Der Monroe ihre dicken Hupen
#811
Geschrieben 30. Mai 2007, 15:40
Das Coverartwork des Films - ein grimmig dreinschauender Polizist mit Samuraischwert hält dem Betrachter einen abgetrennten Kopf entgegen -, sein Titel und die Anwesenheit von Monsterkinn Robert Z'Dar führen den künftigen Seher von SAMURAI COP, der ein Spin-off von MANIAC COP vermutet, perfide hinters Licht: Amir Shervans Film hat mit William Lustigs Law-and-Order-Horror nämlich so viel gemein wie frischer Pansen mit hemmungslosem Sex. Wo MANIAC COP eine klassische Cop-Geschichte mit heftigen Zombieeinlagen abschmeckt, setzt Meisterregisseur Amir Shervan eher auf Desorientierung, Dissoziation, Dekonstruktion und das wallende Haupthaar von Titelheld Joe Marshall (Matt Hannon) bei der Komposition seines Vorletzlingswerks. Jener ist dann auch einsamer Star der folgenden filmischen Darmspiegelung. Wie ein aus Schwulheitsgründen von MANOWAR abgelehnter Fagottspieler eiert sich der Samuraipolizeihauptwachtmeister durch das fulminant redundante Drehbuch, sein Weg gesäumt von Schnurrbartjapanern, Plastikbrüsten, die mit Vorliebe an merkbefreiten Besamungsopfern befestigt sind, schlecht sitzenden Schirmmützen (auch "Käppies" genannt) und Verfolgungsjagden, die zwar nicht so rasant sind wie ihre berühmten Kollegen aus BULLITT oder FRENCH CONNECTION, dafür aber mindestens genauso lang dauern. Da werden die Settings von einem Gegenschnitt zum nächsten gegen andere ausgetauscht, täuscht der Schnitt Inkohärenz vor, wo doch nur Zusammenhangslosigkeit vorherrscht, und wird der Industriepark Rotenburg an der Wümme-Nord mit luftigem Archivmaterial flugs in das schnieke El Ey verwandelt. Auch der Schnitt tut sein bestes, gängige Vorstellungen von Raum und Zeit, an die sich der Zuschauer krampfhaft klammert, hinwegzufegen wie der Frisör die Haare vom Samuraikopp, ließe der sie sich endlich mal wieder schneiden. Doch geht solche filmanalytische Pseudointellektualität und Überinterpretiererei natürlich haarscharf an der eigentlichen Sache vorbei: SAMURAI COP ist ein Charakterdrama. Da gibt es den charmanten Joe Marshall, der zwar aussieht wie ein zu lang fritierter Pierre Brice mit Winnetou-Perücke, die Frauen aber auf so eine ganz spezielle Art anzuhecheln weiß, dass sie gar nicht anders können als sich rückwärts auf die nächstbeste Pritsche fallen zu lassen. Am Strand spaziert er andächtig wie ein Bierkutscher im Tanga umher, entscheidet sich dann - sympathischer Querkopf, der er nunmal ist - aber doch dafür, im Pool schwimmen zu gehen. Die Blödheit mag ihm förmlich aus der Fresse purzeln, er geht den Weg des Samurai, was bedeutet, auch noch den ärmsten Handtaschendieb mit äußerster Brutalität zu bestrafen. Sein bester Freund, ein Schwarzer, scheint indes einen Fortbildungslehrgang besucht zu haben, der aus talentierten Cracksüchtigen Polizisten macht. Er gackert den ganzen Film über selbst angesichts großer Gefahr völlig entrückt herum und hat immer diesen latent glasigen Blick drauf. Und als hätte er nicht schon schwer genug an seinem Schicksal zu tragen, drückt ihm der Joe auch noch ständig doofe Sprüche. Und der cholerische Polizeichef staucht die beiden immer wieder ordentlich zusammen, wenn sie mal wieder Rabatz gemacht haben, weiß letztlich aber, was er an den beiden liebenswerten Raubeinen eigentlich hat. Deswegen lässt er ihnen so manche Dollerei durchgehen und ermutigt sie auch schonmal im Überschwang zum Völkermord. Schwamm drüber, issen Riesentyp! Um nun langsam zum Abschluss zu kommen, sei noch gesagt, dass die deutsche Synchro diesen Film erst zu dem macht, was er ist, nämlich die Krone der Schröpfung: Es gibt einfach nix tolleres als diese Billgvertonungen, in denen die Akteure jede Körperregung mit einem saftigen Stöhnen, Keuchen oder Grunzen unterstreichen. Hier brummt es teilweise von der Tonspur, dass man sich direkt vor den Nachbarn schämen muss. Die DVD ist aufwändig remastert (= von der VHS rüberkopiert) worden und wird einem preisgünstig hinterhergeworfen. Ich rate zum Kauf!
412,78 von 5 Punkten (Einen Punkt Abzug gibt's, weil der Film nicht auf BluRay raus ist.)
#812
Geschrieben 01. Juni 2007, 10:12
#813
Geschrieben 02. Juni 2007, 09:46
In einer postapokalyptischen Zukunft gibt es nur noch eine Freizeitbeschäftigung: das Spiel, eine barbarisierte Version des American Football, bei dem kein Ball über eine Linie gebracht, sondern ein Hundeschädel auf einen Pfahl gespießt werden muss. Sallow (Rutger Hauer) ist der Anführer einer solchen Mannschaft von "Juggern" und einer der besten Spieler überhaupt. Einst spielte er in der Stadt sogar in der Liga, bis er ausgeschlossen wurde, weil er sich mit einer mächtigen Frau einließ. Und es zieht Sallow wieder in die Stadt, um dort eine Ligamannschaft herauszufordern ...
David Webb Peoples hat einiges auf dem Kerbholz, auch wenn SALUTE OF THE JUGGER sein einziger Spielfilm ist. Peoples werkelte aber an einigen der wohl besten Drehbücher der Achtziger und Neunziger mit, unter anderem an BLADE RUNNER, UNFORGIVEN und TWELVE MONKEYS. Von seinem Talent, Geschichten zu erzählen, profitiert auch vorliegendes Endzeitspektakel, das trotz seiner nur rudimentären Handlung und des sichtbar kleinen Budgets enorm fesselt. Es sind nicht zuletzt die Implikationen des "Spiels", die den Film zu mehr machen: Die "Jugger", die Spieler des Spiels, werden auch dann noch als "Jugger" bezeichnet, wenn sie sich außerhalb des Spielfelds bewegen. Die Regeln des Spiels werden nie expliziert, wie überhaupt völlig unklar bleibt, welchen Rahmen das Spiel eigentlich hat. Für die "Jugger" – neben Sallow sind da noch Mbulu (Delroy Lindo), Young Gar (Vincent D''Onofrio), Big Cimber (Anna Katerina) und Kidda (Joan Chen), die gerade neu zur Mannschaft gestoßen ist –, ist das Spiel nicht vom Leben zu trennen, das nur noch daraus besteht, von einem Spielort zum nächsten zu ziehen, bis sie schließlich zur großen Herausforderung in der Stadt angelangen. Dort kann man als Spieler zwar zu Reichtum und Ruhm gelangen, doch man fristet sein Leben in einer unterirdischen Industrieanlage mit deutlich höllischen Zügen: Für Kiddo und Young Gar, die Jungspunde der Mannschaft, ein großer Traum. Für Sallow ist er längst ausgeträumt: Er irrt weiterhin durch die Wüste und sucht nach Talenten, die er in die Stadt führen kann. Die Freiheit ist ihm wichtiger als der Erfolg. SALUTE OF THE JUGGER ist ein ganz, ganz kleiner Klassiker des Endzeitkinos. Um von dessen Hipness zu profitieren, kam er leider ein paar Jahre zu spät und ist deshalb etwas untergegangen. Sehr zu Unrecht, denn in SALUTE OF THE JUGGER wird sehr augenfällig, wie man eine Geschichte erzählen kann, ohne sich in großen Erklärungsorgien zu ergehen. Peoples Geschichte erzählt sich wie von allein und entwickelt dabei einen wunderbaren Flow.
#814
Geschrieben 02. Juni 2007, 10:09
Friday Foster (Pam Grier) ist Fotografin fürs Glance-Magazin. Als solche soll sie die Ankunft des "schwarzen Howard Hughes", Blake Tarr (Thalmus Rasulala), am Flughafen fotografieren. Doch die Ankunft gerät zu einem Attentat auf das Leben des Unternehmers. Einer der Killer (Carl Weathers) ist dann auch bald der schönen Friday auf den Fersen und was als einfacher Auftrag begann, entpuppt sich bald zu einem Komplott, dass die schwarze Führung zerschlagen soll ...
FRIDAY FOSTER ist ein Blaxploiter der zweiten Generation: Die schwarzen Helden waren etabliert und konnten langsam über ihren Horizont hinaus schauen. So hat Friday Foster mit ihren Sisters aus dem Ghetto, Coffy und Foxy Brown, kaum noch etwas gemein, außer dem verführerischen Körper. Friday bewegt sich mit Leichtigkeit in höchsten gesellschaftlichen Kreisen und hat einen Job, der ihr viele Tore öffnet. Ihr Freund und Helfer, der Privatdetektiv Colt Hawkins (Yaphet Kotto), entspricht zwar zumindest optisch noch dem Bild der schwarzen Superhelden, legt aber ebenfalls deutlich bessere Manieren an den Tag. Schließlich kann man den Status von FRIDAY FOSTER auch am Film selbst ablesen: Wo früher noch gern großzügige Nacktheiten und Gewalttätigkeiten zur Unterhaltung der Zuschauer beigerührt wurden, gibt sich Arthur Marks Film sehr gezähmt, beinahe so als wäre er sich einer gestiegenen Verantwortung bewusst. So kommt FRIDAY FOSTER zwar gewohnt unterhaltsam und schön anzuschauen daher (Pam Grier eben), aber leider auch ein bisschen bieder. Mir hat's gefallen, am Thron seiner Vorgänger kann er aber nicht rütteln.
#815
Geschrieben 02. Juni 2007, 14:49
Irgendwann im dritten Jahrtausend a. D.: Wieder mal hat ein Atomkrieg alle Spuren der Zivilisation hinweggefegt, die Menschen leben wieder wie einst ihre Vorfahren das Leben der Sammler und Jäger. Das könnte alles ganz malerisch sein, hätten sich nicht irgendwann die Fiesmöppe vom Planeten Psychlo (sprich: Cy-Klo) blicken lassen, um die Erde als Goldmine auszubeuten. Als Greener (Barry Pepper), der so heißt, weil er immer auf der Suche nach dem Besseren ist ("the grass is always greener on the other side"), in die Gefangenschaft der Psyklosetten gerät, bahnt sich allerdings die finale Konfrontation zwischen Menschen und Außerirdischen an ...
BATTLEFIELD EARTH hat ja schon fast einen legendär zu nennenden Ruf als Megaflop. Bei einem Budget von knapp 80 Millionen Dollar (das man dem fertigen Film allerdings nur selten ansieht) spielte er weltweit schlappe 30 davon wieder ein und stellte daher auch den meines Wissens nach letzten Versuch dar, einen Roman von Scient010gy-Erfinder Ron L. Hubbard auf die Leinwand zu bringen. Mit dem Vorwissen des Totalflops geht man eigentlich gut vorgewarnt in den Film. Nicht wenige laut verschrieene Scheißfilme stellten sich dann ja im Nachhinein als gar nicht sooo schlimm heraus. Hier helfen aber auch die von vornherein niedrigen Erwartungen nicht, denn dieser unbeholfene Klumpen von einem Film tritt wirklich von einem Fettnäpfchen ins nächste. BATTLEFIELD EARTH ist wirklich perfekt dazu geeignet, sich einmal vorführen zu lassen, was in Sachen Dramaturgie so alles daneben gehen kann. Das geht schon mit dem Casting und den Darstellerleistungen los. Barry Pepper als Held ist kreuzunsympathisch und mit soviel Charisma ausgestattet wie die Inneneinrichtung beim Finanzamt. Aber er ist noch nicht einmal das Hauptproblem. Den Vogel schießt John Travolta ab, der als Außerirdischer Anführer so dermaßen den Bogen überspannt, dass es nur noch lächerlich ist. Anstatt sein Alien als finsteren Superschurken anzulegen, versucht er ihm menschliche Züge zu verleihen: Er ärgert sich, motzt rum, reißt Sprüche, stößt sich auch schon einmal den Kopf und gibt seinen Charakter, von dem das Gelingen des Films ja nunmal in entscheidender Weise abhängt, vollkommen der Lächerlichkeit preis. Und dabei merkt man in jeder Sekunde, wie toll er das alles und sich selbst wohl fand. Brrr ... Überhaupt das ganze Outfit der Psyklosetten: Mit Dreadlocks und Gummipatschhänden ausgestattet, kommt einem nie auch nur annähernd in den Sinn, diese Jungs für eine außerirdische Superrasse zu halten. Von den arschgroßen Logiklöchern, Plotholes und verzweifelten Versuchen, Komik zu erzeugen, ganz zu schweigen: Da wird Greener – wenn man so will ein Steinzeitmensch – von den Psyklos in deren Sprache unterrichtet und überhaupt mit sämtlichem verfügbaren Wissen ausgestattet, kann in Folge über euklidische Geometrie referieren, rafft aber nicht, dass die Grenzstriche auf den Landkarten nicht in echt zu sehen sind. Überhaupt "euklidische Geometrie": Wenn die Menschen für die Psyklos so minderbemittelt sind, wieso verwenden sie dann deren Geometrie? Und woher kennen sie die überhaupt? Klöpse dieser Art säumen den Weg des Zuschauer zuhauf, sorgen jedoch nur selten für Gelächter. BATTLEFIELD EARTH ist unglaublich langweilig in seiner selbstverliebten Art, so schunkelbirnenhaft inszeniert mit den albernen Szenenüberblendungen und effekthascherischen Stilmitteln, die allesamt nicht funktionieren wollen, weil es schlicht überhaupt keine emotionale Anbindung an das Geschehen gibt. Alles, was da passiert, ist so dermaßen scheißegal, dass es fast schon wieder eine Leistung ist. Da lohnt es sich kaum, über die hochgradig zweifelhafte Ideologie dieses Films zu diskutieren, weil sie sich mit diesem Film äußerst effizient selbst diskreditiert. Nur Forest Whitaker tut mir Leid ...
#816
Geschrieben 04. Juni 2007, 09:47
Tollkühne Männer in ihren fliegenden Kisten kraulen sich 90 Minuten lang gegenseitig die Eier oder öffnen ihre sinnbildlichen Hosen zum Schwanzvergleich ...
Ja, jetzt habe ich dieses Kleinod auch endlich mal gesehen. Ich erinnere mich noch, als TOP GUN anno 1986 im Kino lief und mir vom Cover meiner regelmäßig konsultierten Kinofachzeitschrift BRAVO einen Sommer lang in widerlicher Penetranz Tom Cruise entgegengrinste. Als ein Freund und ich damals in der Düsseldorfer Innenstadt eine Riesenschlange vor dem Savoy-Kino sahen, schlugen wir spontan auf eine Wette ein: Seiner Meinung nach wollten die dort anstehenden Zuschauer Doris Dörries MÄNNER sehen, der damals so was wie der TOP GUN für Teetrinker gewesen sein dürfte, ich hingegen – der Zauberkraft des Hollywoodschnickschnacks völlig erlegen – war mir sicher, dass nur ein Film wie TOP GUN die Ursache für einen solchen Volksauflauf sein konnte. Ich hatte natürlich Unrecht und nachdem ich nun 21 Jahre später Tony Scotts Luftwaffen-Porno gestern in voller Länge ansichtig wurde, weiß ich auch endlich, wie blöd mein Tipp damals war. TOP GUN ist ein Film, der sein wahres Publikum in Kasernen, noch viel eher aber in schummrigen Schwulenkinos finden dürfte: Des Cruisers „romantische“ Annäherungsversuche an Kelly „Pferd“ McGillis sind ungefähr so peinlich wie das Gehabe, das er in seiner großen Selbstinszenierungskampagne mit Katie Holmes an den Tag legte, seine Coolness nur von Gehirnamputierten als solche zu bezeichnen, der Zickenterror mit „Iceman“ (Val Kilmer) und „Slider“ (aha!) (Rick Rossovich) einfach nur kindisch und die innige Freundschaft zu „Goose“ (Anthony Edwards), der einen wirklich fantastischen Schnurrbart trägt, von glückseligmachender Tumbheit. Was TOP GUN als „normalen“ Spielfilm vollkommen scheitern lässt, sind aber weniger solche Verfehlungen, sondern das Thema selbst. Der Pilot hat in seinem Flugzeug ja diesen künstlichen Horizont, damit er weiß, wo oben und unten ist, wenn in luftigen Höhen jegliche Orientierungspunkte absent sind. Der Zuschauer hat ein solches Instrument leider nicht und deswegen verkommt die Flugaction zum inkohärenten Rätselraten. Wer fliegt wo wem hinterher? Wer hat jetzt wen warum abgeschossen? Aber darum geht es eigentlich auch nicht: TOP GUN ist jederzeit als Hochglanz-Prestige- und Werbeobjekt der amerikanischen Luftwaffe zu erkennen, die sich mit Tony Scott genau den richtigen Mann für den Job an Bord geholt haben. Seine Bilder (vom Kameramann Jeffrey Kimball eingefangen) vermitteln dann auch ein bisschen vom Glanz des porträtierten Berufs, lassen ungefähr erahnen, was junge Männer auf den Pilotensitz zieht. Wenn sich das Drehbuch dann aber wieder den allesamt hohlen Charakteren widmet, verflüchtigt sich dieser Glanz äußerst schnell und die Pilotenelite unterscheidet sich von schmierigen Truckerproleten nur noch durch die Preisklasse ihrer Hardware. Seinen „Höhepunkt“ hat TOP GUN, wenn sich die beiden rivalisierenden Duos Cruise/Edwards und Kilmer/Rossovich mit eingeölten Abdomen und flexenden Muskeln im Beach-Volleyball messen. Hier wird leider mit dem klinischen Pop Faltermeyer eine große Chance verpasst, das Geschehen auch lautmalerisch entsprechend zu würdigen: Jane Birkins gehauchte Liebesbekundungen oder vielleicht auch einfach nur ein Sample aus AM ANFANG WAR DAS FEUER oder der ersten halben Stunde von 2001 hätten dieser Sequenz sich er den letzten Kick gegeben. Dass der Cruiser sich für das anschließenden Date mit seiner Angebeteten nicht mal duscht, lässt tief blicken. Wäre der Film nicht so lustig, gäbe es wirklich kein einziges gutes Wort zu verlieren, außer vielleicht über die erlesene Besetzung, die aber am Verstand der Beteiligten zweifeln lässt: Neben den genannten agieren Tom Skerritt, Michael Ironside, James Tolkan, Meg Ryan, Tim Robbins, Adrian Pasdar und TURISTAS-Regisseur John Stockwell. Schämt euch!
#817
Geschrieben 04. Juni 2007, 11:34
Kenji (Tadanobu Asano), ein Japaner in Thailand, ist einsam. Auch unter Menschen fühlt er sich allein und fremd, was ihn immer wieder dazu treibt, sich das Leben zu nehmen. Leider ist er, der einen perfekt organisierten Haushalt zwischen akribisch geordneten Büchern und millimetergenau abgelegten Küchenmessern führt, darin aber wenig erfolgreich. Eines Tages, kurz vor dem Sprung von einer Brücke, begegnet ihm Noi (Sinitta Boonyasak) just in dem Augenblick als deren Schwester von einem Auto überfahren wird, weil sie den Selbstmörder in spe erblickt hat. Der Tod verbindet: Obwohl Noi das komplette Gegenteil von Kenji ist und in einem sehr eklektizistisch eingerichteten Haus lebt, in dem sich der Müll förmlich stapelt, freunden sich die beiden an und beginnen Einfluss auf das Leben des anderen zu nehmen ...
Im Interview auf der DVD behauptet Regisseur Pen-Ek Ratanaruang, seine Filme eher entstehen zu lassen, anstatt alles vorauszuplanen. Diese Vorgehensweise merkt man LAST LIFE IN THE UNIVERSE an, der sich immer wieder in kleinen Details verliert und eher eine Stimmung transportiert, als dass er eine strenge Narration verfolgt. So bleibt in LAST LIFE IN THE UNIVERSE auch Vieles rätselhaft und nicht immer scheint es für die Vorgänge eine logische Erklärung oder auch nur eine plausible Deutungsmöglichkeit zu geben, etwa wenn die Handlung unerwartete Zeitsprünge macht, sich Noi in ihre Schwester Nid verwandelt und umgekehrt. In vielerlei Hinsicht erinnert LAST LIFE somit an ein Gedicht. Er lebt von seinen Bildern, den Emotionen, die ausgelöst werden, Assoziationen, die sich knüpfen lassen, viel mehr als vom nackten Geschehen, von einer lückenlos herleitbaren plastischen Bedeutung. An dieser Stelle kommt dann auch Kameramann Christopher Doyle ins Spiel, der mit seinem ausgesuchten Stilbewusstsein und seiner eleganten Kameraführung großen Anteil an der Schönheit von Ratanaruangs Film hat. Das Leben präsentiert sich als tragikomisches Mysterium, dessen Zauber man erst nach der Ausbildung des richtigen Sinnesorgans erkennen kann. Was LAST LIFE, den man als platonischen Liebesfilm bezeichnen könnte, vom nackten Kitsch unterscheidet, ist zum einen die Originalität der Bilder, zum anderen sein angenehm lakonischer Tonfall und der schwarze Humor. Das Fremdsein-in-der-Welt seiner Hauptfiguren wird nicht zum coolen Habitus verklärt, wie es in vergleichbaren amerikanischen Filmen wie etwa LOST IN TRANSLATION oder GARDEN STATE so übermäßig penetrant und nervtötend auffällt. LAST LIFE ist ein Film voller Rätsel, der Gott sei Dank keine griffigen Slogans fürs Poesiealbum anbietet, aber dennoch federleicht ist.
#818
Geschrieben 04. Juni 2007, 12:19
Ein Sommer in der High-School: Stacy (Jennifer Jason Leigh) hat noch nie, will aber unbedingt, und lässt sich daher von der selbsternannten Schul-Sexbombe Linda (heiß: Phoebe Cates) in den verschiedenen Praktiken unterweisen. Diesem Pärchen steht auf der Seite der Jungs das Gespann aus Mike Damone (Robert Romanus) und Mark Ratner (Brian Backer) gegenüber: Ersterer verkauft gefälschte Konzertkarten und kann vor Coolness kaum laufen, entpuppt sich aber als verantwortungsloser Feigling, letzterer ist der schüchterne Normalo, der sich vom Vorbild alle wichtigen Tipps zur Eroberung des anderen Geschlechts abholt. Dann gibt es da noch den Kiffer Jeff Spicoli (Sean Penn), der es mit dem Geschichtslehrer Mr. Hand (Ray Walston) zu tun bekommt, und Stacys Bruder Brad (Judge Reinhold), dessen große Karriere in der Burgerbraterei ein unverhofftes Ende nimmt ...
Amy Heckerlings High-School-Film gehört in den USA zu jenen Werken, die ein Jugendlicher in den Achtzigerjahren mit der Muttermilch verabreicht bekam. Hierzulande ist er – wohl auch aufgrund des nichtssagenden deutschen Titels ICH GLAUB’ ICH STEH’ IM WALD – nie so richtig bekannt geworden und wird bis heute von Filmen wie THE BREAKFAST CLUB überschattet, dem er jedoch – die gestrige Sichtung brachte es ans Licht – mit Leichtigkeit das Wasser abgräbt. Die große Stärke von Heckerlings Film, der auf einem Buch von Cameron Crowe basiert, ist sein unprätentiöser Gestus, den er nicht zuletzt seiner fragmentarischen Erzählung verdankt. Es gibt keine Handlung im klassischen Sinn, vielmehr folgen wir den Hauptfiguren über einen Zeitraum von mehreren Monaten, der kaum willkürlicher gewählt sein könnte. Es werden keine Weichen für eine wie auch immer geartete Zukunft gestellt, es gibt weder große Schicksalsschläge noch eine griffige Botschaft, die der Zielgruppe am Ende mit auf den Weg gegeben würde. Auch in den Charakteren spiegelt sich diese Grundehrlichkeit wider: Zwar folgen alle Figuren dem in diesem Genre vorgezeichneten Typenmuster – Kiffer, Arschloch, Schönheit, Verlierer, Träumer, Mauerblümchen –, sie entsprechen diesem aber niemals komplett. Der blässliche Loser kriegt relativ schnell die Kurve, das Arschloch entpuppt sich am Ende doch als jemand, der in der Lage ist, seinen Fehler einzusehen. Heckerlings Film gelingt damit das Kunststück, den Schulalltag und den seiner Protagonisten sehr viel realistischer abzubilden, als jene Filme, in denen das Schülerdasein sich als einzige große Party darstellt, die dann dem bösen Erwachen des Erwachsenseins weichen muss. Für seine Besetzung stellte FAST TIMES verdientermaßen ein ähnliches Sprungbrett dar, wie die Ridgemont High für ihre Schüler: Sean Penn legte den Grundstein für seine Karriere und neben den oben genannten geben auch solche heute bekannten Namen wie Nicolas Cage (hier noch als Nicholas Coppola), Eric Stoltz, Anthony Edwards, Forest Whitaker, Vincent Schiavelli und James Russo die Ehre.
PS: Danke nochmal, Elektro!
#819
Geschrieben 06. Juni 2007, 08:57
Duke Johnson (Fred Williamson) kommt in das Südstaatenkaff Bucktown, um seinen Bruder, einen Kneipenbesitzer, zu beerdigen. Schon bald stellt sich heraus, dass die Polizei von Bucktown der Korruption nicht abgeneigt ist und bei der schwarzen Bevölkerung kräftig Schutzgelder kassiert. Als Duke auch noch herausfindet, dass sein Bruder sterben musste, weil er sich zu zahlen weigerte, ruft er ein paar alte Unterweltkumpels unter Führung von Roy (Thalmus Rasulala) in die Stadt, damit sie mit der korrupten Bagage aufräumen. Der Plan geht auf, allerdings anders als gedacht: Denn Roys Burschen erkennen, dass sie sich nun selbst die Taschen auf Kosten der Bürger von Bucktown voll machen können. Und dabei greifen sie zu beinahe noch harscheren Methoden als ihre weißen Vorgänger ....
Der genretypische Funkscore, das Seventies-Setting und die klassischen Blaxploitationbeigaben – Pam Grier, enge Hosen, coole Lederjacken und jede Menge jive talk – können nicht darüber hinwegtäuschen, dass BUCKTOWN eigentlich ein Western mit „Der König ist tot, lang lebe der König!“-Plot ist. Die irgendwo im nirgendwo angesiedelte Kleinstadt, in die der Held nach jahrelanger Abwesenheit zurückkehrt und eine Idylle vorfindet, die massiv getrübt ist, sowie die Reduktion auf einige wenige Schauplätze – Bucktown scheint aus genau einer Straßenecke zu bestehen – kennt man jedenfalls aus zahlreichen Pferdeopern. BUCKTOWN wirkt auch deshalb innerhalb seines Genres etwas bürgerlich. Die grellen Spitzen, mit denen etwa Jack Hill seine Blaxploiter durchsetzte, verkneift sich Arthur Marks ebenso wie den gesellschaftskritischen Habitus, der die realistischeren Vertreter (etwa SUPERFLY ) bestimmte. BUCKTOWN trägt schon alle Zeichen des Niedergangs des Genres: Wie auch FRIDAY FOSTER richtet er sich an ein gemischtes Durchschnittspublikum, für das der schwarze Held mittlerweile keine Revolution mehr war, sondern schon eine akzeptierte Alternative. Der euphorische Ton, mit dem frühere Vertreter die Losung der Black Power proklamierten und mit neu gewonnenem Selbstverständnis und -bewusstsein die Attribute „black“ und „beautiful“ gleichsetzten, ist in BUCKTOWN der Skepsis, mehr noch, der Resignation gewichen: Wenn uns die Weißen nicht bescheißen, dann tun es eben unsere Brüder. So ist BUCKTOWN als reiner Blaxploiter betrachtet zwar eher eine Enttäuschung, als Zeugnis gesellschaftlicher Umwälzung aber wieder recht interessant. In Nebenrollen agieren unter anderem Tony King (den man etwa aus Margheritis ASPHALT-KANNIBALEN und JÄGER DER APOKALYPSE kennt) und Carl Weathers. Und Pam Grier sieht wahrlich fantastisch aus.
#820
Geschrieben 06. Juni 2007, 11:29
Das Jahr 2022, eine düstere Zukunft: Nachdem Captain Robbins (Ray Liotta) auf Geheiß seiner Vorgesetzten ein Dorf voller Frauen und Kinder dem Erdboden gleich gemacht hat, hat er die Schnauze voll von der Verlogenheit des Militärs und knallt seinen Auftraggeber kurzerhand ab. Das beschert ihm einen lebenslangen Aufenthalt in einem privat geführten futuristischen Hochsicherheitsgefängnis. Als er von seinem Zellengenossen erfährt, dass besonders widerspenstige Häftlinge an einen Ort namens Absolom gebracht werden, an dem Kannibalen mit Zähnen scharf wie Messer über einen herfallen, sieht Robbins eine Chance, seine Freiheit wiederzuerlangen. Er zettelt einen Aufstand an und wird nach Absolom gebracht: eine abgeschirmte Insel, auf der es eine Zweiklassengesellschaft gibt. Auf der einen Seite lebt die Übermacht der Outsiders, besagten Kannibalenwesen, auf der anderen die Minderheit der Insiders, die unter der Führung von Dad (Lance Henriksen) eine neue Zivilisation aufgebaut haben und in ständiger Bedrohung durch die Barbaren aus dem unergründlichen Hinterland der Insel leben müssen. Als Robbins zu ihnen stößt, keimt mehr und mehr die Hoffnung, von der Insel zu entkommen ...
Dem von Action- und Blockbusterspezialistin Gale Ann Hurd produzierten und von Martin Campbell unmittelbar vor seiner Bond-Premiere mit GOLDENEYE inszenierten ESCAPE FROM ABSOLOM war leider kein allzu großer Erfolg beschieden, was vielerorts dem Fehlen eines echten Stars als Zugpferd zugeschrieben wurde. Ray Liotta war dem breiten Mainstsream als Actionheld vielleicht doch zu untypisch. Das ist schade, denn er macht seine Sache hier ausgezeichnet, wie überhaupt der ganze Film zu den besten Genrevertretern der Neunzigerjahre gezählt werden muss. Statt alberner Gimmicks gibt es in altem Stile auf die Omme und dazu eine überaus interessante Geschichte, die auch längst abgegriffenen Klischees, wie etwa dem traumatisierten Soldaten, neue Seiten abzuringen im Stande ist. Die mehrfach in sich gestaffelte Dystopie – die apokalyptische Zukunftswelt beheimatet ein unmenschliches Strafsystem, das in der Insel Absolom, also quasi der Verbannung der Gefangenen in die Steinzeit, seine „Endlösung“ findet – spiegelt die menschliche Barbarei auf mehreren Entwicklungsstufen und findet in dem utopischen Entwurf einer vorzivilisatorischen Enklave ihren Gegenpart. Dass diese Enklave sich als reines Patriarchat unter der weisen Führung des Vaters („Dad“) entpuppt, der seine Söhne auch mal in den sicheren Tod schickt, wenn das Wohl der Gruppe gefährdet ist, macht die Sache nur noch interessanter. Nicht wenig profitiert ABSOLOM auch von seinem KING-KONG-artigen Inselsetting, das den Film deutlich von anderen eher in urbanem Ambiente angesiedelten Action- und Science-Fiction-Filmen abhebt und dem Ganzen einen guten Schuss Abenteuerfilm-Flair verleiht. Besonders hervorheben möchte ich außerdem die brillante Eröffnungsszene, die dem Zuschauer gleich zu Beginn zeigt, wo es in den kommenden 100 Minuten lang gehen wird: Eine radikalere Einführung dürfte bislang nur wenigen Filmhelden zuteil geworden sein.
#821
Geschrieben 08. Juni 2007, 09:56
Zweiter Weltkrieg: Auf einer griechischen Insel sitzt eine Einheit der Alliierten fest und wartet darauf, von den Nazis eliminiert zu werden. Jeder Rettungsversuch der Alliierten scheitert an den Kanonen von Navarone: zwei gigantischen Kanonen, die jedes Schiff, das versucht, besagte Insel zu erreichen, versenken. Die letzte Chance, die Männer zu retten, liegt darin, die Kanonen zu zerstören und so den Weg für alliierte Schiffe freizumachen. Zu diesem Zweck wird ein Himmelfahrtskommando unter der Leitung von Captain Keith Mallory (Gregory Peck), dem Sprengstoffexperten Corporal Miller (David Niven), dem Kreter Andrea Stavros (Anthony Quinn) und einigen weiteren Hilfskräften losgeschickt. Wird es ihnen rechtzeitig gelingen, die Kanonen zu zerstören?
THE GUNS OF NAVARONE ist ein Film wie er heute unter gar keinen Umständen mehr möglich wäre: der Krieg als großes Abenteuer, in dem Männer zu Helden werden, ewige Freundschaften entstehen und dekorative Dreitagebärte sowie tiefe Furchen im wettergegerbten Gesicht das Trauma ersetzen. Wer Kriegsfilme also mit auf somatische Effekte abzielenden Überrumpelungswerken, in Hyperrealismus getränkten Schlacht(en)impressionen, tristen Charakterdramen oder filmischen Mahnmalen wider das Vergessen gleichsetzt, wird hier eines Besseren belehrt. J. Lee Thompson hat einen wunderbaren, kurzweiligen Abenteuerfilm gedreht, dem der Krieg allenfalls als malerische Kulisse dient, vor der sich seine klassischen Leinwandhelden beweisen dürfen. Dennoch herrschen nicht nur Friede, Freude und Eierkuchen. Captain Mallory und seine Kameraden haben vom Krieg die Schnauze voll und wissen längst auch, dass die Frontlinie nicht unbedingt Gut und Böse voneinander trennt. Der Unterschied zum Antikriegsfilm liegt dann auch eher darin, dass diese Erkenntnis gänzlich folgenlos bleiben darf. Dennoch war ich schon positiv überrascht mit THE GUNS OF NAVARONE einem Film zu begegnen, der sich den Luxus leistet, nicht alle Nazis als unmenschliche Monster zu zeichnen, sondern auch dort differenziert. Die Naivität liegt also eher darin, dass in einem Film wie NAVARONE die Hoffnung auf einen „menschlichen“ Krieg am Leben gehalten wird, weniger in einer radikalen Schwarzweiß-Malerei. Wenn man diesem wunderbar kurzweiligen Spektakel, das mit einigen äußerst nervenzerrenden Sequenzen geschmückt ist – vor allem die bald zehnminütige, völlig wortlose Klippenbesteigung ist vom Allerfeinsten –, unbedingt negative Seiten abringen möchte, dann vielleicht in der nicht ganz idealen Besetzung: Wie Gregory Peck jemals zum Superstar werden konnte, wird mir auf ewig ein Rätsel bleiben (hierzu würde ich gern ein paar Meinungen hören!), und auch David Niven will in seine Rolle als Sprengstoffexperte einfach nicht so recht reinpassen. Die Dialoge zwischen den beiden entfalten daher leider nie die Kraft, die man sich wohl von ihnen versprochen hat. Das alles kann das Vergnügen aber keinesfalls trüben, zumal Anthony Quinn die Kartoffeln ganz allein wieder aus dem Feuer holt. Ich glaube, ich muss dringend ein paar Filme mit ihm nachholen. So blöd sich das bei einem Kriegsfilm auch anhört: Wunderschön.
#822
Geschrieben 08. Juni 2007, 19:48
Die Delta House Fraternity ist der Schandfleck des Faber College. Ihre Bewohner – u. a. der Präsident Otter (Tim Matheson), der besonnene und mit seiner Freundin Katy (Karen Allen) im Clinch liegende Boon (Peter Riegert), die beiden Neulinge Pinto (Tom Hulce) und Flounder (Stephen Furst), der wilde D-Day (Bruce McGill) und zu guter letzt der völlig durchgeknallte Bluto (John Belushi in seiner vielleicht schönsten Rolle) – sind ein wüster, disziplinloser Sauhaufen, der ausschließlich Parties, Sex und gute Laune im Sinn hat. Damit sind sie Dean Wormer (göttlich: John Vernon) und der von ihm präferierten Spießer-Fraternity um den Militaristen Doug Neidermeyer (Mark Metcalfe) und den latenten Homosexuellen Greg Marmalard (James Daughton) ein Dorn im Auge. Nachdem sie eh schon verwarnt sind, wird extra für sie die "double secret probation" ausgerufen, womit die gutmütigen Loser endgültig zum Abschuss freigegeben sind. Doch die Rache von Delta House wird furchtbar sein ...
Wieder mal so ein Film, der in Deutschland nicht annähernd den Ruf genießt, der ihm in den USA zukommt, wo er wohl schon als Kulturgut zu bezeichnen ist. Es lässt sich kaum abstreiten, dass die in den Achtzigern so populären College- und High-School-Filme ohne Landis' Film ebenso wenig denkbar gewesen wären wie die Brachialkomödien, die etwa das so genannte Frat Pack – man denke vor allem an OLD SCHOOL, der diesem Film hier viel verdankt – in den letzten Jahren in schöner Regelmäßigkeit herausbrachte. Und auch runde 30 Jahre nach seinem Erscheinen nimmt ANIMAL HOUSE unter diesen Verwandten noch eine absolute Spitzenposition ein. Feingeister sollten aber draußen bleiben: Es gibt keine Gags im herkömmlichen Sinne und geistreichen Wortzwitz sucht man ebenfalls vergeblich, doch dafür durchzieht den ganzen Film ein absolut ansteckend wirkendes Chaos und eine anarchische Wildheit, die ihresgleichen allerhöchstens bei den seligen Marx Brothers findet. Infantil? Vielleicht, aber nie war Infantilität näher daran, eine eigene Kunstform zu werden, als hier. John Landis, dessen Philosophie man vielleicht so zusammenfasen könnte, dass die Summe der Teile mehr ist als das Ganze, liefert hier seinen vielleicht "reinsten" Film ab. Der Plot tritt gegenüber der einzelnen Szene in den Hintergrund, bietet lediglich die Schablone für die spektakulären Episoden, von denen jede einen Lacher, eine Albernheit bietet und seinen Protagonisten die Möglichkeit gibt, ihren Schabernack zu treiben. Davon profitiert vor allem Belushi, der als Chaot Bluto einen schauspielerischen Amoklauf sondergleichen hinlegt, sodass man sich beinahe Sorgen um seinen Geisteszustand macht. Ihn aus dem großartigen Ensemble hervorzuheben ist aber unfair, denn man merkt allen beteiligten an, dass sie eine Ferkelsfreud daran hatten, sich mal so richtig daneben zu benehmen. Ein Riesenfilm voller zitierfähiger Dialoge und Sprüche ("Knowledge is good"), großartiger Figuren und Szenen, die man nicht mehr vergisst. Und nebenbei auch ein Film, der auf ganz unprätentiöse Art und Weise klar macht, was von Autoritätsgläubigkeit, Cliquenwirtschaft, Elitenbildung und Nationalismus zu halten ist. Immer wieder ein Genuss.
#823
Geschrieben 10. Juni 2007, 12:17
Zweitsichtung. Ich hatte hier schonmal über den Film geschrieben. Damals war ich von Tony Scotts Hommage an das Katrina-gebeutelte New Orleans nicht vollends begeistert: Zu positiv und aufgesetzt erschien mir seinerzeit die Message, zu sehr wider die Gesetze des im Science-Fiction-Film bereits etablierten Zeitreise-Diskurses. Statt wieder einmal aufzuzeigen, dass der Mensch die Vergangenheit nicht ändern kann, geht er nämlich genau in die andere Rcihtung: Warum sollte es nicht möglich sein, in den Lauf der Dinge einzugreifen? Warum sollten wir uns von religiösen Konzepten abhalten lassen, wenn das Leben von Menschen auf dem Spiel steht? DEJÀ VU ist ein Film, der vom Geist des Humanismus geprägt ist und den Menschen über metaphysische Konstrukte stellt. Wenn man das nicht begreift, kann man auch Scotts Film nicht verstehen.
Dies im Hinterkopf wird auffällig, dass Scott sehr genau weiß, gegen welche Widerstände er anzugehen hat. In den Szenen, in denen Doug Carlin (Denzel Washington) die Wissenschaftler davon überzeugen möchte, die Zeitmaschine eben nicht nur passiv zu benutzen, um in die Vergangenheit zu sehen, sondern um tatsächlich aktiv in die Vergangenheit einzugreifen, lässt er die Wissenschaftler alle auf dem Vorwissen über die Zeitreise-Physik aus anderen Filmen basierenden Zuschauerargumente vorbringen und von Carlin widerlegen. Über weite Strecken ist DEJÀ VU dann auch kein Thriller, sondern eine philosophische Reflexion über das Wesen von Zeit. Und dabei geht Scott so geschickt vor, dass seine Auflösung hochplausibel erscheint und außerdem wesentlich interessanter als die xte Mahnung vor dem eigenmächtigen Eingriff in göttlich Gegebenes. Wer da über vermeintliche Plotholes und Logikfehler schwadroniert, hat den Film schlicht und ergreifend nicht verstanden.
Formal ist Scotts Film, das ist man ja mittlerweile nicht anders gewohnt, ein einziges Gedicht und offenbart zudem interessante Parallelen zu anderen Filmen seines Oeuvres, die ihn – Kasi wird mir rechtgeben – als echten auteur ausweisen. Unbedingt ansehen, zur Not auch zweimal.
#825
Geschrieben 11. Juni 2007, 10:35
King of the Ants (USA 2003)
Regie: Stuart Gordon
Sean Crawley (Chris McKenna) ist ein junger Mann, der sich recht ziellos mit kleinen Gelegenheitsjobs über Wasser hält. Bei einem dieser Jobs lernt er „Duke“ Wayne (George Wendt) kennen, der dem Jungen seinen großen Traum entlockt – einmal Privatdetektiv sein. Bald schon meldet sich Duke mit einem Auftrag bei Sean: Dessen Boss, der schmierige Bauunternehmer Ray Mathews (Daniel Baldwin), möchte, dass Sean einen Beamten der Stadt bespitzelt. Doch dabei bliebt es nicht. Wenig später ist Sean mit einem handfesten Mordauftrag ausgestattet. Als die Schurken nach getaner Arbeit nicht bereit sind, die ausgehandelte Belohnung auszuzahlen, lässt der von seiner Tat schwer traumatisierte Sean nicht locker und bekommt mit voller Brutalität zu spüren, mit wem er sich angelegt hat.
Stuart Gordon ist in erster Linie für seine bunten und meist humorvollen Horrorfilme bekannt. Mit RE-ANIMATOR, DOLLS oder FROM BEYOND hat KING OF THE ANTS jedoch rein gar nichts zu tun und dürfte einen recht herben Schock für diejenigen bedeuten, die dem Film mit entsprechender Erwartungshaltung begegnen. KING OF THE ANTS ist ein unglaublich fieser, extrem brutaler und darüber hinaus nihilistisch-misanthropischer Rachethriller geworden, der sich jegliche Mätzchen oder humorvolle Auflockerung verkneift. Den Gipfel des Erträglichen erreicht KING OF THE ANTS in der Folter, die die Bösewichte dem Protagonisten angedeihen lassen: Anstatt ihn einfach zu ermorden, wollen sie in schwachsinnig prügeln. Sie sperren ihn in einer verlassenen Hütte ein und statten ihm regelmäßige Besuche ab, bei denen sie ihm immer wieder mit einem Golfschläger vor den Kopf dreschen. Nach dieser Sequenz, die an Kaltschnäuzigkeit schwerlich zu überbieten ist, schlägt Gordon zum Glück wieder etwas ruhigere Töne an. In der Folge wird zwar die Glaubwürdigkeit des Ganzen etwas überstrapaziert – Sean übersteht die Tortur halbwegs unbeschadet, kann entkommen und wird von der Ehefrau (Kari Wuhrer) seines Mordopfers gesund gepflegt, die sich dann auch prompt in ihn verliebt –, doch knüpft KING OF THE ANTS zum Finale wieder an die erbarmungslose erste Hälfte an und lässt einen ziemlich gebeutelt und um Gnade winselnd vor dem Bildschirm zurück. Wer Happy Ends hasst, wird mit diesem Film ein Fest erleben, denn für Sean geht wirklich alles den Bach runter. Am Ende ist man kaum noch bereit, ihn als Identifikationsfigur zu akzeptieren. Besonderen Anteil am Gelingen des Films – trotz der erwähnten kleineren Mängel – haben vor allem die exquisiten Schauspieler, allen voran George Wendt, der dicke Norm aus CHEERS, der als gewissenloser Biedermann wahrlich furchteinflößend ist. Einer seiner Folterkollegen ist Vernon Wells (MAD MAX, COMMANDO), der ausnahmsweise einmal sympathische Züge trägt, die ihn aber am Schluss auch nicht vor der unbarmherzigen Rache des Ameisenkönigs retten. Kein leichter Film, aber wer ein Faible für herbe, düstere Gewaltthriller hat, kann seine Abwehrkräfte mit KING OF THE ANTS auf eine harte Probe stellen.
Die deutsche DVD hat leider keinen O-Ton, wie ich gestern feststellen musste, doch wider Erwarten ist die deutsche Synchro ausgezeichnet gelungen.
#826
Geschrieben 12. Juni 2007, 20:37
Regie: Brian Trenchard-Smith
Australien (?) in einer nicht allzu fernen Zukunft: Ein gnadenloser Polizeistaat unterdrückt seine Bürger mit aller Härte, wer aufmuckt oder sogar wagt Kritik zu üben, wird in eines der zahlreichen Umerziehungslager gesteckt. So trifft es auch die Verkäuferin Chris Walters (Olivia Hussey) und den Rebellen Paul Anders (Steve Railsback). Zusammen landen sie im Camp von Charles Thatcher (Michael Craig), der dort mit harter Hand herrscht und vor allem mit Paul ein Hühnchen zu rupfen hat, denn der konnte schon aus einigen Camps ausbrechen und ist deshalb bekannt wie ein bunter Hund – wenn auch weitaus weniger beliebt bei der Obrigkeit als ein solcher. So lädt der Tyrann ein paar seiner reichen Freunde ein und bläst zur Truthahnjagd auf ein paar ausgewählte Häftlinge, denen zur die Freiheit winkt, wenn es ihnen gelingt den Häschern zu entkommen ...
Die Geschichte meiner Erstbegegnung mit diesem Exploitation-Juwel ist längst eine persönliche Legende. Bei einer Videothekentour kramte ein guter Freund von mir eine Videokassette mit dem Titel INSEL DER VERDAMMTEN vom Wühltisch und verhaftete den uns beiden unbekannten Film für ein paar lumpige Deutschmark. Zu Hause erlebten wir dann unser blaues Wunder, denn dieser Film entpuppte sich als echter Kracher vor dem Herrn, dessen saftigen Effekte zu unserem großen Vergnügen auch in der nur minimal gekürzten deutschen Fassung zu bewundern waren. Ich habe mir den Film dann natürlich auch zugelegt – ich wurde in England fündig, wo er unter dem noch etwas malerischeren Titel BLOOD CAMP THATCHER veröffentlicht worden war (der eigentliche Originaltitel des Films lautet TURKEY SHOOT). Seitdem habe ich den Film etliche Male gesehen (unter anderem auch bei Buio Omega auf großer Leinwand im Kino) und liebe ihn abgöttisch. Auch das gestrige Wiedersehen hat an dieser Liebe nix geändert. Trenchard-Smiths Campsleazer ist immens kurzweilig, fliegt an einem vorbei wie die Sprengpfeile der lesbischen Jägerin, glänzt mit wunderbar abseitigen Einfällen wie etwa den Foltermethoden der Camp-Aufsicht und ihren lustigen "Spielen" zur Bekämpfung der Langeweile, einem superstarken Affenmenschen, der gern kleine Zehen kaut, dem synthetisch wummernden Score von Queen-Oberlocke Brian May, den gut aufgelegten Schauspielern und eben seinem immensen Tempo. Dabei verfehlt der Film trotz seiner trashigen Überspitzung, den überzeichneten Figuren und den manchmal hübsch fadenscheinigen Effekten niemals seine Wirkung und kommt angenehm drastisch daher, ohne einem jedoch zu sehr die Laune zu vermiesen. Wenn der Jäger aus Kurpfalz pünktlich zur Mitte des munteren Films zur fröhlichen Hatz lädt, bleibt kein Auge trocken, kein Knochen ungebrochen, kein Körperteil undurchbohrt, keine Extremität da, wo sie hingehört. Höhepunkt des Ganzen ist und bleibt aber das Ende von Thatcher himself, das dem Ausdruck "die Fetzen fliegen lassen" eine ganz neue Bedeutung verleiht. Für mich ein perfekter Film und eines der absoluten Highlights der Achtziger. Trenchard-Smith kann von mir aus bis an sein Lebensende Tinnef wie eben die LEPRECHAUN-Sequels einkurbeln oder hoffnungslosen Videothekenschrott a la NIGHT OF THE DEMONS 2 raushauen, mit TURKEY SHOOT hat er bei mir einen Platz auf dem persönlichen Exploitation-Olymp sicher. Heilig. Punkt.
EDIT: Wie mir mittlerweile aus Insider-Kreisen zugetragen wurde, ist dieser Brian May mitnichten mit jenem identisch, sondern ein mittlerweile verstorbener australischer Musiker. Mea culpa!
#827
Geschrieben 13. Juni 2007, 08:44
Regie: Eddie Romero
Die Prostituierte Lee Daniels (Pam Grier) und die Revolutionärin Karen Brent (Margaret Markov) landen in einem wahrscheinlich philippinischen Frauengefängnis (der Film schweigt sich über die geografische Situierung des Ganzen beharrlich aus). Wenig später werden die beiden, die sich nicht besonders gut leiden können, für einen Gefangenentransport aneinander gekettet. Als die Revoluzzerfreunde von Karen den Bus überfallen, gelingt den beiden Streithähnen die Flucht. Nur wohin, ist nicht ganz klar: Die eine will weiter für die gute Sache kämpfen, die andere nur nach Hause. Und weil nicht nur Karen einigen Ärger am Hacken hat, sondern auch Lee, gesellen sich zu den Gefängniswärtern und Revoluzzern auch noch ein paar Gangster unter Führung von Ruben (Sid Haig) ...
Oh weh, das war aber nix. Auch wenn ich einiges den "äußeren Umständen" der Sichtung zuschreiben möchte, ist BLACK MAMA, WHITE MAMA von Eddie Romero alles andere als prall. Aber fangen wir zunächst bei den Begleiterscheinungen der Sichtung an. So musste ich den Film in zwei separaten Blöcken sichten, weil mir die Nachtruhe dazwischenkam, was oft gut geht, manche Filme aber auch komplett zerstört - so wie diesen hier. Ich bin nach dem Wiedereinstieg bei Minute 30 einfach nicht mehr reingekommen. Dann hatte ich arge Verständnisprobleme: Der Ton der MGM-DVD ist unter aller Sau, das Genuschel der Protagonisten zum Teil einfach unverständlich. Ferner lenkt das irreführende "Soul Cinema"-Label auf die falsche Fährte, denn mit dem Baxploitation-Genre, das eigentlich mit diesem Etikett verbunden ist, hat BLACK MAMA rein gar nichts zu tun. Vielmehr reiht sich Romeros Film in die von Jack Hill initiierte Frauenknastoper bestehend aus THE BIG DOLL HOUSE und THE BIG BIRD CAGE, ohne jedoch deren riesigen Entertainmentfaktor auch nur annähernd zu erreichen. BLACK MAMA dümpelt lange Zeit so dahin, plätschert arm an Höhepunkten an einem vorbei und kommt einfach nie auf den Punkt - und dann ist er plötzlich vorbei. Ein eigentlich gelungener Einstieg - das ganze WIP-Thema wird viel zu schnell fallengelassen - macht einer unausgegorenen THE-DEFIANT-ONES-für-Frauen-Adaption Platz, die ihr Potenzial jedoch nie ganz entfalten kann. Lediglich die Auftritte von Sid Haig, bekleidet mit dem wohl hässlichsten Cowboyhemd der Filmgeschichte, lassen ein wenig aufmerken und ein paar blutige Schießereien deuten an, wohin die Reise hätte gehen können. So sehr ich diese Art von Film, diese Periode der Exploitationfilmkunst schätze, so groß ist am Schluss die Enttäuschung gewesen. Lieber nochmal die Jack-Hill-WIP-Epen geschaut, da weiß man, was man hat.
#828
Geschrieben 14. Juni 2007, 07:44
#829
Geschrieben 15. Juni 2007, 12:57
Regie: Patrick Allen
Mr. Lee (Martin Kove) ist böse. Bei einem Shootfighting-Turnier reißt er seinem Gegner die Kehle auf, weil seiner bescheidenen Meinung nach nur in einem Kampf bis zum Tod der beste Kämpfer ermittelt werden kann. Zur Strafe muss Mr. Lee ohne Nachtisch ins Bett und wird außerdem noch an Ort und Stelle vom zuständigen Ringrichter auf Lebzeiten disqualifiziert – da zeigen sich die Vorteile einer Entbürokratisierung und daraus resultierender kurzer Bearbeitungswege und -zeiten sehr eindrucksvoll. Ein Vorbild für unsere Republik! Der Shootfighting-Meister Shingo (Bolo Yeung mal als Guter) allerdings ist argwöhnisch. Nee, nee, so leicht wird man den bösen Mr. Lee nicht los.
Gegenwart: Die blonde Fönfresse Ruben (William Zabka) lehrt kleine Kinder die Freuden des Kampfsports, nicht aber ohne ihnen den Spaß auch gleich wieder gehörig zu verderben. Besonders wichtig ist ihm nämlich der philosophische Unterbau, weshalb er ihnen innerhalb von drei Minuten gleich zweimal sagt, dass es bei ihm nicht nur ums Schlagen und Treten geht, sondern um eine Lebenseinstellung. Deep. Dann kommt nach zwei Jahren Abwesenheit sein Kumpel Nick (Michael Bernardo) auf einem blauen Motorrad angerollt, auf dessen Nummernschild „Glide“ steht. Fachleute wissen spätestens jetzt, dass Homophilie hier nicht schamvoll in den Subtext verbannt wurde, zumal Nick einen schwarzen Pferdeschwanz trägt und ein rotes Muskelshirt unter der Lederjoppe. Im Dojo von Ruben will er sich erstmal ne Fluppe anzünden (klar, nach der langen Fahrt), doch da hat er die Rechnung ohne den Wirt gemacht: Ruben tritt ihm den Glimmstengel behende aus der Schnauze und steckt ihm einen besserwisserischen und spaßverderberischen Nichtraucherspruch, für den er sich eigentlich links und rechts ein paar fangen müsste. In den folgenden Sekunden darf jeder dem anderen nochmal ein paar Moves vormachen, bevor man sich mit Erlaubnis Shingos, der der „Sifu“ vom Ruben ist, in eine Kneipe abseilt. Es kommt, was immer in solchen Filmen kommt, wenn zwei kampfsporterprobte Superdudes in eine Kneipe gehen: Sie werden von Rednecks angepöbelt, deren Boss der Ruben noch Geld schuldet. Auf die Schmähungen von Rubens Freundin, die gleichzeitig Nicks Schwester ist (Maryam D’Abo hat sich ihre Karriere nach THE LIVING DAYLIGHTS wohl auch etwas anders vorgestellt), reagiert Ruben ganz souverän gar nicht, aber als die beiden auch noch als Schwuchteln bezeichnet werden, beats it Dreizehn. Und siehe da: Der faire Sportsmann Ruben, den bisher kein Wässerchen trüben konnte, findet Gefallen an roher Gewalt, was die Weichen für den weiteren Verlauf dieses herzigen Filmchens stellt. Denn bald tritt der böse Mr. Lee wieder auf den Plan: Er macht Shingo ausfindig und mit diesem auch Ruben und Nick. Und weil er sich an Shingo rächen will, ködert er die beiden Kampfsportknilche für sein illegales Shootfighting-Turnier im schönen Mexiko, bei dem es in der Finalrunde natürlich um Leben und Tod geht. Ruben ist Feuer und Flamme, zumal er mit dem erhofften Preisgeld auch seine Schulden abbezahlen könnte. Die Zickerei von der Freundin ist ein kleiner Preis für ein lustiges Wochenende in Tijuana, an dem man hemmungslos Trieben nachgehen kann, die so nieder sind, dass selbst Nick, die alte Speiche, irgendwann nicht mehr mitmachen will. Am Ende kommt Shingo vorbei, guckt seine Schüler, die sich so übel daneben benommen haben, ganz vorwurfsvoll an und kloppt danach dem bösen Mr. Lee die Hirse raus. Ende.
SHOOTFIGHTER wurde laut eigenen Angaben von B-Action-Held Robert Ginty inszeniert, der aber seinen Namen zurückzog als ihm die Produzenten vorschrieben, mehr saftige Gewalt zu drehen. Man sieht relativ deutlich, was wohl nicht mehr auf sein Konto ging, weil sich die recht derben Gewalt- und Splatterszenen sehr ungleichmäßig über den Film verteilen. SHOOTFIGHTER darf zu den besseren BLOODSPORT-Nachziehern gezählt werden, ist aber – machen wir uns nix vor – noch um einiges hohler, zumal er nur die von diesem vorgegebenen Muster wiederkäut. So richtig reingerissen wird SHOOTFIGHTER aber von seinen beiden ultraschmierigen Hauptdarstellern, mit denen sich wohl noch nicht einmal die Besucherschaft eines Schwulenpornos identifizieren wollen würde, es sei denn es gelänge ihr, Michael Bernardos dumme Fresse in jener Szene auszublenden, in der er mit engen Radlerhosen herumläuft. Auch das angebliche High-Society-Publikum des Shootfighting-Turniers sieht eher aus wie die erste Reihe beim Kirmesboxen in Worpswede, die Kämpfer wie die Kartenabreißer der Geisterbahn gleich nebenan. Vor allem der Mann namens Skeeter hat es mir angetan, mit seinem schulterlangen Dauerwellen-Vokuhila mit Strähnchen und dazugehörigem Oberlippenbart. Aber auch der Schlangenmensch hat was, auch wenn er gegen den klumpfüßigen Negerfettsack nix zu bestellen hat. Lediglich Bolo Yeung, Martin Kove und James Pax (Nebendarsteller in zahlreichen Actionfilmen der Achtziger) sorgen für ein bisschen Profil. Es gäbe noch einiges mehr zu berichten über dieses wirklich hübsche kleine Prügelfilmchen, aber ich muss mir ja auch noch was für die Zweitsichtung aufbehalten, die sicherlich irgendwann mal kommen wird. Bis dahin: Shingo, Shingo, Popingo!
#830
Geschrieben 16. Juni 2007, 14:41
Regie: Edgar Wright
Nicholas Angel ist ein Supercop. Er ist so gut, dass seine Vorgesetzten ihn aus London in die Provinz wegloben, weil er seine Kollegen in der Hauptstadt zu schlecht aussehen lässt. Im kleinen friedlichen Städtchen Sandford eckt er dann auch zunächst mit seiner Strenge und Gesetzestreue an: Auf dem Dorf lässt man im Namen des "greater good" auch mal Fünfe gerade sein, Minderjährige im Pub saufen oder Betrunkene mit dem Auto fahren. Als plötzlich eine merkwürdige Reihe von Unfalltoden zu beklagen ist, ist Angel recht schnell davon überzeugt, dass ein Mörder sein Unwesen treibt. Aber an solche Extravaganzen möchte man auf dem Land einfach nicht glauben ...
Nach dem brillanten SHAUN OF THE DEAD lag die Messlatte für Edgar Wright und Simon Pegg relativ hoch. Nachdem sie dort dem klassischen Zombiefilm ihren Tribut zollten, ist mit HOT FUZZ nun der Cop-/Actionfilm dran. Und wieder gelingt es dem eingespielten Duo diesem geliebten Genre (der Originaltrailer wusste sinngemäß zu verkünden: "From the People who watched every Action Movie available and brought you SHAUN OF THE DEAD") ihre Aufwartung zu machen, sondern diesem auch neue Seiten abzuringen und ihm gleichzeitig einiges von seiner zwischenzeitlich verlorenen Seele zurückzugeben. HOT FUZZ ist also wie schon der Vorgänger keinesfalls eine Parodie (das haben ja viele Leute nicht verstanden), sondern the real deal. Die Vorgehensweise von Wright und Pegg lässt sich wohl am ehesten mit den Begriffen De- und Rekontextualisierung beschreiben. Das gilt sowohl für die zahlreichen Gags und Pointen, die meist nach diesem Schema funktionieren, als auch für den Film insgesamt, der seinen Witz daraus bezieht, klassische Mechanismen in einem anderen Kontext ablaufen zu lassen. Schon die Figur des Nicholas Angel ist schlicht genial entwickelt: Der Supercop, Held zahlreicher Actionfilme, ist hier keineswegs der gegen die Regeln kämpfende Individualist und Loner, der ständig den mit dem Gesetzbuch winkenden Bürokraten im Nacken hat. Nicholas Angel ist im Gegenteil ein absoluter Spießer, der gerade deshalb so erfolgreich ist, weil er die Regeln und Gesetze viel strenger befolgt als seine inkompetenten Kollegen. Er ist ein Paragrafenreiter wie er im Buche steht. Und weil er damit die absolute Ausnahme bei der Londoner Metropolitan Police darstellt, wird er aussortiert. In Sandford rutscht er dann ungewollt in die Dirty-Harry-Rolle: Sein "Übereifer" wird kritisiert, ihm wird empfohlen, sich den örtlichen Gepflogenheiten anzupassen etc. Doch auch dies ist in HOT FUZZ letzten Endes nicht bloß Klischee, sondern durch die Story motiviert (mehr verrate ich nicht). So verfahren Wright/Pegg mit mehreren Motiven "ihres" Genres: Die Buddy-Freundschaft zwischen Angel und dem tumben, nerdigen Danny (SHAUN- und SPACED-Sidekick Nick Frost, wieder mal super), der ein riesiges DVD-Regal mit Actionfilmen besitzt, ständig von POINT BREAK und BAD BOYS II schwärmt und bedauert, dass der Polizeialltag nicht so aussieht wie im Film, beinhaltet neben den üblichen Buddy-Klischees – langsame Annäherung, Freundschaft, Krise, Wiederzusammenführung – auch Elemente der Cop-Ehe. (Zwar gibt es auch dieses Handlungsklischee in HOT FUZZ, jedoch spielt sie nur eine sehr untergeordnete Rolle.) Und wenn am Ende ein kunstvoll montierter, rasanter und ziemlich blutiger Shootout inmitten des malerischen Dörfchens stattfindet, sich Priester, Gemüsefrau, Kiosk- und Pubbesitzer bewaffnen und mit der überforderten Polizei ein heftiges Feuergefecht liefern, dann funktioniert das zwar nach den Gesetzen des Genres, erhält aber allein durch die Verlegung in ungewohntes Terrain ungeahnte Wucht, Wahrheit (mit Realismus hat das alles freilich gar nix zu tun) und Witz. Filmisch ist HOT FUZZ sowieso über jeden Zweifel erhaben, allein die Montage ist gottbegnadet und in Sachen Timing können Wright und Penn derzeit nur ganz wenige das Wasser reichen. Wenn es überhaupt etwas zu bemängeln gibt, dann ist es vielleicht die Story selbst, die ich nicht hundertprozentig zufriedenstellend finde. Aber hier könnte die auf jeden Fall zur DVD-VÖ anstehende Zweitsichtung schon wieder ein anderes Urteil nach sich ziehen. Allein für die Reaktivierung von Timothy Dalton, der eine Glanzvorstellung als schmieriger Supermarktbesitzer und selbsternannter Kleinstadtmogul abliefert, bin ich aber bereit, diesen nebensächlichen Makel zu übersehen. Zumal, wenn wie hier tatsächlich das Kunststück gelingt, mehr vom ursprünglichen Wesen des porträtierten Genres einzufangen und zu transportieren, als es dessen eigentlichen Vertretern in der jüngeren Vergangenheit gelungen ist. Mithin ist HOT FUZZ eine Pflichtübung für jeden, der für den Actionfilm etwas übrig hat. Ein Film für Hirn, Herz und Bauch, alles drin, alles dran.
#833
Geschrieben 25. Juni 2007, 10:35
Regie: Jesse Dylan
Will Ferrell ist Phil Weston, ein gutmütiger verheirateter Vater eines Jungen, der im von Phils Vater Buck (Robert Duvall) trainierten Fußballteam, den Gladiators, immer nur auf der Bank sitzt. An dieser Situation entzündet sich ein bisher nie offen ausgetragener Vater-Sohn-Konflikt: Phil hat immer unter dem immensen Ehrgeiz des Vaters gelitten, alles außer einem Sieg kam für diesen nicht in Frage - und wie es in Komödien so ist, konnte Phil diesem Anspruch nie genügen. Als sein Sohn von Buck zu den hoffnungslosen Tigers verschoben wird, reicht es Phil: Er übernimmt fortan das Training des Sauhaufens und fordert seinen Vater zum Duell. Natürlich nur, um in der Folge genau jene Wesenszüge auszubilden, die er an seinem Vater immer so gehasst hat ...
Will Ferrell sehe ich immer gern, da darf es auch mal einer seiner eher harmlosen Filme sein. KICKING AND SCREAMING ist ein sehr formelhaft ablaufender Kinderfilm, der eigentlich nur durch seine beiden Hauptdarsteller und die Anwesenheit des Superbowl-Trainers Mike Ditka von Interesse ist. Vor allem Duvall hat mächtig Freude an seiner Rolle und stiehlt in seinen Auftritten allen die Show. Auch Ferrell kann da nicht mithalten, zumal viele seiner Gags und Dialogzeilen nur Aufgewärmtes von Gestern darstellern. Somit ist KICKING AND SCREAMING zwar ein netter Zeitvertreib, der nicht wehtut, aber auch nichts, was einen lange beschäftigt oder eine Zweitsichtung unbedingt erfordern würde. Merkwürdig erschien mir der Kaffee-Subplot: Inspiriert durch Mike Ditka entwickelt sich Phil zum Koffeinabhängigen und verliert mehr und mehr die Kontrolle. Was zunächst einfach wie ein lose integrierter Running Gag erscheint, bekommt mehr und mehr Gewicht, bis sich dieser Gag zu einer handfesten No-Drugs-Message ausweitet. Mein Gott, wenn jetzt schon Kaffee als verdammenswertes Suchtmittel präsentiert wird, dann darf man sich für die Zukunft auf Einiges gefasst machen.
#834
Geschrieben 26. Juni 2007, 07:34
#836
Geschrieben 27. Juni 2007, 12:39
Regie: Gil Bettman
Lance Stargrove (John FULL HOUSE Stamos) ist jung und hat einen überaus coolen Namen, den er von seinem Papa (George Lazenby) geerbt hat. Jener ist ein geheimer Geheimagent und hat deshalb wenig bis gar keine Zeit für den einen prächtigen Nackenspoiler stolz zur Schau stellenden Sohnemann. Lance – an der Schwelle zur Mannesreife stehend – ist folglich sexuell mehr als nur etwas orientierungslos, was sich nicht zuletzt darin widerspiegelt, dass er nicht etwa im American-Football- oder Basketball-Team seines Colleges spielt, sondern sich den doofen Turnern angeschlossen hat. Sein bester Freund und Zimmergenosse ist darüber hinaus ein Mörderwaffen fabrizierender Techniknerd mit Riesenbrille, der ihm auch mal per Funk bei einer Klausur hilft und ansonsten die hässlichsten Klamotten der Achtziger zu sammeln scheint. Zum Papa hat Lance zwar wie erwähnt keinen Kontakt, aber immerhin eine Art telepathische Verbindung: Als dieser nämlich von dem fiesen hermaphroditischen Terroristen Velvet van Ragner (Kiss-Sänger und -Bassist Gene Simmons als Drag Queen) und dessen Rockerschergen gemurkst wird – Papa Stargrove ist ihnen bei ihrem Plan, die Wasserversorgung radioaktiv zu verseuchen, in die Quere gekommen –, da hat auch der gute Lance einen unrühmlichen Abgang bei der Körperertüchtigung. Zum Trost bekommt er vom Papi immerhin eine schöne Ranch vererbt, zu deren luxuriösem Inventar auch die schnieke Danja (Vanity) gehört. Die kann vor Geilheit kaum geradeaus gucken und scheint außerdem mit dem Techniknerd verwandt, denn auch sie nennt einen Riesenvorrat an abscheulichen Fummeln ihr Eigen. Wenn man sie bei ihrem ersten Auftritt sieht, wie sie zwei von Ragners gehirnamputierten Mad-Max-Rockerasis überwältigt, ohne dass dabei ihre Hose (= Exoskelett) platzt oder beide Brüste aus der luftigen Pluderbluse hüpfen, kann man nicht anders als vor ihr den Hut zu ziehen. Sie ist natürlich nur eine gute Freundin von Lancens Papa gewesen und überzeugt den zweifelnden Sohn davon, dass der mitnichten bei einem Unfall ums Leben kam, sondern umgebracht wurde. Jetzt ist der Dreikäsehoch Feuer und Flamme. Erst besucht er mit Danja Ragners geilen Biker- und Rockerklub "Incinerator", in dem die beiden völlig unpassend Gekleideten nicht einmal dumm angeguckt, geschweige denn verprügelt werden, so wie es ihnen eigentlich zustünde. Dann tritt Ragner im Moulin-Rouge-Outfit auf und singt einen Song, der selbst noch die miesesten Kiss-Nummern wie Meilensteine der Musikgeschichte erscheinen lässt.
So geht es munter weiter: Nach einer heißen Verfolgungsjagd, bei der Danja sehr geschickt einen LKW als Waffe einzusetzen weiß, erlebt der noch etwas grünschnäblige Lance sein Coming Out: Als er zwei Rockerochsen vermöbelt hat, wittert er endgültig Morgenluft. Schon in der nächsten Szene gehört es zu seinen leichtesten Übungen, unwertes Pack beherzt mit der Maschinenwumme aus Papas Geheimkeller umzupusten und dabei freudig erregt zu grinsen oder abgegriffene One-Liner hinterherzuspucken. Jetzt fehlt nur noch eins zur absoluten Mannwerdung: Er muss seinen noch unerfahrenen Pillermann in die besamungswillige Danja reinhalten. Gottseidank lässt auch dieses Erlebnis nicht lang auf sich warten. Nachdem Vanity zu diesem Zeitpunkt bereits seit gut 30 Minuten in aufreizenden Fummeln durch die Botanik gestakst ist, ohne sich freizumachen, überkommt sie der bis hierhin nur mühsam unterdrückte Trieb. Die muss einfach ficken und zwar sofort! Der Zuschauer darf sie nun beim Verrucht-aus-der-Wäsche-Gucken, Ausziehen, Einölen und enthemmten Räkeln bewundern und Lancens erbarmungswürdige (und aussichtslose) Versuche, die Contenance zu bewahren, belächeln. Danach sind die wichtigsten Plotbausteine abgehakt und der Showdown darf beginnen. Bei diesem dreht der kleine Stargrove dann richtig auf, reißt das milchzahnbewehrte Mäulchen auf wie ein Großer und benimmt sich auch sonst reichlich unsympathisch. Letzten Endes gelingt es ihm aber Ragners Plan zu vereiteln und mithilfe der albernen Waffe von seinem Collegefreund den Bösewicht zu entsorgen. Ende.
Ehrlich, dieser Film ist einfach nur großartig. Von der absurden Vorstellung von Gene Simmons über die halbgar und -herzig entwickelten James-Bond-Anleihen, die dann – der damaligen Mode entsprechend – zugunsten knallharter Selbstjustiz-Action aufgegeben werden, bis hin zu dem in der deutschen Synchro besonders plump und unverhohlen daherkommenden Machismo ist hier alles drin, was einen kleinen Actionklassiker ausmacht. Die Gewalt ist nicht anders als als ruppig zu bezeichnen – Rocker werden plattgefahren, gesprengt, erschossen, erstochen oder auch einfach mal irgendwo runtergeschmissen –, was in Verbindung mit der schlicht albernen Story und der schrillen Ausstaffierung des Ganzen einen mehr als beachtenswerten Film ausmacht. Apropos Ausstaffierung: Gegen das, was einem hier als Rockerbande verkauft wird, nimmt sich die Besatzung der MAD MAX-Trilogie wie das Ergebnis einer auf soziologischen Erkenntnissen beruhenden Feldforschung im Milieu aus, unfassbar, was sich dem verdutzt dreinblickenden Zuschauer hier für ein Panoptikum gestrandeter Randexistenzen offenbart. Und die Darstellung des Hermaphroditen Ragner – dessen/deren gefährlichste Waffe übrigens ein besonders langer Fingernagel ist, der von seinen Schergen ehrfürchtig "Todeskralle" genannt wird –, ist auch nicht gerade dazu geeignet, Verständnis für Minderheiten zu erwecken. Den Vogel schießt LANCE – STIRB NIEMALS JUNG aber dadurch ab, dass er tatsächlich versucht, sowas wie der RAMBO für Teenies zu sein. Wenn der smarte John Stamos und die geile Vanity hinterher im lässig übergeworfenen Camouflage-Look auftrumpfen, möchte man ihnen am liebsten ein paar Background-Tänzer zur Seite stellen und billigen Eurodance einspielen. Coco Jambo, Stargrove! Für Regisseur Gil Bettman hat sich dieses gewagte Crossover leider nicht bezahlt gemacht: Die IMDb weist ihm nach LANCE noch zwei Fernsehregiearbeiten und zwei Spielfilme in den späten Neunzigern zu. Schade, der Mann wäre noch für den ein oder anderen Knaller gut gewesen. Sonst gibt's zu dieser bunt glitzernden Wundertüte nichts mehr zu sagen, außer: Unbedingt besorgen, angucken, verehren. Wer weiß, wenn genug Leute meinem Aufruf folgen, gibt's vielleicht noch ein Sequel. Der John Stamos kann das Geld bestimmt gut gebrauchen ...
#837
Geschrieben 28. Juni 2007, 13:24
Regie: Ernst Hofbauer
Wer diese deutsche Aufklärungsstunde in den Schacht wirft und lustiges Gerammel zwecks eigener manueller Körperertüchtigung erwartet, sieht sich erst einmal böse enttäuscht: Bilder von trostlosen Plattenbauten, die wohl so heißen, weil sie auf dem platten Land stehen, verkünden den dawn of men. Der oberschlaue Voice-over-Kommentator sieht sich anhand dieser Bilder sogleich genötigt von den Verfehlungen der Konsumgesellschaft und dem Leben im „goldenen Käfig“ zu schwadronieren. Leidtragende dieses Käfiglebens sind einmal mehr die Frauen, vor allem jene, die der Film als „grüne Witwen“ bezeichnet: Verheiratete (Haus-)Frauen, deren Männer Karriere machen, während sie sich in der Peripherie der Großstädte – und damit im Niemandsland – allein die Zeit vertreiben dürfen. Kein Wunder, dass die Ehe längst ein zum Scheitern verurteiltes Projekt ist. Die vernachlässigte Frau vegetiert ungeliebt vor sich hin und ist bald schon förmlich dazu gezwungen ihrem stets abwesenden Gatten die Hörner aufzusetzen. Diesen „Teufelskreis“ porträtiert der Film in mehreren kleinen „authentischen“ Episoden, die allesamt weitaus weniger authentisch erscheinen als die „erfundene“ Rahmenhandlung. Da gibt es den urbayrischen Bierkutscher (kein Witz!), der beim Getränkeausliefern in eine Canasterrunde komplett nackter und heißhungriger Hausfrauen platzt, die frühreife Tochter, die ihrer Mama den Liebhaber ausspannt, die Hausfrau, die sich in den besten Freund ihres Mannes verliebt, nur um schließlich herauszufinden, dass der genauso ein Arsch ist wie ihr Mann, was sie dann prompt in die Psychiatrie bringt. Aber das ist längst nicht alles: Man wird Zeuge davon wie sich eine „grüne Witwe“ aus Langweile prostituiert, nur um dann schließlich an ihrem Arbeitsplatz dem Gatten zu begegnen, erlebt eine wüste Feier in einer Mietswohnung, bei der sich die männlichen Gäste gegenüber der Frau Nachbarin alles andere als sittsam benehmen, erfährt, warum manche Frauen einen solch enormen Verschleiß an Frauenärzten haben, was eigentlich ein „Körperberater“ ist und warum jeder Jugendliche einmal als Briefträger gearbeitet haben sollte. Es wird sogar die Verbindung zwischen dem Gesamtwerk von Thomas Mann und billiger Pornografie hergestellt!
Diese kleinen Episoden sind, wie man das aus deutschen Mondo-Filmen ja mittlerweile kennt, von ungeahnter Naivität und Verklemmtheit, was in Verbund mit dem vorgetäuschten wissenschaftlichen und seriösen Anspruch einfach urkomisch anzuschauen ist. Da werden immer wieder Interviews mit dem „Volk auf der Straße“ eingeschnitten und „Fachleute“ – Psychologen, Ärzte und sogar Postbeamte! – reden haarsträubenden Unsinn. Damit fallen sie natürlich kaum aus der Rolle, weil die eh nur vorgeschobene Argumentation des Films so haarsträubend löchrig und naseweis ist, dass es nur so kracht im Gebälk. Während wir der frustrierten Ehefrau bei der Masturbation zuschauen, erdreistet sich etwa der Voice-over-Kommentator die Herabwürdigung der Frau zum Lustobjekt in unserer Gesellschaft anzuprangern. Das ist so kackfrech, dass man dem Synchronsprecher, der das ohne sich zu verschlucken über die Lippen brachte, eigentlich einen Preis verleihen müsste. Und wenn das Phänomen der „grünen Witwen“ und der karrieristischen Ehemänner wirklich so verbreitet ist, dass es die deutsche Gesellschaft der frühen Siebziger beinahe aus den Fugen bringt, dann sollte man doch eigentlich annehmen, dass es gar keine Männer mehr gibt, die so viel Freizeit haben, dass jene Witwen mit ihnen ihre Gatten betrügen könnten, oder? Am Ende wird dann auch so ganz gemächlich der zunächst gesellschafts-, system- und damit zwangsläufig patriarchatskritische Ton zugunsten einer Diffamierung der immergeilen Frauen drangegeben, die doch nur ein bisschen Verständnis für ihre nach diesem Film im Schnitt mindestens 20 Jahre älteren Gatten aufbringen müssten. Ja, es stimmt einiges nicht im Hofbauerschen Staate Deutschland: Hohe Wirtschaftsbosse leben in schäbigen Mietwohnungen, die immer wieder als „unbezahlbar“ gepriesen werden. Es waren wohl andere Zeiten damals. Das wurde mir schlagartig klar, als in einem der zahlreichen Interviews „die kommende Vier-Tage-Woche“ erwähnt wird. Diese Utopie lässt mich seitdem nicht mehr los. Wann kommt sie denn bloß ...
#838
Geschrieben 29. Juni 2007, 09:55
Regie: Ernst Hofbauer
Nach den unzüchtigen Umtrieben ungezogener Ehedamen, die als „grüne Witwen" zum großen Halali auf die Männerschaft bliesen, widmet sich Ernst Hofbauer nun einem ganz neuen, andersartigen Phänomen: den unzüchtigen Umtrieben ungezogener Lehrlingsmädchen, Gastarbeiterinnen und anderer nymphomaner Gestalten meist weiblichen Geschlechts im Büro und anderswo. Der Hofbauer bringt es in seiner schonungslosen Reportage an den Tag: Der Arbeitsplatz ist eine Brutstätte außer- und vorehelichen Verkehrs, die vor sexueller Anspannung brodelt wie feuriges Magma. Die Enthüllung dieses skandalösen Zustands verdanken wir dem aufklärerischen Impetus der Macher, die das haarsträubende Urteil einer Gerichtsverhandlung, mit der der Film beginnt, dazu treibt, Klarheit zu schaffen, falsche Scham zu bekämpfen und den Teufel mit dem Beelzebub auszutreiben. Der rasende Reporter traut bald schon seinen Ohren nicht mehr. Die vor das Mikrofon Gezerrten geben nur allzu bereitwillig Auskunft über ihr sündiges Treiben, beinahe jede Frau wird am Arbeitsplatz sexuell belästigt (in den Po oder den Busen gezwickt oder auch schon mal saftig zwischen die Beine gegrabscht), jeder Mann fühlt sich vom willigen Fleisch um sich herum zum Handeln förmlich genötigt. So zum Beispiel ein Herr, der jeden Tag mit 40 (!!!) jungen Frauen auf engstem Raum eingepfercht ist. Der weiß was zu erzählen! Vor allem die Gastarbeiterinnen haben es faustdick zwischen den Beinen. Diese immergeilen Früchtchen mit ihrem südländischen Temperament sind einfach zu viel für den armen Mann, der von gierigen Blicken förmlich gepfählt wird. Soso, die Südländerinnen also ... Gleich mal eine beim Einkaufen abgefangen und gefragt: „Sind sie schon mal am Arbeitsplatz sexuell belästigt worden?" „Sexuell, wiewas? Ich nix verstehen." „Wollte schonmal ein Kollege machen amore?" Bei so viel Einfühlungsvermögen kann die Gastarbeiterin dann auch nicht mehr an sich halten und es bricht äußerst sprachbegabt aus ihr hervor, wie sie allenthalben von lüsternen Kollegen in Ecken gedrängt werde ... Ja, die alte Redensart, nach der das Vergnügen nach der Arbeit kommt, ist in der Republik der frühen Siebziger offensichtlich in Vergessenheit geraten. Warum auch auf später verschieben, was man gleich haben kann? Und so wird in Lastenaufzügen, Garagen und Lagerräumen gerödelt und gerammelt, dass dem Personalchef glatt die Hornbrille beschlägt.
Wie auch der Vorgänger WAS MÄNNER NICHT FÜR MÖGLICH HALTEN brilliert Hofbauers knallhart recherchiertes Stück Investigativjournalismus vor allem durch seine mäandernde Argumentation, die es jedem Recht macht und trotz des vollmundig verkündeten Versprechens am Schluss, jetzt endlich mal mit einem Tabu gebrochen zu haben und eine wichtige und längst überfällige Debatte angeregt zu haben, für so viel Klarheit sorgt wie die Mischung aus leerer Scheibenwaschanlage und kaputtem Scheibenwischer auf einer vollgeschissenen Autofrontscheibe. Da sind es mal die an Cronenbergs Sexmutanten aus SHIVERS erinnernden Lehrlingsmädchen, die es einfach immer brauchen und mal die Gastarbeiterinnen, die mit einer verkommenen heidnischen Moral und dem heißen Blut des Südens ausgestattet nix von deutschen Tugenden halten und sich verhalten wie ausgehungerte Tiere. Da erscheint der Mann als verlorenes Opfer. Aber im Grunde gefällt ihm das ganz gut, denn wer kann es ihm da schon verübeln, dass bei so viel Möglichkeiten irgendwann der Widerstand nachlässt, der dünne Schleier der Zivilisation fortgerissen wird und die nach Körpersäften gierende Bestie ausbricht? Und so ist auch der Mann ganz weit vorn mit dabei, wenn es darum geht, die lästige Arbeit mal für fünf Minuten zu vergessen. Allen voran der im Fachjargon so genannte „Firmen-Casanova", der seine Mission erst dann beendet sieht, wenn er auf allem, was zwei Brüste besitzt, mal draufgelegen hat.. Im Vergleich zu den vertierten Nymphomaninnen ist er aber eigentlich einer, dem man auf die Schulter klopfen möchte und sagen: „Mannomann, du bist mir einer!" Das Problem ist natürlich systeminhärent und lässt sich schon mit Milchmädchenmathematik berechnen. Denn es ist - laut Fachmann - eine der erwiesenen Grunderkenntnisse der Sozialpsychologie, dass die Sympathie füreinander proportional zur Anzahl der Begegnungen ansteigt. Da muss es ja zwangsläufig zu wüsten Orgien im Büro kommen! Und so sitzt man am Ende da, verzweifelt an der Absurdität der Welt und möchte einen schweren Felsbrocken den Berg hochrollen. Wie immer, wenn einem der Hofbauer die Welt erklärt hat.
#839
Geschrieben 01. Juli 2007, 12:51
Regie: Eberhard Schröder
Beim dritten REPORT hintereinander machen sich dann doch erstmals leichte Ermüdungserscheinungen breit: Das Thema, das im Titel suggeriert wird, ist eigentlich gar keins: Statt der erwarteten "Liebe auf der Schulbank" gibt es hier Teenieromanzen aller Art, Schüler sind nicht zwingend anwesend. Nach dem aparten Vorspann, der uns deutsche Paare im Wandel der Zeit zwischen wilhelminischen Kaiserjahren und Gegenwart zeigt – Höhepunkt: "Ja, schenken wir unserem Führer ein Kind!" –, geht es mit einer neckischen Episode um ein paar junge Gebirgsjäger weiter, die auf zwei ebenso experimentierfreudige wie abenteuerlustige Bergwanderinnen treffen. In weiteren bemitleidenswert harmlosen Geschichtchen geht es um rivalisierende Jugendliche die sich – so gar nicht nett und noch weniger lustig – beim Sex mit Wespennest respektive Stromschlägen und Feuerwerkskörpern foppen: kein gutes Vorbild. Außerdem wird ein Heranwachsender bei der Mutter seines besten Freundes zum Schüler in Liebesdingen. Nachdem Elisabeth Volkmann dem Jüngling mit lüsternem Zungenschlag das englische Ti-Äitsch gelehrt hat, bleibt keine Drüse trocken. Der Sohnemann findet's gar nicht so schlimm, er kennt schließlich die Mutter. Zwei Nachbarsfamilien geraten in Streit, weil der Sohn der einen angeblich Sex mit der Tochter der anderen hat. Eine Untersuchung beim Arzt, dessen schriftliche Diagnose zu Hause von den gemeinsam anwesenden Eltern verlesen wird (!), bringt jedoch Licht ins Dunkel und beweist, dass außer ein bisschen Petting noch nix passiert ist. Höhepunkt des munteren Treibens ist der Auftritt des blutjungen und noch etwas pummeligen Sascha Hehn, der eigentlich seine Tänzerfreundin in der Garderobe des Theaters vernaschen will, schließlich aber der Operndiva den Frosch aus dem Hals vögeln darf. Abgerundet werden diese frivolen Filmchen durch herrlich altmodische Cartoons, die das Thema der Episoden vorwegnehmen und ein bisschen an die Animationen erinnern, die in Verbraucherschutz- und Wirtschaftsmagazinen a la WISO zum Einsatz kommen. Insgesamt aufgrund des beliebigen Themas bislang der schwächste der in der Kinowelt-Box enthaltenen Sexfilmchen. Aber immerhin veranlasst mich der erneut überdeutlich anwesende moralische Impetus dieser Filme, sie als urdeutsches Aquivalent zu den moralischen Lehrstunden der us-amerikanischen Serie TALES FROM THE CRYPT anzusehen.
#840
Geschrieben 01. Juli 2007, 13:19
Steve Di Marco, Paul Ziller
Frank Rossi (Roddy Piper), ein Cop, ist dem Drogendealer Kasajian (Nigel Bennett) auf der Spur. Bei einem Deal, den Rossi mit seinem Partner überwacht, mischt sich aber plötzlich ein Unbekannter ein: Der schwarze Billy (Billy Blanks) tritt auf eigene Rechnung gegen die Bösewichte an, weil einer von Kasjians Männern mit seiner Schwester liiert ist. Im Folgenden hat es Rossi also mit zwei gefährlichen Mördern zu tun, denn Billy setzt seinen Ein-Mann-Krieg gegen das Syndikat des Verbrechers fort und hinterlässt eine Spur von Leichen. Und irgendwann erkennt Rossi, dass es besser ist, mit dem Vigilanten zusammenzuarbeiten als gegen ihn vorzugehen ...
BACK IN ACTION ist ein Paradebeispiel für den Mitte der Neunziger in der SPLATTING IMAGE geprägten Ausdruck der "Actiongülle", die damals, als der Videomarkt noch boomte, ihre Sternstunden feiern konnte. Leute wie Gary Daniels, Lorenzo Lamas, Joe Lara, Olivier Gruner, Don "The Dragon" Wilson oder eben die hier agierenden Roddy Piper und Billy Blanks wurden zu den Stallones/Schwarzeneggers der schmalen Geldbeutel und zelebrierten in ihren preiswert produzierten DTV-Filmen genau jene Gewalt und Zerstörung, die aus den Mainstraem-Actionproduktionen mehr und mehr verschwand. BACK IN ACTION dürfte in Deutschland seinerzeit einer der geschnittensten Filme überhaupt gewesen sein, was ausnahmsweise tatsächlich einmal auf das schier überwältigende Pensum an Schläge- und Schießereien, Einschüssen, Genickbrüchen und sonstigen Nettigkeiten zurückzuführen war und nicht auf Dialog- und Handlungskürzungen. BACK IN ACTION ist mit seinem kongenial programmatisch-verkürzten Titel sowas wie die Apotheose des Actiongülle-Vehikels: Der mehr als bekannte Plot wird dermaßen ökonomisch abgespult, dass man sich selten langweilt, und ehe man es sich versieht, landet man schon in der nächsten Actionsequenz. Diese sind alllesamt von ausgesuchter Brutalität und Ruppigkeit. Vor allem Billy Blanks rastet in seinen zahlreichen Kampfeinsätzen völlig aus, drischt mit äußerster Vehemenz (untermalt von ehrfurchtgebietenden Soundeffekten) auf die Schädel seiner Gegner ein und lässt auch dann noch nicht locker, wenn diese bereits zu einem winselnden und blutenden Haufen zusammengesunken sind. Überhaupt Billy Blanks: Wer sich da heute mit seinem hausfrauenfreundlichen Tae-Bo-Programm zum Millionenverdiener gemacht hat, jagt in BACK IN ACTION nur Angst ein. Seine Physiognomie macht ihn eigentlich völlig Heldenrollen-untauglich: Mit der hohen, wulstigen Stirn, den weit auseinanderliegenden Glubschaugen, der merkwürdigen Oberlippenpartie und dem leichten Überbiss sieht er aus als wäre er Tourneurs I WALKED WITH A ZOMBIE entsprungen. Dazu gesellt sich dann noch der massive Oberkörper, fertig ist der schwarze Mann, dem man nicht im Dunkeln begegnen möchte. Roddy Piper füllt neben dem Kampfsportexperten Blanks eher die Rolle des ehrlichen Brawlers aus, der kämpft wie ein Löwe und ebenso viel einsteckt wie er austeilt. Er macht seine Sache hier sehr gut und man fragt sich, warum er nicht auch in etwas größeren Filmen (nach THEY LIVE) mal eine Chance bekam. Vielleicht war es das Alter. BACK IN ACTION kommt jedenfalls auch 13 Jahre nach Ersterscheinen erstaunlich frisch und unverbraucht daher und schafft das Kunststück, nach 80 Minuten beinahe ununterbrochenen Spektakels mit dem Showdown nochmal eine Schippe draufzulegen. Für Freunde des derben Vergnügens essenziell.
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