er Jahre unternimmt, ist ihm ganz sicher anzurechnen, allerdings gehen diese Bemühungen schon in dem gewählten Stil unter, der sich absolut auf der Höhe der Zeit präsentiert, so ganz mit schnellem Schnitt, ebenso schneller Musik und durchgehend Krawall. Rundum fand ich daher auch nur einzelne Szenen, wie beispielsweise die, in der das Krankenhaus von den Zombies gestürmt wird, dabei in der Tat ein wenig der Geist von Umberto Lenzi durch die Bilder weht und dazu „The Crazies Come Out“ vom Carpenter/Howarth-Soundtrack zu DIE KLAPPERSCHLANGE aufspielt. Etwas grotesk in der Mischung, in der Wirkung aber in der Tat fast schon unschlagbar. Leider hat PLANET TERROR nur wenige solcher Experimente im Angebot und verlässt sich für meinen Geschmack viel zu sehr auf übertriebenes Gekröse. In seiner Gesamtwirkung hat PLANET TERROR daher mehr von der zweiten Hälfte eines FROM DUSK TILL DAWN als von einem waschechten Zombiereißer aus den 80ern und ist daher ebenso schnell verbraucht, abgenutzt und wohl auf Dauer vor allem genau so langweilig wie das Vampirstück. Das ist etwas schade, wenngleich ich durchaus dazu tendieren würde zu meinen, das GRINDHOUSE seinen besonderen Reiz gerade aus der Mischung aus aktuell und altbacken, schnell und behäbig, wortkarg-actionlastig und sabbelig-kaugummihaft zieht. Hätte ich noch einen Wunsch frei, dann erbitte ich mir ein Doppelprogramm mit MACHETE und DON’T. Die beiden Trailer machen wirklich enorm Lust auf die Filme. Dafür verzichte ich dann auch dankend gerne auf die ganze „Missing Reel“-Ergänzungen zu beiden Einzelbeiträgen von GRINDHOUSE, welche wohl den separaten Auswertungen der Filme – wie dann wohl auch in Deutschland – mitgegeben wird.
#752
Geschrieben 19. Mai 2007, 17:15
(USA 1950 – John Huston)
Gerade aus dem Knast entlassen und der Überwachung durch die Polizei geschickt entkommen, plant “Doktor” Riedenschneider, ein unfehlbares As im Ausbaldowern von Brüchen mit fetter Beute, schon sein neues großes Ding. Um den Juwelenraub allerdings finanzieren zu können, braucht er Kapital, das über den auch in dunklen Geschäften gerne mitmischenden Anwalt Emmerich beschafft werden soll. Mit von der Partie ist auch der Schmalspurganove Dix, der bei dem Bruch Schmiere stehen soll. Ihm fällt es nun zu, nach dem Überfall zu einer Art Leibgardist für den „Doktor“ zu werden, denn Emmerich ist, wie sich herausstellt, mehr als nur Pleite und kann das Erfolgshonorar für die handverlesene Bande des „Doktors“ nicht mehr aufbringen. Um sich allerdings selbst aus einer ganzen Anzahl Klemmen zu befreien, benötigt er die Diamanten mehr als dringend und treibt daher ein böses Spiel. Am Ende geht es für niemanden gut aus – und gute Menschen hat der Film sowieso nur wenige zu bieten, bis in den Polizeiapparat hinein reicht bei Hustons Film der verbrecherische Sumpf und die dem Film spendierten Bilder sind nicht nur wegen des Schwarzweiß-Materials recht düster. Das der Film in der oberen Liga der Caper-Filme mitmachen darf, ist klar. Das Zerwürfnis und der Untergang aller Beteiligten ist in RIFIFI von Jules Dassin sicherlich noch etwas ergreifender, der Überfall an sich in TOP JOB um ein Vielfaches spektakulärer, aber darauf kommt es bei ASPHALT-DSCHUNGEL nicht so wirklich an. Vielmehr zählt, das der Film sich fast vollständig auf das Spiel seiner zerrütteten Unterwelt-Charaktere stützt und gleichermaßen als klassischer Film noir durchgeht wie auch als echter Caper tadellos unterhält. Obwohl ich ASPHALT-DSCHUNGEL schon immer sehr mochte, ist mir erst jetzt bei dieser Sichtung so wirklich aufgefallen, wie gnadenlos gut besetzt der Film doch ist.
#753
Geschrieben 19. Mai 2007, 17:15
(USA 2000 – Antony Hoffman)
Sechs Astronauten müssen zum Mars, weil bei der durch Sonden durchgeführten Terraforming was schiefgelaufen ist. In der Umlaufbahn macht zunächst das Raumschiff wegen eines Sonnensturms Probleme und droht abzustürzen, dann ist der übereilt auf der abgesetzte Landungstrupp aufgeschmissen, weil die Bodenstation komplett zerstört wurde und außerdem die mitgebrachte Ausrüstung im Eimer ist. Gefahr droht weiterhin durch einen mitgeführten Roboter von der Army, der sich statt mit der Bodennavigation lieber damit befasst, die Überlebenden zu jagen, und Milliarden von alles fressenden, Sauerstoff produzierenden Killerkäfern. Das gute Ende: Val Kilmer kriegt Carrie-Anne Moss und kann einige gefangene Killerkäfer mit zur Erde bringen, womit sich, scheint’s, alle Umweltprobleme des blauen Planten lösen lassen. Filme, in denen die Exposition auf die Art erledigt wird, dass die Off-Stimme der Kommandantin in den ersten fünf Minuten alle Charaktere genau vorstellt, sich also dies nicht aus der Geschichte als solche ergibt, sind selten gut. Zumal wenn diese als wichtig aufgebauschten Informationen dann, wie in RED PLANET der Fall, im Grunde gar nicht weiter interessieren und die Raumfahrer in erster Instanz als Opfer Einsatz haben. Der Roboter macht lustige Kunststücke, da ist der Weg zu NUMMER 5 LEBT ein wesentlich kürzerer als der zu einem halbwegs brauchbaren Insektenfetzer, den ich mir eigentlich erwartete. Denn das Hauptaugenmerk des Films, also eine Erklärung für einige unerklärliche Phänomene auf dem roten Planeten zu finden, wird himmelschreiend vernachlässigt und macht Platz für eben Roboteraction, Geturtel und irgendwelche Spannungen zwischen den Besatzungsmitgliedern, deren Ursprung man allerdings nicht wirklich herausbekommt. RED PLANET ist zwar mit Computereffekten ziemlich zugeballert, die Marsoberfläche sieht aber bei weitem nicht so gut aus wie beispielsweise bei WELTRAUMSCHIFF MR-1 GIBT KEINE ANTWORT. Und überhaupt täuscht nur wenig darüber hinweg, dass RED PLANET nichts weiter ist als ein mit viel Geld aufgeblähter C-Film von der Sorte, wie man ihn bereits in den 50ern mehrfach und wesentlich besser und glaubwürdiger vorgesetzt bekommen hat. Mit dem Unterschied halt, dass derlei Unterhaltung meistens auch noch ein paar anständige Monster im Angebot hat und weniger Zeit mit Sci-Fi-Anweisungsgesülze vertingelt, das sich ausnimmt wie die in Kaufhäusern durch die Lautsprecheranlage gejagten Mitarbeitercodes: „47 bitte 28 auf 3.“ Von seltsamen Geplapper – von Blöd-Befehlen bis hin zu theologisch-philosophischen Gedröhne ist so ziemlich alles mal vertreten – ist der Film ebenso voll wie von Bildern, die einzig dazu da sind, sein Publikum mit technischen Firlefanz zu blenden und zum fröhlichen Mitstaunen zu animieren. Eine wirkliche Geschichte erzählt der Film hingegen nicht.
#754
Geschrieben 20. Mai 2007, 07:52
(Großbritannien 1965 – George Pollock)
Zehn Menschen folgen einer höchst rätselhaften Einladung in ein abgelegenes Schloss in den Schweizer Bergen und werden dort, abgeschnitten von der Zivilisation und ohne die Möglichkeit zur Flucht, von dem unbekannten und sich auch weiterhin nicht zu erkennen gebenden Gastgeber grausiger Verbrechen und Verfehlungen angeklagt. Ehe sich die zehn Menschen von diesem Schock erholen können, fällt der erste auch schon nach dem Muster des Kinderliedes „Zehn kleine Negerlein“ zum Opfer. Und während die Gruppe weiter dezimiert wird, rätselt der Rest über die Identität des Gastgebers I. R. Gendwer herum und verstrickt sich in gegenseitigen Anschuldigungen. Der Roman von Agatha Christie soll eine andere Auflösung bieten als die, die sich im Film finden lässt und in der Tat auch etwas schwach auf der Brust scheint, ansonsten schmeckt die filmische Aufarbeitung aber durchaus wunderbar, hat einige falsche Fährten im Angebot, die nicht allzu tölpelhaft in den Film eingearbeitet wurden, recht anständige Spannungsmomente, ein paar Grausamkeiten und auch viel Humor. Außerdem ist der Film mit Mario Adorf und Marianne Hoppe als Haushälter-Ehepaar Grohmann ohnehin bereits sehr ansehnlich besetzt. Oben drauf kriegt man noch einen wie immer sensationellen Dennis Price, dessen Erscheinung in einem solchen Stück allein schon ausreicht, um ihn unter Generalverdacht zu stellen, und mit Daliah Lavi und dem unsäglichen Fabian sind immerhin auch noch zwei Gesangstalente mit dabei. Wirklich gesungen wird in GEHEIMNIS IM BLAUEN SCHLOSS leider nicht, weshalb die große Chance vertan wird, mit dem Streifen mal etwas anderes hinzulegen, als eine weitere in der Tradition von Pollocks eigenen Miss Marple-Filmen stehende Christie-Verfilmung. Einen Schlager-Krimi geliefert zu bekommen, das wär’s halt mal gewesen.
#755
Geschrieben 20. Mai 2007, 07:52
((BR) Deutschland 1968 – Werner Jacobs)
Statt seines Schwagers Dr. Tell reist der Schweizer Sensationsreporter Roland als Austauschlehrer nach Baden-Baden ans Mommsen-Gymnasium, wo ihm vom Studiendirektor Taft auch prompt die Klassenleitung der schlimmen 10a mit Hansi Kraus übertragen wird. Mit seinen unorthodoxen Methoden und keiner Ahnung vom Lernstoff hat er die Schüler natürlich schnell auf seiner Seite. Statt mit Unterricht verbringt er die Zeit mit seinen Schutzbefohlenen lieber im Freien und singt „Honey“, ein gnadenloses Gefühlsrührstück, das selbst den härtesten Pennäler in die Knie zwingt und zu zärtlichen Umarmungen mit den Banknachbarn hinreißt. Der Peter Alexander, das ist halt ein toller Kerl! Die Vorgeschichte, in der Alexander als erfolgloser Sensationsreporter auf der Suche nach der verlotterten Jugend von heute vorgestellt wird, wird vor allem dazu benutzt, noch ein wenig den auf einer Welle von kometenhaften Erfolgen schwimmenden Heintje zu lancieren. Der schickt mal schnell seine Heuler „Mama“ und „Ich bau dir ein Schloss“ durchs Jammertal und ward dann nicht mehr gesehen. Zumindest in dieser Folge der Serie. Leider. Das man sich seiner Hosenmatzigkeit schon bei diesem seinen ersten Leinwandauftritt nicht so recht zu entziehen weiß, bringt Jacobs bereits eindrucksvoll damit auf den Punkt, dass er völlig verzückte Kinder zeigt, die Heintje anstarren wie einen Guru. Spaß muss trotzdem sein, weshalb Jacobs auch zwei Blagen ins Bild rückt, die sich bei „Mama“ lachend die Ohren zu halten. Das ist fast schon witziger als die Pennälerscherze, die sich Kraus und seine Klassenkameraden leisten – vor allem natürlich mit Knörz, der Sexualkundeunterricht (in der 10. Klasse – hahaha) verpulenden Studienrätin Pollhageb und natürlich dem Nazi-Mathelehrer „Blaumeise“. Ansonsten herrscht vor allem große Hektik und auch ein erhebliches Maß an Konfusion bei dem zweiten Lümmel-Aufguss: Nietnagel heißt diesmal in der Tat Notnagel, Pepes Vater wird nicht von Georg Thomalla gespielt, sondern von Willy Millowitsch (den ich noch nie leiden konnte), seine Schwester Marion nicht mehr von Uschi Glas, sondern von Hannelore Elsner, die im ersten Lümmel-Film noch die französische Austauschschülerin Geneviève Ponelle gab. Muss man sich also mehr als einmal schwer am Koppe kratzen. Aber schlecht ist der Film trotzdem nicht. „Komm und bedien dich!“ singt Peter Alexander bei einer lustigen Party in Notnagels Garten. Kann man so auch auf den Film übertragen, der gute Laune, Swing und Schwung mit großer Kelle auszugeben versteht.
#756
Geschrieben 20. Mai 2007, 07:53
Russell, Maghee und Marelli kehren mit einer Kiste Gold aus dem Vietnamkrieg zurück und verschachern die heiße Ware so schnell sie nur können auf hoher See. Von Maghee und Marelli wird Russell nun aber tüchtig aufs Kreuz gelegt, mit dem Messer erstochen und über Bord geworfen. Während sich die beiden Dreckskerle in Los Angeles nun ein ziemlich feines Leben machen und in der Unterwelt schnell aufsteigen, wird Russell halbtot an den Strand einer verlassenen Insel gespült, auf der zwei Japaner hocken, die man nach dem 2. Weltkrieg dort vergessen hat. Nach Russels Genesung wird er von ihnen in die hohen Kunst von Schwertkampf und Handkantengedresche eingewiesen. Als die Insel schließlich von Soldaten gestürmt wird und die beiden Japaner draufgehen, kehrt Russell nach Amerika zurück und jagt seine beiden falschen Freunde von einst mit dem vom Japaner geerbten Katana. Johoho, und dann geht’s gut ab, denn mit dem weiß der bärige Russell ziemlich gut Ohren und ganze Köpfe abzuschneiden, was man in der deutschen Fassung leider aber nicht ohne entsprechende Schnitte auf der Leinwand präsentiert bekommt. Dafür stimmt die Synchronisation, der man einige schöne, den ruppigen Charme des Films unterstreichende Schimpfkanonaden und politisch unkorrekte Binsenweisheiten („Ein Neger wiegt mehr als zwei Japaner!“) mitgegeben hat. Und trotz der Schnitte gibt es natürlich auch einen nicht zu verachtenden Anteil Geholze mit Maschinenpistole, schlagkräftigen Negerfäusten und natürlich dem Samuraischwert. Bei Santiago sieht das technisch zwar alles wie gehabt sehr minderbemittelt aus, doch das wird damit locker aufgewogen, dass er all sein Geknüppel in den Dienst des reinen Selbstzwecks stellt, was zwar im Grunde zu verachten wäre, bei Meister Santiago hingegen aber irgendwie zum künstlerischen Konzept gehört. Außerdem kann ein Film, der einen richtig superben Schwatten auf Rachefeldzug, japanisches Samurai-Kino in seinem dümmsten Auswuchs, Balleraction und schmieriges Unterweltgeloddel in nicht einmal 80 Minuten unterbringt, ja überhaupt nicht schlecht sein.
#757
Geschrieben 22. Mai 2007, 13:27
((BR) Deutschland 1969 – Harald Reinl)
Knörz holt sich seinen neuen, grünen Käfer aus der Volkswagen-Filiale ab, dann verbummelt sich Reinls Film in einigen, für meinen Geschmack auch zu lang geratenen Scherzen mit dem Auto. Pepe und seine Klassenkameraden lackieren es mit Wasserfarbe gelb, Knörz glaubt, sein Auto wäre geklaut worden, Polizei, tatü-tata, dann wird die Karre von den feixenden Pennälern gewaschen. Sodann wissen Pepe und seine Freunde eine Feierlichkeit im Mommsen-Gymnasium mit Rauchpulver und Lachgas derart aus dem Ruder laufen zu lassen, dass sich Taft genötigt sieht, beim Ministerium um die Übersendung eines besonders scharfen Lehrers für die Klasse zu ersuchen. Den Brief weiß Pepe allerdings abzufangen und vor allem abzuändern, sodass ihnen mit Hans Clarin der weinerliche Waschlappen Dr. Glücklich zugeschickt wird. Immerhin: bei dem parieren die Pennäler! Wie gehabt weniger bei Oberstudienrat Blaumeier, der in dieser Folge von Harald Juhnke gespielt wird und nicht von Balduin Baas. Das macht aber nichts, weil „die Blaumeise“ in diesem Film eh kaum was zu tun hat. Statt die Lehrersäcke wie gehabt als Alt-Nazis zu karikieren, darf Theo Lingen in seiner Funktion als Oberstudiendirektor ordentlich gegen die APO schießen, und zwar in Form eines witzigen Gedichts. Auch gut. Hannelore Elsner ist wieder in der Rolle der überraschend in Baden-Baden aufschlagenden Französin Geneviéve Ponelle zu sehen, da Uschi Glas diesmal wieder ihren Posten als Pepes Schwester bekleidet. Den Millowitsch aus Teil 2 hat man wieder abgeschafft und nun Gustav Knuth die Rolle des aufbrausenden Alten von Pepe und Marion spielen lassen, was auf jeden Fall ein Zugewinn ist. Aber wo ist denn eigentlich der Thomalla hin? Den vor allem in späteren Jahren in diversen Folgen DERRICK und DER ALTE immer mal wieder als verdächtiges, verkommenes Subjekt bevorzugt eingesetzte Pierre Franckh in der Rolle von Tafts Neffen habe ich gerne mitgenommen.
An was es PEPE, DER PAUKERSCHRECK jedoch fehlt, ist ein wenig eine durchgehende Handlung, welche die ersten beiden Filme so vergnüglich machte. Mehr als in den vorangegangenen Teilen setzt Reinl auf vor allem auf eine möglichst bis zum Exzess und ungeahnt kracherne Ausbeutung aller groben Spaßereien. Man könnte durchaus sagen, er hat sich darin völlig verloren. Das ist etwas schade, weil die Filmserie ja nicht nur allein von ihren Pennälerscherzen lebt, sondern vor allem durch das auf die Schippe nehmen von allerlei spießbürgerlichen Piefigkeiten. Und das fehlt irgendwie in Reinls Film. Abgegolten wird diese Schuld mit einem nachträglich aufgepflanzten und leider ebenso wie die meisten Scherze völlig in die Hose gehenden Gimmick.
#758
Geschrieben 22. Mai 2007, 13:27
(Japan 1970 – Kenji Misumi)
Zatoichi verschlägt es nach Kanto, wo Yamikubo als „Boss aller Bosse“ wie ein Diktator über sämtliche acht Provinzen herrscht und selbst den kleinsten Bauern und Handeltreibenden gierig überhöhte Unterwelt-Steuern abnötigt. Dass Zatoichi ihm gleich nach seiner Ankunft in die Parade zu pfuschen beginnt, sieht der ebenfalls blinde Tyrann nicht gern. Und als zudem erkennen muss, dass seine Schwertschwinger den ungeliebten Zaungast nicht beseitigt bekommen, beschließt er, Zatoichi mit ganz viel „kindness“ zur Strecke zu bringen. Das gestaltet sich so, dass er dem Masseur mit der jungen Okiyo ein hübsches Mädchen zur Seite stellt und ihn mit einer Einladung zu einer Jahresfeierlichkeit ehrt. Okiyo spielt das schmierige Spiel vor allem auf Drängen ihres Vaters mit, der sich schon als möglicher Nachfolger Yamikubos sieht. Schnell erkennt sie, dass Zatoichi in größter Gefahr schwebt, wenn er der Einladung Yamikubos folgt, weshalb sie ihn eindringlich warnt. Klarerweise macht sich Zatoichi trotzdem auf den Weg und der Film überrascht am Ende wirklich mit einem Feuerwerk ganz besonderer Art. Eingeflochten in die ohnehin bereits sehr dichte Handlung sind auch noch zwei Nebengeschichten. Zum einen will ein besonders kampffreudiger Samurai Zatoichi an die Gurgel, weil er glaubt, dieser hätte etwas mit seiner Frau gehabt, dann gibt es mit dem jungen, vermögende Frauen beglückenden Springinsbett Umeji noch einen Lustknaben, der Zatoichi mehrmals auffordert, ihn in die Yakuza-Welt einzuführen, wozu er sich dem Masseur gar als Betthäschen anbietet. Mit Humor wurde in dem eher düsteren Film, der mal mehr Drama ist, mal mehr Actionreißer, ohnehin nicht gespart. Wie man es auch von den anderen Serieneinträgen Misumis kennt, bekommt man einen ungemein kontrastreichen und sehr spannenden Film vorgesetzt, und fast mehr noch als in den vorangegangenen Werken wurde bei diesem Beitrag spürbar großer Wert auf visuelle Spielereien und wuchtige Bilder gelegt. So macht in diesem Streifen eine höchst gelungene, sehr surreale Traumsequenz das Dilemma des Zatoichi verfolgenden Samurais deutlich, während des Finales, dem „Festival of Fire“, wird sowieso ordentlich rangeklotzt und Zatoichis Wanderung mit höchst merkwürdig-interessanten Zwischenschnitten kurzweilig gehalten, die von all dem Bericht erstatten, was dem Masseur unterwegs so alles bewegt – Kinder, hungrige Jungvögel und hübsche Blümchen. Eigentlich eher langweilig, hier aber und nicht zuletzt durch die wirklich mal frischen musikalischen Wind in die Serie pustende Untermalung aus der Feder Isao Tomitas höchst interessant dargeboten und geschickt in den Film eingebracht. Mit ZATOICHI: THE FESTIVAL OF FIRE hat die Serie ganz klar ein weiteres Glanzstück verpasst bekommen.
#759
Geschrieben 22. Mai 2007, 17:30
In einer Herberge spielen sich die Schüler aus der Kampfschule des ohnehin nicht ganz astreinen und sich vornehmlich mit Opiumschmuggel beschäftigenden Meister Chao auf wie die Axt im Walde. Deshalb erhalten sie von Yu Tien Lung und seinen Kameraden aus der Schule von Meister Han eine ordentliche Abreibung. Und weil seine Schüler unterliegen, sinnt der alte Chao darauf, es dem alten Han mal kräftig zu zeigen. Dabei holt er sich aber auch eine blutige Nase und sieht das Ansehen seiner Schule in Gefahr. Abhilfe sollen nun neun aus Shanghai rekrutierte Superkämpfer bringen, die sich Chao herkommen lässt. Geleitet von Meister Er Ku aus Okinawa, aus dessen Maul zwei fürchterliche Vampirzähne ragen, treten u. a. zwei Karatekämpfer aus Granit, ein Judomeister, ein Yogakünstler aus Indien, zwei Siam-Boxer und zwei Lamas aus Tibet an. Zwar reißt Er Ku Yu Tien Lung nicht, wie es auf der Synchronspur überaus häufig zu hören ist, den Arsch auf, aber immerhin einen Arm ab. („Ich hab’ ihm ein bisschen auf den Arm geklopft, här-här-här!“) Außerdem machen die Kämpfer die Schule vom alten Han dem Erdboden gleich. Yu überlebt als einziger und wird von einem alten, sehr weisen Mediziner und dessen Tochter aufgenommen. Nach sechs Monaten und einer Rosskur, bei der Yu die Nerven in seiner verbliebenen Hand durch offenes Feuer abgetötet und er seine ihm verbliebene Hand unter dem Schmiedestein zu einer Waffe umgeklopft hat (!), geht die Rache los. Und die gestaltet sich ziemlich deftig und mit extrem viel Geknüppel. Wie auch in der Quasi-Fortsetzung DUELL DER GIGANTEN liegt der Witz der Dreschszenen, die mindestens die Hälfte des Films ausmachen, nicht so sehr in der Authentizität der gezeigten Techniken, sondern im Einsatz von vielen gaga Spezialeffekten. So tänzelt der Yogi-Krieger im Stop-Motion-Handstand um seine Gegner so lange herum, bis ihnen schwindelig wird, einer der Lamas kann seinen Körper aufblasen wie einen Airbag und wird so völlig unempfindlich für Dreschattacken und dass sich Yu seine Hand unter einem riesigen Steinbrocken zurechtschmiedet, hat bei mir bislang noch jedes Mal für einen mittelschweren Lachanfall gereicht. Inhaltlich wird nicht gerade Neuestes geboten, ist aber auch nicht verlangt. Auf die Synchronisation lässt sich hingegen eigentlich der gute Rat anwenden, den Yu einem seiner Gegner im Finale mit auf den Weg gibt: „Halt deine dumme Schnauze, sonst muss ich sie dir zerschlagen!“ Nee, die Synchro ist in der Tat absolut zu gebrauchen und bietet auch nicht so geläufige Wortkreationen. Schwatzhase zum Beispiel. Ganz an die Qualität des nachgeschobenen DUELL DER GIGANTEN kommt EINE FAUST WIE EIN HAMMER noch nicht heran, ist DUELL doch noch eine ganze Spur überdrehter und abgehobener, aber bei der FAUST kann man schon sehr gut sehen, wohin bei Wang Yu die Reise geht. So oder so: Ein besonders wertvoller Film, gar keine Frage!
#760
Geschrieben 23. Mai 2007, 09:09
(USA/Österreich 1995 – Richard Linklater)
Die kluge Europäerin Celine, eigentlich unterwegs nach Paris, wo ihr Studium beginnt, trifft im Zug auf die leicht ungebildete Labertasche Jesse aus den USA. Gemeinsam beschließen sie, in Wien eine Nacht zu verbringen. Die Zeit nutzen die beiden äußerst unproduktiv zum Zusammenlabern nicht eines Eimers gequirlte Scheiße, sondern gleich der Produktion eines ganzes Fasses. Nach ziemlich genau 81 Minuten sagt Julie Delphy einen Satz, der das Kartenhaus ohnehin zum Einsturz bringt: „Ich finde, wir sollten nicht miteinander schlafen.“ Was soll’n ditte, bitte? Immerhin darf man nicht vergessen, dass bereits weit über eine Stunde damit zugebracht wurde, die beiden beim Turteln und Sabbeln zu zeigen (und bei nichts sonst), wobei sich letzteres ohnehin nur (und wirklich nur) aufs Abfeuern von in Worthülsen gekleideten Gedankensperrmüll reduzierte. Ich meine, die beiden mögen sich ganz doll, liegen nachts im Stadtpark von Wien im Gras, eine Flasche Rotwein dabei (die leere Buddel und die Gläser liegen, wie man in eines der letzten Bilder des Films sieht, am nächsten Morgen immer noch dort – Dreckschweine!) und statt nun ein Inferno aus Cum’n’Cunt zu veranstalten, labern die beiden sich lieber die Ohren ab. Gibt’s doch gar nicht! Selbst beim nicht minder entsetzlichen (wenn auch aus anderen Gründen) AQUANOIDS habe ich nicht so oft aufs Zählwerk geschaut und mich über jede verstrichene Minute gefreut. Dass von Beginn an alle nur erdenklichen Klischees bedient wurden (er der etwas einfältige Ami, sie die kluge Französin mit Sinn für Poesie und Kunst usw.), war zudem in nicht unerheblicher Weise nervtötend.
#761
Geschrieben 24. Mai 2007, 11:57
(Italien/Spanien 1970 – Enzo G. Castellari (Enzo Girolami))
Gleich zu Beginn schon zeigt Karin Schubert ihre Euter, was bereits als ein frühes Indiz dafür gewertet werden darf, dass der Film ziemlich gut ist. Die Schubert spielt nämlich die Hauptrolle in der Bühnenshow eines Nachtclubs, wobei ihr die Vergewaltigung durch einen Unbekannten droht. Das Publikum applaudiert angesichts der Darbietung heftig, was gegen die Besucher dieses Etablissements spricht bzw. gegen die ganze Bumsbude an sich. Aus diesen heiligen Hallen nun schleppt der junge Rechtsanwalt Peter seinen neuesten Aufriss, die rassige Italienerin Anna, ab und direkt in die Villa seines Onkels, des einflussreichen Richters Horatio Bedell, der, wie es scheint, Tag und Nacht bei Gerichte sitzt und ohne Unterlass Akten wälzt. In den vornehmen Haushalt ist mit dem Schwerverbrecher Quilt jedoch unlängst ein gefährliches Subjekt eingedrungen, das kurzerhand den Haushälter gemeuchelt hat und die beiden spaßvögeligen Nachtschwärmer mit gezückter Kanone empfängt. Wie sich herausstellt, ist Quilt nicht allein, sondern mit Arthur Welt gesellt sich auch noch ein länger in Haft gesessener Schwerverbrecher hinzu, der auch die Motive für den Überfall auf das Haus des Richters offenbart. Welt ist nämlich auf der Suche nach Unterlagen, die beweisen, dass Bedell ihn einst zu unrecht in den Knast gesteckt hat. Um sich direkt beim Richter zu bedanken, hat er die Tür zu Bedells Büro mit einem Sprengsatz versehen. Sobald der sich tief in der Nacht auf den Weg nach Hause macht, knallt ihm Welts Rache im wahrsten Sinne des Wortes links und rechts um die Ohren. Allein daraus ergibt sich im Grunde schon Spannung genug. Der Film kann aber noch wesentlich mehr, denn COLD EYES OF FEAR ist ein herrlicher, in das Gewand eines waschechten Italo-Gelben gekleideter Psychofetzer, der, und das ist mir eigentlich auch erst jetzt nach wiederholter Sichtung so richtig aufgefallen, absolut in der oberen Liga mitmachen darf. Vor allem der gemeinhin unterschätzte Frank Wolff, der mit Castellari zuvor bereits TÖTE ALLE UND KEHR ALLEIN ZURÜCK drehte und dabei ebenfalls äußerst angenehm auffiel, weiß als Psychopath voll und ganz zu gefallen und zu überzeugen. Mit Fernando Rey, Giovanna Ralli, dem leicht verschroben aussehenden Julian Matéos und natürlich dem wie immer großartigen Gianni Garko ist der Film sowieso erstklassig besetzt. Und gerade auch dieser erstklassigen Besetzung ist es wohl zu verdanken, dass aus dem Kammerspiel solch eine unter die Haut gehende Nervenfetzerei wird. Das Spiel mit den beiden Handlungsebenen (Welts Rache am Richter und die mit allerlei Terror für die Unbeteiligten versetzte Suche nach den Papieren) betreibt der Film überdies äußerst geschickt. Ist der Film erst einmal in Fahrt, dann steigert sich trotz des Umstandes, dass die obligatorischen Fluchtversuche und die von vornherein zum Scheitern verurteilten Hilferufe durchs Telefon in diesem Werk natürlich ebenfalls nicht ausbleiben, die Spannung bis zum Finale ganz unaufhörlich. Von Ennio Morricone gibt es einen vor allem recht jazzigen Score, der aber auch mit einem ganz herrlichen Stück für die Lesestunde auf der Couch aufwarten kann. Ganz großes Kino.
#762
Geschrieben 24. Mai 2007, 14:23
(Spanien 1972 – Joaquin Luis Romero Marchent)
Sieben Kettensträflingen will der verbissene Sergeant Brown über die Rocky Mountains und bis ins Straflager Fort Green bringen. Mit einem der Sträflinge hat Brown zudem noch eine persönliche Rechnung offen, hat doch einer der miesen Gestalten seine Frau auf dem Gewissen. Nach einer halben Stunde ist außerdem klar, dass Brown ein doppelbödiges Spiel betreibt, denn die Sträflinge sind mit einer Kette aus Gold zusammengebunden, was die Mieslinge aber durch Zufall herausfinden und sodann mit der Meuterei beginnen. Brown hat zudem an seiner etwas schwächlichen Tochter, die ihn auf der harten Reise begleitet, schwer zu tragen, ist sie doch den Strapazen kräftemäßig nicht gewachsen. Das wissen die Sträflinge bestens auszunutzen und liquidieren den zunächst als Hauptperson und Erzähler in den Film eingeführten Sergeant ziemlich genau in der Mitte des Werks. Sodann widmet sich der Film nicht nur dem blanken Überlebenskampf der Verbrecher und ihrer Gier nach Reichtum, sondern es beginnt auch ein recht spannend und mit einigen interessanten Wendungen versehenes Spiel um das junge Ding, das die sexuell ausgehungerten Männer zudem begehren.
Die verschneiten und äußerst trostlosen Landschaften, in denen TODESMARSCH DER BESTIEN spielt, verleihen dem Werk ohnehin schon einen äußerst harten Charakter. Verstärkung erfährt dieser Anstrich noch dadurch, dass Marchent bei der Präsentation von Gewalttaten ganz schön auf die Tube drückt und sein Streifen sich also in allerlei Gekröse ergeht. Selbstzweck möchte man dem Film dabei eigentlich nicht unterstellen, ist der ganze Streifen von vorn bis hinten doch als ein einziger und überaus harter Überlebenskampf angelegt, dem man lediglich ein Westernkleidchen übergeworfen hat. Und als solcher sind die ungemein fiesen und heftigen Bilder auch weniger Zierrat „für alle, die es noch härter wollen“ als vielmehr ein wuchtiger Anker in Richtung Realismus. Sympathiepunkte für die Charaktere werden beim TODESMARSCH DER BESTIEN mit Ausnahme der durch und durch unschuldigen Tochter von Brown nicht vergeben. Der Film ist kalt und kaltschnäuzig. In der eisigen Berglandschaft jammert dazu recht passend auf der Tonspur schon mal ein Männerchor den Totengesang für die ganze verkommene Bande, die ein Überleben nicht verdient hat und für die Zusammenhalt selbst in Extremsituationen weitestgehend ein Fremdwort scheint. Dass der Film im Zuge der Gewaltvideo-Hysterie im tiefen Verbotssumpf gelandet ist, ist absolut ungerechtfertigt und im höchsten Maße bedauerlich, spricht man dem Film damit doch zu guten Stücken seine Qualität und künstlerische Ernsthaftigkeit ab. Schließlich verfügt TODESMARSCH DER BESTIEN über beides in einer für das spanische Kino der frühen 70er Jahre nicht zu verachtenden Konzentration und macht ihn damit vor allen Dingen recht wertvoll.
#763
Geschrieben 25. Mai 2007, 09:29
(Indonesien 1979 – Arizal)
Dass der Großvater dem gutherzigen Hamid den Job als Bürgermeister übertragen hat und nicht seinem leiblichen Enkel, das vermag der Familienspross nicht zu verzeihen, zumal das Amt doch auch den ungehinderten Griff in die Dorfkasse möglich macht. Er schlägt den Opa tot und klaut ihm seine Dose mit den Special Silencers, einer Wunderpille, mit der man bei Einnahme und Meditativ-Gemurmel eine Eisenhaut bekommt, bei unvorsichtiger Dosierung jedoch einen Magenkrampf nebst einem Heckengewächs (!), das sich in sekundenschnelle den Weg durch die Bauchdecke bahnt. Mit diesem Mittel schafft sich der böse Enkel nun Hamid vom Hals. Jedoch hat er die Rechnung nicht mit dessen Neffen Dayat, der schönen Julia und dem ständig auf dem Motorrad herumflitzenden Hendra gemacht, die sich der feindlichen Machtübernahme im Ort in den Weg stellen. Weil alle ihre Kampfsport-Hausaufgaben gemacht haben, wird ziemlich viel geprügelt. Auch ein blöder Witz hier und da darf natürlich nicht fehlen. Von weitaus größerem Interesse sind aber die fast schon publikumsverblödenden und ungemein dreisten Ideen, mit denen sich die indonesischen Filmschaffenden einmal mehr ihre höchst absonderliche Geschichte aufs unterhaltsamste zurechtbiegen. Am besten gefällt mir da nach wie vor die Szene, in der einer der üblen Burschen die gefesselte Julia mit Schuhmief überschüttet, welchen er unter allerlei Messergefuchtel aus ein paar heruntergetrampelten Turnschuhen kratzt, und was die Ratten und Mäuse, mit denen das Mädchen sodann gequält wird, vor Vergnügen quieken lässt. Auch die Idee, einen der Gutmenschen mit einem Sack Schlangen zu überschütten, in die sich das Opfer noch erst selbst einwickeln muss um sich dann tot beißen zu lassen, hat an Reiz so gar nichts verloren. Zum Ende hin wird mit Sichel, Monster-Kreissäge und einer ganzen Büchse der Superpillen ohnehin so gründlich aufgeräumt, dass auch der kleine Gorebauer, der ganz tief in einem drin wohnt, überaus zufrieden nach Hause gehen kann. Im Vergleich zu seinen anderen Filmen hat Barry Prima hier eigentlich weniger zu tun, nur ein bisschen mit dem Motorrad herumkutschieren und Karate machen. Zwischendrin pflückt er Julia noch ein paar Blumen und guckt mehr als einmal etwas doof aus der Wäsche. Die Effekte sind recht heftig, wenn auch nicht durchgehend sonderlich überzeugend, aber als Gartenbau-ASTARON ist der Film schon eine Wucht. Überhaupt: Auf die Idee, Leuten eine Hecke in den Eingeweiden wachsen zu lassen, muss man schließlich auch erst einmal kommen. Mich hat der Film einmal mehr schwer begeistert zurückgelassen. Höchstwertung, ganz klar.
#764
Geschrieben 25. Mai 2007, 16:01
(Hongkong 1967 – Chang Cheh)
Ah Fang, der Sohn eines Dienstboten des Schwertmeisters Rufeng, hat es mit der Tochter Pei-er vom Meister und seinen beiden Schülern nicht leicht. Obwohl überaus begabt im Umgang mit dem dicken Säbel, necken ihn die drei dermaßen, sodass er eines Tages beschließt, Rufeng zu verlassen. Vorher stellen sich Ah Fang aber noch Pei-er und die beiden Schüler in den Weg und bei einem eigentlich eher unblutigen Kampf verliert Ah Fang durch Pei-ers Schwert versehentlich seinen rechten Arm. Schwer angeschlagen wird er wenig später von dem Waisenmädchen Xiaoman aufgelesen, die ihn in ihrer Hütte gesund pflegt und dergestalt in ihn dringt, doch an ihrer Seite ein Leben als einfacher Bauer und Fischer zu führen. Doch das ist nicht so ganz Ah Fangs Ding, weshalb er sich – zumal verkrüppelt – schon bald ziemlich überflüssig vorkommt. Als Xiaoman dies erkennt, verehrt sie ihm das einzige Erbstück ihres Vaters: Eine angesengte Schwarte mit unbekannten Kampfkunststückchen extra für Linkshänder. Aus dem Buch lernt Ah Fang sehr begierig und wird zu einem schier unüberwindbaren Gegner – trotz bzw. gerade wegen seines Handicaps. Die harte Ausbildung in der neuen Technik ist auch dringend nötig, denn Rufeng wird von zwei alten Erzfeinden bedroht, die mit „Lächelnder Tiger“ und „Langarmiger Teufel“ nicht nur tolle Namen verliehen bekommen, sondern auch eine Waffe ersonnen haben, mit der die als unbesiegbar geltende Schwertkunst Rufengs ganz gut zum Teufel geht. Allerdings haben Tiger und Teufel die Rechnung nicht mit Ah Fang gemacht, der plötzlich auftaucht, um die Ehre seines Meisters zu verteidigen und zudem noch Rache für den Tod seines Vaters zu verüben. Ah Fang kann man durchaus als chinesische Antwort auf Zatoichi sehen, wenngleich Cheh in seinem Film noch einen Schritt weiter geht und dem verkrüppelten Wang Yu lediglich ein zerbrochenes Schwert mit auf die Reise gibt, welches auf den ersten Blick kaum dazu geeignet scheint, all die verreckfreudigen Gegner ziemlich blutig niederzustrecken. Gestorben wird in diesem Film ausnahmslos aus Gründen der Ehre und nicht wegen irgendwelcher eher niedriger anzusiedelnden Beweggründe. Die Rachegeschichte wird, obwohl klar vorhanden, daher auch eher im Hintergrund ausgespielt und bestimmt das Geschehen zu keiner Zeit, was durchaus eine interessante Variante abseits des sonst Üblichen darstellt. Auch technisch gibt es nichts zu meckern, imposante bis unwirklich erscheinende Bilder aus dem Studio heben den leicht fantastischen Charakter des Films deutlich hervor, der Soundtrack ist toll (und, wenn ich mich recht entsinnen kann, zumindest stückweise gleich mehrmals wiederverwendet worden) und die Kämpfe atemberaubend schnell und blutig. Der Geist westlicher Filme durchweht den Film zudem mit mindestens Stärke acht, sodass er auch für „asiatenfeindliche“ kijkers geschikt ist. Dass Wang Yu in späteren Jahren immer wieder den Kampfkrüppel spielen musste, kann man als Tribut sehen, der für den Erfolg von DAS GOLDENE SCHWERT DES KÖNIGSTIGERS zu bezahlen war – oder eben als glückliche Fügung. Und dass Tsui Hark Mitte der 90er Jahre mit THE BLADE eine bunte Mischung aus Hommage und Remake herstellte, spricht gleichermaßen für die Unverwüstlichkeit des Stoffes wie für Chehs qualitativ bis heute unübertroffenes Original.
#765
Geschrieben 26. Mai 2007, 06:05
(Japan 1971 – Kimiyoshi Yasuda)
Der einarmige Schwertkämpfer Wang Kang trifft in Japan auf eine junge und hilfsbereite Familie, ebenfalls Chinesen, und muss sogleich feststellen, dass in dem Land noch mit weitaus härteren Bandagen gekämpft wird als in der Heimat. Lediglich weil Shaolong, der kleine Junge der Chinesen, seinem Drachen hinterher und direkt in die Prozession von Lord Nanbu lief, hacken die Soldaten seine Eltern kaputt und trachten gar dem Bürschlein nach dem Leben, denn eine Prozession von höchster Regierungsstelle darf auf keinen Fall aufgehalten werden und hat also immer Vorfahrt. Wang Kang greift ein und kloppt sich wacker mit den Regierungstruppen, die er mit seinem zerbrochenen Schwert auch ganz gut in den Staub schickt. Hilfe erhält er von Zatoichi, dem der kleine Shaolong in die Arme läuft. Trotz größter Verständigungsprobleme mit Wang entschließt sich der Masseur, den beiden zu helfen. Das bringt ihm vor allem den Zorn von Boss Toubei aus Furukawa ein, der den Chinesen und den kleinen Jungen von seinen Killern hetzen lässt. Trotzdem kann Zatoichi viele seiner Landsleute dazu überreden, den beiden Schutz zu gewähren. Dummerweise ist aber auch ein Verräter unterwegs und verpfeift jeden Zufluchtsort gnadenlos an Toubei. Nachdem die Eltern der jungen wie schönen Oyo-ne von Toubeis Truppen zerschnippelt werden, weil sie den Flüchtigen eine Tasse Tee gewährten, glauben Wang Kang und die sich ihm anschließende Oyo-ne, Zatoichi hätte ihnen den Überfall eingebrockt. Doch der wahre Verräter ist natürlich anderweitig zu suchen. Wegen der Verständigungsprobleme können Wang Kang und Zatoichi das Missverständnis auch nicht mehr aus dem Weg räumen und stehen sich am Ende in einem hochdramatischen Duell gegenüber.
Gerüchten zufolge ist das Ende in der chinesischen Fassung des Films so umgestaltet, dass der einarmige „Königstiger“ gewinnt. Dieses Ende würde ich gerne einmal sehen, doch blöderweise zeigt sich die DVD davon befreit und es wird lediglich die japanische Variante geboten, in der Wang Yu noch kurz erkennen darf, dass Zatoichi ein durch und durch ehrbarer, aufrechter Mann ist und dann sein Sterbchen macht. Das ist dahingehend auch in Ordnung, da der Film nun mal zur japanischen Reihe gehört und nicht in die – seinerzeit für Wang Yu ohnehin beendete – bekannte Serie aus Hongkong. Mit der Verteilung eigener Sympathiepunkte an die beiden Hauptcharaktere hat man es in diesem Beitrag zudem denkbar schwer, wenn man sowohl die japanische als auch die chinesischen Filme mag. Bezeichnend allerdings ist, wie unsagbar schlecht der Japaner und vor allem auch der japanische Machtapparat in ZATOICHI MEETS THE ONE-ARMED SWORDSMAN dargestellt wird. Da schwingt nicht gerade wenig Kritik – auch weit über den Film hinaus – mit. Die Häscher der Regierung werden als mordlüsterne Irre vorgeführt, denen die Einhaltung einer unsinnigen Verordnung wichtiger ist als das Leben eines Kindes, Verräter lauern an allen Ecken und sogar dort, wo man es nun wirklich nicht vermuten würde und mit der Aussicht auf ein wenig Wechselgeld werfen sich Hans & Franz aus Japan auch sofort und mit größter Freude ins todbringende Messer. Und mit dem wird in diesem Abenteuer in der Tat äußerst blutig geschnitten. Einmal säbelt Zatoichi Widersacher Toubei ein Ohr ab, Gliedmaßen werden gestutzt und mit den fast schon obligatorischen Blutfontänen die Räume neu gestrichen. Dagegen nehmen sich die meisten der vorangegangenen Beiträge fast schon harmlos aus. Mit dem Anstieg des Blutpegels wurde auch die Humorschraube noch einmal kräftig angezogen. In einer besonders denkwürdigen Einstellung furzt Zatoichi einem ebenfalls blinden Spanner und Berufskollegen lautstark ins Gesicht und ein paar Momente später werden Anzüglichkeiten ausgegeben, die man in so geballter Form vorher auch noch nicht kannte. Dem Film und der Serie an sich geht dadurch allerdings nichts verloren – eher das Gegenteil ist der Fall.
#766
Geschrieben 26. Mai 2007, 12:46
(USA 1967 – Mike Nichols)
Benjamin ist 20, mit der Schule fertig und hat noch nie gebumst. Abhilfe schafft die reife Mrs. Robinson, die Ehefrau von Vaters Kompagnon, die dem gerade zum Manne gereiften Knaben (in den USA der ausgehenden 60er Jahre dauerte eine solche Entwicklung, scheint’s, etwas länger) ihren Körper in ziemlich offensiver Form zur ungehemmten Nutzung anbietet. Ist die Hemmschwelle erst einmal überwunden, ergeben sich aus der Liaison sowohl Nutzen wie auch jede Menge Probleme. Der sexuelle Reifungsprozess geht einher mit dem charakterlichen, was schließlich nach einer Irrfahrt den Weg in die eigene Unabhängigkeit mit sich bringt. Besonders in der zweiten Hälfte des Films wird sich ordentlich von allem abgenabelt, veraltete Moralvorstellungen inklusive, und generell ein wenig an Tabus herumgekratzt, die heutzutage nicht mehr ganz so arg tangieren. Mit all den berührten Themen konnte ich noch nie sonderlich viel anfangen, obgleich zugeben muss, Nichols Film – zumindest mittlerweile – rundum schmerzfrei ansehen zu können und ihn nicht mehr ausschließlich, und da oute ich mich gern als Banause, für die 60er-Jahre-Version von EIS AM STIEL oder PORKY’S zu halten.
#767
Geschrieben 26. Mai 2007, 16:11
Die letzte Begegnung mit DUELL DER GIGANTEN ist ja nun schon wieder eine Weile her und der Schock, den die in die Hose gesetzte deutsche DVD-Ausgabe bereitete, längst verdaut. EINE FAUST WIE EIN HAMMER ist gerade bei mir durchgelaufen und beide Filme habe ich noch niemals mit kurzem Abstand hintereinander gesehen. Was bei DUELL DER GIGANTEN mit frischen Erinnerungen an EINE FAUST WIE EIN HAMMER sofort auffällt, das ist die Rückblende mit den beiden Lamas, die Chao im Vorgänger auf Wang Yu hetzt und die sich nun als die Schüler von Güllotine Fung Sheng herausstellen – im Grunde der eigentliche Aufhänger der ganzen Fortsetzung und damit ein nicht gerade unwichtiges, wenn auch für das Verständnis der Fortsetzung völlig vernachlässigbares Detail. Dass der Film einmal von einem Kaiser Yu Sheng spricht, dann mal von der Regentschaft eines gewissen Qing, da ist Korinthenkackerei wohl nicht angebracht. Weitaus betrüblicher ist, dass DUELL DER GIGANTEN verschweigt, was dem einarmigen Boxer nach dem Finale in EINE FAUST WIE EIN HAMMER wiederfahren ist und ob seine Kampfschule nun in der Tat das vermutete Rebellennest ist oder nicht. Ferner: Trachten der Yogi mit den Teleskoparmen und der Thai-Boxer mit den trümmernden Beinen Wang Yu nun im Auftrag der Regierung nach dem Leben oder doch eher, weil sie Fung Sheng bei seiner Rache unterstützen? So ganz klar wird das nicht. Außerdem bleibt ziemlich ungeklärt, welches Spiel die Schule Adlerklaue eigentlich treibt. Mittlerweile interessieren mich diese Dinge viel mehr als die ganzen Effekt-Extravaganzen und die Tatsache, dass das fast dreißigminütigen Turnier, bei dem wirklich ohne Unterlass auf allerhöchstem Niveau gedroschen wird was das Zeug hält, nach wie vor so manchen anderen Klopperfilm in Rente schickt. Bambus scheint zudem im asiatischen Raum eine Art Allheilmittel zu sein. Im just ebenfalls gerade durchgeglotzten SPECIAL SILENCERS kann nur Bambus die durch die Pillen gewonnene Eisenhaut des Finsterlings dringen, in DUELL DER GIGANTEN wird die Wurf-Güllotine von Sheng durch das Gewächs fast unbrauchbar. Die Bedeutung von Bambus im asiatischen Prügelfilm müsste man also dringend mal eingehend untersuchen.
Ich stelle fest: Je mehr man darüber nachdenkt, desto komplizierter wird der Film. Ich stelle ferner fest: Denken schadet Genuss dieses Streifens ungemein.
#768
Geschrieben 28. Mai 2007, 12:56
(USA 1953 – Arthur Hilton)
Rakete Mond ist gestartet und hat fünf Menschen an Bord, die den Erdtrabanten untersuchen sollen. Ein Meteor rumpelt gegen die Rakete und bringt die Raumfahrer derart vom Kurs ab, sodass sie das Ding schließlich nur mehr auf der dunklen Seite landen können. Bei ihren Außenerkundungen mit aufgesetzter Salatschüssel und in Stulpenhandschuhen finden die Raumfahrer schließlich eine Höhle, in der es Sauerstoff gibt und ein paar Riesenspinnen mit einem Horn auf dem Kopf, die sich unendlich lustlos von der Decke auf die Besucher von der Erde fallen lassen. Aber der Ami geht schließlich nicht ohne Revolver aus dem Haus – und auf den Mond schon gar nicht. Das Problem ist also schnell gelöst. Weniger aber das, welches das Verschwinden der kurzerhand abgelegten Raumanzüge mit sich bringt. Die haben sich nämlich die Katzenfrauen vom Mond unter den Nagel gerissen, die damit die Rakete kapern wollen, um zur Erde fliegen zu können. Nur dort können sie das Überleben ihrer Rasse sichern und vor allem durch ihre besonderen telepathischen Fähigkeiten auch in einem Aufwasch die Herrschaft über den Planeten an sich reißen. Vorher müssen sie aber noch aus den Weltraumfahrern herausbekommen, wie der Blechkasten von der NASA überhaupt funktioniert. So schwer kann das nicht sein, denn die ausrangierten Weltkriegs-Funkgeräte, mit denen die Steuerung bewerkstelligen lässt sobald man sich erst einmal in die alten Frisörstühle davor hat plumpsen lassen, haben schließlich nicht so viele Knöpfe. Zwischendrin gibt es auch etwas Weltraumromantik, denn zwischen einer Katzenfrau und einem Erdling darf es tüchtig funken, und auch Navigatorin Helen kriegt den Mann fürs Leben verpasst. Ist doch schön! Besser als das sind nur noch die Spezialeffekte, die in der Tat ganz besonders spezial sind, und natürlich die absolut unfassbare Naivität des Ganzen. Dass die Katzenweiber außerdem nur Frauen mental beeinflussen können und keine Männer, lässt ganz schön in die Chauvi-Hirne der Macher blicken. Und dass der Ami die Katzenweiber, das darf man ruhig verraten, mit seiner mitgebrachten Kanone am Ende einfach über den Haufen ballert, spricht ebenfalls Bände. Von Rhino gibt es eine gutgemeinte VHS, die CAT-WOMEN in 3D zu präsentieren versuchte, vor allem aber Kopfschmerzen auslöste. Die 2D-Version auf DVD ist da schon besser, wenngleich ich den wirklich unglaublichen Tanz der Katzenfrauen vom Mond gerne einmal plastisch vor mir gehabt hätte. CAT-WOMEN OF THE MOON ist unglaublich und einfach unglaublich großartig.
#769
Geschrieben 28. Mai 2007, 19:16
Nach dem eher unrühmlichen Eintrag von Harald Reinl beruhigt es nicht wenig, dass sich Werner Jacobs mit dem vierten Teil der Erfolgsserie zurückmeldet. Und der bringt auch gleich einen tüchtig frischen Wind in die Filmfolge, da er Peter Alexander und Heintje in der ersten Hälfte tüchtig Spielzeit spendiert, in der die beiden Goldkehlen auch jede Menge schöner Lieder singen dürfen. HURRA, DIE SCHULE BRENNT! entstand zwischen den Filmen, die Jacobs mit Heintje inszenierte und dementsprechend fließend sind auch die Grenzen zwischen den Heintje- und den Penne-Kunstwerken. Das ist schon daran auszumachen, dass Heintje hier wie dort morgens lachend aus den Federn hüpft und sofort damit beginnt gut gelaunt die Wohnung aufzuräumen, wozu er – was auch sonst? - eine seiner überaus schönen Melodien singt. Peter Alexander spielt Heintjes Onkel, den dauerlustigen, da dauerbesoffenen Lehrer Dr. Bach, der vom Kultusministerium nun aus dem Frieden der ländlichen Idylle ans Mommsen-Gymnasium in die große Stadt geschickt wird, weil er als besonders fähig gilt. Die mittlerweile – aus welchen Gründen auch immer - in der 12. Klasse angekommenen Schüler, die nach wie vor der Paukerschreck Pepe Nietnagel in allen Belangen zu führen versteht, überrascht er mit einem ultraprogressiven Unterrichtsstil, der selbst noch Lustlosigkeit und Widerborsteleien belohnt. Außerdem geht er mit seinen Schutzbefohlenen auch lieber in die Wirtschaft als zu unterrichten und nutzt das Beisammensein, um – logisch! – was vorzuträllern. „Wie Böhmen noch bei Öst’reich war“ lädt in der Tat zu besoffenem Geschunkel ein, obwohl die Kinder natürlich nur Cola trinken. Lernen kann man da auch was bei. Heintje ist vollauf damit zugange, für den Alexander Peter eine neue Frau zu finden. Die Musikstudentin Julia Schumann soll das Opfer plumper Verkupplungsversuche werden. Zwischendrin leidet auch noch Dr. Pauls Ruf im Kollegium, aber der wird zum Ende mit einigen Kniffen repariert. Überhaupt Ende: Gleich zwei Spannungshöhepunkte hat der Film spendiert bekommen. Einmal die Schulaufführung einer höchst eigenwilligen Interpretation von Wilhelm Tell als Bonanza-Verschnitt, zudem dürfen Taft und Dr. Bach noch versehentlich mit einem Segelflieger in die Luft gehen. Dass Werner Jacobs in seinem Film einen wesentlich besseren Scherz mit dem neuen VW vom Knörzen anzustellen weiß, ist, finde ich, noch einmal ein deutlicher Arschtritt für Harald Reinl und seinen sich in den überlangen Witzigkeiten verzettelnden Serienbeitrag. Überhaupt ist HURRA, DIE SCHULE BRENNT! so voll mit guten Ideen, dass man weder Uschi Glas als Schwester von Pepe vermisst noch Hannelore Elsner in der Rolle der obligatorischen Austauschschülerin Geneviève. Klamauk und Gesangsnummern halten sich äußerst gekonnt die Waage, wobei Heintje, der seine großen Auftritte in der ersten Filmstunde abliefert, Peter Alexander klar aussticht. Allein mit dem groben Humor, und das scheint Jacobs klar gewesen zu sein, wäre die Serie nicht zu retten gewesen. Heintje schafft dies fast im Alleingang. Dass der nach neuem Strickmuster angelegte Film bestens funktioniert hat, beweist ja nicht zuletzt auch die Goldene Leinwand, mit der HURRA, DIE SCHULE BRENNT! veredelt wurde. So viele Besucher in so kurzer Zeit können nicht irren und zeigen überdeutlich, dass die Deutschen einmal über einen ausgesprochen guten Geschmack verfügten.
#770
Geschrieben 29. Mai 2007, 19:42
(Spanien/Italien 1967 – Stanley Mitchell (Bitto Albertini))
Die internationale Terrororganisation Rote Cobra macht den Industriellen das Leben schwer. Während diese nämlich bei ausschweifenden Partys mit Schampus und Feuerwerk abhängen, lässt die Rote Cobra ihre Fabriken in Flammen aufgehen, bombardiert die Anlagen von Land aus und von der Luft, knallt alles ab, was nicht schnell genug in der Baumkrone sitzt. Die Weltherrschaft ist sein Ziel. Die Polizei, das Militär und die Regierung haben außer generelles Bedauern nicht anzubieten für die Geschädigten, aber dann gibt es da ja noch Goldface, den unheimlichen Ringkämpfer, bekleidet mit einem lächerlichem Strampler und einer Kopfmaske, die er niemals absetzt. Goldface nimmt sich des Problems an und arbeitet sodann tüchtig mit der Polizei zusammen. Dann wird ein Spion enttarnt und ihm auch ordentlich zugesetzt, schon hat man das Geheimversteck von Rote Cobra ausgemacht. Auf den letzten Metern gibt es ordentlich Krawall, die obligatorische Entführung einer hübschen Blonden und mindestens eine Million Tote – natürlich nur auf der Seite der Roten Cobra. Mindestens eine gute Viertelstunde verbringt der Film mit buntem Wrestling-Nonsens, der in seiner längsten Szene darin Auflösung findet, dass die deutsche Reporterin Sybille vom Frauenmagazin „Orchidee“ dem Kämpfer mit dem tollen Namen „Unmenschlicher Mensch“ (oder so) eins auf die Glatze haut. Goldgesichts Trainer und Partner in allen Lebenslagen ist ein richtiger Brocken von einem Schwatten, der bei jeder Witterung mit freien Oberkörper und einer roten Schlafanzughose durch die Gegen tapert und sich fett grinsend selbst dann noch unentwegt Erdnüsse einschmeißt, wenn ihm die blauen Bohnen um die Ohren fliegen. Unverwüstlich, der Mann! Als scharfsinniger Ermittler taugt er vor allem in der deutschen Synchronfassung, die ihm glattweg zum Verbalakrobaten gemacht hat, quasi frisch vom Baum gefallen. „Oh, das Spieler von Platte Schall!“ weiß er zu entgegnen, als er zusammen mit Goldfresse ein geheimes Tonbandgerät von der Roten Cobra entdeckt. In den 60ern durfte ein Schwatter wohl nur lustig (Roberto Blanco, Billy „Die große Trommel macht Bum-Bum „ Mo) sein oder mindestens so beknackt wie in diesem ungeheuerlichen Streifen. Lustig ist das alles trotzdem, vor allem auch, weil der Film vom Comic-Superhelden, James Bond und mittelamerikanischen Santo-Film so ziemlich alles durchhechelt. Und das immerhin kurzweilig und mit einem gewissen Gespür für völlig absurde Momente, in denen der ganze Quatsch dann aufgeht wie ein bunter Strauß Primeln. Schade, dass Goldface nicht fliegen kann. Schade, dass es keine Fortsetzung gab (zumindest weiß ich davon nix). Schade, dass der Film schon nach knapp 81 Minuten vorbei ist. Schade, schade, schade...
#771
Geschrieben 30. Mai 2007, 07:45
(USA 1979 – Ronald Neame)
Die Amerikaner und die Russen haben jede Menge Atomwaffen ins All gekarrt, die zwar auf das jeweilige Feindesland der kalten Krieger ausgerichtet sind, nun aber in einem gemeinsamen Kraftakt so umfunktioniert werden müssen, dass einem gewaltigen Meteor Paroli geboten werden kann. Das erforderliche, sehr enge Zusammenarbeit zwischen den Staaten gestaltet sich schon allein deshalb schwierig, weil sich der großartige Martin Landau als etwas irrer US-General mehrfach fürchterlich aufspielt. Sean Connery ist der Gutmensch, der das amerikanische Waffensystem ersonnen hat, sich aber dann mit NASA und Regierung entzweite, weil er von vornherein nur den Schutz vor eben einer Katastrophe aus dem All im Sinn hatte und nicht die hinter seinem Rücken beschlossene Zweckentfremdung zum alleinigen Wohle der USA. Wenn die dem großen Brocken vorauseilenden Meteoritensplitter auf der Erde ordentlich Verwüstung anrichten, dann ist das mit Monsterwelle, explodierendem Berg und natürlich dem kaputten New York nicht weniger abwechslungsreich angerichtet als in einer aktuelleren Produktion. Tricktechnisch werden dabei allerdings für so ein teures Vehikel mit entsprechendem Staraufgebot bis in die letzte Ecke und seinerzeit ordentlich gerührter Werbetrommel vor allem grausam zusammenkopierte Bilder aufgefahren, die als solche zudem jederzeit eindeutig in einer das Werk eher schädigenden (bzw. unfreiwillig aufheiternden) Weise auszumachen sind. So ganz für voll kann man METEOR ja ohnehin nicht nehmen. Wenn Amerikaner und Russen ihre Ärsche zur gemeinsamen Bekämpfung einer drohenden Gefahr zusammenrücken, ist das zwar irgendwo logisch, keinesfalls aber allzu glaubhaft dargebracht. Selbst in älteren Godzillas, in denen in gewohnter Regelmäßigkeit die hellsten Köpfe aller Länder der Erde die Köpfe zusammenstecken, um meinetwegen etwas gegen die Drohgebärden des auf den Planet X hockenden Frankenstein auszuhecken, weiß derlei mehr zu begeistern und zu überzeugen. Zudem: Wie man außerdem auf die Idee kam, den Meteor auf der Tonspur immer ordentlich knarzen und fauchen zu lassen, sobald er sich durchs Bild schiebt, ist mir bis heute ein Rätsel. In einer der besten Szenen von METEOR saust die schmucke Sybil Danning auf Skiern durch die Schweizer Alpen und grüßt und bewinkt alles und jeden. „Grüß euch, Kinder!“, „hallo“, „Guten Morgen“ und „Huhuu!“ Es ist, als würde Neame da mit der Danning als Komplizin das Ende von Capras IST DAS LEBEN NICHT SCHÖN? tüchtig durch den Kakao ziehen. Dass die Danning nur kurze Zeit später von den übelsten Porester-Eisbrocken erschlagen wird, die jemals über die Leinwand trümmerten, geht voll in Ordnung. Ganz und gar nicht in Ordnung ist allerdings einmal mehr der Umstand, dass vom alten Stereo-Ton der Kinofassung auf der Warner-Sparbier-DVD nur Mono übrig geblieben ist.
#772
Geschrieben 30. Mai 2007, 18:39
(Japan 1972 – Kazuo Mori)
Eine junge, hochschwangere Frau wird von einem Wegelagerer überfallen. Zatoichi kann noch helfen das Kind zur Welt zu bringen und zudem versprechen, das Bündel bei seinem Vater Sataro in Shiohara abzuliefern, dann erliegt die Frau ihren schweren Verletzungen. In Shiohara wacht seit Jahren der weise Töpfer Tobei darüber, dass keine Yakuza im Ort Fuß fassen können. Nun ist er alt und schwach, was Tetsugoro mitsamt seiner Schar Beutelschneider dazu nutzt, sich in Shiobara breit machen zu wollen. Dazu hat Tetsugoro Schuldverschreibungen der Frauen Shiobaras aufgekauft und zwingt diese nun, sie ihm nebst dreisten Zinsen auszulösen. Andernfalls will er die Frauen zwingen, für ihn anzuschaffen. Auch die hübsche Oya-e hat er so in seiner Gewalt, die von Zatoichi als Schwester Sataros das Neugeborene überreicht bekommen hat. Sataro ist unterwegs, um das Geld für seine Schwester zu beschaffen. Als er endlich in Shiohara eintrifft, stellt sich heraus, dass er seine Frau mit der immerhin nicht unerklecklichen Summe von 20 Ryo vorausgeschickt hat. Auf Zatoichi fällt nun der Verdacht, dass er Sataros Frau ermordet hat, um sich das Geld unter den Nagel zu reißen. Zudem hat Zatoichi gerade den herrschsüchtigen Tetsugoro einen ordentlichen Dämpfer verpasst, sodass der Masseur dessen Horde Spießgesellen ebenfalls an den Fersen kleben hat.
In ZATOICHI AT LARGE ist eigentlich alles schon einmal da gewesen. Ein Baby, das abgeliefert werden muss, ein friedlicher Ort mit einem weisen Vorsteher, der hinterrücks ermordet wird, ein aufstrebender Yakuza-Boss, falsche Verdächtigungen, der Masseur in Gefangenschaft. Nur alles in einem Film, das hat man so noch nicht serviert bekommen. Wie ein Best of der Serienbeiträge der 60er Jahre nimmt sich der nunmehr 23. Teil der Filmfolge aus. Interessant ist, dass Kazuo Mori alle losen Stränge mit allerlei Humor am Ende zu einem hübschen Knäuel mit Happy End zusammenbringt – wenn natürlich nicht für alle Beteiligten. Mit Schwertgeklapper und Glücksspielereien ist der Film überdies ordentlich ausgestattet. Gerade letzteres hat man in vorangegangenen Filmen wieder etwas vermisst. Auch in Sachen Gewalt schaltet der Film ein paar Gänge zurück und einmal verweigert der blinde Masseur sogar den Griff zur Waffe, um in den Augen eines kleinen Jungen nicht als Killer dazustehen. Auch dies war schon einmal Thema in einem früheren Beitrag. Trotz der Tatsache, dass inhaltlich eine Rückbesinnung zu den Wurzeln stattfindet, ist die Serie dank der unheimlich flotten, zeitgenössischen Musik mit diesem Film doch noch in den 70er Jahren angekommen. Auch eine für westliche Ohren etwas befremdliche Gesangseinlage, die noch einmal das ganze Dilemma Zatoichis umreißt, fehlt nicht. Das größte Kunststück ist jedoch, dass der Film (wie gehabt) höchst spannend anzusehen ist, obwohl er mit nichts anderem als hinlänglich bekannten Versatzstücken hantiert.
#773
Geschrieben 30. Mai 2007, 22:20
DOUBLE FEATURE - 2x WOLLUST
BESTIE DER WOLLUST
(USA 1970 – Charles Nizet)
In Vietnam wird Sprengmeister Joe Zeuge einer unglaublichen Szene: Zwei Vietnamesen quälen eine gefesselte Frau, klopfen ihr sodann mit dem Gürtel die Titten weich (!) und werfen sich schließlich brutal auf sie. Nach ihrem „Spaß“ mit dem Opfer jagen sie es mit einer Handgranate in die Luft. Klar, dass das Joe tüchtig austicken lässt. Zurück in der Heimat und nach sechs Monaten im Hospital ist er ein krankes, völlig ausgebranntes Wrack, das lediglich von einem Gedanken angetrieben wird: Weiber wegbomben! Also kauft er sich eine Kiste Dynamit und ganz viele Zünder, nimmt Quartier bei einer herrischen Schrulle in der Wüste gleich außerhalb von Las Vegas und macht Jagd auf Liebespaare, die er mit einem Bumm! überrascht. Autobombe, Unterwasser-Sprengsatz, ein Gartenstuhl als Schleudersitz – für Joe ist der Krieg auch in den USA angekommen. Die Polizei guckt Löcher in die Luft und kriegt den Fall nicht gelöst. Aber Cops sind in diesem Schinken ohnehin eher Zierrat und Lückenbüßer zwischen den Tötungs- und Sexszenen, mit denen das Werk seine vornehmlich zusammengebastelt ist. BESTIE DER WOLLUST ist ein ganz schön harter Bastard, eine einzige Spirale aus Sex und Gekröse, gekrönt mit einem Off-Sprecher (Dialoge gibt es kaum, dafür jede Menge dramatischer Musik), der einen über die „Handlung“ auf dem Laufenden hält, weil sie nämlich sonst kaum fassbar wäre. Und da dürfen auch ein paar Entgleisungen nicht fehlen, wie vielleicht die, in der über Joes größte Sex-Phantasie informiert wird. Er möchte nämlich, so wird erzählt, gerne mal ein hübsches Mädchen vergewaltigen und sie dann so richtig nach Strich und Faden in die Luft jagen. Jesses! Man stelle sich einen schäbigen Kinosaal vor, in dem speckige Kerle in der Dunkelheit zustimmend raunen. In einer besonders niederträchtigen Szene mit zwei lesbischen Weibern wiederum sprengt Joe die eine tot, die andere muss, weil Joe, so erfahren wir’s, auf Lesben nun so gar nicht kann, bindet er nackig an Zeltheringen fest, überschüttet das kreischende Ding dann mit Benzin und fackelt es ab. Schmieriger und schlimmer geht’s kaum noch. BESTIE DER WOLLUST ist von vorn bis hinten in der Tat einem völlig kaputten Schädel entsprungen. Leute, die sich so etwas ausdenken, möchte ich lieber nicht in meiner Nachbarschaft wohnen haben. Dennoch Höchstwertung für diesen Fetzer. Allein schon wegen seiner unglaublichen Kranksinnigkeiten ist BESTIE DER WOLLUST für mich das Highlight des Monats. Rückblickend absolut unglaublich, dass so ein Film in deutschen Lichtspielhäusern zu sehen war. Wahnsinn.
((BR) Deutschland 1977 – Franz Josef Gottlieb)
Kurt bringt es nicht. Der hockt lieber vor der Glotze, guckt Sportschau, verleibt sich dazu Bier und kunstvoll geschnitzte Wurstbrote ein. Silvia leitet eine Boutique für schicke Fummel und hat die Schnauze spätestens dann voll von Kurt, als sie ihn mit feiner schwarzer Reizwäsche vom TV weglocken will und er sagt: „Du ganz in Schwarz? Ist was mit deiner Mutter?“ Selbst danach besteht keinerlei Veranlassung, das Niveau der Witze, die sich aber im Vergleich zu anderen Lisa-Filmen durchaus in quantitative Grenzen zu halten wissen, noch etwas anzuheben. Eher das Gegenteil ist der Fall. Mit dem unvergleichlichen Gianni Garko wird allerdings fix ein weitaus besserer Typ als Kurt ins Feld geführt, zumal der Garko, der in dem Film aber Jörg heißt, auch genau der Mann ist, den sich Silvia schon immer in ihren erotischen Tagträumereien vorgestellt hat. Außerdem kann er bumsen wie ein Karnickel. Mit Jörg düst Silvia nun von Berlin nach Hamburg, von Hamburg nach Berlin, von Berlin nach Salzburg und schließlich nach Monaco, ihr altes und sehr unbequemes Leben hinter sich lassend. Unterwegs wird noch Bekanntschaft mit dem Spaßvogel und Maler Malte gemacht, der immerhin auch das Kunststück fertig bringt, eine ganze Pulle Lambrusco (oder so) auf Ex in sich reinzuschütten. Olivia Pascal glänzt als Tochter von Jörgs Geschäftsfreund aus Salzburg, hat eine streng katholische Schulausbildung genossen und steht nun (und vielleicht auch deswegen) auf überfallmäßigen Sex an gefährlichen Orten. Ajita Wilson ist eine reiche Schabracke, die der Gianni zum Zwecke eines Geschäftsabschlusses nicht weniger als 15 mal hintereinander besteigen muss. Angeheizt und zum Seitensprung ermuntert werden Corinne Cartier (und übrigens auch ihre Filmfreundin) von einem Buch mit dem Titel „Freude am Fliegen“, wo eine Autorin zu einer Art grundlegenden sexuellen Emanzipation aufruft. Mit Tipps wie „Geh ohne Angst in den Fick“, „Penis heißt auf Deutsch Schwanz“ und dem Ratschlag, das Gehänge des Mannes auch mal in der Öffentlichkeit lauthals zu loben („Sie haben aber einen schönen Schwanz!!“) hat der Film zumindest in den ersten 20 Minuten durchaus seine Qualitäten als Reportfilm-Variante. Danach dominieren bei Gottlieb leider dumme Scherze und Gefummel, das jedoch äußerst zurückhaltend inszeniert ist für einen Sexfilm aus den späteren 70er Jahren. Vor allem die zweite Hälfte des Films erzählt nur noch davon, welche Hürden der Garko und die Cartier zu nehmen haben, um in ein gemeinsamen Leben (in Saus und Braus natürlich) zu steuern. Das ist für einen Sexreißer mit entsprechendem Titel viel zu wenig. Immerhin werden zu dem ganzen Quatsch ein paar schöne Melodien gereicht, die man u. a. auch schon aus anderen (und besseren) Sexfilmen kennt. Gottliebs Hang zur Komödie stört trotzdem ungemein. Als Sexfilmer taugt er wenig, weshalb SILVIA im Vergleich zum Output solcher Schwergewichte wie Frank und Götz nach einer gewissen Weile einfach nur noch nervt. Höchst bedauerlich.
#774
Geschrieben 31. Mai 2007, 17:42
(USA 1951 – Rudolph Maté)
Die Wissenschaft hat festgestellt, dass Mutter Erde in nur wenigen Monaten von zwei kosmischen Katastrophen heimgesucht wird. Zunächst saust der Planet Zyra so dicht am Erdball vorbei, dass es zu vernichtenden Vulkanausbrüchen, Erdbeben und Überschwemmungen kommt, dann kommt es mit dem Stern Bellus noch viel dicker, denn der befindet sich auf direktem Kollisionskurs. Der zunächst für unzurechnungsfähig gehaltene Wissenschaftler Dr. Hendron bastelt mit finanzieller Unterstützung einiger selbstloser Industrieller an einer Superrakete, einer modernen Arche Noah, die eine Gruppe auserwählter Menschen und eine bunte Auswahl Nutztiere auf Zyra bringen soll, um dort eine neue Zivilisation zu gründen. Schön bunt ist der Film und auch mit nicht gerade wenig technischen, Maßstäbe setzenden Aufwand entstanden. Unterhaltsam ist er sowieso. Mit seinen Einleitungen aus der Bibel und den oftmals wiederkehrenden jauchzenden Chorälen auf der Tonspur eignet er sich auch als SF-Abenteuer für ganz strenge Christen. Das religiöse Brimborium geht mir bei dem Film mittlerweile etwas schwer auf den Keks, ist aber wohl vor allem seiner Entstehungszeit geschuldet und damit verzeihlich. Sobald Stern Bellus den Himmel in immer erschreckenderer Größe dominiert und es an die Auslosung der mitreisenden Menschen mitsamt bitteren Folgeerscheinungen (Enttäuschung, Panik, Kurzschlusshandlungen) geht, ist bei dem Ding ohnehin wieder alles im Lot. Dann folgen heroische Selbstaufgabe, totale Apokalypse und alles im Eimer und im Arsch. Die Erde brennt lichterloh und verabschiedet sich mit einem Knall. Rechtzeitig vorher wird noch New York von wilden Fluten weggespült und die Vulkanausbrüche und all das Gerumpel und Gepumpel der Erde ist auch nicht schlechter als meinetwegen in den wesentlich später entstandenen CAPRONA-Filmen. So ganz unter die Haut wie der wesentlich billigere (aber höchst effektive) WELTKATASTROPHE 1999? aus Japan geht der von George Pal finanzierte Endzeitler (zumindest bei mir) nicht, dazu will der Film zuviel in zu kurzer Zeit, aber von seiner optischen Wuchtigkeit lasse ich mich noch immer ausgesprochen gerne mitreißen und totschlagen.
#775
Geschrieben 01. Juni 2007, 07:58
((BR) Deutschland 1970 – Harald Reinl)
Durch Zufall läuft dem Hansi und der Uschi der in Afrika lebende Zwillingsbruder von Direkter Taft über den Weg, der seit über 40 Jahren mit seiner Familie in Clinch lebt. Um nun Oberstudiendirektor eins auszuwischen, paktiert er mit der Lümmel-Familie und lässt dem Direx nach seinem angeblichen Tod ein Testament überstellen, für dessen Erfüllung der Alte drei Bedingungen erfüllen muss: Im Mommsen-Gymnasium darf ein Jahr lang kein Schüler durchfallen, Taft muss eine Straftat begehen und für mindestens zwei Wochen im Knast einsitzen, außerdem hat er sich bis ans Ende seiner Tage um ein „Pflegekind“ aus Afrika zu kümmern, welches sich – hahaha! – als in ein Mädchenkleid gewandeter Schimpanse entpuppt. Der Affe ist eine Leihgabe vom Zirkus Sarasani, und manchmal hat man das Gefühl, nicht nur den drolligen Affen allein hätte man sich von dort kommen lassen. Dem Knörzerich wird wie gehabt ganz besonders dolle von den Lümmeln mitgespielt, heute aber mal zur Abwechslung ohne besonders spinnerten Einfall, sondern allein durch die Tatsache, dass man den alten Lateinlehrer einfach ignoriert, worauf dieser heftig an seinem Verstand zu zweifeln beginnt. Der Schündler bringt das zwar überzeugend, aber witzig ist es deshalb noch lange nicht. Filme mit Affen als Funktionskomiker, bei deren Erscheinen sich der Zuschauer gefälligst wie auf Knopfdruck vor Lachen zu übergeben hat, sind mir unendlich zuwider, noch penetranter als das Zotteltier aus dem Urwald ist allerdings die in den Film gleich mehrfach durchgeschickte Werbung für den Burda-Verlag und vor allem sein Druckerzeugnis mit dem Titel Bunte. Für das bunte Blatt arbeitet im Film nämlich der rasende Reporter Fritz Wepper, der mit Uschi Glas anbandelt und Rendezvous mit dem „Schätzchen“ gern mal solche Sachen fallen lässt wie z. B. dass die Bunte ja ganz schön tolles Heftchen ist und auch stets tolle Fotos drin sind. Peinlich! Auf Gesangsnummern (sieht man mal von dem fetzigen Titelsong ab) und Schlagerstars muss man dafür leider verzichten. Umgekehrt wäre es besser gewesen. Am Ende kriegen alle, was sie wollen. Nur der Zuschauer nicht, der wird auch von diesem Reinl-Beitrag zur Erfolgsserie ziemlich verkohlt und empfiehlt sich einmal mehr als müder Abklatsch von Werner Jacobs. „Jetzt geht es wieder los: Der neueste, tollste, frechste „Lümmel“-Film!“ jubelte die Constantin damals. Von wegen. Gelacht wird woanders.
#776
Geschrieben 01. Juni 2007, 16:20
(Japan 1972 – Shintaro Katsu)
Eine alte, wandernde Shimasen-Spielerin fällt versehentlich von einer löcherigen Seilbrücke ins reißende Wasser und ersäuft. Zatoichi reist kurzerhand für die Alte weiter nach Choshi, wo deren Tochter Nishikigi im Bordell Ogiya anschafft. Bereits bei seiner Ankunft in Choshi wird Zatoichi von einigen lustigen Schwertschwingern erkannt, die sich gern die 100 Ryo Kopfgeld, die der übermächtige Boss Rioka für Zatoichi ausgesetzt hat, verdienen möchten. Außerdem verscherzt er es sich noch mit dem Spielhallen-Boss Kagiya, weil Zatoichi mit seinen üblichen Taschenspielertricks dessen Bank sprengt. Mit dem kleinen Vermögen, das er sich halb ergaunert, halb erspielt hat, will Zatoichi Nishikigi freikaufen und ihr so ein normales Leben ermöglichen. Die Rechnung hat er aber ohne Nishikigi selbst gemacht, die ihr Lust- und Lotterleben nicht aufzugeben denkt. Außerdem macht die Aussicht auf das von Rioka ausgesetzte Kopfgeld auch Nishikigis Freund Ushi schwach, der sich schließlich von den blutlüsternen Mordbuben des einflussreichen Kagiya-Clans dazu hinreißen lässt, Zatoichi für ein paar Münzen in eine tödliche Falle zu locken. Gut geht das Abenteuer, zudem Katsus erste Regiearbeit, nicht so wirklich aus. Der Film ist düster, blutig und – abgesehen von den gewohnt mit reichlich Komik versehenen Szenen in Kagiyas Spielhölle – völlig humorlos. Der stets graue Himmel des trostlosen Hafenstädtchens bildet eine passend triste Kulisse für den weniger als Actionfilm sondern eher als Drama angelegten Film. In einer Nebenhandlung bekommt man das Schicksal des vierzehnjährigen, ebenfalls im Ogiya arbeitenden Serviermädchens Kaede und ihrem kleinen Bruder Shinkichi gereicht, der von Kagiya in einer äußerst unappetitlichen Szene so bös geprügelt wird, dass er an den Verletzungen und auch deshalb, weil ihm von den eingeschüchterten Menschen im Ort niemand zur Hilfe eilt, elendig stirbt. Kaede soll gerade und unter allerlei Zwänge vom Serviermädchen zur Prostituierten „aufsteigen“, erfährt dann aber vom Tod ihres Bruders, eilt zu ihm und nimmt seinen Körper aus dem Sarg, um sich mit ihm in den tosenden Fluten des Meeres wieder zu vereinen. Obwohl die Sache nicht weiter vertieft wird, liegt der Tod der beiden Kinder wie drei Kilo Blei auf dem Rest des Films, lässt das gewisse Maß an Leichtigkeit, das trotz aller psychischer und vor allem physischer Grausamkeiten bislang noch in jedem Film der Serie auszumachen war, völlig schwinden und breitet einen Teppich aus, auf dem ausschließlich Boshaftigkeit und Niedertracht Polka tanzen. Das Ende von Katsus Regiearbeit ist sehr dicht an das von DJANGO angelehnt, macht es aber deshalb nicht weniger wertvoll. Bei den Schwertszenen verwöhnt der Beitrag zudem mit Bildern aus einer ruppig geführten Handkamera, die das Kampfgeschehen ungleich näher bringt und lebensechter macht. Die niederschmetternde Handlung und die düsteren Bilder allein machen ZATOICHI IN DESPERATION schon zu einer der bislang besten Folgen. Alle Hoffnungen liegen nicht ohne Grund nun vor allem im 26. Film der Serie, der ebenfalls wieder unter der Regie von Shintaro Katsu entstand.
#777
Geschrieben 03. Juni 2007, 14:02
(USA 2004 – Richard Linklater)
Die beiden treffen sich nach neun Jahre in Frankreich wieder. Durch Zufall. Sonst passiert nicht viel. Außer natürlich, dass wieder viel gelabert wird und sich dabei herausstellt, dass sie wohl doch im ersten Film miteinander gepoppt haben. Außerdem haben die beiden ziemlich lässige Jobs. Sie ist eine Umweltaktivistin und kann sich trotzdem eine Mordsbude mit dicken Hinterhof und Garten mitten in Paris leisten, er lebt jetzt in NY und hat seine Eindrücke und Gefühle von einst gerade in einem erfolgreichen Roman verarbeitet, den er drei Jahre lang über seinen Schreibtisch gebeugt ausgebrütet hat. Statt einer Nacht haben die beiden diesmal nur ein paar Stunden Zeit für- und miteinander. Damit erklärt sich dann auch die kürzere Laufzeit von gerade mal 77 Minuten. Dann geht das Flugzeug zurück nach Amerika. Ohne Verspätung. Gott sei Dank.
#778
Geschrieben 03. Juni 2007, 14:02
((BR) Deutschland 1971 – Werner Jacobs)
Dem Knörzerich spielen der Hansi und die ganze Klasse 12 a mal wieder ausgesprochen fiese Scherze. Anlässlich vom Knörzens Geburtstags überraschen sie ihn sogar mit einem selbstgebastelten Fernsehapparat voller Feuerwerkskörper. Heintje ist als Holländisches Mitbringsel von Papa Nietnagel dabei. Er singt nicht nur schön (und die Hälfte seiner Lieder diesmal sogar in voll fetziger englischer Sprache, wobei seine Zunge hörbar in Holland kleben geblieben ist), sondern soll auch als junger Briefmarkenfachmann dem Filius der deutschen Wohlstandsfamilie gute Manieren beibringen. Da irrt sich der alte Nietnagel in Heintje natürlich gewaltig, denn der kennt jede Menge tolle holländische Schulspäße und sogar den Trick, wie man einem Pauker eine Flasche Bier in die Hosentasche kippt. Am Ende will Pepe einen solchen Schabernack veranstalten, dass das ehrwürdige Mommsen-Gymnasium zwangsweise für einen Tag geschlossen werden muss. Dazu zieht Jacobs ganz gehörig das Tempo des Films an, der sich ohnehin ungleich flotter als alle anderen bisherigen Lümmel-Filme präsentiert. Heintje darf sogar einen gemeinen Kofferräuber quer durch Amsterdam jagen und ihn schließlich ins Wasser stoßen. Mit „Schneeglöckchen im Februar“ und natürlich seiner Interpretation von „Die Blümelein, sie schlafen“ singt Heintje zwei seiner größten Hits, wenngleich beide Lieder auch nicht so ganz in den Film passen wollen. Heinz Reincke spielt wie auch in den „echten“ Heintje-Filmen den Vater vom Goldkehlchen und ist selbstverständlich ganz groß dabei, Direktor Taft und Kollegium in der Rolle eines Mitarbeiters des Ministeriums was auszuwischen. Es herrschen Heiterkeit und gute Laune von der ersten bis zur letzten Szene. Im besonderen Maße auch deshalb, weil der ganze Lehrkörper als besonders verbohrt dargestellt wird. Alle Mühen laufen ausschließlich darin zusammen, den Schülern das Leben zur Hölle zu machen. Gute und korrigierende Elemente aus den anderen Lümmeln sind hier ausnahmsweise nicht auszumachen. Dafür aber eine blutjunge Jutta Speidel in der Rolle einer Klassenkameradin von Hansi und Heintje. Nach dem dummdreisten Gelümmel von Reinl also endlich wieder ein rundum gelungener Filmspaß – so ganz ohne Affe und Burda-Werbeblock. Sehr schön!
#779
Geschrieben 04. Juni 2007, 06:32
(Japan 1973 – Kimiyoshi Yasuda)
Durch das Werfen einer Münze entscheidet sich Zatoichi, nach über 20 Jahren Wanderschaft wieder in seinen Heimatort Kagata zurückzukehren. Dort trifft er auf die noch junge Omiyo, das letzte Ziehkind der Amme, die auch bereits Zatoichi säugte, und deren Großvater. Außerdem findet sich alsbaldig mit dem mittlerweile zu Ehre und Vermögen gekommenen Reishändler Shinbei auch ein alter Spielkamerad Zatoichis in Kagata ein. Der allerdings führt nichts Gutes im Schilde, berechnet er mit Hilfe des örtlichen Steuereintreibers die Abgaben der einfachen Bauern falsch und vor allem zugunsten der eigenen Tasche. Großzügig übernimmt Shinbei die Strafabgaben für die nach drei Missernten in Folge finanziell ohnehin schwer gebeutelten Landarbeiter, jedoch ist dies lediglich Teil eines Plans, um sich einen Steinbruch unter den Nagel zu reißen, der seit jeher im gemeinschaftlichen Besitz mehrerer Dörfer ist und dessen reiche und qualitativ hochwertige Ausbeute sich für immense Summen in Edo verschachern lassen könnte. Das Dilemma des Films ist, dass Zatoichi Shinbei aus Gründen alter Freundschaft nicht so einfach über die Klinge springen lassen kann, wohl aber die Horden blut- und geldgeiler Yakuza, mit denen sich Shinbei umgibt. Und das geschieht in diesem Werk mitunter grotesk blutig und in ziemlich eindrucksvoll choreographiertem Schwertgeklapper. Nach dem überaus düsteren und sehr bitteren 24. Abenteuer wird mit dem vorläufigen Abschlussfilm der Serie wieder ein etwas leichterer Ton angeschlagen. Obwohl in ZATOICHI’S CONSPIRACY Enttäuschungen dominieren, der Verlust von Heimat ebenso ein zentrales Thema ist wie die schmerzhafte Aufgabe alter Verbindungen, so ist doch auch wieder für ein paar nette Spaßereien Platz, die das sich ansonsten ausnahmslos aus Niederträchtigkeiten zusammensetzende Werk ein wenig aufhellen. In der Art und Weise, wie hier Problemlösung betrieben wird, wird noch einmal die ganze moralische Größe Zatoichis herausgestrichen, sein unbezwingbares Schwert gefeiert und gerade in der zweiten Hälfte des Films Spannungsmomente und Höhepunkte wie am Fließband geliefert. Mit ZATOICHI’S CONSPIRACY ist ein gelungenes und vor allem würdiges (vorläufiges) Serienende entstanden. Wenn Zatoichi am Ende einmal mehr auf die Reise gehen muss, hat man nicht schlecht Lust, ihn dabei weitere 25 mal zu begleiten. Und dass die ebenfalls mit Shintaro Katsu besetzte TV-Serie noch dringend ins Haus muss, ist spätestens nach diesem Film absolut beschlossene Sache.
#780
Geschrieben 05. Juni 2007, 09:33
((BR) Deutschland 1972 – Franz Josef Gottlieb)
Die Lümmel sind in der 13. Klasse angekommen, womit dann wohl dann auch der letzte Nachzügler die Volljährigkeit erreicht haben dürfte. Das Erwachsensein schlägt sich jedenfalls ganz gut in den Scherzen nieder, denn dem Knörzerich bringt man schon eingangs mit einem verdunkelten Klassenzimmer gut aus der Fassung, in dem die männlichen Schüler mit Gummipuppen aus dem Sexladen schwofen. Blaumeier wird mit einem motorbestückten Drehstuhl reingelegt, den Pepe volle Pulle laufen lässt. Aber BETRAGEN UNGENÜGEND! handelt natürlich von was anderem. Weil der alte Taft Anzeichen von Altersmilde erkennen lässt und sich gern an eigene Pennälerscherze aus seinen grünen Tage erinnert (ganz groß: Ilja Richter als junger Taft), spinnen Knörzerich und Blaumeise eine Intrige, die Taft den Stuhl kosten soll. Da stellt sich die 13 a natürlich hinter den lieben Rektor und spielt dem Kollegium sowie der Gesandtschaft vom Staatsministeriums einen tüchtigen Streich mit allerlei Viehzeug vom Bauernhof. Gottlieb fehlt gänzlich der Feinsinn, der die stellenweise ohnehin bereits mit dem Holzhammer geklöppelten Filme von Jacobs und vor allem Reinl in Sachen Humor mal schlechter, mal rechter über die Wupper half. Auf Gesang (mir fehlte der Heintje in der Tat) und gute Laune muss man ohnehin verzichten, bei Gottlieb werden ausnahmslos brüllende Lacher unter emsigen Einsatz der Brechstange aus dem Halse gehebelt. Das muss per se nicht schlecht sein, ist allerdings auf Dauer etwas ermüdend. Gähnen kann man auch angesichts der Tatsache, dass mit dem französischen Au pair Denise, dargestellt von Renate Roland, etwas vom Glanz Hannelore Elsners in den mittlerweile siebten Konzeptaufguss hineinstrahlen soll. Auch das will in diesem Film nicht so richtig funktionieren. Und überhaupt fehlt dem Film ein kesser Feger. Einziger Silberstreif am Horizont – neben dem ohnehin unbezahlbaren Ilja Richter – ist der wie immer großartige Ernst H. Hilbich in der Rolle des trotteligen Musiklehrers Dr. Heidemann. Das vor allem im sechsten Teil schon gebührend zu Markte getragene Konzept, dass die Lehrer ihre Unterrichtsstunden vor allem dazu nutzen, den Schülern eins auszuwischen, wurde beibehalten und fast zur Farce ausgebaut. Welcher Lehrer wäre denn wohl so blöd, verhasste Schüler noch ein Jahr länger im Unterricht ertragen zu wollen, wenn es sich denn irgendwie vermeiden ließe, sprich: man sie im Zeugnis halbwegs vertretbar durchwinken kann? Allein an dieser Logik hängt sich Gottliebs Film mehr als jeder andere Teil der Serie auf.
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