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In meinem Herzen haben viele Filme Platz - Filmforen.de - Seite 32

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In meinem Herzen haben viele Filme Platz


2138 Antworten in diesem Thema

#931 Funxton

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Geschrieben 02. September 2007, 21:02

Zitat entfällt.

Le Grand Blond Avec Une Chaussure Noire (Der große Blonde mit dem schwarzen Schuh) ~ F 1972
Directed By: Yves Robert


Der Konzertgeiger Perrin (Pierre Richard) gerät durch einen dummen Zufall in die Fehde zweier Geheimdienstoberer. Er soll Colonel Toulouse (Jean Rochefort) als Köder dienen, um dessen nichtsahnenden Konkurrenten Milan (Bernard Blier) aus der Reserve zu locken. Nichtsahnend wird Perrin von da an unentwegt von zwei Seiten überwacht, gerät aber immerhin auch an eine flotte Spionin (Mireille Darc).

Die Geschichte des Normalbürgers, der in eine Spionageaffäre gerät, ist reinstes Hitchcock-Metier. Für "Le Grand Blond" wurde es in treffender Weise parodiert und darüberhinaus in jeder Beziehung ad absurdum geführt. Der Überwachte erweist sich als semiexzentrischer Spießbürger, was seine Überwacher, die mit immer größeren Mündern und ungläubigeren Gesichtern vor Abhöranlage und Monitor sitzen, lediglich als Teil seiner perfekten Tarnung werten. Manche Szenen wie das schieflaufende Konzert und die Verführung Perrins durch die Darc in der erotischsten Abendrobe der Filmgeschichte (keine Übertreibung) mitsamt sich verselbstständigendem Dudelsack sind längst Evergreens des französischen Leinwandhumors und innerhalb ihres mitunter geradezu kunstvoll erarbeiteten Kontextes nach wie vor von großer Vergnüglichkeit. Dass sich die Schurken am Ende gegenseitig aus dem Weg räumen, ohne dass Perrin auch nur das Geringste davon mitbekäme, ist von einer geradezu poetischen Gerechtigkeit, die man sich für alle armen Tröpfe wünscht, welche irgendwann mal im Kino das Opfer einer Intrige aus heuterem Himmel wurden.

8/10

#932 Funxton

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Geschrieben 09. September 2007, 12:49

"I'm expendable."

Rambo: First Blood Part II (Rambo II - Der Auftrag) ~ USA 1985
Directed By: George P. Cosmatos


Nach seinem effektvollen Ausraster schmachtet Rambo (Sylvester Stallone) in einem Steinbruch. Dann erhält er die Offerte, in vietnamesischen Dschungel nach dort verbliebenen Kriegsgefangenen zu fahnden und Fotos zu schießen. Rambo nimmt an und entdeckt nach einigen Zwischenfällen tatsächlich ein Lager, in dem einige GIs festgehalten werden. Er begeht jedoch den folgenschweren Fehler, einen von ihnen (Don Collins) mitzunehmen. Der Unternehmensleiter Murdock (Charles Napier) befürchtet einen politischen Eklat und befiehlt, Rambo zurückzulassen. Dieser gerät in Gefangenschaft und wird von einem russischen Militärberater (Steven Berkoff) gefoltert. Nachdem es Rambo dann gelungen ist, sich zu befreien, kapert er einen Helikopter und bringt alle gefundenen POWs mit zu Murdocks Camp.

Mit der deutlich different gelagerten Fortsetzung des Kriegsheimkehrer-Actioners "First Blood" gelang Stallone einer der größten Coups seiner Karriere. "Rambo: First Blood Part II" provozierte damals weltweite Aufschreie um aggressionsschürende Kriegspropaganda, die in ohnehin wackligen Zeiten ein Thema aufgreife, das, so postulierte man allerorten, doch bitteschön längst bei den historischen Akten zu liegen habe. Für die US-amerikanische vox populi zur Regentschaftsära Reagan entpuppte sich "First Blood II" als Seelenbalsam und war demzufolge extrem einträglich. Der rote Teil der Welt reagierte verhalten bis verärgert und selbst bis in unser kleines Städtchen am Niederrhein reichte das Medienecho: Gern krame ich immer die alte Anekdote aus dem Herbst 85 hervor. Ich besuchte seit Kurzem das 4. Schuljahr und wir nahmen mit einigen anderen Klassen Dinslakener Grundschulen an einer Demo in der Innenstadt teil (bzw. wurden zur Teilnahme genötigt), die anlässlich des Kinostarts von "Rambo II" in unserer Lichtburg initiiert wurde und auch im Allgemeinen die Gefahren gewaltverherrlichender Filme aufzeigen sollte. Die Diskussion um den schädlichen Einfluss der Horrorvideos war gerade ebenfalls ein heißes Eisen und so kam eins zum anderen. Nur ein paar Wochen später flatterte dann über einen Arbeitskollegen meines Vaters eine Videocassette ins Haus, auf der sich beide "Rambo"-Filme befanden. Vergessen und vergeben war die zuvorige Instrumentalisierung meiner Person (und die einiger hartgesottener Spielplatzkollegen) zu öffentlichkeitswirksamen Aufschreizwecken. Ich liebte (und liebe) beide Filme und habe sie von da ab etwa einmal wöchentlich angesehen.
Den deutschen Dialog beherrsche ich noch immer auswendig; interessant und mitunter schwärmerisch ist die "First Blood II"-Rezeption nach wie vor. Ich muss als vernunftbegabter Berufspädagoge selbstverständlich konstatieren, dass die Grundhaltung des Films, sein moralisches Konstrukt samt seiner gewissermaßen perfiden Erscheinung unhaltbar sind und biete damit sicher keine ernsthafte Angriffsfläche. Andererseits kann das alles mir aber nicht den unabdingbaren Status des Films als einer der großen Archetypen der Filmgeschichte verleiden, der es - jawohl - immer noch wert ist, gesehen zu werden. Meinethalben als Exempel für amerikanischen Medienpopulismus, meinethalben als Hauptbaustein des 80er-Actionfilms, meinethalben auch zum Zwecke soziologischer Empirie. Ich muss mit einem etwas kläglichen Eingeständnis schließen: Mir war nach Muskeln, Ballerei und Explosionen, auf schmerzlich formbrillant austarierter Klaviatur komponiert und vorgertragen. Ach, und Hubschraubern. Rock on.

8/10

#933 Funxton

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Geschrieben 10. September 2007, 14:29

"We're all out of our minds."

Scaramouche ~ USA 1952
Directed By: George Sidney


Nachdem der Lebemann André Moreau (Stewart Granger) mehr oder weniger widerwillig in die prärevolutionären Pariser Strömungen hineingerissen wird, sieht er sich gezwungen, seinem rebellischen Freund Philippe (Ricard Anderson), der fliehen muss, unter die Arme zu greifen und zur monetären Aufbietung von seinem eigenen, ebenso aristokratischen wie mysteriösem Stand Gebrauch zu machen. Philippe jedoch wird vom Marquis de Maynes (Mel Ferrer), einem Günstling der Königin (Nina Foch) und Meister am Degen, herausgefordert und getötet. Moreau muss selbst flüchten und verbirgt sich künftig hinter der Maske des Gecken Scaramouche, während er unerkannt am Fechthandwerk feilt, um den Marquis zur Rache zu fordern.

Wer handwerklich einwandfreie swashbuckler mit ironischem Unterton mag, kann bei "Scaramouche", nach einem erfolgreichem Abenteuerroman entstanden, wenig falsch machen. George Sidney neigt etwas mehr zu auflockernden Albernheiten als sein Warner-Kollege Michael Curtiz, hat aber ein ebenso begeisterndes Gespür für Farbfülle, Bildgestaltung und Spannungsmomente. In solch prallem MGM-Technicolor macht selbst das geknechtete französische Volk noch einen lebensfrohen Eindruck. Granger schert sich sowieso um wenig weiter als um die hübschen Roben der noch hübscheren mademoiselles (Janet Leigh - hui!) und lässt seine gewisse Arroganz in den Gesichtszügen nur selten verschwinden. Der perfekte Film für den Sonntagskaffee mit Pflaumenkuchen und gleichermaßen verkatertem Kumpel (wo "Scaramouche" gestern tatsächlich seine Wiederaufführung erlebte).

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#934 Funxton

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Geschrieben 10. September 2007, 14:43

"It's still there."

The Yakuza ~ USA 1974
Directed By: Sydney Pollack


Von Tanner (Brian Keith), einem alten Freund aus Kriegstagen, wird Harry Kilmer (Robert Mitchum), Kenner japanischer Lebenskultur, gebeten, Tanners Tochter (Lee Chirillo) in Tokyo aus der Gewalt des gefürchteten Yakuza-Oberhauptes Tono (Eiji Okada) zu befreien. Kilmers frühere Flamme Eiko (Keiko Kishi) lebt ebenfalls in Tokyo. Kilmer will die über die Jahrzehnte abgekühlte Liebe zu ihr nutzen, um so an Eikos Bruder Ken (Ken Takakura), einen ehemaligen Yakuza, heranzukommen. Dieser soll ihn dann zu Tono führen.

Guter 70er-Krimi mit culture clash - Thematik, der sein größtes Verdienst darin hat, einem westlichen Publikum einige Bausteine japanischen Denkens und Handelns zu erläutern und nahezubringen. Der flow des Films ist vollkommen sanft, unaufgeregt und lässt sich durch nichts stressen - selbst die durchaus harten Kampfeinlagen machen dem keinen Strich durch die Rechnung. Hervorragender Mann für den Hauptcharakter Kilmer ist der in den Jahren zuvor deutlich gealterte Mitchum, der nichtsdestotrotz eine Präsenz an den Tag legt, die auch wesentlich jüngere Kollegen nie erreichen. Für Pollack, einen verhältnismäßig wenig arbeitsamen Regisseur, ist "Yakuza" etwas ungewöhnlich, weil recht verschlossen und bedächtig, mit einem Blick auf die Script-Credits kommt aber Licht ins Dunkel - dieses stammt von Paul Schrader, selbst ein begeisterter Anhänger japanischer Lebensart.

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#935 Funxton

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Geschrieben 13. September 2007, 13:36

"I interfere whenever and wherever I like!"

The Adventures Of Sherlock Holmes (Die Abenteuer des Sherlock Holmes) ~ USA 1939
Directed By: Alfred L. Werker


Nachdem sein Erzfeind Moriarty (George Zucco) vor Gericht einen Freispruch erwirken konnte, sitzt Sherlock Holmes (Basil Rathbone) auf glühenden Kohlen. Moriarty versichert Holmes, dass es sich bei seinem nächsten und letzten Coup um nichts weniger als ein historisches Verbrechen handeln werde, dem der Meisterdetektiv gar nicht auf die Schliche kommen könne. Kurz darauf erhält Holmes einen dringenden Auftrag: Eine junge Frau (Ida Lupino) sieht ihr Leben und das ihres Bruders (Peter Willes) bedroht.

Fast unmittelbar nach dem ersten Rathbone-Holmes "The Hound Of The Baskervilles" produzierte Fox diesen "Fortsetzung", die sich im Gegensatz zum ersten Film allerdings nicht an einer Originalvorlage Arthur Conan Doyles sondern an einem Bühnenstück über den berühmten Detektiv orientiert. Qualitativ dem ersten noch geringfügig überlegen, kann man dennoch beide Filme zu den kleinen Meisterstücken spätexpressionistischer Schauerromantik zählen. Zwar stehen hier keine übernatürlichen Topoi im Vordergrund, die Fertigung der beiden Werke um den exzentrischen Kriminalisten mit ihrem viktorianischen Hintergrund, wallenden Nebeln, nächtlicher Finsternis und schwarzem Humor gereicht dem Genre dennoch zur respektablen Ehre. Rathbone gilt noch heute vielen als der Film-Holmes überhaupt. Ich mag auch einen Großteil seiner Nachfolger; für eine kinematographische Werkschau sind zumindest die beiden genannten Filme in jedem Falle unerlässlich.

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#936 Funxton

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Geschrieben 15. September 2007, 08:45

"No one will remember men who lose."

Walker ~ USA/MEX/E 1987
Directed By: Alex Cox


Um eine freie Handelsroute über Nicaragua für sich zu gewährleisten, engagiert der Großindustrielle Vanderbilt (Peter Boyle) den exzentrischen Abenteurer William Walker (Ed Harris). Dieser soll den kleinen Staat befrieden und eine Übergangsregierung einsetzen. Nach dem überraschenden Tod seiner Braut (Marlee Matlin) nimmt Walker an und marschiert mit einer verlotterten Kleinarmee in Nicaragua ein. Den Präsidententitel heftet sich Walker kurz darauf selbst ans Revers, stürzt das Land aber zunehmend in Terror und Armut, bis er sich seinen ehemaligen Auftraggeber zum Feind macht und abgesetzt wird.

Regiepunk Cox' bissige Anklage gegen Imperialismus und Interventionspolitik. William Walker ist eine obskure, aber authentische Figur, die in der krisengebeutelten Historie Nicaraguas von 1856-57 tatsächlich für kurze Zeit die Landesgeschicke bestimmte. Wie es so Cox' Art ist, lässt er Walker, eine Mischung aus Politphilosoph und Erzpuritaner, zunehmend dem Größenwahn anheim fallen, was Harris mittels einer sehr exponierten Darstellung auch trefflich zu vermitteln weiß. Nachdem Walker sämtliche Stadien despotischer Uncharakteristika durchlaufen hat, wird er am Ende sogar zum Kannibalen.
Ein weiterer witziger Regiekniff Cox', neben dem Einsatz des bewusst unpassenden Scores von Joe Strummer, lässt übrigens unmissverständliche Klarheit darüber zu, dass Gegenwartsbezüge zur amerikanischen Mittelamerika-Politik keinesfalls interpretatorischer Natur sind: Eine Droschke wird von einem 500er Mercedes überholt, ein Desperado trinkt genüsslich eine Flasche Cola und am Höhepunkt der brenzligen Gefechte um den Präsidentenpalast kommt ein US-Chopper mitsamt diversen Marines angeflogen, um "amerikanische Staatsangehörige" zu evakuieren. Dass dabei einige der Rettungsobjekte hinterrücks durchsiebt werden, gehört eben zum Gesetz des Chaos.

8/10

#937 Funxton

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Geschrieben 15. September 2007, 09:03

Zitat entfällt.

La Montagna Del Dio Cannibale (Die weiße Göttin der Kannibalen) ~ I 1978
Directed By: Sergio Martino


Um ihren im Dschungel verschollenen Mann aufzuspüren, reist Susan Stevenson (Ursula Andress) mitsamt ihrem Bruder (Antonio Marsina) und dem Urwaldexperten Foster (Stacy Keach) in die grüne Hölle Neuguineas. An einem riesigen Berg soll der Stamm der Pukas hausen, Kannibalen, die mit dem Verschwinden Stevensons offensichtlich etwas zu tun haben. In einer Mission stößt man noch auf den Arzt Manolo (Claudio Cassinelli), der das Trüppchen fortan begleitet und alsbald herausfindet, dass die sauberen Geschwister ein doppeltes Spiel spielen.

Martinos Kannibalenstreifen bettet sich ohne Widerhaken in die Typologie des Subgenres ein. Sämtliche Dreingaben, die man in einem Film dieser Etikettierung anzutreffen befürchtet, erwartet und hofft, begegnen einem dann auch tatsächlich früher oder später - seien sie formaler oder ideologischer Herkunft. Interessant bei Kannibalenfilmen ist ja insbesondere die ewige Rechtfertigung der Produktion für die Diffamierung der Naturvölker: Zwar dürfte es für den abendländischen Kinogänger kaum etwas Widerlicheres geben, als angesichtig zu werden, wie gelb-braune Urmenschhauern rohe menschliche Eingeweide zermahlen, die eigentlichen Lumpen sind dann aber doch noch immer die Ressourcenausbeuter, die 1.) sogar in Kauf nehmen, dass ihre Gier noch mehr missionarischen und zivilatorischen Eifer in die Region bringen wird und 2.) zu blöde sind, sich vor Strahlung in Acht zu nehmen.
Anyway. Von wesentlich nachhaltigerem Belang ist ohnehin viel eher, dass Ursula Andress auch mit 42 noch reuelos blankziehen kann und die inhaltliche Funktion von Hasenscharte Stacy Keachs Figur sich mir nur schleierhaft erschließen möchte. Und selbstredend, dass ich einhundert Minuten guten, schmutzigen Kannibalenspaß hatte.

6/10

#938 Funxton

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Geschrieben 15. September 2007, 13:39

"Who are you?" - "Your worst nightmare."

Rambo III ~ USA 1988
Directed By: Peter MacDonald


Rambo (Sylvester Stallone) hat sich in ein thailändisches Kloster zurückgezogen, wo ihn Colonel Trautman (Richard Crenna) findet und aufsucht, um ihn erneut um einen Gefallen zu bitten: Es geht darum, als Begleiter Trautmans eine kleine Schar afghanischer Mudschahidin für den Kampf gegen die sowjetischen Besatzer auszurüsten und zu beraten. Rambo lehnt ab mit der Begründung, dass das Kämpfen für ihn ein Ende haben müsse. Dann wird Trautman im Feindesgebiet gefangengenommen und in ein russisches Lager verschleppt. Rambo hört davon und macht sich auf eigene Faust auf, seinen ehemaligen Ausbilder rauszuhauen.

Mittelprächtige Qualitätsarbeit, nicht mehr. Dem dritten "Rambo" fehlt die Schärfe und Kernigkeit, die seine Vorgänger auszeichnete. Sowohl die finstere, tragische Atmosphäre des Erstlings geht ihm ab als auch der naive Kleinkindeszorn des Nachfolgers. In diesem dritten Film gibt es nur eine weitere Mission, an einem willkürlich ausgekundschafteten Nebenschauplatz des Kalten Kriegs. Ironischerweise hatte "Rambo III" zum Zeitpunkt der Premiere auch noch sein letztes Fünkchen inhaltlicher Brisanz eingebüßt, denn die Realität hatte das Filmgeschehen längst überholt. Als pyromanische Orgie mit inflationärem Bodycount musste der Film sich somit einen harten Platz im Herzen der Stallone-Fans erwirtschaften, den er auch durch die Jahre nie so ganz einzunehmen vermochte. Hinzu kam damals nämlich noch, dass des Hauptdarstellers Popularität etwas angeknackst war. Dem vermochte er mit diesem recht beliebig erscheinenden und leidenschaftslosen Routineprodukt auch kaum entgegenzusteuern, trotz semilegendärer Szenen wie dem Panzer-Hubschrauber-Duell.
Für ein paar Lacher ist "Rambo III" aber nach wie vor gut und, elementarerweise, von ungebrochenem Schnellschuss- Entertainment-Wert

5/10

#939 Funxton

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Geschrieben 16. September 2007, 06:49

"Me and you are of the same blood."

Jungle Book (Das Dschungelbuch) ~ UK 1942
Directed By: Zoltan Korda


Der kleine Natu verirrt sich im Dschungel und wirrt von einer Wolfsfamilie aufgezogen. Unter den Tieren erhält er den Namen Mowgli. Erst viele Jahre später kehrt er als Jüngling (Sabu) in das Menschendorf zurück, wo ihn seine leibliche Mutter (Rosemary De Camp) wieder aufnimmt und in die Regeln der Zivilisation einführt. Mowgli muss bald erkennen, dass die Dschungelgesetze in ihrer existenziellen Überschaubarkeit ihm eher zusagen als die Habgier und Zwietracht der Menschenwelt.

Als einer der versiertesten Technicolor-Filmer vermochte Korda es auch bei diesem Beispiel, den Einsatz von Farben so prachtvoll zu gestalten wie seinerzeit nur wenige andere. Der indische Dschungel, der vollständig im Atelier entstanden ist, schaut aus wie das stilisierte Idealbild der entsprechenden Landschaft. "Jungle Book" zeigt dabei eindrucksvoll, wie anregend auch ein betont artifizielles Panorama sein kann. Die Magie von Kiplings Vorlage fängt der Film trotz einiger - wohl budgetbedingter - inhaltlicher Modifikationen in adäquater Form ein und versieht die Romangeschehnisse mit einer zusätzlichen Prise noch heute gültiger ethischer Leitfäden, die glücklicherweise nie aufgesetzt anmuten. Nicht zuletzt deshalb ist "Jungle Book" als Fantasy- und als Kinderfilm immer noch uneingeschränkt goutierbar.

9/10

#940 Funxton

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Geschrieben 16. September 2007, 07:16

"I didn't start it, but I mean to see it through."

Shooter ~ USA 2007
Directed By: Antoine Fuqua


Nachdem er bei einem Einsatz in Äthiopien im Stich gelassen wurde und seinen Partner (Lane Garrison) verloren hat, zieht der Scharfschütze Swagger (Mark Wahlberg) sich in die Rocky Mountains und damit ins Exil zurück. Dort wird er nach einiger Zeit von ein paar Regierungsbeamten (u.a. Danny Glover, Elias Koteas) ausfindig gemacht. Diese möchten ihn engagieren, die Planung für ein Attentat auf den Präsidenten vorzunehmen, um einen befürchteten echten Anschlag verhindern zu können. Swagger nimmt widerwillig an, wird aber verladen und von den sich als Verschwörern entpuppenden Hintermännern zum Staatsfeind erklärt. Der "Shooter" jedoch ist bereit, das Spiel mitzuspielen ...

Handfeste, sauber gefertigte Action, weitgehend frei von den mittlerweile ja beinahe obligatorischen Mätzchen zwischen DV-Kamera und Schnittrekord. Wie sein Kollege Andrew Davis noch vor 14 Jahren bei dem motivgeschichtlich verwandten "The Fugitive" nutzt Fuqua die Gunst der Stunde, sich mehr auf seinen Helden und dessen Werdegang inmitten der ihn einwickelnden Intrige zu verlassen als auf redundante formale Überfrachtungen. Ebenso erfrischend fand ich, dass "Shooter" nicht auf den augenscheinlich jüngst entfesselten Retro-Zug aufszupringen versucht. Inmitten all der unsteten Bemühungen, innovatives Genrekino auf die Bewine zu stellen, macht Fuqua also das einzig Richtige: Er lässt die Innovation außen vor. Atempausen gibt es zur Genüge, Platz für eine halbwegs anregende Geschichte samt moralischem Konstrukt bleibt ebenfalls. Wobei hier die geringfügigen Schwachstellen liegen: Swaggers Status als Soldat und Massenmörder von Regierungsgnaden wird vollkommen bagatellisiert - man habe ihn schließlich zu dem gemacht, was er ist und müsse sich daher auch nicht über seine Effektivität als Vergelter wundern. Mithin sei der patriotische Knopf immer noch der, den man bei ihm zu drücken habe. Unmissverständlich ausgesprochene Fakten, deren Einbindung in das fiktive Geschehen so zwar nötig ist und die dem Hauptcharakter eine gewisse Authentizität verleihen, die in ihrer unkritischen Darlegung im Kontext eines aktuellen Unterhaltungsfilms aber auch einen durchaus unangenehmen Nachgeschmack präservieren.

8/10

#941 Funxton

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Geschrieben 20. September 2007, 17:36

"I want her back."

Troy (Troja) ~ USA 2004
Directed By: Wolfgang Petersen


Nachdem der trojanische Königssohn bei einer Stippvisite in Sparta Helena, die Gemahlin (Diane Kruger) des Herrschers Menealos (Brendan Gleeson) abschleppt und mit nach Hause nimmt, befähigt sich der gekränkte Gehörnte seines kriegslüsternen Bruders, des Eroberers Agamemnon (Brian Cox), der mit einer gigantischen Seeflotte gen Troja segelt, um dort den greisen König Priamos (Peter O'Toole) um sein Reich zu bringen.

Bei den jüngeren Historienepen aus Hollywood macht das offensichtlich profitable Geschäft mit deren Zweit- und Drittverwertungen als "Director's Cuts" und Ähnlichem insofern Sinn, als das in den längeren Fassungen zumeist Szenen enthalten sind, die detailliertere Bilder von Schlachten und Kampfgetümmel transportieren. Für mich, der sich jene Schinken in erster Linie aus genau dieser Obsessionsbefriedigungssuche heraus anschaut, ein gefundenes Fressen. Es bereitet mir zudem stets besondere Freude zu sehen, wie akribisch (und damit meine ich nicht authentisch) die Studios noch immer Tuch und Bauten von vor Äonen von Jahren wiederauferstehen lassen - auch wenn dieser Tage bekanntermaßen vieles an überdosierter Digitalis krankt.
"Troy" musste immer besonders herbe Kritik einstecken und als semi-mythologisches Stück mit einem recht selbstherrlichen, alles überstrahlendem Brad Pitt gibt es wirklich einige Stellen, bei denen man sich das Schmunzeln nicht verbieten sollte. Dennoch: Wuchtig, blutig und flott mutet mir auch die knapp 200-minütige Version noch an und - tatsächlich - besser und ausgereifter als die Kinofassung. Petersens unbrechbare Naivität muss man verstehen, immerhin sind viele seiner Filme genießbarer als die meisten des Migranten-Kollegen Emmerich. Somit ist "Troy" sicher kein Werk, das man lieben muss, für Schwert-und-Blut-Enthusiasten wäre aber wenigstens dieser Langschnitt eine kleine Empfehlung wert.

7/10

#942 Funxton

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Geschrieben 20. September 2007, 17:57

Zitat entfällt.

L'Important C'est D'Aimer (Nachtblende) ~ F/I/BRD 1974
Directed By: Andrzej Żuławski


Der Fotograf Servais (Fabio Testi) verliebt sich haltlos in die geheimnisvolle und erfolglose Schauspielerin Nadine (Romy Schneider), deren Engagements zwischen Porno und Halbwertkunst sie entscheidende Gefühlsregionen und nahezu den Verstand kosten. Auch Servais arbeitet in der Pornobranche. Um Nadine, die mit dem Lebenskünstler Jacques (Jacques Dutronc) eine bizarre, aber funktionale Ehe führt, ein nachhaltiges Erfolgserlebnis zu verschaffen, finanziert Servais (ohne, dass Nadine davon Kenntnis bekäme) die Bühnenadaption eines Shakespeare-Stücks, das der exzentrische Regisseur Messala (Guy Mairesse) mit seinem halbwahnsinnigen Lebensgefährten Zimmer (Klaus Kinski) in der Hauptrolle zu adaptieren plant. Es bahnen sich allerorten Katastrophen an.

"L'Important" ist, wie vieles von Zulawski, ein Bilderbogen der Tristesse und der Hoffnung, den man in der Folge erstmal tagelang nicht mehr aus dem Kopf bekommt. Letztlich dreht sich doch alles bloß ums Überleben, und ob und wie man es in Zeiten mangelnder Wertmaßstäbe überhaupt noch praktizieren kann. So bleiben einige sympathische Figuren auf der Strecke, sei es emotional, oder weil sie endgültig aus dem Leben scheiden (Michel Robin als verzweifelter Trinker Lapade hat eine seiner Sternstunden). "L'Important" ist vor allem ein Schauspielfilm, der seine Protagonisten sichtbar selbst vor härteste Herausforderungen stellt. Was da an Ausbrüchen und psychischer Zerfleischung geboten wird, das ist schon harte Kost und vermag sich als sehr deprimierend zu entpuppen. Daher gibt es Zeiten, in denen ich mir den Film nicht würde anschauen können, ohne selbst Narben davonzutragen (wobei, die habe ich wohl doch schon längst). Ein größeres Kompliment für Zulawski kommt mir gerade nicht in den Sinn, daher kann und mag ich auch nichts weiter berichten.

10/10

#943 Funxton

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Geschrieben 20. September 2007, 18:25

"How peaceful life would be without love, Adso. How safe, how tranquil ... and how dull."

Der Name der Rose ~ BRD/F/I 1986
Directed By: Jean-Jacques Annaud


Im frühen 14. Jahrhundert reisen der Mönch William von Baskerville (Sean Connery) und sein Novize Adson (Christian Slater) zu einer norditalienischen Abtei. Dort soll ein Disput zwischen Franziskanern und Benediktinern ausgetragen werden, der um die Frage des moralischen Rechts des Klerus auf materielle Reichtümer kreist. Der sakrale Frieden in den Klostermauern wird jedoch just bei Williams Ankunft von einigen Mordfällen überschattet, die der bodenständige Gottesmann sich mit schneidigem Verstand zu lösen aufmacht.

Als Literaturverfilmung ist "Der Name der Rose", typisch für Eichingers zahlreiche dahingehende Projekte, ein moderater Reinfall. Komplexität und Vielfalt von Ecos Vorlage konnten Zwecken der Publikumswirksamkeit gewissermaßen auch nur im Weg und daher für ein derart teures Prestigeprojekt, die Tücke des Objekts, lediglich hinten anstehen. Ich mag mich in Bezug auf meine persönliche Rezeptionsgeschichte des Stoffes daher glücklich schätzen, "Der Name der Rose" erstmals kurz nach seinem Erscheinen auf Video und dann noch viele weitere Male in Unkenntnis des Romans gesehen zu haben. Als ich dann einige Jahre später das Buch gelesen habe, konnte mir auch die unausweichliche Wertschätzung desselben den Film nicht mehr verleiden. Dieser Effekt hält sich erfreulicherweise bis heute. Als Unterhaltungsware ist Annaud mit vielen seiner wie üblich schmutzverliebten, halb angeschimmelten und dennoch erlesenen Bildern eine mehr als löbliche Angelegenheit. Ein bisschen affektgeladene Inquisitionsexploitation hier, ein paar philosophische Betrachtungen dort, Schauerromantik wie in einem guten gothic horror flic samt einer Prise Sex und faszinationsschürender Momente, die hier ausnahmsweise tatsächlich ein Höchstmaß an Authentizität transportieren. Folglich akzeptiert man selbst einen (wenngleich zur Höchstform auflaufenden) Sean Connery neben schauspielerischen Schwergewichten wie Helmut Qualtinger, F. Murray Abraham und Michael Lonsdale. Daher ist "Der Name der Rose" für mich auch kein Prügelknabe, sondern eher das hässliche Kind, das die eigene Mutti (in diesem Falle der Papa Annaud) am meisten liebt, und das zurecht.

9/10

#944 Funxton

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Geschrieben 22. September 2007, 11:13

"The boat can leave now. Tell the crew."

Zombi 2 (Woodoo - Die Schreckensinsel der Zombies) ~ I 1979
Directed By: Lucio Fulci


Um den Verbleib ihres Vaters, dessen Segelboot mutterseelenallein (mit Ausnahme eines fetten, einen Wasser-SchuPo annagenden Zombies an Bord) auf dem East River schippert, zu klären, reist die junge New Yorkerin Anne (Tisa Farrow) mit dem Journalisten Peter (Ian McCulloch) zu der Antilleninsel Matul. Zusammen mit einem weiteren Pärchen (Al Cliver, Auretta Gay) werden sie Zeugen, wie sich tote Conquistadoren aus ihren Gräbern erheben und die Inselbewohner attackieren. Der sich stoisch gebende Dr. Menard (Richard Johnson) versucht derweil berharrlich, den übernatürlichen Ereignissen auf die Spur zu kommen.

Fulcis Bester und ein Hauptwerk des Genres außerdem. Formal ist "Zombi 2" von allerhöchsten Gnaden, seine "Augenobsession", für die das Scope-Format geradezu erfunden scheint, kann der Meister hier voll ausleben. Jene Ecken und Kanten sowie die manchmal rohe Ungeschliffenheit des Films, die ihn von seinen vergleichsweise glatten amerikanischen Vorbildern abheben und ihm häufig vorschnell und fälschlicherweise das Etikett "Exploitation" anheften, geben ihm erst seine spezifische Note. Selbst nach vielmaligem Ansehen entdecke ich noch immer Neues und der wabernde Score klingt mir stets auch Tage später in den Ohren. Der gute Norbert Stresau widmete "Zombi 2" in seinem 1987 in der Heyne Filmbibliothek erschienenem Buch über den Horrorfilm einige mehr als treffsichere Zeilen, auf die ich mit Nachdruck verweisen möchte. Er spricht allerdings auch von "ominösen Dialogen" [und benennt als Beispiel einen Ausspruch von Menards eingeborenem Gehilfen Lucas (Dakkar) davon, dass die Toten nicht tot seien und es nichts Totes gäbe]. Da kann ich Stresau zur Abwechslung mal nicht recht geben. Für mein Verständnis gelungener Scripte weist der Text in "Zombi 2", darunter natürlich auch das angegebene Beispiel, geradezu einmalige Momente finsterer Triviallyrik auf. O.a. Zitat gehört längst zu den unsterblichen ersten Worten der Kinogeschichte, das Werk selbst ohne Wenn und Aber in einen jeden Kanon italienischer Filmkunst. Basta.

10/10

#945 Funxton

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Geschrieben 23. September 2007, 11:19

Zitat entfällt.

Gwoemul (The Host) ~ KR 2006
Directed By: Joon-ho Bong


Als ein skrupelloser US-Wissenschaftler die Entsorgung zahlreicher toxischer Abfälle in den Han-Fluss anordnet, entsteht in der Folge ein mutiertes Lebewesen, das sich im Laufe von ein paar Jahren zu einem Untier von beträchtlicher Größe entwickelt und mit Vorliebe Menschenfleisch verspeist. Als das Vieh Hyun-seo (Ah-sung Ko), die Tochter des Kioskbetreibers Gang-du (Kang-ho Song), entführt und in sein Refugium verschleppt, ist der ohnehin vom Leben gebeutelte Mann am Boden zerstört, zumal er das Mädchen zunächst für tot hält. Als Gang-du schließlich mitsamt seinem Vater (Hie-bong Byeon) und seinen beiden Geschwistern (Hae-il Park, Du-na Bae) in eine Virenquarantäne gesperrt wird, scheint der Ofen komplett aus. Urplötzlich erhält Gang-du dann einen Handy-Anruf von Hyun-seo ...

Bei aller Respektabilität: "Gwoemul" gehört zu einer Sorte Film, die ich nicht mag und die mich nicht mag. Da werden bewusst ungeschriebene Genre-Gesetze ignoriert, die bereits seit Dekaden ihre Berechtigung finden und das originär aus der B-Ecke stammende Sujet in einer intellektuellen Zone verortet, die den vermeintlich ja ach so trivialen Monsterstoff mit einer Reflexion aktueller Weltpolitik und lethargischem Trockenhumor samt klinischen DV-Bildern importiert. Und die junge Cineastengeneration schreit wieder Heureka und macht Ostasien einmal mehr zur Zentrale des globalen Kinogeschehens. Meinetwegen, sollen sie.
Mir fehlt bei "Gwoemul" jegliche Beziehungsebene. Aus ästhetischer Warte kann ich mir den Film anschauen, seine fraglos vorhandenen Qualitäten auch erkennen und benennen, emotional erscheint mir das ganze aber seltsam unterkühlt, teilweise sogar buchstäblich antipodisch. Die zahlreichen satirischen Überspitzungen sind zwar alle offenbar, erreichen jedoch ebensowenig mein Herz wie die an sich illustren, leider aber vorsätzlich auf sympathisch-durchgedreht getrimmten Parks. Außerdem fand ich das CGI-Monster bestenfalls leidlich ansprechend. Vorbild für dessen Form und Bewegungsweise ist - unschwer erkennbar - der Kothoga aus Hyams' "The Relic", der zehn Jahre älter ist und in seiner schlichteren, aber ehrlicheren Erscheinung vielleicht nie das ersehnte Prädikat 'originell' erhalten hat, seine Sache zumindest aber Leuten verdankt, die sich im Metier auskennen.

4/10

#946 Funxton

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Geschrieben 24. September 2007, 10:03

"Bogus!"

The Monster Squad (Monster Busters) ~ USA 1987
Directed By: Fred Dekker


Sean Crenshaw (Andre Gower), ein amerikanischer Vorstadtjunge nach Maß, liebt Horrorfilme und alles, was damit zu tun hat. Zusammen mit ein paar Freunden betreibt er den 'Monster-Club', der sich regelmäßig in einem Baumhaus trifft und absolut firm ist, was Filmmonster und deren Bekämpfung angeht. Umso mehr freut sich Sean, als eines schönen Tags Graf Dracula (Duncan Regehr) in der beschaulichen Gemeinde erscheint und zusammen mit seinen Kollegen, dem Monster Frankensteins (Tom Noonan), dem Werwolf (Carl Thibault), der Mumie (Michael McKay) und dem Kiemenmann (Tom Woodruff jr.) die Weltherrschaft anstrebt. Dafür muss sich der alte Raffzahn jedoch ersteinmal ein Buch seines ewigen Konkurrenten Van Helsing (Jack Gwillim) unter den Nagel reißen, dessen aktueller Besitzer Sean ist.

In den 80ern erschien gleich ein ganzer Stoß Kinderfilme, die zum Großteil eigentlich von und für regressiv veranlagte Erwachsene gemacht waren und motivisch dem Phantastischen zuzuordnen sind. Zumeist war dafür der Dunstkreis um Hollywoods (damaligen) Infantilregisseur Nr. 1, Steven Spielberg, verantwortlich, der sich dann auch oft in der Rolle des Produzenten bei den entsprechenden Werken betätigte. "The Monster Squad" von Fred Dekker variierte das Thema der präpubertären Jugendlichen, die sich einer übernatürlichen Bedrohung stellen, als inhaltlich durchaus diszipliniertes Revival der alten Universal-Grusler mit zahlreichen inside jokes, welche zweifelsohne für Zuschauer gemacht waren, die im Genre beheimatet sind. Hinzu kamen einige allgemein verständliche Gags, ein paar kostengünstige, aber ansprechend arrangierte F/X, sowie ein paar subtile dramatische Momente, die den Film auch über seine oberflächlichen Grenzen hinweg zu einem mehr als akzeptablen Status verhelfen. Davon bleiben besonders die (moderate) Krise im Elternhaus der Crenshaws hängen, die deren beide Kinder aufreibt und der Auftritt eines nur als "Scary German Guy" bezeichneten Alten, der sich als ehemaliger KZ-Häftling entpuppt und auf die Bemerkung eines der Kinder hin, er kenne sich aber gut mit Monstern aus, nur antwortet: "Ja, das ist mir auch gerade aufgefallen." Seine besondere Würze erhält der Film aus der bizarren Gruppendynamik der so unterschiedlichen Mitglieder der "Monster Squad", die es wegen mangelnden Erfolges bei der Urauführung leider nie zu einer Fortsetzung gebracht haben. Eine höchst bedauernswerte Angelegenheit, gerade angedenk der Tatsache, dass ein wesentlich schlechterer, bloß viel aufgeblasenerer Streifen wie "Van Helsing" 17 Jahre später genau jene Dollarsäckchen einstrich, die eigentlich dem vorliegenden Film gebührt hätten.

7/10

#947 Funxton

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Geschrieben 24. September 2007, 10:29

"To protect and to serve."

Stakeout (Die Nacht hat viele Augen) ~ USA 1987
Directed By: John Badham


Die beiden Seattler Detectives Chris (Richard Dreyfuss) und Bill (Emilio Estvez) werden zur Beschattung der hübschen Maria (Madeleine Stowe) abgestellt, deren Haus als potenzieller Zufluchtsort für einen entflohenen Sträfling (Aidan Quinn) gilt. Chris gibt sich zwecks Verwanzung von Marias Wohnung als Mitarbeiter der Telefongesellschaft aus und verliebt sich prompt in das Objekt seines Voyeurismus von Berufswegen. Da Chris und Bill im Schichtwechsel mit zwei anderen Kollegen (Forest Whittaker, Dan Lauria) arbeiten, kommt es zu jeder Menge brenzliger Situationen.

Formal ganz mit dem üblichen, poppigen Chic seiner Dekade garniert, offenbart sich "Stakeout" bei näherer Kenntnis der längst verankerten Genrestatuten als denselben zwar verpflichtet, dabei aber ebenso als deutlich herzlicher und menschlicher. Seine Helden möchte er ausnahmsweise nicht als hartärschige, geschiedene Trockenalkoholiker mit Dreitagebart und locker sitzender Kanone charakterisiert wissen, sondern schlicht als Menschen (um nicht zu sagen: Männer). Diese mögen Fast Food, anzügliche Witzchen, nette Frauen, verarschen ihre Kollegen mit größter Vorliebe und hauen öfter daneben als auf den Punkt, sind also echte Allerweltstypen, was durchweg positiv zu verstehen ist. Die üblichen Spannungs- und Actionsqequenzen nicht aussparend, schafft es Badham auf diese Weise ganz vorzüglich, der zunehmend zynischen und oberflächlichen Manier, in deren Kontext sein Film entstanden ist, einerseits zuzuwinken, sie aber andererseits mit einem zufriedenen Schmunzeln zu konterkarieren. Ein paar nachdenkliche Seitenhiebe bzgl. der ja nicht unkritisch zu beäugenden Überwachungsthematik ergänzen den Spaßfaktor um eine intelligente Nuance, so dass man bei "Stakeout" resümierend getrost von einem der besten Polizeifilme der späten Achtziger sprechen kann. Die Fortsetzung fiel dann deutlich schwächer aus, immerhin beeinflusste das Original aber nachhaltig Ralf Huettners unterhaltsame "Musterknaben"-Trilogie.

9/10

#948 Funxton

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Geschrieben 27. September 2007, 08:53

"Meine Frau ist zur Kur in Bad Spänzer. Terenz Hill 27."

Die Supernasen ~ BRD 1983
Directed By: Dieter Pröttel


Die zwei Vollpfosten Tommy (Thomas Gottschalk) und Mike (Mike Krüger) eröffnen mangels anderweitiger Begabungen eine Detektei. Prompt müssen sie ihren ersten, komplexen Fall lösen: Die Frau (Liane Hielscher) des Industriellen Sasse (Gert Haucke) soll ein außereheliches Verhältnis pflegen, das der eifersüchtige Angetraute gern auf Fotos dokumentiert hätte. Im Falle eines Irrtums sollen sich Mike und Tommy selbst als Galane verdingen. Doch es kommt tatsächlich noch dicker: Da Tommy eine frappante Ähnlichkeit mit dem Ölscheich Faruk al Habib (Thomas Gottschalk) besitzt, soll er für ein paar Attentäter (u.a. Otto W. Retzer) den Lockvogel spielen. Chaos vorprogrammiert.

Was für viele LISA-Produktionen gilt, trifft auch bei dieser zu: Liegt nicht ein gewisses Faible für Wörthersee-Klamauk aus der untersten Schublade vor, sollte man das Anschauen von "Die Supernasen" zwei- bis dreimal erwägen. Umgekehrt bietet der seinerzeit in den deutschen Kinos immens erfolgreiche Film dem geneigten Schwachsinns-Chronisten einen reichhaltigen Anschauungspool. Nach einem Buch entstanden, das Gottschalk und Krüger in einem Anfall maßvoller Genialität selbst verfasst haben und das den Löwenanteil seines Humors aus diversen Verwechslungsszenarien sowie den unentwegt abgefeuerten, halbgaren Sprüchen des Duos bezieht, erweist es sich als Lebensaufgabe, aus dem "Supernasen"-Dialog mehr als drei ernstgemeinte Sätze herauszufiltern. Filmisch im Gegensatz zu mancher Gottlieb-Posse völlig indiskutabel, bleibt mir dennoch wieder einmal festzuhalten, dass Szenen wie die mit dem als Winnetou geschminkten Mike Krüger im Englischkurs des Bayrischen Rundfunks, Gottschalk und Krüger beim Aerobic oder die beiden beim scheichischen Empfang stets meine kleine, infantile Sonne aufgehen lassen. Danke dafür.

5/10

#949 Funxton

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Geschrieben 27. September 2007, 09:16

Polanski-Werkschau


Die Ferienzeit bietet unsereinem ja, sofern man im Heimatlichen verweilt, stets die Möglichkeit, einem Filmemacher besondere Aufmerksamkeit zu widmen. Heuer soll diese im Zeichen eines meiner allerobersten Lieblingsregisseure, des als Weltbürger und enfant terrible geschätzten und geschassten Roman Polanski, stehen.
Mit einer der schillerndsten Biografien im Nacken - 1933 geboren in Paris, dann nach Polen remigriert, entkam er im Gegensatz zu seiner Familie der Räumung des Krakauer Ghettos sowie der Deportation nach Auschwitz, ging Anfang der Sechziger als ausgelernter Filmer nach Paris und London, wurde dann von Hollywood entdeckt, verlor Ende der Sechziger seine hochschwangere Frau Sharon Tate bei einem Mordzug der Manson-Family, wurde Ende der Siebziger der Narkotisierung und anschließenden Verführung einer Dreizehnjährigen bezichtigt und ging infolge dessen wieder zurück nach Paris, wo er bis heute lebt - kann Polanski ein Oeuvre vorweisen, das mir durchweg und ausnahmslos gut bis großartig gefällt und daher auch einer dringend fälligen, kompletten Würdigung bedarf. Mit Ausnahme zweier bereits in meinem FTB a.a.O. auffindbaren Beiträge zum Phantastischen Film, "Dance Of The Vampires" und "The Ninth Gate" nun also Polanskis Lang-Filmographie in loser Regelmäßigkeit und chronologischer Abfolge, wobei ich darum bitte, meinen bisweilen vielleicht überschwenglich zu lesenden Enthusiasmus betreffs Polanski zu entschuldigen, ich kann da nicht anders.

#950 Funxton

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Geschrieben 27. September 2007, 09:43

Zitat entfällt.

Nóz W Wodzie (Das Messer im Wasser) ~ PL 1962
Directed By: Roman Polanski


Das arrivierte Ehepaar Andrzej (Leon Niemczyk) und Krystyna (Jolanta Umecka) überfährt auf dem Weg zu einem Wochenend-Segeltörn beinahe einen Studenten (Zygmunt Malanowicz). Andrzej, zugleich wütend und fasziniert von dem jungen Mann, bietet ihm, der seinerseits gleichermaßen angezogen und abgestoßen ist von Andrzejs gesellschaftlicher Etabliertheit, die beiden auf ihrem Ausflug zu Wasser zu begleiten. Zwischen den beiden Männern gibt es immer wieder kleine Sticheleien, die nach rund 24 Stunden in offene Aggression münden.

Für sein Langfilmdebüt wählte Polanski ein sozialkritisches Sujet. Der Konflikt zwischen dem anerkannten, linientreuen Journalisten und dem systemkritischen Jungrevoluzzer dient im Prinzip lediglich als Aufhänger für die innere Bilanzierung der Ehe von Andrzej und Krystyna, die im Finale am bildlichen Scheideweg steht, mit ungewissem Ausgang. Dass die beiden Männer das jeweilige junge bzw. gealterte alter ego des anderen sind (verstärkt wird diese Annahme dadurch, dass Polanski dem Studenten keinen Namen zukommen lässt), ist in diesem Zusammenhang nur als konsequent zu betrachten. Den gesamten Trip des Trios begleitet eine gleichermaßen von Angriffslust und Erotik aufgeheizte Atmosphäre, ein Freudsches Motiv, das ebenso immer wieder bei Polanski hervortritt wie der Reisetopos: Ein einzelner oder eine Gruppe gelangt zu Beginn an ein bestimmtes Ziel und kehrt nach einer zumeist vollendeten inneren Wandlung, manchmal auch in veränderter Konstellation, am Ende wieder von dort zurück.
Noch in schwarzweiß gefilmt scheut Polanski auch vor Christus- und Natursymbolik (die Rauheit des Wetters an der Masurischen Seenplatte als Versinnbildlichung des Inneren der drei Protagonisten) nicht zurück, als sozusagen "typisches" Erstlingswerk erliegt "Nóz W Wodzie" manchmal, wenn auch selten, der Überfrachtung. Dennoch ist er filmisch in jeder Beziehung durchweg beachtlich und weist bereits den Weg, gleich in mehrfacher Hinsicht.

8/10

#951 Funxton

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Geschrieben 27. September 2007, 10:44

"Everything's all right."

Repulsion (Ekel) ~ UK 1965
Directed By: Roman Polanski


Die hübsche Französin Carol (Catherine Deneuve) lebt mit ihrer älteren und weitaus lebenslustigeren Schwester Hélène (Yvonne Furneaux) in London. Carols Neurosen äußern sich speziell in Bezug auf Männer, die sie regelrecht anwidern. Auch der junge und attraktive Colin (John Fraser), der Carol hartnäckig den Hof macht, kann ihre Hemmschwelle nicht schmälern. Als Hélène mit ihrem Liebhaber (Ian Hendry) nach Italien reist, wachsen sich Carols Aussetzer zu einer handfesten Psychose aus, die folgenschwere Gewaltausbrüche und Katatonie nach sich ziehen.

Polanskis erster Film, der uneingeschränkt das Prädikat 'meisterlich' verdient. Nachdem er in Frankreich einen episodischen Beitrag ("La Rivière de Diamants") zu dem Film "Les Plus Belles Escroqueries Du Monde" geliefert hatte, ging der Regisseur nach London, wo nach dessen eigenem Bekunden Mitte der Sechziger "alles passierte" und verfilmte für einige Schnellschuss-Produzenten das erste von ihm und seinem langjährigen Weggefährten Gérard Brach in Zusammenarbeit geschriebene Buch. Auch "Repulsion" zehrt zu großen Stücken von der Psychoanalyse, ist formal und thematisch in weiten Teilen an Hitchcock angelehnt und verlangt der damals 22-jährigen Deneuve eine wahre darstellerische tour de force ab. Im letzten Drittel des Films ist fast ausschließlich nur noch sie zu sehen, wie sie sich mehr und mehr in ihre Isolation und ihre Ängste versteigt, bis sie einfach vollständig zu funktionieren aufhört. Es wird zwar nur angedeutet, erscheint aber gerade nach dem tragischen Schluss so gut wie sicher, dass "Repulsion" die Geschichte eines Missbrauchsopfers erzählt. Auf dem Familienfoto, das sich leitmotivisch durch den ganzen Film zieht und an das erst in der letzten Einstellung herangezoomt wird (hiervon hat sich möglicherweise Kubrick für seinen "Shining"-Abschluss inspirieren lassen), sieht man Carol, wie sie als Kind mit aufgerissenen, emotionslosen Augen auf einen Mann, offensichtlich ihr Vater, starrt. Da offenbart sich dann eine Gewissheit, die man als bedarfter Kenner psychoanalytisch gefärbter Thriller bereits seit rund einer Stunde mit sich herumträgt.
Ein bedrückendes, sehr wahres Werk, das von besonderer Beobachtungsgabe zeugt. Eben meisterlich.

9/10

#952 Funxton

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Geschrieben 27. September 2007, 11:08

"Get the hell outta my ... fortress!"

Cul-De-Sac (Wenn Katelbach kommt) ~ UK 1966
Directed By: Roman Polanski


Die beiden Gangster Dickie (Lionel Stander) und Albie (Jack MacGowran) landen nach einem missglückten Bruch und leicht bzw. schwer verletzt an der nordenglischen Küste. Dort bewohnt der ehemalige Fabrikbesitzer George (Donald Pleasence) mit seiner jungen Frau Teresa (Francoise Dorléac) ein altes Kastell. Dickie nimmt die beiden als Geiseln, informiert seinen Auftraggeber Katelbach telefonisch von der schiefgelaufenen Aktion und wartet auf dessen Ankunft, während Albie an seinem Bauchschuss langsam verreckt. George und Teresa entpuppen sich derweil als hochneurotisches Pärchen. Insbesondere George ist ein wahrer Pantoffelheld, der von seiner Frau regelmäßig Hörner aufgesetzt bekommt und sich ihren Eskapaden hilflos ausgeliefert sieht. Als ein paar Bekannte der Beiden auftauchen, die einen rotzfrechen kleinen Jungen (Trevor Delaney) dabeihaben und Dickie sich als Butler ausgeben muss, droht die Situation zu eskalieren.

Die Begriffe 'Farce' oder 'Groteske' lassen sich gleich mehrfach auf Teile von Polanskis Werk anwenden, so auch auf den vorliegenden, Polanskis dritte und bislang letzte Schwarzweißarbeit. Die Bizarrheit der Ausgangssituation hat es Polanski und Brach ganz offensichtlich besonders angetan, denn diese nutzen sie geradezu spielerisch, um, genau wie schon in "Nóz W Wodzie" ein Ehepaar, dessen Beziehung in einer Sackgasse (cul-de-sac) angelangt ist, vor eine Lebensinventur zu stellen. Das Medium zur Kanalisierung ist in diesem Fall allerdings keine jüngere Identität des Mannes, sondern sein charakterlicher Widerpart. Hat man ihn einmal gesehen, kann man sich keinen anderen als den imposanten Lionel Stander in der Rolle des bärbeißigen Dickie vorstellen. Wie dieser sich, moralisch zwar verkommen aber dennoch deutlich lebenserfahrener als der vollkommen weichgespülte George (der allenthalben vom Turmzimmer seiner Burg faselt, in dem Walter Scott seinen "Rob Roy" geschrieben haben soll) die angeknackste, merkwürdige Zwecksymbiose seiner beiden "Opfer" vorknöpft, das ist einerseits bitter, andererseits aber auch zum Niederknien komisch. Der Humor nimmt viel von dem folgenden "Dance Of The Vampires" vorweg, in dem uns Jack MacGowran und Iain Quarrier aus "Cul-De-Sac" wiederbegegnen werden, und der formal auf den ersten Blick sehr anders erscheint, sich auf den zweiten jedoch als enger Verwandter seines Vorgängers entpuppt.

8/10

#953 Funxton

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Geschrieben 29. September 2007, 11:11

"God is dead! Satan lives! This is Year One!"

Rosemary's Baby ~ USA 1968
Directed By: Roman Polanski


Die jungvermählten Rosemary (Mia Farrow) und Guy Woodhouse (John Cassavetes) planen, eine Familie zu gründen. Eine passende Wohnung haben sie bereits gefunden: Im Bramford Building, einem alten Mietshaus-Komplex mit zweifelhaftem Ruf, wie Rosemarys väterlicher Freund Hutch (Maurice Evans) den beiden mitzuteilen weiß. Das Nachbarehepaar, die Castevets (Ruth Gordon, Sidney Blackmer), machen mit ihrer exzentrisch-schludrigen Art besonders auf Rosemary einen eigenartigen Eindruck. Das Unglück beginnt dann ausgerechnet in jener Nacht, die als Zeugungstermin für das erste Kind von Rosemary und Guy anvisiert ist. Rosemary, im Halbdelirium liegend, kommt es vor, als würde sie im Zuge einer satanischen Zeremonie von einem Ungeheuer vergewaltigt. Am nächsten Morgen erzählt ihr Guy, er wäre es gewesen, der mit ihr geschlafen habe. Von da an folgt eine unglückliche Fügung nach der anderen, bis hin zur Niederkunft.

Nach seiner ersten unangenehmen Erfahrung mit einem Hollywood-Studio, die unterm Strich dennoch eines seiner schönsten Werke nach sich zog, engagierte Robert Evans Polanski für die Paramount. Der für seine Liebe zu grellen Effekten bekannte William Castle besaß die Rechte an Ira Levins Erfolgsroman "Rosemary's Baby", eine Art Verkehrung der biblischen Mariengeschichte, durfte das Buch jedoch nicht selbst verfilmen - Evans befürchtete, Castle würde "bloß eine weitere Gespensterkiste" daraus machen. Also betätigte sich der Gruselmeister als Produzent. Für Polanski war "Rosemary's Baby" im mehrfachen Sinne eine Premiere, erstmals ging er einen Stoff an, den er zwar für die Leinwand gestaltete, der basal aber nicht seinem Hirn entsprungen war. Zudem wurde ihm in diesem Falle der Endschnitt zugesagt. Jede der Entscheidungen betreffs der Produktion erwies sich im Nachhinein als äußerst glücklich, denn es kam ein Film ohne Schwächen dabei heraus, der in seiner geradezu physisch beunruhigenden Wirkung bis heute kein Stück nachgelassen hat. Es sind unvergessliche Momente darin, die ihre größte Stärke immer dann entfalten, wenn man als Zuschauer zusammen mit Rosemary bangend hofft, dem Unvermeidlichen doch noch zu entgehen, nur um ein weiteres Mal enttäuscht zu werden. Bis zum Schluss bleibt die Frage offen, ob all die seltsamen Geschehnisse, die Rosemary umfangen, tatsächlich übernatürlicher Natur oder ausschließlich dem entwurzelten Geist einer Schwangerschaftsneurose entsprungen sind, was für zusätzliches Unbehagen sorgt. Unvergesslicher Moment für mich ist diesmal neben Polanskis Regiekraft dem begnadeten Spiel John Cassavetes zu verdanken: Gleich in der recht früh angelegten Szene, in der die Woodhouses bei den Castevets zu Abend essen und Rosemary vom Abwasch aus der Küche ins rauchschwangere Wohnzimmer kommt, in dem Guy an den Lippen von Roman Castevet hängt. Ab da ist eigentlich alles Folgende längst beschlossene Sache.
Thematisch schließt Polanski an ein weiteres Grundmotiv an, das sich durch sein gesamtes Schaffen zieht: Dem der weiblichen Unschuld im Spiegel sozialer Unterdrückung.

10/10

#954 Funxton

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Geschrieben 29. September 2007, 11:37

"False face must hide what false heart does know."

Macbeth ~ UK/USA 1971
Directed By: Roman Polanski


Der machthungrige schottische Feldherr Macbeth (Jon Finch) und sein intrigantes Weib Lady Macbeth (Francesca Annis) dürsten nach der Herrschaft im Lande. Daher fällt Macbeths Vetter und gegenwärtiger König Duncan (Nicholas Selby) einem Mordplan des Usurpators zum Opfer, der selbigen auf den Thron befördert. Anfangs noch zwischen Reue und Gram pendelnd räumt Macbeth nach und nach jeden, der ihm gefährlich werden könnte, aus dem Weg, selbst seinen engsten Freund Banquo (Martin Shaw) verschont er nicht. Am Ende steht dann seine zuvor prophezeite Entmachtung durch den fahnentreuen Macduff (Terence Bayler).

Der erste Film nach dem Mord an Sharon Tate, welchen die Klatschpresse populistisch mit Polanskis zuvorigen Ausflügen ins Horrorgenre in Verbindung brachte. Der Regisseur begab sich hernach auf die Suche nach einem Sujet, das diese "Vorwürfe" nicht weiter nähren bzw. entkräften sollte - und bewerkstelligte damit seine zäheste und schwärzeste Arbeit überhaupt. Für ein Studio (in diesem Falle Columbia) war "Macbeth", selbst in solch verhältnismäßig waghalsigen Zeiten, ein Unding, also produzierte Playboy-Verleger Hugh Hefner kräftig mit - was der späteren Reputation des Resultats nicht eben zuträglich war. Nach vollendetem 'Erfahren' des Werkes stellt sich die Frage, ob die grundlegend blutgetränkten Phantasien Shakespeares überhaupt einen anderen Ansatz filmischer Umsetzung zulassen. Fest steht: Es gibt bis heute keinen Film, der "Macbeth" formal ähnelt, der so fernab allen Sonnenlichts angesiedelt zu sein scheint und sich parallel dazu selbst in eine gleichermaßen emotionale wie visuelle Finsternis taucht. Am ehesten fallen da noch "Monty Pythons And The Holy Grail", "Jabberwocky" oder "Excalibur" ein, die zur Dunkelheit noch Dreck und Gekröse beimengen, wo Polanski aller anderslautenden Gerüchte zum Trotz relativ zurückhaltend verfährt. Die Kritik indes warf ihm vor, er ließe zum ersten Mal einen "eigenen Stempel vermissen", eine Annahme, die verfehlter kaum sein könnte. Trotzdem ist "Macbeth" schwerlich genießbar (wenn ein solches Attribut in diesem Zusammenhang überhaupt berechtigt ist).

7/10

#955 Funxton

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Geschrieben 30. September 2007, 13:09

"You know why they call me Mosquito? Because of my big sting!"

Che? (Was?) ~ I/F/BRD 1972
Directed By: Roman Polanski


Die junge amerikanische Studentin Nancy (Sydne Rome) trampt durch Europa. Sie ist gerade an der italienischen Mittelmeerküste unterwegs, als sie die Insassen eines Wagens, der sie mitgenommen hat, zu vergewaltigen versuchen. Nancy flieht, nur mit ihrem Tagebuch als letztem Besitz, per Seilbahn in ein mondänes Haus am Meer, das einem gewissen Noblart (Hugh Griffith) gehört und das zahlreiche spinnerte Individuen, darunter der besonders merkwürdige Ex-Zuhälter Alex (Marcello Mastroianni), bewohnen. Nancy wird während der folgenden zwei Tage in zahlreiche seltsame Ereignisse verwickelt, die ihr letztlich nur noch Anlass zu einer splitternackten Flucht nach vorn geben.

Nach "Macbeth" Polanskis witzigstes Werk, voller Sonne, Licht und lebensbejahend. In europäischer Coproduktion (namentlich u.a. vertreten durch Carlo Ponti, der seine Villa dem Dreh zur Verfügung stellte und Dieter Geissler) vereint "Che?" eine auf den ersten Blick allzu heterogene Schauspielgarde, inmitten derer man neben Polanski selbst sogar die beiden Deutschen Dieter Hallervorden und Mogens von Gadow (als Synchronstimme von Joe Pesci und Ian Holm bekannt) in Kleinstrollen erhaschen kann.
Als erotisch-komisches Vexierspiel begonnen, artet der Film später zur grenzsurrealen Groteske aus, die mit Wahrnehmungs- und Medienreflexivitäten spielt. Der zweite Tag Nancys in der Villa besteht zu großen Teilen aus Déjà-Vus und/oder variiert Ereignisse vom Vortag. Sydne Rome, die nur halb oder vollständig entkleidert durch die sich ihr darbietenden Unfassbarkeiten stolpert, ist als junge Schönheit natürlich so gewählt, dass sie in Polanskis Themenkomplex der Gefährdung weiblicher Unschuld hervorragend Platz nehmen kann. Dazu zahlreiche Bizarrheiten, die ihre verkörperten Höhepunkte ausgerechnet im damaligen Frauenschwarm Mastroianni finden, der als verrückter Filou Alex einer ganz speziellen Art der Lebensfaulheit und sexuellen Obsessionen frönt. Am Ende, Nancys Abreise auf einem Schweinetransporter wurde soeben initiiert, hebt der letzte, berühmte Dialog des Buchs (nach zweifacher Pause wieder mit Brach verfasst) selbst die Grenzen zwischen Medium und Realität auf.
"Che?" ist nicht gerade das, was man als vielgeliebt bezeichnen kann und wird im Verhältnis zu Polanskis als solchen ausgerufenen Klassikern mit vergleichsweise wenig Aufmerksamkeit bedacht. Mir gefällt der durch und durch europäische Humor des Stücks sehr gut, insbesondere dessen ironisch gemeinte Hochnäsigkeit gegenüber amerikanischer Oberflächlichkeit. Dass Mann sich wieder und wieder ein bisschen in Sidne Rome verliebt, liegt wohl in der Natur der Dinge.

8/10

#956 Funxton

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Geschrieben 30. September 2007, 13:47

"Forget it, Jake. It's Chinatown."

Chinatown ~ USA 1974
Directed By: Roman Polanski


1930er Jahre, Hochsommer in Los Angeles: Der Ex-Polizist und Privatdetektiv Jake Gittes (Jack Nicholson) erhält von einer Klientin (Diane Ladd), die sich als Evelyn Mulwray ausgibt, den Auftrag, ihrem Mann Hollis (Darrell Zwerling), Chef der städtischen Wasserwerke, nachzuspüren. Dieser pflege wohl eine außereheliche Affäre. Gittes beschattet Mulwray und schießt entlarvende Fotos, die kurz darauf in der Presse landen. Nachdem Gittes die echte Mrs. Mulwray (Faye Dunaway) kennengelernt hat, die prompt eine Verleumdungsklage gegen ihn anstrebt, muss er feststellen, dass der vermeintlich untreue Ehemann zu Tode kommen ist. Gittes glaubt jedoch nicht an einen Unfall und beginnt tiefer zu bohren, was ihn in ein Wespennest aus Grundbetrug, Korruption und Familienskandal führt.

Polanski äußerte sich über die Protagonisten der nouvelle vague in wenig wohlwollender Weise. Zwar anerkannte er die kunst- und sozialhistorische Relevanz, die die Kollegen um Godard zu ihrer Art, Filme zu machen, bewegte; deren entsprechende Bemühungen jedoch empfand er als objektgewordenen Amateurismus, dem er selbst nie zugetan sein würde, dazu sei er viel zu sehr Profi.
Back in the USA, die Quittung: Wiederum von Paramounts Robert Evans angelockt, führte Polanskis nächste Studioerfahrung ihn zu seinem bis heute wohl anerkanntesten Film. Ironischerweise handelte es sich bei "Chinatown" ausgerechnet um das erste von ihm verfilmte Buch, an dem Polanski offiziell keinerlei Anteil hatte. Zudem brachte es ihm jenen Vorwurf ein, den er bei "Rosemary's Baby" noch hatte umgehen können und der ihm künftig des öfteren begegnen würde, nämlich den des Individualitätsverlusts und der Assimilierbarkeit. Diese Kritik ist (einmal mehr) bestenfalls kurzsichtig und lässt sich beinahe umweglos widerlegen. Sicher, "Chinatown" war in erster Linie ein Prestigeprodukt für seine Investoren, was seine inhaltliche Komplexität und Vielschichtigkeit im Hinblick auf seinen Status als Zeitporträt jedoch keineswegs mindert. Und abgesehen von der offensichtlichen Storyline um seine Hauptfigur, den Detektiv im Chandler-Stil der 30er, erzählt die Geschichte von einem sexuellen Tabu, das Polanski in ähnlicher, mehrdeutigerer Form bereits in "Repulsion" behandelte und das wiederholt eine Frau als Opfer zentriert. Filmästhetisch ist "Chinatown" ebenfalls von unschätzbarem Wert. Zwar war der film-noir-Schnüffler in den vorhergehenden Jahren durch Sinatra und Newman wieder etwas mehr aktualisiert worden, doch selbst Altman setzte sein Marlowe-Stück "The Long Goodbye" in eine gegenwärtige Zeittextur. "Chinatown" nun, wenn auch ein Verdienst Robert Townes, war der erste Film des damaligen New Hollywood, der den Detektivfilm als period piece zu seinen Wurzeln zurückführte und bis heute Vorbild für etliche mehr oder minder erfolgreiche Nachzieher ist.
Als ein an Sorgfalt in jeder Hinsicht vorbildliches Werk genießt er seinen Status mit völliger Berechtigung und ist ein rundum stimulierendes Erlebnis von obersten Gnaden.

10/10

#957 Funxton

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Geschrieben 01. Oktober 2007, 07:19

"Simone Choule does not disappoint!"

Le Locataire (Der Mieter) ~ F/USA 1976
Directed By: Roman Polanski


Trelkovsky (Roman Polanski), ein junger Franzose polnischer Abstammung, zieht nach eingehender Bemusterung durch den Hausbesitzer (Melvyn Douglas) in einer Pariser Mietwohnung. Aus deren Fenster (das sich im dritten Stock befindet) hat sich just vor Trelkovskys Einzug seine Vormieterin Simone Choule gestürzt. Sie hat den Sturz überlebt und liegt nun in einem Hospital im Ganzkörpergips und im Sterben. Trelkovsky hat ihr gegenüber ein schlechtes Gewissen, also besucht er sie. Unter all den Bandagen ist kein Gesicht mehr zu erkennen. Gleichzeitig taucht Simones Freundin Stella (Isabelle Adjani) am Krankenbett auf, mit der Trelkovsky in der Folge selbst eine seltsam spröde Freundschaft begeht. Nach einer Einweihungsparty mit einigen Arbeitskollegen, die sich lauthals daneben benehmen, macht Trelkovsky dann unangenehme Bekanntschaft mit den anderen Hausbewohnern, die sich nach und nach als wahre Überspießer präsentieren. Trelkovskys psychische Ressourcen geraten mehr und mehr empfindlich ins Wanken.

In Paris, aber nochmals mit Unterstützung der Paramount, realisierte Polanski "Le Locataire", erneut eine Romanverfilmung, die wieder deutlich von seinen bevorzugten Topoi geprägt ist. Dabei handelt es sich ansatzweise um eine farbige Neuauflage von "Repulsion", dessen Psychose-Verbildlichungen (etwa die Hände, die aus den Wänden wachsen und nach Carol greifen und im Film durch Spezialeffekte audiovisualisiert wurden) hier jedoch größenteils dem Psychotiker überlassen bleiben. Die inhaltlichen Dimensionen um Vereinsamung, Isolation und verfolgte weibliche Unschuld werden allerdings noch um ein weiteres Thema ergänzt: Das der Depersonalisation und anschließender Identifikation mit einer toten Person anderen Geschlechts. Den durchweg starken, gefestigten Widerpart hat diesmal eine Frau inne, nämlich Trelkovskys Gelegenheitsbekanntschaft Stella. Wieder treten Freud und Hitchcock auf den Plan.
Den psychischen Verfall Trelkovskys darzustellen, hat Polanski offensichtlich nur einem in rundum adäquater Form zugetraut: Sich selbst. In den Credits nicht erwähnt, gibt er den verschüchterten jungen Mann zunächst in ganz ähnlicher Weise wie den Studiosus Alfred in "Dance Of The Vampires" um daran anschließend dessen langsames Ausklinken umso überzeugender zu personifizieren.
Ein bisschen alten Hollywoodadel hat sich Polanski zu einer soliden einheimischen Besetzung (Adjani, Bernard Fresson, Rufus) dazugeholt. Melvyn Douglas, Shelley Winters und Jo Van Fleet kreuzen als "Achsenbewohner" des eigenartigen Hauses auf.
Neben seinem Status als wiederum "beunruhigender Horrorfilm" scheint man großflächig übersehen zu haben, dass "Le Locataire" auch satirisches Potential besitzt, in Teilen sogar zu einer schwarzen Komödie geriet. Viele Szenen offenbaren den typisch grotesken Humor, der einem bei Polanski schon früher begegnet ist. Am Anfang etwa gibt es eine herrliche Sequenz, in der sich Trelkovsky und Stella, die sich eben kennengelernt haben, "Enter The Dragon" in einem Kino ansehen und dabei eine unverwandte Fummelei vom Stapel lassen, die auch ihrem Hintermann nicht verborgen bleibt.

9/10

#958 Funxton

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Geschrieben 01. Oktober 2007, 07:53

"How long do I have to live from now on?"

Tess ~ F/UK 1979
Directed By: Roman Polanski


Im viktorianischen England erfährt der versoffene Bauer Durbeyfield (John Collin) von einem genealogisch interessierten Pastor (Tony Church), dass er und seine Familie von einem altadeligen Rittergeschlecht, den D'Urbervilles, abstammen. Ein weiterer Familienzweig hause wohl auf einem hochherrschaftlichen Gut in der Nähe. Durbeyfield schickt seine älteste Tochter Tess (Nastassja Kinski) aus, mit den D'Urbervilles Bekanntschaft zu schließen. Auf deren Besitz begegnet Tess zunächst Alec (Leigh Lawson), dem Sohn des Hauses, der Tess eine Stellung auf einer Hühnerfarm anträgt und sich selbst als Schürzenjäger entpuppt. In einer folgenschweren Nacht vergewaltigt Alec Tess, die daraufhin das Gut unter lautem Protest Alecs wieder verlässt und zurück in ihrem Elternhaus ein Baby zur Welt bringt. Tess verdingt sich als schwer schuftende Landarbeiterin, der Säugling stirbt. Als unehelichem Kind darf ihm keine christliche Bestattung zukommen, die Tess dann selbst besorgt. Verbittert verlässt sie ihre Gemeinde und landet in einer Molkerei, wo sie den aus strengem Gotteshause stammenden Angel (Peter Firth) kennen und lieben lernt. Als dieser nach der Hochzeit von Tess' Vergangenheit erfährt, verstößt er sie und verlässt das Land. Endgültig gebrochen kehrt Tess zu ihrer Familie - ihre Mutter ist mittlerweile verwitwet - zurück. Als Angel nach Jahren krank und reumütig nach England zurückkehrt, findet er Tess in einem Seebad im mondänen Hause Alec D'Urbervilles wieder, dessen Flehen Tess aus monetären Gründen erhört hat. Eine Katastrophe bahnt sich an.

Nachdem er in den USA und in Hollywood wegen der Affäre mit einer Minderjährigen qua zur persona non grata erklärt worden war (Polanski hatte sich in diesem Punkt gerichtlich für schuldig bekannt, ein paar Wochen in Chino zur Therapierung eingesessen und das Land verlassen, ohne den endgültigen Urteilsspruch abzuwarten), war er zunächst auf eine Schaffenskonzentration in Europa angewiesen. Für sein aktuelles Projekt wählte er eine Hommage an die monumentalen Filmdramen David Leans (im Speziellen "Dr. Zhivago" & "Ryan's Daughter"), respektive das Aufgreifen der klassischen literarischen Gestalt der "missratenen Tochter", die aufgrund sexueller Naivität, ausgenutzt durch einen Mann, in einer repressiven patriarchalischen Gesellschaft im Angesicht von Standesdünkel und Konservativismus ihr Ansehen einbüßt und daran zugrunde geht. Große Literaten, Kleist, Fontane, Schnitzler, Horváth hatten sich dieser Figur angenommen, und eben der Engländer Thomas Hardy, dessen Roman "Tess Of The D'Urbervilles" dem auteur als Vorlage diente.
Polanski, der nach "Le Locataire" wieder zusammen mit Brach schrieb, war von diesem Projekt, der bis dato kostspieligsten europäischen Filmproduktion, überzeugt wie von noch keinem seiner vorhergehenden und meinte, "'Tess' subsummiere sein Schaffen als Filmemacher". In der Tat konnte es doch nur eine Frage der Zeit sein, bis sich Polanski der weiblichen Fragilität im Spiegel historischer Entwicklung annehmen sollte und das Ergebnis ist, um es kurz zu machen, erwartungsgemäß von ausgesuchter Schönheit, hohem ästhetischen Reiz und diesmal wirklich bar jeden Humors, und sei er noch so schwarz. "Tess", den er Sharon Tate gewidmet hat, berichtet drei Stunden lang von dem erschütternden Niedergang einer Frau, die jedem Partner in jeder Weise zur Ehre gereichen würde und bleibt als tieftraurig in Erinnerung, so tieftraurig wie kein anderer Polanski. Umso härter traf es ihn, dass ausgerechnet dieses Werk, in dem so viel Herzblut steckte, Ablehnung auf ganzer Linie erfuhr. Eine siebenjährige Schaffenspause folgte, mit der etwas vorschnellen Ankündigung, "Tess" wäre angesichts solchen Missverstehens sein letzter Film.

9/10

#959 Funxton

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Geschrieben 02. Oktober 2007, 09:50

"Man fights for what he lacks most!"

Pirates (Piraten) ~ F/TN 1986
Directed By: Roman Polanski


Der gefürchtete holzbeinige Piratenkapitän Red (Walter Matthau) und sein Schiffsjunge Frosch (Cris Campion) treiben auf einem Floß im Atlantik, können sich aber an Bord der zufällig ihren Weg kreuzenden spanischen Galeone 'Neptun' retten. Diese befördert unter dem Kommando des sterbenden Captain Linares (Ferdy Mayne) einen goldenen Azteken-Thron. Als Red davon Wind bekommt, initiiert er eine Meuterei, um sich Schiff und Schatz unter den Nagel zu reißen. Zudem nimmt er die hübsche Nichte (Charlotte Lewis) eines Karibik-Gouverneurs als Geisel. Doch die Spanier, allen voran der bösartige Don Alfonso (Damien Thomas), sind nicht faul und erobern die 'Neptun' zurück. Es folgt ein Tauziehen, das nur einen Sieger kennt.

Beeindruckt von Spielberg, der mit seinen regressiven Aufarbeitungen von Kindheitsphantasien zu einem der erfolgreichsten Filmemacher avancierte, suchte und fand Polanski endlich Geldgeber für seinen langgehegten Traum, einen Piratenfilm. Die Erschütterung über den Misserfolg seines Herzensprojekts "Tess" war abgeklungen und die Zeit nun reif, jene Idee aufzubereiten, die ihm schon seit Jahren im Kopf herumspukte. Ursprünglich sah er seinen Lieblingsschauspieler Jack Nicholson in der Rolle des Kapitäns und sich selbst in der des jungen Maats - beides hatte nicht sein sollen, denn Nicholson war mittlerweile zu teuer und Polanski zu alt. Die als immens riskant erwogene Finanzierung kam schließlich aus unterschiedlichen Quellen zusammen und wurde in der Hauptsache in den Bau der prachtvollen 'Neptun' sowie kostspielige Außenaufnahmen gesteckt. Polanski und Brach hatten dabei, wie schon bei "Dance Of The Vampires", eine Mischung aus Hommage und Parodie im Sinn, mit derselben Protagonisten-Konstellation (kauziger alter Profi mitsamt jungem, verliebten Adlatus).
Das Resultat war ein kommerzielles Debakel. Romantisches Piratenkino erwies sich in Zeiten von schwerbewaffneten Muskelkriegern, Zeitreisen und Phantastik schlicht als das Befürchtete, nämlich als Anachronismus. Zumindest war Polanski diesmal die etablierte Kritik recht wohl gesonnen. Was mich anbetrifft, so halte ich, obwohl ich das Genre mag, "Pirates" für Polanskis schwächste Arbeit. Trotz der üblichen Sorgfalt bei Ausstattung und Technik gibt es formale Schlampereien, die man so nicht gewohnt ist, der Film als Gesamtes wirkt lahm, einzelne Szenen theatralisch und viel zu sehr ausgespielt, die Musik (Philippe Sarde) passt stellenweise nicht. Zu allem Überfluss scheint die mir vorliegende deutsche DVD-Fassung gekürzt zu sein, ganz davon abgesehen, dass sie ein schlimm verwaschenes Bild flankiert. Sehr ungünstige Bedingungen, um aus einem Film die wenigen verbleibenden positiven Aspekte zu destillieren. Doch auch die gibt es: Manche Stellen lassen tatsächlich die Vergnüglichkeit eines "Dance" auferstehen, Matthau ist Weltklasse und vielleicht die Piratenikone der Filmgeschichte, die 'Neptun' lässt alte playmobil-Träume wahr werden.
Unterm Strich ein zwiespältiges Vergnügen, das filmhistorisch, bezogen auf das Oeuvre seines Regisseurs und als Bindeglied zwischen Errol Flynn und Johnny Depp zwar interessant bleibt, sein eigenes Moment der Rezeption jedoch nicht so recht zu verkaufen weiß.

5/10

#960 Funxton

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Geschrieben 02. Oktober 2007, 10:29

"This is an emergency. Do you understand?"

Frantic ~ USA/F 1988
Directed By: Roman Polanski


Der US-Chirurg Dr. Walker (Harrison Ford) ist mit seiner Frau Sondra (Betty Buckley) in Paris unterwegs, um dort ein Symposium zu besuchen. Eine Kofferverwechslung am Flughafen führt dann dazu, dass Sondra praktisch vor Walkers Augen aus dem gemeinsamen Hotelzimmer entführt wird. Die US-Botschaft erweist sich als wenig kooperativ und so ist Walker gezwungen, seine eigenen detektivischen Fähigkeiten einzusetzen, um Sondra wiederzufinden. Offenbar sind die beiden mitten in eine Nahost-Spionageaffäre geraten.

Polanskis reinste Hitchcock-Reverenz (im Speziellen zu "The Man Who Knew Too Much"), mitsamt dem aufrechten Familienvater, der unvermittels in eine Kidnapping-Affäre hineingezogen wird, ausländischen Agenten und MacGuffin. Sein Renommee als auteur war wohl trotz zweier gewaltiger Flops immer noch weitgehend intakt, so dass diesmal Warner Bros. Polanski mit der Realisation eines Harrison Ford-Thrillers betrauten. Viele Polanski-Motive kulminieren in "Frantic", besonders lebt er von seiner neuerlich verwendeten 'legal alien' - Prämisse, die zahlreiche Kulturexplosiönchen hervorruft. Harrison Ford als Typ unbefangener amerikanischer Spießbürger fand einen Lebenspart, der ihn auf seine Rollen im Thrillerfach auf Jahre festnageln sollte.
"Frantic" führte Polanski, der wieder mit Brach kollaborierte, zu alter Leichtigkeit und Gradlinigkeit zurück und wusste insbesondere die Anhänger früherer Genrekost zufriedenzustellen. Nicht weiter verwunderlich, da schlichterdings Spannung und Story hier Trumpf sind, keine psychologische Schwermut oder Vergangenheitsbewältigung. Biografisch ist "Frantic" dennoch erwähnenswert, weil Polanski erstmals seine dritte Ehefrau Emmanuelle Seigner zum Einsatz brachte (als flippige jugendliche Gehilfin Walkers). Unauslöschliches Bild: Die Fahrt auf der morgendlichen, fast leeren Autobahn ins Herz der Stadt, unterlegt von Grace Jones' frankophilem "I've Seen That Before (Libertango)", das sich leitthematisch durch den ganzen Film zieht.

8/10





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