The Diarrhoea Diary
#91
Geschrieben 09. März 2004, 22:53
Spanien / USA 2003 Regie: Brian Yuzna
Auch wenn meine Erwartungshaltung durch die erste Fortsetzung schon relativ niedrig angesiedelt war, überkam mich beim Vorspann im typischen Stil mit dem bekannten an Herrmanns Psycho-Score angelehnten Thema doch ein heimeliges Gefühl von „Zuhause“, vielleicht habe ich den ersten Teil, dessen holländische Videoveröffentlichung damals wie eine Granate in die zumindest in den deutschen Kinos vorherrschende Horrorfilm-Diaspora eingeschlagen war, auch einfach nur zu oft gesehen. Und je mehr man einen Film mag, desto schwerer habens auch Fortsetzungen. Betrachten wir erst mal die guten Seiten: Der Film ist weder langweilig noch zimperlich. Und Jeffrey Combs finde ich in dieser Rolle immer klasse, und sei es nur, weil er das Erbe früherer Darsteller, auf altmodische Mad Scientist-Rollen festgelegt zu sein, ins neue Jahrtausend herübergerettet hat, und seinen Job gut macht. Die großen Vorbilder sind ja – bis auf Christopher Lee – mittlerweile alle leider tot. Andererseits habe ich mich an vielen Stellen des Films so gefühlt, als ob er explizit ein jüngeres und anspruchsloseres Publikum anspricht, als ich es bin. Wobei ich ja eigentlich noch nicht mal alt und anspruchsvoll sein mag. Aber mir kam alles zu glatt und auf oberflächlichen Spaß angelegt vor. Über den Gag mit dem Penis konnte ich anfangs schon lachen, aber er wurde zum Ende hin dann leider totgeritten. (Der Gag, nicht der Penis.) Und wenn Herbert West am Ende des Films im Nebel verschwindet, bekommt man eine leise Ahnung, daß ein paar ernste Untertöne und sorgfältig inszenierte unheimliche Sequenzen dem ganzen bestimmt nicht geschadet und zu einem weitaus originellerem Resultat geführt hätten.
#92
Geschrieben 09. März 2004, 22:55
Italien 1959 Regie: Renato Polselli
Walter Brandi dürfte der wohl zotteligste Vampir der Filmgeschichte sein. Aber eigentlich geht es hier sogar um ein Vampirpärchen, die auch schon mal gegenseitig aneinander rumsaugen. Glücklicherweise sind aber auch in einer Pension in der Nähe mehrere Tänzerinnen abgestiegen, so daß für Nachschub gesorgt ist. Den Rest kann man sich wohl denken. Wenn dies auch ein eher minderwertiger Beitrag zum italienischen S/W-Horrorfilm ist, kann das ganze doch ziemlich unterhalten: Schnuckelige Damen, die vielleicht nicht schauspielern, aber tanzen können, die eine oder andere hübsche Kamerafahrt durch den Wald, Close-Ups auf dick aufgetragenes Make-Up, eine Sequenz die Dreyers Vampyr nachempfunden wurde...nö, gelangweilt habe ich mich nicht. Definitiv besser als die doch etwas zäh geratene Quasi-Fortsetzung L'Ultima Preda del Vampiro, wenn auch leider recht konventionelle Kost verglichen mit dem großartigen Irrsinn, den uns Herr Polselli in den 70ern kredenzt hat.
#93
Geschrieben 11. März 2004, 00:38
Frankreich 1971 Regie: Jean Rollin
Wo war noch mal der "Ich-versohl-dir-den-Arsch"-Smiley? Den hätte ich jetzt verdient, war ich doch jahrelang der Meinung, diesen Film bereits gesehen zu haben, was sich aber irgendwann letztes Jahr, nachdem Herr Rollin die erhabene Kaiserstadt Aachen besucht hatte und ich mal kurz resümierte, was ich von ihm kenne, als Irrtum herausstellte. Habe da wohl irgendwie ein paar Titel durcheinander gebracht, ich Idiot. Heute konnte ich dieses Defizit glücklicherweise bereinigen, noch dazu bei einem guten Kumpel, der gerade seinen Beamer in seine unglaublich stilvolle neue Wohnung installiert hatte und mir allerlei leckere Flüssigkeiten kredenzte. Jo, definitiv eine von Rollins schönsten Arbeiten mit besonders atemberaubenden Locations, einer für seine Verhältnisse sehr sorgfältigen Ausleuchtung und natürlich den gewohnt knackigen Hauptdarstellerinnen. Ich war ein weiteres Mal entzückt und bin es noch.
#94
Geschrieben 14. März 2004, 18:27
GB/USA 1999 Regie: James Marsh
Das nenn’ ich mal eine weitläufige Entstehungsgeschichte: Der Regisseur fand in einem Second Hand-Laden ein Buch aus den 70ern, das wiederum Zeitungsausschnitte und Fotos eines Lokalblattes aus den Jahren 1890-1900 sammelte, die sich hauptsächlich mit Mord, Selbstmord und Geisteskrankheiten beschäftigten. Diese wurden für den Film in S/W nachgestellt, kombiniert mit den Originaltexten und Fotos. Das Resultat wirkt streckenweise etwas bemüht stilisiert und hat einerseits das Problem, stark von seinem Erzähler abhängig zu sein, (ein paar Dialoge wären hilfreich gewesen, aber dann wäre das ganze nicht mehr „authentisch“) andererseits gibt’s statt einem Plot hier natürlich viele kleine Plots, die einen emotional nicht wirklich binden können. Aber manche der Geschichten sind schon durchaus faszinierend, wie die immer wiederkehrende von der Dame, die unter innerem Zwang durch ganz Wisconsin reist und Fensterscheiben einschmeißt, dafür eingebuchtet wird, und jedes Mal, wenn sie wieder auf freiem Fuß ist, damit weitermacht.
Der abgedroschene Spruch „Die besten Geschichten schreibt das Leben selbst“ trifft hier zu, aber das tut er nicht immer. Die Idee des Films ist jedenfalls interessant genug, um ihn mal abzuchecken – und ganz nebenbei bekommt man hier mal wieder die Information geliefert, daß mordende Kinder ein gesellschaftliches Phänomen sind, das viel viel älter ist als Fernsehen und Videospiele.
#95
Geschrieben 15. März 2004, 22:06
Spanien 2001 Regie: Santiago Segura
Nach dem großen Erfolg des ersten Teils (nur in Spananien wohlgemerkt), war abzusehen, daß die Fortsetzung ein wesentlich höheres Budget haben würde. Der Hochglanzlook des Prologs und Vorspanns, und die Tatsache, daß der Film statt in den schäbigsten Vierteln Madrids auf Marbella spielt, ließ mich auch schon schlimmes ahnen, aber glücklicherweise ist der Humor genauso schäbig, schmierig und gemein geblieben wie die Figur des doofen Torrente selbst. Natürlich wird des öfteren in die unterste Niveauschublade gegriffen, aber es finden sich genug, auch visuelle (die Hundebeerdigung!) Gags um kurzweilige Unterhaltung zu bieten. Sicherlich sind mir wohl einige Witze entgangen, die wohl nur das spanische Publikum verstehen kann, die Gaststars waren mir völlig unbekannt und man muß Santiago Segura auch mögen. Aber es kotzt mich an, schon wieder die Frage stellen zu müssen, warum fast jeder abgedroschene Amikomödienscheiß hierzulande in den Kinos läuft, während wirklich witzige Werke wie dieses noch nicht mal auf Video erscheinen.
#96
Geschrieben 15. März 2004, 22:08
Japan 1983 Regie: Masayuki Suo
Nanu? Eine Sex-Version von Ozus Soshun/Early Spring ? Klingt komisch, ist aber so. Im Verlauf des Films werden die Beischlafszenen nicht nur expliziter, sondern auch immer bizarrer und man findet auch schon einige Konstellationen aus Visitor Q vorgebildet. Unterbrochen wird das ganze von Sequenzen, wo Leute am Eßzimmertisch oder an einem Fluß sitzen und die von Ozu bekannten augenzwinkernden Lebensweisheiten von sich geben, meistens aber nur irgendwo sitzen oder stehen und irgendwie traurig gucken. Klingt komisch, ist aber ein durchaus ansprechender Film. Diese Japaner sind doch immer für eine Überraschung gut.
#97
Geschrieben 20. März 2004, 01:45
USA 1977 Regie: Cliff Roquemore
Die Hölle ist ein rot beleuchteter Tisch mit zwei Sesseln und einem Kerzenständer.
Rudy Ray Moore reimt, was das Zeug hält und des Teufels Gehilfen tragen rote Strumpfhosen.
Spaß.
#98
Geschrieben 22. März 2004, 19:23
Japan 1958 Regie: Nobuo Nakagawa
Also der geläufigere US-Titel ist eigentlich ziemlicher Unsinn, die einzige echte Katze, die hier vorkommt, hat ein weiß-braun gemustertes Fell! Zur Story vergleiche diesen Eintrag, wenn auch ein paar Modifikationen zu vermerken sind, so spielt z.B. der Tümpel eine untergeordnete Rolle, aber dafür ist die in S/W gehaltene Rahmenhandlung hier wesentlich stylisher und ausgefeilter, vor allem der Anfang, in dem der Erzähler in einem verlassenen Krankenhaus Schritte hört. Die Schockmomente sind so fein und famos inszeniert wie in den meisten klassischen japanischen Geisterfilmen, nur die Ohren der Katzenfrau sehen eher putzig als furchteinflößend aus, aber die sind glücklicherweise nicht häufig im Bild und der Film bietet stimmig-atmosphärischen Grusel genug. Hach, ich mag dieses Zeug, ich mag es wirklich. Leider ist an derlei Stoff nur sehr schwer ranzukommen...
#99
Geschrieben 22. März 2004, 19:24
Italien 1971 Regie: Fernando Di Leo
Erst mal die harten Fakten: Der deutsche Sprecher des Dr. Kamphausen macht den Eindruck, er hätte es ziemlich eilig, vielleicht hatte er noch einen Zahnarzttermin, an dem Tag, als die Synchro aufgenommen wurde. Die Figur von Kinski heißt Bernd. Es ist kindisch, aber ich fand das irgendwie lustig. Ich persönlcih hätte mich wohl nie getraut, Kinski „Bernd“ zu nennen. An einer Stelle hat der Regisseur wohl verlangt (oder vielleicht war es auch Klaus seine Idee), finster guckend auf die Kamera zuzugehen, bis nur noch seine Augenpartie zu sehen ist. Man meint, seinem Blick einem Kommentar der Drehbedingungen entnehmen zu können. Aber solche Sachen gehören definitiv zu den Höhepunkten des Films: Es vergehen kaum fünf Minuten, wo nicht irgendwas lustiges mit der Kamera ausprobiert wird. Die Herren im Schneideraum waren wohl auch in Experimentierlaune, einige Bildfolgen sind sehr flott geraten. Da machts dann auch nichts, daß das mir vorliegende VPS-Tape geschnitten war, immerhin war es letterboxed, was bei so ollen Kassetten ja selten genug vorkommt. Das Ende trifft einen dann zusätzlich ziemlich unerwartet in seiner expliziten Ausführung, und es bleiben auch noch einige Fragen offen. (Eine Frage, die man sich früher schon stellt, warum man eigentlich in einer Nervenheilanstalt antike Waffen offen herumliegen läßt, auchnachdem damit bereits Morde begangen worden sind, wird auch nicht beantwortet. Aber es ist ja auch eine Luxus-Nervenheilanstalt, da kann man schon ein ansprechendes Ambiente erwarten!) Vom visuellen her jedenfalls ein sehr feines Filmchen, daß durch die deutsche Synchro zwar Ernsthaftigkeit verliert, aber Unterhaltungswert gewinnt.
#100
Geschrieben 25. März 2004, 20:19
USA 1985 Regie: Brian Gibson
Mit diesen ganzen Blitzlicht-Effekten (Nennt man die im Internet-Zeitalter eigentlich Flash-Animationen?) konnte ich ja nie ganz warm werden, aber immerhin gibt’s hier auch noch einiges schleimiges Getier und Gekröse vom ollen Hansruedi zu sehen. Im ersten Drittel werden die interessantesten Sachen aus dem ersten Teil noch mal recycled, und der Wanderprediger ist mit seinem interessanten Gesicht eine nette Bereicherung. Zum Ende hin geht’s vollkommen ins Reich des Kitsches, und mit einem klassischen Geisterfilm hat das auch nichts mehr zu tun, Familien-Fantasy-Spektakel trifft’s wohl eher. All das hatte ich schon vermutet, warum hab’ ich den Film überhaupt geguckt? Weil ich nicht wußte, ob ich ihn schon mal gesehen hab, er gerade im Fernsehen lief und ich den ersten mochte, deswegen wohl. Vielleicht auch, weil ich in letzter Zeit wieder genre Gerne-Filme aus den 80ern seh. Hab ich mich da eben verschrieben?
Der Untertitel hat mich allerdings wieder auf eine ganz andere Assoziationskette gebracht: Alfred Kubins toller Roman „Die andere Seite“ ist nämlich in den 70er Jahren von Johannes Schaaf als Traumstadt verfilmt worden, und aufgrund einiger rechtlicher Schwierigkeiten ist es derzeit anscheinend unmöglich, den Film zu sehen. Dabei wäre ich sehr neugierig, laut Eintrag im „Lexikon des internationalen Films“ scheint nämlich das apokalyptische Ende nicht übergangen worden zu sein – vielleicht bekommt man sogar den riesengroßen Penis zu sehen, der durch die Stadt stampft? Durch Zufall habe ich jedenfalls herausgefunden, weil sich heute noch im Internet ehemalige Bewohner darüber aufregen, daß Schaaf für die Dreharbeiten ein ganzes Dorf im Erzgebirge, das wohl eh einem Stausee Platz machen mußte, in die Luft sprengen durfte.
Und wieder ist mir ein Filmtagebucheintrag rausgerutscht, der sich mehr mit einem anderen Film als mit dem in der Überschrift genannten beschäftigt.
#101
Geschrieben 26. März 2004, 00:18
Italien 2003 Regie: Ivan Zuccon
Herzlich willkommen zum 100. Eintrag meines Filmtagebuchs! Kinners, wie die Zeit vergeht. Eigentlich ist es ja sogar der 101. Eintrag, weil ich zu blöd war, ein anständiges Intro zu verfassen. Interessant jedenfalls, daß ein Satz zum Film im ersten Eintrag auch auf diesen hier paßt: „Alles andere als ein Meisterwerk, aber doch ambitioniert genug, um unterhalten zu können.“ Aber wenn ich länger drüber nachdenke, eigentlich ein ziemlicher Wischiwaschi-Satz. Und Shunned House gefiel mir dann doch wesentlich besser als Desecration, obwohl beides Low Budget-Produktionen unbekannter Regisseure sind, die sich in ihrem Willen zur Originalität und ihrem Schwerpunkt auf atmosphärischer Gestaltung sehr ähnlich sind.
Im vorliegenden Film werden drei Lovecraft-Erzählungen auf innovative Weise verknüpft: Statt einer klassischen Episodenhandlung sind die verschiedenen Geschichten im selben Haus, aber zu unterschiedlichen Zeiten angesiedelt, und diese aristotelische Einheit des Ortes (örks) erlaubt es dem Plot, hin und her zu springen. Diese eher gewagte Struktur ist in der ersten Hälfte sehr reizvoll, wird aber in der zweiten leider etwas zu konfus. Von den drei verschiedenen Handlungssträngen, von denen einer zugleich die Rahmenhandlung ist, gefällt mir der auf „The Music of Erich Zann“ basierende am besten. Lovecrafts Erich wird hier zu einer stummen Carlotta, was mich an eine Variation der Geschichte „Das Schweigen der Erika Zann“ aus einem ollen Bastei-Lübbe-Taschenbuch erinnert, wo aus dem Geiger die Sängerin einer Psychedelic-Band im San Francisco der 60er wurde. Die Darstellerin der Geigerin, die mitten in der Nacht ständig wie irre fideln muß, damit dieses „Etwas“ nicht durch ihr Fenster kommt, ist zwar nicht die hübscheste, aber wohl die talentierteste der hier versammelten Italienerinnen. Wobei ich mich auch frage, warum dieser Film, der in Italien spielt und auch dort produziert wurde, nicht auch in dieser Sprache gedreht wurde – die sprechen alle Englisch mit teilweise seeeeehr starkem Akzent. Aber wäre nicht das erste Mal, daß Export-Gedanken zu dieser Entscheidung beitrugen. Obwohl der Film sich viel Mühe gibt und die meiste Zeit sehr professionell wirkt, gibt’s dann doch mal den Schatten eines Kameramannes zu sehen und Schnitte ins Fleisch, wo das Blut eindeutig aus dem Prop und nicht aus der Haut rausfließt. Aber der Film hat definitiv auch viele gelungene Momente. Das Haus selbst erinnerte mich stark an das Gebäude in Pupi Avatis grandiosem La Casa dalle finestre che ridono, und auch die eine oder andere Kamerafahrt besaß Wiedererkennungswert, so daß ich kurz dachte – hu, wäre Shunned House in den 70ern mit der dort vorherrschenden Ästhetik inszeniert worden, da würde ich in Ehrfurcht schweigen über die Schwächen des Plots, weil sie mir egal wären. Aber nichtsdestotrotz denke ich, man kann froh sein, daß es derlei ambitionierten Nachwuchs gibt, der das Risiko einer experimentellen Erzählstruktur eingeht um sie mit den Stilmitteln des atmosphärischen Horrorfilms nebst ein paar moderneren Zugeständnissen zu verbinden. Und auch was die Umsetzung betrifft, hat man schon schlechteres gesehen. Zuccons mehr-oder-weniger auch auf Lovecraft basierenden Erstling Unknown Beyond gibt’s ja jetzt sogar auf deutscher DVD. Über den hört man zwar nichts gutes, aber ich werde das bestimmt in nächster Zeit überprüfen.
#102
Geschrieben 27. März 2004, 01:53
Indonesien 1982 Regie: Sisworo Gautama Putra
“Geist mit Loch” ist ja schon ein ziemlicher Klasse-Titel, obwohl der indonesische Titel eigentlich was anderes bedeutet, wie in diesem hilfreichen Review zu erfahren ist, wo man auch ein paar leckere Screenshots sehen kann. Die Story geht um eine Frau, die nach einer Massenvergewaltigung vom Gericht ausgelacht wird, Selbstmord begeht, und anschließend (mit Loch) als Rachegeist zurückkehrt. Ihr in entscheidenden Momenten abwesender Ehemann wird von Barry Prima (in diesem Vorspann „Berry“), den ich schon aus den prima „Warrior“-Filmen kannte, gespielt. Diese Indonesier haben wirklich eine interessante Mythologie, denn auch hier fliegen mal wieder Körper und Körperteile durch die Luft, um Morde zu begehen. Eine Schweinemetamorphose findet jedoch leider nicht statt. Dafür gibt’s die wohl bizarrsten Sidekicks (und gleichzeitig Vergewaltiger) seit langem: Einer trägt ein Hitlerbärtchen, ein anderer Pippi Langstrumpf-Zöpfe nebst Schleifen im Haar. Was haben die sich dabei bloß gedacht, möchte man sich fragen, aber anscheinend war’s für das indonesische Publikum genau das richtige, der Film war wohl anscheinend ein solcher Knüller, daß gleich noch einige Fortsetzungen und ähnliche Filme gedreht wurden, die aber nicht „Sundelbolong 2“ oder „Geist mit zwei Löchern“ hießen, sondern irgendwie anders, Malam Satu Soro zum Beispiel. Neben Barry Prima, der in den 80ern wohl soviel Hanteltraining machte, daß er in seinen späteren Actionfilmen kaum noch Hemden trug, ist wohl auch die weibliche Hauptdarstellerin Suzzanna ein ziemlicher Star in der ehemaligen holländischen Kolonie. Jetzt zu erwähnen, daß der Bösewicht in diesem Film „Rudi“ heißt, wäre wohl ein ziemlich billiger Witz, oder?
#103
Geschrieben 03. April 2004, 23:55
USA 1959 Regie: Michael Curtiz
Alan Ladd, der "eiskalte Engel" der 40er hier in einer eher sympathietragenden Rolle als Maler vom Land, der des Mordes an seiner Ehefrau (Carolyn "Morticia Addams" Jones) verdächtigt wird. Schleppt sich zu Anfang ein bißchen, aber am Ende benutzt Herr Kertesz Kameraperspektiven, die an Night of the Hunter erinnern, und die Kinderdarsteller wirken sehr sympathisch und nerven nicht.
Äußerst kurzweiliger, später Noir-Krimi, den ich gerne gesehen hab.
#104
Geschrieben 05. April 2004, 23:33
Deutschland / GB / Frankreich / Spanien / Italien / Dänemark 2002 Regie: Pepe Danquart
Unspektakulär und mittelmäßig wie der deutsche (Unter-)titel. Ganz nett die Locations, Mira Sorvino und die eine oder andere Mordszene. Die Dialoge sind längst nicht so witzig, wie sie sein wollen. Ich mußte interessanterweise die ganze Zeit an die verbratenen Gothic Novel-Elemente denken, vom Setting über die Büßermönche bis zu den familiären Verwicklungen. Macht ansonsten aber den Eindruck, mal eben jedes vordergründig mit Spanien assoziiertes Element hineinschmeißen zu wollen, Prozessionen, Stierkampf, der Bürgerkrieg, das Franco-Regime (nein, nicht das von Jess), fehlte nur noch die Paella. Und der männliche Hauptdarsteller hat mich die ganze Zeit an "Mehmet" aus der Lindenstraße erinnert.
EDIT: Oder heißt der "Murat"? Hat jedenfalls die selbe Frisur, die selbe Lederjacke und die selben Macho-Sprüche gehabt.
#105
Geschrieben 10. April 2004, 00:56
Japan 1963 Regie: Inoshiro Honda
Das erste Mal habe ich von diesem Film in dem Buch „The Golden Turkey Awards“ gelesen und ich fand die amerikanischen Verleihtitel sehr belustigend. Jetzt, beinah zwanzig Jahre später, konnte ich den Film endlich sehen und fand ihn kaum belustigend – eher stellenweise sehr unheimlich. Damals hatte ich ziemlichen Spaß an dem oben erwähnten Buch sowie den deutschen Pendants von Giesen, Hahn und Jansen, aber je mehr der dort besprochenen Filme ich dann im Laufe der Jahre sehen konnte, desto ärgerlicher fand ich die Publikationen im Nachhinein, aufgrund ihrer verabscheuungswürdigen Tendenz, sich über einen Film aufgrund seines Import-Titels lustig zu machen, ohne ihn überhaupt jemals gesehen zu haben.
Matango, der auf einer Kurzgeschichte von William Hope Hodgson basiert, der neben E.F. Benson und Algernon Blackwood eine wesentliche Inspirationsquelle für den ollen Lovecraft war (BTW, da die „phantastische Bibliothek“ bei Suhrkamp mittlerweile aufgelöst worden ist, kauft bitte das komplette Horror/Phantastik-Programm dieser großartigen Reihe bei ebay, danke!), ist noch stärker als Das Grauen schleicht durch Tokio ein richtiger Horrorfilm aus der Schmiede des eher für SF- und Monsterfilme bekannten Genies Honda. Sicherlich werden wohlweislich die Mutationen immer ein bißchen im Schatten gezeigt und die komödiantischen Elemente wirken cheesy und dated, aber die verwendeten Sets sind atemberaubend und Schnitt, Kamera und Musik sind absolut hochwertig und professionell. Im satten Tohoscope gibt es dann zusätzlich auch noch Sequenzen, in denen der linke und rechte Bildrand ins Dunkel getaucht wird – das finde ich immer wieder gut, weil es selten genug ausprobiert wird. Am Ende des Films sowie am generellen Plot gibt es auch nichts auszusetzen, und der titelgebende Pilz führt nicht nur zu körperlichen Mutationen, sondern sorgt auch für die eine oder andere Halluzination. Man kann sich über das Konzept dieses Films mokieren, aber handwerklich bewegt er sich auf höchstem Niveau. Geiles Ding.
#106
Geschrieben 10. April 2004, 02:38
USA 1959-1964 Regie: Ganz schön viele, u.a. Jacques Tourneur, Robert Florey, John Brahm, Douglas Heyes...
Kleiner Exkurs. Ist kein Film, ist eine Fernsehserie. Aber ich liebe sie. Abgesehen von den klassischen „scary“ Episoden kann ich mittlerweile sogar den lustigen und den über Gebühr moralisierenden Folgen etwas abgewinnen. Ich muß auch zugestehen, daß ich grundsätzlich Kurzgeschichten und Erzählungen gerade im Horrorbereich immer etwas faszinierender fand als Romane. Neben dem Episodenfilm bietet eine Serie wie diese die optimale Umsetzung dieses Formats – auf Spielfilmlänge aufgeplusterte Kurzgeschichten schießen oft am Ziel vorbei (vor allem wenn die Vorlagen von Philip K. Dick stammen ). Die original TWILIGHT ZONE wird in den USA ständig wiederholt, gehört dort zur Allgemeinbildung und in jeder zweiten Simpsons-Folge findet sich eine Anspielung darauf. (Bei FUTURAMA auch.) Hierzulande ging sie ziemlich unter, was möglicherweise am dämlichen deutschen Titel gelegen haben mag. "Unwahrscheinliche Geschichten", was will man bitteschön damit verkaufen? Lief in den 60ern im Rahmen des "kleinen Fernsehspiels" im ZDF, allerdings nur 9 von über 150 Folgen, Anfang der 90er auf Pro7 und mittlerweile bei Premiere. Die seelenlose Variante aus den 80ern läuft andererseits sehr häufig, zuletzt bei RTL2, und es ist nur eine Frage der Zeit, bis die "New Twilight Zone", deren erste Staffel 2002 produziert wurde und wo Forrest Whitaker den eigentlich nicht zu ersetzenden Rod Serling zu ersetzen versucht, unter dem übelriechend irreführenden Etikett "Mystery" vermutlich bei Pro7 auftaucht. Eine Folge davon habe ich gesehen, in der eine Durchschnittsamerikanerin via Zeitreise versucht, die Geburt von Baby Hitler zu verhindern – es war strunzdoof, aber irgendwie unterhaltsam, dennoch eine Beleidigung der Originalserie. Was ich an dieser so schätze, ist nicht nur das virtuose "Storytelling", sondern auch die quasi ad hoc manifestierte Menschlichkeit der Figuren – man könnte Rod Serling den Dickens des 20. Jahrhunderts nennen, der mit einfachen Mitteln und wunderbaren Geschichten in kürzester Zeit Identifikationsangebote schafft – ohne dabei allzu sehr das Klischee zu bemühen. Insofern bleibt die Serie immer spannend, und das ist das grandiose Konzept der TWILIGHT ZONE – bist du einmal reingetreten, ist nichts mehr sicher. Und so gibt es neben herzerwärmenden Weihnachtsgeschichten (my favorite: Donald Pleasance als suizidanter Lehrer, dem die Geister seiner verstorbenen Schüler erscheinen) auch knallharte, zynische Horrorstories, deren Pointe man zwar mittlerweile teilweise vorausahnt, was aber nur daran liegt, daß die Serie innerhalb der USA einflußreich war wie sonst kaum was – höchstens die auf noch niederem Budget operierenden OUTER LIMITS könnten hier noch genannt werden. Cube beispielsweise entnahm seine Prämisse der Folge „Five Characters in Search of an Exit“ und Episoden wie „Nightmare at 20.000 feet“ (Mit dem jungen Bill Shatner als halluzinierenden Psychopathen...oder?), „To Serve Man“ (Clevere Alternative eines Außerirdischen-Angriffs), „It’s a good life“ (etablierte das Kind als Quelle des Bösens) oder „Time enough at last“ (Burgess Meredith überlebt den Atomkrieg und kann endlich seine vielgeliebten Bücher lesen, doch dann geht die Brille kaputt) haben ebenfalls ihre Spuren in der Kulturgeschichte hinterlassen. Und dann gibt es noch diese ganz heftigen, halluzinatorischen Folgen wie „Occurrence at owl creek bridge“ (eigentlich ein französischer Kurzfilm), „Perchance to dream“ (Kameraverkantung par excellence), „The Dummy“ (Bauchredner-Paranoia), „The Howling Man“ (Wahnsinn total) oder „Deaths-Head Revisited“ (Der großartige Joseph Schildkraut als Geist eines Auschwitz-Opfers). Und am Anfang immer der Kommentar des großen Rod Serling: „There is a fifth dimension beyond that which is known to man. It is a dimension as vast as space and as timeless as infinity. It is the middle ground between light and shadow, between science and superstition, and it lies between the pit of man’s fears and the summit of his knowledge. This is the dimension of imagination. It is an area which we call the Twilight Zone.” , der am Ende jeder Folge noch einmal kurz aufgegriffen wird.
Ich liebe es. Und ich verstehe nicht, warum die europäischen DVDs so viel schlechter in der Qualität sind als die US-Veröffentlichungen. Da hat man wohl wieder am falschen Ende sparen wollen.
#107
Geschrieben 11. April 2004, 18:15
USA 1963 Regie: Roger Corman
Dank der vorbildlichen deutschen DVD endlich mal in feiner Qualität und im Original sehen können – und er ist mit Masque of the Red Death immer noch mein Lieblingsfilm aus der Price-Poe-Corman-Reihe. Klar ist es eigentlich eine Lovecraft-Verfilmung, aber diese Quelle wurde nicht nur durch eine Verlagerung der Geschichte ins 19.Jahrhundert, sondern, wie ich gestern feststellte, auch in der deutschen Übersetzung noch etwas zurückgenommen: Wo im Original der Doktor erklärt, daß Hexenmeister Curwen junge Damen von den „Großen Alten“ bzw. dem nicht ganz so großen, aber vermutlich alten Ding im Keller befruchten lassen hat, wird in der Übersetzung „künstliche Befruchtung zum erschaffen einer neuen Rasse“ draus. Vielleicht war das jemanden zu pikant, oder er wollte dem deutschen Sprecher nicht zumuten, „Cthulhu“ und „Yog-Sothoth“ aussprechen zu müssen. Egal: Die märchenhaften Sets, die exzellenten Bilder des Ex-Murnau-Kameramannes Floyd Crosby und Ronald Steins wunderbares Titelthema – das mir während des familiären Osteressens heute wieder mal den ganzen Tag nicht aus dem Kopf ging – zeugen alle davon, daß man hier nicht mal eben „einen von vielen Horrorfilmen“ heruntergekurbelt, sondern mit Innovation und Liebe zum Detail ein Kunstwerk geschaffen hat. Dazu tragen auch die Darstellerleistungen bei, die zwar auf „moderne“ Zuschauer manieriert wirken könnten, sich aber wie selbstverständlich in die hier geschaffene Atmosphäre einfügen. Das sind 84 Minuten, die ich bestimmt nicht zum letzten Mal gesehen haben werde.
#108
Geschrieben 14. April 2004, 22:31
USA 1962 Regie: Arch Hall Sr.
Wo ich doch diese Woche bei der Filmbörse in Kerkrade Richard Kiel über den Weg gelaufen bin, dachte ich mir, sollte ich mal dieses Frühwerk vornehmen, das noch in meinen Archiven schlummerte. Ich finde ja, daß der Begriff „Trash“ in letzter Zeit zu inflationär gebraucht wird, aber hier trifft er ohne Abstriche zu: Das fängt schon beim Vorspann an: Angemalte Felsen, auf die mit Zuckerguß oder etwas ähnlichen die Namen der Beteiligten geschrieben wurden, wobei es dem Kameramann jedoch nicht immer gelingt, diese Namen scharf und leserlich einzustellen. Im weiteren Verlauf des Films spielt Kiel seine Rolle am glaubwürdigsten – die Tatsache, daß er einen Steinzeitmenschen spielt, wirft dann auch ein eher unbarmherziges Licht auf die anderen Darsteller, u.a. Arch Hall Jr. und Arch Hall Sr. unter Pseudonym – das ganze hat schon etwas von dem Urlaubsvideo einer sehr psychotronischen Familie. Aber ich habe gar nichts dagegen, drei Minuten lang einem selbstgebautem Strandbuggy zuzugucken, der durch die Wüste fährt, während ein schmissiges Rock’n’roll-Instrumental erklingt (Musik: Arch Hall Jr. and the Archers!), und die weibliche Hauptdarstellerin würde ich auch gerne mit in meine Höhle nehmen, wenn auch nicht unbedingt, um ihr einen Schauspielpreis zu überreichen. Bei der Nachsynchronisation muß auch fürchterlich etwas schief gelaufen sein, aber das hat Ray Dennis Steckler, der hier in einer Szene von Eegah / Kiel in den Pool geworfen wird, auch nicht davon abgehalten, in der Folgezeit ähnlich hyperrealistische Melodramen zu inszenieren. Passenderweise endet der Film dann auch noch mit einem Bibelzitat, aber dieser Filmtagebucheintrag nicht.
#109
Geschrieben 16. April 2004, 21:07
Frankreich / Italien 1974 Regie: Stelvio Massi
DVD hin und her, es kann auch sehr schön sein, ein altes 80er Jahre-Verleihtape in den Schlitz zu schieben. Dabei will ich jetzt gar nicht das neue Medium mit Schmutz bewerfen, (obwohl, das muß ich auch mal loswerden – in den ca. drei Jahren, die ich jetzt DVDs aus der Videothek leihe, habe ich bislang mehr fehlerhaftes Material bekommen, als in den 12 Jahren VHS zuvor) vielmehr geht es um die wackere Ausstattung: Die putzigen technischen Hinweise der Videofirmen, die auf die Schnelle mit markanten Voice-Overs angefertigten Trailer, und dann noch so plötzliche Überraschungen wie hier: Obwohl auf dem Cover nicht vermerkt, wird uns der Film als „John Carpenter’s Day Killer“ präsentiert, wobei leider der Original-Vorspann drunter leiden mußte, und dabei haben die doch bei italienischen Filmen immer so schöne Musik! War mein plötzliches Auflachen das wert? Eine Frage, die ich nicht leicht beantworten kann. Fragen, die ich beantworten kann: Der Film hat freilich nicht die Größe des Bava-Films, dessen Titel er kopiert. Wenn man die Anzahl der Frauen im Titel stellvertretend zur Qualität des Films setzen will, so hätte hier statt Bavas sechs eine zwei stehen sollen. Aber auch so ist das noch ein unterhaltsamer, streckenweise sehr blutiger Giallo, in dem der aus älteren britischen Horrorfilmen bekannte Francis Matthews reaktiviert wurde. Erstaunlich eine Szene, wo in Großaufnahme eine Großaufnahme vom Schamhaarbereich einer Frau zu sehen ist. Sehr nett, dachte ich, aber was soll das jetzt? Der Inspektor hat es mir später erklärt: „Wir haben herausgefunden, daß der Mörder auf der Klitoris dieser Frau auch sein Zeichen hinterlassen hat.“ Aha!
#110
Geschrieben 16. April 2004, 22:41
GB / USA 2002 Regie: Brian Gilbert
Ich mochte die Locations. Ich mochte den Plot, der angenehm altmodisch, aber doch recht originell war. Ich mag auch Christina Ricci. Und ich verehre Robert Hardy, auch in dieser kleinen Nebenrolle als Bischof.
Aber das Ende war fürchterlich kitschig. Und stilistisch war das ganze nur mittelmäßig: Aus diesem Ensemble und dem tollen Setting hätte man wesentlich mehr rausholen müssen.
#111
Geschrieben 21. April 2004, 22:58
Deutschland 1972 Regie: Wolfgang Petersen
Diese 70er-Jahre-Katastrophenfilme bzw. Ökothriller haben etwas klinisches und heimeliges zugleich. Sie sind meistens sehr kalt und uninspiriert fotographiert, während die Sets jedoch eine gewisse Gemütlichkeit ausstrahlen. Dieses Beispiel wirkt besonders dated, hatte aber für mich auch einen großen Reiz, weil es viele Assoziationen loslöste. Zunächst die Lindenstraßen-Regulars in jungen Jahren - neben Helga Beimer auch Tante Rosi - und dann die panische Flucht der Ruhrpottler per Zug Richtung Eifel, eine Region, die derzeit mitleidserregend nach Tourismusgeldern flennt, vielleicht sollten sie von städtischen Geldern wahnsinnige Wissenschaftler bezahlen, die in den Kellern der zahlreichen Eifelruinen an einer Smogglocke fürs Ruhrgebiet bauen. Einige der Darsteller waren wirklich fürchterlich, aber ich frage mich, ob das den pseudodokumentarischen, authentischen Charakter des Films verstärken sollte oder ob gerade keine besseren Mimen zur Verfügung standen. Das ganze wirkt schon unfreiwillig komisch - aber spätestens bei der Musik am Ende mußte man sich ernsthaft fragen, ob das ganze, ungeachtet der Tatsache, daß es Berichten zufolge damals eine ziemliche Hysterie ausgelöst haben soll, nicht doch von vorneherein zumindest mit einem satirischen Unterton konzipiert war. Die Zeichnungen, die in der Fernsehsendung die nötigen Sicherheitsmaßnahmen illustrieren sollten, machten den Eindruck, sie waren von Loriot oder zumindest einem Loriot-Bewunderer. Wobei die Einrichtung der Fernsehstudios auch diese übersichtliche Heimeligkeit der zur selben Zeit entstandenen frühen Loriot-Sketche hatte. Ich bin mir nicht sicher. Wenn Marie-Luise Marjans Baby verstirbt und sie den traurigen von ihren beiden Gesichtsausdrücken auflegt, das war bestimmt nicht lustig gemeint und ist vom damaligen Publikum bestimmt auch nicht so aufgenommen worden.
Das alles macht den Film aber so oder so zu einem Zeitdokument, das hier und da sogar sympathische visuelle Einfälle verarbeitet - so etwa die auf die Krankenbahre geschnallte Kamera oder die langen Einstellungen vom Nebel- bzw. Smogverhangenen Duisburg.
Mehr davon, liebe dritte Programme. Und jetzt ist bitteschön die Zeit reif, daß Fleischmanns DIE HAMBURGER KRANKHEIT noch mal wiederholt wird, der mich als Jugendlicher ja sowas von verstört hatte.
#112
Geschrieben 22. April 2004, 22:19
Deutschland 2001 Regie: Hans-Christoph Blumenberg
Manche deutsche Produktionen wirken leider nur verkrampft. Das scheint mir besonders häufig dann der Fall zu sein, wenn sie gleichzeitig versuchen, formal anspruchsvoll und witzig zu sein. Im vorliegenden Beispiel werden uninspiriert Filme wie die Dr. Mabuse-Reihe, Alphaville, Das Millionenspiel, Fahrenheit 451 und aus irgendeinem Grunde auch Silence of the Lambs (von der TV Movie als „B-Filme“ zusammengefaßt) in einen Topf geschmissen. Die eigenen Ideen beschränken sich auf bestürzend schlechte Witze und die plattesten und sinnlosesten Anspielungen auf weitere Filme und Personen, die ich in der letzten Zeit gesehen habe. Minh-Khai Phan-Thi spricht ihre Sätze so, als müßte sie sie mühsam von undeutlichen Texttafeln ablesen. Peter Fitz und Vadim Glowna sind zwar eine Bank, und der Kameramann hat sich auch Mühe gegeben, aber das hilft alles nichts, bei solch einer lieblos zusammengerührten Geschichte, die weder spannend, überraschend noch lustig ist.
#113
Geschrieben 23. April 2004, 23:59
Frankreich 2002 Regie: Gaspar Noé
Wenn von rückwärts erzählten Filme die Rede ist, sollte neben dem im Zusammenhang mit diesem Film oft erwähnten Memento auch Sabus Monday nicht vergessen werden, der, Huch! Hurra!, am 3.5. auf VOX läuft. Daß ich mir ausgerechnet am selben Tag, als ich dies las, kurz vorher in der Videothek diesen Film ausgeliehen hatte, ist wohl etwas, das C.G. Jung „Duplizität der Ereignisse“ nennen würde, so was hatte ich zuletzt, als ich wenige Minuten nach Vollendung eines Horror-Schund-Romans mit Nazis in den Nachrichten hörte, daß Ernst Jünger gestorben war. Ernst Jünger hat mit dem vorliegenden Film allerdings eher weniger zu tun, schon eher Stanley Kubrick und Jean-Luc Godard. Das 2001 -Poster war einmal zu oft im Bild, ich wollte schon schreien: „Ja, ich hab’s kapiert!“, aber das doch sehr gelungene Ende stimmte mich dann doch eher milde, vor allem, wenn ich mir vorstelle, wie das wohl im Kino rübergekommen sein muß. Die ellenlange Sequenz mit der wackelnden Kamera bei der Suche im Schwulenclub hat mich etwas angenervt – mir ist klar, daß der Film bewußt unangenehm sein will und daß die Wackelszenen am Anfang den Gemütszustand der Protagonisten abbildend in Diskrepanz zu den späteren eher statischen Einstellungen stehen, aber gerade weil es ziemlich offensichtlich ist, hätte man es nicht übertreiben müssen, das roch mir zu sehr nach einer „Schaut her, ich bin ein unkommerzieller Künstler!“- Mentalität.
Nun, als ich den Film gesehen habe, muß ich sagen, daß er mich schon sehr in seinen Bann zog, seine Wirkung entfaltete und teilweise überraschte – kurz nach/vor der Vergewaltigung dachte ich noch, was soll in der nächsten halben Stunde eigentlich noch passieren, aber es blieb dadurch spannend, daß an sich harmlose Dialoge durch das Wissen um die Zukunft der Figuren einen nahezu bedrohlichen Effekt bekamen. Jetzt, eine gute Stunde nach der Sichtung, frage ich mich allerdings, ob der Film nicht zu offensichtlich die Wirkung, die er haben will in den Vordergrund stellt, was ein erneutes Anschauen, bei dem man möglicherweise nur noch ein paar Details entdecken kann, relativ uninteressant machen könnte.
#114
Geschrieben 24. April 2004, 23:58
USA 1972 Regie: John Hayes
Trotz Seventies-Bonus eine recht maue Mischung aus Gefängnisdrama und Zombiefilm. Ist erfrischend kurz und wird nicht langweilig, kann aber weder mit atmosphärischem Grusel noch mit originellen geschmacklosen Einfällen dienen. Naja, nicht jedes obskure Low Budget-Feature kann ein ungeschliffener Diamant sein.
#115
Geschrieben 25. April 2004, 02:41
USA 1959 Regie: Roy Del Ruth
Wow. Hatte ich ursprünglich erwartet, einen dieser cheesy, aber unterhaltsamen Fünfziger Jahre-Monster-Mutanten-Filme zu sehen, entpuppte sich dieses Beispiel doch als vieles mehr. Zunächst gibt es einen bemerkenswert ausgeklügelten Spannungsaufbau: Die Sprechstundenhilfe eines Psychologen erzählt unter Hypnose aus ihrer Vergangenheit: wie ihr Mann während der Hochzeitsreise plötzlich verschwand, und wie ihre Recherchen sie schließlich zu einem abgelegenen Herrenhaus in den Sümpfen von Louisiana führte, wo sie die Antwort darauf finden soll, warum ihr Mann nach einem Flugzeugabsturz immer noch so gut aussieht. Er soll aber nicht mehr lange so gut aussehen. Das ist eine wunderbare Kombination aus den typischen SF-Themen der Periode und „American Gothic“. Die Sequenz, in der sie im strömenden Regen der Silhouette ihres mutierten Mannes durch die Sümpfe folgt, sieht so was von klasse aus, daß die in der ein oder anderen Laborszene verwendeten Standbilder nicht so stark ins Gewicht fallen. Und dann gibt es da noch Lon Chaney Jr., der überzeugend einen Alkoholiker spielt (was nicht sehr verwunderlich ist – er möge in Frieden ruhen!) und das Happy End verhindert. Die Rahmenhandlung setzt dann noch einen drauf – die Psychologen einigen sich darauf, daß die Verdrängung der Ereignisse um die Alligatorenmenschen das Beste für die Sprechstundenhilfe wäre, und als sie kurz darauf mit einem All-American-Girl-Grinsen erneut die Szenerie betritt, vollendet der Film die Synthese aus herkömmlichem Monsterfilm und dem zu dieser Periode um sich greifenden Paranoiakino. Um in den Olymp von Filmen wie Invasion of the Body Snatchers, Invaders from Mars oder Quatermass 2 aufgenommen zu werden, ist er allerdings doch zu cheesy und nicht paranoid genug, aber eine solide Leistung bleibt er allemal.
#116
Geschrieben 28. April 2004, 21:02
USA 1958 Regie: Richard Cunha
Schlockschwerenot! Ein sehr schlampiges, billiges Filmchen, das aber leider nicht so gut unterhalten kann wie der vergleichbare I was a Teenage Frankenstein. Einen klasse Dialog gibt es: (gebe das „in etwa“ wieder, zu faul noch mal an die richtige Stelle zu spulen) „Aber Herr Doktor, mit einem weiblichen Gehirn ist das noch nie probiert worden.“ – „Frauen sind es gewohnt, Befehle von Männern entgegenzunehmen. Es sollte also nicht so viel schief gehen wie mit den männlichen Exemplaren!“ Irgendwo da drin in einer Nebenrolle Harold Lloyd Jr., den ich aber ohne Brille nicht erkennen konnte.
#117
Geschrieben 02. Mai 2004, 02:59
USA 2003 Regie: Quentin Tarantino
Tarantino hat einen guten Geschmack. Tarantino klaut an den richtigen Stellen. Leider hat er aber keine eigenen Ideen, sondern transponiert nur archetypisches in einen aktuellen ästhetischen Zusammenhang. Das Resultat vermag zu unterhalten und ist handwerklich ohne Makel, aber rechtfertigt wie schon bei den früheren Filmen keinesfalls den Kultstatus des Regisseurs. Vielmehr baut er hier noch viel stärker als in den vorangegangen Filmen darauf, daß die Zuschauer die Vorlagen seiner Pastiche nicht kennen. Der aus Goké-Vampir aus dem Weltall übernommene rote Himmel z.B. mag einige Leute in ihrem Eindruck der Genialität des Regisseurs bestätigt haben, was aber nichts daran ändert, daß Tarantino nur ein fähiger Hanswurst mit einem sympathischen Filmgeschmack ist. Wirkliche Genialität verlangt mehr als nur ästhetisch zufriedenstellende Zitate. OK, der Film hat mir Spaß gemacht, aber allzu viel Innovation war nun wirklich nicht zu erkennen - Tarantino handelt wohl seit dem Erfolg von PULP FICTION unter Zwang, seine Geschichten nicht linear erzählen zu dürfen. Ein „Genie“ ist er deswegen noch lange nicht, und seine den Hollywood-Klischees angepaßten öffentlichen Auftritte machen ihn noch unsympathischer. Der folgende Rat ist wohl fast überflüssig, da ich eh einer der letzen hier im Forum bin, der den Film gesehen hat – aber die Filme von Seijun Suzuki z.B. folgen der selben Ästhetik und machen wesentlich mehr Spaß, weil sie ehrlich und ohne allzu sichtbaren kommerziellen Druck inszeniert worden sind.
#118
Geschrieben 02. Mai 2004, 04:47
Australien 2002 Regie: Die schwierigen, schmierigen, Spierig-Brüder
Das ganze fing ja ganz gut an, mit einem sympathischen, an 50er Jahre-Invasionsfilme angelehnten Vorspann, nebst einigen recht ungemütlichen Splatterszenen. Die Hysterie der weiblichen Darsteller ging mir allerdings schon recht früh auf die Nerven. Und als dann auch noch die sympathische Untote-metzeln-sich-durch-die-Gegend-Geschichte durch gutmütige Außerirdische ersetzt wurde, dachte ich mir, da ist wohl jemand übers Ziel hinausgeschossen. Bleibt freilich die Frage, was denn das Ziel überhaupt gewesen wäre, (außerhalb der Frage, ob Australier überhaupt noch als Menschen durchgehen). Der Prolog und die im Himmel hängenden Leichen waren jedenfalls durchaus beeeindruckend. Der Plot war wiederum einer von denen, wo der Durchschnittszuschauer normalerweise Kreuze schlagend den Ort des Geschehens verläßt und das nächstbeste Pissoir aufsucht, selbst, wenn dort häßliche Arschgeschäfte im Gange sind.
#119
Geschrieben 09. Mai 2004, 18:41
Mexiko 1959 Regie: Rafael Lopez Portillo
Endlich mal einen Film aus der imdb-Horror-Bottom 10 gesehen. Und befindet er sich da zu Recht? Nun ja. Erst mal muß ich sagen, daß ich schon wesentlich schlechtere, weil langweiligere Filme gesehen habe. Andererseits ist der Film schon ziemlich mies. Bei der mir vorliegenden „English Language Version“ scheint ein wenig Tonmaterial verlorengegangen zu sein, denn auch wenn wir die Akteure eindeutig reden sehen, hört man nur Musik und den Erzähler, der überflüssigerweise noch die gezeigten Szenen kommentiert: „Dann kam die Mumie auf uns zu!“ Mein Gott, wir sehen, daß die Mumie auf uns zukommt! Die Szene wäre, auch weil das Make-Up ganz brauchbar ist, ohne dies fast sogar unheimlich gewesen. Der Rest macht auch ein wenig den Eindruck, als hätte man übrig gebliebenes Material aus anderen Filmen mal eben zu einem neuen Film zusammengefügt oder Material aus anderen Produktionen wiederverwendet. Gut möglich, bin aber gerade zu faul, das zu recherchieren.
#120
Geschrieben 09. Mai 2004, 18:42
USA 2000 Regie: Keenen Ivory Wayans
War der erste Film zwar teilweise auch eine furchtbare Ansammlung von Plattheiten, muß ich doch zugestehen, über den ein oder anderen gelungenen Gag gelacht zu haben. Bei der Fortsetzung habe ich aber vergeblich auf einen gelungenen Gag gewartet. Als Hauptpersiflierungsmaterial sich dann auch noch The Haunting von Jan de Bont auszuwählen, war dann auch eine dumme Idee, denn der Film war selbst schon lächerlich genug. Ansonsten weiß ich nicht, ob ich es bedauern soll, daß mir durch die deutsche Synchronisation wohl einige Kalauer entgangen sein werden.
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