From Russia with Love (GB 1962)
Regie: Terence Young - DVD MGM
"My friends call me Tania." - "My friends call me James Bond."
Argh! Wie peinlich! Im letzten Beitrag als James Bond in Russland angekündigt und er war gar nicht dort! James Bond in der Türkei muss es nämlich richtig heißen!
Nach dem rassistischen nun der frauenfeindliche Bondfilm. Starker Tobak, was hier geboten wird, aber der Reihe nach!
Für den zweiten Teil der Bond-Serie stand auf Grund des großen Erfolgs von DR. NO das doppelte Budget wie zuvor zur Verfügung und so konnte Young es sich erlauben, es mal öfter ordentlich krachen zu lassen. Actionhöhepunkt das Finale auf offener See. Krawumm macht es und das ist so schön choreografiert, dass es nicht weiter stört, dass die Logik hier auf der Strecke blieb.
Was mir auffiel (auch erst bei dieser Sichtung), sind die starken Referenzen an Hitchcocks NORTH BY NORTHWEST (USA 1959). So orientierte sich Young nicht nur bei den Szenen im Zug an diesem Film; auch das Duell Mann gegen Flugobjekt wurde übernommen, wobei man hier schon fast von einer Kopie sprechen kann (immerhin verschweigen die Macher die Parallelen zu Hitch nicht

), so kam mir die Montage dieser Szene
sehr bekannt vor!
Naja, der Zweck heiligt die Mittel und immerhin passt diese Sequenz gut in den Film und bietet nach der langen Zugfahrt (eigentlich untypisch für einen Bondfilm, so lange auf so einer - dazu noch sehr begrenzten - Location zu verweilen) mal wieder ein wenig dringend nötige Freiluft-Action. Bei der Explosion des Helikopters haben die Pyrotechniker zudem ganze Arbeit geleistet. Sieht verdammt gut aus!
Das tut im Übrigen auch Daniela Bianchi, die zwar nicht in die übergroßen Fußstapfen von Andress passte, aber dennoch zu den schönsten (und willigsten) Bondgirls zu zählen ist. Sie wird sogar um einiges freizügiger als Honey Ryder in Szene gesetzt: ich war erstaunt, als ich sie im Nachthemd sah, das doch recht wenig verhüllte! Schön, schön!
Überhaupt ist FROM RUSSIA WITH LOVE (Nomen est Omen) einer der freizügigsten Bonds der Serie: von der Kampflesbe, die sich unverfroren an die süße Tatiana ranmacht, über einen angedeuteten flotten Dreier, einem Catfight bis hin zu besagtem Zug-Auftritt von Frau Bianchi ("Will you make love to me all the time?" fragt sie Bond einmal). Meine Fresse, dachte ich mir des Öfteren! Man achte auch auf die Kamera, die immer so positioniert ist, dass sie den Frauen schön in den Ausschnitt schauen kann.
Wie schon erwähnt, werden die Frauen in diesem Bond extrem sexistisch dargestellt. Sie sind entweder aufreizende willige Lustobjekte (die Wandlung von Tatiana ist ein Witz!) oder schäbig aussehenden bösen Überemanzen, die am Ende verdient ins Gras beißen müssen. In einer von Männern dominierten Welt, ist es hier auch nicht anstößig, dass sich zwei Frauen um Männer kloppen, die dabei genüsslich zu sehen und sich in Gedanken einen drauf schrubben ("I wanna see more legs!" soll Young während der Catfight-Szene gesagt haben - der Mann wusste genau, was er wollte!

).
Dafür wurde Bonds im ersten Film noch sehr rüde Darstellung etwas runtergefahren; wahrscheinlich um sich dem Franchise-Erfolg etwas zu beugen. So wird der überwätigte böse Gemüselasterfahrer nicht erschossen, sondern einfach mitgeschleppt und irgendwann ins Meer geschmissen - natürlich nicht, ohne dass sich Bond vorher gewissert hat, ob er denn schwimmen kann. Sein Umgang mit den Frauen wurde allerdings noch machohafter, als in DR. NO, was in einem herzlichen Klaps auf den Hintern von seiner Zugbegleitung kulminierte (immerhin durfte sie ihrem Unmut darüber Luft machen).
Der Film an sich hat mir gut gefallen, allerdings nicht mehr so gut, wie bei den letzten Sichtungen. Da war ich von DR. NO noch zu verwöhnt. Die groß aufgezogene Prügel- und Ballerszene bei den Zigeunern war eher öde denn aufregend und außerdem sah man ob der Dunkelheit kaum etwas. Auch Bonds Aufenthalt in der Türkei zog sich zu lang hin und ohne die ganzen Söhne Kemirs (so hieß er glaub ich) wäre es schnell langweilig geworden.
Erst, als Bond in den Zug steigt, nimmt der Film an Fahrt auf (was für ein Wortspiel!

). Robert Shaw hat mich als Gegner Bonds zwar nicht gerade vom Hocker gerissen, aber der Kampf zwischen den beiden war schon nicht von schlechten Eltern (und fiel für die damalige Zeit verdammt heftig aus!). Die anschließenden Actionsequenzen, in denen 007 gegen böse Flug- und Schwimmobjekte kämpfen muss sind ein würdiger Abschluss des Films, der mir aber etwas kurz vorkam (lag wohl an der Langatmigkeit der ersten Hälfte).
Anzumerken ist noch, dass das Intro ein netter Gag war, indem man das Publikum kurz glauben ließ, Bond sei bereits nach wenigen Minuten ins Jenseits beförert worden und dann ist da noch der erste Auftritt von Blofeld, dem häufigsten Gegenspieler Bonds; hier noch gesichtslos (hätte man mal besser so gelassen, denn besonders Donald Pleasance war nach seinem Auftritt in THE GREAT ESCAPE (USA 1962, John Sturges) eine krasse Fehlbesetzung, aber zu YOU ONLY LIVE TWICE komm ich ja später noch

) und einigermaßen bedrohlich vor allem dadurch, wie sich Finstermiene Klebb vor ihm fast in die Hose scheißt.
Nummer Fünf sah übrigens aus wie Präsident Putin, das war ganz witzig und entzog der Figur leider etwas den nötigen Ernst.
Abschließend noch ein paar Worte zur Inszenierung, die ja immerhin - mit Ausnahme von Ken Adams - mit derselben Crew wie bei DR. NO durchgezogen wurde. Im direkten Vergleich fällt Bond Nr. 2 in meinen Augen etwas ab, was vor allem an der mangelnden pace der ersten Stunden liegt. Zudem ist der Dunkelanteil des Films entschieden zu groß; oft habe ich an HALLOWEEN (USA 1978, John Carpenter) denken müssen, der in dieser Hinsicht noch immer spitze ist.
Dass das Filmteam sich noch etwas am Erfolg vom Vorgänger klammerte, wurde vor allem bei Bonds Ankunft in Istanbul deutlich sichtbar. Hier wird Bonds Eintreffen in Jamaica fast eins-zu-eins kopiert (inklusive Abholservice und Verfolgung) und auch traute man sich noch immer nicht im Vorspann einen Song einzusetzen und beließ es bei Instrumentalmusik. Dafür ist aber immerhin der erste von Maurice Binders sehr chiquen Opening Titles der Serie zu sehen.
Lustig auch, dass man ewig auf Bonds ersten Auftritt warten muss und dieser sich dann nichtmal bei der Arbeit befindet, sondern genüsslich an seiner Fickgelegenheit bastelt und auch keinen Hehl daraus macht, dass für ihn erst gepoppt, dann gearbeitet wird (Bond zu M am Telefon:"I'll be there in an hour!" - Blick auf das halbnackte Fräulein neben ihm - "Make it one and a half!").
Und dann ist da noch Qs erster Auftritt und der erste Einsatz von den berühmten Bond-Gadgets. Als 007 den Superkoffer überreicht bekommt, scheint er sich wie ein kleines Kind zu freuen und setzt später auch brav alle Funktionen, die er bietet ein.
So, ich hoffe, ich habe nichts vergessen und freue mich schon auf die heutige Sichtung von GOLDFINGER aka James Bond in Amerika (wenn ich mich nicht wieder irre), der auch für mich den Höhepunkt der Bondfilme darstellt.
Für FROM RUSSIA WITH LOVE gibt's trotz Absinken in meiner Gunst aber noch lockere
7.5/ 10