Der EXTERMIMNATOR von James Glickenhaus ist ein geradezu exemplarischer Dekadenumbruchsfilm, formuliert er doch die Elemente des 70er-Jahre Action- und Endzeitfilms aus, indem er sie in eine realitätsbezogene Analyse der Gegenwart implementiert und so greifbar macht, und weist gleichzeitig auf die Entwicklung der 80er Jahre hin, indem er nicht nur seinen Helden überleben lässt, sondern auch die Gewalt in einer Art und Weise inszeniert, wie sie, zumindest an den Effekten gemessen, richtungweisend werden sollte, ohne dabei die später charakteristische ‚Katharsis’ der ‚Actionfilme’ zu ermöglichen. Obwohl John Eastland (unverkennbar ein Verweis auf Eastwood in DIRTY HARRY) am Ende überlebt, wird er wie ein Fremder an der Freiheitsstatue angespült. Doch im Gegensatz zu den Einwanderern des ausgehenden 19./beginnenden 20. Jahrhunderts, war er bereits ein Teil des amerikanischen Systems, ein Teil dieser Gesellschaft, die ihn aufgrund seines Vietnam-Hintergrundes nicht mehr bereit ist zu akzeptieren. Eine Neukonsolidierung seines gesellschaftlichen Status’ ist unmöglich und somit ein Schattendasein am Rande der ‚eigentlichen’ Gesellschaft vorgezeichnet; in die sich John Eastland, ebenso wenig wie ein John Rambo, jemals wieder integrieren kann.
Der Film ist authentisch, hart, düster und voll. Neben zahlreichen politischen, gesellschaftlichen und künstlerischen Verweisen erzählt er zum einen die Geschichte des völlig entwurzelten John Eastland, der seinem besten Freund Jefferson, nach einem gewalttätigen Angriff querschnittsgelähmt im Krankenhaus liegend, ohne langes Zaudern den Gnadentod erteilt; ganz so, wie die im Krieg tödlich verwundeten Soldaten ihren Kumpel anflehten, er möge sie doch töten, da sie die Qualen der Schmerzen oder einer Gefangenschaft nicht ertragen würden. Und dies nachdem er nicht nur dessen Überfall gerächt hat, sondern in der Folge auch noch einige andere Verbrecher und Menschenschänder auf brutale und äußerst erfindungsreiche Art regelrecht vernichtet hat. Nicht ohne daran einen gewissen Gefallen oder anders gesagt, Sinnerfüllung zu finden, woran deutlich wird, dass John Eastland innerlich schon lange tot ist; ein Topos vorzugsweise des so genannten ‚Männerkinos’ der 70er/80er Jahre. Zum anderen wird ein starker Bezug zu der anderen zentralen Figur, wobei Begriffe wie Anta- und Protagonist in diesem Film kaum zutreffend erscheinen, dem Polizisten James Dalton und dessen Liaison mit einer Ärztin des Krankenhauses, in dem Jefferson liegt, aufgebaut. Daltons Tod, der, nachdem die beiden Männer in den wenigen Minuten ihrer Begegnung durch ihre gemeinsame Vergangenheit einander plötzlich sehr nahe gekommen waren, sozusagen stellvertretend für den Eastlands erfolgt und dem Zuschauer auch emotional nahe gebracht wird, ist allerdings keine ‚Befreiung’ für die Hauptfigur, sondern auch nur das Ende von einem, der auf der Strecke bleibt, weil er anderen im Wege stand.
Der EXTERMINATOR ist eine inszenatorisch äußerst befremdliche Seherfahrung, da der Film bestimmte konventionalisierte Muster wie die des Vietnamheimkehrers und des ‚Selbstjustizlers’ mit einer durch Schwarzblenden unterstützten, fragmentarischen Erzählweise kombiniert, deren Ellipsenhaftigkeit zum einen die Dynamik ungemein fördert, zum andern den Zuschauer dadurch fordert, dass dieser auf eine Teilnahme am Geschehen in sofern angewiesen ist, dass er die vom Film evozierten Lehrstellen füllen muss. So gelingt es Glickenhaus eine Vielzahl von sozialkritischen Themen implizit, obschon für den aufmerksamen Betrachter geradezu provozierend, zu integrieren, die den Film als Ganzes zu einem period piece bei gleichzeitig experimentalfilmerisch inspiriertem abrechnendem Kommentar seiner Zeit werden lassen.
Bei dieser inzwischen dritten Sichtung war ich absolut hingerissen, gebannt von dieser eigenartig-nüchternen Stimmung, die sich auch in DER SÖLDNER wieder finden lässt. Als ein Feindbild der zumeist linken Kritik, die DER EXTERMINATOR als ein ganz typisches Machwerk der rechts-außen stehenden Durchgreif-Mentalität gebranntmarkt hat, verkennt diese völlig, dass Beteiligte wie James Glickenhaus und Robert Ginty selbst aus der New Yorker Independent- bzw. der linken Künstlerszene kommen und mit den Idealen der handelsüblichen neo-konservativen und faschistoiden Produkte nichts gemein haben.
Meiner Ansicht nach ist DER EXTERMINATOR ein kleines Meisterwerk, dass wohl nie zu rehabilitieren sein wird.
Bearbeitet von Orlando K., 08. Februar 2009, 00:38.