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Ich habe dir niemals einen Hasenbraten versprochen - Filmforen.de - Seite 17

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Ich habe dir niemals einen Hasenbraten versprochen


776 Antworten in diesem Thema

#481 Cjamango

    Pauschalterrorist

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Geschrieben 10. Juli 2007, 18:06

A Walk Through H (DVD)

Da ich mir gerade die 190 Minuten von Peter Greenaways Fake-Dokumentation THE FALLS gegeben habe, dachte ich mir, daß der Zeitpunkt gekommen sei, endlich einmal einen näheren Blick auf seine Kurzfilme zu werfen, von denen mir nur einige wenige bisher geläufig waren. Am lohnendsten erschien mir dabei erstmal A WALK THROUGH H, der sich 41 Minuten lang mit einer Sammlung von auf unterschiedlichsten Materialien ausgeführten Karten befaßt, die vom Erzähler (der offensichtlich eine sehr merkwürdige Reise unternimmt) mit überbordender Detailbesessenheit kommentiert werden. Dabei wird berücksichtigt, wo die Karten gefunden wurden, welche Geschichten mit ihnen verknüpft sind, und was für eine Relevanz sie im Hinblick auf die „Reise“ des Erzählers besitzen. Wie im 2 Jahre später gedrehten THE FALLS gefällt es Greenaway, eine Vielzahl verwirrender Randnotizen über den Zuschauer auszuschütten, der – anders als der Erzähler – keine Karte besitzt. Am besten fährt man bei Greenaway immer, wenn man sich vor Betrachten der Filme kein festes Interpretationsschema vornimmt, denn viele der kleinen Bezugnahmen sind natürlich nur spielerisch oder haben einen bestenfalls atmosphärischen Bezug zum Inhalt. Wie in vielen Greenaway-Arbeiten geht es auch hier wieder darum, daß jemand versucht, dem Chaos ein Muster zu verpassen, nach Ordnung zu fahnden. Man sollte diesen Jemand nicht notwendigerweise mit dem Regisseur verwechseln, der sich – so meine ich – einen Heidenspaß aus dem Durcheinander macht. Sehr häufig etwa behauptet der Erzähler etwa eine Eindeutigkeit, die bestimmte Karten besitzen sollen, während andere von großer Ambivalenz seien. Der ironiebefreite Betrachter nun hat mit Sicherheit eine mühsame Zeit, den Kommentarschwall auf der Tonspur mit den abstrakten Formen auf der Leinwand zu verbinden, die von böhmischen Dörfern bis zu einer komplizierten Bedürfnisanstalt so ziemlich alles bezeichnen könnten. Wie immer, wenn der Name Tulse Luper fällt, sind Vögel nicht weit. In welcher Beziehung besagter Herr Luper zum Erzähler steht, kann nur gemutmaßt werden und ist eines der vielen trocken präsentierten Rätsel, die der Film aufgibt. Locker mit den Kartenansichten verwoben sind Bilder von Zugvögeln, die mit all den flotten Gedanken, die sich der Erzähler ebenso wie der Betrachter macht, natürlich nichts am Gefieder haben und auf Autopilot ihre Wege ziehen. In THE FALLS trachten die Filmfiguren danach, sich den Vögeln anzunähern und scheitern dabei auf äußerst pittoreske und vielfältige Weise. A WALK THROUGH H demonstriert nachdrücklich, daß das Wissen um reale oder vermeintliche Geheimnisse den Weg zum Ziel zwar spannend macht, aber auch erheblich kompliziert. Ein sehr hübscher Film, in dem Greenaway auf elegante Weise komplexe narrative Gebilde mit einfachen Bildern untermalt. Ich male mir jetzt erst einmal ein Zielkreuz an den Kühlschrank und studiere dort die geheimnisvollen Wegmuster, die sich auf meinem Abendbrot befinden...

P.S.: Wie bei THE FALLS war ich überaus dankbar für die deutsche Untertitelung, die auf den DVDs der Frühwerke Greenaways zum Glück außerordentlich gelungen ist. Tulse Luper hat übrigens neulich bei mir angerufen und mir etwas über das Rothuhn erzählt, das ja bei den Sumerern als Glücksbote galt, im späten Mittelalter jedoch für Bleichsucht und Unfälle mit Zahnseide stand. Die ausgewachsene Rothenne besitzt genau 92 Federn, die sich alle einzeln bewegen lassen. In der Zeit des Rokoko war man ja der Meinung, daß sich mit ihren Schwanzfedern Liebesgedichte von filigraner Poesie verfassen ließen, während die Schwingenfedern lediglich zum Verfassen von Küchenrezepten taugen sollen. Tulse Luper hat ein Treffen mit mir vereinbart, an dem ihm sehr gelegen schien. Er wirkte gehetzt. Morgen um 12 in der Zoohandlung, direkt neben dem ausgestopften Pinguin. Jetzt erstmal eine Wurststulle!

Bearbeitet von Cjamango, 10. Juli 2007, 18:07.

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#482 Cjamango

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Geschrieben 26. Juli 2007, 22:19

Izo (DVD)

Der Film zur Matte. Bei anderen Regisseuren würde ich sagen, daß es sich hier um eine Windbeutelei von einigen Gnaden handelt, um Bedeutungshuberei, deren Unklarheiten von wildester Reizüberflutung unsichtbar gemacht werden sollen. Es handelt sich aber um einen Film von Takashi Miike, der im einen Moment eine ultrabrutale Fortsetzung zu YENTL dreht und im nächsten PIPPI LANGSTRUMPF IM NATURSEKTLAND. Ein zynischer Sinn für Humor und Werteverwirrung ist Miike nicht fremd, und ich glaube nicht einmal, daß er das kontrollierte Chaos seiner Filme übermäßig ernst nimmt. IZO handelt von einer verdammten Seele, die vom Haß regiert wird und sich durch sämtliche Höllen schnetzelt, die auf der Welt wohnen und jenseits. Seine Existenz wird völlig von der Auslöschung alles Existierenden bestimmt. In der filmischen Umsetzung sieht das so aus, daß mehr als 2 Stunden lang Leute in bunten Kostümen mörderisch einen vor die Glocke bekommen. IZO ist ein Gemetzel ohnegleichen, und während sich nach spätestens 20 Minuten erste Abnutzungs- und Verblödungserscheinungen im Zuschauer bemerkbar machen, gewinnt das Non-Stop-Gedresche allmählich den Charakter eines Mantras, das durch seine ständige Wiederholung einfach nur noch sinnfrei wirkt. Miike setzt eine Schockdramaturgie ein, die er durch ihre Überreizung selber ad absurdum führt. Ob sich der Happening-Charakter („Formen und Farben gehaltvollen Dreschens“) beim Zuschauer zündet, kommt sicherlich auf die jeweilige Erwartungshaltung an. Wer eine geschlossene Dramaturgie erwartet, darf sich auf immens blutrünstige Langeweile mit abrupten Szenenwechseln gefaßt machen. Wer sich von dem Zwang zur Ausdeutung befreien kann und – wie ich – den Vorgängen halb amüsiert folgt, verlebt möglicherweise 2 sehr kurzweilige Stunden. Don't say I didn't warn ya!
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#483 Cjamango

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Geschrieben 26. Juli 2007, 22:20

Krieg der Dämonen (DVD)

Takashi Miikes von unzähligen CGI-Effekten gesäumte Neuverfilmung der alten Daiei-Monsterheuler, deren lustige Kreaturen (vgl. the world-famous Schirm-Monster) von gelegentlichen Gruselmomenten begleitet waren. Gruselatmosphäre sucht man bei Miike vergebens. Dafür setzt es Krach und Reizüberflutung an allen Ecken und Enden. Der kleine Tadashi (bekannt aus der beliebten Serie „Kinder sind zum Verbrennen da“) wird von einem Pappdrachen gebissen und ist auf einmal der Ritter des Kirin. In dieser Rolle muß er nun auf einen Berg steigen und ein heiliges Schwert sicherstellen, mit dem die Erde vor Ungemach gerettet werden soll. Der böse Kato verwandelt nämlich an sich nette Waldgeister in böse Kampfroboter und erweckt ein fürchterliches Müllmonster zu unheiligem Leben. Dabei wird er von der Unterlippentussi aus KILL BILL assistiert, die ihm bedingungslos verfallen ist. Ballerbalg Tadashi wird seinerseits assistiert von unzähligen Geistern, darunter ye olde Schirmgeist, einem Schildkröten-Wasserkobold, einem einbeinigen Geisterschmied, lebendem Papier und sogar einer Monster-Wand! Auch mit dabei ist ein kleiner Puschel namens „Beinreiber“, der so gräßlich niedlich ist, daß Miike das Vieh nicht ernstgemeint haben kann. In einer Szene landet das Viech auch hübsch in einem Mikrowellenmonster. Am Schluß setzt es dann den titelgebenden KRIEG DER DÄMONEN, bei dem es reichlich kracht und zischt. Renitente Nachbarn kann man mit dem Film prima bestrafen. Die Szenen mit dem Müllmonster erinnern gar an meinen Lieblings-Godzilla, FRANKENSTEINS KAMPF GEGEN DIE TEUFELSMONSTER. Insgesamt ist KRIEG DER DÄMONEN ein Kinderfilm, dessen süßliche Passagen zwar mit gänzlich kinderunkompatiblen Horrormomenten abgeschreckt werden, aber ein „Ab 12 Jahre“ hätte wirklich genügt. 16-Jährige schauen sich so etwas nicht an; erst im hohen Alter gewinnt man wieder Geschmack daran. Ich fand ihn ganz drollig.

Miike spinnt. :P

Bearbeitet von Cjamango, 26. Juli 2007, 22:23.

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#484 Cjamango

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Geschrieben 26. Juli 2007, 22:47

Schräger als Fiktion (DVD)

Ein ziemlich bekloppter deutscher Titel, alle Achtung.

Harold Crick (Will Ferrell) ist ein sehr unspektakuläres Dutzendgesicht und orientiert sich in seiner trostlosen Existenz als Steuerfahnder an einer alltäglich wiederkehrenden Zahlenfolge, die seine Verrichtungen minutengenau festlegt. Tag für Tag exakt das gleiche – ein Jammermann. Niemand, über den man ein Buch schreiben möchte – das ist mal sicher. Und doch schreibt jemand ein Buch über ihn. Harold bemerkt das daran, daß auf einmal jede seiner Aktionen – so lächerlich und unbedeutend sie auch immer sein mag – von einer Erzählerstimme süffisant kommentiert wird. („Christian Keßler hielt inne, betrachtete den gerade aufs Papier geworfenen Satz und stellte fest, daß er – wie alles, was er in seinem erbarmungswürdigen Leben geschrieben hatte – so egal war wie Schnee auf dem Himalaya.“) Als der Effekt nicht aufhört, wird Harold sehr unruhig. Er geht zum Arzt, aber auch der später hinzugezogene Psychotherapeut kann ihn nur an einen gebenedeiten Literaturwissenschaftler (Dustin Hoffman) verweisen, der ihm helfen soll, Ordnung in seine Prosa, äh, sein Leben zu bekommen. Harold hat keine andere Wahl, als den Schriftsteller zu finden, dessen Imagination er scheinbar entsprungen ist...

Die Komödie STRANGER THAN FICTION hat eine sehr hübsche Ausgangssituation, die mit dem Gedanken, daß Menschen ihr Leben unter der Dauerbeschallung von Kunst und TV-Terror zunehmend als prädestiniertes Schmierentheater begreifen – mit sich selbst in der Hauptrolle –, einige nette Dinge anzufangen weiß. Die Suche Harolds nach seiner „Schöpferin“ ist im Grunde eine verzweifelte, da er ja nicht weiß, ob er in einer Komödie oder einer Tragödie mitspielt. Es gibt eine grandiose Szene, in der er sich komplett verweigert und keine einzige Aktion mehr durchführen will, nur noch als „couch potato“ vor der Glotze hockt – und auf einmal donnert eine riesige Abrißbirne in sein Wohnzimmer! Deus ex machina, anyone? Bei der textimmanenten Analyse seines Lebens entdeckt er auch die Freuden des Regelverstoßes, denn während einem literarischen Werk der Zufall selten frommt – wirkt er doch gar zu unglaubhaft und wohlfeil –, ist er dem wirklichen Leben nicht selten das Salz in der Suppe. Hätte man am Schluß nicht etwas Muffensausen bekommen, wäre sogar ein ganz hervorragender Film bei STRANGER THAN FICTION herausgekommen, aber auch so war er eine angenehme Überraschung. Ganz gescheit soweit, nichts Weltbewegendes, aber sehr unterhaltsam. Doch bin ich ganz entschieden der Meinung von Dustin Hoffman, am Ende.
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#485 Cjamango

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Geschrieben 05. August 2007, 00:05

Der Panther (DVD)

Ein Mann sieht grau.

Alain Delon wollte es 1985 noch einmal wissen und produzierte diesen hübschen Krimi, in dem er den ehemaligen Polizisten Daniel Pratt spielt. Da ihm böse Menschen seine Frau nahmen, zog er sich aus dem aktiven Dienst zurück auf eine Südseeinsel (nennen wir sie Bimbo-Bimbo), auf der er sein eigenes postkolonialistisches Ideal verwirklichen konnte. Schon in der Anfangsszene ist er dabei zu bewundern, wie er einen stattlichen Eingeborenen mit gekonnten Catchergriffen ins gesellschaftliche Abseits befördert. Die anderen Schwarzen (nennen wir sie Neger) sind natürlich für den Weißen und freuen sich einen Ast. Die Eingeborenenkinder klatschen fröhlich in die Hände, wie nur Eingeborenenkinder fröhlich in die Hände klatschen können. Die jungen Frauen finden den grauen Wolf ganz toll und geraten in ein Handgemenge über die Gunst des flotten Fuffzigers, der sich abwendet und lässig in die Kamera grient – so sind sie halt, die Weiber. Ein guter Beginn.

In Frankreich derweil ist nun auch seine Tochter umgebracht worden, was Pratt den Fehdehandschuh wieder aufnehmen läßt. Wie Pritt klebt sich Pratt an die Fersen der Bösewichte, die sich offenbar zum Ziel gesetzt haben, ihr Heimatland von schädlichen Elementen zu reinigen. Sie sehen aus wie rechtsextreme Tuaregs und ballern sehr posig aus allen Rohren. Pratt übertritt so etwa 1000 Gesetze und begeht auch einige Morde. Wird es ihm gelingen, Gerechtigkeit zu schaffen?

DER PANTHER wäre nur halb so gut, hätte Delon in dem damals noch sehr jungen José Pinheiro nicht einen Regisseur gehabt, der sich offenkundig nicht getraut hat, dem Titan Regieanweisungen zu geben. Das Drehbuch von Philippe Setbon (der auch ein bekanntes Buch über Klaus Kinski geschrieben hat) spielt lustvoll mit Harter-Mann-Klischees, aber man gewinnt den Eindruck, als habe Delon den Inhalt für bare Münze genommen. Er spielt sich einen ziemlichen Stiefel zusammen und gerät mit seinem kecken Gefeixe zwischen den Mordaktionen gelegentlich in gefährliche Nähe zum Schmierenchargentum. Auch toll, wie junge Frauen vor seinen prolligen Anmachtouren (unterstützt von der Berliner Plappersynchro, z.B. „Da wir ja ein bißchen Niveau haben, reden wir über uns...“) sämig zerfließen. Fiona Gélin (Tochter von Daniel Gélin) etwa hat mit ihm eine ziemlich peinliche Verführungsszene. Ich kann mir sehr gut vorstellen, wie der Regisseur zu ihr gemeint hat: „Jau, Fienchen, die Motivation in dieser Szene ist ganz einfach die, daß du von Delon um jeden Preis gepimpert werden möchtest, und am Schluß hebst du die Decke hoch, daß alle deine Mumu sehen können.“ Großes Tennis, und ziemlich schmierig. Pinheiro hat sich später als Spezialist für gutaussehende, wenngleich werbefernsehglatte Hochglanzästhetik erwiesen und z.B. den „Skandalfilm“ TÖTE WAS DU LIEBST gedreht, der in fast allen Fassungen (auch ausländischen!) geschnitten ist, bei uns im TV aber ungeschnitten lief. Da sieht man auch Stephane Ferraras Gummipimmel. Ferrara (der ein wenig aussieht, als könne er bei Ralf König in den „Manslip“-Werbungen mitmachen) spielt auch in DER PANTHER mit, und zwar den ersten Unterganoven. Meine Lieblingsszene ist vermutlich jene, in der Delon einen Ladenbesitzer sattmacht, ihm lässig eine fettige Scheibe Mortadella ins Gesicht pappt und dann suggestiv zwei dicke Walnüsse in seinen Fäusten zerbröselt, um sexuelle Folterung anzudeuten. Insgesamt ist Jean-Pierre Melville nicht in Gefahr, aber als angenehm trashiger 80er-Thriller mit ausgedehnten Actionelementen überzeugt der Film, nicht zuletzt aufgrund seines ordentlichen Tempos. Die Härten sind in der deutschen Fassung (wie einst auf Video) leider etwas zurückgenommen worden, aber auch so kommt man auf seine Kosten. Rache, eine einsame Insel und viel Musik – der Mann hat alles, was ich jemals wollte!

P.S.: Merci, Monsieur Aussie! :love:

Bearbeitet von Cjamango, 05. August 2007, 00:20.

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#486 Cjamango

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Geschrieben 05. August 2007, 16:15

Das Tier 2 (TV)

Eigentlich eine ziemliche Frechheit, dem ebenso intelligenten wie respektvollen THE HOWLING einen solchen Mottenfifi hinterherzuschicken. THE HOWLING 2: STIRBA, WEREWOLF BITCH hat zwar einen drolligen Originaltitel, reitet aber auf ermüdende Weise die Trash-Route und hält dabei gewisse Grundregeln nicht ein. Regel Nr. 1: Einen Schauspieler vom Rang eines Christopher Lee für einen solchen Firlefanz zu mißbrauchen, geht gar nicht. Lees vorzügliche Stimme sorgt zumindest im Original für den einzigen Tupfer von Qualität in einem ansonsten düsteren Spektakel. In einer Szene bekommt er sogar eine Punkbrille aufgesetzt. Ganz furchtbar. Regel Nr. 2: Wenn man einen Werwolf-Film dreht, so hat man eine gewisse tragische Komponente im Auge zu behalten. THE HOWLING gelang das auf beachtliche Weise. THE HOWLING 2 verläßt sich auf dumme Witze, billigen Sex und Goremomente wie den Zwerg mit den explodierenden Augäpfeln. Regel Nr. 3: Selbst als Fan des Horrorgenres und seiner Geschichte sollte man sich für eine Periode entscheiden, die man abkupfern möchte. Eine erbärmliche New-Wave-Band und ihr trostloses Gedudel mit einem scheinbar in der Tschechoslovakei realisierten Transsylvanien zu kontrastieren, das sich am Universal-Paralleleuropa orientiert und ausschaut wie ein drittklassiger Trachtenverein, macht niemanden glücklich. Die einzige Verbindung zum Original ist die Protagonistin des ersten Teils, TV-Journalistin Karen, deren Bruder (Reb YOR Brown!) zusammen mit einer Freundin die Staffel weiterträgt. Auf Karens Beerdigung erscheint Christopher Lee, der den beiden sagt, daß die Dahingeschlichene eine Werwölfin war und einen Dolch aus Silber im Herzen braucht. Ferner salbadert er daher, daß es jetzt auch neue, verbesserte Werwölfe gäbe, die gegen Silber immun sind und nur noch auf Titanium ansprechen – weia! Gemeinsam fahren sie nach Europa und treffen dort mulmige Balkanesen, Zwerge und Sybil Danning, die ihre gewaltigen Möpse in ein Kostüm gezwängt hat, das an Lächerlichkeit demjenigen aus AMAZONEN AUF DEM MOND in nichts nachsteht. Mein persönlicher Lieblingsmoment ist die Entsorgung zweier deutscher Rucksacktouristen, die auf einmal auf der Straße herumspazieren und in gebrochenem Deutsch das beliebte Lied intonieren: „In einer kleinen Konditorei saßen sie zwei und fraßen um drei...“ Bevor sie aber noch weitere Lieder anstimmen können, werden sie von einer Lastwagenladung Werwölfe auf die Ladefläche gezerrt und verspeist. „Schnitzel?“ meint ein Werwolf. – „Bon appetit!“ antwortet der andere. Die Premiere-Fassung dieses Werkes ist leider völlig zersäbelt, so daß der ohnehin schwache Showdown ziemlich unübersichtlich wird. War aber auch im Original – wenn ich mich recht entsinne – keine Goregranate. Ob man dem Film etwas abgewinnen kann, hat wohl sehr viel mit der Erwartungshaltung zu tun. Als Horrorschocker ist er definitiv schlecht wie die Nacht. Als gewollt geschmackloser 80er-Jahre-Horrortrash ist er zumindest spektakulär, aber das ging gerade etwas an mir vorbei. Regisseur Philippe Moras Schaffen setzt sich zusammen aus kompletten Gurken und einigen sehr ordentlichen Filmen, z.B. THE RETURN OF CAPTAIN INVINCIBLE (mit einem singenden Christopher Lee!) und DEATH OF A SOLDIER (mit Reb Brown). THE HOWLING 2 ist eine Gurke, da gibt es kein Vertun. Was sich Gary Brandner dabei gedacht hat, der auch die Vorlage zum ersten Teil verfaßt hatte, bleibt sein Geheimnis.

Bearbeitet von Cjamango, 05. August 2007, 16:17.

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#487 Cjamango

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Geschrieben 07. August 2007, 10:21

Surviving The Game (DVD)

Jack Mason (Ice-T) gehört nicht nur zum Prekariat, sondern sogar zum Lumpenprekariat, seitdem der Unfalltod seiner Frau und seiner Tochter ihm den Halt geraubt hat. Sein Alltag besteht daraus, sich aus Mülleimern Apfelgriebsche herauszuklauben und sich von grimmigen Polizisten verprügeln zu lassen. Als ihm ein Sozialhelfer unter die Arme greifen möchte, reagiert er skeptisch – warum sollte ausgerechnet ihm jemand einen Job anbieten? Die Frage ist berechtigt, die Antwort sehr häßlich: Er soll zwar einigen Geldsäcken bei ihrer idyllischen Jagdtour assistieren, aber nicht als Fremdenführer, sondern als Wild in einer Graf-Zaroff-Gedächtnis-Safari. Doch die Mieslinge haben die Rechnung ohne den „Cop Killer“ gemacht...

„Awright... let's get the turkey!“ Ich habe mir den Film mal im Originalton angeschaut, und das war eine weise Entscheidung, denn wenngleich man Ice-T unter kiloweise Dreadlocks kaum erkennen kann, so ist seine Stimme doch unverkennbar – Bodycount's in the house! Als der Film damals auf Video herauskam, ist er mir komplett entgangen, was schade ist, denn für Freunde gehobenen Backwoods-Gekloppes ist er in der Tat die richtige Wahl. Zwar ist mit Charles S. Dutton auch ein schwarzer Schauspieler unter den Bösewichten, aber ansonsten wirkt SURVIVING THE GAME wie eine Blaxploitation-Variante der Menschenjagd-Thriller in der Zaroff-Nachfolge. Und was für Bösewichter das sind! Rutger Hauer hat in der Wahl seiner Hollywood-Filme nicht immer ein glückliches Händchen bewiesen, aber dieser Dreschflegel versieht ihn zumindest mit einem selten widerwärtigen Militär-Herrenmenschen, dessen Respekt für Menschenleben auf keiner Landkarte mehr zu finden ist. Zusatzpunkte für den schmierigen Bart. F. Murray Abraham machte einst in New-York-Produktionen den plappernden Taxifahrer, bis er in Milos Formans AMADEUS die oscargekürte Rolle des Salieri bekam. Hier gibt er einen feigen Reiche-Leute-Arzt, der erstmals auch seinen Sohn mit auf die Pirsch nimmt. Sohnemann ist – anders als sein Daddy – kein geisteskranker Perverser, was zu Konflikten im Kuckucksklan führt. John C. McGinley, Oliver Stones Spezialist für koksende Exzentriker, spielt einen verklemmten Puritaner, dessen Mordlust – so erst einmal geweckt – kaum wieder einzudämmen ist. Und abgerundet wird der Klüngel vom CIA-Psychiater (!) Gary Busey, der eine glänzende Szene hat, als er ein Kindheitserlebnis mit einer Bulldogge schildert. Für Regisseur Ernest Dickerson war dies gerade mal der zweite Langfilm, und Oscars lassen sich mit dieser Art von Genrekino sicherlich keine erhaschen, aber der Film liefert seinem Zielpublikum haargenau das, was es haben möchte, und zwar in ordentlicher Qualität. Die wundervolle Landschaft und einige lustig überkandidelte Details (Trophäenraum!) sind dann noch die Schaumkrone, die sich im Verlaufe des Filmes blutrot färbt. Wie ich immer zu sagen pflege: Eine faire Packung! Jägerlatein auf ansprechendem Niveau.

P.S.: Wann veröffentlicht endlich einmal jemand den Backwoods-Sleazer HUNTER'S BLOOD in ungekürzter Fassung? Das wäre mal was...
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#488 Cjamango

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Geschrieben 07. August 2007, 10:49

Nightmare Detective (DVD)

Keiko Kirishima ist eine sehr hübsche junge Polizistin, die sich gerade zur Mordkommission hat versetzen lassen. Dort wird sie konfrontiert mit einer Reihe vermeintlicher Selbstmorde, bei denen sich die Opfer nach besten Kräften zerschnetzelt haben. Während ihre Vorgesetzten sehr daran interessiert sind, die Fälle ad acta zu legen, gibt es doch eine verwirrende Einzelheit, die den Ermittlern zu denken gibt: Alle Opfer haben kurz vor ihrem Abgang auf ihrem Handy ein und dieselbe Nummer angerufen. Da der Film in einem Parallel-Japan spielt, schließen die Behörden auch übersinnliche Ermittlungsstrategien nicht aus. Keiko versichert sich der Dienste eines medial veranlagten jungen Mannes, der die seltene Fähigkeit besitzt, in die Alpträume fremder Menschen hineinzutauchen. Und was er dort findet, ist grauenvoller als alles, was C.G. Jung und seine Kollegen sich hätten träumen lassen...

„Nicht schon wieder Handys!“ war mein erster Gedanke, als der Film begann. Asiatische Grusler besitzen ja eine gewisse Tendenz zur wohlfeilen Wiederholung bekannter Vorbilder. Tatsächlich ist Shinya Tsukamotos neuester Schocker eine vergleichsweise konventionelle Angelegenheit, doch zeigt er den anderen Mitbewerbern immerhin, wie es richtig geht: NIGHTMARE DETECTIVE ist mal wirklich schockierend und sicherlich nichts für zarte Nerven. Der Fun-Faktor amerikanischer Traum-Schocker geht dem Film völlig ab. Stattdessen entführt er den Zuschauer in eine Welt, in der fast alle Menschen die Sehnsucht nach Selbstauslöschung hegen, nach dem leichten Ausweg aus den gnadenlosen Leistungsanforderungen, die das moderne Leben seinen Kindern zumutet. Wie quälend es für den „Nightmare Detective“ auch ist, in die dunklen Kammern fremder Psychen hinabzusteigen – unterm Strich sind es seine eigenen Traumata, mit denen er es ein ums andere Mal zu tun bekommt. Die reale Welt erscheint als eine notdürftig errichtete Fassade, unter der die Menschen in bester TETSUO-Manier groteske Verrenkungen aufführen, gequält von einer Anpassung an eine Natur, die nicht die ihre ist. Die Alpträume zeigen all das, was sich in Wahrheit unter dem schönen Schein abspielt, und es ist hemmungslos und unsagbar garstig. Als Katalysator für die Traummonster fungiert Tsukamoto höchstselbst und beschert sich dabei einige wirklich alptraumhafte Momente. Im Vergleich zu VITAL hat mich NIGHTMARE DETECTIVE ein wenig enttäuscht, aber formal ist der Film wirklich große Klasse und demonstriert anschaulich, was für einen Kinderkram Hollywood aus dem Alptraum-Thema gemacht hat. NIGHTMARE DETECTIVE ist wirklich nichts, was man sich kurz vor dem Schlafengehen anschauen sollte – eine düstere und sehr verunsichernde Reise in die Ecken der Seele, die die Putzfrau aus gutem Grund vernachlässigt hat. Genrekino mit was extra.
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#489 Cjamango

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Geschrieben 07. August 2007, 12:00

Number 23 (DVD)

Was entnimmt man diesem Film? Hundefänger und Zahlenmystik – das geht nicht gut zusammen!

Au Mann. Also, Jim Carrey spielt einen Hundefänger namens Walter Sparrow, der im Kleinstadtumfeld mit den überschaubaren Tücken seines Berufes zu kämpfen hat. Das alles ändert sich, als ihm seine Freundin Virginia Madsen ein Buch zu lesen gibt, in dem es um Zahlen geht und einen Protagonisten namens Fingerling, der sich im Reich einer Glitzer-Noir-Welt von der Zahl 23 in Wahnsinn und Tod treiben läßt. Sparrow ist erstaunt, teilt der Held des Romans doch viele biographische Einzelheiten mit ihm selbst. Außerdem stellt er fest, daß die Zahl 23 wirklich fast überall auftaucht und sein Leben zu bestimmen scheint. Die Beschäftigung mit der Zahl 23 führt sehr bald zu einer paranoiden Besessenheit, die auch Sparrows Leben aus dem Gleichgewicht geraten läßt...

NUMBER 23 beginnt gar nicht schlecht, doch als Problem mendelt sich schon bald heraus, daß man nicht weiß, was man vom Film zu halten hat. Der Anfang legt eine Komödie nahe, denn Carrey (den ich ob seiner Leistungen in DER MONDMANN und VERGISS MEIN NICHT sehr schätze) überdreht dramatisch und gibt seiner Figur die ganze Tristesse eines Hundefängerdaseins mit auf den Weg. Wenn er anfängt, das Buch zu lesen, schaltet auch Regisseur Schumacher in den Overdrive und brennt das ab, was er vermutlich als Feuerwerk empfindet. Mich hat der stilistische Firlefanz sehr bald genervt und mich noch mehr von den schwer zugänglichen Charakteren abgewendet. NUMBER 23 schlägt dann die Marschroute eines ernsthaften Thrillers ein, was bei einem Helden, der ein Hundefänger mit einer grotesken Frisur ist, offensichtlich einen an der Waffel hat und Krimis mit Hauptfiguren liest, die Fingerling heißen, etwas schwierig ist. Seinen restlichen Kredit vergeigte der Film für mich in den letzten 20 Minuten, wo die Auflösung präsentiert wird. Diese ist wenig überraschend, völlig konstruiert, und am Schluß seift der Film voll ab und serviert die Moral knüppeldick. Lose Enden werden auch nicht weiter berücksichtigt. Schade. Nicht mein Ding.
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#490 Cjamango

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Geschrieben 07. August 2007, 12:19

The Fountain (DVD)

Verwirrender Anfang, ruhiges Tempo, schöner Film.

Darren Aronofsky kann, glaube ich, keinen schlechten Film machen. Seine bisherigen Arbeiten hatten immer etwas mit „quests“ zu tun, mit einer Suche nach etwas, das das Leben für die Protagonisten lebenswert macht. Manchmal führt die Suche in die Irre und endet im Chaos. Das Ende von REQUIEM FOR A DREAM kann man nicht wirklich als ermunternd bezeichnen. Ich erinnere mich noch daran, wie ich mit einem Kumpel den Film kuckte, und nach dem Abspann saßen wir mehrere Minuten völlig geplättet vor dem Bildschirm und konnten überhaupt nichts mehr sagen. THE FOUNTAIN erzählt zwei Geschichten parallel. Geschichte 1 schildert die Suche eines spanischen Konquistadors nach dem Quell des ewigen Lebens, mit dem er seine Königin beglücken will, die sich gegen mächtige Staatsfeinde zur Wehr zu setzen hat. Geschichte 2 erzählt von der Suche des Wissenschaftlers Tom Creo nach einem Mittel gegen Krebs. Seine eigene Lebensgefährtin, Izzi, ist daran erkrankt und wird nur noch kurze Zeit zu leben haben. Es gibt Überschneidungen: Izzi schreibt an einem Buch über spanische Eroberer und die Suche nach dem Quell; beide Geschichten werden von den selben Darstellern dargeboten. Das letzte Kapitel von Izzis Buch ist noch ungeschrieben. Vielleicht bleibt es ihr vorbehalten, das letzte Kapitel zu schreiben, vielleicht auch nicht...

Man kann das Ende von THE FOUNTAIN auf verschiedene Art und Weise deuten. Man mag es kitschig finden, ermutigend oder ernüchternd. Fest steht aber, daß der Film in sehr kunstvoller und schöner Weise eine eigentlich sehr simple Geschichte erzählt, die nahelegt, daß alles Wissen bedeutungslos ist gemessen an dem, was Menschen einander bedeuten. Wie sehr man sich auch abstrampelt, um nach den Sternen zu greifen und Träume wahr werden zu lassen – man muß sehen und verstehen, was einem das diesseitige Leben an realisierbaren Träumen zu bieten hat, dann ist es fast belanglos, wer das letzte Kapitel schreibt. Sinn oder Unsinn des ewigen Lebens sind in der Filmgeschichte einige Male behandelt worden. Nie aber so schön und einfühlsam wie hier. THE FOUNTAIN gibt einem viele religiöse Bezugnahmen, aber ich empfinde ihn nicht als einen religiösen Film, sondern als einen sehr dem Leben zugewandten und letztlich ermutigenden. Trotz einer großen Flut an Farben und Formen, die er über den Zuschauer ausgießt und nicht immer eine Erklärung mitliefert, legt der Film nahe, das Unerklärbare zu akzeptieren und nicht die Freude am Leben durch ständigen inneren Widerstreit zu beschmutzen. Die Suche des Filmes führt nach innen, nicht nach außen. Das ist zumindest meine Deutung. In jedem Fall empfehle ich die Bereitstellung einer ausreichenden Anzahl von Taschentüchern, denn daß man bei dem Film losheult wie ein Schloßhund, halte ich für gut möglich.

Bearbeitet von Cjamango, 07. August 2007, 12:26.

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Geschrieben 12. August 2007, 10:49

The Retribution (Union, Bochum)

Immer mehr Leute stellen die Frage, warum das Kino stürbe. Konjunktive wie „stürbe“ machen mich mürbe, aber es handelt sich ja auch nur um eine Unterstellung. Kinos können ja nicht sterben, es sei denn, jemand käme mit einer Abrißbirne und schüfe Platz für einen neuen Supermarkt oder ein Bordell. Kinos können nicht bei offenem Fenster einschlafen und morgens mit einer doppelseitigen Lungenentzündung aufwachen. Kinos sind ja keine Menschen. Daß immer mehr Leute allerdings verzagen ob der zahlreichen Multiplexe, hat weder etwas mit den Kinos selber zu tun – die sind meistens recht bequem und gemütlich bestuhlt – noch mit der Piraterie. Es fällt einem Filmfan im Zeitalter der DVD nur immer schwerer, den Kinobesuch zu genießen. Geht man in POLICE ACADEMY 6, so ist es Jacke wie Hose, ob das Publikum durch Rülps-, Knister- oder sonstige Störgeräusche auffällt. Lachen ist erwünscht, denn Lachen ist gesund. Doch manche Zeitgenossen sind leider nicht in der Lage, einem ernsthaften Film mit der nötigen sittlichen Reife zu folgen. Fast jeder Kinobesuch ist für mich mittlerweile mit Streß verbunden. Als ich etwa unlängst in den ganz vorzüglichen PAN'S LABYRINTH ging – einer märchenhaften Aufbereitung des spanischen Faschismus –, ging das völlig in die Hose. Die Nervbolzen warten auch in der Regel bis nach Beginn der Vorstellung, um ihr Schreckensregiment zu errichten, und sie setzen sich immer neben mich. Manchmal auch hinter mich. In jenem Fall liefen gerade die ersten Meter von Guillermo del Toros Geniestreich, als die Tür aufging und Echtweltausgaben von Bärbel und Siggi von Eisenpimmel das Kino betraten: „Boah ey, ich bin seit drei Jahren nicht mehr im Kino gewesen!“ ließ Bärbel den Kinosaal an ihren mit schepperndem Organ hervorgebrachten Gedanken teilhaben, während sie ein Tablett mit Knistertüten vor sich her balancierte. „Oh nein!“ dachte ich nur, und selbstredend setzten sich Bärbel und ihr Haussklave direkt hinter mich und meine Begleiterin. Es ist jedem halbwegs sensiblen Menschen klar, daß solche Leute eindeutig in der falschen Vorstellung gelandet sind. Sie könnten anderswo viel mehr Spaß haben, denn sie werden einfach nur auf die Grenzen ihrer Verständnisfähigkeit gestoßen, und das muß ein frustrierendes Erlebnis sein. Aber – verlassen sie den Kinosaal? Oh nein – sie bleiben eisern sitzen und machen ihrer Verbitterung über das sie im Regen stehen lassende Spektakel laut Luft. Sie killen die Kinofreude bei den Umsitzenden. Da hilft auch kein flauschiges Gestühl mehr. Das ist nicht die vielbeschworene Gemütlichkeit des Ruhrgebietes – das ist einfach eine Ungezogenheit, die mit Abzug von Lebensenergiepunkten bestraft gehört!

Mein persönlicher Auftakt zum „Fantasy-Film-Fest“ gestaltete sich durchaus angenehm, da das Publikum in der Lage war, einem Film 2 Stunden lang zu lauschen und dabei weitgehend die Klappe zu halten. Das war vorgestern. Gestern waren wir in Kiyoshi Kurosawas neuestem Streich, THE RETRIBUTION. Für sich betrachtet ist der Film eine recht hübsche Angelegenheit, die von einem Polizisten handelt, der über eine Mordserie mit dem Geist einer Frau konfrontiert wird, die ihm ein Verbrechen zur Last zu legen scheint. Die Geschichte wird mit der von Kurosawa gewohnten Langsamkeit und Vertracktheit entwickelt. Autos explodieren keine, und auch ansonsten gibt es viel Stille zu bewundern. Das gilt für die Leinwand. Gestern aber gab es einen Kinosaal voller geduldiger Menschen und ein oder zwei Hajupeis, die anfingen, bei jeder dritten Einstellung wie bescheuert zu kichern und zu lachen. Zu Anfang dachte ich noch, dies könne an einem grundlegenden Unverständnis des Filmes liegen, denn Japaner sind weitgehend ironieresistent, und mittlerweile vermuten Tarantino-Jünger ja in allem faustdicke Ironie und „with it“-Humor, den man halt kapieren muß. Da war aber kein Humor. Null. Das andauernde Gegacker machte es sämtlichen anderen Leuten im Theater komplett unmöglich, den Film zu genießen. Warum machen Leute so etwas? Es scheint dabei eine Art Verachtung fremder Kulturen mitzuschwingen. Der Film ist zu langsam, die Schauspieler drücken für mein an angelsächsischen Naturalismus gewöhnten Geschmack zu sehr auf die Tube, also ist es schlecht. Diese Unfähigkeit zum Verständnis fremder Lebensanschauungen ist völlig nachvollziehbar und entschuldbar, wenn auch nicht gerade ein Zeichen von überragender Intelligenz. Was aber gar nicht geht, ist, den anderen Besuchern damit den Abend zu versauen. Das ist anmaßend, rücksichtslos und borniert über alle Maßen. Man könnte dann ja einfach den Kinosaal verlassen und nach der eigenen Laune angemessenerem Fun-Splatter fahnden, aber nein, man bleibt lieber sitzen und macht allen anderen den Genuß zunichte durch überhebliches Gekälber. Ich kapier's nicht. Die Menschen beklatschen in der Regel das, was sie bereits kennen. Der wirkliche Reiz von künstlerischen Arbeiten liegt doch aber darin, daß man eben etwas Neues, etwas Unbekanntes kennenlernt. Daß man die Gelegenheit hat, sich mit anderen Sichtweisen und Empfindungen zu konfrontieren. Daß man sich auf etwas Fremdes einläßt. Da habe ich auch nicht immer Lust drauf, aber wenn ich halt Lust dazu habe, möchte ich nach Entrichtung des Eintrittsgeldes auch die Gelegenheit dazu haben. Das gestern war das Extremste, was ich in dieser Hinsicht bisher erlebt habe. Vom Film habe ich nicht allzuviel mitbekommen und werde ihn mir noch einmal anschauen, wenn er auf DVD erscheint.

Bearbeitet von Cjamango, 12. August 2007, 10:53.

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Geschrieben 14. August 2007, 11:15

Fido (Union, Bochum)

In einer kanadischen Kleinstadt (die aber sehr wie eine idealisierte Ami-Kleinstadt der fünfziger Jahre ausschaut) hat man nach den großen Zombie-Kriegen das Problem der Wiedergänger in den Griff bekommen. Der Konzern ZomCom verdient ein Schweinegeld mit der wirtschaftlichen Nutzung gezähmter Untoter. Es bedarf nur einer elektronischen Halsfessel, um die Monster ihre Fleischeslust vergessen zu lassen. Dann kann man sie wunderbar einsetzen – als Butler, Schülerlotse, Sexspielzeug, Golfcaddy... Auch in der Familie des kleinen Timmy schreitet die Zombiefizierung voran. Mutter hat es allmählich satt, daß sie die einzigen im Viertel sind, die noch keinen eigenen Zombie haben. Dies liegt vor allen Dingen daran, daß Vater Muffensausen vor den stalksenden Graugesichtern hat. Als Mutter ihm daraufhin einfach einen Zombie schenkt, sind seine Gefühle somit sehr gemischt, aber da er eine Fernbedienung hat, mit der er seinen neuen Diener nach Herzenslust foltern und gängeln kann, gewöhnt er sich an die neue Situation. Klein-Timmy findet den Zombie ganz knuffig und gibt ihm den Namen „Fido“. Fido mag Timmy auch und beschützt ihn vor Raufbolden. Als Fidos Halsfessel einen Wackelkontakt hat, kommt es zu einem bedauerlichen Rückfall – er zerfleischt eine alte Dame –, aber Timmy zeigt sich der Lage gewachsen. Schwierig wird die Situation erst, als Fido Gegenstand einer Hetzkampagne wird, die von Timmys Raufbolden angeregt wird. Und mehr und mehr Leute werden zu Zombies...

Na ja, das waren sie eigentlich schon vorher, und das ist natürlich die Botschaft dieses sehr freundlichen und entzückenden Filmes. Ich habe ihn in einem einigermaßen vollbesetzten Kino auf dem „Fantasy-Film-Fest“ gesehen, und bereits nach dem Anfang – einem Werbefilm für ZomCom – war klar, daß FIDO ein echter Gewinner werden würde. Obwohl hier und da etwas blutig (allerdings klar diesseits von SHAUN OF THE DEAD), paßt der Film gut in jene Riege von nostalgischen Unterhaltungsfilmen wie MATINEE oder PLEASANTVILLE, die die Moralität jener Tage mit gutmütigem Spott überziehen. Okay, es werden Kinder und alte Frauen zerfleischt, aber das geschieht auf sehr liebenswerte Weise. Dabei erweist es sich als sehr hilfreich, daß die Kinderdarsteller nicht eklig sind wie so oft, sondern gut ausgewählt und kompetent. Timmy ist ein schüchterner Schlaukopf, der in seiner Schule Ziel vieler Raufbold-Attacken ist. Seine Eltern (ebenfalls gut: Carrie-Ann Moss und HAPPINESS´ Dylan Baker) sind gräßliche Spießer und lassen ihn mit seinen Problemen hübsch allein. Neben Timmy ist Fido mit Leichtigkeit der sympathischste Charakter des Filmes und wird glänzend gespielt vom schottischen Komiker-As Billy Connolly, den manche noch als alten Haudegen aus DER BLUTIGE PFAD GOTTES kennen dürften. Seine Verwandlung vom gedemütigten Haussklaven zum echten Vollwertmenschen ist höchst vergnüglich zu betrachten, und wenn er mal jemanden zerfleischt, hat der es auch verdient. FIDO soll – anders als in den USA – angeblich eine Kinoauswertung in Deutschland bekommen, und es lohnt sich wirklich. Intelligent, charmant, lustig – der hat richtig Spaß gemacht!

Bearbeitet von Cjamango, 14. August 2007, 11:22.

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Geschrieben 14. August 2007, 13:04

The Curse (TV)

H.P. Lovecrafts Erzählungen haben sich schon immer als harte Nuß für Filmemacher erwiesen. Anders als Edgar Allan Poe, dessen Geschichten meistens von schauerromantischem Zierat durchzogen waren, beziehen Lovecrafts Werke ihren Reiz aus ihrer Vermengung von einer sehr eigenwilligen Bilderwelt mit einer hyperbolischen Schreibe, die Unsagbares, Unaussprechliches und somit auch Unzeigbares zu einem beklemmenden Alpdruck emporpeitscht. „The Colour Out Of Space“ wurde bereits 1965 von Daniel Haller zu einem wenig befriedigenden Film umgeformt, DAS GRAUEN AUF SCHLOSS WITLEY, dessen visuelle Vorzüge letztlich doch nur dazu führen, daß Boris Karloff als lustiges Leuchtemännlein durch die Kemenade hüpft. Im Jahre 1987 gab es dann die Neubearbeitung THE CURSE (in „Fangoria“ damals noch angekündigt als THE FARM), die vom sonstigen Schauspieler David Keith (ein Patrick-Swayze-Lookalike) stammte. Obwohl die Grundsituation der recht morbiden Geschichte beibehalten wurde, gibt es viel irrelevantes Beiwerk, so daß man sich dazu entschloß, die Bezugnahme auf Lovecraft gänzlich fallenzulassen. Nun ja, H.P. hätte sich auch im Grabe herumgedreht. Ich kann mich noch daran erinnern, daß ich THE CURSE damals, als er auf Video herauskam, einen Tacken besser fand als den sonstigen Ausstoß von Empire, aber beim 20-jährigen Jubiläum entpuppt er sich doch als eine etwas schwergängige Angelegenheit. Es geht um eine ländliche Region in Tennessee. Auf der Familienfarm des streng religiösen Nathan Crane geht ein Meteorit runter, was dieser als ein Zeichen des Herrn wertet. Da die Stadthonoratioren – repräsentiert von einer Art Landei-Variante von P.T. Barnum – ein Interesse daran haben, die Sache herunterzuspielen, wird erst einmal nichts unternommen. So kommt es auf der Crane-Farm zu denkwürdigen Veränderungen: Pferde, Hühner und Tomaten greifen die Menschen an; Mutter näht sich eine Socke an die Hand und wird auch sonst reichlich verschroben; alle Familienmitglieder haben einen guten Hautarzt mehr als nötig. THE CURSE legt ein ordentliches Tempo vor, arbeitet aber mit dem Holzhammer und baut weniger auf eine glaubhafte Schilderung der morbiden Veränderungen als auf Ekeleffekte. Die Landeier wirkten eigentlich schon vorher ziemlich crazy, so daß ihre spätere Wandlung in ausgewachsene Axtmörder niemanden wirklich überrascht. David Keith stammt aus Tennessee, so daß er wohl wußte, was er da tat. Als simpler B-Horror-Film ist THE CURSE leidlich unterhaltsam. Man darf nur nicht die erste völlig gelungene Lovecraft-Adaption erwarten. Charakterdarsteller Claude Akins (bekannt aus zahlreichen Western) hat offensichtlich Spaß dabei, den religiösen Fanatiker Crane zu spielen und drückt saftig auf die Tube. Von den anderen Darstellern kann man noch Wil Wheaton kennen, der den jüngsten Crane-Sohn spielt und als einziger merkt, was da Grausiges mit der Familie vor sich geht. Da es sich um eine Produktion des umtriebigen Ovidio G. Assonitis handelt, waren hinter der Kamera auch einige Italiener aktiv: Die Bildführung stammt von der Assonitis-Stammkraft Roberto Forges Davanzati, der dräuende Synthie-Score vom alten Polizeifilm-Veteran Franco Micalizzi. Und, hoho, als „associate producer“ zeichnete sogar Lucio Fulci verantwortlich, dem auch ein Credit für optische Spezialeffekte zugedacht wurde. Eine Szene, in der eine mutierte Kuh aufplatzt und lustige Maden über die Umstehenden verteilt, erinnert auch wirklich etwas an Papa Fulcis Zombiezeiten.
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Geschrieben 21. August 2007, 10:45

52 Pick-Up (DVD)

Roy Scheider spielt einen wohlhabenden Ingenieur, dessen Gattin Ann-Margaret als Politikerin erfolgreich ist. Das häusliche Glück gerät in Gefahr, weil Scheider mit einem blonden Gift herummacht, das sich auch noch als wenig integer erweist. Eines Tages nämlich stehen ein paar maskierte Männer in der Wohnung, halten Scheider eine Wumme an den Schädel und zeigen ihm ein belastendes Video. Als Scheider nicht spurt, bringen sie das blonde Gift kurzerhand um und schieben die Schuld auf ihr Erpressungsopfer: Sollte er nicht ordentlich blechen, geht das Beweismaterial an die Polizei. Seine Angst treibt Scheider dazu, Privatnachforschungen anzustellen, und diese führen ihn mitten in den Pornodschungel...

Gemessen an John Frankenheimers früheren Filmen (SIEBEN TAGE IM MAI, BOTSCHAFTER DER ANGST, DER MANN, DER ZWEIMAL LEBTE) ist es schon ein wenig schade, in welche Richtung sich seine Karriere bewegt hat. Betrachtet man 52 PICK-UP aber nur als simplen B-Thriller der Firma „Cannon“, macht der Streifen durchaus Laune. Erneut fällt auf, daß die achtziger Jahre in punkto Kleidung und Musikgeschmack zum Himmel stanken. Die gruselige Synthiemucke würde einem Chuck-Norris-Film gut zu Gesichte stehen, aber hier unterstreicht sie nur den selbst für Golan-/Globus-Verhältnisse ungewöhnlich sleazigen Ansatz des Werkes. Der Oberschmierofatz ist natürlich Pornoregisseur, und der häufige Nebendarsteller John Glover gibt wirklich alles – dem rieselt das Koks förmlich aus den Augen! Auch sehr nett der riesige Schwarze Clarence Williams III, der als sein Partner im bösen Spiel den Eindruck einer überdimensionalen Crackpfeife macht und stumpfen Blickes alles wegpustet, was sich ihm in den Weg stellt. Es gibt eine Partyszene, bei der auch einige bekannte Pornodarsteller (darunter Jamie Gillis, Ron Jeremy und Amber Lynn) durchs Bild wackeln. Mich hat es immer erstaunt, wie begierig XXX-Darsteller auf die Teilnahme an solchen „Legit“-Produktionen waren, wird doch immer wieder beklagt, wie unangemessen die Industrie vom großen Bruder Hollywood dargestellt wird. Na ja, Verflechtungen mit dem organisierten Verbrechen gab es und gibt es dort natürlich, wie überall, wo es um Geld geht, aber so comicstrippig wie hier hat man sich das kaum vorzustellen. Das ist 8MM-Territorium. Nimmt man den Film also ernst, ist er ziemlicher Tinnef. Aber da die Darsteller der Bösewichte gut am Augenrollen sind, gibt es in dieser Hinsicht keine Mißverständnisse, und so konnte ich 52 PICK-UP durchaus genießen. Es gibt einige unangenehme Härten, z.B. das Quasi-Snuffvideo der Entführer. Das ehemalige Prince-Protegé Vanity hat eine immens schmierige Stripszene. Die Vorlage zum Film stammt von Kriminalschriftsteller Elmore Leonard (JACKIE BROWN) und wurde 2 Jahre vorher bereits für Rock Hudsons letzten Film verwendet, DER AMBASSADOR. Wann immer „Cannon“ versuchte, etwas einigermaßen Seriöses auf die Beine zu stellen – was also intelligenter sein sollte als AMERICAN NINJA oder INVASION U.S.A.! –, ging das klangvoll in die Hose. 52 PICK-UP ist ein Sleaze-Krimi, da gibt es nix, aber ein zumindest ansprechend gemachter, und spannend ist das Teil auch. Leichter Punktabzug aber für den albernen Showdown feat. John Philip Sousas „Stars & Stripes Forever“.
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Geschrieben 21. August 2007, 16:40

Alexander (DVD)

Die Geschichte von Alexander dem Großen, wie Oliver Stone sie sah. Nach der ersten Stunde war ich ziemlich mürbe und befürchtete, es hier mit der ersten veritablen Gurke des Regisseurs zu tun zu haben. „Gurke“ wäre nun doch etwas übertrieben, denn einige Zeugnisse der technischen Fähigkeiten des Regisseurs finden sich hier und da, und erfreulicherweise sieht der Film davon ab, den Heroismus seines Protagonisten gänzlich ungeschoren zu lassen. Trotzdem ist ALEXANDER fraglos der Stone, den ich bislang am schwächsten finde. Die schlechten Kritiken der Zeitungsleute wurden in einigen Zuschauerrezensionen der IMDb mit der Begründung fortgewischt, die Gegner hätten den Film einfach nicht verstanden. Ich wüßte nicht, was es an ALEXANDER nicht zu verstehen gäbe; wenn überhaupt, ist er viel zu direkt, um nicht zu sagen: plump. Der Alexander des Filmes wird von der Ambivalenz angetrieben, die seine ganze Existenz bezeichnet – der Hader zwischen seinen Eltern, die Coming-Out-Probleme, das Rätsel um seine Herkunft, der Herrschaftszwist. Als Meuchelmord die Herrschaftsfrage geklärt hat, begibt sich der Bursch auf eine viele Jahre dauernde Odyssee, die ihm zahlreiche Eroberungen einbringt, aber siehe da: wer weit reist, verliert sich manchmal selbst. (Stöhn.) Daß Homosexualität bei die Mazedoniers nicht wirklich ein Problem war, wird einem mit der Sensibilität eines Preßlufthammers um Augen und Ohren geklatscht. Papa Val Kilmer (kaum wiederzuerkennen!) ist ein Wüterich, Mama Angelina Jolie ein intrigantes Weibsbild. Hinweise auf Ödipus deuten schon an, daß Alex gerne mit Mama pimpern will und seinem Vater an den Dutt. Das Problem wird aber verlagert auf andere Kontinente, und das „Freigegeben ab 12 Jahre“ ist angesichts der Blutbäder schon recht erstaunlich. Bedauerlicherweise ist das Drehbuch zu schwach und verschwafelt, um den Zuschauer über 3 Stunden hinweg zu fesseln, und so wirkt vieles doch wie eine überlange Geschichtsstunde mit Pomp und Ethno-Schangel. Die letzte halbe Stunde hat mir am besten gefallen, abgesehen von Anthony Hopkins´ Gebrabbel am Ende. Colin Farrell macht seine Sache wirklich gut, aber ich warte noch auf einen Film mit ihm, in dem er diesen enervierenden Schmachtblick ablegt. Als Schauspieler hat er einiges auf dem Kasten. Wenn mich jemand so richtig foltern will, kann er mir die Filmmusik auf CD schenken, denn was Vangelis hier abgeliefert haben, ist eine Woge aus Schmalz, die zu den dicksten Minussen zählt, mit denen ALEXANDER zu kämpfen hat. Wie meint Ptolemäus/Hopkins doch so richtig? „Die Wahrheit ist niemals einfach... und dann wieder doch!“ Damit hat er vermutlich recht. Ko-Autorin Kalogridis skriptete danach PATHFINDER, und den kucke ich mir vielleicht gleich als nächstes an...
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Geschrieben 05. September 2007, 19:19

Das Schweigen des Meeres (TV)

Nachdem ich in meinem neuen SI-Artikel einen der Gangsterfilme Jean-Pierre Melvilles einer näheren Betrachtung unterzogen hatte, keimte in mir der Wunsch, einige der Werke des Regisseurs erneut zu sichten. Den Anfang machte ich mit seinem ersten Langfilm, LA SILENCE DE LA MER, der eine sehr bewegte Entstehungsgeschichte besaß. Der Verfasser der Vorlage, Vercors, war eigentlich gegen eine Verfilmung seiner in den letzten Kriegsjahren geschriebenen Geschichte und willigte nur unter der Bedingung ein, daß Melville den fertigen Film einer „Jury“ von prominenten Figuren der Résistance präsentieren würde. Im Ablehnungsfalle wäre der Film vernichtet worden. Gefilmt wurde in Vercors´ eigenem Haus.

Howard Vernon spielt einen deutschen Offizier, der bei einem alten Mann und seiner Nichte Unterschlupf findet. Genaugenommen wird das Farmhaus des alten Mannes requiriert – eine Wahl hat der gedemütigte Mann nicht. Jeden Abend nun, wenn der Hausbesitzer und seine Nichte am prasselnden Kaminfeuer sitzen, erscheint irgendwann der Offizier. Er ist ungemein höflich und zurückhaltend, beharrt nicht auf einer Antwort, wenn er mit seinen unfreiwilligen Gastgebern spricht. Zunächst noch zurückhaltend und fast peinlich berührt ob seiner Erobererrolle, verliert er schon bald seine Scheu und schildert den ihm schweigend Lauschenden seine Utopie eines Schulterschlusses zwischen zwei großen Kulturnationen. Er selbst ist Komponist und liebt Frankreich seit seinen Kindertagen. So geht das jeden Abend, mehrere Monate lang, und niemals werden seine Worte erwidert, wenngleich die beiden Zuhörer jedes seiner Worte in sich aufsaugen. Bis dann eines Tages eine Wandlung eintritt...

LA SILENCE DE LA MER handelt an der Oberfläche von einem Soldaten, der unentwegt Monologe hält, die ihn teilweise als sensiblen und wohlmeinenden Menschen kennzeichnen, teilweise als einen blauäugigen Idealisten, der gar nicht ahnt, wie weit seine hehren Ziele vom tatsächlichen Elend entfernt sind. Tatsächlich aber „reden“ die beiden schweigenden Zuhörer mehr als er, denn Melville fängt ihre fast unmerklichen Reaktionen auf das Gesagte mit großer Genauigkeit ein. Ich war über alle Maßen beeindruckt, wie spannend der Film war, denn man erträgt das Warten auf die erste offene Reaktion kaum noch. Das Zaudern des Autors ob der geplanten Verfilmung kann ich gut nachvollziehen, denn diese auf einem realen Erlebnis basierende Geschichte hätte fürchterlich in die Hose gehen können und entweder zu einer kitschigen und letztlich langweilenden Nichtigkeit oder einer groben Verzerrung der historischen Realität geraten können. Tatsächlich muß es recht mutig gewesen sein, dem französischen Kinopublikum in den Nachkriegsjahren einen netten Nazi zu präsentieren, denn der von Howard Vernon sehr feinsinnig gespielte Offizier ist eigentlich ein Sympathieträger, dessen Tragik darin besteht, daß er seine beachtliche Liebesfähigkeit im Rahmen eines unmenschlichen Systems ausleben muß. Die Besessenheit der Nazis mit romantischen Idealen fand in der Kunst zumeist ihren Ausdruck in manchmal die Sinne benebelndem, manchmal schlicht menschenverachtendem Kitsch, mit dem der offensichtliche Zwiespalt zwischen Schein und Sein zugekleistert wurde – bis heute eine beliebte Methode. Der Offizier von LA SILENCE meint es gut mit seiner Liebe zur Kunst und zu Frankreich, und seine Ignoranz ob des Schweigens, mit dem ihm die versteinerten Verlierer begegnen, ist eher etwas Tragisches. Der Film ist meilenweit davon entfernt, Nazis zu verharmlosen, kommentiert die Auslassungen des sich in seiner Uniform zunehmend unwohler und deplazierter vorkommenden Vernons mit profilbetonten, „heroischen“ Aufnahmen seines aus den Franco-Filmen sattsam bekannten Gesichtes. Man spürt dabei die ganze Zeit über, wie hilflos er im Grunde agiert, wie würdevoll dagegen die besiegten Franzosen. Er ist offenkundig einsam, trotz seiner Militärfamilie völlig allein, und er wünscht sich nichts mehr, als Vergebung und Verbrüderung zu erfahren. Aber das ist natürlich nicht so einfach. Melville schildert das alles mit einer Art poetischem Realismus, der die Vorgänge zwar minutiös abbildet, aber die unterliegenden Botschaften durch Betonung von kleinsten Details vermittelt. Ich war nach Betrachten des Werkes auf jeden Fall sehr ergriffen. Da wohnt noch mehr Melville in dieser Woche!
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Geschrieben 08. September 2007, 11:37

Mimic: Sentinel (DVD)

Nachdem ich mir gestern den zweiten Teil von Guillermo del Toros Käferkrabbel-Geschichte angesehen habe, dachte ich nicht, daß ich noch in die Verlegenheit kommen würde, einige Worte zur Serie verlieren zu müssen. Katastrophal war der zwote wirklich nicht, halt eine Weiterführung des Krieges mit billigen Mitteln. Statt vieler mutierter Insekten gab es jetzt im wesentlichen nur noch einen dicken Hoschi, der einer der Wissenschaftlerinnen aus dem ersten Teil das Leben schwer machte. Viel Platz wurde den Versuchen der Protagonistin eingeräumt, Anschluß in der Großstadt zu finden, und stattdessen findet sie nur den Käfer. Für gerade mal 75 Minuten war der Kakerlak aber ganz in Ordnung, nur halt grimmig vorhersehbar. Und MIMIC: SENTINEL ist alles, wirklich alles, nur nicht vorhersehbar.

Als Regisseur und Drehbuchautor fungierte J.T. Petty, der ohnehin sehr kommentarintensiv ist. Sein erster Film war eine vermutlich auf 16mm gedrehte Angelegenheit, die von einem alten Mann im Wald handelt, der ungewollt Zeuge eines Mordes wird. SOFT FOR DIGGING hieß der Film, und er wird an anderer Stelle in diesem Tagebuch ausführlich besprochen. Pettys Debüt war nicht gerade ein Empfehlungsschreiben an die Industrie, sondern einer jener Filme, bei denen man das Gefühl hat, der Regisseur hätte einfach mal genau das gemacht, was ihm gerade vorgeschwebt hat. Der kommerzielle Anreiz, der von ihm ausging, entsprach in etwa dem einer Tüte Mehlwürmer. Mir hat er gerade deshalb gut gefallen, denn ich mag ja Filme über alte Männer im Wald. Außerdem verfaßte Petty die Skripte zu diversen Computerspielen, darunter die ersten drei Teile der von mir heißgeliebten „Splinter Cell“-Reihe. Mittlerweile hat er sich wohl auf das Filmemachen verlegt und schreibt nebenbei düstere Fantasyliteratur für Kinder. Warum nicht?

MIMIC: SENTINEL nun erinnert, was seine Fortsetzungstauglichkeit erinnert, ein wenig an EXORCIST 2. Vielleicht wären HELLRAISER 5 oder HALLOWEEN 3 ein besserer Vergleich, zumal mir jene gefielen, obwohl der Großteil der Fans entnervt abwunk. Die erste Käferattacke erfolgt nach ungefähr 45 Minuten, die ersten Actionszenen mit Käferbezug gar nach 55, was bei einem Film, der kaum länger als 70 Minuten ist, schon recht verwegen anmutet. Tatsächlich ist MIMIC: SENTINEL aber sehr elegant gemacht und hat die eigenartige, aber nicht reizlose Idee, Hitchcocks DAS FENSTER ZUM HOF mit Käfern zu paaren. Es geht um einen jungen Mann, Marvin, der zu den Strickler-Kindern des ersten Teiles gehört und jetzt ziemlich einen an der Murmel hat. Er ist aufgrund seiner hyperallergischen Verfassung nicht in der Lage, das Haus zu verlassen, wohnt mit seiner Mama (der wie üblich exzentrisch aufspielenden Amanda Plummer) und seiner gräßlichen Teenie-Bopper-Schwester in einer unattraktiven grauen Wohnsiedlung und beobachtet die gesamte Umgebung mit einer Fotokamera mit Teleobjektiv. Bei seinen „Untersuchungen“ fällt ihm auf, daß der „Müllmann“ (er gibt allen seinen „Forschungsobjekten“ Namen) merkwürdige Dinge zu treiben scheint. Auch verschwinden einige Menschen, darunter der Streifenpolizist, mit dem seine Mutter seit neuestem herumvögelt. Könnte die geheimnisvolle „Judas Breed“ der ersten MIMICs etwas damit zu tun haben?

Na klar, aber es ist ein langer Weg bis zum Kammerjäger! Ob man den Film komplett atze finden wird oder nicht, liegt somit an der Bereitschaft des Zuschauers, sich auf etwas komplett anderes einlassen zu wollen oder zu können, denn J.T. Petty inszeniert zwar ausgesprochen innovativ, aber auch direkt am Bedarf vorbei, weshalb ich schon einige Male laut lachte und mich wunderte, wie er sein Skript den Produzenten angedient hatte. Am Schluß des Filmes setzt es dann die gewohnte Käfer-Kirmes (feat. Lance Henriksen als renegatem Wissenschaftler), aber davon abgesehen ist diese „Fortsetzung“ ein echtes Kuriosum. Mir hat sie gefallen, und ich hätte nichts dagegen, wenn Petty seine künstlerischen Ambitionen demnächst mal auf neutralerem Boden ausleben könnte. Vielleicht bestelle ich mir auch auf Amazon mal eines seiner Bücher. Seine Website befindet sich übrigens hier.

Bearbeitet von Cjamango, 08. September 2007, 11:42.

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Geschrieben 10. September 2007, 22:54

Wunschkonzert (Video)

„So viele Frauen haben das mitgemacht. Warum sollte ich das nicht auch können?“ leidet Ilse Werner pittoresk am Beginn von WUNSCHKONZERT, einer Schmonzette, die sehr repräsentativ war für viele ähnlich gelagerte Filme aus der NS-Zeit, deren Unterhaltungscharakter begleitet war von ein wenig nationalsozialistischer Propaganda und viel Durchhalteeuphorie. („Und wenn die ganze Erde bebt“, singen gegen Ende Heinz Rühmann und seine Kollegen vor einer Hakenkreuzfahne. Ahem!) Die Handlung von WUNSCHKONZERT besteht aus einer melodramatischen Liebesgeschichte, in der sich Ilse Werner in den deutlich älteren Offizier Carl Raddatz verliebt. Da Männer ihre Geheimnisse haben, wird er eines Tages zu einer Sondermission abberufen und fordert ihr Vertrauen ein. Sie, ganz tapferes Opferlamm, willigt ein, ist ihr Herz auch gebrochen. Mit der „Legion Condor“ haut Raddatz auf die Kacke, wenngleich man von den Kriegshändeln selbst recht wenig mitbekommt. Man bekommt schneidige Nazis zu sehen, musikalische Nazis, amoröse Nazis, lustige Nazis und Nazis, die fliegen können. Irgendwann wird ein Flugzeug abgeschossen, und einer der Nazis wird sogar verwundet, doch gleich darauf sitzt er strahlend im Krankenhausbett, denn er kann ja das Wunschkonzert im Radio hören. Melodramatischer Schwulst und albernes Gekasper wechseln sich ab, und wenn zwischendurch nicht so ausgiebig hitlergegrüßt werden würde und man des Rahmens, in dem dieser Film als Agitation funktionierte, nicht gewahr wäre, hätte man es lediglich mit einem banalen und eher langweiligen Ruhrstück zu tun, dessen musikalische Attraktionen sich zudem in sehr bescheidenen Grenzen halten. Für den heutigen Betrachter entpuppt sich der hirnweiche Schwurbel aber als eine bedauerliche Lügenmaschine, die im Kopf des zeitgenössischen Publikums eine Realität etablieren sollte, die so nicht bestand. Dies ist einer jener Filme, in denen nichts, aber auch rein gar nichts wahr ist. „Ein bißchen dumm sein hat sich oft bewährt“, weiß ein bayrischer Teilnehmer des finalen Wunschkonzertes zu berichten. Dem läßt sich nichts hinzufügen.

P.S.: Der Film wurde einstmals als sogenannter "Vorbehaltsfilm" eingestuft, später aber offiziell von der FSK freigegeben.
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#499 Cjamango

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Geschrieben 15. September 2007, 23:28

The Gravedancers (DVD)

Gerade noch beim Fantasy-Film-Fest, jetzt schon bei uns auf der Showbühne!

Harris, Kira und Sid treffen nach einigen Jahren des Getrenntseins zur Beerdigung ihres Freundes Devin zusammen, ein Name, der – wie meine Freundin treffend bemerkte – aus den Namen Kevin und Dennis zusammengesetzt ist. Als ich einst in die Welt gesetzt wurde, wimmelte es von Christianen. Eine oder zwei Generationen später kamen dann die Kevins und Dennisse und errichteten ihr Schreckensregiment. Die Protagonisten dieses Filmes sind alle schwer „Devin“ und haben ihr Leben dem Bemühen geweiht, die intellektuelle Wucht eines „Schöner wohnen“-Prospektes zu erreichen. Nach dem DER GROSSE FRUST-Anfang mit der Beerdigung fällt den Tröpfen nichts Besseres ein, als auf den Friedhof zu gehen, um sich von ihrem hingeschiedenen Kumpel auf persönliche Weise zu verabschieden. Sie finden einen Zettel mit Schmierenversen, die prompt deklamiert werden. Außerdem tanzen sie auf den Gräbern. Diesen erstklassigen Fall von gestörter Grabesruhe verargen die Toten, und da die Tröpfe sich für ihre pubertären Kaspereien ausgerechnet jenen Teil des Totenackers ausgewählt haben, wo die ganzen Vermaledeiten zur ewigen Unruhe gebettet worden sind, dürfen sie sich gratulieren...

Nach dem strunzdoofen, aber in seiner Hektik recht unterhaltsamen THE CONVENT hat es Mike Mendez wohl mal ruhig angehen lassen wollen. Dieses war ein Fehler, denn THE GRAVEDANCERS beginnt – nach einem vermeintlichen Paukenschlag-Prolog auf den Spuren von THE ENTITY – sehr gemächlich. Das wäre okay gewesen, handelte es sich bei den Protagonisten nicht um komplett uninteressante Flitzpiepen, denen man eine halbe Stunde bei ihren Beziehungsproblemen zukucken darf. Dann gibt es einige Erscheinungen zu bewundern, die leider nicht sonderlich unheimlich sind, nur lärmend. Schon bald begeben sich die Hanswursten zu einem Priester/Parapsychologen (Tchéky Karyo in einem überraschenden Gastauftritt) und seiner altjüngferlichen Assistentin, die ihnen klarmachen, daß sie sich mit ihrer Grabschändung eine Menge Ärger eingehandelt haben. Keine Runde Mitleid, und natürlich bekommen die Spukgeister Namen und Historien, die aber nicht sonderlich originell sind: eine mörderische Klavierlehrerin, ein pyromanisches Kind und ein Richter, der in seinem Keller eine Folterkammer unterhalten hat. Der Film müht sich redlich, seinem Publikum mit allen Mitteln Angst zu machen, was zumindest in unserem Fall aber schwer in die Hose gegangen ist. Da Mendez zwar die Geschmacklosigkeit John Carpenters besitzt, nicht aber dessen technische Expertise, muß man sich dann mit völlig unpassenden Spaßeinlagen, schlecht geführten Schauspielern und schwachen Computereffekten herumschlagen, die alle nur zu einem lauwarmen Geisterbahnreigen führen. Ernstnehmen kann man die Geschichte beim besten Willen nicht. Die Japaner haben die Geister deutlich besser im Griff. Das hier ist Kindergarten, und das ständige ironische Gezwinker soll vielleicht Kenntnis der Materie vorgaukeln, wirkt aber nur unsouverän und verhindert, daß man mit den Charakteren mitfiebern kann. Wat 'ne Sülze.

Ich habe im Moment keine Lust, einen Text zu 28 WEEKS LATER zu verfassen, den ich vor ein paar Tagen gesehen habe, kann ihn aber wärmstens empfehlen. Einer der wenigen ernsthaften Horrorfilme, die ich in der letzten Zeit gesehen habe, sehr düster, sehr apokalyptisch und passagenweise wirklich sauspannend. Eine gelungene Fortsetzung – alle Achtung. Angesichts des Zombie-Mülls, der momentan über die Videothekenkunden ausgeschüttet wird, eine ausgesprochen erfreuliche Überraschung und definitiv nichts für zarte Nerven. Uffa!

Bearbeitet von Cjamango, 15. September 2007, 23:31.

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Geschrieben 19. September 2007, 11:37

Nicht auflegen! (TV)

Colin Farrell spielt einen schmierigen kleinen Yuppie, Stu Shepard, der gewohnheitsmäßig Leute belügt, manipuliert und am Handy zusülzt. Für seine Privatgespräche – zum Beispiel mit seiner Geliebten – bedient er sich eines der wenigen Münztelefone, die noch in New York City herumstehen. Eines Tages aber erhält er dort einen überaus bedauerlichen Anruf: Ein Soziopath hat ihn mit einem Präzisionsgewehr ins Fadenkreuz genommen und benutzt ihn für ein sadistisches Spielchen...

Die Idee, einen großen Hollywood-Thriller auf reduziertem Raum stattfinden zu lassen, ist eigentlich keine schlechte, und gemessen am sonstigen Output Joel Schumachers – der aus einigen gelungenen Sachen, aber auch saftigen Granaten besteht – ist das Ergebnis auch sehr kuckbar. Das Drehbuch stammt von Genrekino-Urgestein Larry Cohen, und so ist das Material auch eher als schwarze Komödie denn als geradliniger Reißer angelegt. Der Charakter, den Farrell mimt – komplett mit modischem Zickenbart – ist so unsympathisch, daß ich den Film beim ersten Versuch nach ungefähr 10 Minuten entnervt abbrach. Tatsächlich ist das aber wohl Absicht, auch wenn Schumacher in den ersten Minuten knallharte Werbefilmästhetik verwendet, was die Spurensuche etwas erschwert. Der Psychopath erwähnt viele Dinge, die durchaus richtig sind und den saftnasigen Protagonisten angemessen entblättern. Leider leistet sich der Film ein etwas käsiges Ende, das für meinen Geschmack die angerissenen Probleme auf unbillige Weise glättet. Da hätte etwas mehr Mumm dem Film gut zu Gesicht gestanden. Da PHONE BOOTH aber gerade einmal 80 Minuten läuft, funktioniert er eigentlich ganz gut und liefert immerhin spannende Unterhaltung. Insgesamt einer der besseren Filme des Regisseurs.
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Geschrieben 27. September 2007, 22:38

King Cobra (TV)

In einer kleinen Stadt in Alabama tun sich große Dinge: eine Hunderennbahn soll eröffnet werden, ein neuer Priester wird eingearbeitet, und ein Rudel tollwütiger Schlangen ist aus einem Zug entwichen und läßt den Giftzahn sprechen...

KING COBRA (aka JAWS OF SATAN) gehörte zu den wenigen Früh-80er-Horrorfilmen, die ich trotz eines damals erfolgten Kinoeinsatzes bislang nur aus Beschreibungen kannte. Daß ich jetzt dank Pay-TV diese Lücke schließen konnte, freut mich durchaus. Ich finde auch das bescheidene 3.0, das ihm in der Leserbewertung der IMDb zugedacht wurde, völlig unterdotiert, denn er beginnt durchaus manierlich. Fritz Weaver (ohnehin ein famoser Charakterdarsteller; man denke an seinen Auftritt in CREEPSHOW als feiger Unilehrer, der seine keifende Ehefrau beseitigen möchte!) spielt einen Priester, der seinen Glauben verloren hat. Statt eines besessenen Teenagers werden ihm nun diese komischen Schlangen serviert, die sich als Prüfstein erweisen, der straight from hell kommt und ihm den wahren Katechismus wieder etwas näher bringt. Normalerweise wäre sein Charakter eher eine Sekundärfigur, so wie Hal Holbrooks Priester in THE FOG, aber da der sonstige TV-Regisseur Bob Claver den exotischen Einfall gehabt hat, traditionellen Tierhorror mit religiösem Exorzistentrara zu vermählen, kommt der Pfaffe ganz groß raus und darf mit dem Kruzifix herumschwenken. Gretchen Corbett (Detektiv Rockfords Freundin aus der gleichnamigen TV-Serie) ist eine burschikose Ärztin, die sich zusammen mit einem jungen Schlangenexperten von außerhalb gegen den renitenten Bürgermeister durchsetzt, der – man solle es nicht für möglich halten – wegen der anstehenden Festivitäten jede Panik vermeiden möchte. JAWS OF SATAN, kicher, kicher. Die kriminelle Energie, die der eisgraue und –kalte Politiker dabei aufwendet, ist wirklich bemerkenswert und deutet im Mittelteil schon ein merkliches Absacken des Filmes an. Daß dieser konservative Provinzpempel so weit geht, einen debilen Biker zu engagieren, der Gretchen mit der Kanone vor der Nase herumfuchtelt, ist wenig glaubhaft. So erfreut es dann doch das Herz, wenn KING COBRA am Schluß Vollgas gibt und einen komplett grotesken Höhepunkt auffährt, der mich doch wieder versöhnt hat. Lateinisches Gebrabbel und eine lustige Gummikobra – was wünscht man sich mehr? Gemessen an den ziemlichen lausigen Empire-Schlocker, die im Moment von Premiere ausgegraben werden und die die ganzen Schrecken der späten 80er wiederauferstehen lassen (in punkto Musik und Klamotten!), ist dieser bizarre Hybride doch ganz angenehm gewesen. Wenngleich die Mixtur natürlich nicht aufgeht. Schlangen, Druiden und der Heilige Geist – weia! :muhaha:

Bearbeitet von Cjamango, 27. September 2007, 22:41.

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Geschrieben 28. September 2007, 18:11

Warlock (TV)

Ach, du meine Güte. Da ist ja mal Mallör passiert. An die Handlung konnte ich mich gar nicht mehr erinnern, aber jetzt ist alles wieder da. Ich habe ihn mir nämlich gestern abend angesehen.

Vor langer, langer Zeit war da mal ein blonder Hexenmeister, der von Julian Sands gespielt wird. Julian Sands sah ja schon immer ein klein bißchen wie Joe Dallesandro aus, und wie dieser hat er mit den Jahren gewonnen. Als Hexenmeister wirkt er ein wenig lüttsch, so, als hätte sich ein Dorfschönling in Schale geschmissen, um in der Gruftie-Kneipe seiner Wahl einen Stich zu landen. 23-jährige Metzgergesellen mit Sinn für schwarzes Genöle, die nicht davor zurückschrecken, 16-jährigen Gruftguppies die Unschuld zu rauben, sind nämlich gar nicht so selten. Sei's drum, dieser Warlock hat sich auf jeden Fall mit einigen Weißmagiern angelegt, die von Richard E. Grant angeführt werden. Grant ist eigentlich ein sehr passabler Schauspieler, dem adelige Schnösel besonders liegen. Hier spielt er einen puritanischen Langeweiler mit einer Felljacke. Als der Warlock ins 20. Jahrhundert flüchtet, um seiner Hinrichtung zu entgehen, reist ihm Grant nach. Gemeinsam gehen sie dann einer Spät-80er-Schnalle auf die Nerven, die mit ihrem homosexuellen Freund zusammenwohnt. Bevor man aber sagen kann: „Der Modegeschmack der späten 80er stank ja zum Himmel“, wird dem homosexuellen Freund erst der Finger abgeschnitten, dann die Zunge rausgebissen. Der hübsche Sands ermordet dann noch (off-screen) ein Kleinkind und kocht aus seinem Fett einen Sud, den Grant als „Flugzaubertrank“ bezeichnet. Der Warlock kann nämlich jetzt auch noch fliegen. Zusammen mit dem nunmehr mitbewohnerlosen Mädel, dem der Warlock noch einen Alterungszauber angehext hat, macht sich Grant auf, dem Bösen ins Getreide zu fahren, bevor dieser die drei Teile einer schwarzmagischen Bibel, der „Grimoire“, wieder zusammengesetzt hat...

Die Ausgangssituation mit den altertümlichen Leuten in der modernen Zeit ist eigentlich ganz passabel, aber die Möglichkeiten werden völlig verschenkt. Zuerst einmal haben die beiden männlichen Protagonisten – anders als etwa der ehrenwerte Catweazle – keine Probleme damit, sich den heutigen Gepflogenheiten anzupassen. Inkongruenzen werden nur kurz mal zum Thema gemacht und sind dann nur für flache Witze gut. („Gute“ Frauen malen sich zum Beispiel nicht das Gesicht an, wie Grant an einer Stelle empört bemerkt.) Das Schielen nach dem kleinsten gemeinsamen Nenner wird dem Drehbuch sehr bald zum Verhängnis, denn die einzige Figur, mit der man sich hätte identifizieren mögen, ist die komplett unsympathische (da selbstsüchtige und zickige) Heldin, die von Lori Singer dargestellt wird. Als sie der Alterszauber trifft und auf einmal 40 Jahre alt sein soll, sieht sie aus wie eine 20-Jährige mit Farbe im Gesicht. Als sie 60 wird, kommt noch etwas Gummi dazu. Nein, so geht das nicht. Äußerlich unterscheiden sich die beiden Leute aus dem 17. Jahrhundert auch nur darin von ihren neuzeitlichen Pendants, daß sie mehr Kajal im Gesicht haben. (Besonders Grant!) Nimmt man noch den uncharakteristisch schwachen Goldsmith-Score dazu und ein wenig aufregendes Finale, dann bleibt unterm Strich nicht viel, weshalb man den Film weiterempfehlen sollte. Selbst Teenies sollte man mehr zumuten.

Doof.

Bearbeitet von Cjamango, 28. September 2007, 18:13.

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Geschrieben 01. Oktober 2007, 09:12

Bat 21 (TV)

Vietnam war die Hölle. Eigentlich möchte ich diese Sorte von Film mal mit Teddybären in der Hauptrolle machen: „Honig 1 an Honig 2, wir haben noch Männer unten!“ – „Das ist mir zu heiß! Charley wird da was gegen haben! Ausweichplan! Ausweichplan!“ – „Verdammt, ich bin getroffen, aaargh...“ Bär 1 geht runter und heißt Gene Hackman. Er ist ein alter Zausel, der den Krieg bisher nur aus der komfortablen Perspektive des Cockpits kennt, eine Tasse Kaffee auf dem Schoß schaukelnd. Jetzt rutscht er in die erste Person und lernt den Krieg von der schmutzigen Seite kennen. Bär 2 ist Danny Glover und soll ihn rausholen, doch es wird ein langer Ritt. BAT 21 wirkt wie die Adaption eines der weniger aufregenden Tatsachenberichte und serviert mäßig aufregendes Heldentum im Dschungel, garniert mit viel Wumm und Päng. Dazwischen hoppeln irgendwelche asiatischen Untermenschen durch die Gegend und erschießen Verletzte und Kriegsgefangene. Als Zeichen der Zeit werden noch einige Alibiszenen eingestreut. In einer davon wird Hackman von einem südvietnamesischen Bauern angegriffen, der kein amerikanisch kann. Der Bauer erleidet das Schicksal, das Bauern nun mal zugedacht ist, die gesamte Familie trauert hilflos über das tote Familienoberhaupt, und Hackman macht: „Grein, grein, ich halte das nicht mehr aus, alles so furchtbar!“ Später läuft er noch einem kleinen Jungen über den Weg, der ihm aus reiner Nettigkeit eine Speerfalle verrät. Hackman bedankt sich artig, schenkt dem Buben eine Kleinigkeit – Freunde trifft man überall! Die Idee, daß Hackman seine Route nach Art eines Golfplatzes kodiert, ist so stulle, daß sie schon fast wieder authentisch sein könnte. Ansonsten ist das Ganze mäßig spannend und natürlich kriegsverniedlichender Schmonzes der Sorte: „Jetzt weiß ich, wie der Krieg wirklich ist, schudder!“
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Geschrieben 12. Oktober 2007, 13:52

Unholy Women (DVD)

Nach RING war ich ja eine ganze Zeit lang wie vernarrt in asiatische Geisterfilme, die ich – im Gegensatz zu den meisten Hollywood-Produkten – sehr unheimlich fand. Spätestens mit SHUTTER war diese Begeisterung aber erschöpft, da der planmäßige Einsatz von Geisterfrauen und –kindern mittlerweile zu einem Klischee geraten war, das bei mir nicht mehr für Gänsehaut sorgen mochte. Schuld daran war auch, daß sich jeder Dilettant an diesem Genre versuchte, und viele der bei uns erschienenen Grusler waren ganz einfach lausig gemacht.

Eine sehr hübsche Überraschung nun ist der japanische Episodenfilm UNHOLY WOMEN. Von „Rapid Eye“ erwarte ich ja immer etwas mehr, aber daß mich der Film richtig kicken würde, war nun nicht auf meiner Liste. Hat er!

Die erste Geschichte ist nicht viel mehr als ein Appetizer und berichtet von einer Frau, die Bekanntschaft mit einer überaus rotgekleideten Geisterdame macht, die ihr eine unangenehme Reise durch die nächtliche Stadt beschert. Der Entschluß des Regisseurs (der u.a. die ZEIRAM-Filme gemacht hat), das übernatürliche Wirken durch wenig überzeugende Computereffekte aufzupeppen, geht eher daneben, aber auch so gibt es einige ordentliche Buh-Effekte und eine ungewöhnliche Farbdramaturgie, die den Film etwas vom Gros dieser Sachen abhebt.

Ganz anders Episode 2. Episode 2 ist wirklich Hammer! Im Grunde genommen bedient sich die Story des alten Sexistenwitzes über die Frau mit dem Sack über dem Kopf, bastelt daraus aber eine ebenso bizarre wie anrührende Liebesgeschichte. Die Vorstellung, ein junger Mann ginge mit einer Frau aus, von der er nur die Beine sehen kann, da der Rest des Körpers in einem alten Kartoffelsack steckt, ist von Haus aus eher grotesk. Da Regisseur Takuji Suzuki einiges auf dem Kasten hat, expliziert er diesen eigenartigen Umstand nicht, sondern spinnt die Geschichte einfach mal weiter, ohne sein Publikum mit schnöden Erklärungen zu langweilen. Er bringt es fertig, die Frau im Sack sowohl bedrohlich als auch mitleiderweckend wirken zu lassen. Eine schöne Fußsexszene gibt es auch. Der Schluß ist einfach toll, wenn auch etwas eklig. Aber so ist das halt im Leben.

Ich dachte nicht, daß nach dieser Episode noch etwas Gleichwertiges kommen würde, aber Keisuke Toyoshimas „Das Erbe“ ist eine komplett ernsthafte, langsam und sorgfältig inszenierte Familiengeistergeschichte, die von einer jungen Frau handelt, die mit ihrem kleinen Sohn ihre Mutter besucht. In deren Haus hat sich einmal etwas zutiefst Widernatürliches abgespielt, und natürlich lauert das Verhängnis hinter jeder Papierwand. Überwacht wurde die Episode von JU-ON-Regisseur Shimizu, und Toyoshimas Film braucht einen Vergleich mit dessen Highlights nicht zu scheuen. Ganz schön unheimlich! Insgesamt eine sehr lohnende Zusammenstellung, die nach mäßigem Beginn zu unerwarteten Höhen aufsteigt. Wer Lust hat, kann sie sich Ende nächster Woche im TV anschauen, denn da läuft sie im Rahmen einer Japan-Nacht auf VOX. Ich werde mir aber definitiv die DVD holen.
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Geschrieben 15. Oktober 2007, 09:39

Inland Empire (DVD)

Mann, was bin ich froh, diesen Film nicht im Kino geschaut zu haben! Ich kann mir in etwa vorstellen, wie das wohl ausgesehen hätte – lauter Tüdderbüddel, die pausenlos Fragen an ihre Sitznachbarn stellen wie „Ist das jetzt immer noch die Hauptdarstellerin?“, „Wo ist die denn jetzt?“ und „Hä?“ Dazwischen einige Stöhnheinis, die nicht in der Lage sind, drei Stunden lang artig und aufmerksam im Dunkeln zu sitzen, und deshalb ihrem Unmut Luft machen.

Tatsächlich ist INLAND EMPIRE eine harte Packung, zumal dem Film all das abgeht, was selbst narrativ so schwer zu entschlüsselnde Werke wie LOST HIGHWAY für ein sehr gemischtes Publikum noch attraktiv und „cool“ gemacht hat. INLAND EMPIRE beeindruckt durch die Abwesenheit alles Schicken, Modischen und Konventionellen. Zu Anfang, wenn Grace Zabriskie durch die Landschaft strolcht und ihr bemerkenswertes Gesicht in die Kamera schraubt, hat man noch ein wenig TWIN PEAKS; dann gibt es einen übernatürlich wirkenden Zeit/Ort-Irritationseffekt à la „Der weiße Zwerg und sein Handy“; ein wenig gefällige „Film im Film“-Thematik; und dann geht INLAND EMPIRE seine eigenen Wege. Und er macht dabei keine Gefangenen.

Nikki Grace (Laura Dern) ist eine Schauspielerin, die überglücklich ist, eine Hauptrolle im neuen Film von Kingsley Stewart (Jeremy Irons) gelandet zu haben. Das Drehbuch basiert auf einem früheren Drehbuch, das schon einmal die Grundlage für eine Produktion geliefert hat, die dann aber abgebrochen werden mußte, da die Hauptdarsteller verstarben. Das frühere Drehbuch wiederum basiert auf einer alten Zigeunerlegende, und es wird behutsam angedeutet, daß auf dem Film kein Segen ruht. Tatsächlich geht es in dem Werk um Eifersucht und Mord, und auch im wirklichen Leben bekommt der männliche Star unmißverständliche Warnungen vom eifersüchtigen Ehemann Nikkis. Und natürlich bewegt sich die Handlung immer mehr Richtung Ehebruch, wobei die handelnden Personen nicht von Leidenschaft oder anderen intensiven Gefühlen angetrieben zu werden scheinen, sondern – fast schon mißmutig – die Anweisungen eines Drehbuches befolgen könnten. Je länger INLAND EMPIRE dauert, um so verschwommener werden die Belege dafür, was eigentlich Realität und was Fiktion ist. Die Protagonistin Nikki Grace (oder ihr möglicherweise sogar realeres Pendant, Susan Blue) befindet sich auf einer Abwärtsspirale. Die Identitäten, die der Film für sie bereithält, reichen von wohlhabender Bewohnerin einer kitschigen Prachtvilla über streßgeplagte „white trash“-Existenz zum absoluten Absturz auf dem Drogenstrich. Die Narrative von INLAND EMPIRE besteht aus vielen kleinen Impressionen, die möglicherweise alle Bestandteile ein und derselben Psyche sind und somit alle etwas real, aber verläßlich ist kaum etwas in diesem Gespinst. Daß David Lynch ein Talent dafür hat, wirklich kreuzunheimliche Szenen zu entwerfen, ist ja nichts Neues. INLAND EMPIRE wird erst später richtiggehend grausig, aber schon in den frühen Passagen erweist sich der Regisseur als Meister der Unbehaglichkeit, da alle Kommunikationsszenen zwischen Figuren rigoros unterlaufen werden. In Nikki Graces Villa etwa müssen die Figuren lange Gänge oder Hallen durchqueren, um zueinander zu gelangen, die Gespräche werden von langen Pausen ins Mißtrauenerweckende bugsiert, alle scheinen etwas anderes zu meinen, als sie tatsächlich sagen. Fucking scary. Längere Passagen seines Kurzfilmes RABBITS, die in den Film integriert sind, unterstreichen das recht anschaulich: Eine Hasenfamilie – Mann, Frau, zweite Frau – vollzieht den rituellen Tagesablauf, sagt Sätze auf, die zwar den Konventionen entsprechen, aber kaum einen Bezug zueinander aufweisen. Und zwischendurch lacht ein Sitcom-Dosenpublikum an völlig unpassenden Stellen. Man hat bei Lynch andauernd das Gefühl, den Witz nicht zu verstehen, was eine enorm verunsichernde Wirkung auf den Betrachter hat. Auch Lynchs Entschluß, INLAND EMPIRE in kunstvoll „sorgloser“ Weise auf Video zu drehen, schlägt in dieselbe Kerbe, da die Einstellungen häufig „verrutscht“ wirken, unscharf oder dejustiert. Auf der Tonspur gibt es sehr viel Stille, die aber nur trügerischen Frieden anbietet, denn sie wird meistens entweder von nieder- oder hochfrequenten Geräuschen begleitet, die dem Zuschauer einen ungefähren Eindruck von einer Tinnitus-Erkrankung vermitteln. Holy shit. Wer einen Digitalfernseher besitzt und damit Standbilder von Talkshows erstellen kann (ein geheimes Hobby von mir, wenn ich mal nichts Besseres zu tun habe!), weiß ebenfalls um Lynchs beeindruckende Fähigkeit, die Konventionen des Miteinanders aufzuhebeln und eine beunruhigende Nebenwirklichkeit zu schaffen. Gefrorenes Gelächter, leuchtende Augen in bösen Gesichtern. Da weiß man, was man hat. Nämlich gar nichts.

In gewisser Weise ist INLAND EMPIRE mit LOST HIGHWAY vergleichbar, verweigert auch er sich einer simplen linearen Deutung. Stattdessen funktioniert er wie ein großes Verwirrspiel, das die intellektuellen Kapazitäten des Zuschauers zwar anfänglich auslastet, dann aber gnadenlos kurzschließt. Ob einen das Erlebnis langweilt oder aber anspricht, hängt sicherlich von der Erwartungshaltung ab. Man erwarte um Himmels Willen keinen „leichten“ Lynch – das könnte in die Hose gehen.

P.S.: Ich habe in der Vergangenheit des öfteren Bosheiten über Laura Dern von mir gegeben. Das kann ich jetzt endgültig nicht mehr machen. In INLAND EMPIRE spielt sie grandios, und zwar „Kinn-auf-Boden-auftrumpf“-grandios.

Bearbeitet von Cjamango, 15. Oktober 2007, 09:46.

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Geschrieben 26. Oktober 2007, 09:47

Backwoods (DVD)

Zwei befreundete englische Pärchen spüren ihren iberischen Wurzeln nach und machen eine kleine Tour durch Nordspanien. Damit sie ihre Zeit auch so richtig genießen können, hat sich der eine der beiden Männer ein Häuschen auf dem Lande gekauft, das einstmals im Besitz seiner Familie war. Die Landschaft ist idyllisch, die Landbevölkerung voller rustikaler Eigenheiten. Da beide Männer innerhalb ihrer Beziehungen gewisse Probleme haben, setzen sie sich ab und machen eine kleine Jagdexkursion, um mal so richtig unter sich zu sein. Dabei stolpern sie mitten im finstern Tann über ein altes Haus, in dessen Turmanbau ein kleines Mädchen angekettet ist. Das Mädchen scheint geistig zurückgeblieben zu sein und weist merkwürdige Verunstaltungen an den Händen auf. Außerdem ist es gräßlich verwahrlost, so daß die Männer das kleine Wurm erst mal vorsichtshalber mitnehmen. Zusammen mit den Frauen will man die Kleine später zur Polizei bringen. Doch da erscheinen auf einmal diese Männer mit den Flinten – die Jagdzeit ist eröffnet...

Julio Fernandez´ Firma „Filmax“ entwickelt sich immer mehr zu einem Garanten für erfreuliche Genrekost, denn abgesehen von Brian Yuznas Beiträgen zum Firmenkapital hat mir bisher noch jeder Film ausgesprochen gut gefallen. BACKWOODS macht da keine Ausnahme und liefert einen ernsthaften und sauber gefertigten WER GEWALT SÄT-Ableger, der sich die Mühe macht, glaubhafte Charaktere zu entwickeln, die ihre Probleme eher in sich hineinfressen (wie das nun mal der Realität entspricht!) als sie gemäß der Hollywood-Tradition gruppendynamisch auszudiskutieren. Man spürt die ganze Zeit über, daß es bei beiden Ehepaaren gewaltig hakt, was eben auch an der Unfähigkeit liegt, miteinander auf unkomplizierte Weise zu quasseln. Im Grunde sind beide Beziehungen schon ziemlich auf Eis, der gemeinsame Ausflug mehr so eine Art Tünche, die von allen Beteiligten akzeptiert wird, damit man über die unschönen Dinge nicht mehr nachgrübeln muß. Diesen „modernen“ Familien wird eine noch viel kaputtere „traditionelle“ gegenübergestellt, deren Produkt dann zur Reparierung der ersteren herhalten soll. Die Ehen der Engländer sind nicht ohne Grund kinderlos, doch die Altlasten, die auf dem kleinen Mädchen liegen, sind dann doch zu massiv, als daß man sie einfach so als Wundpflaster für die eigenen Versehrungen benutzen könnte. Als wir den Film geschaut haben, bemerkte ich immer scherzhaft, daß „da unten“ (=im Wald) eigentlich alle Familie sind, und natürlich geht es in solchen Backwoods-Filmen immer um den Zusammenhalt zwischen den als potentiell bedrohlich dargestellten Ländlern, die sich von der Welt der Städter hermetisch abgeriegelt haben, was natürlich auch Haie im Genpool erzeugt.

BACKWOODS ist der erste Langfilm des jungen Regisseurs Koldo Serra, und es handelt sich um einen Gewinner – ein völlig ernstzunehmender, gut geskripteter und spannender Thriller, der eigentlich alles richtig macht. Als angelsächsische Leihgaben dienen der immer gern gesehene Gary Oldman und sein Kollege Paddy Considine, der mir gerade noch in dem sehr lustigen HOT FUZZ aufgefallen ist. Als Patriarch der Landfraktion fungiert Lluís Homar, der in dem gleichfalls spannenden DEADLY CARGO den Kapitän des bösen Schiffes gespielt hat. Ich habe mir BACKWOODS auf gut Glück ausgeliehen und war sehr positiv überrascht. Lohnt sich.
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Geschrieben 30. Oktober 2007, 21:53

Black Water (DVD)

Hinter einem unspektakulären Titel verbirgt sich ein erfreulich solider Tierhorrorreißer. Es geht um ein Ehepaar, das zusammen mit der Schwester der Frau eine Reise nach Nordaustralien macht. Da sie von der Landschaft was mitbekommen wollen, entschließen sie sich dazu, einen kleinen Angelausflug in die Sümpfe zu machen. Das geht auch eine Weile gut, bis das Boot von einem Mordstrumm von Krokodil zum Kentern gebracht wird. Der Bootsbesitzer endet im Bauch des Reptils, die kleine Familie flüchtet auf einen Baum. Soweit in Sicherheit. Doch was nun?

BLACK WATER fährt keine Unmengen an Monstren auf – es handelt sich um ein einziges Krokodil, wenn auch ein verdammt großes. Die Situation wird geschickt entwickelt, fast kammerspielartig. Die Spannung ist recht klaustrophobischer Natur. Man hört das Gras wachsen bzw. den Sumpf glucksen. Der Film macht dem Zuschauer die Sache leicht, da die Protagonisten angenehm sympathisch sind. Ihre Rettungsversuche wirken einigermaßen naheliegend und glaubhaft. Die Sache ist die, daß sie sich nicht sicher sein können, ob das verdammte Viech überhaupt noch da ist. Man sieht es sehr selten. Wenn es denn aber auftaucht, dann wirkt es schon recht überzeugend. Nach etwa der Hälfte kommt ein Schockeffekt, bei dem ich fast aus dem Sessel gepurzelt wäre. Mein lieber Herr Gesangverein... Kurz und gut, ein nicht zu unterschätzender Sumpfthriller aus Aussieland, mit ungewöhnlich guten Schauspielern und einem ebenfalls überraschenden Soundtrack. Ja, hat mir gefallen.

Überhaupt scheint das Programm beim diesjährigen Fantasy-Filmfest wirklich gut gewesen zu sein, wie ich bedauerlicherweise erst im Nachhinein feststelle. Im Kino habe ich den sehr lustigen und charmanten Zombiefilm FIDO gesehen, den eigenwilligen und lohnenden THE RETRIBUTION aus Japan und den immerhin netten spanischen Geisterfilm KM 31. Die DVD-Nachbereitung ergab bisher den zwar nicht sonderlich schlauen, aber immerhin spaßigen BLACK SHEEP, der sehr davon zehrte, daß ich Schafe mag, die Menschen in dem Film die Bösen waren und ich zotige Witze bisweilen sehr schätze. Nacho Cerdás THE ABANDONED war ein sehr brauchbarer, völlig ernsthafter Geisterfilm aus Fernandez´ „Filmax“-Küche, mit einem Drehbuch von Cerdá, Richard Stanley und Karim SUBCONSCIOUS CRUELTY Hussain. BOTCHED ließ Stephen Dorff zusammen mit russischen Galgenstricken durch ein Moskauer Bürohaus der besonderen Art eilen, verfolgt von einem Nachfahren Iwans des Schrecklichen und Barbara Steele als Heilsarmistin. Sehr drollige Splatterkomödie, dessen „Ab 16“ allerdings ein flotter Witz ist. Am schwächsten fand ich bisher den neuseeländischen THE FERRYMAN, der eine milde reizvolle Grundsituation dann doch etwas zu grell abhandelte, sowie Mike Mendez´ Edeltrasher THE GRAVEDANCERS. Insgesamt aber macht das Appetit auf mehr, und im nächsten Jahr gehe ich auch wieder häufiger zum Fest, versprochen!
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#508 Cjamango

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Geschrieben 31. Oktober 2007, 22:13

Hannibal Rising (DVD)

Nicht zu verwechseln mit HANNIBAL REISING, das ZDF-Dokudrama über den langweiligsten Schiffskoch der Welt.

Was sich Thomas Harris dabei gedacht haben mag, seinen Hannibal-Lecter-Büchern noch eine Art Prequel hinterherzuschieben, ist mir schleierhaft. Im Grunde genommen demontiert er seine eigene Figur, indem er sie über Gebühr luzide macht und mit einem binsenpsychologischen Fundament ausstattet, das dem liebenswürdigen Massenmörder nur abträglich ist. Geschildert wird die Kindheit Hannibals in Litauen, die Vertreibung durch die Nazis, der Tod der Eltern. Als Gefangener von abgefeimten Plünderern mit Kohldampf muß er erleben, wie seine kleine Schwester verspeist wird. Kein Wunder, daß er danach einen bleibenden Dachschaden davonträgt. Bei manchen reicht ja schon das Fernsehprogramm, damit sie vom rechten Pfade abkommen. Hannibal gelingt die Flucht über die russische Grenze. In Frankreich besucht er seine asiatische Tante und begeht seinen ersten Mord. Doch damit nicht genug – die Galgenstricke von einst sollen der Gerechtigkeit zugeführt werden. Denn nicht nur die Liebe geht durch den Magen, sondern auch der Haß...

Auf der Haben-Seite hat der Film immerhin zu verbuchen, daß er exzellent fotografiert ist und seinen osteuropäischen Schauplätzen einiges abgewinnen kann. Zudem ist er alles andere als langweilig und liefert seinem Zielpublikum zumindest viel Aktion. Der junge Hauptdarsteller Gaspard Ulliel ist ebenfalls ganz ordentlich. Leider erschöpft sich der Film irgendwann in gut inszenierten „set pieces“, die die Kannibalisierung des Protagonisten unter Zuhilfenahme reichlich konstruierter Klischees anschaulich zu machen versuchen. Gänzlich absurd wird die Geschichte am Ende, als sich Hannibal in eine Mischung aus James Bond und dem Punisher verwandelt. Was für einen Sinn es haben soll, den intellektuellen Angstmacher der früheren Filme hier zu einem gequälten Helden umzufunktionieren, hat sich mir nicht erschlossen. „Ein Kannibale sieht rot“ – die Wunder werden nicht alle. HANNIBAL RISING hätte sicherlich schlechter werden können. Wenn man etwa Teenager eingebaut hätte, die eine Autotour machen und dem Kannibalen begegnen. Oder wenn der Kannibale von Rick Moranis gespielt worden wäre. Oder wenn Hannibal sich als Transvestit erwiesen hätte, der in Litauen auf einer Tingeltangelbühne „Ich bin die fesche Lola“ singt. Auch so bleibt aber der fade Eindruck eines recht überflüssigen Werkes, das die Mythen eher dekonstruiert als erweitert.

Bearbeitet von Cjamango, 31. Oktober 2007, 22:14.

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#509 Cjamango

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Geschrieben 01. November 2007, 19:58

Dead Mary (DVD)

Eine milde originelle Grundidee, leider nicht sonderlich gut ausgeführt.

Es geht um einige befreundete Pärchen, die zusammen – hollahe! – ein nettes Wochenende in einer einsamen Hütte verbringen wollen. Das war jetzt noch nicht die milde originelle Idee. Kim und Matt haben sich gerade getrennt, weil sie ihm Hörner aufgesetzt hat und die ihm nicht gut stehen. Nachdem die jungen Leute ein albernes Spielchen namens „Dead Mary“ gespielt haben, brennt der Busch: Matt wird zerschnetzelt im Wald aufgefunden, lebt aber noch und sagt allen unschöne Dinge. Während er von Untreue und Verlogenheit berichtet, regeneriert sich sein zerschundener Körper. Die Kumpels wissen sich nicht anders zu behelfen als ihn völlig zu zerstören und zu verkokeln. Leider können sie nicht davon ausgehen, daß sich nicht schon ein anderer von ihnen in solch ein Regenerationsmonster verwandelt hat und nun auf das nächste Opfer lauert. Paranoia allenthalben. Wer wird überleben?

Das Originelle an diesem Mix aus INVASION DER KÖRPERFRESSER, TANZ DER TEUFEL und DER GROSSE FRUST ist der Umstand, daß der/die Dämonen ausgesprochene Wahrheitsfanatiker sind. So stellt sich heraus, daß die guten Freunde alle mal miteinander herumgemacht haben, was zu lustigen Auseinandersetzungen führt. Die Drehbuchautoren scheinen gerade Beziehungskummer gehabt zu haben, als sie diese Paraphrase auf das alte Sprichwort „Ehrlich währt am längsten“ verfaßt haben. Es gibt auch ein oder zwei sehr amüsante Szenen, in denen die Dämonen den Deppen mal richtig den Spiegel vorhalten, was die Deppen kaum ertragen können. Leider gelingt es dem Film nicht, auch nur das mindeste Interesse an den stereotypen Figuren aufzubauen, weshalb einen das graduelle Hinscheiden der Teilnehmer auch nicht wirklich dauert. Zudem braucht es etwa 40 Minuten, bis der eigentliche Horrorteil des Filmes anfängt, und der Actiongehalt dürfte den meisten Slasherfans wohl eher zu mager ausgefallen sein. Insgesamt also ein eher flauer Film, der aus einem netten Ansatz einen wenig überzeugenden Beitrag zum Genre formuliert.
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#510 Cjamango

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Geschrieben 01. November 2007, 23:08

Altered (DVD)

Daß von beiden BLAIR WITCH HORROR-Machern in kurzem Abstand je ein neuer Film auf den Markt geworfen worden ist, ermöglicht den direkten Vergleich. Den Anfang macht Eduardo Sánchez´ ALTERED, der den Zuschauer in eine Erdenwelt hineinwürfelt, die von weit überlegenen Aliens mehr oder weniger geduldet wird. Die Informationen, die der Zuschauer bekommt, sind spärlich, aber ausreichend. Ein Grüpplein von drei sehr bodenständigen Hillbillys fangen im Wald ein Alien und bringen es zu ihrem einstigen Kumpel Wyatt. Jener gerät dadurch in eine Situation, die ihm äußerst unlieb ist: Er weiß, daß es – sollte der Außerirdische sterben – zu massiven Vergeltungsaktionen kommen wird, die im Untergang der gesamten Menschheit gipfeln könnten. Die Aliens sind keine Spaßvögel und haben keinen Bock auf Mucken. Durch die Vergrämung ihres Gefangenen haben die Landeier allerdings erreicht, daß der Erdenfrieden nicht nur in Wyatts Haus bedroht ist, und so eskaliert die Lage im Handumdrehen...

ALTERED ist ein netter kleiner B-Science-Fiction-Reißer, sehr im Modus der 50er Jahre, mit ordentlichen Noir-Charakterisierungen, die zwar alle von der Stange sind, aber im Rahmen des Spiels gut funktionieren. Das Drehbuch ist sogar überdurchschnittlich geschickt aufgebaut und macht den Betrachter nach und nach mit der Situation vertraut, hält stets die Spannung, was da wohl als nächstes passieren mag. Dabei beschränkt es sich weitestgehend auf die Ereignisse in Wyatts Farmhaus, was der Spannungserzeugung ebenfalls dienlich ist. Während ich beim früher am heutigen Tag gesichteten DEAD MARY das Gefühl hatte, daß da einige Leute mehr abgebissen hatten, als sie schlucken konnten, liefert ALTERED genau das, was man als Fan von solchen Filmen haben möchte, und das in ordentlicher Qualität. Als einzigen Kritikpunkt würde ich anführen, daß der Film gelegentlich etwas zu garstig wird für diese Art von fast schon nostalgischer Unterhaltung, aber die mit Abstand ekligste Szene (mit intensivem Eingeweidebezug!) ist dann doch wieder so originell, daß man nichts dagegen sagen kann. War sehr zufrieden.
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