The Diarrhoea Diary
#811
Geschrieben 04. August 2009, 23:00
USA 1972 Regie: Bill L. Norton
Nachdem er seine ständig leicht beschürzte Tochter vom Flughafen abgeholt hat, macht sich ein Professor auf den Weg in die Wüste New Mexikos: Dort hat nämlich ein merkwürdiger alter Kauz mit einem Museum eine Entdeckung gemacht, die er ihm zeigen will. Diese ist das Skelett eines Wasserspeiers, von denen sich laut dem Opa so einige in der Gegend rumtreiben. Der Akademiker glaubt kein Wort und hält das Ding für selbst zusammengebaut, doch nicht nur ertönen bald seltsame Flattergeräusche, auch ist der Opa nebst Museum recht bald abgefackelt, und unsere Protagonisten stehen den grünen Gestalten bald Aug in Aug gegenüber. Als wenn dies nicht schon schlimm genug wäre, haben sie in einer nahegelegenen Höhle noch tausende und abertausende von Eiern abgelegt, um bald die Weltherrschaft zu ergreifen. Um das zu verhindern, sucht man die Hilfe vom Sheriff und den Mitgliedern einer Motorradbande (u.a. Scott Glenn). Die Gargoyles sind der schlimmste Feind der Menschheit, das hat uns ein freundlicher Sprecher über mittelalterlichen Holzschnitten bereits vor dem Vorspann erklärt – wird es gelingen, die flatterhafte grüne Brut aufzuhalten?
Nun, abgesehen von einer keineswegs ausgelutschten Story gelingt dem Film im ersten Drittel ein ordentlicher Spannungsaufbau, der ein bißchen einbricht, als die Gargoyles tatsächlich prominent in Erscheinung treten. Sie sehen zwar recht fantasievoll aus (keiner gleicht dem anderen, Stan Winston bekam dann auch einen Emmy dafür), aber nicht unbedingt furchterregend. Daß sie sich hauptsächlich in SloMo bewegen, hilft dann auch nicht wirklich. Übrig bleibt aber ein durchaus unterhaltsamer und eigenwilliger Film mit gelungenem Score, der sein unheimliches Potential zugunsten von Fantasy-Elementen ein wenig verschenkt, aber auch nicht langweilt oder lächerlich wirkt. Kein Grund also, Wasser zu speien.
#812
Geschrieben 07. August 2009, 23:00
GB 1950 Regie: Terence Fisher / Antony Darnborough
Die junge Vicky (Jean Simmons) ist entzückt, als ihr Bruder sie zu einer Geschäftsreise zur Weltausstellung 1889 nach Paris mitnimmt, wollte sie dort doch schon immer hin. Nach einem Abend mit Montmartre und Moulin Rouge fühlt sich ihr Bruder allerdings recht müde und unwohl und geht recht früh zu Bett, schließlich wollen sie am nächsten Tag zu den Ersten gehören, die den Eiffelturm heraufsteigen. Als Vicky jedoch aufwacht, ist ihr Bruder verschwunden, und nicht nur das: Die Hotelangestellten sagen ihr auch, er wäre nie da gewesen. Selbst sein Hotelzimmer scheint gar nicht mehr zu existieren. Freilich glauben Konsulat und Polizei der verwirrten jungen Frau kein Wort, einzig ihr Landsmann George (Dirk Bogarde, der – was soll man auch sonst sein als gutaussehender junger Engländer im 19. Jahrhundert in Paris – natürlich Maler ist) schenkt ihr Vertrauen...
Auch wenn die hier zugrunde liegende Wandersage durch mehrere Bearbeitungen (etwa Veit Harlans Verwehte Spuren oder eine Episode von "Alfred Hitchcock presents") schon recht bekannt ist, ist die Auflösung doch recht ungewöhnlich und wird von mir daher nicht verraten. Spielt der Film auch in Paris, bekommt man hier mal wieder solides britisches Handwerk, die Hauptdarsteller sind sowieso immer eine Bank und in den Nebenrollen gibt es neben André Morell auch eine sehr junge Honor Blackman zu sehen. Für Thrill und Spannung der alten Schule habe ich ja ein Faible, und wenn das alles so makellos inszeniert daherkommt wie hier, erst recht. Hätte nach der Sichtung nicht gedacht, daß der komplett in den Pinewood Studios entstanden ist, so lebhaft und echt Paris hier erscheint, aber war wohl scheinbar so. Da ist es auch nicht weiter tragisch, daß man schlußendlich die freundlichste Variation der erwähnten Wandersage gewählt hat, schließlich hat man Jean Simmons während des Films oft genug weinen gesehen.
#813
Geschrieben 08. August 2009, 23:00
Japan 2007 Regie: Takashi Miike
Bei einer bizarren Mordserie werden Frauenleichen aufgefunden, denen bestimmte Organe entnommen wurden. Der unkonventionelle Privatdetektiv Raita Kazama möchte der Sache auf den Grund gehen, schickte er doch eins der Opfer, das mitten in der Nacht an seine Wohnungstür klopfte und um Hilfe bat, kurz vor ihrer Ermordung weg, weil er zu besoffen war. Die Morde scheinen in Zusammenhang mit dem exzentrischen "Maler des Wahnsinns" Yuki Aoyama zu stehen, der von den Ideen des Esoterikers Rudolf Steiner beeinflusst wird...
Über Miikes Output der letzten Jahre fehlt mir ja etwas der Überblick, ein wenig auch das Interesse. Hatte dann aber doch wieder mal Lust auf einen Film von ihm, und dieser schien mir recht interessant. Daß er in erster Linie eine absurde Komödie ist, hatte ich zunächst nicht erwartet, aber bei Miike fährt man eh besser damit, gar nichts Bestimmtes zu erwarten. In zweiter Linie ist der Film ein Detektivfilm, und die Hauptfigur mit ihren eigenwilligen Methoden scheint deutlich von Maiku Hama aus Kaizu Hayashis Trilogie inspiriert zu sein, ohne freilich dessen Coolness ganz zu erreichen. Schließlich gibt es auch noch ein paar Horror- und Gore-Momente, die aber diejenigen, die immer noch auf einen zweiten Ichi warten, wohl auch nicht zufrieden stellen werden. Die können aber eh kacken gehen. Wie viele Miike-Filme leidet auch dieser etwas an seiner Inkohärenz: Es wird einfach vieles in einen Topf geschmissen ohne das ein deutliches Konzept erkennbar ist. Das muß man halt mögen oder übersehen können. Auch hier gibt es Momente, bei denen die Dreistigkeit des Machers überrascht und man laut auflacht, aber auch solche, die wie reines Kalkül erscheinen. So mochte ich zum Beispiel die Idee, daß sich mehrere Figuren öffentlich einpissen und das nicht weiter tragisch finden, fand aber den entstellten Kindermörder, der Hannibal Lecter-like dem Detektiv bei der Aufklärung des Falles behilflich ist, ziemlich unnötig. Schlußendlich ein Film mit einigen Defiziten, der aber keineswegs langweilt. Bemerkenswert auch die dargestellten Gemälde, konnte leider nicht herausfinden, von wem diese stammen.
#814
Geschrieben 13. August 2009, 23:00
Niederlande / Belgien / Frankreich 1991 Regie: Harry Kümel
Den Haag im späten 19. Jahrhundert: Eline ist hübsch, reich und wohnt bei ihrer verheirateten älteren Schwester. Diese ist recht pragmatisch veranlagt und kritisiert ständig das Verhalten Elines, was diese zu Tagträumen und spontanen, ihrer Gesellschaftschicht nicht angemessenen Entscheidungen verleitet. So verliebt sie sich zunächst in einen Opernsänger und verteidigt jederzeit ihren Vetter Vincent, das schwarze Schaf der Familie, der ständig Schulden macht und, wie sich herausstellt, ein noch viel skandalöseres Geheimnis verbirgt...
Ähnlich wie bei De Komst van Joachim Stiller gibt es von dieser Kümel-Literaturverfilmung nach Louis Couperus sowohl eine dreistündige Fernsehfassung als auch eine kürzere Kinoversion. Ich konnte die lange Fassung sichten, die allerdings in den ersten beiden Teilen doch ein paar Längen aufweist. So interessant sind Elines Liebeswirren nicht unbedingt, wenn auch Marianne Basler in der Titelrolle voll überzeugen kann und Kümel auch hier wieder alte flämische Architektur prominent ins Bild setzt, was für zahlreiche hübsche Kompositionen sorgt. Zum Ende hin wird es wahrlich bitter, als Eline nach einer erneuten Enttäuschung in Liebesdingen drogenabhängig wird und ihre anfangs harmlosen Tagträume zu Halluzinationen werden, die sie in den Wahnsinn treiben, was der Regisseur mit einer entsprechend gnadenlosen Sogwirkung bebildert. Bestimmt nicht Kümels beste Arbeit, für Komplettisten aber sicher einen Blick wert.
#815
Geschrieben 18. August 2009, 23:00
USA 1935 Regie: John H. Auer
You know you're in trouble, wenn der Ehemann einen schlimmen Unfall hatte und der einzige Arzt, der ihn retten kann, Erich von Strohheim ist. Schlimmer noch, wenn der Ehemann dessen ehemaliger Kollege war und in der Zwischenzeit viel berühmter wurde und man ihn statt Erich geheiratet hat. Dann ist Erichs neuer Assistent auch noch Dwight Frye – man könnte sagen, eine Tragödie ist vorprogrammiert, aber was will man machen. So landet Dr. Ross unter Erichs Skalpell, der ihn auch ganz gut wieder hinbekommt, aber nicht ohne Hintergedanken: Will er ihn doch wenige Zeit später offiziell für tot erklären, insgeheim aber seinen perfiden Plan ausführen, den Nebenbuhler lebendig zu begraben...
Mit Strohheim und Frye im Boot kann nicht viel schiefgehen, könnte man meinen. Indes reißen sie den Film auch raus, der aber ansonsten so staubtrocken und uninspiriert inszeniert ist, daß sich schon so einige Durststrecken auftun. Musik gibt es nur beim Vorspann und Abspann und der Rest sieht bis auf ein paar Schattenspiele im Finale aus wie mittelmäßig abgefilmtes Theater. Fans der Akteure sollten also ein gehöriges Maß an Geduld aufbringen, um das durchzustehen. Mir fiel es gestern abend ein wenig schwer, so sehr ich den Film auch aufgrund des Plots und der Darsteller wegen mögen wollte.
#816
Geschrieben 19. August 2009, 23:00
USA 1969 Regie: Lee Frost
Der Bürgerkrieg ist zwar eigentlich vorbei, nicht aber für den Südstaaten-Captain Harris: Notfalls metzelt er sich bis Washington durch. Zur Sicherheit erzählt er seinen schon deutlich angeschlagenen Mannen nichts vom Ende des Krieges, damit sie ihm beim Massakrieren helfen. Er hält sie auch noch auf Diät, damit der Hass auf die Yankees und Schwarzen noch größer wird. Im Bordell vergnügen dürfen sie sich aber schon. Die nächste Mission ist, einen Gold-Transport zu überfallen, und sie gelingt sogar. Statt den erwarteten 300.000 Dollar sind aber nur 2.500 auf der Kutsche und so foltert der immer weltfremder werdende Captain den zuständigen Yankee, und läßt dessen Verlobte und ihre schwarze Zofe von seinen Männern vergewaltigen...
Nach Folterrranch der gequälten Frauen legt Herr Frost seinen zweiten Sleaze-Western vor, diesmal deutlich von Wild Bunch beeinflusst, auch wenn der finale Shootout in SloMo hier freilich nicht ganz so meisterhaft inszeniert ist. Dafür gibt es aber ganz viele nackte Frauen vom Schlage einer Uschi Digard, eine recht überzeugende düstere Grundstimmung sowie ein buntes Sammelsurium von Schmierlappen als Figuren, allen voran der irre Captain. Krieg ist Scheiße, auch wenn er schon vorbei ist! Etwas fragwürdig freilich die Gruppe von Sklaven, die wahllos Weiße töten, weil sie "nichts besseres zu tun haben". Gut, der Regisseur drehte im selben Jahr auch noch Nazi Love Camp 7, der, glaube ich, historisch auch nicht ganz korrekt ist.
#817
Geschrieben 22. August 2009, 23:00
Singapur 2001 Regie: Djinn
Charity ist von Amerikanern adoptiert worden, möchte aber aufgrund von seltsamen Träumen und Visionen das Dorf aufsuchen, aus dem ihre biologische Mutter stammt. Zusammen mit der Internet-Bekanntschaft Raymond, zwei seiner Freunde und einem Führer macht sie sich auf den Weg in den Dschungel. Bald hat sich die Gruppe trotz, oder gerade wegen GPS, hoffnungslos verirrt...
Nach der Version aus den Siebzigern die zweite Wiederbelebung des klassischen Motivs, diesmal mit einem gehörigen Schuß Blair Witch Project in der Inszenierung. Hier findet sich aber wenig von der Exotik der früheren Verfilmungen und auch die bedrohlichen Momente sind rar gesät. Dafür braucht der Film viel zu lange, bis er in die Gänge kommt, die Konflikte in der Reisegruppe sind einem bei den hölzernen Figuren (die mit lakonischen Textzeilen bereits als nicht sehr sympathisch eingeführt werden) reichlich schnurz, und erst im letzten Drittel beginnen die unheimlichen Vorfälle. Immerhin gelingen da einige spannende Momente, und der Film schafft es auch, trotz bescheidener Mittel eine glaubwürdige Dschungelatmosphäre heraufzubeschwören, die freilich nicht so überwältigend ist wie in den Filmen von Herrn Weerasethakul, aber da ist auch so leicht kein Rankommen. Die Darstellerin des Pontianaks ist auch sehr gut, und eigentlich war es unnötig, ihr noch mit Spezialeffekten eine Metamorphose zu verpassen, die Augen blickten meiner Ansicht nach schon böse genug. Alles in allem kein Riesenwurf, aber durchaus anschaubar. Das Pontianak-Motiv wurde einige Jahre später wieder in Malaysia aufgegriffen, nach den Versionen werde ich dann auch mal Ausschau halten...
#818
Geschrieben 23. August 2009, 23:00
Peru 2004 Regie: Henry Vallejo
Die Reporterin Mariela und ihr Kameramann Paul geraten durch Zufall an eine Story, die mit mehreren mysteriösen Leichenfunden zusammenhängt. Ihre Recherche bringt sie an einen Ort in den Anden, in dem sie aber getrennt werden. Paul versucht, seine Kollegin, in die er sich auch verliebt hat, wiederzufinden, doch sie scheint spurlos verschwunden. Ein Wahrsager liest aus Coca-Blättern, daß sie sich in großer Gefahr befindet...um mit der Google-Übersetzung eines spanischen Reviews zu schließen: "Muss es jetzt und sparen Sie, bevor es zu spät ist."
Im neuen Jahrtausend werden in Peru so einige Horrorfilme gedreht, meistens basierend auf lokalen Legenden und eigentlich auch nur für das heimische Publikum gedacht. Im Gegensatz zu dem hier unlängst besprochenem Qarqacha hat man es hier jedoch mit einer etwas aufwendigeren Produktion zu tun: Zwar ist das niedrige Budget hier und da auch erkennbar, doch man gibt sich Mühe, das Ganze recht gut aussehen zu lassen, und so gibt es hier einige wunderschöne Totalen von Andenlandschaft und Architektur. Leider ist der Film etwas dialoglastig und mit zwei Stunden etwas lang, aber er kann auch nichts dafür, daß ich kein Spanisch kann. Andererseits hätten ruhig ein paar mehr Horrorszenen drin sein können, denn die sind wirklich rar gesät, aber immerhin konnte eine davon mir tatsächlich einen Schauer über den Rücken jagen. Auf jeden Fall interessant und bestimmt nicht der letzte Film, den ich mir aus diesem Land angesehen habe.
#819
Geschrieben 24. August 2009, 23:00
Deutschland 1934 Regie: Hans Deppe / Curt Oertel
Hauke Haien ist zwar nur ein niederer Knecht, wird aber aufgrund seines Köpfchens gern zum Deichgrafen gerufen, um ihm beim Rechnen zu helfen. Auch hält er auf einer Karte in seiner Stube die Schäden am Deich fest und entwirft Pläne für einen neuen, stabileren Deich. Die Liebe zu Elke, der Tochter des Deichgrafen, ermöglicht es ihm, nach dessen Tode diese Position einzunehmen und seine Pläne zu verwirklichen, was ihn aber in der Nachbarschaft ziemlich unbeliebt macht...
Ich hatte ja schon vermutet, daß die unheimlichen Momente aus Theodor Storms Novelle hier nur am Rande auftreten, und dem ist auch so, widmet sich der Film doch hauptsächlich der Figur des Hauke und dessen idealistischem Kampf. Wenn sie dann aber kommen, sind sie durchaus wirkungsvoll, und auch sonst bereue ich die Sichtung nicht, liefert der Film doch ein historisch wertvolles Bild des damaligen Norddeutschlands und schwelgt auch oft in prächtigen Totalen der faszinierend kargen Landschaft. Die Einflüsse der zur Entstehungszeit herrschenden Ideologie begrenzen sich darauf, daß das Kind von Hauke und Elke nicht behindert ist, wie in Storms Vorlage – freilich ist der Märtyrertod zum Wohle der Allgemeinheit auch ein Topos, der den Nazis gut in den Kram passte, aber das kann man dem Stoff nicht zum Vorwurf machen, da das Motiv eine universelle Konstante ist, die - losgelöst von Kulturkreisen und Ideologien - seit jeher die Geschichte der Menschheit begleitet.
#820
Geschrieben 27. August 2009, 02:05
USA 2009 Regie: Àlex & David Pastor
Eine Seuche hat den Großteil der Vereinigten Staaten dahingerafft. Auf der Suche nach einem halbwegs sicheren Ort fahren vier junge Menschen durch den Südwesten, ständig auf der Hut, nicht selbst angesteckt zu werden...
Trotz vereinzelter Schockeffekte hat man es hier mehr mit einem Drama denn mit einem Horrorthriller zu tun, dem es hauptsächlich darum geht, die charakterliche Entwicklung seiner Figuren in dieser Extremsituation zu beschreiben. Die Inszenierung ist bemerkenswert zurückhaltend und vermeidet (vielleicht abgesehen vom Ende) ein Abrutschen in Kitsch und Pathos. Gravierender allerdings, daß die Hauptfiguren – ein ungleiches Brüderpaar aus "Macho-Arsch" und "intellektuellem Weichei" – geradewegs aus dem Klischeebaukasten kommen und das mit der Empathie ein bißchen schwierig machen. Auch die Entwicklung des letzteren zum toughen Entscheidungsträger konnte man vorhersehen und bietet – wie eigentlich der ganze Film – nichts wirklich neues. Für Freunde von Seuchenfilmen und entvölkerten Landstrichen ist das Werk aber sicherlich einen Blick wert, da es zumindest nicht die ganz ausgetretenen Pfade herunterfährt.
#821
Geschrieben 27. August 2009, 14:29
USA 2009 Regie: Ti West
Seuche zum Zweiten auf dem FFF: Der Virus aus dem ersten Teil ist in die Mineralwasserversorgung gelangt und wird Bestandteil der Bowle auf der Prom Night einer kleinen High School. Es darf degeneriert und Blut gekotzt werden...
Wenn Splatterkomödien auf dem Programm stehen, geht man ja schon mit der entsprechenden Erwartungshaltung rein. Diese hier verblüffte dann aber doch etwas durch zwei Punkte: Einmal wird in Sachen Geschmacklosigkeit hier ein ziemliches Fass aufgemacht, inklusive eiternden Geschlechtsmerkmalen in Großaufnahme, zum anderen finden sich im zweiten Teil mehrere ernsthafte Sequenzen, die überhaupt nicht komisch, sondern nur unangenehm sind, wie die Fehlgeburt einer Infizierten auf der Schultoilette. Liest man ein bißchen im Internet herum, scheint es so zu sein, daß der Regisseur den Film bereits 2007 als Komödie in der John Waters-Tradition beendete, Lionsgate mit dem Ergebnis aber nicht zufrieden waren, mehr Ernsthaftigkeit wollte und das Resultat mehrfach umschneiden liess. Nun sollte man die ein oder andere Quelle mit Vorsicht genießen, aber das würde die Disparatheit des Films erklären. Ein wenig schade, daß das hier nicht konsequent verfolgt wird – zum Ende hin wurde der Film wieder betont lustig – denn das schien mir mal ein interessantes Konzept, ein Film, der als Funsplatter beginnt, aber dann bierernst wird, so daß das Lachen im Halse stecken bleibt. Allein schon, um den Leuten im Publikum, die an den unpassendsten Stellen herumjohlen (hier war es ja durchaus legitim, aber bei Carriers gab es da auch so ein paar Kandidaten) mal so richtig schön das Maul zu stopfen.
Podcast zu dem Film gibt's übrigens auch.
#822
Geschrieben 28. August 2009, 01:51
USA/Kanada 2009 Regie: Christian Alvart
Die Sozialarbeiterin Emily wird mit dem Fall der kleinen Lilith (!) betreut, die in der Schule stark nachgelassen hat und äußerst verängstigt scheint. Ein Ortstermin bei den Eltern offenbart, daß diese scheinbar ziemliche Psychopathen sind. Da jedoch keine Beweise für eine Mißhandlung vorliegen, kann Emily zunächst nichts unternehmen, bis sie eines nachts von dem Mädchen angerufen wird und zusammen mit einem befreundeten Polizisten gerade noch verhindern kann, daß die Eltern das Kind im Backofen verbrennen. Um ihr das Heim zu ersparen, entschließt sich die Sozialarbeiterin, die Kleine zunächst aufzunehmen, was sich als nicht besonders gute Idee erweist...
Wenn auch die Verknüpfung des allzu realen Themas des Kindesmißbrauchs mit dem Topos des dämonischen Kindes zunächst noch halbwegs originell erscheint, spult der Film in der zweiten Hälfte eine reichlich mediokre Kopie von The Omen und Konsorten herunter und bietet schließlich auch noch ein ziemlich enttäuschendes Finale. Zwar blitzen hier und da Momente der Originalität auf, die aber zugunsten altbewährter Klischees wieder fallen gelassen werden. Highlight des Films ist definitiv Jodelle Ferland in der Rolle der kleinen Lilith, die bereits in Terry Gilliams Tideland vollkommen überzeugen konnte und mit ihren großen dunklen Augen über eine so engelsgleiche Physiognomie verfügt, daß man sich beim besten Willen nicht vorstellen kann, diesem unschuldigen Wesen Leid zuzufügen. Über diesen Pluspunkt waren sich die Filmemacher aber auch nicht im klaren, und so verpassen sie ihr im letzten Drittel einige "schockierende" Dämonenfratzen-Effekte. Erschreckt sich vor so was überhaupt noch jemand, wenn's nicht mit einem überlautem Tonspur-Krawumms einhergeht? Ich jedenfalls nicht, und ich kann nur mit dem Kopf schütteln, wie die Verantwortlichen dadurch auch noch die guten Momente ihres Films versauen.
#823
Geschrieben 29. August 2009, 01:42
Irland 2008 Regie: Ian Fitzgibbon
Mark ist Schauspieler und findet keinen Job, ergo ist die Kohle knapp, muß er sich doch auch noch um seinen behinderten Bruder kümmern. Zudem fällt seine Wohung an allen Ecken auseinander, wer aber mit der Miete drei Monate im Rückstand ist, kann vom Vermieter nicht unbedingt den besten Service erwarten. Schließlich hat auch Marks Freundin von der Situation die Nase voll und will ihn verlassen. Der desolate Zustand der Wohnung sorgt dann innerhalb kürzester Zeit zu einigen tragischen Unfällen, die Mark auch noch zahlreiche Leichen aufbürden...
Das klang ja alles ganz nett, schwarze Komödie mit irischen Originalen, und konnte auch einige der erwarteten Punkte einlösen. Nur war es auf Dauer einfach nicht lustig genug, da abgesehen von ein paar witzigen Dialogen eigentlich nur der selbe Scherz mehrfach wiederholt wurde. Die Darsteller sind schon durchaus amtlich mit sympathischen Charakterfressen und auch das irische Setting ist sehr hübsch, aber nach dem ersten Drittel zieht sich der Plot recht zäh dahin und kann zum oft verwendeten Pechvogel-muß-Leichen-loswerden-Motiv auch nichts neues hinzufügen.
#824
Geschrieben 29. August 2009, 03:10
Kanada 2008 Regie: Bruce McDonald
Auf dem Weg zur Arbeit hat der Radiomoderator Grant Mazzy im frühmorgendlichen Schneegestöber eine seltsame Begegnung: Eine junge Frau klopft an die Scheibe der Beifahrertür, murmelt etwas unverständliches, und verschwindet dann wieder. Auf der Arbeit selbst scheint es zunächst business as usual in der verschlafenen kanadischen Provinz zu sein, bis sich seltsame Anrufe und Meldungen von Aufständen und Todesfällen häufen. Eine Massenhysterie? Eine Seuche? Oder doch nur ein Hoax?
Als die Meldungen und Augenzeugenberichte, die in der Radiostation eintrudeln, immer bizarrer werden, war ich spätestens bei der unheimlichen Kinderstimme elektrisiert und gespannt wie lange nicht mehr, so geschickt wie hier die Bedrohung durch das Unbekannte aufgebaut wurde, unterstützt dadurch, daß der Zuschauer wie die Radiomacher keine Ahnung hat, was tatsächlich passiert, man sieht nichts davon, sondern bekommt nur fragmentarische akustische Eindrücke. Bei all der Wirkung fragte ich mich aber auch, ob dies nun wirklich ein Film sein muß, ob ein Hörspiel nicht genau den selben Effekt haben würde. Ich hätte aber auch nichts dagegen gehabt, wenn die Geschichte mit dieser vagen Bedrohung einfach weiter gegangen wäre. Im zweiten Teil entfernt man sich jedoch von dieser Vorgehensweise und bringt neben deutlich filmischen Elementen auch eine Art Erklärung der Geschehnisse, die allerdings auch reichlich bizarr ausgefallen ist. Die Verbindung von Linguistik und Phantastik liess mich dabei an einige Texte von Jorge Luis Borges denken, besonders "Tlön, Uqbar, Orbis Tertius", in der Sprache auch einen direkten Einfluß auf das Wirklichkeitsgefüge ausübt. Zum Ende hin wurde der Film leider etwas sehr konfus, so daß ich nicht mehr ganz folgen konnte, aber eine zweite Sichtung dieses höchst originellen Werks gibt es hier ganz bestimmt – diese kann vielleicht noch etwas Licht ins Dunkel bringen, bringen, bringen, bringen, bringen, bringen...
#825
Geschrieben 29. August 2009, 14:04
Australien 2008 Regie: Joel Anderson
Nach einem Picknick verschwindet der Teenager Alice, die ertrunkene Leiche wird einige Tage später aus einem See geborgen und vom Vater identifiziert. Im Anschluß häufen sich aber nicht nur seltsame Begebenheiten im Haus der Eltern, auch der Sohn macht Foto- und Video-Aufnahmen, auf denen Alice scheinbar abgebildet ist...
Im Stil einer Dokumentation gedreht, nutzt der Film teilweise auch Merkmale des Kinofilms, um den Zuschauer in die entsprechende Atmosphäre der australischen Weiten zu versetzen und geht insgesamt sehr leise und langsam vor. Die Handlung bietet einige Wendungen und das Geheimnis des Teenagers – das es bei dieser Konstellation geben mußte – stellt sich glücklicherweise als nicht so trivial heraus, wie es hätte sein können. Auch wenn eindeutig vorhanden, scheint das Übernatürliche aber nicht das Hauptanliegen des Films zu sein – vielmehr steht die Trauerarbeit der Familie im Vordergrund, deren Sohn den Verlust auf eher ungewöhnliche Weise kompensiert. Ein interessanter, trauriger Film, der ohne plakative Momente auskommt und bewußt einige Fragen offen lässt, um verschiedene Deutungen zu ermöglichen. Die Verwendung von Geisterfotos und Videos erinnerte mich wieder an den unlängst gesichteten The Victim und liess in mir erneut die Frage aufkommen, wann denn ein Geisterfilm erscheint, der diesen Gedanken für seine Meta-Struktur aufgreift. Im nicht spoilerfreien Podcast blubbere ich auch was dazu.
#826
Geschrieben 30. August 2009, 03:54
Dänemark / Schweden 2009 Regie: Ole Bornedal
Weil er den Himmel über Jütland so mag, kehrt der Anwalt Johannes mitsamt Familie von der Großstadt in seinen provinziellen Geburtsort zurück, der fest in der Hand des alten Ingvar liegt, der als Unternehmer einige Dörfler mit Arbeitsplätzen versorgt. Die beiden verstehen sich gut, und ihre Frauen treffen sich zu kirchlichen Aktivitäten, wie etwa das Gesangsbuch durch zusätzliche Hymnen zu erweitern. Doch eines Tages ist Ingvars Frau tot, scheinbar überfahren worden, scheinbar von Johannes' Bruder Lars, der in etwa dessen genaues Gegenteil ist, saufend, prügelnd, ohne Perspektive oder Moral. Diesem gelingt es jedoch, die Tat dem traumatisierten bosnischen Flüchtling Alain in die Schuhe zu schieben, der als Fremdling im Dorf eh nicht besonders gerne gesehen ist...
Die zunehmende Schraube der Gewalttätigkeit und die Moral, daß in jedem Menschen ein Tier steckt, führt dazu, daß man das hier schon als Straw Dogs in Jütland bezeichnen könnte. Bornedal kleidet dies in prächtige Totalen der kargen Landschaft, aber seine Figurenkonstellation scheint etwas überzogen – neben Ingvar, dem Anwalt und dem Dorfarzt leben in dieser Gegend scheinbar nur Vollprolls auf Sozialhilfe mit Hang zum rechtsextremen Spektrum. Auch Johannes' Wandel vom rechtschaffenen Bildungsbürger und Familienvater zum gewaltbereiten Beschützer des unschuldigen Außenseiters kommt ein wenig sehr abrupt, wobei sich freilich herausstellt, daß er nicht nur aus edlen Motiven handelt, sondern insgeheim dem ungebildeten Pöbel schon lange die Fresse zu polieren wünschte. Hier hätte ich mir dann schon ein bißchen mehr Differenzierung und Ausarbeitung der Figuren gewünscht. Abgesehen davon ist der Film aber ein sehr spannender und kurzweiliger Ritt in streckenweise großartigen Bildern, der zuweilen auch an Chabrols düsteres Kleinbürgerbild erinnert.
#827
Geschrieben 30. August 2009, 13:30
USA/Neuseeland 2009 Regie: Neill Blomkamp
Eine Zusammenfassung erspar ich mir, worum es in dem Film geht, dürfte hinreichend bekannt sein. Die zugegebenermaßen originelle Werbekampagne scheint voll aufgegangen zu sein, die hohen Worte des Lobes von "Meisterwerk" bis "vollkommen neue Art des SF-Films" kann ich aber nicht ganz nachvollziehen. Sicherlich hat der Film einige nette Ideen, erfindet das Rad aber nicht unbedingt neu, dafür hat es viele der Versatzstücke bereits gegeben. Übrig bleibt aber unterhaltsames Kino mit viel Humor und netten Effekten. Positiv auf jeden Fall die untypische Hauptfigur, die mancherorts angesprochene Rassismus-Thematik ist aber kaum dazu geeignet, den Film zur großen Niveau-Maschine jenseits des Unterhaltungsfilms zu erheben, dafür ist der Umgang mit dem Thema viel zu inkonsequent, Stichwort Nigerianer. District 9 ist bestimmt ein kurzweiliges Werk mit einem eigenem Zugang zum SF-Genre, man sollte die Kirche aber auch im Dorf lassen.
#828
Geschrieben 30. August 2009, 15:46
Südkorea 2009 Regie: Chan-wook Park
Der katholische Priester Sang-hyeon stellt sich als Versuchsperson für ein Experiment zur Verfügung, das dabei helfen soll, ein Gegenmittel für eine grassierende Seuche zu finden. Er ist der Einzige, der das Experiment überlebt und wird bei seiner Rückkehr als Heiliger gefeiert. Sein Überleben hat aber einen bestimmten Grund: Bei einer Blut-Transfusion erhielt er den roten Saft eines Vampirs, der dafür verantwortlich war, daß die Krankheit sich bei ihm zurückbildete und die Nebenwirkung hat, daß Sang-hyeon jetzt selbst zum Vampir wird. Das stürzt den gläubigen Mann in eine tiefe Krise, und neben dem Durst auf Blut bekommt er auch Appetit auf die hübsche Schwiegertochter einer befreundeten Familie, die von diesen nicht besonders gut behandelt wird...
Es war zu erwarten, daß Herr Park keinen herkömmlichen Vampirfilm abliefert und so ist sein Werk eine Mischung aus Horror und Liebesdrama mit einer gehörigen Portion absurden Humors. Letzterer bezieht sich sowohl auf den katholischen Glauben als auch auf Sang-hyeons Versuche, sein Dasein als Blutsauger in der Auswahl seiner Opfer moralisch so unbedenklich wie möglich zu gestalten. Neben den amüsanten Dialogen kommen auch Sex und Gewalt nicht zu knapp. Leider ist der Film alles in allem vielleicht ein bißchen lang geraten, vor allem die sich wiederholenden Konflikte zwischen dem Priester und seiner Geliebten hätten vielleicht ein bißchen Straffung vertragen können. Ansonsten aber eine klare Empfehlung.
#829
Geschrieben 31. August 2009, 01:20
Australien 2009 Regie: Jonathan Auf Der Heide
Im Jahre 1822 gelingt mehreren Strafgefangenen in Tasmanien die Flucht, doch je weiter sich der aus Iren, Engländern und Schotten zusammengesetzte Trupp durch die unwirtliche Landschaft bewegt, desto schwieriger gestaltet sich das Vorankommen aufgrund von Verletzungen, Kälte, Entkräftung, und vor allem: Hunger...
Schon zu Beginn fährt der Film ein Naturpanorama auf, das einen im Zusammenhang mit dem dissonanten, unheimlichen Score bereits überwältigt. Zu diesen extremen Totalen kehrt der Film immer wieder zurück, manchmal mit den Protagonisten als winzige Flecken innerhalb der majestätischen Landschaft, ich frage mich, ob diese auf dem kleinen Bildschirm überhaupt noch auszumachen sein werden. Symptomatisch stehen diese Bilder für das hoffnungslose Unterfangen der Protagonisten, gegen diese Naturgewalt anzukommen. Und es schwebt auch ständig die Frage in der Luft, wo sie eigentlich hinwollen, denn, wie eine der Figuren äußert: "There's nothing here." Basierend auf der wahren Geschichte des Alexander Pearce wird einem hier ein äußerst stimmungsvolles, historisch akkurates Panorama geboten, nach dem man froh ist, in einem trockenem Bett schlafen zu können und vor allem auch hinsichtlich der Nahrungsmittel eine moralisch unbedenkliche freie Auswahl zu haben.
#830
Geschrieben 31. August 2009, 14:18
Italien/USA 2009 Regie: Dario Argento
Ein Taxifahrer entführt hübsche Mädchen, um sie zunächst ausgiebig zu quälen und anschließend zu töten. Sein jüngstes Opfer ist ein Model, das sich am selben Abend mit ihrer Schwester verabredet hat und sogar noch aus dem Taxi mit ihr telefoniert. Da sie seitdem spurlos verschwunden zu sein scheint, wendet sich die Schwester an die Polizei und wird zu dem Inspektor geschickt, der den Serienmörder bereits im Visier hat...
Normalerweise schreibe ich ja nicht über Filme, die ich nicht zu Ende gesehen habe, aber das ist ja hier schließlich ein Filmtagebuch nach persönlichem Gutdünken und so möchte ich mich mal meinen eigenen Grundsätzen wiedersetzen. Müde, schlapp und ein wenig erkältet hatte ich nämlich keine Lust, anschließend 40 Minuten oder mehr auf dem Kölner Hauptbahnhof zu verbringen, um auf den letzten Zug zu warten, und so ging ich lieber vorzeitig, um den früheren Zug zu erwischen, konnte mich der Film doch auch nicht wirklich fesseln. Man muß sich fragen, ob Adrien Brody seine Rolle als Parodie angelegt hat oder ob ihm das von Klischees tropfende Drehbuch einfach nur egal war – unfassbar, wie er sich ständig Kippen ansteckt oder über den Bart streicht, wie ein anachronistischer Hardboiled-Detektiv von anno dazumal, dabei altertümliche One-Liner zitierend. Emanuelle Seigner hatte ja schon immer Probleme mit glaubwürdigen Darstellungen, und hier keift und nervt sie enorm. Vom Filmischen her sah das, was ich gesehen habe, aus wie ein durchschnittlicher Fernsehkrimi, die ja mittlerweile auch pittoreske Kamerafahrten über die Stadt (hier Turin) beinhalten. Die Figur des Killers war auch recht überzeichnet und unglaubwürdig, oder war das jetzt Selbstzitat und Retro? Das Schlimmste war jedenfalls mein eigenes Timing, welches dafür sorgte, daß ich eine Minute zu spät an der S-Bahn-Haltestelle Hansaring eintraf, dann noch zu Fuß weiter zum Hauptbahnhof hetzte, um auch dort eine Minute zu spät einzutreffen, so daß ich dann doch auf den 2:15-Zug warten mußte. Da hätte ich mir den Film auch zu Ende ansehen können. Stattdessen dann zwei Flaschen Krombacher vom Kiosk, Beobachtung des bunt gemischten Gesindels am Hauptbahnhof, und glücklicherweise ein Taschenbuch mit Čechov-Erzählungen, u.a. dem grandiosen "Krankenzimmer Nr. 6" – wobei ich erwähnen sollte, daß ich bei Bahnfahrten sonst eher weniger Anspruchsvolles zu lesen pflege.
#831
Geschrieben 01. September 2009, 23:01
GB 2009 Regie: Jon Harris
Da Sarah, eine Überlebende des ersten Teils, ihr Gedächtnis verloren hat, versuchen der lokale Sheriff mit Hilfe seiner Assistentin und einem Höhlenforschungsteam, mehr über den Verbleib der anderen Frauen herauszufinden, also lassen sie sich in der Nähe von Sarahs Fundort in die Tiefe hinab, und nehmen diese zur Sicherheit gleich mit, da sie sich dadurch Hilfe bei ihren Erinnerungslücken versprechen...
Die großen Lobeshymnen, die den ersten Teil umwehten, konnte ich nie so ganz nachvollziehen, das war halt ein effektiver Schocker mit einigen originellen Einfällen, aber wohl kaum "der beste Horrorfilm seit 20 Jahren". Gleiches gilt für die Fortsetzung, die sich die Einführung dann sparen kann und quasi direkt in medias res geht. Erfreulich auf jeden Fall, daß hier Leute am Werk waren, die sich scheinbar Gedanken gemacht haben, wie man den ein oder anderen Schockeffekt effizienter platzieren kann und nicht einfach nur alles nach Schema F herunterdrehen, wie z.B. bei Case 39. Der allerletzte Twist ließ mich zwar kurz noch mal im Kinosessel hochfahren, war aber im Nachhinein betrachtet ziemlich überflüssig und passte nicht ganz zu der vorher exerzierten Souveränität.
#832
Geschrieben 02. September 2009, 14:19
USA 2009 Regie: David R. Ellis
Das Gefüge ist bekannt, diesmal spielt es sich bei einem Autorennen ab: Die Tribünen sind marode und beim Boxenstopp geht was schief, fertig ist die Katastrophe, die von einem Teenager vorausgeahnt wird, der Freunde und willkürliche Fremde rechtzeitig vom Ort des Unglücks weglotst, aber kurze Zeit später sind sie trotzdem dran...
Ich hatte ja bislang nur einen 3D-Film im Kino gesehen, diesen aber gleich zwei mal: Die schon reichlich in Mitleidenschaft geratene Kopie von Creature from the Black Lagoon wird scheinbar nach wie vor rumgereicht und gastierte, das müßte 1991 gewesen sein, möglicherweise nicht zum ersten Mal an der Aachener Uni. Der Saal war mit ca. 500 Leuten bis auf den letzten Platz besetzt, und mindestens 400 davon hätte ich gerne eigenhändig in der schwarzen Lagune versenkt, schienen sie doch noch nie einen Film aus den fünfziger Jahren gesehen zu haben und begleiteten jeden ihnen lächerlich erscheinenden Anachronismus mit lautem Gackern und Johlen. Etwa 5 Jahre später stand die 3D-Fassung des Films noch mal im Programm, da kamen dann aber nur 30 Leute, die wesentlich angenehmer waren, aber die Kopie hatte seitdem sichtlich gelitten. Die Diskrepanz der Zuschauerzahlen kann ich mir auch nicht erklären, aber seitdem ich selbst Sachen in Aachen veranstalte, wundere ich mich über nichts mehr. Äh, aber genug Exkurs jetzt. Dieser aktuelle 3D-Film hat freilich auf der technischen Seite einiges mehr zu bieten und ich muß gestehen, ich war recht beeindruckt. Ich weiß nicht, ob die Tatsache, daß ich in der ersten Reihe saß, den Eindruck noch verstärkte, das Geschehen direkt vor der Fresse zu haben, aber es machte Spaß, und gerade das Franchise mit den vielen tödlichen Unfällen scheint für dieses Format prädestiniert zu sein. Im vierten Teil kümmert man sich auch gar nicht mehr um Story, Figuren etc., das Sterben steht hier im Vordergrund, und das gab es reichlich in ca. 80 Minuten. Die CGI hätten vielleicht teilweise etwas besser sein können, aber kurzweilig war es auch so.
#833
Geschrieben 03. September 2009, 03:26
USA/Frankreich 2009 Regie: Bertrand Tavernier
Nach dem Hurricane Katrina ist das Leben im ländlichen Louisiana noch trostloser als zuvor, einzig ein paar halbseidene Filmproduzenten bieten Arbeit, dabei freilich an die Kostenersparnisse denkend. In dieser Situation wird der herzensgute, aber auch sehr temperamentvolle County-Sheriff Dave (Tommy Lee Jones) mit dem Leichenfund einer bestialisch verstümmelten 19jährigen konfrontiert. Während seiner Ermittlungen bezüglich des Mordes gerät er nicht nur in höchste gesellschaftliche Schichten, sondern auch in Lebensgefahr. Zudem scheint eine Beziehung zu einem anderen Mord zu bestehen, der vor 35 Jahren geschah...
Mit Coup de Torchon hat Tavernier ja bereits eine ähnliche Romanvorlage bzgl. Südstaaten-Korruption verfilmt, die aber wesentlich zynischer daherkam und vom Regisseur auch nach Afrika verlegt wurde. Die Korruption und das ländliche Geklüngel sind hier aber eher nebensächliche Zutaten, vielmehr steht hier die von Tommy Lee Jones mit perfektem Understatement verkörperte Hauptfigur im Vordergrund: Seine Gedanken, seine Ängste und auch seine Halluzinationen von einem immer wiederkehrenden Südstaaten-General des Konzessionskrieges, der ihm Ratschläge erteilt oder philosophische Fragen stellt. Das alles eingebettet in eine unglaublich schwüle Atmosphäre, die die Trägheit der handelnden Figuren in einem angemessenem Erzähltempo umsetzt. Hier fügt sich einiges zu einem stimmungsvollem Bild zusammen: Die metaphernreiche, an alte Hardboiled-Detektivromane angelehnte Sprache des Ich-Erzählers aus dem Off, die von trockenen Pointen durchsetzten Dialoge, die nie aufdringlich oder klischeehaft wirken, sowie die oft nebligen Bilder, die ein Louisiana zeigen, das wie ein Tor zur Unterwelt wirkt. Grandios.
#834
Geschrieben 03. September 2009, 16:38
Spanien/Mexiko 2008 Regie: Agustín Díaz Yanes
Als vier Frauen den Safe von russischen Gangstern knacken, wird eine von ihnen, Aurora (Ariadna Gil) erwischt, gedemütigt und landet schließlich im Gefängnis. Ihre kleine Schwester Ana bekommt währenddessen, weil sie so gut blasen kann, einen Heiratsantrag von einem mexikanischen Gangsterboss, in dessen Sold auch der Hitman Gabriel steht, der dank des traumatischen Todes seiner Mutter nur Männer erschießt. Die Ehe ist nicht von langer Dauer, und so wird Ana nach zahlreichen Schlägen aus einem fahrenden Auto geworfen und liegt anschließend im Koma. Zwei der Freundinnen stehen einem Richter mit sexuellen Dienstleistungen zur Verfügung, so daß Aurora vorzeitig aus dem Knast entlassen werden kann. Gemeinsam planen sie die Rache am Mexikaner...
Was in seiner Darstellung der Demütigung von Frauen recht düster beginnt, verwandelt sich bald in einen eher konventionellen Heist-Film, der sogar noch eine Liebesgeschichte spendiert bekommt, die allerdings von vorneherein zum Scheitern verurteilt ist, zu unüberbrückbar ist hier die Schlucht zwischen den Geschlechtern und die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gang. Immerhin vermeidet das Werk mit der Figur des Gabriel eine platte "Männer sind Schweine"-Aussage und bleibt auch durchweg spannend, was vor allem an den – in jeder Hinsicht – starken Darstellerinnen liegt, allen voran Ariadna Gil. Der Film ist scheinbar eine Fortsetzung – der erste Teil würde mich jetzt auch mal interessieren.
#835
Geschrieben 03. September 2009, 23:00
Belgien 2008 Regie: Erik van Looy
Auf Initiative des Architekten Vincent mieten sich 5 Freunde (ohne Timmy, den Hund) ein Loft in Antwerpen, um dort hauptsächlich außereheliche sexuelle Aktivitäten durchzuführen. Eines Tages liegt dort aber eine Frauenleiche im Bett, und keiner will's gewesen sein...
Hervorragend fotografierter Thriller, der allerdings in Sachen Plot nicht so wirklich zu begeistern vermag. Daß es am Ende zahlreiche Twists gibt, war vorhehrzusehen, doch wirklich überzeugen oder überraschen können diese nicht. Auch die Charakterisierung der Figuren (der Smarte, der gewalttätige Kokser, der naive Dicke, der Zurückhaltende, der merkwürdige Introvertierte) ist nicht wirklich originell. Die Konstellation von einem Freundeskreis aus den höheren Gesellschaftschichten, die stellenweise mit der gegenseitigen Verwandtschaft rumbumsen, erinnerte mich stark an den wesentlich interessanteren Cloaca. Ganz nett, aber bestimmt kein Muß. Zur Vertiefung gibt's übrigens auch hierzu einen Podcast.
#836
Geschrieben 04. September 2009, 19:33
GB 2009 Regie: Nicolas Winding Refn
Nach einem Raubüberfall mit eher kläglichen Einkünften landet Michael Peterson mit 22 Jahren zum ersten Mal im Knast. Schnell wird ihm bewußt, daß der dort vorhandene Mikrokosmos ihm viel besser gefällt als die Welt draußen, ja, daß eine Person wie er wie geschaffen ist, sein Leben im Gefängnis zu verbringen...
Die Verfilmung der Biographie von "Englands gewalttätigsten Häftling", der sich den Kampfnamen Charles Bronson zulegte, nimmt sich einige Freiheiten heraus, macht aber andererseits auch keinen Hehl daraus, nicht auf historische Korrektheit angelegt zu sein, sehen wir die Geschichte doch durch die Augen der Titelfigur selbst, wodurch "objektive Wahrheiten" von vornherein ausgeschlossen werden. Die vom teilweise geschminkten Protagonisten auf einer Bühne vor Publikum gehaltenen Monologe fand ich ein wenig störend und zu exaltiert, machen aber am Ende des Films durchaus Sinn, da sich Bronson nicht nur als gewaltbereiter Asi, sondern auch als Performancekünstler begreifen läßt. Tom Hardys Darstellung dieser Figur ist auf jeden Fall großartig, da gibt es nix. Hier und da gezogene Vergleiche zu Clockwork Orange beziehen sich wohl hauptsächlich auf das Stilmittel, Schlägereien mit klassischer Musik zu unterlegen. Hörenswert wie immer der F.LM-Podcast, obwohl – oder gerade weil – ich diesmal nicht dabei bin.
#837
Geschrieben 05. September 2009, 01:58
GB 2008 Regie: Johnny Kevorkian
Matthew war nach dem spurlosen Verschwinden seines kleinen Bruders Tom in psychiatrischer Behandlung und kehrt jetzt in die Sozialwohnung seines Alkoholiker-Vaters zurück. Schon recht bald sendet ihm sein Bruder Signale und Matthew weiß nicht so recht, ob er paranormale Erfahrungen erlebt, oder einfach nur halluziniert...
Was zunächst wie ein Geisterfilm-als-Trauerarbeit ala Lake Mungo beginnt, wechselt bald zu einem konventionellem Geister-wollen-Serienmörder-überführen-Plot und kann in dieser Hinsicht kaum überzeugen. So sehr ich ja an sich Settings in der britischen Unterschicht mag, ist hier alles recht vorhersehbar und langweilig, was für einen Film, der sich auf seine Twists noch ziemlich viel einbildet, relativ peinlich ist. Da hätte man doch von Anfang an auf neumodische Schnörkel verzichten sollen und einen Old School-Geisterfilm ala M.R. James anvisieren müssen, um mir eine Gänsehaut zu verpassen, aber ich bin ja auch ein alter Sack. Vielleicht erschrecken sich junge Menschen ja tatsächlich von derlei Firlefanz.
#838
Geschrieben 05. September 2009, 15:56
USA/Kanada/Deutschland/Frankreich 2009 Regie: Jaume Collet-Serra
Nach einer Totgeburt adoptiert eine Ehepaar die 9jährige Waise Esther, die sehr begabt zu sein scheint. Ihre Begabung beschränkt sich aber nicht nur aufs Malen, wie zunächst vor allem die Mutter feststellen muß...
Richtig viel Neues an der bösen Kinder-Front hat der Film nicht zu bieten, man muß ihm jedoch zugestehen, streckenweise schon überraschend bösartig zu sein, was sich vor allem in einigen Dialogen manifestiert, die man so aus Kindermund nicht erwarten würde. Die Auflösung ist der von Case 39 (in dem Isabelle Fuhrman beinah auch mitgespielt hätte) quasi entgegengesetzt und ganz OK, während das Finale aber mal wieder zu konventionell ausgefallen ist. Ansonsten aber ein durchaus brauchbarer und kurzweiliger Schocker.
#839
Geschrieben 05. September 2009, 23:00
USA 2009 Regie: Ti West
Da sie dringend Geld für ihre neue Wohnung benötigt, nimmt Samantha einen Job als Babysitter an, obwohl ihr der Auftraggeber nicht besonders koscher vorkommt, ist es doch auch eine alte Dame, auf die sie aufpassen soll und kein Baby. Aber die Bezahlung ist sehr gut, und so willigt sie ein...
Wer den Podcast gehört hat, weiß ja eigentlich schon Bescheid: House of the Devil ist eine Reise zurück in die Zeit, spielt zwar in den 80ern, fühlt sich aber an wie ein Film aus den 70ern. Und das gänzlich bierernst, ohne ironische Dialoge und vor allem ohne Gimmicks und Schnörkel. Wer bei einer schleichenden Kamera durch ein finsteres altes Haus im nächsten Moment aus Gewohnheit mit einem "false scare" oder ähnlichem rechnet, der kann hier lange warten. Hier passiert erst dann etwas, wenn wirklich was passiert! Dies ist dann auch so geschickt inszeniert, daß trotzdem eine ständige Bedrohung spürbar ist und keinerlei Langeweile aufkommt, wenn Samantha das Haus erkundet. (Die Tatsache, daß Jocelin Donahue verdammt niedlich ist, hilft freilich auch etwas dabei.) Einzig das Ende ist vielleicht ein bißchen unwahrscheinlich, aber egal: Eine äußerst positive Überraschung, die man gerne öfter erleben würde. Nach dem schlimmen The Roost und dem wohl von der Produktionsfirma zur Inkohärenz zerschnibbelten Cabin Fever 2 zeigt Ti West hier, daß er tatsächlich was auf dem Kasten hat.
#840
Geschrieben 06. September 2009, 16:20
Frankreich 2009 Regie: Michel Hazanavicius
In seiner neuen Mission wird der "beste" französische Geheimagent Hubert Bonisseur de La Bath nach Brasilien geschickt, um einem Ex-Nazi einen Mikrofilm mit einer Liste französischer Kollaborateure aus dem zweiten Weltkrieg abzukaufen. In Rio eingetroffen, heften sich schon bald Mossad-Agenten an seine Fersen, die ebenfalls den ehemaligen Nazi im Visier haben...
Im stilvollen 60er Jahre-Retro-Look gedreht, zieht der Film den meisten Humor aus der Ignoranz der Hauptfigur, der es an Subtilität reichlich mangelt, die dafür aber an sexistischen und rassistischen Vorurteilen scheinbar überläuft. Die Kombination aus hübschen Bildern und mal mehr, mal weniger derben Scherzen macht jedenfalls viel Spaß und den scheinbar noch gelungeneren Vorgänger werde ich mir demnächst wohl auch mal vornehmen.
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