Hinweise zum Bewertungssystem:
***** -- brillant
**** -- gut
*** -- sehenswert
** -- mäßig
* -- schwach
G -- Gurke
0
Words Without Wisdom
Erstellt von Dennis Ott, 28.03.2004, 02:08
12 Antworten in diesem Thema
#1
Geschrieben 28. März 2004, 02:08
#2
Geschrieben 28. März 2004, 02:30
WRONG TURN (G)
Das Grauen lauert mal wieder in den Backwoods. Eine Wagenladung Teenager bleibt irgendwo in Virginia hängen und gerät in die Fänge einer Gang mutierter Hillbillies. Nein, der Film ist leider nicht besser als es diese Inhaltsangabe vermuten lässt.
"Wrong Turn" ist einer der Filme, bei denen eigentlich keine Szene funktioniert; viele sind einfach nur haarsträubend. Die Figuren sind eindimensionale Pappnasen, die Inzuchtkinder schleimig und stinkig wie eh und je -- und am Ende überleben die beiden, denen man es von Anfang an angesehen hat. Zur völligen Vorhersehbarkeit des Geschehens kommen diverse Momente von bemerkenswerter Unsinnigkeit, die selbst für wohlwollende Filmfans unverzeihlich sind (so lernen wir beispielsweise, dass man sich problemlos aus mehrern Metern Höhe in das geräumige Astwerk nordamerikanischer Laubbäume fallen lassen und dort auch noch wunderbar umherlaufen kann).
Der Film ist weder spannend noch bemerkenswert gewalttätig. Einige wenige Schockmomente halten wach, doch eine eigene Atmosphäre entwickelt der Film zu keinem Zeitpunkt. Dass "Wrong Turn" auch mit deutschen Geldern finanziert wurde, verwundert nicht: Qualitativ bewegt er sich keinesfalls oberhalb der allwöchigen RTL-Weltpremieren.
Das Grauen lauert mal wieder in den Backwoods. Eine Wagenladung Teenager bleibt irgendwo in Virginia hängen und gerät in die Fänge einer Gang mutierter Hillbillies. Nein, der Film ist leider nicht besser als es diese Inhaltsangabe vermuten lässt.
"Wrong Turn" ist einer der Filme, bei denen eigentlich keine Szene funktioniert; viele sind einfach nur haarsträubend. Die Figuren sind eindimensionale Pappnasen, die Inzuchtkinder schleimig und stinkig wie eh und je -- und am Ende überleben die beiden, denen man es von Anfang an angesehen hat. Zur völligen Vorhersehbarkeit des Geschehens kommen diverse Momente von bemerkenswerter Unsinnigkeit, die selbst für wohlwollende Filmfans unverzeihlich sind (so lernen wir beispielsweise, dass man sich problemlos aus mehrern Metern Höhe in das geräumige Astwerk nordamerikanischer Laubbäume fallen lassen und dort auch noch wunderbar umherlaufen kann).
Der Film ist weder spannend noch bemerkenswert gewalttätig. Einige wenige Schockmomente halten wach, doch eine eigene Atmosphäre entwickelt der Film zu keinem Zeitpunkt. Dass "Wrong Turn" auch mit deutschen Geldern finanziert wurde, verwundert nicht: Qualitativ bewegt er sich keinesfalls oberhalb der allwöchigen RTL-Weltpremieren.
#3
Geschrieben 28. März 2004, 14:30
SO CLOSE (G)
Ein weiterer Beitrag zum durch "Naked Killer" populär gewordenen asiatischen Guns'n'Girls-Genre: Die Profikillerin Lynn und ihre Schwester Sue erledigen mittels modernster Technik und akrobatischer Kampfkunst die riskantesten Aufträge. Die Polizistin Hong ist den beiden auf der Spur, muss sich aber -- wer hätt's geahnt? -- mit Sue zusammentun, nachdem Lynn Opfer eines Mordanschlags wird.
"So Close" erfuhr eine verhältnismäßig aufwändige Auswertung in der westlichen Welt. Warum, ist mir ein Rätsel, denn es fällt schwer, positive Worte für dieses Debakel zu finden. Die weiblichen Darsteller sollen gut und stark aussehen, verkommen angesichts der kindisch-dümmlichen, völlig sinnfreien Technikspielereien aber zu peinlichen "Frauenpower"-Nummern. Ich gehöre nicht zu jenen Realismusfanatikern, die sich fragen, wo Michael Myers Autofahren gelernt hat, aber was in "So Close" an unrealistischem Technikeinsatz aufgefahren wird, spottet jeder Beschreibung.
Zu allem Übel gibt's eine völlig belanglose Lovestory, die zu keiner Sekunde überzeugen kann. Ich habe eigentlich die ganze Spielzeit über nur auf die jeweils nächste Actionszene gewartet, und das ist wahrlich kein Indiz dafür, einen guten Film zu sehen. Die Action kann teilweise überzeugen, einiges fügt sich allerdings nahtlos in das Bild des prolligen Prügelfilms ein, das "So Close" unweigerlich hinterlässt.
Ich empfehle, die Sichtung von "So Close" auf die letzten 20 Minuten des Films zu beschränken, da der Showdown tatsächlich relativ gelungen ist. Das entschädigt jedoch keinesfalls für die vorangegangen anderthalb Stunden jämmerlicher Sinnlosigkeit. Wer Ballereien und knackige Mädels sehen will, dem sei eher der im gleichen Jahr entstandene "Naked Weapon" empfohlen, der seinen Trashcharakter nicht zu verstecken versucht und dabei um Welten besser abschneidet als dieses filmische Abfallprodukt.
Ein weiterer Beitrag zum durch "Naked Killer" populär gewordenen asiatischen Guns'n'Girls-Genre: Die Profikillerin Lynn und ihre Schwester Sue erledigen mittels modernster Technik und akrobatischer Kampfkunst die riskantesten Aufträge. Die Polizistin Hong ist den beiden auf der Spur, muss sich aber -- wer hätt's geahnt? -- mit Sue zusammentun, nachdem Lynn Opfer eines Mordanschlags wird.
"So Close" erfuhr eine verhältnismäßig aufwändige Auswertung in der westlichen Welt. Warum, ist mir ein Rätsel, denn es fällt schwer, positive Worte für dieses Debakel zu finden. Die weiblichen Darsteller sollen gut und stark aussehen, verkommen angesichts der kindisch-dümmlichen, völlig sinnfreien Technikspielereien aber zu peinlichen "Frauenpower"-Nummern. Ich gehöre nicht zu jenen Realismusfanatikern, die sich fragen, wo Michael Myers Autofahren gelernt hat, aber was in "So Close" an unrealistischem Technikeinsatz aufgefahren wird, spottet jeder Beschreibung.
Zu allem Übel gibt's eine völlig belanglose Lovestory, die zu keiner Sekunde überzeugen kann. Ich habe eigentlich die ganze Spielzeit über nur auf die jeweils nächste Actionszene gewartet, und das ist wahrlich kein Indiz dafür, einen guten Film zu sehen. Die Action kann teilweise überzeugen, einiges fügt sich allerdings nahtlos in das Bild des prolligen Prügelfilms ein, das "So Close" unweigerlich hinterlässt.
Ich empfehle, die Sichtung von "So Close" auf die letzten 20 Minuten des Films zu beschränken, da der Showdown tatsächlich relativ gelungen ist. Das entschädigt jedoch keinesfalls für die vorangegangen anderthalb Stunden jämmerlicher Sinnlosigkeit. Wer Ballereien und knackige Mädels sehen will, dem sei eher der im gleichen Jahr entstandene "Naked Weapon" empfohlen, der seinen Trashcharakter nicht zu verstecken versucht und dabei um Welten besser abschneidet als dieses filmische Abfallprodukt.
#4
Geschrieben 28. März 2004, 15:05
GOTHIKA (*1/2)
Halle Berry spielt in "Gothika" eine Psychologin, die in einer abgelegenen Heilanstalt arbeitet. Nach einem Autounfall in einer verregneten Nacht findet sie sich plötzlich an ihrem Arbeitsplatz wieder -- als Patientin. Ihr wird vorgeworfen ihren Mann getötet zu haben, doch viel beunruhigender sind die sich häufenden Geistererscheinungen: Ein blondes Mädchen versucht ihr etwas mitzuteilen, während alle Welt sie für verrückt erklärt.
"Gothika" ist Hollywood-Massenware ohne echte Qualitäten. Halle Berry, die durch Körpereinsatz selbst "Passwort: Swordfish" eine Existenzberechtigung geben konnte, wirkt nicht einen Moment glaubhaft in ihrer Rolle als logisch denkende Wissenschaftlerin. Stattdessen stolpert sie durch eine konfuse Story, die im Endeffekt einen ratlosen Zuschauer hinterlässt.
Ich mag keine Filme, die ihre Mysterien am Ende völlig aufklären; die asiatischen Geisterfilme z.B. bleiben meist konsequent rätselhaft und bewahren sich so ihre Magie. Mit "Gothika" verhält es sich aber nicht so, denn hier hat man im Endeffekt einfach nur das Gefühl, dass das spukige Treiben absolut keinen Sinn macht. Der gesamte Storyverlauf wirkt hastig zusammengeschustert, ohne jede Kohärenz und stellenweise einfach nur nach Schema F.
"Gothika" hat einige gute Schockmomente; spannend wird's dagegen nur selten. Auch hier wird der qualitative Unterschied zwischen Hollywood-Horror und asiatischen Geniestreichen à la "Ju-on: The Grudge" evident: Der bloße, kurze Schock wird dem wirklichen Horror vorgezogen. So bleibt keine der Szenen wirklich im Gedächtnis, während die kriechenden Untoten aus "Ju-on" oder die langsam aus dem Fernseher krabbelnde Sadako aus "Ring" noch lange im Gedächtnis bleiben.
Das Finale des Films ist enttäuschend schwach und vorhersehbar, so dass insgesamt ein deutlich unterdurchschnittlicher Horrorfilm herauskommt, den sich ein Mathieu Kassovitz nicht hätte erlauben sollen. Und wenn er es doch tut, sollte er wenigstens Szenen adäquat ausnutzen, in denen Halle Berry mit einem weißen T-Shirt ins Wasser steigt...
Halle Berry spielt in "Gothika" eine Psychologin, die in einer abgelegenen Heilanstalt arbeitet. Nach einem Autounfall in einer verregneten Nacht findet sie sich plötzlich an ihrem Arbeitsplatz wieder -- als Patientin. Ihr wird vorgeworfen ihren Mann getötet zu haben, doch viel beunruhigender sind die sich häufenden Geistererscheinungen: Ein blondes Mädchen versucht ihr etwas mitzuteilen, während alle Welt sie für verrückt erklärt.
"Gothika" ist Hollywood-Massenware ohne echte Qualitäten. Halle Berry, die durch Körpereinsatz selbst "Passwort: Swordfish" eine Existenzberechtigung geben konnte, wirkt nicht einen Moment glaubhaft in ihrer Rolle als logisch denkende Wissenschaftlerin. Stattdessen stolpert sie durch eine konfuse Story, die im Endeffekt einen ratlosen Zuschauer hinterlässt.
Ich mag keine Filme, die ihre Mysterien am Ende völlig aufklären; die asiatischen Geisterfilme z.B. bleiben meist konsequent rätselhaft und bewahren sich so ihre Magie. Mit "Gothika" verhält es sich aber nicht so, denn hier hat man im Endeffekt einfach nur das Gefühl, dass das spukige Treiben absolut keinen Sinn macht. Der gesamte Storyverlauf wirkt hastig zusammengeschustert, ohne jede Kohärenz und stellenweise einfach nur nach Schema F.
"Gothika" hat einige gute Schockmomente; spannend wird's dagegen nur selten. Auch hier wird der qualitative Unterschied zwischen Hollywood-Horror und asiatischen Geniestreichen à la "Ju-on: The Grudge" evident: Der bloße, kurze Schock wird dem wirklichen Horror vorgezogen. So bleibt keine der Szenen wirklich im Gedächtnis, während die kriechenden Untoten aus "Ju-on" oder die langsam aus dem Fernseher krabbelnde Sadako aus "Ring" noch lange im Gedächtnis bleiben.
Das Finale des Films ist enttäuschend schwach und vorhersehbar, so dass insgesamt ein deutlich unterdurchschnittlicher Horrorfilm herauskommt, den sich ein Mathieu Kassovitz nicht hätte erlauben sollen. Und wenn er es doch tut, sollte er wenigstens Szenen adäquat ausnutzen, in denen Halle Berry mit einem weißen T-Shirt ins Wasser steigt...
#5
Geschrieben 28. März 2004, 17:31
A TALE OF TWO SISTERS/2003 (***1/2)
Obwohl oft als weiterer Beitrag zur asiatischen Flut von Horrorfilmen nach "Ring" ausgewiesen, ist "A Tale of Two Sisters" ein Drama mit Horrorelementen. Diese haben es allerdings in sich.
Die Schwestern Su-mi und Su-yeon kehren nach einer psychiatrischen Behandlung wieder in ihr Elternhaus zurück. Der Vater der Mädchen steht unter dem Joch der Stiefmutter, die das Haus mit eiserner Hand regiert und den Schwestern das Leben zur Hölle macht.
Der Film verläuft zunächst ruhig; wunderschöne Bildkompositionen und ein dezenter Soundtrack lullen ein, beschreiben zurückhaltend das Dilemma einer zerrütteten Familie. Dann kommt der erste Schockmoment, und ab diesem weiß man, dass "A Tale of Two Sisters" vom neuen asiatischen Horrorfilm beatmet ist. Allerdings wird der explizite Schrecken hier stark rationiert und überlagert nie die Geschichte, was der Wirkung nur zuträglich ist: Ich habe bisher nur in "Ju-on: The Grudge" ähnlich angsteinflößende Szenen gesehen (auch wenn der die Prioritäten völlig anders setzt).
Ärgerlich an "A Tale of Two Sisters" ist seine verwirrende Story, denn man hat hier einmal mehr, ebenso wie beim eben erwähnten "Ju-on", das Gefühl, dass der nicht-chronologische Ablauf schlichtweg unnötig ist. Horrorfilme sollten ihre Geister nicht entzaubern, aber die umständliche Präsentation einer einfachen Geschichte wird niemandem inhaltliche Komplexität vorgaukeln können. Mein Problem mit "A Tale of Two Sisters" ist also nicht, dass er keine klare Auflösung liefert, sondern dass man für viele Szenen keine andere Erklärung findet, als dass sie wohl "symbolisch" gemeint sind. Man muss das Puzzle nicht lösen können, aber man sollte zumindest dann und wann das Gefühl haben, Teile davon angeboten zu bekommen.
Diverse Webseiten legen nahe, dass eine schlüssige Interpretation des Films möglich ist; warum die kryptische Erzählweise gewählt wurde, kann ich dennoch nicht nachvollziehen. Sofern ich den Film nicht völlig missverstanden habe, legt das Finale eine ähnliche Erklärung für die mysteriösen Vorgänge nahe wie "Identität", was interessant ist, aber eindrucksvoller wäre, wenn man sich zumindest dessen sicher sein könnte.
Nichtsdestotrotz ist "A Tale of Two Sisters" ein brillant gemachter Film. Die Beziehung der beiden Schwestern wird einfühlsam und überzeugend beschrieben und lässt gleichsam vermuten, dass der weitere Verlauf der Geschichte einen Keil zwischen die Mädchen treiben wird. Die resignative Depression des Vaters steht im scharfen Kontrast zur rohen Gnadenlosigkeit der Stiefmutter, beide können den Mädchen keine familiäre Gemeinschaftlichkeit bieten. Der Film nimmt sich viel Zeit für die Entwicklung der Charaktere, und es zahlt sich aus: Eine Familie erwacht zum Leben, um dann ein jähes Ende zu finden. Der Horror, der hier geboten wird, ist nicht der von Geistern und Zombies, sondern der der innerlichen Krise -- familiär wie persönlich.
Zeit ist meist knapp im modernen Film; die Akteure wuseln rastlos durch die Gegend und hasten von Aktion zu Aktion, von Dialog zu Dialog. "A Tale of Two Sisters" dagegen zieht sich mit seinen Charakteren in ein kleines Haus im Nirgendwo zurück und nimmt sich Zeit für jeden von ihnen -- ich wünschte, mehr Filme täten dies.
Obwohl oft als weiterer Beitrag zur asiatischen Flut von Horrorfilmen nach "Ring" ausgewiesen, ist "A Tale of Two Sisters" ein Drama mit Horrorelementen. Diese haben es allerdings in sich.
Die Schwestern Su-mi und Su-yeon kehren nach einer psychiatrischen Behandlung wieder in ihr Elternhaus zurück. Der Vater der Mädchen steht unter dem Joch der Stiefmutter, die das Haus mit eiserner Hand regiert und den Schwestern das Leben zur Hölle macht.
Der Film verläuft zunächst ruhig; wunderschöne Bildkompositionen und ein dezenter Soundtrack lullen ein, beschreiben zurückhaltend das Dilemma einer zerrütteten Familie. Dann kommt der erste Schockmoment, und ab diesem weiß man, dass "A Tale of Two Sisters" vom neuen asiatischen Horrorfilm beatmet ist. Allerdings wird der explizite Schrecken hier stark rationiert und überlagert nie die Geschichte, was der Wirkung nur zuträglich ist: Ich habe bisher nur in "Ju-on: The Grudge" ähnlich angsteinflößende Szenen gesehen (auch wenn der die Prioritäten völlig anders setzt).
Ärgerlich an "A Tale of Two Sisters" ist seine verwirrende Story, denn man hat hier einmal mehr, ebenso wie beim eben erwähnten "Ju-on", das Gefühl, dass der nicht-chronologische Ablauf schlichtweg unnötig ist. Horrorfilme sollten ihre Geister nicht entzaubern, aber die umständliche Präsentation einer einfachen Geschichte wird niemandem inhaltliche Komplexität vorgaukeln können. Mein Problem mit "A Tale of Two Sisters" ist also nicht, dass er keine klare Auflösung liefert, sondern dass man für viele Szenen keine andere Erklärung findet, als dass sie wohl "symbolisch" gemeint sind. Man muss das Puzzle nicht lösen können, aber man sollte zumindest dann und wann das Gefühl haben, Teile davon angeboten zu bekommen.
Diverse Webseiten legen nahe, dass eine schlüssige Interpretation des Films möglich ist; warum die kryptische Erzählweise gewählt wurde, kann ich dennoch nicht nachvollziehen. Sofern ich den Film nicht völlig missverstanden habe, legt das Finale eine ähnliche Erklärung für die mysteriösen Vorgänge nahe wie "Identität", was interessant ist, aber eindrucksvoller wäre, wenn man sich zumindest dessen sicher sein könnte.
Nichtsdestotrotz ist "A Tale of Two Sisters" ein brillant gemachter Film. Die Beziehung der beiden Schwestern wird einfühlsam und überzeugend beschrieben und lässt gleichsam vermuten, dass der weitere Verlauf der Geschichte einen Keil zwischen die Mädchen treiben wird. Die resignative Depression des Vaters steht im scharfen Kontrast zur rohen Gnadenlosigkeit der Stiefmutter, beide können den Mädchen keine familiäre Gemeinschaftlichkeit bieten. Der Film nimmt sich viel Zeit für die Entwicklung der Charaktere, und es zahlt sich aus: Eine Familie erwacht zum Leben, um dann ein jähes Ende zu finden. Der Horror, der hier geboten wird, ist nicht der von Geistern und Zombies, sondern der der innerlichen Krise -- familiär wie persönlich.
Zeit ist meist knapp im modernen Film; die Akteure wuseln rastlos durch die Gegend und hasten von Aktion zu Aktion, von Dialog zu Dialog. "A Tale of Two Sisters" dagegen zieht sich mit seinen Charakteren in ein kleines Haus im Nirgendwo zurück und nimmt sich Zeit für jeden von ihnen -- ich wünschte, mehr Filme täten dies.
#6
Geschrieben 01. April 2004, 14:27
I.K.U. (G)
Bedeutungsloser Japan-Porno, der -- angeblich lose angelehnt an "Blade Runner" -- die Cybord-Dame Reiko begleitet, die Daten für die GENOM Corporation sammeln soll. Zu diesem Zweck stürzt sie sich, jedes Mal mit unterschiedlicher äußerer Erscheinung, in wilde Sexabenteuer.
Trotz der netten Grundidee und vielen optischen Spirenzchen ist "I.K.U." im Endeffekt ein weiterer langweiliger Hochglanz-Porno. Eine ernstzunehmende Geschichte wird nämlich nicht einmal ansatzweise entwickelt, und der billige DV-Look verhindert, dass die Sexszenen jemals wirklich gut aussehen. Unverständlich auch die Anwendung der (sonst in Japan üblichen) Solarisation von Geschlechtsteilen, die in "I.K.U." mal penibel, dann wieder gar nicht zum Einsatz kommt.
"I.K.U." beweist, dass ein Pornofilm zwangsläufig langweilig sein muss -- so optisch ausgefallen er auch sein mag --, wenn er keine Geschichte bietet.
Bedeutungsloser Japan-Porno, der -- angeblich lose angelehnt an "Blade Runner" -- die Cybord-Dame Reiko begleitet, die Daten für die GENOM Corporation sammeln soll. Zu diesem Zweck stürzt sie sich, jedes Mal mit unterschiedlicher äußerer Erscheinung, in wilde Sexabenteuer.
Trotz der netten Grundidee und vielen optischen Spirenzchen ist "I.K.U." im Endeffekt ein weiterer langweiliger Hochglanz-Porno. Eine ernstzunehmende Geschichte wird nämlich nicht einmal ansatzweise entwickelt, und der billige DV-Look verhindert, dass die Sexszenen jemals wirklich gut aussehen. Unverständlich auch die Anwendung der (sonst in Japan üblichen) Solarisation von Geschlechtsteilen, die in "I.K.U." mal penibel, dann wieder gar nicht zum Einsatz kommt.
"I.K.U." beweist, dass ein Pornofilm zwangsläufig langweilig sein muss -- so optisch ausgefallen er auch sein mag --, wenn er keine Geschichte bietet.
#7
Geschrieben 01. April 2004, 16:23
KEN PARK (**)
Larry Clark und seine Jugendlichen: "Ken Park" beginnt mit eben jenem titelgebenden, feuerrothaarigen Jungen, der sich in einem Skatepark vor laufender Videokamera erschießt. Im Folgenden richtet der Film seinen Fokus dann auf Kens Freunde und Bekannte.
Der unsichere Shawn vögelt nicht nur seine Freundin, sondern auch gleich deren Mutter. Tate bringt seine Großeltern um, weil sie ihn nerven. Claude wird von seinem alkoholabhängigen Vater terrorisiert und schließlich sogar sexuell belästigt. Peaches gibt sich gegenüber ihrem erzreligiösen Vater fromm, hat sonst aber gerne ausschweifenden Sex mit Shawn und Claude.
Der Film zeigt den Alltag dieser Jugendlichen, speziell ihre Familienverhältnisse und ihr Sexleben. Nach "Kids" und "Bully" ist "Ken Park" Larry Clarks drittes Portrait der heutigen Jugend. Man hat das Gefühl, er sei seit "Kids" wohlwollender geworden; zumindest deutet die sympathischere Zeichnung der Charaktere daraufhin. Doch das ist genau mein Problem mit "Ken Park": Ich weiß nicht, was dieser Film will.
Wahrscheinlich liegt es an meiner eigenen konservativen Einstellung, denn für mich gibt es immer noch nur zwei Arten von Filmen: Die einen, die unterhalten, und die anderen, die -- im weitesten Sinne -- daseinserhellend wirken sollen (wobei das eventuell auch nur eine spezielle Art der Unterhaltung ist). Daraus ergibt sich zwangsläufig ein Problem mit Filmen wie "Ken Park": Es ist offensichtlich, dass es sich hier nicht um reines Entertainment handeln soll, aber eine Botschaft ist für mich gleichsam nicht erkennbar. Will der Film ein objektives Bild zeichnen oder will er Kritik üben? Die Antwort bleibt aus. Oder ist die Frage selbst nicht mehr zeitgemäß?
Die Geschichte von "Ken Park" ist einigermaßen unterhaltsam, aber völlig substanzlos. Zudem hat man das ungute Gefühl, Larry Clark wolle durch die expliziten Sexszenen Aufmerksamkeit erregen; sein Film bietet einfach zu wenig, um den Vorwurf der billigen Effekthascherei zurückweisen zu können. Die Sexszenen haben dabei sogar eine gewisse Klasse, wobei ich ihren tatsächlichen Sinn für die Geschichte von "Ken Park" dadurch nur noch weniger nachvollziehen kann.
Nach "Ken Park" hat man das Gefühl, einen gut erzählten Film gesehen zu haben. Bei diesem Gefühl sollte man es belassen und nicht darüber nachdenken, sonst könnte man zu der Erkenntnis gelangen, neunzig Minuten seines Lebens verschwendet zu haben.
Larry Clark und seine Jugendlichen: "Ken Park" beginnt mit eben jenem titelgebenden, feuerrothaarigen Jungen, der sich in einem Skatepark vor laufender Videokamera erschießt. Im Folgenden richtet der Film seinen Fokus dann auf Kens Freunde und Bekannte.
Der unsichere Shawn vögelt nicht nur seine Freundin, sondern auch gleich deren Mutter. Tate bringt seine Großeltern um, weil sie ihn nerven. Claude wird von seinem alkoholabhängigen Vater terrorisiert und schließlich sogar sexuell belästigt. Peaches gibt sich gegenüber ihrem erzreligiösen Vater fromm, hat sonst aber gerne ausschweifenden Sex mit Shawn und Claude.
Der Film zeigt den Alltag dieser Jugendlichen, speziell ihre Familienverhältnisse und ihr Sexleben. Nach "Kids" und "Bully" ist "Ken Park" Larry Clarks drittes Portrait der heutigen Jugend. Man hat das Gefühl, er sei seit "Kids" wohlwollender geworden; zumindest deutet die sympathischere Zeichnung der Charaktere daraufhin. Doch das ist genau mein Problem mit "Ken Park": Ich weiß nicht, was dieser Film will.
Wahrscheinlich liegt es an meiner eigenen konservativen Einstellung, denn für mich gibt es immer noch nur zwei Arten von Filmen: Die einen, die unterhalten, und die anderen, die -- im weitesten Sinne -- daseinserhellend wirken sollen (wobei das eventuell auch nur eine spezielle Art der Unterhaltung ist). Daraus ergibt sich zwangsläufig ein Problem mit Filmen wie "Ken Park": Es ist offensichtlich, dass es sich hier nicht um reines Entertainment handeln soll, aber eine Botschaft ist für mich gleichsam nicht erkennbar. Will der Film ein objektives Bild zeichnen oder will er Kritik üben? Die Antwort bleibt aus. Oder ist die Frage selbst nicht mehr zeitgemäß?
Die Geschichte von "Ken Park" ist einigermaßen unterhaltsam, aber völlig substanzlos. Zudem hat man das ungute Gefühl, Larry Clark wolle durch die expliziten Sexszenen Aufmerksamkeit erregen; sein Film bietet einfach zu wenig, um den Vorwurf der billigen Effekthascherei zurückweisen zu können. Die Sexszenen haben dabei sogar eine gewisse Klasse, wobei ich ihren tatsächlichen Sinn für die Geschichte von "Ken Park" dadurch nur noch weniger nachvollziehen kann.
Nach "Ken Park" hat man das Gefühl, einen gut erzählten Film gesehen zu haben. Bei diesem Gefühl sollte man es belassen und nicht darüber nachdenken, sonst könnte man zu der Erkenntnis gelangen, neunzig Minuten seines Lebens verschwendet zu haben.
#8
Geschrieben 02. April 2004, 01:28
INFERNAL AFFAIRS (**)
Wie so oft eine Geschichte von Gesetzeshütern und Triaden: Chan Wing Yan ist als Undercover-Polizist in der Gang von Drogenboss Sam tätig; Lau Kin Ming ist ebenfalls undercover aktiv -- nur spielt er für Sam den Polizisten. Beide genießen das Vertrauen ihrer Vorgesetzten, und als auf beiden Seiten der Verdacht aufkommt, es befinde sich ein Maulwurf in den eigenen Reihen, werden Chan und Yan damit beauftragt, den Verräter ausfindig zu machen.
"Infernal Affairs" bietet viel Potenzial für einen guten Film, verschenkt aber leider den größten Teil. Was hätte man aus der Story machen können! Tatsächlich kratzt der Film allerdings lediglich an der Oberfläche und lotet die Tiefen der Geschichte nur ansatzweise aus. Die Zeichnung der Charaktere kommt über ein rudimentäres Stadium nicht hinaus; viele Aspekte werden aufgegriffen, wenige werden konsequent verfolgt. Das führt dazu, dass "Infernal Affairs" zwar einigermaßen unterhält, aber weder fesselt noch auch nur einen Moment wirklich spannend ist.
Wer intelligente Psychoduelle, innere Zerrissenheit der Charaktere oder einfach nur konsequentes Storytelling erwartet, wird von "Infernal Affairs" enttäuscht. Und das, obwohl der Film mit Andy Lau und Tony Leung hervorragende Darsteller zu bieten hat, die mehr verdienen als unterkühlte Bilder und schnittige Kameraspielereien. "Infernal Affairs" ist ein wesentlich einfältigerer Film, als er durch die Kombination von perfekter Optik und pompösem Soundtrack glauben machen will. Das Katz-und-Maus-Spiel, das er zeigt, ist konventionell und wenig mitreißend.
"Infernal Affairs" gilt als Meisterwerk des Hongkongkinos und bietet doch nicht mehr als ein durchschnittlicher Hollywood-Thriller. Die flache Geschichte ist weitgehend vorhersehbar und erlebt mit dem abrupten Finale ihren einsamen Höhepunkt. Zwar schien mir dieses ziemlich ungeschickt im Verlauf der Handlung platziert, aber immerhin sticht hier der Einfallsreichtum die oberflächliche Präsentation aus.
Es ist bedenklich, dass ein durchschnittlicher Film wie dieser heutzutage einen solchen Hype erfährt. "Infernal Affairs" zeigt, wie bereitweillig die Fangemeinde mit zweierlei Maß misst, wenn es gilt, Kult zu erschaffen, wo ihn das asiatische Kino nicht selbst hervorbringen kann.
Wie so oft eine Geschichte von Gesetzeshütern und Triaden: Chan Wing Yan ist als Undercover-Polizist in der Gang von Drogenboss Sam tätig; Lau Kin Ming ist ebenfalls undercover aktiv -- nur spielt er für Sam den Polizisten. Beide genießen das Vertrauen ihrer Vorgesetzten, und als auf beiden Seiten der Verdacht aufkommt, es befinde sich ein Maulwurf in den eigenen Reihen, werden Chan und Yan damit beauftragt, den Verräter ausfindig zu machen.
"Infernal Affairs" bietet viel Potenzial für einen guten Film, verschenkt aber leider den größten Teil. Was hätte man aus der Story machen können! Tatsächlich kratzt der Film allerdings lediglich an der Oberfläche und lotet die Tiefen der Geschichte nur ansatzweise aus. Die Zeichnung der Charaktere kommt über ein rudimentäres Stadium nicht hinaus; viele Aspekte werden aufgegriffen, wenige werden konsequent verfolgt. Das führt dazu, dass "Infernal Affairs" zwar einigermaßen unterhält, aber weder fesselt noch auch nur einen Moment wirklich spannend ist.
Wer intelligente Psychoduelle, innere Zerrissenheit der Charaktere oder einfach nur konsequentes Storytelling erwartet, wird von "Infernal Affairs" enttäuscht. Und das, obwohl der Film mit Andy Lau und Tony Leung hervorragende Darsteller zu bieten hat, die mehr verdienen als unterkühlte Bilder und schnittige Kameraspielereien. "Infernal Affairs" ist ein wesentlich einfältigerer Film, als er durch die Kombination von perfekter Optik und pompösem Soundtrack glauben machen will. Das Katz-und-Maus-Spiel, das er zeigt, ist konventionell und wenig mitreißend.
"Infernal Affairs" gilt als Meisterwerk des Hongkongkinos und bietet doch nicht mehr als ein durchschnittlicher Hollywood-Thriller. Die flache Geschichte ist weitgehend vorhersehbar und erlebt mit dem abrupten Finale ihren einsamen Höhepunkt. Zwar schien mir dieses ziemlich ungeschickt im Verlauf der Handlung platziert, aber immerhin sticht hier der Einfallsreichtum die oberflächliche Präsentation aus.
Es ist bedenklich, dass ein durchschnittlicher Film wie dieser heutzutage einen solchen Hype erfährt. "Infernal Affairs" zeigt, wie bereitweillig die Fangemeinde mit zweierlei Maß misst, wenn es gilt, Kult zu erschaffen, wo ihn das asiatische Kino nicht selbst hervorbringen kann.
#9
Geschrieben 09. April 2004, 15:49
FEMME FATALE (***)
Brian De Palma liefert mit "Femme Fatale" so ziemlich das, was man von ihm erwartet, wenngleich der Film nicht restlos überzeugt. Dabei ist eigentlich alles da: Eine interessante, recht simple Geschichte, die dem Zuschauer von De Palma als tricky Puzzle serviert wird, eine gute Hauptdarstellerin (Rebecca Romijn-Stamos) und gelungene visuelle Spielereien, wie man sie von diesem Regisseur seit "Carrie" gewohnt ist.
Nachdem die sexy Blondine Laure (Romijn-Stamos) bei einem Juwelendiebstahl ihre Komplizen betrügt, setzt sie sich mitsamt der Beute nach Frankreich ab. Dort trifft sie, verfolgt von den Gangstern, auf ein Ehepaar, das Laure für ihre Tochter Lily hält, die in die USA ausgewandert ist und Laure zum Verwechseln ähnlich sieht.
Als eben jene Lily dann allerdings persönlich aufkreuzt, um sich vor Laures Augen umzubringen, übernimmt Laure ihre Identität und heiratet einen reichen Amerikaner. Dummerweise wird dieser kurz darauf Botschafter in Frankreich, was Laure zwingt, sich vor der Öffentlichkeit zu verstecken, da ihr die Gangster immer noch auf den Fersen sind. Gefährlich wird es für sie, als der Fotograf Nicolas (Antonio Banderas) ein Foto von ihr schießt und es veröffentlichen lässt. Sie verwickelt ihn daraufhin in ein gefährliches Spiel, das ihn schließlich als Entführer erscheinen lässt.
"Femme Fatale" ist ein gelungener Thriller. Die Geschichte ist vertrackt, klärt sich aber nach und nach auf. Wir erfahren häppchenweise mehr und mehr von der hinterlistigen Strategie Laures, die wahrlich voll und ganz dem Bild der femme fatale entspricht: Sexy, kokett und dabei vollkommen skrupellos. Brian De Palma weiß, wie man so eine Frau ins rechte Licht rückt und spart auch sonst nicht an visuellen Kniffen, wie der oft von ihm verwendeten Split-Screen-Technik, bei der man eine Szene gleichzeitig aus zwei verschiedenen Perspektiven sieht.
Warum ist "Femme Fatale" nun doch "nur" gute Unterhaltung? Das hat zwei Gründe:
1. Antonio Banderas wurde für die männliche Hauptrolle auserwählt, spielt aber schlecht. Seine Figur bleibt blass und wenig charismatisch; möglicherweise spielt aber auch meine persönliche Abneigung gegen ihn hier eine Rolle.
2. Der große Plot-Twist nach etwa zwei Dritteln der Spielzeit ist unbefriedigend, weil schlichtweg unglaubwürdig. So etwas hätte ich in einem Film aus dem Jahr 2002 nicht erwartet; "Femme Fatale" wirkt fast unfreiwillig komisch, wenn er durch dieses einsame fantastische Element in einer ansonsten durchweg realistischen Geschichte ein wenig an "Donnie Darko" erinnert.
So bleibt ein inhaltlich wie formal gut gemachter Thriller mit Macken, der blendend unterhält, aber leider weder ernsthaft zu denken gibt, noch länger im Gedächtnis bleibt.
Brian De Palma liefert mit "Femme Fatale" so ziemlich das, was man von ihm erwartet, wenngleich der Film nicht restlos überzeugt. Dabei ist eigentlich alles da: Eine interessante, recht simple Geschichte, die dem Zuschauer von De Palma als tricky Puzzle serviert wird, eine gute Hauptdarstellerin (Rebecca Romijn-Stamos) und gelungene visuelle Spielereien, wie man sie von diesem Regisseur seit "Carrie" gewohnt ist.
Nachdem die sexy Blondine Laure (Romijn-Stamos) bei einem Juwelendiebstahl ihre Komplizen betrügt, setzt sie sich mitsamt der Beute nach Frankreich ab. Dort trifft sie, verfolgt von den Gangstern, auf ein Ehepaar, das Laure für ihre Tochter Lily hält, die in die USA ausgewandert ist und Laure zum Verwechseln ähnlich sieht.
Als eben jene Lily dann allerdings persönlich aufkreuzt, um sich vor Laures Augen umzubringen, übernimmt Laure ihre Identität und heiratet einen reichen Amerikaner. Dummerweise wird dieser kurz darauf Botschafter in Frankreich, was Laure zwingt, sich vor der Öffentlichkeit zu verstecken, da ihr die Gangster immer noch auf den Fersen sind. Gefährlich wird es für sie, als der Fotograf Nicolas (Antonio Banderas) ein Foto von ihr schießt und es veröffentlichen lässt. Sie verwickelt ihn daraufhin in ein gefährliches Spiel, das ihn schließlich als Entführer erscheinen lässt.
"Femme Fatale" ist ein gelungener Thriller. Die Geschichte ist vertrackt, klärt sich aber nach und nach auf. Wir erfahren häppchenweise mehr und mehr von der hinterlistigen Strategie Laures, die wahrlich voll und ganz dem Bild der femme fatale entspricht: Sexy, kokett und dabei vollkommen skrupellos. Brian De Palma weiß, wie man so eine Frau ins rechte Licht rückt und spart auch sonst nicht an visuellen Kniffen, wie der oft von ihm verwendeten Split-Screen-Technik, bei der man eine Szene gleichzeitig aus zwei verschiedenen Perspektiven sieht.
Warum ist "Femme Fatale" nun doch "nur" gute Unterhaltung? Das hat zwei Gründe:
1. Antonio Banderas wurde für die männliche Hauptrolle auserwählt, spielt aber schlecht. Seine Figur bleibt blass und wenig charismatisch; möglicherweise spielt aber auch meine persönliche Abneigung gegen ihn hier eine Rolle.
2. Der große Plot-Twist nach etwa zwei Dritteln der Spielzeit ist unbefriedigend, weil schlichtweg unglaubwürdig. So etwas hätte ich in einem Film aus dem Jahr 2002 nicht erwartet; "Femme Fatale" wirkt fast unfreiwillig komisch, wenn er durch dieses einsame fantastische Element in einer ansonsten durchweg realistischen Geschichte ein wenig an "Donnie Darko" erinnert.
So bleibt ein inhaltlich wie formal gut gemachter Thriller mit Macken, der blendend unterhält, aber leider weder ernsthaft zu denken gibt, noch länger im Gedächtnis bleibt.
#10
Geschrieben 09. April 2004, 16:12
MAY (***)
May Canady (Angela Bettis) ist eine Außenseiterin, die seit ihrer Kindheit kaum Kontakte zur Außenwelt unterhält und eine Puppe ihre beste Freundin nennt. Sie arbeitet als Arzthelferin in einer Tierklinik und schneidert nebenbei. Eines Tages verliebt sie sich in Adam, dessen Hände sie magisch anziehen, doch ihre Beziehung steht unter einem schlechten Stern, da Adam wenig angetan ist von ihrer exzentrischen Art.
Da sich May nicht nur fasziniert von Adams Händen zeigt, sondern auch vom Hals einer Kollegin und den Beinen einer üppigen Blondine, sich in einem Monolog darüber beklagt, dass man bei der Betrachtung seiner Mitmenschen so viele schöne Teile, jedoch dabei nie ein schönes Ganzes sieht und die Werbezeile des Films ("If you can't find a friend... make one.") auf jedem Poster prangte, kommt es wenig überraschend, dass May schließlich anfängt zu morden. Der Film ist eine moderne Variation der Frankenstein-Story, und die schönste Szene ist die, in der die zusammengenähte Kreatur am Ende für einen Moment zum Leben erwacht und May zärtlich streichelt.
Aber gleichsam ist die größte Schwäche des Films offensichtlich: Die Wendung der Geschichte kommt kaum überraschend, und überhaupt ist der gesamte Plot eher vorhersehbar. "May" startet als (durchaus ernstzunehmendes) Außenseiterdrama mit komödiantischen Elementen und wird dann zum Horrorfilm. Das Schlachten beginnt allerdings erst relativ spät, was angesichts der kohärenten Erzählweise der Geschichte nicht bedauerlich ist. Vermisst habe ich aber einen Clou, einen letzten Twist, der aus jenem Muster ausbricht, das der Film konsequent verfolgt und das doch so vorhersehbar ist.
"May" ist genau das, was ich unter einem kleinen, aber feinen Film verstehe. Er hat weder das Zeug zum Klassiker, noch ist er spannend genug, um die Welt der Horrorfans in Aufruhr zu versetzen. Aus dem Mainstream sticht "May" dennoch hervor, denn im Vergleich zum Großteil des Outputs an US-Horrorfilmen, die nichts zu bieten haben außer einigen Gore-Momenten, verfolgt er konsequent eine richtig schön kranke Idee.
May Canady (Angela Bettis) ist eine Außenseiterin, die seit ihrer Kindheit kaum Kontakte zur Außenwelt unterhält und eine Puppe ihre beste Freundin nennt. Sie arbeitet als Arzthelferin in einer Tierklinik und schneidert nebenbei. Eines Tages verliebt sie sich in Adam, dessen Hände sie magisch anziehen, doch ihre Beziehung steht unter einem schlechten Stern, da Adam wenig angetan ist von ihrer exzentrischen Art.
Da sich May nicht nur fasziniert von Adams Händen zeigt, sondern auch vom Hals einer Kollegin und den Beinen einer üppigen Blondine, sich in einem Monolog darüber beklagt, dass man bei der Betrachtung seiner Mitmenschen so viele schöne Teile, jedoch dabei nie ein schönes Ganzes sieht und die Werbezeile des Films ("If you can't find a friend... make one.") auf jedem Poster prangte, kommt es wenig überraschend, dass May schließlich anfängt zu morden. Der Film ist eine moderne Variation der Frankenstein-Story, und die schönste Szene ist die, in der die zusammengenähte Kreatur am Ende für einen Moment zum Leben erwacht und May zärtlich streichelt.
Aber gleichsam ist die größte Schwäche des Films offensichtlich: Die Wendung der Geschichte kommt kaum überraschend, und überhaupt ist der gesamte Plot eher vorhersehbar. "May" startet als (durchaus ernstzunehmendes) Außenseiterdrama mit komödiantischen Elementen und wird dann zum Horrorfilm. Das Schlachten beginnt allerdings erst relativ spät, was angesichts der kohärenten Erzählweise der Geschichte nicht bedauerlich ist. Vermisst habe ich aber einen Clou, einen letzten Twist, der aus jenem Muster ausbricht, das der Film konsequent verfolgt und das doch so vorhersehbar ist.
"May" ist genau das, was ich unter einem kleinen, aber feinen Film verstehe. Er hat weder das Zeug zum Klassiker, noch ist er spannend genug, um die Welt der Horrorfans in Aufruhr zu versetzen. Aus dem Mainstream sticht "May" dennoch hervor, denn im Vergleich zum Großteil des Outputs an US-Horrorfilmen, die nichts zu bieten haben außer einigen Gore-Momenten, verfolgt er konsequent eine richtig schön kranke Idee.
#11
Geschrieben 09. April 2004, 17:17
DIE PASSION CHRISTI (*)
In Becketts "Waiting for Godot" unterhalten sich die beiden Hauptfiguren über die Kreuzigung Christi:
VLADIMIR. And yet... (pause) ... how is it -- this is not boring you I hope -- how is it that of the four Evangelists only one speaks of a thief being saved. The four of them were there -- or thereabouts -- and only one speaks of a thief being saved. (Pause.) Come on, Gogo, return the ball, can't you, once in a way?
ESTRAGON (with exaggerated enthusiasm). I find this really most extraordinarily interesting.
VLADIMIR. One ouf of four. Of the other three two don't mention any thieves at all and the third says that both of them abused him.
Mel Gibson jedenfalls hat jenem Evangelisten Glauben geschenkt, demzufolge beide Leidensgenossen Jesu diesen am Kreuz beschimpften. Einer wird geläutert, dem anderen hackt eine Krähe zur Strafe ein Auge aus. Diese Szenen, in denen Gibson unnötige dramaturgische Maßnahmen ergreift, sind die schwächsten in "Die Passion Christi".
Der Film zeigt die letzten Stunden im Leben Jesu Christi (James Caviezel), von der Verhaftung nach dem Verrat des Judas über die von Pontius Pilatus angeordneten Folterungen bis zur tragischen Kreuzigung. Dort kommt es dann zu einer weiteren unnötigen Szene, wie ich sie oben bereits bemängelte: Ein Römer kugelt Jesus Schulter aus, damit seine Hand an die vorgesehene Stelle am Kreuz genagelt werden kann.
Ich finde es prinzipiell nicht verkehrt, einen Film über das qualvolle Leiden Christi zu drehen, und dabei kein Blatt vor den Mund zu nehmen. Szenen wie die eben beschriebene wirken jedoch selbstzweckhaft und stören den Eindruck der objektiven "Berichterstattung", den Gibsons Film ansonsten durchaus erzeugt. Ähnlich störend wirken jene Szenen, in denen der Film gar ins Fantastische abdriftet: Immer wieder erscheint der Teufel (gespielt von einer Frau, allerdings optisch eher androgyn wirkend); der verfluchte Judas wird von schrecklichen Visionen heimgesucht. Für sich genommen sind diese Szenen wirkungsvoll inszeniert, im Kontext der Handlung wirken sie störend.
Der Grund dafür, dass "Die Passion Christi" für mich nicht funktioniert, liegt nicht in den bisher angeführten Mängeln. Diese werden locker wett gemacht von den durchweg exzellenten Darstellern: James Caviezel als Sohn Gottes erfüllt seine schwierige Rolle mit Bravour; die schöne Monica Bellucci als Magdalena und Hristo Shopov als von Selbstzweifel geplagter Pontius Pilatus stehen naturgemäß im Hintergrund, überzeugen aber dennoch.
Der Film gefällt mir deswegen nicht, weil er es nicht schafft, mir die Größe seiner Titelfigur und seines Wirkens nahezubringen. Als rational denkender Agnostiker bin ich gegen jede Form des irrationalen Glaubens, aber nicht prinzipiell gegen eine bewundernde Darstellung der zweifellos großen Persönlichkeit Jesus Christus, dessen Lehre auch ich als Nicht-Christ zu weiten Teilen gutheiße. Würde dem Film eine solche Darstellung überzeugend gelingen, hielte mich meine persönliche Einstellung keineswegs davon ab, ihn und seine Macher zu loben.
Doch stattdessen konnte ich kaum glauben, was Mel Gibson da in Rückblenden offenbar begeistert vorführt. Immer wieder sehen wir Jesus mit seinen Jüngern, wie er ihnen predigt, dass er "der gute Weg" sei; er der "Hirte", sie die "Schafe"; dass er gekommen sei, um ihr König zu werden etc. Ich kann mir nicht helfen: "Die Passion Christi" zeigt Jesus für mich als geistesgestörten Manipulator. Der Film zeigt keine seiner Taten, die die Gläubigkeit seiner Jünger nachvollziehbar erscheinen lassen würden. Ich musste bei jenen Szenen an Charles Manson und seine Family denken!
Hier zeigt sich dann wohl doch Gibsons eigene Überzeugung: Wer vom christlichen Glauben überzeugt ist und sich zudem seinen ideologischen Tunnelblick bewahrt, wird diese Szenen vermutlich als selbstverständlich, "normal" empfinden, sie vermutlich mögen. Einem Menschen wir mir, der besten Gewissens behaupten kann, der Figur Jesus Christus (ob real oder erfunden) gegenüber objektiv zu sein, vermittelt das nichts von der Größe dieses Menschen. Ich will damit nicht sagen, dass eine gute Darstellung Christi nur seine unkontroversesten Äußerungen enthalten soll, aber Gibsons Auswahl der Rückblenden erscheint mir außergewöhnlich ungeschickt.
Brauchbar ist "Die Passion Christi" nur als Dokumentation der Geschehenisse. Betrachtet man nur das rohe Skelett des Plots ohne seine bedauernswerten Auswüchse, lernt man einiges darüber, wie der Leidensweg Christi in der Bibel geschildert wird und welche Rolle Figuren wie Pilatus dabei gespielt haben. Dass dies ein geringer Gegenwert dafür ist, einen zweistündigen Spielfilm zu sehen, der nach einer Anlaufzeit von ca. 30 Minuten in eine einzige Tortur für Jesus und Betrachter ausartet, ist selbstverständlich. Mel Gibson hat einen Film für überzeugte Christen gemacht, alle anderen werden sich -- sofern sie sich nicht entweder an der Gewalt ergötzen oder von ihr zu sehr angewidert sind -- vorkommen, als warteten sie auf Godot.
In Becketts "Waiting for Godot" unterhalten sich die beiden Hauptfiguren über die Kreuzigung Christi:
VLADIMIR. And yet... (pause) ... how is it -- this is not boring you I hope -- how is it that of the four Evangelists only one speaks of a thief being saved. The four of them were there -- or thereabouts -- and only one speaks of a thief being saved. (Pause.) Come on, Gogo, return the ball, can't you, once in a way?
ESTRAGON (with exaggerated enthusiasm). I find this really most extraordinarily interesting.
VLADIMIR. One ouf of four. Of the other three two don't mention any thieves at all and the third says that both of them abused him.
Mel Gibson jedenfalls hat jenem Evangelisten Glauben geschenkt, demzufolge beide Leidensgenossen Jesu diesen am Kreuz beschimpften. Einer wird geläutert, dem anderen hackt eine Krähe zur Strafe ein Auge aus. Diese Szenen, in denen Gibson unnötige dramaturgische Maßnahmen ergreift, sind die schwächsten in "Die Passion Christi".
Der Film zeigt die letzten Stunden im Leben Jesu Christi (James Caviezel), von der Verhaftung nach dem Verrat des Judas über die von Pontius Pilatus angeordneten Folterungen bis zur tragischen Kreuzigung. Dort kommt es dann zu einer weiteren unnötigen Szene, wie ich sie oben bereits bemängelte: Ein Römer kugelt Jesus Schulter aus, damit seine Hand an die vorgesehene Stelle am Kreuz genagelt werden kann.
Ich finde es prinzipiell nicht verkehrt, einen Film über das qualvolle Leiden Christi zu drehen, und dabei kein Blatt vor den Mund zu nehmen. Szenen wie die eben beschriebene wirken jedoch selbstzweckhaft und stören den Eindruck der objektiven "Berichterstattung", den Gibsons Film ansonsten durchaus erzeugt. Ähnlich störend wirken jene Szenen, in denen der Film gar ins Fantastische abdriftet: Immer wieder erscheint der Teufel (gespielt von einer Frau, allerdings optisch eher androgyn wirkend); der verfluchte Judas wird von schrecklichen Visionen heimgesucht. Für sich genommen sind diese Szenen wirkungsvoll inszeniert, im Kontext der Handlung wirken sie störend.
Der Grund dafür, dass "Die Passion Christi" für mich nicht funktioniert, liegt nicht in den bisher angeführten Mängeln. Diese werden locker wett gemacht von den durchweg exzellenten Darstellern: James Caviezel als Sohn Gottes erfüllt seine schwierige Rolle mit Bravour; die schöne Monica Bellucci als Magdalena und Hristo Shopov als von Selbstzweifel geplagter Pontius Pilatus stehen naturgemäß im Hintergrund, überzeugen aber dennoch.
Der Film gefällt mir deswegen nicht, weil er es nicht schafft, mir die Größe seiner Titelfigur und seines Wirkens nahezubringen. Als rational denkender Agnostiker bin ich gegen jede Form des irrationalen Glaubens, aber nicht prinzipiell gegen eine bewundernde Darstellung der zweifellos großen Persönlichkeit Jesus Christus, dessen Lehre auch ich als Nicht-Christ zu weiten Teilen gutheiße. Würde dem Film eine solche Darstellung überzeugend gelingen, hielte mich meine persönliche Einstellung keineswegs davon ab, ihn und seine Macher zu loben.
Doch stattdessen konnte ich kaum glauben, was Mel Gibson da in Rückblenden offenbar begeistert vorführt. Immer wieder sehen wir Jesus mit seinen Jüngern, wie er ihnen predigt, dass er "der gute Weg" sei; er der "Hirte", sie die "Schafe"; dass er gekommen sei, um ihr König zu werden etc. Ich kann mir nicht helfen: "Die Passion Christi" zeigt Jesus für mich als geistesgestörten Manipulator. Der Film zeigt keine seiner Taten, die die Gläubigkeit seiner Jünger nachvollziehbar erscheinen lassen würden. Ich musste bei jenen Szenen an Charles Manson und seine Family denken!
Hier zeigt sich dann wohl doch Gibsons eigene Überzeugung: Wer vom christlichen Glauben überzeugt ist und sich zudem seinen ideologischen Tunnelblick bewahrt, wird diese Szenen vermutlich als selbstverständlich, "normal" empfinden, sie vermutlich mögen. Einem Menschen wir mir, der besten Gewissens behaupten kann, der Figur Jesus Christus (ob real oder erfunden) gegenüber objektiv zu sein, vermittelt das nichts von der Größe dieses Menschen. Ich will damit nicht sagen, dass eine gute Darstellung Christi nur seine unkontroversesten Äußerungen enthalten soll, aber Gibsons Auswahl der Rückblenden erscheint mir außergewöhnlich ungeschickt.
Brauchbar ist "Die Passion Christi" nur als Dokumentation der Geschehenisse. Betrachtet man nur das rohe Skelett des Plots ohne seine bedauernswerten Auswüchse, lernt man einiges darüber, wie der Leidensweg Christi in der Bibel geschildert wird und welche Rolle Figuren wie Pilatus dabei gespielt haben. Dass dies ein geringer Gegenwert dafür ist, einen zweistündigen Spielfilm zu sehen, der nach einer Anlaufzeit von ca. 30 Minuten in eine einzige Tortur für Jesus und Betrachter ausartet, ist selbstverständlich. Mel Gibson hat einen Film für überzeugte Christen gemacht, alle anderen werden sich -- sofern sie sich nicht entweder an der Gewalt ergötzen oder von ihr zu sehr angewidert sind -- vorkommen, als warteten sie auf Godot.
#12
Geschrieben 11. April 2004, 20:00
BAD BOYS (1/2*)
Das nennt man Buddy-Movie: Die draufgängerischen Cops Mike (Will Smith) und Marcus (Martin Lawrence) patroullieren gemeinsam durch Miami, schießen Leute tot, beschimpfen und beharken sich und sind eigentlich aber immer ganz dicke Freunde. Nun müssen sie eine attraktive Frau (Téa Leoni) beschützen, die Zeugin eines Mordes geworden ist. Innerhalb von 72 Stunden müssen die beiden eine Ladung Drogen zurück beschaffen, die eigentlich bereits von der Polizei konfisziert worden war.
Es gibt nur eine Sache an "Bad Boys", die überrascht: Der Film ist elendig langweilig. Die Geschichte ist völlig irrelevant und bietet weder Platz für Spannung, noch für Twists oder Überraschungen. Stattdessen implantierte man einen völlig überflüssigen Rollentausch-Plot: Da die Zeugin darauf besteht, sich nur unter die Fittiche von Mike zu begeben, aber gerade nur Marcus verfügbar ist, gibt sich dieser als Mike aus. Dies führt allerdings zur einzig witzigen Szene des Films: Perplex muss Mike dabei zuschauen, wie seine penibel gepflegte Wohnung von den beiden Hunden der Zeugin beschmutzt wird.
Ansonsten hat keiner der Witze des Films für mich funktioniert. Tatsächlich ist der Humor in "Bad Boys" ziemlich genau das, was man als "prollig" bezeichnet. Viele dumme Sprüche füllen die Zeit zwischen den (wenigen) Actionszenen; unweigerlich drängt sich das Gefühl auf, dass dieser Film für die "Jerry Springer"-Zuschauer konzipiert wurde. Für alle anderen ist das krampfhaft-coole Treiben einfach nur ärgerlich und langweilig. "Bad Boys" ist primitive Unterhaltung par excellence: lässige Gewaltverherrlichung verpackt in eine knallige Ästhetik.
Die fundamentale Schwäche des Films ist, dass die beiden Hauptfiguren zutiefst unsympathisch sind. Nehmen wir als Gegenbeispiel Tony Scotts exzellenten "Last Boy Scout": Hallenbeck und Dix sind auch brutale Sprücheklopfer, aber sie funktionieren wunderbar als liebevoll überzeichnete Comic-Charaktere, die man als Zuschauer gerne bei halsbrecherischen Aktionen begleitet. Martin Lawrence (Witzfigur) und Will Smith (cooler Neureicher) haben nichts von ihrer Klasse, sie sind zynische Brutalo-Cops und obendrein miese Machos. Sie haben nichts von Hallenbecks Gebrochenheit oder Dix' Selbstironie, sie nehmen sich -- bei allem Gewitzel -- eigentlich furchtbar ernst.
Am Ende lässt Bay den Bösewicht natürlich noch mal die Kanone erheben, damit Mike ihn erschießen kann und dem geifernden Publikum das gibt, was es will. Der im folgenden Jahr von Bay gedrehte "The Rock" ist eine gewaltige Steigerung gegenüber diesem langweiligen Stück faschistischen Filmwerks.
Das nennt man Buddy-Movie: Die draufgängerischen Cops Mike (Will Smith) und Marcus (Martin Lawrence) patroullieren gemeinsam durch Miami, schießen Leute tot, beschimpfen und beharken sich und sind eigentlich aber immer ganz dicke Freunde. Nun müssen sie eine attraktive Frau (Téa Leoni) beschützen, die Zeugin eines Mordes geworden ist. Innerhalb von 72 Stunden müssen die beiden eine Ladung Drogen zurück beschaffen, die eigentlich bereits von der Polizei konfisziert worden war.
Es gibt nur eine Sache an "Bad Boys", die überrascht: Der Film ist elendig langweilig. Die Geschichte ist völlig irrelevant und bietet weder Platz für Spannung, noch für Twists oder Überraschungen. Stattdessen implantierte man einen völlig überflüssigen Rollentausch-Plot: Da die Zeugin darauf besteht, sich nur unter die Fittiche von Mike zu begeben, aber gerade nur Marcus verfügbar ist, gibt sich dieser als Mike aus. Dies führt allerdings zur einzig witzigen Szene des Films: Perplex muss Mike dabei zuschauen, wie seine penibel gepflegte Wohnung von den beiden Hunden der Zeugin beschmutzt wird.
Ansonsten hat keiner der Witze des Films für mich funktioniert. Tatsächlich ist der Humor in "Bad Boys" ziemlich genau das, was man als "prollig" bezeichnet. Viele dumme Sprüche füllen die Zeit zwischen den (wenigen) Actionszenen; unweigerlich drängt sich das Gefühl auf, dass dieser Film für die "Jerry Springer"-Zuschauer konzipiert wurde. Für alle anderen ist das krampfhaft-coole Treiben einfach nur ärgerlich und langweilig. "Bad Boys" ist primitive Unterhaltung par excellence: lässige Gewaltverherrlichung verpackt in eine knallige Ästhetik.
Die fundamentale Schwäche des Films ist, dass die beiden Hauptfiguren zutiefst unsympathisch sind. Nehmen wir als Gegenbeispiel Tony Scotts exzellenten "Last Boy Scout": Hallenbeck und Dix sind auch brutale Sprücheklopfer, aber sie funktionieren wunderbar als liebevoll überzeichnete Comic-Charaktere, die man als Zuschauer gerne bei halsbrecherischen Aktionen begleitet. Martin Lawrence (Witzfigur) und Will Smith (cooler Neureicher) haben nichts von ihrer Klasse, sie sind zynische Brutalo-Cops und obendrein miese Machos. Sie haben nichts von Hallenbecks Gebrochenheit oder Dix' Selbstironie, sie nehmen sich -- bei allem Gewitzel -- eigentlich furchtbar ernst.
Am Ende lässt Bay den Bösewicht natürlich noch mal die Kanone erheben, damit Mike ihn erschießen kann und dem geifernden Publikum das gibt, was es will. Der im folgenden Jahr von Bay gedrehte "The Rock" ist eine gewaltige Steigerung gegenüber diesem langweiligen Stück faschistischen Filmwerks.
#13
Geschrieben 15. April 2004, 14:24
ZATOICHI (***)
Takeshi Kitanos neuer Film ist eine Fortsetzung der in den 60er-Jahren gestarteten Filmreihe um den blinden Masseur Ichi, der trotz seiner Behinderung die Kunst des Schwertkampfes beherrscht wie kaum ein anderer. Kitano ist perfekt geeignet für die Rolle: Sein Ichi ist überwiegend still, um dann unvermittelt zu explodieren; er ist humorvoll, aber auch todernst. Die erste Szene des Films spricht Bände: Ein Gangster lässt einen kleinen Jungen das Schwert des scheinbar ahnungslosen Blinden stehlen, nur um dann blitzartig von ihm niedergestochen zu werden.
Die Geschichte von "Zatoichi" ist so simpel wie die einer "A-Team"-Folge. Ichi kommt in ein Dorf, wo er mit Glücksspiel und Massagen sein Geld verdienen will. Er trifft jedoch auf zwei Geishas (eine davon ein überaus femininer junger Mann), die den Mord an ihren Eltern rächen wollen und deswegen die lokalen Gangster aufmischen. Als Ichi sich einschaltet, sieht er sich nicht nur mit den tumben Ganoven, sondern auch mit einem mächtigen Samurai konfrontiert.
"Zatoichi" ist kein reinrassiger Actionfilm; tatsächlich sind die Kampfszenen nur hier und da in die Handlung eingestreut. Leider hat der Film dadurch Längen, die jedoch von humorvollen Szenen im besten Kitano-Stil wettgemacht werden. Hervorragend z.B. jene Szene, in der dem blinden Masseur die Augenlieder bemalt werden, um Augen und damit Sehfähigkeit vorzutäuschen. Takeshi Kitano weiß, wie er sich selbst in Szene setzt; sein seltsam-mysteriöses Charisma kann ganze Filme tragen. Ich weiß nicht, ob mir "Zatoichi" ohne Kitano gefallen hätte.
Die Actionszenen in "Zatoichi" sind eine Wucht. Schwertkampf wird hier als kurzer, blutiger Gewaltausbruch zelebriert; Kitanos Minimalismus kulminiert schließlich in einem Finale (ich meine nur den "Kampf" gegen den Samurai), wie es unspektakulärer nicht sein könnte. Keine Frage: "Zatoichi" ist kein tumber Krawallfilm, sondern ein mit viel Liebe zum Protagonisten gestaltetes Märchen. Dennoch, die Kitano'sche Ambivalenz (am exzessivsten dargestellt in "Sonatine") ist auch hier zugegen: Mal naiv-verspielt und komisch, mal hemmungslos brutal. Nach dem blutigen Endkampf und dem Sieg über den Samurai führen die Dorfbewohner einen kollektiven Stepptanz auf.
Langsames Erzähltempo ist eine Tugend des japanischen Films, mit der man hierzulande oft nur schwer zurecht kommt. Ich hätte mir in "Zatoichi" mehr Action gewünscht. Ansonsten habe ich stark das Gefühl, dass Kitano mal wieder einen Hit gelandet hat, der auch denjenigen gefallen wird, die mit "Hana-bi" & Co. nichts anfangen können.
Takeshi Kitanos neuer Film ist eine Fortsetzung der in den 60er-Jahren gestarteten Filmreihe um den blinden Masseur Ichi, der trotz seiner Behinderung die Kunst des Schwertkampfes beherrscht wie kaum ein anderer. Kitano ist perfekt geeignet für die Rolle: Sein Ichi ist überwiegend still, um dann unvermittelt zu explodieren; er ist humorvoll, aber auch todernst. Die erste Szene des Films spricht Bände: Ein Gangster lässt einen kleinen Jungen das Schwert des scheinbar ahnungslosen Blinden stehlen, nur um dann blitzartig von ihm niedergestochen zu werden.
Die Geschichte von "Zatoichi" ist so simpel wie die einer "A-Team"-Folge. Ichi kommt in ein Dorf, wo er mit Glücksspiel und Massagen sein Geld verdienen will. Er trifft jedoch auf zwei Geishas (eine davon ein überaus femininer junger Mann), die den Mord an ihren Eltern rächen wollen und deswegen die lokalen Gangster aufmischen. Als Ichi sich einschaltet, sieht er sich nicht nur mit den tumben Ganoven, sondern auch mit einem mächtigen Samurai konfrontiert.
"Zatoichi" ist kein reinrassiger Actionfilm; tatsächlich sind die Kampfszenen nur hier und da in die Handlung eingestreut. Leider hat der Film dadurch Längen, die jedoch von humorvollen Szenen im besten Kitano-Stil wettgemacht werden. Hervorragend z.B. jene Szene, in der dem blinden Masseur die Augenlieder bemalt werden, um Augen und damit Sehfähigkeit vorzutäuschen. Takeshi Kitano weiß, wie er sich selbst in Szene setzt; sein seltsam-mysteriöses Charisma kann ganze Filme tragen. Ich weiß nicht, ob mir "Zatoichi" ohne Kitano gefallen hätte.
Die Actionszenen in "Zatoichi" sind eine Wucht. Schwertkampf wird hier als kurzer, blutiger Gewaltausbruch zelebriert; Kitanos Minimalismus kulminiert schließlich in einem Finale (ich meine nur den "Kampf" gegen den Samurai), wie es unspektakulärer nicht sein könnte. Keine Frage: "Zatoichi" ist kein tumber Krawallfilm, sondern ein mit viel Liebe zum Protagonisten gestaltetes Märchen. Dennoch, die Kitano'sche Ambivalenz (am exzessivsten dargestellt in "Sonatine") ist auch hier zugegen: Mal naiv-verspielt und komisch, mal hemmungslos brutal. Nach dem blutigen Endkampf und dem Sieg über den Samurai führen die Dorfbewohner einen kollektiven Stepptanz auf.
Langsames Erzähltempo ist eine Tugend des japanischen Films, mit der man hierzulande oft nur schwer zurecht kommt. Ich hätte mir in "Zatoichi" mehr Action gewünscht. Ansonsten habe ich stark das Gefühl, dass Kitano mal wieder einen Hit gelandet hat, der auch denjenigen gefallen wird, die mit "Hana-bi" & Co. nichts anfangen können.
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