Unter Umständen ist der ein oder andere schon in der Online-Filmdatenbank (OFDb) über das ein oder andere meiner qualitativ fragwürdigen aber hoffentlich zumindest von Enthusiasmus und spürbarer Ambition durchzogenen Reviews gestolpert. Für Einblicke in meinen nach Meinung vieler nicht vorhandenen Geschmack - denn bei mir kommt nahezu alles auf den Tisch und wird vollkommen willkürlich und gelegentlich [auch hier beziehe ich mich auf die Aussagen Außenstehender] mit einem von Größen- oder Minimal-Wahnsinn getrübten Blick rezipiert.
Nach einer schon einige Jahre zurückliegenden Phase, in der mein Herz dem Genre-Kino verschrieben war und einem Kontrastprogramm, das überwiegend aus klassischem Autorenkino bestand, habe ich mich m. E. inzwischen gut eingependelt zwischen nachdenklicher und unbedarfter, instinktiver und besonnener Filmbetrachtung. Und darüber bin ich ausgesprochen glücklich, denn eine kunterbunte, historisch wie inhaltlich ständig springende Speisekarte profitiert davon immens, bzw. wurde sie mir erst dadurch möglich.
Persönliche Vorlieben habe ich allerdings natürlich wie jeder andere auch, näher darauf einzugehen erscheint mir in diesem Moment allerdings zu anstrengend und irgendwo auch hinfällig, gesagt sei nur, das ich pures Gebrauchskino nicht besonders schätze und dabei vor allem dem aktuellen Hollywood-Mainstream mit einer möglicherweise unproportionalen Höchstmenge an Skepsis begegne.
Der Schutzengel, der früher über einen gewissen Ausstoß an Reviews wachte und mich regelmäßig zum Schreiben antrieb, ist derzeit leider ausgeflogen und hat seine Rückkehr noch nicht angekündigt, daher hielt ich es für eine gute Idee, über ungezwungenere Kurzkritiken in einem Filmtagebuch vielleicht wieder zu echten Reviews zurückzufinden oder zumindest auf diesem Weg in "Form" zu bleiben.
Lange Rede, wenig Sinn - Ich beginne mit einem Film, dessen Sichtung ebenso überraschend und spontan kam wie der Entschluss, dieses Filmtagebuch zu eröffnen. Ein Film mit Konfliktpotential (nicht nur für mich, wie es scheint), da er von einem zu recht verschrieenen deutschen Regisseur stammt, der in Hollywood bisher mehr oder weniger nichts als ganz großes Blech gedreht hat - Rost inklusive.
10.000 BC (Roland Emmerich, USA/Neuseeland 2007/08 / KINO)
Auf Anregung eines Freundes, der Roland Emmerich tatsächlich für den Trash-Pabst der Zukunft hält (bzw. inzwischen: hielt?), durfte ich erstmals einem Werk von Deutschlands teuerstem Autorenfilmer (denn, oh ja, das ist er durchaus - nach Definition...) im Kino begutachten. Erwartungsvoll wie ich also war (vorgeführt hatte ich den Film selbst schon einige Male, ohne ihn dabei allerdings wirklich gesehen zu haben), klingelten schon während der ersten Dialoge die Camp-Glocken. Keine auf erhaben getrimmte "Indianerweisheit" und keine mystisch-esoterische Phrase scheint verbraucht genug gewesen zu sein, um nicht noch auf irgendeinem Synthetik-Fließband ihren Weg in das beeindruckend dümmliche Bauwerk des infantilen Scripts gefunden zu haben.
Die Schreibkunst verband sich vielversprechenderweise auch sogleich mit der Ausstattung und den Kostümen denn ob eines Budgets von über 100 Mio. $ waren zeitgenössische Modifikationen selbstverständlich nötig. Deswegen sehen Rolands "Steinzeitmenschen" auch alle überraschend hip und sauber aus, mit stylischem Schmuck, akkuraten Dreadlocks (Wie unschön - wird hier etwa suggeriert, das Anhänger einer bestimmten Musikrichtung Relikte überholter Epochen sind?) und niedlichen Katalog-Gesichtern (außer der obligatorischen Altersweisheit, die hier weiblich ist und ein wenig aussieht wie eine gealterte Tochter von B.B. King und Tina Turner). Was den Aufstieg von "10.000 BC" in den Pantheon neuzeitlichen Gaga-Schunds vereitelt, ist sein enervierendes Pathos (was bei Emmerich ja auch nicht zum ersten Mal auffällt). Genau jener blinde (amerikanische) Heroik die in zahlreichen jüngeren Kriegsfilmen so negativ aufgefallen ist, trieft förmlich aus den todschicken Bildern und lässt jene romantische Naivität, die einen trivialen Stoff wie diesen reizvoll hätte machen können, weit hinter großen kriegerischen Gesten zurück. In einem OFDb-Review verglich der Autor den Erzählstil und das Flair des Films mit den einst (50iger/60iger Jahre) unter deutschen Knaben so beliebten Comics von Hansrudi Wäscher ("Sigurd", "Tibor" und "Falk" - unbegreiflicherweise beinahe vergessen, diese Kult-Götter) verglichen - An und für sich ein richtiger Gedanke denn wie Wäscher wirbelt auch Emmerich historische Epochen und Kulturen wild durcheinander, pickt sich überall die dekorativsten Stücke heraus. Rolands aufregende Zeitreise auf dem fliegenden PC. Doch wo Sigurd und Falk, die "Ritter ohne Furcht und Tadel" oder Tibor, die gutmenschliche Variante von Tarzan, ihre Gegner vor allem durch List, Geschick und Ehrlichkeit besiegen und das meist selbstlos aus gutgläubigen moralischen Überzeugungen, wird hier, jenseits der abenteuerlichen Geschichts-Achterbahn, nur druff gehauen und gebrüllt. Und das selbstverständlich völkerübergreifend (Man beachte die sicherlich nicht bewusst vollzogene aber dennoch bemerkenswerte Verteilung gesellschaftlicher Grundwerte auf die verschiedenfarbigen und verschieden stark zivilisierten Parteien) und, bezogen auf den anführenden Mädchenschwarm, natürlich auch aus Liebe und gekränktem Ehrgefühl. Womit wir von altväterlicher deutscher Rechtschaffenheit à la Karl May wieder ganz schnell beim nicht minder naiven aber immer noch zeitgenössischen und in meinen Augen wenig sympathischen amerikanischen Heldentum wären, das sich stur und dickflüssige Fäden ziehend aufdrängt. "10.00 BC" ist zwar nicht reaktionär, propagandistisch oder sonstwie bedenklich, wohl aber schlicht und ergreifend sehr amerikanisch in seiner Attitüde und selbstverständlich schön bieder. Zumindest anfangs schlägt man aber gerne ein - bei soviel irrsinniger und bestürzend ernst dargebotener Phrasen- und Esoterik-Drescherei. Angesichts eines so hohen Granaten-Potential ist der eigentliche Trash-Gehalt dieser CGI-begeisterten Kitschskulptur aber doch zu gering, um ein wirklich erfreuliches Gefühl in der Magengrube zu hinterlassen. Und ernstnehmen kann man das ohnehin nicht, dafür ist es zu leb- (nicht aber seelen-)los und doof. (11 von 25)
* Regelmäßige Einträge wird es übrigens nicht geben, ich werde streng nach dem "Lust & Laune"-Prinzip verfahren.
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