Bend it like Beckham, Großbritannien / Deutschland 2002, R: Gurinder Chadha, D: Parminder Nagra, Keira Knightley, Jonathan Rhys-Myers gesehen auf DVD am 14.02.2004

Für viel Aufsehen sorgte der kleine Independent-Film „Bend it like Beckham“ der in Kenya geborenen, in England lebenden Regisseurin Gurinder Chadha („Picknick am Strand“, „What’s Cooking“) rund um ein indisches Mädchen, welches davon träumt den Ball so um die Freistoßmauer zwirbeln zu dürfen, wie ihr großes Idol David Beckham.
Doch bevor Jess (Parminder K. Nagra), jenes indische Mädchen, dies machen kann, muss sie viele Probleme überwinden. Denn in der strengen indischen Familie spielen Frauen kein Fußball, sondern lernen das Kochen und warten auf den richtigen Mann, so sollen es auch Jess und ihre ältere Schwester Pinkie (Archie Panjabi). Während Pinkie sich vordergründig mit den strengen Sitten der Mutter (Shaheen Khan) anfreundet, und sich nur heimlich für vorehelichen Sex aus dem Haus schleicht, rebelliert Jess mehr oder weniger offen und nutzt jede Möglichkeit um mit den Jungs im Park zu kicken.
Spätestens als die Hochzeit der Schwester vor der Tür steht, beschließen Mutter und Vater (Anupam Kher), dass es mit Jess nicht mehr so weiter gehen könne und das Fußball nun endgültig Tabu sei. Doch gerade hat Jess mit Jules (Keira Knightley) eine neue Freundin gefunden, mit der sie ihr liebstes Hobby teilt: das Fußballspielen. Und so missachtet Jess die Regeln ihrer Eltern ein weiteres Mal. Unter dem Vorwand sie habe ein Job, nimmt sie nun regelmäßig an dem Training eines Frauenfußballteams, welches von Joe (Jonathan Rhys-Meyers) trainiert wird, teil. Doch natürlich geht dies nicht lange gut. Eine Reise zu einem Turnier in Hamburg wird zum doppelten Desaster: Jess verliebt sich in Joe, in den auch Jules verliebt ist, so dass es zum Streit kommt und ihr Vater entdeckt seine Tochter in einem Bericht über das Turnier in der Zeitung und dabei hat er sie bei Verwandten vermutet...

Das es nach einigen Wendungen, Wirrungen und Irrungen dann doch schließlich zu einem - leider unerträglich kitschig inszenierten - Happy-End kommt, dürfte klar sein, so dass der Text hier nicht zu viel vorwegnimmt. Diese mit viel zu starker Betonung auf „Happy“ inszenierte Ende, ist leider einer der Punkte, warum es „Bend it like Beckham“ nicht schafft, der ganz große Wurf zu werden, sondern leider nur als gute Abwechslung für zwischendurch in Erinnerung bleibt.
Während der Film äußert schwungvoll beginnt und in der ersten Hälfte nicht nur recht schön mit einigen Klischees spielt (sei es nun bezüglich der indischen Lebenskultur oder dem Frauenfußball), kracht Gurinder Chadhas dritter Kinofilm in der zweiten Hälfte förmlich unter seinen zu vielen Aspekten zusammen. Da wird immer und immer mehr in die Geschichte hereingestopft und wirklich nichts zu dem Genre gehörendes ausgelassen. Da hat der Vater dann natürlich seine eigenen Wunden bezüglich Sport in England und will seiner Tochter die gleiche Enttäuschung ersparen, die ihm widerfahren ist (und muss natürlich - was ein Zufall - bei seinem einzigen Stadionbesuch erfahren, wie seine Tochter wegen ihre Herkunft diskriminiert wird, was davor und danach kein einziges Mal mehr passiert). Da droht dann noch die geplante Hochzeit der Schwester fast zu platzen, da gibt es die Liebesgeschichte um Joe, welche die Freundschaft der Mädchen bedroht, da erweist sich Jess bester Freund noch als schwul und schlussendlich hält die Mutter (Juliet Stevenson) von Jules ihre Tochter für lesbisch und hegt den Verdacht sie habe eine Liebesbeziehung mit Jess. Letzteres sorgt wenigstens noch für einige komische Szenen, die aber mehr einer großartigen Juliet Stevenson, denn dem Drehbuch zu verdanken sind. Alles in allem sind das aber zu viele Probleme, die man im Film unterbringen wollte.
Ein glücklicheres Händchen hat man bei der Besetzung bewiesen. Neuentdeckung Perminder Nagra und die davor hauptsächlich in kleinen Rollen aufgetauchte Keira Knightley wissen zu überzeugen, und auch die Nebendarsteller sind größtenteils aufs vortrefflichste gewählt, allen voran die schon beschriebene Juliet Stevenson. Nur Jonathan Rhys-Meyers bleibt im Gegensatz zum restlichen Cast etwas blass und wirkt teilweise verloren.
So bleibt insgesamt ein kurzweiliger, weil größtenteils unterhaltsamer Film, der zwar durch die Überfrachtung im zweiten Teil etwas an Fahrt verlieren, den man sich aber durchaus anschauen kann, auch wenn das Ende etwas zu „happy“ geraten ist. Fußballfans sollten sich allerdings nicht zu viel erhoffen, da der Film kaum ein Fußballfilm ist. Die Fußballszenen sind sogar eher schlecht inszeniert, da außer auf die Aufnahmen von hübschen Frauenbeinen und verschiedene Arten des Torjubels kaum Wert auf einen filmischen Transport des Sportes gelegt wurde. Auf einen guten Fußballfilm muss man also weiter warten.
Eine Anmerkung noch zum deutschen Titel. Man scheint den deutschen Zuschauer mal wieder für zu blöd zu halten. Da verpasst man dem Film in Deutschland mit „Kick it like Beckham“ schon einen englischen Titel, kommt aber nicht darum herum den Originaltitel zu ändern. Aber wahrscheinlich bestand beim deutschen Verleih die Ansicht der deutsche Zuschauer würde das Original „bend“ im Gegensatz zum schnöderen „kick“ nicht verstehen. Dabei weist „bend“ den deutlich besseren Bezug zum Film selbst auf, in dem es nämlich gerade darum geht, nicht den Ball so zu kicken („kick“) wie Beckham, sondern ihn so anzuschneiden („bend“) wie Beckham es bei Freistößen zu machen pflegt. Jener David Beckham darf in Form unzähliger Poster und eines Doppelgängers (Andy Harmer) auch mal kurz durch den Film "laufen".