Das Boot
Deutschland 1981 / Wolfgang Petersen
“Von den 40.000 deutschen U-Boot-Männern des Zweiten Weltkrieges kehrten 30.000 nicht zurück...“ Als der Introtext zu Wolfgang Petersens Jahrhundertfilm am 10. Februar 1982 bei seiner USA Premiere über die Leinwand flimmerte, gab es tosenden Applaus. Der Beifall, ob der vermeintlich glorreich dahin gemetzelten Nazihorden, sollte dem Publikum alsbald jedoch sehr bitter im Halse stecken bleiben. Die Adaption des Bestsellers von Lothar-Günther Buchheim brachte den Wahnsinn und Schrecken des Krieges, den Verwunderlicherweise auch deutsche Soldaten erlebten, direkt vor die Nase des geplätteten US-Publikums und beeindruckte es so nachhaltig, dass selbst die Oscar Akademie 1983 nicht umhin kam, den Film für sechs Oskars zu nominieren. Leider sollte es "nur" bei diesen Nominierungen bleiben und bekanntermaßen kamen den amerikanischen Juroren die alliierten Freunde aus England mit ihrem
Gandhi zu Hilfe und nahmen ihnen so die Schmach von der Seele, einen deutschen Film mit einigen ihrer Goldjungs adeln zu müssen. Ein bedauernswerter Umstand, doch die Tatsache, dass
das Boot in diesem Jahr, 25 Jahre nach Entstehung, mit dem deutschen Filmpreis ausgezeichnet wurde, gibt uns erneut die Gewissheit, dass das überlange und nicht gerade wenig langweilige
Gandhi-Biopic dem
Boot nicht mal ansatzweise das Wasser zu reichen vermag. So was gibt dem geneigten Liebhaber die verspätete, aber bitternötige Genugtuung und macht selbst die X-te Wiederholung eines der erfolgreichsten deutschen Filme, zu einem faszinierenden, wenn nötig äußerst beklemmenden und schlussendlich auch tieftraurigen Filmgenuss.
Jenseits dieser, letztlich mehr als entbehrlichen Auszeichnungsehren, beglückt uns
das Boot mit einigen höchst interessanten und sehr erfreulichen Fakten. Mit einem Budget von mehr als 32 Millionen D-Mark war der Film eine der teuersten jemals in Deutschland gestemmten Filmproduktionen. Das merkte auch die produzierende Bavaria sehr schnell und holte sich zur Mitfinanzierung zwei öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten mit ins Boot (wie passend!). Ein Umstand, dem wir heute die Existenz des hervorragenden, fast vierstündigen Director`s Cut zu verdanken haben, denn die mitproduzierte TV Serie lieferte 1997 das Material für die Erweiterung der ursprünglich 2 ½ stündigen Kinofassung und war Grundvoraussetzung des Produktionsdeals. Doch auch anderweitig sollten sich schon vor der `81er Uraufführung wieder Teile des Budgets refinanzieren lassen und so sieht man das detailgetreue Modell der U-96 überraschender Weise durch die Kulisse des ersten
Indiana Jones Filmes schippern. Ein solches Großprojekt verlangte dann natürlich auch ein Großaufgebot an erlesenen Darstellern und so wurde eine einmalige, ausschließlich deutsche Truppe zusammengestellt, die es in dieser Form wohl nie wieder geben wird. Herbert Grönemeyer, Klaus Wennemann, Martin Semmelrogge, Heinz Hoenig, Uwe Ochsenknecht, Ralf Richter, Günther Lamprecht, Otto Sander und Jürgen Prochnow als „der Alte“ und Kaleun, um nur die Wichtigsten zu nennen. Selbst bei der gestrigen 9ten oder gar 10ten Sichtung entdeckte ich einige neue Gesichter, die, damals noch völlig unbekannt, heute aus der deutschen Film- und Fernsehlandschaft nicht mehr wegzudenken sind. So war z.B. Manitu-Schmalzlocke Sky Dumont `81 noch kein wirklich hirngängiger Name, macht jedoch als geschleimter Marine Offizier während der Proviantaufnahme unserer Jungs, kurz vor dem versuchten Gibraltar-Durchbruch, seine Sache ganz ordentlich.
Persönlich, war der Film für mich als jugendlicher Kinogänger (ich sah den Film erstmals bei einer Schulaufführung), jenseits aller realitätsnaher Kriegsdramatik, zunächst einmal ein waschechter Männerfilm. Es wurde geflucht, gefurzt und gesoffen was das Zeug hält und primäres Gesprächsthema war neben den vielen zitierfreudigen Onelinern der Besatzung, das fast schon legendäre La Rochelle Besäufnis gleich zu Beginn des Filmes. So könnte man noch endlos fortfahren mit kleinen inszenatorischen Details „…mehr Platz zum Fresse un weniger zum Scheisse, is aa ä Logik“, wundersamer Fakten wie z.B. dem gechasten Rudger Hauer oder einfach nur der verdienten Lobhudeleien.
Das Boot ist und bleibt einer, wenn nicht der beste deutsche Film und ist somit ein mehr als würdiger Auftakt für das große Klassiker-Happening der nächsten Wochen.
Meine Wertung: 10/10