The Last Samurai
(19. Januar 2004 | Kino | deutsch | Neues Gabriel 1, München)
Regie: Edward Zwick
Klassischer Fall von enttäuschten (weil überzogenen) Erwartungen: Mir war klar, einen pathetischen Käse vorgesetzt zu bekommen. Ich wußte im Voraus, dass Cruise am Ende überlebt (Spoiler in Weißtext). Aber ich habe mir auch Positives erhofft. So dachte ich, dank des Settings im historischen (mehr oder weniger korrekten) Japan, würde der Pathos einigermaßen gerechtfertigt. Und ich dachte, dass die Aussage auf Grund seiner Story anders ausfallen würde. Aber weit gefehlt. Der Film ist nur zu ertragen, wenn man ihn als reines Unterhaltungskino ansieht. Dummerweise suggeriert die ganze, mehr oder weniger geschickt platzierte, japanische Philosophie genau das Gegenteil. Pech gehabt, Mr. Zwick.
Zu den Gründen des Urteils ist folgendes zu sagen:
Was hier inhaltlich geboten wird, ist einfach so unter aller Kanone, dass ich mehrfach versucht war, in den Kinosessel zu weinen. Bereits der peinliche Prolog des (übrigens lächerlichen) Erzählers ließ mich Schlimmes befürchten, aber spätestens als Tom Cruise sich selbst dann zwar als Trunkenbold (man muß ja schließlich einen Antihelden einführen) aber nichtsdestotrotz ganz tollen Hecht charakterisierte, war ich tatsächlich kurz davor, meinem Unmut lautstark Luft zu machen. Ich mein, wie viele Klischees des ausgelutschten Pathos-Kinos muß ein Protagonist denn erfüllen? Ein traumatisierter (unglaublich originelle Alpträume) Gutmensch und Kriegsheld mit Alkoholproblem (Schnellentgiftung durch Sake-Verzicht), Identitätskrise und übertrieben ausgeprägten Begabungen (bereits vor der schicksalhaften Begegnung macht er locker mit dem Schwert mal schnell 10 Samurai nieder, lernt spielerisch japanisch und ist noch dazu prophetisch begabt)??? Muß das denn sein?
Immerhin ging es etwas bergauf, als die Handlung in das japanische Dorf verlegt wurde, was man wohl hauptsächlich den hervorragend gecasteten fernöstlichen Darstellern und einigen tatsächlich gelungenen Bildkompositionen verdanken muß. Dumm nur, dass der Film bereits nach kurzer Zeit dazu übergeht, auch dem Amerikaner fernöstliche Lebensweisheit in den Mund zu legen und ihn somit komplett der Unglaubwürdigkeit preiszugeben.
Das allerschlimmste aber ist Folgendes: Es wäre so leicht gewesen, mit Cruise einen moralisch verwerflichen Charakter einzuführen, der dank seines Aufenthaltes bei den Samurai und der Konfrontation mit dieser Kultur geläutert wird. Stattdessen findet aber keine Katharsis statt, sondern er mußte lediglich kurz überredet werden, für seine Überzeugungen, die natürlich schon immer vollkommen unzweifelhaft waren, auch einzustehen. Überdies schreibt sich Amerika natürlich selbst die Erlöserrolle ins Drehbuch, wenn sie auch immerhin den Anstand haben, sich gleichzeitig als Bedrohung zu charakterisieren. Dennoch finde ich das Ergebnis eine Frechheit, dass natürlich ein Amerikaner letztlich auf den eklatanten Fehler in der Denkweise der japanischen Führung hinweisen muß.
Da retten auch spektakulär inszenierte Schlacht- und Kampfszenen (Samurais reiten durch den Nebel!!! ) den Film nicht mehr. Aber immerhin habe ich mich nicht gelangweilt - was vielleicht auch meinem wachsenden Ärger über diese Volksverdummung zu verdanken war. Ich habe den Verdacht, dass Hollywoods Vorzeige-Egozentriker Tom Cruise nicht unwesentlich an der Storyentwicklung beteiligt war. Ein echtes Ärgernis in schönen Bildern.